Das Glauben (= für wahr halten) an etwas wider gesicherter Erkenntnisse und auch ohne hinreichende Indizien hat mit wissenschaftlichem Denken nichts zu tun, und das wäre für mich ein Schritt zurück in Richtung mittelalterlicher Vorstellungen.
Nun, das ist die Entwicklung des menschlichen Glaubens.
Früher hat man an die großen Religionen geglaubt, hierzulande vor allem das Christentum. Du gingst in die Kirche und bekamst dafür Gottes Beistand. Wie du gebetet hast etc. war mehr oder weniger durch die Kirche vorgeschrieben, du hattest eine heilige Schrift mit Gottes Wort etc.
Der Mensch hat ein grundbedürfniss zu Glauben. Und zwar gibt ihm das reine Glauben bereits verdammt viel Kraft. Und wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf: Glauben hat sich auch nur deswegen entwickelt, weil es eben so ein Vorteil im Leben ist. In der heutigen Gesellschaft nicht mehr unbedingt, aber bei den Höhlenmenschen war es sicherlich verdammt vorteilhaft, wenn du dir erklären konntest, woher die Sterne kamen etc. Zusätzlich wird damit der Gerechtigkeitsdrang befriedigt, du kannst eine andere Sippe besser ausrotten, wenn du denkst, das deine Götter das wollen (Ein fundamentaler Bestandteil des menschlichen Verhaltens: Wenn die anderen es mir befehlen, bin ich schuldlos). Zu guter letzt gibt dir der Glaube auch noch eine gewaltige Kraft, wenn du "weißt" das du irgendwann in den Himmel kommen wirst und alles besser wird (Oder auch, das dein Gott/deine Götter deine Position auf der Erde verbessern), ähnlich wie beim Optimusmus.
Man sieht also: Es ist nicht irrational, an Götter zu glauben, sondern es ist vielmehr rational. Ein sehr gläubiger Mensch hat im Leben mehr Vorteile als ein Attheist. Bei uns vielleicht nicht so stark, aber vor einigen Jahrhunderten/Tausenden war das sicherlich viel extremer.
Und ich bin selbst Attheist.
Und um den Bogen dann wieder zum Übernatürlichen zu schlagen:
Durch die zunehmende Aufklärung der naturwissenschaftlichen Hintergründe hinter bestimmten Phänomenen wie Naturkatastrophen etc. wurden die Weltreligionen (bzw. das Christentum) immer weiter kritisiert und als irrational abgestempelt. Dadurch glauben heute die meisten Menschen nicht mehr daran.
Wir können also eine Aufweichung des Glaubens feststellen. Allerdings ist es nicht so, das der Mensch sich jetzt sein sozial oder genetisch ererbtest Verlangen nach Glauben einfach abtrainieren könnte-statt der großen Religionen treten nun solche kleinen, unerklärbaren oder vielleicht auch gar nicht wahren in den Mittelpunkt des Glaubens. Sie ersetzen quasi die Weltreligionen.
Ich sehe diese Entwicklung eher kritisch. Vor hundert Jahren konntest du die heilige Schrift eines gläubigen lesen und wusstest dann, an was er glaubt. Die Interpretation von dieser wurde wiederrum über die Jahrthunderte von mehreren Millionen Menschen überdacht, sodass sich kaum noch unstimmigkeiten finden werden.
Das ist bei der Ersatzreligion Aberglaube (Wozu man in diesem Sinne alles zählen muss, was nicht durch Indizien belegt oder gar bewiesen ist) natürlich nicht der Fall. Jeder hat seinen eigenen glauben.
Wenn man es so betrachtet, handelt es sich beim Aberglauben um eine individualisierte Form einer Religion.^^
Aber wir schweifen ab. Wie wäre es mit einem neuen Thema?