Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Rohan

Aldburg - In der Stadt

<< < (12/17) > >>

Fine:
Cyneric von den Wiesen und Feldern außerhalb Aldburgs


Am Tag darauf begann Cynerics Wachdienst am frühen Morgen und dauerte bis Mittags. Er begleitete Faramir bei verschiedenen Besorgungen die dieser in der geschäftigen Stadt zu erledigen hatte, denn noch immer mussten vielerlei Vorbereitungen für den kommenden Feldzug getroffen werden. Außerdem trafen seit einigen Tagen zusätzliche Reiter und Soldaten aus den Ebenen Rohans ein die Éowyns Aufruf zum Kampf gefolgt waren und nun einer éored zugeordnet werden mussten. Es würde keine große Heerschau Rohans geben denn die Rohirrim stellten für den Angriff auf Dol Guldur nicht das Hauptheer, sondern gingen als Verbündete der Elben von Imladris. Glorfindel, der Kommandant der Hochelben, würde den Oberbefehl über das vereinigte Heer haben während Thranduil und Erkenbrand die ihnen direkt unterstehenden Truppen befehligen würden.

Der Nachmittag kam und Cynerics Schicht ging zu Ende. Am Osttor der Stadt traf er Irwyne, die bereits auf ihn wartete. Sie war in Begleitung der Elbin Mithrellas gekommen, die Cyneric freundlich grüßte. Er hatte vor Irwyne heute die Sehenswürdigkeiten Aldburgs zeigen und freute sich auf die gemeinsame Zeit. Nachdem sie sich von Mithrellas verabschiedet hatten machten sie sich auf den Weg zur Großen Halle.

Sie erstiegen die Treppen und kamen von Vorhof der Halle. Zwei Wächter standen vor dem Tor und grüßten Cyneric als sie ihn erkannten.
"Hier hat der erste König Rohans gewohnt," erklärte er Irwyne.
"König Eorl der Junge?" wollte sie wissen.
"Richtig. Sein Sohn Brego erbaute später Meduseld, die Goldene Halle, und die Könige Rohans zogen nach Edoras. Aber hier in Aldburg war Eorls Sitz."
"Und nun lebt die Königin Éowyn hier," stellte Irwyne fest.
"Aldburg ist jetzt wieder die Hauptstadt Rohans, das stimmt."
"Komm, ich möchte sehen wie es drinnen aussieht!"

Die Wächter ließen sie passieren und Cyneric zeigte Irwyne das Innere der Großen Halle, die erst vor wenigen Tagen den Rat der Freien Völker beherbergt hatte. Irwyne war vor allem von den alten Wandteppichen beeindruckt, die an beiden Seiten der Halle hingen und einige Ereignisse aus der Geschichte der Riddermark zeigten. Auf einem waren vier Männer zu sehen, die auf einem Hügel standen. Zwei von ihnen standen sich gegenüber und hielten gemeinsam einen Pfeil mit roter Spitze.
"Das sind Cirion und Eorl," erklärte Cyneric. "Kennst du die Geschichte?"
"Cirion war der Truchsess Gondors, der unserem Volk die Riddermark zum Wohnsitz gab," antwortete Irwyne. "Aber wer sind die anderen beiden Männer, die neben ihm stehen?"
"Ich bin mir nicht sicher," musste Cyneric zugeben. "Einer der beiden erinnert mich an Erchirion, den Boten Dol Amroths der vor einigen Tage hier war. Der trug ähnliche weiße und hellblaue Gewänder. Der Fürst von Dol Amroth ist ein wichtiger Mann in Gondor; wahrscheinlich war einer der Vorfahren Imrahils dabei als Cirion und Eorl ihr Bündnis besiegelten."
"Er sieht Oronêl ein bisschen ähnlich," sagte Irwyne nachdenklich.
"Oronêl?" wunderte sich Cyneric. "
"Die Fürsten von Dol Amroth stammen von Oronêl und Mithrellas ab," erklärte Irwyne.

Am anderen Ende der Halle, nahe des Ausgangs fanden sie einen Wandteppich, der von einer schmutzigen Decke bedeckt war. Irwyne riss sie herunter bevor Cyneric sie daran hindern konnte. Als sie sahen was darunter lag wurden sie beide einen Moment lang still.
"Das ist Saruman, oder?" sagte Irwyne schließlich leise.
"Es sieht ganz danach aus," antwortete Cyneric. "Ich glaube, hier wird dargestellt wie er den Schlüssel zum Orthanc erhält."
"Wer ist der Andere?"
"Einer der Truchsessen Gondors, glaube ich."
"Ich wünschte, Saruman hätte den Schlüssel nie bekommen. Dann hätte er keinen Krieg über Rohan bringen können."
"Da bin ich mir nicht sicher. Der Zauberer ist listenreich. Wenn er es gewollt hätte hätte er die Riddermark auf anderem Wege angreifen können. Er hat Isengard als Stützpunkt ja auch nicht gebraucht um Lothlórien zu überfallen."
Irwyne blickte ihn wütend an. Oh, das hätte ich wohl besser nicht gesagt. Ich hatte vergessen, dass sie beim Fall des Elbenreiches dabei war.
Doch das Mädchen sagte nichts, sondern warf die Decke wieder über den Wandteppich. Dann verließ sie die Große Halle und Cyneric folgte ihr.

Glücklicherweise verflog Irwynes schlechte Laune so schnell wie sie gekommen war. Auf dem Markt von Aldburg kaufte Cyneric ihr eine Hand voll Äpfel, von denen sie einige selbst aß und die anderen für Rynescéad aufhob. Der Marktplatz war beinahe vollständig mit Leuten gefüllt, denn heute wurden dort nicht nur Waren verkauft.
An diesem Nachmittag versammelten sich hier all jene, die sich freiwillig melden wollten um das Heer auf dem Weg nach Dol Guldur als Heiler, Koch oder Schmied zu unterstützen. Für einen Feldzug braucht es mehr als nur Soldaten, dachte Cyneric. Die Heiler insbesondere haben eine mindestens ebenso schwere Aufgabe wie diejenigen, die Klingen führen. So leicht vergessen wir, dass Kriege nicht nur durch Waffengewalt gewonnen werden.

Er merkte, dass er durch seine Gedanken abgelenkt worden war. Irwyne stand einige Meter entfernt neben der Stelle an der sich die freiwilligen Unterstützer bei einem rohirrischen Offizier meldeten und unterhielt sich mit einem braunhaarigen Elben, der einen breitkrempigen grauen Hut mit Feder trug. Cyneric ging hinüber.
"Das ist Antien!" stellte Irwyne den Elben vor. "Ich kenne ihn von früher. Er sagt, er will mit dem Heer nach Dol Guldur gehen."
"Das will ich. Und wer bist du, mein Freund?" sagte Antien.
"Cyneric, Cynergars Sohn. Ich wusste nicht, dass Irwyne so viele Elben kennt," antwortete er.
"Ich reiste mit Oronêl und einigen weiteren Gefährten von Dol Amroth nach Lórien. Unterwegs trafen wir Irwyne und nahmen sie mit. Daher kennen wir uns."
"Cyneric! Das möchte ich auch machen," unterbrach Irwyne. "Ich möchte mich den Heilern anschließen. Dann kann ich in deiner Nähe bleiben, wenn das Heer los zieht."
"Ich möchte dich nicht in Gefahr bringen," sagte Cyneric, der sich nicht sicher war was er von der Sache halten sollte. "Ein Kriegszug ist kein Ort für ein Mädchen wie dich."
"Wenn es ihr Wunsch ist, solltest du ihr erlauben zu gehen," meinte Antien freundlich.
"Ja, Antien hat recht! Und außerdem bin ich alt genug," sagte Irwyne.
"Es steht mir nicht zu es dir zu verbieten, Irwyne. Dennoch würde ich gerne Oronêl fragen was er davon hält."
"Er hat bestimmt nichts dagegen," versicherte das Mädchen.

Sie verabschiedeten sich von Antien und machten sich auf den Weg zum Elbenlager, denn bald würde es Abend werden. Unterwegs hielten sie an den Stallungen an und Irwyne schenkte Rynescéad die Äpfel die sie aufgehoben hatte. Cyneric freute sich, dass die beiden so schnell Freunde geworden waren. Nicht mehr lange und sie wird sich ein eigenes Pferd wünschen, dachte er.
Anschließend zogen sie weiter zum Osttor der Stadt, hinter dem die Spitzen der elbischen Zelte hervorragten.


Cyneric und Irwyne zum Lager der Elben

Fine:
Cyneric und Irwyne aus dem Lager der Elben


Am darauffolgenden Vormittag waren Cyneric und Irwyne wieder in der Stadt unterwegs, wie sie es geplant hatten.
Sie hatten einige Besorgungen zu machen, denn auch Cyneric musste nun bald von Aldburg aus aufbrechen. Um Verpflegung würden sich die Quartiermeister des Heeres kümmern, doch gab es noch andere Dinge, die er und Irwyne auf dem langen Weg nach Nordosten brauchen würden. Auf dem Markt fanden sie schließlich alles, was sie benötigten, und so machten sie sich auf den Weg zur Rüstkammer, um ihre Einkäufe in Cynerics Truhe abzulegen.

Sie kamen an einem Mäuerchen vorbei, auf dem eine kleine Gestalt saß und die Beine baumeln ließ. Irwyne blieb erstaunt stehen und sah es sich genauer an.
"Hallo!" grüßte der Halbling - denn genau das war er - freundlich.  "Kann ich dir helfen?"
"Das ist Meriadoc, ein Schwert-Than der Königin," stellte Cyneric den Halbling vor, den er bereits seit mehr als einem Jahr aus der Gesellschaft Éowyns kannte.
"Er ist ein Holbytlan, wie die aus den alten Geschichten unseres Volkes."
"Hobbit", verbesserte Meriadoc. "Du kannst mich Merry nennen, wenn du mir deinen Namen verrätst," sagte er mit einem verschmitzten Lächeln.
"Ich heiße Irwyne," antwortete das Mädchen.
"Ein schöner Name! Wie lange bist du schon in der Stadt?"
"Sie ist erst einige Tage hier, Herr Meriadoc," erkläre Cyneric. "Sie kam mit den Flüchtlingen aus dem Norden."
"Oh? Du siehst aber nicht wirklich elbisch aus," wunderte sich Merry.
"Und du siehst nicht sehr groß aus," gab Irwyne schnippisch zurück.
Merry lachte. "Das stimmt wohl. Du hast mich erwischt." Er stieß sich ab und landete neben dem Mäuerchen, auf dem er gesessen hatte.
"Ich will nicht unhöflich sein. Du bist doch einer der Gardisten, richtig?"
"Stimmt," antwortete Cyneric."
"Schön. Kommt doch mit zur Residenz. Ich bin gerade auf dem Weg dorthin. Königin Éowyn würde sich bestimmt über Besuch freuen."
Wahrscheinlich stimmt das, überlegte Cyneric. Zurzeit war Faramir meist in der Stadt beschäftigt und traf sich mit Glorfindel, Erkenbrand oder anderen Anführern. Éowyn blieb hingegen die meiste Zeit in dem großen Haus, in dem das Herscherpaar Rohans wohnte. Cyneric passte das ziemlich gut, denn am Nachmittag hatte er dort seinen Wachdienst abzuleisten.

Gemeinsam mit Merry machten sie sich auf den Weg. Schon bald hatte Irwyne alle Skepsis dem Halbling gegenüber abgelegt und scherzte fröhlich mit Merry, der sie immer wieder zum Lachen brachte. Cyneric ging hinter den beiden her und ertappte sich dabei, wie sich ihm ein Lächeln aufs Gesicht stahl. Das ist es, wofür wir kämpfen. Damit kleine, frohe Momente wie dieser nicht aus dieser Welt verschwinden. Denn das werden sie, wenn sie der Schatten verschluckt. Ich hoffe, wir können ihm Einhalt gebieten. Die Leute sagen, der Krieg in Gondor gehe gut; hoffen wir, dass das stimmt und nicht nur ein Gerücht ist.
Unser eigener Krieg beginnt erst.

Sie kamen an der Rüstkammer vorbei und hielten kurz an, damit Cyneric und Irwyne ihre Einkäufe verstauen konnten. Merry wartete draußen, an den Türrahmen gelehnt.
Nun war es nicht mehr weit bis zur Residenz der alten Könige Rohans, einem großen Haus im Süden der Stadt welches einen direkten Zugang zur Großen Halle besaß. Der Gardist vor dem Eingang nahm Haltung an, als er den Hobbit erkannte. Ich vergesse immer wieder, dass er ein Kriegsheld ist, dachte Cyneric. Gemeinsam mit Éowyn hatte Meriadoc einst den Fürst der Ringgeister vor Mundburg geschlagen und einen großen Teil zum Sieg der freien Völker auf den Pelennor-Feldern beigetragen. In ihm steckt mehr, als das Auge sieht.

Die Wache ging, um sie bei Éowyn anzukündigen. Als der Mann zurückkehrte gab er ihnen ein Zeichen, ihm zu folgen. Sie fanden Éowyn auf einer großen Terasse, von der man beinahe die ganze Stadt überblicken konnte. Bei ihr war eine hochgewachsene Elbin mit rötlichem Haar. Irwyne blickte sie mit einem verwunderten Ausdruck im Gesicht an.
"Das ist ja Celebithiel!" sagte sie erfreut.
"Le suilon, Irwyne," antwortete die Elbin und wandte sich ihr zu.
Cyneric hielt Irwyne zurück und machte eine Geste in Richtung Éowyn, die die drei Besucher fragend anblickte. Hier ist deine Königin, Irwyne. Zeig' deine Ehrerbietung. Irwyne blickte ihn einen Moment lang verwundert an, dann verstand sie und neigte gemeinsam mit Cyneric und Merry vor Éowyn das Haupt.
"Merry, Cyneric, wen habt ihr mir da mitgebracht?" wollte Éowyn wissen, die sie freundlich anblickte.
"Das ist Irwyne," erklärte Merry.
"Wir trafen sie vor einiger Zeit in Dunharg und nahmen sie mit nach Lothlórien," fügte Celebithiel hinzu. "Sie kam mit uns von dort nach Aldburg."
Éowyn legte Irwyne mitfühlend die Hand auf die Schulter. "Hier bist du in Sicherheit."
Irwyne nickte verlegen, dann wandte sie sich an Celebithiel. "Und was machst du hier?"
"Ich leiste der Herrin von Rohan Gesellschaft. All diese Kriegsvorbereitungen in der Stadt bereiten mir Unbehagen," sagte die Elbin, und ein Schatten zog über ihr Gesicht.
"Wirst du wirklich mit der Herrin Galadriel und den anderen nach Westen reisen?" wollte Irwyne wissen.
Celebithiel nickte nur anstatt eine Antwort zu geben. Eine Pause entstand, die von Merry nach einigen Momenten unterbrochen wurden.
"Seht nur, wie unhöflich wir sind. Hier sind zwei Damen, die sich über persönliche Dinge austauschen, und wir platzen einfach so hinein. Kommt, Freunde, suchen wir uns was zu essen."
Und genau das taten sie dann auch.

Da Merry und Cyneric sich in der Residenz gut auskannten hatten sie die Küche schnell gefunden. Die Dienerschaft war anscheinend die regelmäßigen Besuche des Halblings schon gewohnt, denn man stellte ihnen ohne Nachfragen etwas zu Essen hin, das wohl vom Frühstück übrig geblieben war.
"Wirst du mit dem Heer nach Norden ziehen, Cyneric?" fragte Merry mit vollem Mund.
"Ich bin zu Erkenbrands éored eingeteilt."
"Und ich gehe mit den Heilern," fügte Irwyne hinzu.
"Tapferes Mädchen," sagte Merry anerkennend. "Pippin - das der zweite Hobbit in Aldburg - und ich werden bald ebenfalls aufbrechen. Wir werden zu Hause nach dem Rechten sehen. Ich glaube, wir werden schon in wenigen Tagen die Furten in der Westfold überquert und Rohan verlassen haben," fügte er beinahe wehmütig hinzu.
"Du meinst die Furten des Isen", verbesserte Irwyne.
"Meine liebe Irwyne, lass mich dir einen guten Rat geben: Niemand mag Besserwisser."
Gemeinsam lachten sie und brachten ihre Mahlzeit zu Ende. Für Cyneric wurde es nun Zeit, seine Schicht anzutreten, denn der Vormittag war beinahe vorbei. Merry erklärte sich bereit, Irwyne zum Elbenlager zurück zu begleiten und verließ gemeinsam mit ihr die Residenz während sich Cyneric auf den Weg zu seinem Posten machte.

Curanthor:
Etwas kitzelte an seinem Nacken, es war warm und sanft. Er realisierte den langsamen und regelmäßigen Atem von Halarîn, die ihren Kopf zwischen seinen Schulterblätter plaziert hatte. Er lag auf dem Bauch und hatte die Arme weit von sich gestreckt.
"War gestern doch keine gute Idee gewesen noch am Abend etwas zu trinken.", murmelte seine Frau auf ihn und ließ ihren Körper langsam von ihm herabgleiten. Er rückte sein Nachthemd zurecht, eine recht menschliche Angewohnheit so etwas zu tragen.
"Du hast dir den Kopf gestoßen und zwar nicht gerade leicht, ebenso schwer war es dich hierher zu tragen.", kicherte sie leise und stupste ihn in die Seite.
"Wegen dir war es schon zu Ende, bevor wir angefangen haben.", sagte sie vorwurfsvoll als sie seinen verwirrten Blick bemerkte.
"Was meinst du?", fragte er verwirrt, was ihr nur ein kurzes, schelmisches Lächeln entlockte.
"Das bist du selbst schuld, wenn du unbedingt durch zu kleine Türen rennen musst.", gluckste sie.
Mathan blickte sie finster an und rieb sich seinen Kopf, der brummte, als ob er zu viel zwergisches Bier gesoffen hätte. Wenigstens hatte er keine Beule, was für einen Elben mehr als peinlich währe. Ob er einen blauen Fleck hatte? Er taste weiter.
"Da ist nichts.", ertönte die belustigte Stimme seiner Geliebten, die inzwischen aufgestanden war .
Er erinnerte sich am späten Abend von dem Lager der Elben in die Stadt gegangen zu sein, aber ganz kam es ihm nicht in den Sinn. Nachdenklich rieb Mathan sich die Schläfen und schwang seine Beine aus dem Bett, während Halarîn mit spitzen Fingern ihr blaues Kleid glatt strich und schließlich umständlich anzog. Sie wirkte noch immer außerordentlich erheitert.
"Ist etwas?", fragte er, worauf nur ein fröhliches "Nein" zurückkam.
Brummelnd kleidete er sich vollständig an und räumte schließlich ihre Habseligkeiten zusammen. Durch ihren Aufenthalt in der Stadt war ihre ursprüngliche Habe ziemlich eingeschmolzen, da Halarîn letztendlich zu viel mitgenommen hatte, oder Sachen eingepackt hatte, die sie gar nicht brauchten. So hatte Mathan am Ende des Aufräumens ein Bündel mit seinem Werk aus der Schmiede, dass er in Aldburg nur bruchstückchenhaft bearbeitet hatte und einige Kleidung zum Wechseln. Halarîn verzichtete auf ihre schwere Rüstung aus dem Zweiten Zeitalter und hatte sie bereits am Vortag einer Elbin überlassen, wie er beim einpacken erfuhr.
Halarîn beobachtete alles ganz genau und erhaschte einen Blick auf seine unfertige Rüstung.
"Wie weit bist du?", fragte sie, was ihn zusammenzucken ließ.
"Nicht weit genug.", sagte er etwas verbissen und zögerte, bis er weitersprach. "Ich habe die Hose fertig aber für den Helm fehlt mir eine Elbenschmiede."
"Nun dann ist es doch offensichtlich wo du den Helm fertigstellst. Aber ... " sie schien kurz zu überlegen und schob dann das Leinentuch beiseite, ohne dass er etwas dagegen tat. Sollte sie doch seine Arbeit sehen, immerhin war sie seine Frau und ihm das Wichtigste überhaupt. Ihre Augen weiteten sich ein kleines Stück, sie öffnete den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn aber wieder und legte behutsam das Tuch über das Metall.
"Wie? Warum?", fragte sie nach einem langen Moment des Schweigens.
"Als Erinnerung.", antwortete Mathan schlicht und trat an die Tür, seine Schwerter hatte er bereits bei sich.

Wortlos liefen die beiden Elben durch Aldburg und ergatterten hier und da ein paar Lebensmittel für ein kleines Frühstück, das sie im gehen hielten. Halarîn war es, die die Stille brach.
"Was meinst du, bekommen wir noch Gefährten dazu?", fragte sie mit einem Stück Brot in der Hand.
"Ich denke nicht, die meisten Menschen werden nach Dol Guldur ziehen. Die Zwerge interessieren sich wenig für den Westen und unser Volk spaltet sich." er trank etwas Wasser und sprach weiter. "Es ist besser so, als kleine Gruppe können wir die Gegend auskundschaften, unauffällig säubern und den Wilden besser aus dem Weg gehen."
"Und du weißt wo die Schmieden liegen.", stellte sie fest. Mathan lächelte nur verschmitzt und deutete zur Waffenkammer. "Ich denke dort sollten wir warten.", sagte er gelassen. "Und auf wen?", fragte sie. "Ein gewisser Axträger hat seine Waffe verlegt und braucht Ersatz, früher oder später muss er hier vorbei.", antwortete Mathan etwas grinsend. Sie setzten sich auf eine freie Bank, die vor dem Gebäude stand und als er Halarîns verwirrten Blick las seufzte er kurz.
"In Lórien hat Oronêl niemals seine Axt "verlegt", er muss sie also im Kampf verloren haben. Am Zelt gestern trug er sie nicht, davor in der Stadt auch nicht und auf der Ebene vom Celebrant auch nicht. So eine Waffe verliert man nicht einfach.", erklärte er ernst und zupfte kurz an seinen Schwertgurten.
"Leider fehlt die Zeit, sonst würde ich ihm eine schmieden.", lachte er leise und entlockte Halarîn ein leises Kichern, welches länger dauerte als erwartet.
"Du würdest einem dir, mehr oder weniger, kaum bekannten Elben eine Waffe herstellen? Dabei willst du mir noch immer keinen neuen Speer schmieden.", stichelte sie lächelnd.
Mathan raubte sich einen schnellen Kuss, der sie überrumpelte. "Beides nein.", sagte er knapp, während im der Schelm im Nacken saß. Mit einem Lachen, das folgte, fiel die Anspannung der letzten Tage ab und sie saßen mehr oder weniger heiter und gemütlich in einer Stadt die sich zu einem Feldzug rüstete. Ob Oronêl auch wirklich auftauchte war Mathan eigentlich kaum wichtig, Halarîn war ihm wichtiger, sie wirkte endlich wieder glücklicher als die Tage zuvor. Das schelmische Lächeln, die blitzenden Augen und das verschwörerische Zwinkern hatte er vermisst.

Eandril:
Oronêl aus dem Lager der Elben...

Die Waffenkammer von Aldburg war ein langgestrecktes, niedriges Gebäude ganz in der Nähe der großen Halle in der der Rat abgehalten worden war. Oronêl wurde von einem alten Rohír empfangen, der gerade erst aufgewacht zu sein schien.
"Guten Morgen, Freund.", begrüßte Oronêl den Alten. "Ich bin auf der Suche nach einer Waffe, denn ich..." Der Mann blinzelte ihn misstrauisch an und unterbrach ihn: "Und wer seid ihr, dass ihr meint euch einfach so hier eine Waffe abholen zu können?"
"Verzeiht, ich vergaß mich vorzustellen. Mein Name ist Oronêl Galion, ich komme aus Lothlórien. Ich habe dort in der Schlacht meine Axt verloren und breche bald zu neuen Kämpfen auf, also brauche ich Ersatz."
Bei diesen Worten hellte sich das Gesicht seines Gegenübers auf. "Ah, ihr seid einer von den Elben, das ist natürlich ganz was anderes. Verzeiht mir, dass ich euch nicht gleich erkannt habe, aber ich sehe nicht mehr so gut, wisst ihr." Er trat beiseite und ließ Oronêl die Waffenkammer betreten.
Drinnen war es dunkel und staubig, aber auch so konnte Oronêl sofort sehen, dass die meisten Waffenständer leer waren.
"Tja, wie ihr seht ist nicht mehr allzu viel da...", meinte der Hüter der Waffenkammer. "Die meisten Waffen wurden bereits für das Heer benötigt, aber wir werden schon noch etwas für euch finden."
Oronêl nickte abwesend und ging langsam die Reihen entlang. Tatsächlich waren nicht viele Waffen zurückgelassen worden - er sah noch einige Schwerter und Schilde, den ein oder anderen Speer...
"Was meint ihr hierzu?", hörte er von etwas weiter entfernt den Alten sagen. Er wandte sich um, und sah ihn eine schwere Axt mit zwei Klingen in die Höhe hieven. "Nein, ich bevorzuge eher eine leichtere Waffe. So eine Axt ist etwas für Zwerge...", sagte er. "Ah, nun gut.", erwiderte der Rohír. "Ihr habt schon recht, mit einer solchen Axt hier kann man sich ja kaum bewegen..."

Schließlich erreichte Oronêl das Ende des Raumes, und wurde tatsächlich noch fündig: an einem der letzten Waffenständer hing eine Axt, die seiner eigenen sehr ähnlich sah, wenn auch nicht nach der Art der Sindar, sondern der Rohirrim geschmiedet. "Ich denke, ich werde diese hier nehmen.", sagte er zu niemandem bestimmtes, doch der Alte antwortete: "Sehr gut. Möget ihr viele Orks damit erschlagen."
Oronêl wog die Axt nachdenklich in seiner Hand und befestigte sie dann an seinem Gürtel. "Ich hoffe es sehr."

Draußen blinzelte er nach dem Dämmerlicht der Waffenkammer für einen Augenblick im Licht der Sonne, die inzwischen vollständig aufgegangen war. Trotzdem bemerkte er die beiden Elben, die auf einer Bank  saßen und vollauf miteinander beschäftigt schienen. Mit einem Lächeln sprach er die beiden an: "Mae govannen, Mathan und Halarîn. Ich habe das Gefühl, dass dieses Zusammentreffen kein Zufall ist..."

Fine:
Elea aus der Ratshalle von Aldburg


Faramir und die beiden Marschälle der Mark, Erkenbrand und Elfhelm, berieten sich über die Zusammenstellung des rohirrischen Heeres in einem Raum in der Königsresidenz von Aldburg. Selbstverständlich wurde das gesamte Haus bewacht, und Cyneric hatte man den Posten direkt vor der Tür zum Besprechungszimmer zugeteilt. Die Männer hatten darauf bestanden, die Türe offen zu lassen, damit frische Luft hindurch strömen konnte, denn die Temperaturen waren erneut sehr heiß geworden. Cyneric nahm sich vor, die durch die offene Türe verlorene Sicherheit durch zusätzliche Wachsamkeit wettzumachen.

"Im Wald wird es wenig Platz für Ross und Reiter geben," sagte Faramir gerade. "Und bei der Belagerung sind uns berittene Einheiten ebenfalls eher hinderlich als dass sie hilfreich sind."
"Herr, die Männer sind kampferfahren," entgegnete Elfhelm. "Auch im Kampf zu Fuß werden sie alle Aufgaben erfüllen, die der Heermeister für sie hat."
"Das weiß ich, Elfhelm. Es geht mir um die Pferde. Bei der Belagerung wären sie im Weg und müssten bewacht und versorgt werden. Ich denke es wäre weiser, die Pferde hier zu lassen."
"Ihr wollt die Männer zu Fuß gehen lassen? Den ganzen Weg bis nach Dol Guldur?" wunderte sich Erkenbrand. "Das ist ein ziemlich langer Marsch, Heermeister."
"Die Elben werden ebenfalls nicht beritten sein. Thranduil plant ein rasches Vorrücken bis zur Ebene von Celebrant und anschließend einen koordinierten Übergang über den Großen Strom an den Untiefen dort."
"Nun, zumindest innerhalb der Grenzen der Riddermark sollten wir doch die Vorteile nutzen, die sich uns bieten," schlug Elfhelm vor. "Lasst die Männer reiten, bis sie die Ebene von Eorls Sieg erreichen. Dort mögen sie die Pferde zurücklassen oder zurück nach Aldburg schicken."
Faramir überlegte einen Augenblick, nickte dann zustimmen. "Nun gut. Ich werde es Glorfindel mitteilen. Er führt den Oberbefehl über das vereinigte Heer. In der Zwischenzeit solltet ihr die éoreds auffüllen und zu Staffeln einteilen. Das Heer der Riddermark muss geordnet sein, bevor es aufbrechen kann."
"Es wird geschehen wie du befiehlst, Herr."
"Ich danke euch beiden. Lasst uns nun über die Bewaffnung der neuen Rekruten sprechen..."

Cyneric blendete das Gespräch aus. Vieles davon hatte er in vorherigen Gesprächen Faramirs mit seinen Marschällen bereits gehört, doch durch den engen Zeitplan und das stetige Eintreffen neuer Krieger mussten die Pläne immer wieder abgeändert werden. Seine eigene Einteilung würde sich nicht mehr ändern, das wusste er. Er würde Erkenbrands Einheit zugeteilt werden, genau wie der Rest der Gardisten die mit dem Heer ziehen würden. Faramir hatte die Hälfte der königlichen Garde unter Erkenbrands Befehl gestellt und zum Feldzug abkommandiert.

Am Ende des Ganges in dem er stand erschien einer der Gardisten, der vor dem Haupteingang der Residenz postiert gewesen war. Begleitet wurde er von einer schwarzhaarigen Frau, die einen Leinensack mit sich trug. Auf halbem Wege blieb der Gardist stehen, hob kurz die Hand zum Gruß in Cynerics Richtung und drehte dann wieder um, um auf seinen Posten zurückzukehren. Die Frau kam entschlossenen Schrittes auf Cyneric zu und blieb ein paar Meter entfernt stehen.
"Der Heermeister ist beschäftigt," sagte er ruhig.
"Bitte lasst mich ein; es ist wichtig," antwortete die Frau. Sie hatte blau-graue Augen und Cyneric war sich sicher, sie schon einmal irgendwo gesehen zu haben.
"Es tut mir Leid. Ihr müsst ein anderes Mal wiederkommen, Herrin."
Ihr Blick verhärtete sich. "Gardist, ihr müsst mich mit Faramir sprechen lassen."
"Er wünscht, nicht gestört zu werden," erwiderte Cyneric.
"Wer möchte mich denn stören?" erklang Faramirs Stimme neben ihm. Interessiert betrachtete er die Besucherin und zog eine Augenbraue nach oben. Dann trat er einen Schritt zurück und bedeutete der Frau, einzutreten. "Ich kann vermutlich ein wenig Zeit erübrigen. Meine Marschälle haben ihre Aufträge erhalten und unser Treffen ist beendet."
Cyneric warf einen schnellen Blick in das Zimmer und stellte fest, dass Erkenbrand und Elfhelm am Fenster standen und sich leise unterhielten. Er trat beiseite und machte der Besucherin den Weg frei.

Nachdem er ihr einen Platz am Kartentisch an dem er sich kurz zuvor mit den Kommandanten besprochen hatte angeboten hatte blickte ihr Faramir in die Augen.
"Also, meine Dame, dies ist nicht das erste Mal, dass ich dich sehe. Du warst bei der Ratsversammlung, nicht wahr?"
"Das stimmt. Du bist ein guter Beobachter, Truchsess Faramir."
"Mein Gedächtnis ist ebenfalls recht gut," sagte er schmunzelnd. "Elrond hat dich dort vorgestellt. Du bist Erelieva aus dem Norden."
"Erneut richtig. Mein Name ist Erelieva Lóte in Dúnedain. Die meisten nennen mich einfach Elea."
"Nun, Elea von den Dúnedain, was führt dich zu mir?"
"Ich... trage eine große Verantwortung mit mir, Faramir. Wie viele die bei der Ratsversammlung waren nun wissen, ist mein Sohn ...Helluin, der Anführer der Dúnedain die... in Sarumans Diensten stehen." Ihr schien es schwer zu fallen, diese Wahrheiten auszusprechen. "Er ist wieder mit diesem Zauberer nach Norden gegangen... und er hat sich verändert. Ich fürchte um meinen Sohn und will... ich muss versuchen, ihn vom Einfluß Sarumans zu befreien. Doch meine Verantwortung hindert mich, mit dem Heer nach Norden zu gehen und ihn zu suchen. Denn sollte ich scheitern oder nicht zurückkehren wären die Mühen vieler, die sie mir auftrugen vergeblich gewesen."
Sie machte eine Pause und blickte Faramir an, der still und aufmerksam zugehört hatte.
"Elea. Ich verstehe deine Sorge um deinen Sohn," sagte er. "Doch meinst du nicht, dass es seine eigene Entscheidung war, sich Saruman anzuschließen?"
"Nein! Er war noch nicht bereit dafür, Anführer der Dúnedain zu werden," stieß Elea heftig hervor. "Viel zu früh haben sie ihn mir weggenommen und nun hat er den Versprechungen einer Schlange nachgegeben. Ich muss ihn wieder zu klarem Verstand bringen und ihn retten, aber noch sitze ich hier fest!"
Faramir blickte sie ruhig an. "Beruhige dich. Erzähle mir von deiner Verantwortung, die du wie eine schwere Bürde mit dir herum trägst."
"Ich... ich werde sie dir zeigen," antwortete Elea und zog den Leinensack hervor den sie mitgebracht hatte. Sie zog das Tuch weg und zum Vorschein kam eine silbern schimmernde Krone.
"Die Flügelkrone Gondors," keuchte Faramir überrascht. "Wie... wie ist sie in deinen Besitz gelangt? Ich glaubte sie mit dem Rest von Minas Tirith verloren!"
"Das... ist eine längere Geschichte."
"Bitte, erzähle mir alles!" bat Faramir.

Und so erzählte Elea von ihren Erlebnissen in Minas Tirith. Wie sie in den Verliesen aufgewacht und von Herumor gefoltert worden war. Wie sie schließlich freigelassen und einige Zeit glücklich in der Stadt gelebt hatte. Wie die Bevölkerung immer unzufriedener geworden und letzten Endes einen Aufstand gewagt hatte. Wie sie mit Beregonds Hilfe aus der Stadt entkommen und über Ithilien und Dol Amroth schließlich nach Aldburg gereist war.
"Beregond also hat dir die Krone gegeben! Er ist ein tapferer und treuer Mann Gondors," sagte Faramir nachdem Elea geendet hatte.
"Nun, denke ich, verstehen wir uns besser, Elea von den Dúnedain. Deine Gründe, mir die Krone zu bringen kann ich nachvollziehen, doch bin ich mir nicht sicher, was ich damit tun soll. Selbstverständlich werde ich sie bewahren, doch..."
Er hielt einen Moment inne, sprach dann schnell weiter. "Dir steht es selbstverständlich frei, deinen Sohn zu suchen. Ich hoffe, du kannst ihn davon überzeugen, Saruman nicht länger zu dienen, aus welchen Gründen auch immer er es tut. Mein Herz sagt mir, dass in dieser Angelegenheit nicht alles so ist, wie es zu sein scheint. Lass dir die Umstände erklären und urteile nicht vorschnell."
Elea schien nicht überzeugt zu sein, erwiderte jedoch nichts. Sie übergab die Krone an Faramir, der sie mit einem nachdenklichen Blick entgegennahm. Dann verabschiedete sie sich und verließ den Raum.

Der Rest von Cynerics Wachdienst verlief ereignislos. Gegen Abend machte er sich müde auf den Rückweg zur Rüstkammer und fiel bald schon in einen tiefen, traumlosen Schlaf.


Cyneric, Faramir, Erkenbrand und Elfhelm ins Lager der Elben
Elea zur Ebene von Celebrant

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln