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Autor Thema: Aldburg - In der Stadt  (Gelesen 64376 mal)

Eandril

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Re: Aldburg - In der Stadt
« Antwort #75 am: 16. Dez 2019, 20:14 »
Narissa, Aerien, Aragorn, Gandalf, Gimli und Aino vom Mering-Strom

Die Pferde, die Gandalf ihnen besorgt hatte, trugen Narissa und die anderen rasch über die Ebene nach Westen. Auf Gandalfs Rat hin mieden sie auch innerhalb Rohans die Straße, sondern suchten sich ihren Weg ein wenig südlich davon direkt am Fuße des Gebirges, das schwarz und schneegekrönt im Süden aufragte, und an deren Anblick Narissa sich kaum sattsehen konnte - ebenso wenig wie an den satten grünen Ebenen nördlich davon. In Gandalfs Gesellschaft und nun im einigermaßen sicheren Rohan konnte sie sich endlich ein wenig entspannen und die Schönheit des Landes genießen. Nie zuvor hatte sie solche Berge gesehen wie die weißen Gipfel der Ered Nimrais. Und die meisten Ebenen in Harad waren trockene Steppen oder Savannen, wo das Wasser knapp war.
Durch die Pferde kamen sie auch deutlich schneller voran als zu Fuß, und noch am gleichen Tag, an dem sie den Firienwald verlassen hatten, erblickte Narissa kurz vor Sonnenuntergang die Mauern einer Stadt am Horizont.
"Aldburg", stellte Gandalf fest, der Schattenfell angehalten hatte. Die übrigen hielten neben ihm. "Die Hauptstadt Rohans - zumindest für den Moment. Ihr werdet feststellen, dass ihr deutlich willkommener sein werdet als damals bei unserer Ankunft in Edoras", fügte er an Aragorn und Gimli, die sich das kräftigste der Pferde teilten, gewandt hinzu.
Aragorn lächelte leicht, als erinnerte er sich an vergangene Tage. "Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit", stellte er fest. "Obwohl weniger Zeit vergangen ist, als es mir vorkommt. In Barad-Dûr werden die Tage lang." Narissa entging nicht, dass Aerien bei diesen Worten unbehaglich auf dem Pferderücken hin und her rutschte.
"Die Königin von Rohan - Frau Éowyn - wird uns mit Sicherheit willkommen heißen", ergriff Gandalf wieder das Wort. "Dennoch sollten wir kein unnötiges Risiko eingehen, der Feind hat mehr Augen und Ohren als ihr glaubt. Meine Gegenwart in Rohan ist allgemein bekannt, doch er wird glauben, das ihr auf direktem Weg nach Gondor geflohen seid. Je länger er über euren Weg im Unklaren ist, desto besser. Setzt eure Kapuzen auf, und verbergt eure Gesichter."
Narissa bezweifelte, dass die Ankunft fünf vermummter Gestalten, von denen eine auch noch auffällig klein war, besonders unauffällig wäre, doch sie zog sich gehorsam die Kapuze ihres Ostling-Mantels über den Kopf. Die anderen taten es ihr gleich, nur Aragorn zögerte kurz.
"Früher oder später wird er ohnehin herausfinden, wohin ich gegangen bin", meinte er. "Es liegt in unserer Hand, ob es früher oder später ist", erwiderte Gandalf. "Sein Angriff auf Gondor ist unvermeidlich. Doch verhindern, dass seine Aufmerksamkeit sich erneut auf Rohan richtet... Es könnte uns zum Vorteil gereichen."
"Du hast vermutlich Recht, mein Freund." Aragorn zog seine Kapuze tief ins Gesicht, sodass nicht viel mehr als sein Kinn mit dem staubigen, struppigen Bart zu sehen war. "Dieses Mal will ich mich noch heimlich in die Stadt schleichen. Doch wenn ich nach Gondor gehe, soll alle Welt sehen, dass ich dort bin."

Das letzte Stück nach Aldburg legten sie größtenteils schweigend zurück, während die Sonne immer tiefer sank und ihre Gestalten lange Schatten über die Ebene hinter ihnen warfen. Gandalf und Aragorn ritten voran, gefolgt von Narissa und Aerien, während Aino alleine den Schluss bildete.
"Meinst du, du könntest diese Spione erkennen, von denen Gandalf geredet hat?", fragte Narissa Aerien schließlich leise. Aerien schüttelte den Kopf, und warf einen nervösen Blick nach vorne auf Gandalfs Hinterkopf. "Wahrscheinlich nicht. Er wird kaum jemanden, den ich kenne als Spion nach Rohan schicken - dazu sind sie alle miteinander zu wertvoll. Aber er hat viele Wesen in seinen Diensten. Nicht nur Menschen und Orks."
"Großartig", murmelte Narissa in sich hinein. Mit einem Mal hatte sie das Gefühl, als würde die ganze Umgebung sie mit unfreundlichen Augen beobachten.

Das Tor von Aldburg war noch geöffnet, und sie betraten die Stadt ohne Zwischenfälle. Alles unterschied sich stark von dem, was Narissa aus Harad gewöhnt war. Die Straßen waren weniger staubig, die Häuser hatten oben in einem Giebel auslaufende, strohgedeckte Dächer, und die Menschen waren fast alle blond und hellhäutig. Auch so kurz vor Sonnenuntergang war noch einiger Betrieb auf den Straßen, doch die meisten Gesprächsfetzen, die Narissa aufschnappen konnte, waren in einer ihr vollkommen unbekannten, ein wenig singenden Sprache gesprochen.
Sie erregten weniger Aufmerksamkeit als Narissa befürchtet hatte. Die meisten Blicke schienen sich auf Gandalf, der in seinen weißen Gewändern und auf seinem prächtigen Pferd auch wirklich auffällig war, zu richten, und nur wenige schenkten seinen Begleitern mehr als einen flüchtigen Blick. Während sie Gandalf durch die Straßen zu der großen Halle, die sich im Zentrum der Stadt erhob, folgten, entspannte Narissa sich wieder etwas. Am Fuße einer breiten Steintreppe, die zum Palast hinaufführte, hielt der Zauberer an und stieg vom Pferd.
"Lasst die Pferde hier", sagte er. "Es sind kluge Tiere. Sie werden bei Schattenfell bleiben."
Narissa ließ sich vom Rücken ihres Pferdes gleichen, und klopfte ihm sanft auf den schwarzen Hals. Sie wusste, dass die Rohirrim ein Reitervolk und ihre Pferde in der nördlichen Welt berühmt waren, und dieses Tier hatte gehalten, was das versprach. Es hatte sie den ganzen Weg vom Firienwald mit ruhigem Tritt getragen und schien dabei noch kein bisschen erschöpft zu sein. Narissa strich noch einmal über das glatte, schwarze Fell, bevor sie den anderen die Treppe hinauf folgte.

Am oberen Ende der Treppe wurden sie von mehreren Wächtern, deren Anführer ein alter Mann mit einem struppigen blonden, von Grau durchsetztem Bart war. "Wer begehrt Einlass in die Halle Éowyns, der Königin von Rohan?", fragte der Alte feierlich, und Gandalf seufzte. "Ihr kennt mich, Gamling. Müsst ihr das jedes Mal fragen?"
"Es gehört zu meiner Pflicht, diese Frage zu stellen", erwiderte Gamling. "Euch kenne ich, Gandalf, doch was ist mit euren Begleitern? Ich kann nicht einfach jemanden in die Halle einlassen ohne zu wissen, wer er ist."
"Ich bürge für sie", sagte Gandalf ein wenig ungeduldig. "Doch fürs erste sollten ihre Gesichter geheim bleiben."
Gamling zögerte, doch bevor er sprechen konnte war Aragorn vor getreten, hatte den Kopf gehoben und blickte ihm ins Gesicht.
"Ihr kennt mich, Gamling. Wir haben gemeinsam auf der Hornburg gekämpft." Für einen Augenblick spiegelte sich pure Verwirrung auf dem Gesicht des Alten, bevor sich freudiges Erkennen ausbreitete.
"Ihr seid es! Ich habe doch geahnt, dass ihr nicht so leicht unterzukriegen seid, auch wenn alle gesagt haben, ihr wärt tot." "Er ist nicht tot, und damit genug", mischte sich Gandalf mit einem warnenden Seitenblick auf die übrigen Wachen ein. "Versteht ihr nun, Gamling?"
Gamling nickte eifrig. "Ja, ja, natürlich. Welch eine Freude..." Lauter fügte er hinzu: "Lasst sie eintreten!"
Die Wächter öffneten die großen Türflügel hinter ihnen, und Gandalf trat als erster ein. "Ich wünschte, Éowyn hätte einen anderen Weg gefunden, den alten Narren zu ehren, als ihn zum Wächter ihrer Halle zu machen", hörte Narissa ihn leise vor sich hin schimpfen. Da die dämmrige Halle beinahe menschenleer war, wagte sie Gandalf zu fragen: "Wer ist dieser Gamling eigentlich?"
Gandalf seufzte, und bevor er antwortete war nur das Klacken seines Stabes auf dem Steinfußboden zu hören. "Er hat eine gewisse Rolle gespielt, als Saruman Helms Klamm, die große Festung Rohans, angriff. Später wurde er gefangen genommen und nach Dunland verschleppt. Seine Befreiung ist eine recht interessante Geschichte, für die wir jetzt keine Zeit haben. Als er schließlich vor kurzem nach Rohan zurückkehrte, verlieh die Königin ihm ein ehrenvolles Amt in ihrer Garde, und er nimmt diese Aufgabe sehr ernst."
"Eine kluge Entscheidung", meinte Aragorn, der offenbar aufmerksam zugehört hatte, anerkennend. "Sie ehrt einen Helden vergangener Kämpfe, und gibt einem alten Krieger eine sinnvolle Aufgabe, die sonst von jemand jüngerem, der anderswo dringender gebraucht wird, übernommen werden müsste. Es scheint, als sei Rohan in guten Händen."
Gerade bei diesen Worten öffnete sich eine Tür im hinteren Teil der Halle, und ein hochgewachsener Mann mit schulterlangen, rabenschwarzen Haaren trat heraus. Er trug sichtlich hochwertige, wenn auch einfache, Kleidung. Bei Gandalfs Anblick stockte er, und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
"Mithrandir! Ihr seid zurück. Bringt ihr Neuigkeiten?" Hinter ihm trat eine ebenso hochgewachsene Frau mit langen, blonden Haaren in einem grün-weißen Kleid in die Halle, und Gandalf neigte den Kopf.
"Verzeiht mein spätes Eindringen in eurer Halle, Éowyn, Königin", begann er. "Und auch ihr, Faramir. Doch ich komme mit einer Sache von höchster Wichtigkeit zu euch." Er lächelte leicht. "Oder vielmehr... mit jemandem."
In diesem Augenblick trat Aragorn hervor, und warf seine Kapuze ab. Einen Moment lang herrschte Stille, und Narissa ertappte sich dabei, wie sie den Atem anhielt. Dann schlug Éowyn eine Hand vor den Mund, und zugleich keuchte Faramir auf und fiel auf die Knie.
"Wie ist das möglich?", fragte Faramir leise. Schließlich schien Éowyn sich ein wenig gefangen zu haben, und sagte mit schwach bebender Stimme, ohne den Blick auch nur um ein weniges von Aragorns Gesicht zu lösen: "Sei erneut willkommen in Rohan... Aragorn. Möge... möge deine Rückkehr ein gutes Zeichen für uns alle sein."

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

Thorondor the Eagle

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Im Kerker: Fesseln der Vergangenheit
« Antwort #76 am: 21. Dez 2019, 23:02 »
Start Helluin:

Als sie Aldburg erreicht hatten, war die Abenddämmerung bereits hereingebrochen. Da die Soldaten nicht wussten wie über Helluin entschieden wurde, beschlossen sie sein Gesicht zu verbergen als sie in die Stadt ritten. Manche Bewohner der Stadt, allen voran die wenigen verbliebenen Elben, würden vermutlich eine gerechte Strafe fordern für die Zerstörung Lothloriens. Sie zogen ihm die Kapuze weit über das Gesicht.
Unsanft zogen sie ihn von seinem Pferd und führten ihn fest am Oberarm gepackt zu den Verliesen. Dort wurde er einem Wächter übergeben und in eine Zelle geworfen. Sie wissen wohl nicht, dass ich mit Saruman gebrochen habe, dass Kerry mich von seinem Zauber befreit hat. Ich muss sie davon überzeugen, ich schaffe das! Aber, was wenn sie es wissen? Ist es denn nicht egal ob ich noch zu Saruman’s Gefolge gehöre oder nicht… Ich habe trotzdem all diese Verbrechen begangen.

Die Zweifel plagten den jungen Dúnadan.

Mit seinen Händen streifte er etwas Stroh zusammen, das am Boden lag. Er legte sich seitwärts auf den Boden und bettete seinen Kopf darauf. Als seine Zweifel langsam leiser wurde, fiel ihm ein, dass er genau hier in Aldburg erstmals offen als Anhänger Saruman’s aufgetreten war. Und genau hier traf er nach all den Jahren der Abstinenz von seiner Familie auf seine Mutter. „Mama“, murmelte er leise vor sich hin. Die Erinnerungen an sie bei diesem Treffen waren sehr blass, umso deutlicher sah er den entsetzten Blick als sie just in seine Arme fiel. Er erinnerte sich auch seine Stimme im Kopf gehört zu haben, er möge stark sein wie seine Ahnen und nicht emotional und schwach – so wie sie es war. All die Jahre der Trauer und der Verbitterung haben sie dazu gemacht. Er bemerkte, dass die Zähne aufeinander malmten und sein Kiefer angespannt war.
Es vergingen mindestens zwei Stunden, bis Helluin zu vermuten begann, dass er vor dieser Nacht niemanden mehr zu Gesicht bekommen würde, also versuchte er einzuschlafen.

Die Nacht verlief sehr unruhig, sodass er am nächsten Morgen das Gefühl hatte kein Auge zugetan zu haben. Er entdeckte eine Schüssel mit Brotbrei und einen Krug voll Wasser und schlang alles gierig hinunter.
Gleich darauf wurde er aus dem Kerker in einen kleinen Raum geführt, darin befand sich nur ein Stuhl auf den er hingesetzt wurde. Helluin wurde nervös, sein Herz klopfte.
Plötzlich öffnete sich die Tür und ein Mann mittleren Alters trat herein. Sein Haar war rötlich blond und kraus. Seine Augen ungewöhnlich dunkel und seine Haut recht unrein.
„Wie ist dein Name?“, fragte er direkt und seine Stimme klang forsch.
„Helluin“, antwortete der junge Mann „Helluin von den Dunedain.“
„Unsere Männer sagten, dass du nach Aldburg reisen wolltest. Was zum Henker willst du hier?“
„Ich bin auf der Suche nach jemandem.“
„Nach wem?“
„Kerry. Kennt ihr sie? Sie ist so alt wie ich und hat blondes langes Haar.“
„Blondes langes Haar? Haha, da musst du dich schon ein bisschen genauer ausdrücken“, dann überlegte er einen Moment: „Was will der weiße Verräter von Kerry? Wozu benötigt er sie?“
„Saruman?“
„Ja, Saruman diese elende, verräterische Fratze. Wir haben nicht vergessen, dass du zu seinen verdammten Schergen gehörst, besser gesagt zu seinen ganz persönlichen Lieblingen.“
Helluin rechnete mit dieser Aussage, hatte aber noch keine passende Antwort darauf gefunden.
„Wenn ich euch sage, dass ich Saruman nicht mehr diene, würdet ihr mir glauben?“
Ein gemeines Grinsen lag auf seinen Lippen: „Also dienst du ihm nicht mehr?“
„Nein!“ bestätigte Helluin und versuchte so überzeugend und selbstbewusst wie möglich aufzutreten.
„Hmmm.“
Der Soldat musterte ihn nochmal von oben bis unten.
„Ihr glaubt mir nicht…“
„Warum sollte ich? Ich habe viele Geschichten gehört über den Eisblauen, ohne jegliches Gefühl oder gar Mitgefühl soll er geboren worden sein. Mordend und brandschatzend zieht er durch die Welt, tötet Freund und Feind gleichermaßen. Würde ich nur die Hälfte dieser Geschichten glauben, ich würde dich in das dunkelste Verlies unter den weißen Bergen stecken, dort wo selbst der König der Toten dich nicht finden kann. Dort könntest du verrecken oder sonst was tun.“
Beschämt schaute Helluin zu Boden.
„Aber du hast Glück, denn vor mir sitzt so ein Jungchen, schwach und weinerlich. Du kannst das nicht sein, nicht der aus den Geschichten.“
Der Dúnadan wusste nicht was er sagen sollte. Der Kerkermeister hatte recht, sowohl mit dem ersten als auch mit dem zweiten Teil den er sagte. Es kostete ihn Mühe seine Tränen zu unterdrücken.
„Also glaubt ihr mir nicht?“
„Ha, es kann dir egal sein, denn es tut nichts zur Sache was ich glaube oder nicht. Ich sage nur meinem Marschall, dass wir einen wertvollen Gefangenen haben. Ich entscheide nicht über dich, ob das nun gut oder schlecht ist für dich."
Der Rohirrim drehte sich zur Tür und klopfte dreimal kräftig. Anschließend murmelte er ein paar Worte auf rohirrisch.
„Wann wird das sein?“, fragte Helluin noch hastig hinterher.
„Das wirst du noch rechtzeitig erfahren.“

Mit diesen Worten verließ er wieder den Raum. Andere nahmen den gefesselten Dúnadan und schleiften ihn zurück in seine Zelle. Warum sollten sie mir glauben? Es gibt niemanden der bezeugen kann was im Düsterwald passiert ist und schon gar nicht im Sternenwald. Und selbst wenn, was nützt es denn. Sie hassen mich, die Rohirrim, die Elben, die Dunedain,… alle einfach alle.

In dieser Sackgasse gefangen, legte sich Helluin einfach wieder auf den Boden und kauerte sich zusammen. Er bezweifelte, dass es eine kluge Entscheidung war hierher zu kommen. Vielleicht wäre es doch besser gewesen im Osten zu bleiben und dort ein neues Leben zu beginnen. Weit ab von seiner Vergangenheit und seinem Namen. Aber er konnte es nicht mehr ändern.
1. Char Elea ist in Bree  -  2. Char Caelîf ist in Palisor

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  • Ich hab da ein ganz mieses Gefühl bei der Sache...
Nachrichten aus dem Norden
« Antwort #77 am: 22. Dez 2019, 12:34 »
 Aerien blickte sich staunend in der Halle um. Sie verfügte über ein schwach glühendes, mit gemauerten Steinen begrenztes Feuer im Zentrum der Halle und über hohe Fenster im oberen Drittel der Wände, durch die schwaches Tageslicht hinein fiel. Schwere Banner hingen von der hinteren Wand, an deren Fuße zwei schlichte Throne standen. Die Säulen der Halle waren mit bemalten Schnitzereien verziert und es gab hier und dort große Wandteppiche, die berühmte Szenen aus der Geschichte der Menschen von Rohan zeigten.
Die Stille, die nach Aragorns Enthüllung eingetreten war, verhallte, als Gimli schallend zu lachen begann. „Ist das alles? Seid willkommen? Da kehren wir nach all den Jahren endlich wieder in zivilisierte Lande zurück und alles was Ihr zu sagen habt, Herrin von Rohan, ist seid willkommen?
„Gimli!“ entfuhr es der Königin. Sie klang, als wüsste sie nicht recht, ob sie lachen oder weinen sollte. Der Zwerg breitete die Arme aus und schloss Éowyn in eine innige Umarmung. Und da hörte Aerien die Erleichterung in der Stimme der Königin, als sie sagte: „Ihr seid es wirklich!“
„Steh‘ auf, Faramir,“ sagte Gandalf. „Dein König bedarf deiner Dienste.“
Der Gondorer - Faramir - erhob sich, noch immer einen Ausdruck des Unglaubens im Gesicht. „Mithrandir.... was ist geschehen? Wie... kann es sein, dass sich unsere unwahrscheinlichste Hoffnung nun erfüllt hat? Wenn dies dein Zauber ist, so ist er wahrlich mächtig.“
„So mächtig bin selbst ich nicht,“ erwiderte Gandalf schmunzelnd. „Aber es gibt noch andere Mächte, die in dieser Welt am Wirken sind.“
Aerien behielt Aragorn aufmerksam im Auge. Der Dúnadan stand mit lockerer Haltung einige Schritte von Éowyn entfernt, die sich gerade von Gimli gelöst hatte. Narissa stand neben ihm, die Arme vor der Brust verschränkt. Sie blickte sich aufmerksam um und schien erpicht darauf, kein Detail zu verpassen.
„Es bedurfte großen Mutes und einer gehörigen Portion Glück, um dies zu vollbringen,“ fuhr Gandalf gewichtig fort. „Und gerade zur rechten Zeit! Schon bald werden so manche wichtige Angelegenheiten ins Rollen geraten, die die Anwesenheit des Königs von Gondor erfordern.“
Aragorn blickte nacheinander Éowyn und Faramir an. „Ich verstehe,“ murmelte er leise. „Ihr wart gemeinsam in den Häusern der Heilung, als wir zum Schwarzen Tor ritten.“
Faramir nickte. „Wir flohen aus Minas Tirith und fanden Zuflucht im Goldenen Wald, bis Mithrandir zu uns kam. Er war es, der die Befreiung Rohans vorantrieb und der Saruman im Norden getrotzt hat.“
„Der Norden?“ hakte Aragorn nach. „Wie steht es um Eriador?“
Gandalf erhob die Hand. „Eines nach dem Anderen. Zunächst sollten wir erklären, wie dir die Flucht aus dem Dunklen Turm gelungen ist.“ Der Zauberer drehte sich zu Aerien um und musterte sie mit einem durchdringenden Blick. „Aerien. Stell dich dem Herrn und der Herrin von Rohan vor und beantworte ihre Fragen.“
„Aerien?“ wiederholte Faramir, eine Mischung aus Vorsicht und Interesse in der Stimme. „Stammt Ihr aus Gondor, junge Dame?“
Aerien schloss für einen kurzen Moment die Augen. Da spürte sie Narissas beruhigende Hand, die über ihren Rücken strich. Sie atmete durch und erwiderte Faramirs Blick. „Nein, Herr. Ich wuchs in Durthang auf.“
Faramir reagierte überraschend. Anstatt sein Schwert zu ziehen kam er einen Schritt näher und schien Aeriens Gesichtszüge zu studieren. „Ich verstehe. Dann... seid Ihr die Tochter der Geißel von Ithilien, habe ich Recht?“
„Mein Vater besaß viele Titel,“ erwiderte Aerien. „Vermutlich gehörte auch dieser dazu.“
Éowyn trat neben Faramir. „Sie kommt... aus Mordor? Dabei... sieht sie nicht wie ein Feind aus.“
„Aerien ist kein Feind,“ erklärte Aragorn. „Sie war es, die mir zur Flucht verholfen hat.“
„Nicht alleine,“ stieß Aerien hervor. „Ohne Narissa hätte ich es niemals geschafft.“ Und endlich konnte sie klar genug denken, um zu erkennen, in welcher Situation sie sich gerade befand. Rasch vollführte sie einen akkuraten Knicks vor dem Herrscherpaar Rohans. „Einst war ich Azruphel von Durthang, bis ich den Weg meiner Vorfahren hinter mir ließ und Aragorn mir den Namen Aerien gab. Ich stehe Euch zu Diensten, Eure Gnaden.“ Sie zerrte Narissa mit einer kleinen, aber kräftigen Bewegung am Arm neben sich. „Und dies ist Narissa vom Turm, aus dem ehrenvollen Haus der Turmherren von Tol Thelyn.“
„Erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen,“ murmelte Narissa mehr oder weniger überzeugend.
„Nun, dies sind bedeutungsvolle Namen,“ sagte Faramir. „Und für gewöhnlich würde ich Euch einer Prüfung unterziehen, Aerien. Doch es steht nicht zu leugnen, dass Aragorn wahrhaftig zu uns zurückgekehrt ist, und Ihr keinen geringen Anteil daran hattet. Deshalb will ich Euch vertrauen, und Eurer Freundin ebenfalls.“
„Alles andere wäre grober Unfug, wenn ihr mich fragt,“ mischte Gimli sich ein. „Müsst ihr Menschen wirklich zu jedem Anlass so viele Worte machen? Hier ist ein Zwerg, dem der Magen knurrt!“
Diesmal war es Éowyn, die lachte, und Gandalf, Aragorn und Narissa stimmten rasch mit ein. „Gimli!“ rief Éowyn. „Ihr hättet früher etwas sagen sollen. Wir sollten... wir werden ein Festmahl feiern, zur Feier eurer Rückkehr, noch heute Abend!“
Faramir nickte. „Und bevor mir jemand bis dorthin noch vor Hunger stirbt, werde ich euch persönlich in die Speisekammer führen. Vielleicht wird es mir dann dort vergönnt sein, die Geschichte eurer Flucht aus Mordor zu hören.“

Faramirs Wunsch erfüllte sich. Alle gemeinsam folgten sie dem Gondorer in einen Nebenraum der Halle, wo die Bediensteten der Königin ihnen ein einfaches, aber reichhaltiges Mahl auftischten. Zwar hatte Éowyn ihnen ein Festmahl versprochen, doch auch wenn das Essen für ihre Verhältnisse nichts Besonderes war, kam es für Aerien und Narissa dennoch einer großartigen Feier gleich. Denn zum ersten Mal seitdem sie die Weiße Insel verlassen hatten, fühlten sie sich wieder in relativer Sicherheit. Sie waren umgeben von Freunden und neuen, freundlichen Bekanntschaften und die Stimmung war ausgelassen.
Gimli übernahm den Großteil der Erzählung. Der Zwerg war bei bester Laune, nachdem er seinen Hunger gestillt hatte. Ausschweifend berichtete er davon, wie er Aerien und Narissa in Nurn vor dem Karagâth gerettet und sie auf geheimen Pfaden bis zur Hochebene von Gorgoroth geführt hatte. Und wie sie später über den verborgenen Pass von Durthang nach Ithilien und schließlich Anórien gereist waren.
Insbesondere Faramir schien ein ehrliches Interesse an Aerien zu haben und erzählte ihr, dass er während des Krieges in Ithilien einmal die Klingen mit ihrem Vater gekreuzt hatte. „Ich erkannte seine Gesichtszüge in Euren,“ sagte der Gondorer. „Doch ich wollte sehen, ob Ihr auch seine Überzeugungen teilt. Ich bin froh, dass dem nicht so zu sein scheint.“
Narissa verbrachte die meiste Zeit damit, sich mit Gandalf zu unterhalten. Der Zauberer ließ sich von ihr die Weiße Insel im Detail beschreiben und gab sogar zu, bis zu diesem Abend nichts von Tol Thelyn gewusst zu haben. Umso erstaunter war er, als er erfuhr, dass Aragorn hingegen die Insel kannte und sogar selbst schon dort gewesen war.
„Es war während des Angriffes auf Umbar,“ erklärte der Dúnadan. „Die Turmherren leisteten mir unschätzbare Hilfe. Und ich habe es nicht vergessen. Narissa, wenn ich auf den Thron Gondors zurückkehre, soll dein Volk für ihre Taten entlohnt werden.“
Narissa nickte dankbar. Dann erzählte sie davon, wie sie Arandirs verborgenen Pfad in Harondor entdeckt hatte und wie sie den Weg nach Mordor hinein beschritten hatten, ehe sie sagte: „Wie wir Aragorn aus dem Turm befreiten, sollte am besten Aerien selbst erzählen.“
Aerien hatte befürchtet, dass dieser Augenblick kommen würde, denn sowohl Gimli als auch Narissa hatten bislang das entscheidende Kapitel ihrer Reise ausgelassen. Doch es war Éowyns aufmunterndes Lächeln, dass Aeriens Zurückhaltung verfliegen ließ. Hier ist es sicher, sagte sie sich. Hier kann ich davon sprechen.
Noch etwas zögerlich begann sie damit, von ihrer Herkunft zu erzählen und davon, wie ihr Vater sie nach Barad-dûr gebracht hatte. Wie sie dort nach einem halben Jahr herausgefunden hatte, um wen es sich bei dem Gefangenen auf der Spitze des Turmes handelte und wie es ihr gelungen war, ungestört mit Aragorn zu sprechen. Wie sie ihm versprochen hatte, eines Tages wiederzukehren. Und wie sie ihr Versprechen schließlich eingelöst hatte.
„Eine Art Vorsehung schien bei all dem am Werk zu sein,“ schlussfolgerte sie am Ende ihres Berichts. „Als wäre es mir bestimmt gewesen, Aragorn zu finden. Ich weiß nicht, wieso es mich ausgesucht hat, denn zu keinem Zeitpunkt fühlte ich mich... all dessen würdig.“
„Vorsehung,“ wiederholte Gandalf bedeutungsvoll. „Ein seltsames Wort für ein Mädchen wie dich, das sich nicht als jemand Besonderen betrachtet.“ Der Zauberer schien sie mit dem strengen Blick unter den buschigen Brauen schier zu durchbohren. „Und doch... bist du besonders. Ihr beide seid es.“ Er wandte Narissa den Blick zu. „Gegensätzlich wie Dunkelheit und Licht. Wie... Nachtigall und Schwalbe.“
„W-was sagst du da?“ wisperte Narissa.
„Du hast dich überhaupt nicht verändert, Gandalf,“ lachte Gimli. „Du sprichst immer noch gerne in Rätseln.“
„Eine Eigenschaft der Alten,“ sagte der Zauberer mit einem Lächeln.
„Schon gut,“ unterbrach Aragorn. „Ich denke, für heute ist genug gesagt worden. Ich bin müde, und ich denke, meinen Gefährten geht es ebenso.“
Éowyn erhob sich. „Eine Angelegenheit wäre da noch, Herr Aragorn.“ Sie warf Faramir einen bedeutungsvollen Blick zu. „Ihr habt gefragt, wie es dem Norden ergangen ist.“
Faramir breitete die Arme aus. „In Eurer Abwesenheit wählten die Dúnedain Arnors einen neuen Stammesführer. Ihre Wahl fiel auf den jungen Helluin.“
„Helluin?... Eleas Jungen?“ Aragorn wirkte äußerlich gefasst, doch Aerien spürte, dass etwas nicht stimmte. Sie erinnerte sich an den Namen Elea - Aragorn hatte ihr während seiner Gefangenschaft von seiner Cousine erzählt, und sie hatte Eleas Namen verwendet, um den Partisanen Ithiliens ihre guten Absichten zu beweisen.
„Was ist geschehen?“
„Saruman fand ihn,“ sagte Gandalf überraschend düster. „Und führte ihn auf den schlimmsten Abweg. Aragorn... es waren Dúnedain unter jenen, die Anteil am Fall Lothlóriens hatten.“
Aragorn schien erschüttert zu sein. „Wie konnten sie das tun,“ presste er tonlos hervor.
„Die Macht von Sarumans Stimme war zu viel für den jungen Helluin,“ sagte Gandalf. „Aber: nicht alle schenkten ihr Gehör. Ich kam in den Norden und fand eine kleine Gruppe von Getreuen, die mir halfen, das Auenland und Fornost von Sarumans Schergen zu befreien.“
„Dann ist Eriador wieder sicher?“ wollte Aragorn wissen. „Und Imladris?“
„Die Macht, die in Imladris innewohnt, schützte das Tal bis jetzt. Noch streifen einige Diener der Weißen Hand durch Eriador, doch der größere Teil des Nordens ist wieder frei.“
„Und Saruman zog in den Osten, nach Dol Guldur,“ ergänzte Faramir. „Späher berichten, dass er dort von Orks aus Mordor belagert wird. Ihr sagtet, seine Diener streifen weiterhin durch die Lande, Mithrandir... doch uns ist einer von ihnen in die Hände gefallen. Er beteuert, dass der Zauber Sarumans der auf ihm lag, gebrochen wurde.“
„Helluin ist hier, Aragorn,“ sagte Éowyn leise. 
Selbst Gandalf, der bislang beinahe immer so gewirkt hatte, als wüsste er über alles längst Bescheid, wirkte bei diesen Worten überrascht. „Tatsächlich? Wie steht es um ihn? Hat er sonst irgendetwas gesagt?“
„Er erwähnte einen Namen. Kerry.“
Die Augenbrauen des Zauberes hoben sich. „Ist das so?“
Aerien verstand an jenem Abend nur wenig von dem, was zwischen Aragorn und den anderen gesprochen wurde. So viele fremde Namen und Orte ließen ihr schier den Kopf schwirren. Sie hielt Narissas Hand umklammert und wartete ab, was geschehen würde.
„Du solltest mit ihm sprechen,“ sagte Gandalf.
„Nein,“ erwiderte Aragorn heiser. „Ich... will ihn nicht sehen. Ich kann es nicht.“
Er stand ruckartig auf und eilte aus dem Raum.
„Wie unhöflich,“ brummte Gimli. „Einige von uns waren noch nicht fertig mit dem Essen.“ Demonstrativ stopfte er sich ein Stück Brot in den Mund und kaute lautstark darauf herum.
Éowyn erhob sich ebenfalls. „Ich sollte...“
„Bleibt, Herrin von Rohan,“ sagte Gandalf. „Ihr werdet jetzt nichts erreichen können. Sagt mir, wo Ihr Helluin gefangen haltet.“
„Er ist in den Verliesen der Königsgarde,“ antwortete Faramir. „Gamling kann Euch den Weg zeigen, Mithrandir.“
Etwas ratlos blieben Aerien und Narissa bei Gimli und Éowyn in der Speisekammer sitzen, während Faramir und Gandalf hinausgingen. „Reichlich Aufruhr für einen einzelnen Abend,“ flüsterte Narissa Aerien ins Ohr, woraufhin diese nur nicken konnte und sich fragte, ob es wohl Antworten auf all die Fragen geben würde, die sich ihr nun stellten...
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Im Kerker: Besuch des Weißen
« Antwort #78 am: 23. Dez 2019, 17:31 »
Helluin erinnerte sich an den Tag als sie Caras Galadhon eroberten und das Herz des Elbenreiches zerstört hatten. Er schritt durch die aufsteigenden Rauchschwaden und stieg über die Leichen der Orks, Elben und Menschen hinweg. Er fühlte den Stolz den er auch damals gefühlt hatte und die Genugtuung, dass die Elben ihre gerechte Strafe erhalten hatten, dafür dass sie die Dunedain im Stich gelassen hatten.
„Dein Vater wäre stolz auf dich gewesen“, sagte Forgam der gleich hinter ihm stand „Lange nannten uns die Elben ihre Freunde und Verbündeten, doch sie benutzten uns. Sie trugen uns auf das Auenland zu beschützen in dem Wissen, dass die wertvollste und mächtigste Waffe Mittelerde’s dort verborgen lag. Längst könnte Arnor wieder im Lichte der Welt erstrahlen, aber sie vergönnten es uns nicht.“
Er stieg über den noch rauchenden Fluss an dem sich der Weiße mit dem Blauen gemessen und der Blaue die Flucht ergriffen hatte und erreichte nach einem kurzen Marsch eine größere Lacke am Boden, gerade einmal so tief, dass die Fingerkuppe unter dem Wasserspiegel verschwinden würde.

„Geh und gib dem Herrn Bescheid. Caras Galadhon ist gefallen, die Herren des Waldes sind geflohen. Hab und Gut haben sie mitgenommen“, befahl Helluin seiner rechten Hand.
„Natürlich.“
Bei jedem Schritt spürte er wie seine Stiefel im weichen Moos versanken. Er beugte sich ein Stück nach vorne, sodass sich sein Gesicht im Wasser spiegelte. Die kalten, blauen Augen starrten ihn an. Es dauerte keine Minute ehe er sich mit der Krone eines Herrschers am Kopf sah, stattlich und erhaben. Auch wenn er stolz war, erfüllte der Anblick ihn auch mit Unbehagen, denn es war eine große Aufgabe der er vielleicht noch nicht gewachsen war. Plötzlich wandelte sich sein Spiegelbild in das Antlitz seines Onkels. „König Elessar“, flüsterte eine Stimme in seinem Kopf.

Wütend ging er in die Knie und schlug auf die Wasseroberfläche damit das Bild verschwand. Er schnaubte.
„Was ist los Helluin“, hörte er eine vertraute, weiche Stimme und im Augenwinkel sah er zwei weiße Schuhe und das Ende eines weißen Stabes.

Helluin krampfte leicht zusammen, als er im Kerker vor sich dasselbe Bild sah. Zwei weiße Schuhe und das Ende eines Gehstockes. Saruman schoss es ihm durch den Kopf.

„Der Verräter ist also wirklich hier“, sagte eine Stimme und als er ihrer Herkunft folgte, blickte der junge Dúnadan in glasklare blaue Augen. Der Mann hatte dasselbe Auftreten wie Saruman früher und doch war er es nicht. Er wusste, dass es mehrere Zauberer gab. Ein weiterer war des Öfteren im Auenland und den Dunedain bekannt, aber damals war Helluin noch zu klein um ihn zu kennen.
„Wer seid ihr?“, fragte er unsicher „Seid ihr Mithrandir?“
Der alte Mann musterte ihn genau.
„Ja der bin ich. Hat dir unser alter Freund Saruman also von mir erzählt?“
„Saruman sprach von euch, viele Male. Aber ich kenne euch noch aus den alten Geschichten unserer Heimat.“
„Du erinnerst dich daran?“
Helluin nickte: „Aber es fühlt sich an als wäre es vor ewigen Zeiten gewesen. Blasse Erinnerungen aus einem früheren Leben.“
„Das höre ich nicht zum ersten Mal“, antwortete der Zauberer „Wo beginnen deine Erinnerungen aus diesem Leben?“
Helluin dachte nach, er begann zu murmeln: „Manches erscheint mir heute wie ein Traum, aber ich weiß, dass es wahr ist. Ich… immer wieder sagte ich mir: ‚Sei nicht so ein Schwächling, du bist aus dem Hause Isildur, verhalte dich auch so; herrschen bedeutet hart zu sein und manchmal auch gnadenlos‘. Alle vor mir waren gescheitert und nach mir gab es niemanden mehr.“
Helluin kämpfte mit den Worten und seinen Erinnerungen.
„Und was denkst du heute?“
„Ob es Gerechtigkeit gibt und wie sie über mich richten würde. Ob ich den Tod verdiene für das was ich den Elben und Menschen angetan habe.“
Seine Stimme wurde zittrig: „Und ob ich sie fordern würde für jemanden der meine Verbrechen begangen hat.“
Der Zauberer hatte Mitleid mit dem jungen Dúnadan.
„Gerechtigkeit ist niemals absolut, sie hängt immer von dem ab der richtet. Deine Taten waren zweifelsohne grausam und sie haben tiefe Wunden und sogar Tode verursacht. Dies aber trifft auf viele von uns zu. Dies zu erkennen und auch anzuerkennen ist nicht sehr einfach.“
Stille legte sich in den Raum.

Dann begann der Zauberer wieder zu sprechen: „Ich sehe deine Reue und welch Verunsicherung der Zauber Saruman’s in dir hinterlassen hat. Es wird kein einfacher Weg für dich werden, aber mit der Vergebung der anderen und vielmehr mit der Vergebung dir selbst gegenüber wirst du den Weg zurück in das Licht finden.“

Es war nicht viel Hoffnung die der Zauberer ihm mit diesen Worten schenkte, aber ein Funken reichte bereits aus.

„Wieso helft ihr mir?“
 „Weil dieser Tage vieles geschieht und nichts davon ohne Grund. Es war Zufall, dass mich meine Reise hierhergeführt hat, also kann es kein Zufall sein hier auf dich zu treffen.“
Helluin, der sich aufgesetzt hatte und an der Wand lehnte antwortete stirnrunzelnd: „Das klingt aber nicht besonders logisch.“
„Wenn man es genau nimmt, tut es das.“
„Eigentlich habe ich es bereut hierher zu kommen. Ich hätte in den Osten gehen sollen, dorthin wo mich niemand kenn. Dort hätte ich ein neues Leben beginnen können, abseits meiner Herkunft und meines Namens.“
„Und wieso bist du dann hier?“
„Nunja, wegen Kerry. Ich muss mich bei ihr bedanken.“
„Erstaunlich, ich wollte es nicht glauben“, antwortete der Zauberer und Helluin schaute ihm überrascht in die Augen. Ein freches Lächeln lugte hinter dem Bart des Zauberers hervor.
„Ihr kennt sie!“
„Ja, ich kenne sie in der Tat.“
Helluin vergaß für einen Moment seine aussichtslose Lage, sprang auf und eilte voll Hoffnung zu den Gitterstäben: „Wisst ihr wo sie ist?“
„Zweifellos geht sie gerade irgendjemandem auf die Nerven, aber dieser jemand hatte nie eine Wahl damit sie in ihr Herz zu schließen.“
„Ich weiß. Es ist nicht erklärbar für mich, aber sie war es die den Zauber Sarumans brach. Ich habe es ganz deutlich gespürt.“
Mithrandir’s Augen glänzten im trüben Licht dieses Ortes: „Es gibt Kräfte auf dieser Welt die stärker sind als die Macht Sarumans, Saurons oder die der Herren des Westens. Niemand wird sie je verstehen und niemand wird sie je beherrschen.“

Der Augenblick der Hoffnung verflog wieder und die Düsternis dieses Ortes wurde Helluin wieder bewusst: „Aber selbst, wenn ich wüsste wo sie ist, keine dieser Kräfte wird mich hieraus befreien.“
„Der Zauber Saruman’s haftet nicht mehr an dir, davon habe ich mich nun überzeugt. Ich werde mit der Königin sprechen und wir werden sehen. Aber ich kann dir kein Versprechen geben.“
„Ich danke euch“, entgegnete der Junge trübsinnig.

Er kauerte sich wieder in eine Ecke seiner Zelle und Gandalf verschwand. Der Weiße; wieder einmal hängt mein Schicksal an seinem Tun. Aber er kennt Kerry, er kennt sie. Vielleicht kann er mir einen Hinweis geben wo ich sie finde. Aber zuerst muss ich hier raus, hoffentlich kann er die Königin überzeugen.
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Erste Schritte zur Vergebung
« Antwort #79 am: 24. Dez 2019, 14:44 »
Sie saßen noch eine ganze Weile beisammen. Anfangs erzählte Gimli eine unterhaltsame Geschichte aus seiner Heimat, den Blauen Bergen, die Éowyn und Narissa zum Lachen brachte und auch Aerien ein kleines Grinsen entlockte. Die Geschichte endede damit, dass Gimlis Mutter ihn zum wiederholten Mal fragte, warum er noch immer nicht verheiratet war, und er wie jedes Mal darauf antwortete, ihm sei bislang einfach noch nicht die Richtige über den Weg gelaufen.
"Wie kann ich mir einen Zwergenfrau überhaupt vorstellen?" wollte Narissa neugierig wissen.
Gimli leerte gerade seinen Krug, weshalb überraschenderweise Éowyn an seiner Stelle antwortete: "Sie sind den männlichen Zwergen an Stimme und Erscheinung so ähnlich, dass viele glauben, es gäbe überhaupt keine Frauen unter den Zwergen."
Gimli ließ seinen Krug laut polternd auf den Tisch niederfahren. "Was natürlich vollkommener Unsinn ist! Ich habe schon wahre Schönheiten erblicken dürfen, mit seidenweichen Bärten und strahlenden Augen. Und doch..." Er wurde still und starrte nachdenklich in die Ferne, dann tastete er an seinen Taschen herum, schien jedoch nicht zu finden, wonach er gesucht hatte.
"Und doch?" hakte Narissa nach, was ihr einen Schubser in die Seite von Aerien einbrachte.
"Ich glaube nicht, dass er davon sprechen möchte," raunte sie ihrer Freundin zu.
Tatsächlich war Gimli schweigsam geworden und erhob sich kurz darauf. "Ich... werde ein paar Schritte gehen. Alleine," sagte er kurzangebunden, ehe er verschwand.
Aerien und Narissa blieben bei der Königin Rohans zurück. Éowyn begann, sich lebhaft mit Narissa zu unterhalten, während Aerien mehr und mehr eigenen Gedanken nachhing, sodass sie das Gespräch größtenteils ausblendete.
Weshalb wollte Aragorn denn nur nicht mit dem Gefangenen sprechen? fragte sie sich wieder und wieder. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen, denn ein solches Verhalten passte einfach nicht zu dem Mann, den sie kennengelernt hatte. Wenn dieser Helluin der Sohn Eleas ist, dann wäre Aragorn sein Onkel - nein, nicht ganz, überlegte Aerien weiter. Standen sie sich etwa nicht nahe? Ist etwas zwischen ihnen vorgefallen?
Die Fragen ließen ihr keine Ruhe. Schließlich stand sie auf, als sie es nicht länger aushielt. Éowyn und Narissa schienen es gar nicht mitzubekommen, als Aerien aus dem Speisesaal eilte.

Etwas orientierungslos streifte Aerien durch das königliche Anwesen, das längst in nächtlicher Stille lag. Hier und da begegnete ihr einer der Wächter, die sie jedoch wortlos passieren ließen. Einer Eingebung folgend nahm sie eine der Treppen nach oben in die höher gelegenen Stockwerke, die sie in einen langen Gang führte. Am Ende des Ganges lag eine halb offen stehende Tür, durch die schwaches Licht drang. Als Aerien näher kam, hörte sie zwei Stimmen, die ihr gut bekannt vorkamen:
"Ich habe mir den Jungen angesehen. Ich sah keine Lüge in seinen Augen, Aragorn. Der Zauberbann Sarumans ist verflogen und seine Reue ist echt." Das war Gandalf: streng, und doch einfühlsam redete er auf jemanden ein, bei dem es sich um Aragorn handeln musste.
Vorsichtig kam Aerien näher. "Ich kann es nicht, Gandalf. Er erinnert mich an mein eigenes Versagen. Wäre ich nicht gescheitert, hätte Saruman ihn niemals in die Finger bekommen." Aragorns Stimme klang völlig verändert - sie gehörte einem gebrochenen Mann.
"Es war nicht deine Schuld, dass das Wagnis am Schwarzen Tor scheiterte," erwiderte Gandalf. "Wenn jemand die Schuld daran trägt, dann bin ich das. Ich war es, der Frodo auf diese Fahrt gschickt hat. Ich bin verantwortlich. Und ich habe mich dieser Verantwortung gestellt. Sarumans Griff über den Norden hat sich gelockert. Die meisten Dúnedain sind wieder frei."
"Das wissen wir erst sicher, wenn ich die Antworten erlangt habe, die ich suche. Gandalf, die Zeit drängt. Ich kann mich jetzt nicht mit Helluin befassen. Der Vandassar-"
"Leise!" unterbrach Gandalf scharf. "Selbst hier mag es unfreundliche Ohren geben, für die solche Worte wahrlich nicht bestimmt sind."
Aerien war neben der Tür stehen geblieben und bei Gandalfs Worten erstarrte sie. Sie hatte gar nicht vorgehabt, zu lauschen. Und doch stand sie nun hier, wie ein Spitzel in der Nacht. Sie schloss die Augen und rang sich zu einer Entscheidung durch. Gerade wollte sie sich aus den Schatten lösen und offen durch die Türe treten, wie als wäre sie gerade erst angekommen, als sich etwas Schweres auf ihre Brust legte. Aerien riss die Augen auf. Neben ihr, im Türrahmen, stand der Weiße Zauberer. Er ragte bedrohlich über ihr auf, die Spitze seines Stabes lag genau auf Aeriens sternförmigem Anhänger ihrer Halskette. Der Blick Gandalfs schien sie geradezu zu durchbohren.
Gandalf packte sie und zerrte sie in den Raum. "Was?" entfuhr es Aragorn überrascht. "Aerien? Was tust du hier?"
"Ich wollte euch nicht belauschen," beteuerte Aerien sofort. "Ich wusste nicht einmal, dass ihr hier seid, bis ich vor der Tür stand!"
Gandalf starrte sie misstrauisch an. Dann legte er eine Hand auf ihre Wange, ohne den Blick abzuwenden. Aragorn hatte sich erhoben und kam näher, einen fragenden Blick im Gesicht. Aerien wagte nicht, sich zu bewegen, bis der Zauberer die Hand fortnahm. Sie sah, wie sich Gandalfs Schultern entspannten. "Sie sagt die Wahrheit," murmelte er. "Und dennoch muss sie mitangehört haben, worüber wir gesprochen haben. Diese Dinge sind nicht für deine Ohren bestimmt gewesen, Mädchen."
"Vergebt mir... Mithrandir," rief Aerien. "Ich... hatte mich nur gefragt, wieso... wieso du nicht mit Helluin sprechen willst, Aragorn. Ist er... ist er nicht von deinem Blut? Was hat er getan, dass du dich von ihm fernhältst?"
Gandalf hob die Augenbrauen, sagte jedoch nichts. Aragorn hingegen ließ ein Seufzen hören. "Ich sehe sein Versagen als das Meine an, Aerien."
"Wieso?" fragte sie verwegen.
Aragorns Blick blieb an Aerien hängen. "Die Bürde, die man ihm auferlegte, war zuviel für Helluin. Sein Vater... sein Vater ritt mit mir in der Grauen Schar, folgte mir bis zum Schwarzen Tor, wo er den Tod fand. Dafür gebe ich mir die Schuld."
"Dann ist es deine Verantwortung, jetzt für ihn da zu sein," sagte Aerien.
Gandalf und Aragorn blickten sie an - Aragorn mit Unglauben, Gandalf mit Interesse. "Nun, das kommt unerwartet," brummte der Zauberer. "Sie hat recht, Aragorn. Du bist Helluins Vorbild, und du bist sein König. Geh' zu ihm, ehe es zu spät ist."
Aragorn schwieg. Da fasste Aerien sich ein Herz und sagte: "Wenn es dir eine Hilfe ist... dann werde ich mit dir gehen, Aragorn."

Der alte Gamling führte Aragorn und Aerien wenig später zu der Unterkunft der königlichen Gardisten, einem großen Gebäude auf halbem Wege zwischen den Stallungen Aldburgs und der Residenz der Königin gelegen. Der gesamte, weitläufige Keller der Kaserne bestand aus einem großen, einfachen Kerker. Hier unten spendeten nur die Fackeln etwas Licht. Gamling brachte sie zu einer der hinteren Zellen, in der eine Gestalt an der hinteren Wand lehnte.
"Helluin," sagte Aragorn leise, und der Gefangene blickte auf.
"Onkel?" fragte Helluin ungläubig. "Du... du bist hier?" Rasch räusperte er sich und kam unbeholfen auf die Beine, um sich vor Aragorn zu verneigen. "Ich glaubte, du wärest... nein, Ihr wäret noch immer ein Gefangener des Dunklen Herrschers, König Elessar."
"Es besteht kein Grund für diese Förmlichkeiten, Helluin," sagte Aragorn. "Erzähl mir, was du getan hast."
"Ich... ich versuchte anfangs, es dir nachzutun, meinem Vorbild," sagte Helluin leise. "Nachdem sie mich zum Stammesführer ernannt hatten, hielt ich die Wacht der Dúnedain über den Norden aufrecht, bis..."
"Bis Saruman kam," sagte Aragorn.
"Bis Saruman kam," bestätigte Helluin. "Er versprach uns... den Glanz Arnors wiederherzustellen. Und ich... ich glaubte ihm."
"Das war töricht," meinte Aragorn sanft.
"Ich weiß, Elessar," erwiderte Helluin niedergeschlagen. "Ich habe in seinem Namen schreckliche Dinge getan. Und so wäre es mit mir weitergegangen, wenn das Schicksal nicht andere Pläne gehabt hätte."
"Was ist geschehen?" wollte Aerien wissen.
Helluin blickte zu ihr und schien sie zum ersten Mal wahrzunehmen. Dabei erhaschte Aerien einen Blick auf sein Gesicht. Eisblaue Augen voller Zweifel und Schuld starrten ihr entgegen. Die Haare waren ebenso lang und dunkel wie Aragorns und um den Mund herum sprießte ein kurzer Bart. Er sah seinem Onkel ähnlich, wie Aerien feststellte.
"Wer seid Ihr?" wollte Helluin wissen.
"Dies ist Aerien," erklärte Aragorn. "Sie verhalf mir zur Flucht aus Mordor."
Helluin ließ den Kopf sinken. "Ich verstehe."
"Gandalf sagte, Sarumans Zauber wäre gebrochen worden, und ich glaube ihm," fuhr Aragorn fort. "Wie kam es dazu?"
Als Helluin den Kopf wieder hob, stand ein schwaches Funkeln in seinen Augen, das zuvor nicht da gewesen war. "Ich traf jemanden. Und ob absichtlich oder nicht - es gelang ihr, den Zauber zu brechen."
"Wer wäre zu so etwas in der Lage?" wollte Aragorn wissen.
"Ihr Name... ist Kerry. Ich bin auf der Suche nach ihr," erklärte Helluin leise.
Aragorn schwieg einen langen Augenblick. Dann begann er, zu sprechen. "Dass Sarumans Zauber nicht länger auf dir liegt sehe ich nun mit eigenen Augen. Und die Reue, die du fühlst, ist ebenfalls nicht zu übersehen. Deshalb... werde ich dir deine Taten vergeben, Helluin. Wenn ich Éowyn darum bitte... wird man dich freilassen."
« Letzte Änderung: 24. Dez 2019, 16:42 von Fine »
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Re: Aldburg - In der Stadt
« Antwort #80 am: 28. Dez 2019, 21:59 »
Helluin wäre vor Schreck fast erstarrt als er in das Gesicht seines Verwandten blickte den er seit Kindestage immer als Onkel bezeichnete. Ehrfurcht und Schuld überkam ihn gleichermaßen aber auch ein wohliges Gefühl der Vertrautheit.

„Wenn ich Éowyn darum bitte... wird man dich freilassen“, sagte Aragorn.
„Glaubst du das wirklich? Auch die Rohirrim habe ich verraten und die Elben. Sie werden mich verurteilen.“
„Vergebung ist etwas, dass man sich verdienen muss“, bei diesen Worten blickte er zu seiner dunkelhaarigen Begleiterin Aerien „Nicht wahr?“
Sie nickte sachte.
„Aber das werden wir, du und auch ich.“
„Was müssen die Menschen dir vergeben?“
„Viele Menschen habe ich in den sicheren Tod geführt. Sie sind mir gefolgt in dem Vertrauen, dass ich alles zum Guten wenden kann.“
„Ja, sie sind dir aber aus Überzeugung gefolgt.“
„Und dir aufgrund eines verderbten Zaubers. Ich stelle mir die Frage was wohl schlimmer ist“, entgegnete der König und in diesem Moment lies Aragorn durchblicken, dass ihm manche seiner Fehlentscheidungen sehr zu schaffen machten.
„Alle die in diesem Krieg gefallen sind, haben es für die Hoffnung getan. Die Hoffnung die du ihnen gegeben hast und ihnen noch immer gibst. Sie werden dir folgen, König Elessar.“
„Wirst auch du das tun?“
Dankbar, aber immer noch leicht beschämt wegen seiner Vergangenheit, stimmte Helluin nickend zu.
Aragorn reichte seine rechte Hand durch die Gitterstäbe und legte sie behütend auf seinen Hinterkopf: „Wir, aus dem Hause Isildur, werden die uns auferlegte Aufgabe zu Ende bringen. Wohin es uns auch führt. Ohne das zutun von Saruman wärst du ein würdiger Nachfolger geworden.“

„Mein Herr Aragorn!“, sagte nun ein älterer Gardist vom Treppenabsatz.
„Ja, Gamling?“
„Die Königin und Gandalf, sie erwarten euch in den oberen Quartieren.“
„Natürlich, ich komme sofort“, er wandte sich an Aerien „würdest du einen Augenblick hier bei Helluin bleiben? Ich werde gleich wieder hier sein.“
„Ja“, antwortete sie kurz.

Sie sahen beide dem König hinterher bis er verschwand. Ein unangenehmes Schweigen lag im Raum, als sich ihre Blicke aber trafen, begann Helluin zu fragen:
„Wie bist du nach Mordor gekommen um meinen… den König zu retten?“.
„Ich.. nun ich war im dunklen Turm und…“
„Warst du auch eine Gefangene?“, fragte der junge Dúnadan. Sie nickte sehr zaghaft.
„Du siehst aus wie eine der Dunedain, aber ich kenne dich nicht obwohl wir ungefähr gleich alt sind“, stellte er noch fest.
„Ich bin ebenfalls numenorischer Abstammung, aber nicht aus dem Norden“, bestätigte sie.
Helluin bemerkte, dass sie nicht näher ins Detail gehen wollte und unterlies es weiter zu fragen. Er warf einen flüchtigen Blick zur Treppe, aber niemand war zu sehen und es gab auch kein Anzeichen, dass bald jemand kommen würde.

Plötzlich musste Aerien niesen. Helluin sah ihr zu wie sie sich mit einem schmutzigen Tuch über die Stubsnase strich.
„Diese Kerry, wer ist sie?“, fragte nun Aerien.
„Ein Mädchen, nunja viel eher eine junge Frau.“
„Ein Mensch?“, fragte sie überrascht „Also gibt es auch solche unter den Dunedain…Und sie verfügt über mächtigere Zauber als der Weiße?“
Helluin musste lächeln, als er sich das blonde, naive aber gutherzige Mädchen als Zauberin vorstellte: „Nein, sie kommt aus Rohan und der vermutlich einzige Zauber den sie beherrscht ist ihre herzliche und entwaffnende Art.“
Aerien lächelte zurück und ihre Augen begannen zu glänzen: „Ich kenne dieses Gefühl Geborgenheit in einem einzigen Blick zu finden, Zuneigung in einer unbedeutenden Bewegung und Liebe durch bloße Anwesenheit.“
„Vermisst du deine Familie?“, fragte der junge Mann und mit diesen Worten verschwand das Glitzern in ihren Augenwinkeln und ihr Blick trübte sich.
„Nein, ich habe keine Familie mehr.“
„Das tut mir leid, jetzt bist du traurig wegen mir.“
„Nein nein, schon gut. Ich habe an meine gute Freundin gedacht und ihre Familie. Sie haben mich in ihre Mitte aufgenommen, obwohl sie um meine Vergangenheit wissen.“
„Da hast du großes Glück“, er wandte seinen Blick von ihr ab zum Boden „Hoffentlich macht das auch meine Familie.“
„Ich bin mir ganz sicher, Aragorn hat dir bereits verziehen, also werden es die anderen wohl auch tun“, machte Aerien ihm Hoffnung.
„Bei den Elben und Rohirrim hoffe ich dies auch, aber bei den Dunedain wäre ich mir da nicht so sicher. Verrat ist seit dem Untergang Numenor’s das wohl schlimmste Verbrechen. Den Verrätern wurde ihre Tat nie vergeben.“
Das junge Mädchen biss sich auf die Lippen, Helluin bemerkte, dass sie hin und her überlegte. Bis eine Frage nahezu aus ihr herausplatzte: „Ich habe von den abtrünnigen Königen gehört, sie folgten Sauron stimmts?“
„Ja, sie verrieten die Herren und die Elben des Westens und brachten dem blühenden Reich der Menschen den Untergang. Nur die Getreuen, jene die zu den Valar und den Elben des Westens standen, wurden verschont.“
„Zu denen du auch gehörst?“
„Ich bin einer ihrer Erben, so wie alle Dunedain des Nordens“, antwortete er kurz „Zumindest war ich einer von ihnen.“
Aus Rücksicht fragte Aerien nicht weiter, obwohl man ihr die Neugier ansah: „Mach dir keine Sorgen Helluin, oft waren die Zeiten schon trostloser und doch erreicht man irgendwie und irgendwann wieder sein Ziel. Du wirst sehen.“
Er bedankte sich bei ihr für die aufmunternden Worte.
„Erzähl mir von deiner Mutter, Aragorn hat sie…“

Plötzlich hörte man am oberen Ende der Treppe Schritte mehrerer Personen und das Gespräch versiegte. Aragorn kam die Treppe herunter gefolgt von Gandalf. Beide musterten den Gefangenen und ihre Begleiterin.

„Ich habe gute Neuigkeiten“, begann Aragorn das Gespräch „Königin Éowyn ist meiner Bitte dich freizulassen nachgekommen.“
Helluin war sehr erleichtert.
„Aber, sie hat es an Bedingungen geknüpft: Du sollst dich in Aldburg und im ganzen Land bedeckt halten und dich nicht der Öffentlichkeit zeigen bis wir Rohan verlassen. Auch das war Bedingung. Du musst Gondor und seinen Verbündeten die Treue schwören.“
„Natürlich“, willigte Helluin ohne weiter nachzudenken ein.
„Diese Nacht wirst du wohl noch hier verbringen, aber morgen schon kannst du in unser Quartier übersiedeln. Wir werden nicht mehr allzu lange in Aldburg verweilen.“
„Ich danke dir, Onkel.“
Er schaute kurz zu Aerien, dann wieder zu Helluin: „Ich bin froh, dass es dir gut geht und ich hoffe bei deiner Mutter ist es ebenso.“
„Das hoffe ich auch.“
„Aerien, du kannst gerne noch etwas hierbleiben, aber eine ausgedehnte Nachtruhe würde dir nach deinen Erlebnissen sicher auch guttun.“
Ihre Reaktion lies Helluin vermuten, dass sie sich nicht gerne bevormunden lies, aber sie tat es trotzdem. So wie es die Kinder des Nordens lernten, so lernten es offensichtlich auch die Kinder Gondors.
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Eandril

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Re: Aldburg - In der Stadt
« Antwort #81 am: 30. Dez 2019, 16:07 »
Nachdem Aerien ohne ein Wort verschwunden war, hatte Narissa noch eine Weile mit Éowyn gesprochen, doch auch die Königin hatte sich schon recht bald entschuldigt. Weder Aerien noch Aragorn oder Gandalf waren wieder aufgetaucht.
"Hier alleine herumzusitzen hat auch keinen Sinn", sagte Narissa zu sich selbst. Sie kümmerte sich nicht weiter um die Unordnung, die ihre Mahlzeit auf dem Tisch hinterlassen hatte, und trat aus der Nebenkammer hinaus in die große Halle. Dort war es menschenleer, und die Feuer an den Seiten waren zu schwacher Glut in sich zusammengefallen. Trotz des schwachen Lichts fand Narissa den Ausgang ohne Probleme, doch als sie durch die hohe Tür hinaustreten wollte, wäre sie beinahe mit zwei undeutlich zu erkennenden Gestalten zusammengeprallt.
"Oh. Entschuldigung", sagte die erste der beiden Personen mit weiblicher Stimme. "Ich hätte nicht gedacht, dass um diese Zeit noch jemand den Palast verlässt."
"Ist etwas geschehen?", fragte die zweite Person, ein Mann, und Narissa hatte das Gefühl, neugierig beobachtet zu werden. "Ich glaube, ich habe euch noch nie hier gesehen. Wer seid ihr überhaupt?"
Narissa machte einen Schritt zurück in die Halle, denn der Wind, der durch die geöffnete Tür gefahren war, hatte sie unsanft daran erinnert, wie kalt es in diesem Land war, und sie sehr schnell von ihrem Vorhaben abgebracht, sich Aldburg bei Nacht anzusehen. Die beiden anderen traten ebenfalls über die Schwelle, und streiften ihre Kapuzen ab. Hier war es ein wenig heller, sodass Narissa besser erkennen konnte, mit wem sie zusammengestoßen war. Die kleinere der beiden war ein blondes Mädchen, das vielleicht einige wenige Jahre jünger als Narissa war. Der Mann schien ein wenig älter zu sein, hochgewachsen mit rabenschwarzen Haaren.
"Wir haben uns nicht vorgestellt", stellte der Mann fest, und deutete eine Verbeugung an. "Mein Name ist Amrothos von Dol Amroth, und dies ist Irwyne von..." "Nirgendwo", fiel ihm seine Begleiterin ins Wort, und warf ihm einen strengen Seitenblick zu. "Hör' endlich auf damit."
Narissa betrachtete beide neugierig. Offenbar würde sie sich doch nicht langweilen müssen. "Dol Amroth sagtet ihr? Dann kommt ihr aus Gondor?"
"Allerdings. Mein Vater entsandte mich nach Aldburg, um die Bande zwischen unseren Völkern aufrecht zu erhalten - und um mehr über die Lage in Rohan in Erfahrung zu bringen."
"Euer Vater? Das heißt..." Amrothos lächelte, beinahe ein wenig schüchtern. "Mein Vater ist Fürst Imrahil von Dol Amroth."
Narissa nickte langsam. "Dann... kennt ihr vermutlich einen Edrahil? Ihr wisst schon, ein finsterer, alter Kerl, immer am Pläne schmieden und bekommt immer seinen Willen?"
"Natürlich kenne ich Edrahil, aber er ist... in Harad", schloss Amrothos, und betrachtete Narissa mit ganz neuem Interesse. "Wir sollten nicht einfach hier herumstehen", sagte er schließlich. "Ganz davon abgesehen, dass es nicht besonders höflich ist, ist es hier auch nicht sonderlich gemütlich. Wir haben zwei Zimmer im Westen des Palasts, vielleicht möchtet ihr euch uns anschließen? Ich bin sicher, wir hätten das ein oder andere Interessante zu bereden."
Narissa überlegte einen Augenblick, dann nickte sie. Aerien würde sie schon finden, und so würde sie zumindest im Palast bleiben.
"Gut. Ich komme mit."

Der Prinz von Dol Amroth bewohnte eine kleine Zimmerflur, die aus drei Räumen bestand. Zu beiden Seiten lagen die kleinen Schlafkammern, während im mittigen Raum ein kleines Feuer im Kamin brannte und mit Fellen belegte Bänke entlang der Wände standen. Amrothos schürte ein wenig das Feuer im Kamin und legte Holz nach, bevor er mit eine einladender Geste auf die Bänke deutete. Narissa setzte sich, möglichst nahe an den Kamin, während Amrothos auf einem kleinen Tisch einen Krug und zwei tönerne Becher entdeckt hatte. Er nahm den Deckel vom Krug, roch daran und lächelte dann zufrieden.
"Aufs Bierbrauen verstehen sich die Rohirrim deutlich besser als wir in Gondor", kommentierte er, füllte die Becher und streckte einen davon Narissa entgegen. Sie nahm ihn, und meinte: "Ist es nicht ein wenig unschicklich für einen Prinzen, den Diener zu spielen?"
Irwyne, die sich bereits auf die Bank Narissa gegenüber gesetzt hatte, kicherte leise, und Amrothos seufzte. "Manches wäre einfacher, wenn ich das nicht wäre - ein Prinz, meine ich. Und wo wir schon dabei sind: Wenn es euch nichts ausmacht, würde ich gern auf die Förmlichkeiten verzichten. In diesem Zimmer bin ich Amrothos, sonst nichts."
Narissa nickte, und nahm den Becher entgegen. "Ich habe ganz und gar nichts dagegen." Amrothos ließ sich neben Irwyne auf die Bank nieder, und als beide sie erwartungsvoll anblickten, fiel Narissa auf, dass sie sich überhaupt nicht vorgestellt hatte. Sie räusperte sich ein wenig verlegen. "Ich heiße Narissa. Und du hast schon richtig erkannt, ich komme aus Harad."
"Ich hatte mir die Haradrim ein wenig anders vorgestellt", meinte Irwyne, und zog die Nase kraus.
"Meine Familie ist númenorischer Abstammung", erklärte Narissa. "Vermutlich sehe ich deshalb den Menschen aus Gondor ähnlicher als denen aus Harad."
"Und was führt dich nach Rohan?", fragte Amrothos leichthin, doch Narissa entging nicht, dass seine grauen Augen sie besonders aufmerksam im Blick hielten. Der Prinz mochte offen und freundlich sein, doch er war offenbar kein Narr und wusste genau, dass Narissa irgendwie durch von Mordor besetztes Land gekommen sein musste.
"Wir... hatten einen geheimen Auftrag", begann Narissa vorsichtig, sich an Gandalfs Worte erinnernd. "Edrahil hatte uns von Harad aus entsandt, um... etwas vom Feind zurückzuholen. Und deshalb... sind wir jetzt hier."
"Uns?", fragte Amrothos.
"Meine... eine Freundin hat mich begleitet, und..." Narissa brach ab, und blickte Amrothos ins Gesicht. "Ich kann nicht sagen, was unser Auftrag war - zumindest noch nicht. Ich möchte auch nicht besonders gerne darüber sprechen, und wir haben es gerade erst alles Éowyn erzählt - der Königin, meine ich."
Amrothos entspannte sich sichtlich, nahm einen tiefen Schluck aus seinem Becher und reichte ihn dann an Irwyne weiter. "Nun, wenn Frau Éowyn Bescheid weiß, will ich für den Augenblick nicht weiter nachfragen."
"Was für eine Waffe war das?", fragte Irwyne plötzlich, und deutete mit einem Kopfbewegung in Richtung Narissas linker Gesichtshälfte. Narissa versteifte sich unwillkürlich, als sie begriff, wovon Irwyne sprach. Die meiste Zeit gelang es ihr inzwischen, ihre Narbe zu vergessen, vor allem wenn Aerien in der Nähe war. Dass Irwyne das Thema so unverblümt angesprochen hatte, hatte sie unangenehm daran erinnert. Irwyne musste ihr Unbehagen bemerkt haben, denn sie sagte: "Oh, ich wollte nicht unhöflich sein. Es ist nur so, ich versuche zu erkennen, welche Art Waffe welche Art Verletzung hervorgerufen haben kann. Oronêl hat eine Narbe ein bisschen weiter links, aber ziemlich anders. Bei dir sind die Ränder viel gleichmäßiger, aber sie ist so merkwürdig gebogen."
Narissa wusste nicht, ob sie beleidigt oder amüsiert sein sollte, entschloss sich allerdings für das letztere. Sie erinnerte sich daran, wie sie im Burj al-Nar versucht hatte, Aerien mit einer Zurschaustellung ihrer Narben am Körper zu verführen, und die Erinnerung besserte ihre Laune noch ein wenig mehr. "Es war ein Wurfstern", erwiderte sie schließlich. "Vor ein paar Monaten."
"Für ein paar Monate sieht das aber gut aus." Irwyne schlug die Beine übereinander, nippte einmal an ihrem Becher und fragte dann: "Wie ist das passiert? Ist der Stern von oben gekommen, oder von unten? Und..."
Amrothos unterbrach sie. "Irwyne... Narissa ist unser Gast. Ich habe sie etwas gefragt, du hast etwas gefragt, meinst du nicht, dass es gerecht wäre, ihr eine Frage zu überlassen?"
"Ich erzähle die Geschichte gern irgendwann", meinte Narissa, die sich allmählich immer für das Paar erwärmte. "Aber ich fürchte ich muss dich ohnehin enttäuschen, über die Geschichte mit dem Wurfstern weiß ich nicht viel - ich bin ziemlich schnell ohnmächtig geworden."
"Mhm", machte Irwyne. "Du hast sicherlich eine Menge erlebt in Harad."
"Erzähl uns etwas", ergriff Amrothos das Wort. "Du kennst Edrahil, hast du gesagt - wie bist du ihm begegnet?" Obwohl im Gesicht des Prinzen kein Misstrauen zu erkennen war, spürte Narissa, dass es sich hierbei um einen weiteren Test handelte. Also erzählte sie wahrheitsgemäß, wie sie Edrahil in Umbar getroffen hatte, als dieser Bajin aufgespürt hatte, wie Edrahil sie nach Aín Sefra geschickt hatte und sie ihm später auf Tol Thelyn erneut begegnet war. Als sie geendet hatte, nickte Amrothos.
"Bitte verzeih meine Neugierde, aber..." "... da ich den Grund für meine Anwesenheit hier geheim halten muss, erscheine ich wohl recht verdächtig?", beendete Narissa den Satz für ihn. "Aber morgen wird sich wahrscheinlich alles aufklären." Zumindest glaubte sie, dass Aragorn seine Anwesenheit in Aldburg vor einem so hohen Adligen aus Gondor nicht geheimhalten würde.
"Morgen ist ein gutes Stichwort", meinte Irwyne, und gähnte herzhaft. "Vielleicht sollten wir ein wenig schlafen, damit wir die Auflösung des Rätsels nicht verschlafen."
Amrothos stimmte ihr zu, und so verabschiedete Narissa sich von den beiden und machte sich auf die Suche nach Aerien.
« Letzte Änderung: 30. Dez 2019, 16:43 von Eandril »

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

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Der Palast: Ein überraschendes Geschenk
« Antwort #82 am: 3. Jan 2020, 22:31 »
Es war am darauffolgenden Vormittag, als einer der Kerkermeister Helluin aus seinem Verlies holte. Er packte ihn an seinem linken Oberarm und führte ihn nach oben. Sie gingen aber nicht den Weg zum Haupteingang, durch den man ihn vor einigen Tagen hierhergebracht hatte. Zuerst geleitete er ihn einen breiten Gang entlang an deren Ende eine Holztür den Weg blockierte. Der Wärter öffnete diese und sie betraten einen größeren Raum mit mehreren Tischen, hier nahmen die Gardisten sicherlich ihr Essen zu sich. Auf der gegenüberliegenden Wand prangten zwei große grüne Banner Rohans an der Wand. Rechts davon war eine kleine Holztür zu der sie gingen. Dahinter lag die Küche, was Helluins Vermutung bestätigte und im nächsten Augenblick standen sie bereits in einer kleinen Seitengasse.
Die Wintertage waren grau und düster, der erdige Boden unter seinen Füßen fühlte sich gefroren an.

„Hier entlang“, befahl der Kerkermeister und sie liefen entlang des Nachbargebäudes, das letzte Stück vor der üppigen Palastanlage legten sie auf der offenen Straße zurück, aber es war keine Menschenseele zu sehen. Die Gardisten die das Tor bewachten ließen sie ohne mit der Wimper zu zucken passieren und schon betraten sie die große Halle, den Thronsaal der Königin. Der Wärter führte ihn in entlang der hinteren Wand und platzierte ihn auf einem Stuhl.
„Hier warten wir.“

Es verging ein wenig Zeit die Helluin nutzte um sich an die Königin zu erinnern. Damals bei der Ratsversammlung waren viele Personen. Er erinnerte sich an die feindlichen Blicke die die Anwesenden Saruman zuwarfen als dieser erschien, an die bedrückenden und auch drohenden Worte Galadriels und Celeborns. Und da, dieser melancholische Blick den die junge Königin Rohans auf ihrem Gesicht trug. Ihr Haupt zierte ein schmaler Reif, mit einem grünen Juwel. Neben Eowyn saß damals ihr Gefährte Faramir. Der blonden Schildmaid Rohans kannte man ihre Unsicherheit an, aber trotzdem war ihre Haltung immer sehr unnachgiebig. Auf eine gewisse Art und Weise war sie sicherlich sehr zäh, mutig war sie jedenfalls auf dem Schlachtfeld - so erzählten es zumindest die Soldaten.
Plötzlich öffnete sich erneut das Haupttor. Eine verhüllte Gestalt trat herein, aufgrund der Statur und des grünen Mantels musste es sich um Aragorn handeln, aber er war alleine. Helluin gab kein Geräusch von sich, er beobachtete nur.

In eiligen Schritten ging der Waldläufer die Halle entlang und verschwand hinter Tür. Es dauerte keine Minute ehe er wieder heraustrat, gefolgt von Eowyn, der Königin. Ihre Haut war blass und ihr Erscheinen anmutig. Die Unsicherheit konnte Helluin nicht mehr erahnen. Der Waldläufer flüsterte ihr etwas zu, dann nahm er ihre Hand.

Aragorn und Eowyn? Nein, das muss Faramir sein. Waldläufer des Südens und Sohn des Truchsess…

Erneut öffnete sich das Haupttor und die kühle Brise die hereinwehte, fachte die Glut in der Feuerstelle an. Eine kleine Schar an Menschen trat herein, Gandalf war unter ihnen, Aragorn sowie unübersehbar ein Zwerg und zwei weitere Gestalten. Als sie die vor der Kälte schützende Kapuze zurückwarfen, erkannte er Aerien und eine weiter junge Frau mit auffallend weißem Haar. Aerien schaute kurz zu ihm als sie ihn im Augenwinkel erkannte. Die anderen bemerkten ihn nicht.

„Aragorn, ich bin froh, dass ihr meiner Einladung gefolgt seid“, begrüßte sie Eowyn.
„Wie könnte ich die Einladung einer solch erhabenen Königin ausschlagen?“
Sie lächelte ihn an: „Unser Freund Merry erzählte mir einst, dass es Tradition im  Auenland ist, dass der Einladende seine Gäste beschenkt und obwohl wir weit weg von seiner Heimat sind, so wird diese Tradition auch in dieser Halle heute Einzug halten.“
Gandalfs Gesicht erhellte sich als Eowyn ihre Freunde ansprach.
„Da euch diese Geschenke aber bereits gehören, ist es wohl eher eine Rückgabe an euch.“
„Fürwahr die Hobbits halten es auch nicht anders, Eowyn. Einst hörte ich wie sich Bilbo darüber ärgerte, weil er sein eigenes Geschenk zurück bekommen hatte“, warf Gandalf amüsiert ein und brachte die Anwesenden damit zum lächeln.
„Über eines haben wir bereits gesprochen: Helluin“, sie deutete zu dem jungen Dúnadan „Er hat die Rohirrim verraten und unserem Volk geschadet, doch weitaus größer ist der Schaden in euren eigenen Reihen. Ihr allein sollt über seine Taten richten.“

Der Wärter packte Helluin wieder am Arm und führte ihn nach vorne. Etwas abseits der Gruppe blieben sie stehen, der Wärter zog sich zurück. Der junge Mann sah beschämt zu Boden, er fühlte wie ihn die Blicke aller trafen.
„Helluin entstammt meinem Hause, dies entschuldigt aber nicht was er getan hat. Es entbindet niemanden von uns. Wir haben viel wieder gut zu machen, doch dafür bedarf es einer Möglichkeit, die ich ihm gewähre. Gemeinsam werden wir für Gondor, Rohan und alle freien Völker Mittelerdes in den Kampf ziehen.“
Anschließend an diese Worte näherte sich jemand dem jungen Dúnadan. Füße, zuerst zwei, dann vier tauchten in seinem Blickfeld auf. Diese zarten Beine gehörten wohl Aerien und ihrer Begleiterin. Sie platzierten sich neben ihm und obwohl er sie erst seit gestern kannte und nicht viel von ihr wusste, fühlte es sich vertraut an. Er war nicht mehr alleine.

Nun begann eine Männerstimme zu sprechen: „Das zweite Geschenk fand unerwartet den Weg hierher und wie es nun scheint war es nicht ganz zufällig. Vor beinahe 1000 Jahren nahm meine Familie – in der es auch schwarze Schafe gab – dieses Erbstück zur Verwahrung an sich. Nun ist es an der Zeit es euch zurück zu geben.“
Helluin wurde bei diesen Worten aufmerksam und richtete seinen Blick nach vorne. Ein Soldat brachte auf seinen Händen tragend eine Krone herein. An den Seiten saßen zwei Flügel die perlmutartig schimmerten und über der Stirn sieben weiße sowie ein roter Stein. Aragorn war starr vor Erstaunen, die anderen vor Ehrfurcht.
„Die Krone Gondors“, sagte Isildur’s Erbe noch immer erstarrt „Wie ist das möglich?“
„Es war seine Mutter die sie mir bei der Ratsversammlung überreichte“, erklärte Faramir.
„Unsere Leben sind wie lange Fäden in der Zeit und wir wissen nie wann sie sich überkreuzen“, warf Gandalf ein. Die Worte wirkten im Raum.
„Darauf sollten wir trinken“, brummte plötzlich der Zwerg dazwischen und lockerte die Stimmung auf.

„Nein wartet“, ergriff Aragorn noch einmal das Wort „Dies ist ein geeigneter Augenblick.“
Die Blicke richteten sich erwartungsvoll auf ihn.
„Helluin, komm her“, forderte er den Jungen auf und er folgte. Als sie neben der Krone standen, legte Aragorn seine rechte Hand darauf und deutete Helluin es ihm gleich zu tun.
„An diesem Tag und unter den bezeugenden Blicken der hohen Anwesenden schwören wir, die Nachkommen aus dem Hause Isildur, unser Erbe und unser Volk zu ehren. Feierlich nehmen wir die Aufgabe die uns in die Wiege gelegt wurde mit Stolz an und zögern keine Sekunde länger all jene zu beschützen und zu verteidigen die wir Familie, Freunde und Verbündete nennen. Keine Macht dieser Welt soll unseren Geist verblenden und unsere Wege verdunkeln“ er schloss die  Augen und für einen Moment schwieg er, dann fuhr er laut und bestimmt fort: „Aus dem Großen Meer bin ich nach Mittelerde gekommen. Hier werden ich und meine Erben sein bis ans Ende der Welt.“

Danach löste Aragorn die Hand von dem Erbstück und klopfte mit der linken auf die Schulter seines jüngeren Vetter „Ich denke es ist an der Zeit unseren Aufbruch vorzubereiten.“
1. Char Elea ist in Bree  -  2. Char Caelîf ist in Palisor

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Nach Gondor, in den Krieg
« Antwort #83 am: 10. Jan 2020, 15:43 »
"Wie aufregend," flüsterte Aerien Narissa zu, als Faramir die Krone Gondors enthüllte. Ehrfürchtig verfolgte sie den weiteren Verlauf der Ereignisse, die ihr mehr und mehr wie eine Art Zeremonie vorkamen. Als Aragorn geendet hatte, gab es spontanen Applaus, was sowohl Gandalf als auch Gimli zum Lachen brachte.
"Ehe ihr aufbrecht möchten wir euch alle an unsere Tafel einladen, um zu Mittag zu essen," sagte Königin Éowyn. "Dieser Augenblick ist zu besonders, um ihn nicht zumindest ein klein wenig zu feiern."
"Gut gesprochen!" lobte Gimli. "Nach all den Jahren der Entbehrlichkeit ist es schön, endlich wieder etwas Ordentliches zwischen die Zähne zu bekommen."
So kam es, dass Aerien und Narissa nebeneinander an der Tafel der Herrscher Rohans speisen durften. Helluin saß Narissa gegenüber, was Aerien gleichzeitig wunderte und freute. Sie freute sich, dass man Helluin nicht länger wie einen Gefangenen behandelte, doch sie wunderte sich, dass diese Veränderung so plötzlich passiert war.

Am gestrigen Abend war ihr, nachdem sie den Kerker verlassen hatte, Narissa keine fünf Minuten später auf den Straßen Aldburgs begegnet. Gemeinsam hatten sie die Gelegenheit für einen Abendspaziergang durch die lebhaften Straßen genutzt und sich gegenseitig von ihren Erlebnissen des Tages erzählt. So hatte Aerien von den neuen Bekanntschaften Narissas - ein Pärchen namens Amrothos und Irwyne - erfahren, und Narissa war über Helluin ins Bilde gesetzt worden. Beide waren sie an jenem Abend früh schlafen gegangen, denn noch immer spürten sie die Anstrengungen ihrer Reise nach Mordor deutlich - vor allem in den Beinen. Nach einem gemütlichen Frühstück am folgenden Morgen waren sie von der Königin persönlich in den Thronsaal gerufen worden, um den dortigen Ereignissen beizuwohnen.

Hatte Aerien anfänglich noch geglaubt, dass Narissa Vorbehalte gegenüber Helluin hegen könnte, wurde sie bald eines Besseren belehrt. Womöglich regte das exzellente Mahl die Gespräche an? Narissa unterhielt sich jedenfalls von Anfang an so offen wie es nun einmal ihre Art war mit dem Dúnadan, der ihr zunächst etwas reserviert, aber nach und nach immer bereitwilliger antwortete.
"Von der Weißen Insel habe ich noch nie gehört," sagte Helluin gerade, nachdem Narissa ihm von ihrer Heimat erzählt hatte. "Ich wusste zwar von Aragorns Angriff auf den Hafen von Umbar, aber die Details haben mir bis jetzt gefehlt. Natürlich erhielt ich von meiner Mutter Unterricht über die Geschichte des Südlichen Königreiches, doch..."
"In den Annalen von Gondor wird die Insel relativ schnell nicht mehr erwähnt," sagte Narissa. "Sie haben die Thelynrim vergessen. Und das, obwohl meine Vorfahren den Schiffskönigen unschätzbare Unterstützung in ihren Kriegen in Harad geleistet haben."
Helluin nickte sachte. Ehe er jedoch etwas entgegnen konnte, stellte Aerien eine Zwischenfrage. "Aragorn hat mir von deiner Mutter erzählt, Helluin, als ich das dritte Mal zu ihm in seiner Gefangenschaft kam. Und später traf ich in Ithilien eine Gruppe von Gondorern, die Erelieva kannten; tatsächlich war es der Name deiner Mutter, der ihren Anführer davon überzeugte, dass ich die Wahrheit sagte."
"Tatsächlich?" fragte Helluin, dessen Miene schwer zu deuten war. "Ich wusste, dass sie einige Zeit in Minas Tirith gewesen ist, aber nicht, dass sie unter den Partisanen von Ithilien gelebt hat."
"Ich weiß nicht viel über diese Zeit," antwortete Aerien. "Die Waldläufer vertrauten mir trotz Allem noch nicht wirklich. Sie sagten nur, dass Erelieva bei ihnen gewesen war und etwas von großem Wert aus Minas Tirith mitgebracht hatte."
Faramir, der gerade an ihren Sitzplätzen vorbeikam und eine große Karaffe mit Wein darin trug, sagte: "Ich kann dieses Rätsel lösen: Elea reiste von Ithilien über Dol Amroth bis nach Aldburg, wo sie mir das überreichte, was ihr vorhin gesehen habt: Eärnurs Krone, die nun wieder ihrem rechtmäßigen Besitzer gehört."
"Hmm," machte Aerien. "So also ist es gewesen. Doch wo ist Helluins Mutter jetzt?"
Bei diesen Worten ließ Helluin die Schultern sinken. "Sarumans Schergen nahmen sie auf der Ebene von Celebrant gefangen und schickten sie nach Moria."
Das erregte Gimlis Aufmerksamkeit, der neben Helluin saß. "Wie bitte? Soll das heißen, Saruman kontrolliert jetzt die Minen?"
Helluin nickte. "Sie sind sein wichtigster Machtsitz."
"Was ist das für ein Ort?" fragte Narissa neugierig.
"Eine alte Zwergenstätte," sagte Helluin wie beiläufig, ehe er erneut von Gimli unterbrochen wurde.
"Hör nicht auf ihn, Mädchen. Moria - oder Khazad-dûm, wie wir Zwerge es nennen, ist eines der Wunder der nördlichen Welt! Eine gewaltige, wunderschöne Stadt, mit Bergwerken, Schmieden, Waffenkammern, Thronsälen... und was tun die Menschen? Sie nennen es eine Mine." Er lachte schallend, ehe er wieder ernst wurde. "Wenn er Saruman in die Hände gefallen ist, fürchte ich um diesen Ort. Dieser Mistkerl verdirbt alles, was er berührt."
Narissa verschränkte die Arme. "Und in diese "Mine" hat man deine Mutter bringen lassen?" sagte sie zu Helluin, während Gimli mit den Augen rollte.
"Das war das Letzte, was ich hörte," antwortete Helluin niedergeschlagen. "Ich frage mich, ob sie noch immer dort ist, oder ob man ihr gestattet hat, nach Eriador zurückzukehren. Ich hoffe es jedenfalls."
Wie aus dem Nichts musste Aerien an ihre eigene Mutter denken. Und an das Messer in ihrem Bauch. Eiseskälte durchzuckte sie und sie verzog das Gesicht. Narissa fiel es beinahe sofort auf. Besorgt legte sie Aerien eine Hand auf den Oberschenkel.
"Es ist nichts," tat diese leise die Befürchtungen ab. "Es geht schon wieder." Demonstrativ schob sie sich ein Stück Brot in den Mund und kaute darauf herum. Sie sah Narissa an, dass diese ihr nicht so recht glaubte, doch für den Augenblick schien Narissa es dabei belassen zu wollen.
Helluin sagte, an Aerien gewandt: "Jedenfalls... verstehe ich nun, warum du sagtest, du bist ebenfalls númenorischer Abstammung, aber nicht aus dem Norden. Es muss schön sein, dort auf der Weißen Insel, von der ihr beide stammt."
In Narissas Augen erkannte Aerien die Frage, die ihre Freundin klugerweise unausgesprochen ließ. Sachte schüttelte sie den Kopf und sagte dann zu Helluin: "Jetzt, wo die meisten Kriegsverwüstungen verschwunden und Turm und Hafen wieder aufgebaut worden sind, ist Tol Thelyn wunderschön. Es ist die schönste Heimat, die ich je hatte."
"Es ist jedenfalls deutlich wärmer als hier," fügte Narissa hinzu. "Ich hätte nicht gedacht, dass der Wind so kalt werden kann wie er es auf den letzten Meilen vor Aldburg gewesen ist."
"Nun, es ist Winter," sagte Helluin. "Ich habe kältere Winde erlebt, in Arnors Norden. Ihr seid vermutlich einfach das heiße Klima Harads gewohnt."
Narissa nickte und stellte eine Frage: "Was wirst du nun tun, Helluin?"
Dieser nahm einen Schluck aus dem Krug, der vor ihm stand. "Ich werde nach jemandem suchen. Nach der, die mich von Sarumans Zauber befreit hat."
Narissa schien nachhaken zu wollen, doch ehe sie dazu kam, erhob sich Aragorn, der am Tischende saß. "Meine Freunde, ich danke euch für eure Gastfreundlichkeit und das reiche Mahl-" Éowyn und Faramir nickten. "-doch ich muss nun nach Gondor gehen, und ich weiß, dass Gandalf und Gimli mich begleiten wollen. Wie steht es um euch beide, Narissa und Aerien?"
"Wir gehen mit dir nach Gondor," sagte Narissa. Am Abend zuvor hatte Aerien mit ihr darüber gesprochen und sie waren sich einig darüber gewesen, in Aragorns Begleitung bis nach Dol Amroth zu gehen, denn vermutlich war es für beide am Besten, als Befreier des rechtmäßigen Königs ins Land zu kommen und hoffentlich - in Aeriens Fall - über alle Verdächtigungen erhaben zu sein. Wie es nach ihrer Ankunft weitergehen würde, wussten beide noch nicht. Aerien hegte allerdings den Verdacht, dass Narissa an eine Rückkehr zur Weißen Insel dachte. Sie selbst verspürte keinerlei Heimweh. Der Gedanke an die baldige Ankunft im freien Teil Gondors faszinierte sie. Sie konnte es kaum erwarten, nach Dol Amroth zu kommen und die Stadt der Schwanenfürsten mit eigenen Augen zu sehen.
Aragorn nickte zustimmend. "Das ist gut. Und du, Helluin? Wohin wird dein Weg dich führen?"
Helluin erhob sich und neigte kurz das Haupt. "Ich werde bis nach Edoras mitkommen. Dann möchte ich in Richtung Dunland abbiegen und meine Suche nach Kerry beginnen."
"Ich hatte mir gewünscht, du würdest mir in den Krieg nach Gondor folgen," meinte Aragorn. "Aber ich respektiere deinen Wunsch. Also sei es so," fügte er hinzu. "In zwei Stunden brechen wir auf. Wir werden uns bei den Stallungen sammeln, wo frische Pferde auf uns warten werden. Kommt nicht zu spät!"

Sie hatten nur wenig Gepäck, das sie zusammensuchen mussten. Aerien hatte jedoch noch etwas zu erledigen, ehe sie aus Aldburg abreisen konnte. Ihr alter, grauer Umhang war zerrissen und schmutzig, sodass er kaum noch Schutz vor dem kalten Wind bot. Gemeinsam mit Narissa suchte sie deshalb den Markt von Aldburg auf, um sich einen neuen Mantel zu kaufen. Von dem kermischen Gold war noch ein kleiner Rest übrig, der nach Aeriens Einschätzung dafür ausreichen sollte. Und es dauerte nicht lange, bis sie gefunden hatte, wonach sie suchte. Es war ein neuer, recht einfacher Umhang, in dunklem Rot, mit kleinen, silbrigen Verzierungungen an den Rändern. Als Aerien sich umdrehte, um das neue Kleidungsstück anzulegen und es Narissa vorzuführen, standen plötzlich zwei Menschen vor ihr: ein Gondorer in blausilbernem Gewand und Kettenhemd, und eine junge Frau in einem langen, grünen Kleid. Beide trugen Reiseumhänge. Hinter ihnen tauchte der Zauberer Gandalf aus der Menge auf.
"Oh, hallo ihr beiden," sagte Narissa erfreut. "Sieh nur, Aerien, ich hatte dir von ihnen erzählt: Das sind Amrothos und Irwyne."
Aerien erkannte gleich, dass der schwarzhaarige Gondorer nicht einfach nur "Amrothos" sein konnte - seine Kleidung war zu edel und seine Haltung glich eher der Faramirs oder Aragorns. Daher brachte Aerien rasch ihr durcheinander geratenes Haar in Ordnung und knickste. "Verzeiht, Herr," sagte sie. "Ich wusste nicht..."
"Schon gut, schon gut," lachte Amrothos. "Narissa hat offensichtlich ein Detail ausgelassen, wie mir scheint. Ich bin Amrothos von Dol Amroth. Und du musst Aerien sein, richtig?"
"So ist es," bestätigte Narissa, ehe Aerien die korrekte Antwort geben konnte. "Was führt euch drei hierher?" fragte sie mit einem Blick auf den Zauberer, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte.
"Mithrandir ist uns vor wenigen Minuten zufällig begegnet. Er scheint nach euch beiden gesucht zu haben," sagte Amrothos.
"In der Tat," sagte Gandalf. "Ihr Mädchen solltet euch sputen. Wir haben es eilig, und ihr seid spät dran."
"Eilig? Wo wollt ihr denn hin?" fragte Irwyne neugierig.
"Nach Gondor," sagte Narissa. "A-"
"Wir gehen nach Dol Amroth," sagte Aerien schnell. "In Mithrandirs Begleitung."
Amrothos und Irwyne wechselten einen Blick. "Dann könnten wir ja zusammen reisen!" sagte Irwyne erfreut. Sie suchte Gandalfs Blick. "Gandalf?"
"Ich habe nichts dagegen einzuwenden," sagte dieser. "Wie schnell könnt ihr beiden aufbruchsbereit sein?"
"Wir sind es schon," sagte Amrothos. "Wir waren gerade auf dem Weg zu den Stallungen, um nach unseren Pferden zu sehen."
"Dann kommt, alle miteinander," trieb der Zauberer sie an. "Wir wollen rasch aufbrechen."

Am Tor sammelte sich die um zwei Mitglieder vergrößerte Reisegruppe. Gandalf machte Amrothos und Irwyne mit Gimli und Helluin bekannt; Aragorn jedoch, der einen Umhang mit Kapuze trug, stellte er nur als "einen Freund" vor. Alle sattelten ihre Pferde und saßen auf. Glücklicherweise hatte sich der Wind gelegt und die Sonne war zwischen den Winterwolken hervorgekommen. So brachen sie am Nachmittag schließlich auf, um Aldburg in westlicher Richtung entlang der Straße nach Edoras zu verlassen...

Aerien, Narissa, Helluin, Gandalf, Aragorn, Gimli, Amrothos und Irwyne in die Ostfold
« Letzte Änderung: 22. Jan 2020, 23:20 von Thorondor the Eagle »
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