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Autor Thema: Die Spielmannsgasse und Briannas Wohnung  (Gelesen 13592 mal)

Vexor

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Die Spielmannsgasse und Briannas Wohnung
« am: 10. Okt 2010, 20:24 »
Brianna aus den Häusern der Heilung


Liebste Brianna,
es tut mir leid, aber ich konnte deine Rückkehr aus Thal nicht mehr abwarten. Ein Auftrag von dringlichster Stufe hat mich dazu bewegt Minas Tirith zu verlassen und nach Dol Amroth zu reisen. Ich hoffe mein Aufenthalt dort wird nicht allzu lange dauern, aber das kann ich im Vorhinein nicht sagen. Ich liebe dich von ganzen Herzen und wir sehen uns bald wieder.
In liebe
Araloth

Brianna las den Zettel fast jeden einzelnen Tag in den letzten 2 Monaten, seitdem sie Araloth nicht mehr gesehen hatte. Sie war spätabends, völlig durchnässt von einem sommerlichen Gewitter, in ihre Wohnung gekommen und hatte ihn auf dem Bett, neben einer Sonnenblume, gefunden. Der Zettel war bereits ein wenig verknittert und vergilbt, was wohl daran lag, dass sie ihn in der Küche angeheftet hatte.
Sie stieß einen kleinen Seufzer aus und band ihre Haare zusammen, bevor sie den Topf voll Wasser auf die kleine Flamme stellte. Ihre Fingerspitzen trommelten leise auf den verschiedenen Behältern, bevor sie einen mit frischem Dill fand, den sie erst gestern aus ihrem kleinen Kräutergarten gepflückt hatte. Die Flammen leckten sachte am pechschwarzen Topf entlang und eine angenehme Wärme breitete sich in der kleinen Küche aus. Sie hatte den Dill bereits ganz fein geschnitten, als sie das Messer beiseitelegte und aus dem Fenster blickte. Ein dichter Nebel hing in der Stadt und Brianna konnte kaum in ihren Garten blicken, so dicht war das Nebelfeld. Trübsal blasend legte sie sich die Zucchini, Zwiebeln  und Karotten zurecht, die sie händeringend am Markt erhalten hatte und fing an alles fein säuberlich zu putzen und in Würfel zu schneiden, bevor sie es in Olivenöl einlegte. Brianna schraubte das Glas, mit dem Dill wieder zu, und stellte es hinter die Gewürzdosen, die sie aus Thal mitgebracht hatte.

Ihre Reise nach Thal war gut verlaufen. Kurz nachdem sie den Laden gekauft hatte, mietete sie sich bei einem Bauer einen kleinen Planwagen und ein Pferd, um ihre Habseligkeiten aus dem einsamen Hof am Rande Thals zu holen.
Sie war erstaun gewesen, dass der Hof nicht wieder aufgebaut worden war, aber da erfuhr sie von einem Wanderer, dass Thal gefallen sei und der Erebor immer noch belagert werden würe. Es versetzte ihr einen kleinen Stich, als sie sich vorstellte, wie viele Unschuldige durch die Schwerter der Ostlinge gefallen waren, aber sie hatte keine Zeit um sie zu trauern. Ihre Zukunft lag weiter im Süden, in der weißen Stadt. Eine gemeinsame Zukunft mit Araloth und Elea, eine halbwegs friedliche Zukunft. Unter den Dielen hatte sich das meiste ihrer Gewürzsäcke gehalten und sie belud fast den halben Planwagen mit Säcken, Amphoren und Schatullen, voll edelster Kräuter und Geld, welches sie eingenommen hatte. Auch hatte sie jetzt die Möglichkeit ihre vielen Bücher, voller Rezepte, mitzunehmen.

Das kochende Wasser riss sie aus ihren Gedanken und schnell ließ sie das gewürfelte Gemüse in die Suppe gleiten, bevor sie noch ein paar Lorbeerblätter dazu gab.
Gut das muss dann jetzt ungefähr Fünfzehn Minuten köcheln. Dann kann ich währenddessen noch die Wäsche von der Leine nehmen. Die wird bei dem Wetter draußen eh nicht mehr trocken
Sie hatte sich gerade den zitronengelben Mantel übergeworfen, als sie einen leisen Frauenschrei hörte. Blitzartig rannte sie zur Tür heraus und blickte sich um, in der Hoffnung den Ursprung des Schreis lokalisieren zu können, aber der Nebel verschluckte die Spielmannsgasse und so entschied sie sich instinktiv  eine Gasse weiter zu rennen.
Brianna wäre fast über das am Boden liegende Mädchen gestolpert, so schlecht war die Sicht. An ihrem tief ausgeschnittenen Kleid erkannte Brianna, dass es eine der Kurtisanen war, die nur zwei Gassen weiter wohnten.
„ Oh mein Gott ist alles in Ordnung? Was ist passiert“, keuchte Brianna und vor Kälte konnte sie ihren eigenen Atem sehen.
Das Mädchen am Boden wimmerte nur leise und als sich Brianna herunter bückte konnte sie die rot-verquollenen Augen sehen. Sie versuchte dem Mädchen aufzuhelfen, aber als sie sie an der Hüfte berührte griff sie in den feuchten Stoff. Er hatte sich bereits voll Blut gesaugt.
„ Hilfe ist hier jemand?“, rief Brianna, die es allein nicht schaffte das wimmernde Mädchen, das sich so schwer wie ein Sack Kartoffeln machte, aufzuheben.
Erleichtert blickte sie nach rechts als sie Schritte hörte.
„ Ist da noch eine von den Mädchen“, grunzte eine barbarische Stimme. Und Brianna riss die Augen weit auf, als sie durch den Nebel die gedrungene Form zweier Orks erkannte.
„ Schau dir die mal an! Die is ja noch hübscher als die andere!“, jubelte der andere, der größer zu sein schien, mit höhnischer Stimme.
„ Ha-habt ihr dem Mädchen das angetan?“, fragte Brianna, provozierender als sie es beabsichtigt hatte.
Brianna du bist so dumm! Du hast nicht einmal dein Messer dabei und jetzt legst du dich mit zwei Orks an, die gerade erst eine Kurtisane vor deinen Augen abgestochen haben. Und hier scheint auch niemand zu sein
Der größere der beiden blickte sie mit herablassendem Blick an, bevor er nur verächtlich schnaubte. Mit grunzenden Tönen kamen sie näher. Das Herz pochte Brianna bis zum Hals, sie wollte sich bewegen, konnte es aber nicht. Stattdessen verkrampften sich ihre Hände im Stoff des Mädchens, welche zu ihren Füßen lag. Ihre Finger waren von Blut bereits getränkt und ihre Gedanken rasten, während die  zwei Gestalten auf sie zu schlichen.

Komm schon Brianna! Mach es wie in Thal. Dort bist du über dich hinaus gewachsen
Ihr Blick huschte panisch umher, doch in der Gasse lag nichts mit dem man, sich hätte nur ansatzweise verteidigen können. Ihre rechte Hand wanderte in ihre Manteltasche und ertastete etwas Kleines, Rundliches.
Ihre Finger schlossen sich darum, und flink warf sie es einem der Orks ins Gesicht. Die Zwiebel traf dem Orks zwar ins Auge, aber es hielt ihn nicht auf, sondern machte ihn nur noch aufmüpfiger.
Brianna hätte ihren Kopf im selben Moment am liebsten gegen die Wand geschlagen, so dämlich kam sie sich vor.
„ Das Mädchen hat Mumm in den Knochen, aber mit Gemüse wirst du dich auch nicht retten können“, brüllte der kleinere Ork, doch bevor er zum Sprint ansetzen konnte, ging er quiekend zu Boden. Auch der größere der beiden ging zu Boden, wobei er sich keuchend die Kehle hielt. Brianna erkannte, dass ihm die Kehle durchtrennt worden war. Erstaunt blickte sie in den Nebel, um ihren tapferen Retter zu Gesicht zu bekommen.
Doch es war kein Mann, der aus dem Nebel trat, sondern eine Frau mit hüftlangen braunem Haar, gekleidet in roten Satin. In ihrer rechten hielt die große Frau einen Dolch, an dessen Spitze Blut herabtropfte.

„ Vielen Dank“, murmelte Brianna, bevor sie gemeinsam das Mädchen hochhievten und es auf Briannas Wunsch hin in ihr Haus brachten, damit sie die Wunde versorgen könne.
« Letzte Änderung: 19. Feb 2016, 15:02 von Fine »


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Re:Die Spielmannsgasse und Briannas Wohnung
« Antwort #1 am: 11. Okt 2010, 20:57 »
„ Schnell gebt mir ein paar der Tücher! Die müssten dort unten im Schrank sein“, befahl Brianna der fremden Frau, nachdem sie das Mädchen auf ihren Küchentisch gelegt hatten.
„ Da ist zu viel Blut“, murmelte sie halblaut vor sich hin, während sie mit dem Küchenmesser das dünne Kleid auftrennte, um die Wunde besser betrachten zu können.
Es war eine kleine Stichwunde, höchstens von einem Dolch stammend, die ungefähr drei Fingerbreit unter der Brust zugefügt wurde.
„ Bitte sehr hier“, entgegnete die fremde Frau ruhig, was Brianna ein wenig irritierte. Sie hatte schon oft Wunden solcher Art behandelt, sei es in Thal oder jetzt in den Heilhäusern, aber die Gegenwart der Frau machte sie zunehmend nervös.
Brianna befahl der Frau die Tücher fest auf die Wunde zu drücken, während sie selbst in dem kleinen Schrank nach reinem Alkohol und Nadel und Faden suchte. Das weiße Tuch, dass die Frau auf die Wunde presste, war bereits voll Blut gesogen.
„ Seht Brianna, Herleif ist ohnmächtig geworden!“, rief die Frau, deren Stimme tiefer war als normale Frauenstimmen und dennoch süß und verführerisch, wie Honig.
Brianna fuhr herum und musterte Herleif, deren Gesichtsfarbe nun blass geworden war.
„ Verdammt, sie blutet schon zu lange“, stieß sie aus, während sie die Nadel und Faden unter dem Alkohol abwusch, bevor sie der Frau befahl die Tücher wegzunehmen. Die Blutung hatte nun schon fast nachgelassen und mit der feinen Nadel fing sie an die Hautfetzen wieder aneinander zu nähen. Ihre Hand zitterte dabei leicht, aber nach wenigen Sekunden hatte sie die Wunde vernäht, die nun nur noch leicht durchblutete.
„ Ihr müsst mir helfen sie ein wenig hochzuheben, damit ich die Wunde verbinden kann“, sagte Brianna forsch und ihr fielen die Haare ins Gesicht, als sie die Tücher, die sie ebenfalls in Alkohol getauchte hatte, um den schlanken Körper Herleifs, wickelte. Erst danach vergewisserte sie sich danach, dass der Herzschlag Herleifs regelmäßig war.
Erleichtert beim schwachen, aber regelmäßigen Herzschlag des jungen Mädchens, seufzte sie erleichtert, bevor sie laut aufschrie:
„ Verdammt meine Suppe!“

Brianna hatte, nachdem sie die verkochte Suppe wegschütten musste, einen Tee aufgesetzt und saß nun mit der fremden, mysteriösen Frau am Küchentisch. Sie hatten Herleif gemeinsam in Briannas Bett gelegt, damit sie sich die Nacht über erholen könne.
Ihre Augen musterten die Gestalt ihr gegenüber interessiert. Derselbe interessierte Blick erwiderte den ihren und plötzlich fiel Brianna die Frage wieder ein, die sie vorhin schon stellen wollte.
„ Entschuldigt, aber woher wusstet ihr, wie ich heiße? Ich habe mich euch weder vorgestellt, noch erinnere ich mich euch schon einmal gesehen zu haben.“
Die Frau schmunzelte und verzog dabei kokett ihre Lippen.
„ Ich kenne euch eben Brianna“, und sie nahm einen ausgiebigen Schluck des Brennnesseltees und fuhr mit gedämpfter Stimme fort, „ Der ist aber gut Brianna. Eure Mutter konnte ihn nicht besser zubereiten.“
Wäre Brianna gestanden hätte sie ihre Tasse fallen lassen, so blickte sie die Frau vor sich nur mit entsetzter Mine an und schaffte es mehrere Minuten nicht den Mund zu schließen. Noch bevor Brianna überhaupt eine Frage stellen konnte legte die Frau ein Schmuckstück auf den Tisch. Es war das gleiche Emblem der Spielleute, welches auch Brianna trug.
„ Mein Name ist Paola, Brianna. Ich kannte eure Eltern sehr gut, doch kurz nach euerer Geburt verließ ich Thal und kehrte in meine Heimat Gondor zurück. Ich bin die oberste der Kurtisanen, die in Minas Tirith hausen. Ich nehme die Mädchen auf, die von ihrer Familie verstoßen oder bereits als Kind ausgesetzt wurden. Sie sind alle meine Töchter.“ Paola machte eine Pause, während sie mit ihren Fingerkuppen über das silberne Emblem fuhr.
Brianna hatte derweilen wieder die Sprache gewonnen, „ Und habt ihr mich also auf Grund des Emblems erkannt, oder was?“ Ihre Stimme war ein bisschen belegt, denn noch immer konnte sie nicht fassen, was ihr die Fremde Frau, namens Paola soeben offenbart hatte.
Paola lächelte wieder mit dem süffisanten Lächeln, und antwortete mit ihrer lieblichen Stimme:
„ Das ihr das Emblem tragt habe ich bis heute nicht gewusst, doch seht ihr eurer Mutter zum verwechseln ähnlich. Ihr passiert fast täglich das Haus der Kurtisanen und so erblickte ich euch eines Tages und wollte meinen Augen nicht trauen. Ich setzte meine Mädchen ein, um etwas über euch zu erfahren; denn niemand weiß mehr über die Menschen der Stadt und ihre Geschichten als die Kurtisanen. Vom einfachen Händler am Markt bis hin zu den Obersten der Stadt, sogar Herumor, beglücken wir mit unseren Diensten.
So erfuhr ich eines Tages, dass ihr aus Thal gekommen seid, und so war ich mir sicher, dass ihr eurer Mutter Tochter seid. Ich weiß ein großer Zufall.“
Herumor?! Ich dachte er wäre mit Elea liiert…es ist alles so verwirrend

Die beiden saßen noch mehrere Stunden beieinander bis sich Paola entschuldigte, denn sie müsste noch etwas wichtiges erledigen.
„ Ich freue mich euch kennen gelernt zu haben Brianna. Morgen werde ich veranlassen, dass Herleif ins Haus der Kurtisanen überführt wird. Ich danke euch vielmals für eure Hilfe. Und wenn ihr wollt kommt doch einmal vorbei, ich kann euch vieles beibringen.“
Mit einem freundlichen Gruß verabschiedete Brianna sich von Paola und schloss die Tür hinter sich.


Brianna auf die Straßen der Stadt
« Letzte Änderung: 21. Feb 2016, 22:44 von Fine »


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Thorondor the Eagle

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Re:Die Spielmannsgasse und Briannas Wohnung
« Antwort #2 am: 10. Nov 2010, 21:48 »
Elea vom Haus im vierten Ring


Behutsam öffnete Elea ihre Augen um sich vor dem morgentlichen Licht zu schützen. Doch es war vergebens, kein Sonnenlicht strahlte durch die Fenster herein. Noch immer hatte sich Elea nicht an die endlosen Schattentage gewöhnt die das ganze Land überzogen.
Niedergeschmettert ging sie zu der kleinen Kommode neben dem Bett und legte ihre Hände in die mit kaltem Wasser gefüllte Waschschale. Sie fuhr sich damit über das Gesicht und blickte dabei in den Spiegel. Ihre Lippen waren regungslos, ihre Augen schlaff und gleiches galt auch ihren Gedanken.

Wie soll es jetzt nur weitergehen? Die Gefolgsleute Aragorns wurden festgenommen und zum Tode verurteilt. All jene die noch übrig sind werden sich nicht mehr trauen gegen Herumor und den dunklen Herren zu kämpfen. Ist all der Widerstand im Sand versiegt? Ist die Rückkehr des Königs ein hoffnungsloser Wunsch, nichts weiter als ein Traum in düsteren Nächten? Sollte ich denn noch hier bleiben in der grauen Stadt? Ja… Ja doch Elea. Gerade jetzt wo keiner mehr da ist um Herumor zu stürzten. Du musst bleiben Elea, du musst den Menschen helfen, deinem Volk, deinen Verwandten, deinen Brüdern und Schwestern.

Sie beobachtete wie sich ihre Lippen fest zusammen pressten und ihre Augen ein wenig aufflackerten. Die Frau band sich ihr Haar zusammen und legte ein wärmendes Samtkleid an. Mit einem kleinen Happen Brot und einem Wollumhang machte sie sich auf den Weg zu Briannas Laden. Gleich gefolgt von Beregond.

Sie ging entlang der engen Gasse, an deren Ende ihr Haus stand, auf die offene Hauptstraße und noch ehe sie sich umdrehen konnte hörte sie schon einen Schrei.
„Elea! Warte“, kam ein strenger Befehl von Herumor. Sie sah ihn zwischen rollenden Marktkarren und zahlreichen Mägden. Neben ihm liefen zwei dunkelhäutige Rüpel. Für einen Augenblick hatte die Frau sie für Straßenräuber gehalten. Der gesenkte Kopf der Beiden ließ jedoch auf deren Demut schließen.
„Guten Tag“, sagte Elea distanziert zu ihrem Verlobten. Er verneigte sich der Höflichkeit halber.
„Heute Morgen vernahm ich Gerüchte meine Liebe; beängstigende Gerüchte. Ein Wächter des Verlieses ist, nun ja, sagen wir unauffindbar.“
„Und du denkst ich habe damit zu tun?“, entgegnete sie ruhig und kühl.
„Mich beschleicht so das Gefühl.“
„Und woher kommt dein Gefühl?“
„Verlorene Seelen sind leicht zu kaufen: Gefangene berichteten von einer Frau auf deren Beschreibung du sehr gut passt in Begleitung eines stattlichen Mannes“, sein Blick wanderte zu Beregond „Mir ist klar, dass in dunkler Umgebung nichts weiter als Silhouetten erkennbar waren, aber den Verrätern sei gesagt, dass von nun an die Verließe doppelt so stark bewacht werden und Gnade kennen die Wächter dort keine.“
„Sollte ich sie treffen, werde ich es ihnen mitteilen“, entgegnete sie kühn „Und wofür brauchst du deine netten Begleiter?“
„Diese beiden? Dies sind Krohlon und Karthull und es sind nicht meine Begleiter, sondern deine. Sie sind mir treu ergeben, darauf kann ich mich verlassen“, er schaute wieder zum Soldaten „Beregond, dein Dienst für heute ist vorbei, melde dich morgen in den Truppenräumen der Zitadelle. Du bekommst neue Aufgaben zugeteilt. Geh jetzt.“
Der Soldat verneigte sich noch vor den beiden und marschierte rasch ab. Elea sah nun die beiden Gesichter ihrer neuen Begleiter, wie sie Beregond neugierig nachschauten.
„Nun, ich bin auf dem Weg in den Kräuterladen. Ich bin in Eile, gibt es noch etwas worüber du mich nicht im Unklaren lassen willst?“
„Nein. Ich werde auch schon erwartet“, er gab ihr einen zarten Kuss auf die Wange, seine Lippen waren rau und kalt „Wir sehen uns heute Abend. Ich liebe dich.“
Elea senkte ihren Kopf und wandte sich ab. Sie ging geradewegs zum Laden ihrer Freundin, doch ungewohnter weise war die Tür verschlossen.

Brianna ist nicht hier? Hoffentlich ist nichts Schlimmes passiert. Die Zeilen im Brief waren also ernster gemeint als ich dachte. Vermutlich versteckt sie sich in ihrer Wohnung…

Die Spielmannsgasse war voller leben. An der einen Hausmauer standen ein paar junge Mädchen und musterten Elea, als sie an ihnen vorbei ging. Hie und da lag noch ein Betrunkener an den Straßenrändern und einige diskutierten lauthals durch die ganze Gasse über die letzten Tage. Elea klopfte dreimal an die Tür. Keiner reagierte. „Brianna? Bist du da?“, sie hörte etwas hinter dem Tor und plötzlich öffnete sich die Türe.
„Elea!?“, sagte Brianna überrascht. Skeptisch musterte sie die beiden Südländer.
„Ihr wartet hier vor der Tür“, befahl Elea.
„Was? Nein, der Herr hat gesagt wir müssen dir auf Schritt und Tritt folgen“, antwortete einer von ihnen.
„Ich werde wohl noch mit einer Freundin sprechen dürfen. Wir sind hier im 2. Obergeschoss, ich kann ohnehin nicht hinaus“, schimpfte die Frau.
„Na gut“, gab er widerwillig klein bei.

Als sie die Türe schlossen, umarmten sich die beiden Frauen freundschaftlich.
„Du bist heute gar nicht in deinem Laden?“, fragte Elea.
„Nein. Ich gehe vielleicht später, aber was ist los? Was führt dich zu mir?“
„Sag du es mir“, sagte Elea und überreichte ihr den geheimnisvollen Brief.
« Letzte Änderung: 19. Feb 2016, 12:06 von Fine »
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Re:Die Spielmannsgasse und Briannas Wohnung
« Antwort #3 am: 11. Nov 2010, 17:59 »
Karthull kommend von den Pelennor-Feldern vor der Stadt


Vor der Tür
"Da haben wir uns aber was eingebrockt!" , mauserte Krohlon. "Dürfen den Aufpasser spielen und müssen ihrer hochwohlgebornen Dame immer flink hinterherlaufen. So ein Mist!"
"Naja siehs mal von der andern Seite, ich bin mir sicher wir werden dafür gut entlohnt. Schau dir mal ihren Mantel an ich wette der war aus Samt oder sowas." , Karthull hatte nicht nur das Kleid der Frau dieses herrischen Gebieters, wie er Herumor empfand, bewundert, sondern auch ihren adretten Körperbau und ihr bezauberndes Gesicht. Auch ihre Bewegungen schienen wohlüberlegt und gut anerzogen, doch auch ein wenig steif, wie die der Elben, die er vor nun schon langer Zeit in Edhellond gesehen hatte. Karthull hatte  kaum ein Wort herausgebracht, als Krohlon Elea eigentlich aufhalten wollte das Haus allein zu betreten.
"Hm... naja so wie dieser Herumor rumbrüllt und auch uns angeschnautzt hat kann ich mir vorstellen, dass er ein ziemlicher Geizkragen ist. Aber für die Liebe scheint ihm wirklich nichts zu teuer zu sein." , Krohlon starrte ein wenig durch die Gegend: "Hast du verstanden, was die da von Verliesen und so geredet haben, ich frag mich was der wohl für einen Einfluss hat dieser Herumor?"
"Keine Ahnung. Aber seinen Befehlen würde ich besser gehorchen, ich hoffe nur, dass diese Elea uns keine Probleme macht oder versucht abzuhaun." , bemerkte Karthull mit einem Blick in das Haus und nach oben, doch er konnte nichts Verdächtiges erkennen.
"Was mich schon eine Zeit lang interessiert hat ist: Du bist doch Bote gewesen, oder? Wo sollte deine Nachricht denn hingehen?"
"Das ist nunja... ähm ich erklär es dir ein andermal. Was mich vielmehr beunruhigt ist, dass wir hier durch die halbe Stadt gelaufen sind und mir kommt die Ecke nicht so ganz geheuer vor. Gerade warn wir noch an einem Blumenladen und schon ein paar Straßen weiter sind wir in einer Gasse wo die Frauen verführerisch in die Häuser winken. Also wär ich dieser Herumor hätte ich auch Angst, wenn ich meine Frau so seltsame Freunde in diesem Viertel besuchen lasse."
Puh... nochmal gut gegangen, aber ich glaub ich muss mir eine Geschichte ausdenken, mit der ich Krohlon glaubhaft von dem Fragen nach seinem Auftrag abhalten konnte. Krohlon begann sich über weitere Belanglosigkeiten aufzuregen, wie die Gefahr sich in der Stadt zu verlaufen und die unglaublichen Abgründe, von den höheren Ringen und Karthull antwortete hier und da. Seine Gedanken hatte er jedoch bei seiner Aufgabe, wie hatte er das den bisherigen Tag über vergessen können?
Das ist ja Mist, dass ich erst dann an meinen Auftrag denke, wenn er mich danach fragt. Ich sollte mir wirklich mal Gedanken machen wie ich mit diesem wie hieß er noch gleich, Kontakt aufzunehmen. Hm... die Vorraussetzungen dafür sind ja schonmal gut ich bin in der Stadt und hab eigentlich genau das was ich wollte. Manchmal muss man eben Glück haben. "Ja, seh ich auch so." , antwortete er Krohlon schnell. Beregond! So hieß der Typ. Den Namen hab ich doch gerad erst gehört?! Aber wo und vor allem wo soll ich nach ihm fragen?
"Sag mal hörst du mir überhaupt zu?" , fragte Krohlon ein wenig gekränkt.
"Häh... was, Entschuldigung."
"Ich hab gesagt, dass ich mich frage wie die diese Stadt hier ernähren können? So viele Menschen,  das gibts ja noch nicht mal in Umbar."
Damit war Karthull von weiterem Nachdenken abgehalten und wartete weiter darauf, dass diese auch etwas geheimnissvolle Frau wieder aus der Tür kam.
« Letzte Änderung: 12. Feb 2016, 08:27 von Fine »

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Re:Die Spielmannsgasse und Briannas Wohnung
« Antwort #4 am: 11. Nov 2010, 20:21 »
Brianna von den Verließen


Brianna lächelte irritiert und nahm Elea den Brief ab.
„ Wollen wir uns nicht setzten“, fragte Elea und bevor Brianna den Brief lesen konnte betraten beide die Küche in der ein kleiner Tisch mit zwei hölzernen Stühlen stand.

Was hat das jetzt zu bedeuten? Warum übergibt mir Elea einen Brief?
Ihre kastanienbraunen Augen huschten über die wenigen und zierlich geschriebenen Buchstaben und ihre Stirn legte sich in Falten, als sie das Wasserzeichen genauer betrachtete.
Es ist eine Klinge…umrankt von einer Rose…aber..?!
Ihre Gesichtszüge entspannten sich wieder und ein dünnes Lächeln zeichnete sich auf ihrem blassen Gesicht ab.

Sie hatte die letzte Nacht nur wenig geschlafen und die Müdigkeit hatte tiefe Furchen in ihr Gesicht gegraben, während sie lächelnd zu Elea blickte, die ihr gegenüber saß.
„ Woher kennst du Paola“, fragte Brianna trocken und das Sprechen verursachte ihr Schmerzen, denn sie hatte sich heute Morgen mehrere Male übergeben müssen und ihr Hals schmerzte wie Schleifpapier, wenn die Worte versuchten ihren Weg nach draußen zu finden, um zu atmen. Doch ihre Stimme, die sonst so weich und freundlich war, klang heute wie ein Dornengewächs und Brianna merkte, wie die Worte nach Luft rangen, als sie ihren Mund verließen, und kläglich verendeten.

Das Gesicht Eleas verriet bloße Verwunderung und als sie den Mund öffnete wirkten die Worte, die ihren zarten Lippen einfloss, wie reinster Elbengesang.
„ Bitte wer? Ich kenne keine Paola, Brianna!“.

Das ergibt doch alles keinen Sinn, aber ich erkenne das Wappen eindeutig und wenn ich genauer darüber nachdenke, dann habe ich es in Paolas Haus gesehen. Die karmesinroten Tücher, die die Wände zierten, waren mit eben diesen Wappen versehen. Aber wenn Elea Paola nicht kennt, woher kennt die Kurtisane dann Elea?

Gedankenverloren fuhr Brianna mit ihrem Fingern über die Klinge und als sie eine der Dornen streifte da zuckte sie zusammen und vergewisserte sich, dass kein Blut aus ihrer Fingerspitze quoll.
Vielleicht war es auch die Stimme Eleas, die sie aus ihrer Trance weckte.
„ Brianna? Was ist denn eigentlich los mit dir? Der Brief und auch deine äußere Erscheinung machen mir sorgen. Kann ich dir wirklich nicht helfen?“, erklang ihre weiche Stimme und sie nahm Briannas Hand und drückte sie fest, um ihrer Freundin zu zeigen, dass sie für sie da sei.
Brianna schüttelte den Kopf. Sie war nicht in der Lage darüber zu sprechen, was gestern Nacht vorgefallen war; es schauderte sie immer noch, wenn sie daran dachte.
Stattdessen stand sie auf und nahm eine der Tassen aus dem Schrank, um ihr und Elea eine Tasse Tee breit zu stellen.
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen konnte aber die Tassen im hinteren Regalfach nicht erreichen.
„ Elea würdest du mir bitte mal den Schemel reichen? Die Tassen muss Araloth eingeräumt haben…ich komm leider nicht ran“, keuchte sie mit rauer Stimme.

Eleas Mine versteinerte sich, als sie an Araloth in der Zelle dachte und daran, dass Brianna nichts davon wusste und immer noch im Glauben steckte, dass er in Dol Amroth wäre.
„ Elea?! Er steht da hinten in der Ecke“, widerholte Brianna mit Nachdruck.
„ Ähm…natürlich“, stammelte Elea und reichte Brianna den Schemel, woraufhin sie die Tassen erreichte. Sie hatte sich gerade umgedreht, als Elea fortfuhr, „ Brianna ich muss…muss mit dir über Araloth sprechen…er ist nicht in Dol Amroth…er ist im…im…Verließ“.

Die Porzellantasse zersprang auf dem Boden und die winzigen Scherben bedeckten die braunen Holzdielen wie Neuschnee im Oktober.
Briannas kastanienbraune Augen rosteten, als sie Eleas Worte vernahm.
« Letzte Änderung: 19. Feb 2016, 15:11 von Fine »


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Thorondor the Eagle

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Re:Die Spielmannsgasse und Briannas Wohnung
« Antwort #5 am: 14. Nov 2010, 22:26 »
Elea erschrak bei dem Klirren, das den nahezu lautlosen Raum durchschnitt. Angespannt schaute sie zu ihrer Freundin, die sich für Minuten nicht umdrehte: „Du hast es gewusst?“, fragte sie mit zittriger Stimme.

Die Frau fühlte sich wie eine Verräterin in diesem Moment, sie wollte kaum Antworten, doch sie wusste, dass Brianna nun nicht locker lassen würde: „Ja. Ich wusste davon. Ich habe gewusst, dass Araloth in Minas Tirith war. Er überraschte mich in jener Nacht, als er vor meiner Türe auftauchte. Mit vielem habe ich gerechnet aber nicht mit ihm und schon gar nicht mit seinem Einsatz für die getreuen des Königs. Er ist ein Held in unseren Reihen…“
Elea stand auf und stellte sich hinter Brianna. Sie legte die Hand auf ihr Schulterblatt: „Ich wollte es dir sagen, glaube mir. Jetzt, wie bei jedem unserer Treffen fühlte ich den Verrat den ich an unserer Freundschaft beging. Aber ich durfte nicht.“

Brianna neigte aus Neugier ein wenig den Kopf nach rechts. „Araloth hat mich darum gebeten und seine Einwände dich einzuweihen verstand ich nur zu gut. Überleg doch nur was geschehen ist in den Heilhäusern. Letztendlich hätten sie dich auch verhaftet. Er liebt dich und um jeden Preis wird er dich vor allem Leid beschützen.“
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Re:Die Spielmannsgasse und Briannas Wohnung
« Antwort #6 am: 22. Nov 2010, 19:53 »
Briannas Hand zitterte und erschrocken vor sich selbst legte sie die zitternden Finger auf ihre roten Lippen.
Auf Eleas Wange zeichnete sich der rote Handabdruck Briannas, wie ein feuerrotes Brandmal ab.
" Verdammt noch mal Elea! Das ist der Mann den ich liebe. Ich würde für ihn ins Gefängnis gehen", sie stockte einen Moment und ein Quell von Tränen sammelte sich in ihren Augen, " Oder hast du damals für Haldar anders gehandelt? Du hast deine Heimat verlassen, deinen Sohn zurückgelassen, um deinen Mann zu finden."
Briannas Stimme wurde von Tränen beinahe verstickt und sie hatte das Gefühl kaum noch Luft zu bekommen.
Elea fixierte sie entgeistert, und auch bei ihr glichen ihre Augen nun einem wässrigen Spiegel.
" Aber ich wollte dich doch nur beschützen!", stammelte sie schluchzend.
" Beschützen?!", schrie Brianna hysterisch, " Ich bin schwanger Elea! Schwanger von Araloth."
Sie machte eine Pause und stützte sich schwer auf den hölzerenen Küchentisch. Ihre Finger bohrten sich regelrecht in das alte Holz, während ihre roten, verquollenen Augen Elea versuchten zu erfassen.
" Geh Elea! GEH! Ich...ich...ich kann dich im Moment nicht ansehen."
Briannas Stimme war kraftlos und heiser. Sie merkte, wie die Worte, die sie ausgesprochen hatte aufschrien. Jedoch war sie sich nicht sicher, ob es die Grausamkeit war, die in ihnen ruhte, oder das Schleifpapierähnliche Gefühl in Briannas Hals, dass die Worte so sehr geschunden hatten, dass sie sich jetzt verstümmelt und blutend, neben den Porzellanscherben, auf den Fußboden krümmten.

Elea wollte noch etwas erwidern, entschied sich aber das Zimmer zu verlassen. Brianna erwartete, dass Elea die Haustür hinter ihr zuschlagen würde, aber die Frau aus dem Volk der Dunedain, zog die Tür sanft hinter sich zu und es schien fast so, als wollte sie keinen Lärm verursachen.

Brianna heulte bitterlich auf und fuhr sich durch die Haare, bevor sie anfing die Scherben aufzusammeln.
Die letzte musterte sie noch einen kurzen Moment, bevor sie die Hand so fest um sie schloss, dass zunächst Kirschen aus Blut aus ihrer Hand kullerten. Nach einigen Momenten erlösenden Schmerzes waren die Kirschen zu Pflaumen geworden.


Elea und Karthull aus Briannas Haus in die Straßen der Stadt
« Letzte Änderung: 19. Feb 2016, 12:08 von Fine »


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Re:Die Spielmannsgasse und Briannas Wohnung
« Antwort #7 am: 7. Jan 2011, 21:29 »
Keine Disteln mehr. Kein Safran. Nichts mehr ist hier in dem verdammten Haus!
Frustriert warf Brianna das Küchentuch, welches sie in der Hand trug beiseite, und stützte sich auf den Tresen. Sie unterdrückte die Tränen, die sie in den letzten Wochen schon so oft heimgesucht hatten, seitdem sie Elea aus ihrem Haus geschmissen hatte.
Das Wasser zischte und Brianna nahm den rostigen Kessel von der Flamme und goss das Wasser über die getrockneten Fenchelblüten, die sie in einer kleinen Dose aufbewahrt hatte. Sofort verbreitete sich das würzig-milde Aroma in der dunklen Küche in der Spielmannsgasse.
Brianna hatte kein Licht brennen und die dunklen Wolken verschluckten die schwache Wintersonne, wie so oft in den Monaten, die Brianna jetzt schon in Minas Tirith lebte.
Ihre dünnen Finger umschlossen die Tasse und führten sie zu den blass roten Lippen. Nach nur einem Schluck spuckte sie das Getränk wieder aus und goss den Rest des Tees in eine der Orchideen, die auf dem Fenstersims stand.
Einen Momentlang verharrte sie am Fenster und streichelte, wie in Trance, ihren leicht gewölbten Bauch, bevor sie eine innere Unruhe packte und sie zu der Garderobe im schmalen Flur rannte. Sie warf sich den zitronengelben Mantel über, packte sich einen Korb und verließ eiligen Schrittes das Haus.

Die Spielmannsgasse war menschenleer. Nicht einmal die Kinder der Seiltänzer, die jeden Tag Murmeln in den feuchten Gassen spielten, oder die jungen Kurtisanen, die sich kokett an den spärlich verputzten Wänden rekelten, waren zu sehen. Brianna, die ihre Haare zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, machte sich auf den Weg zum Wochenmarkt; der einzige in Minas Tirith der noch einiger Maßen exotische Produkte, wie Datteln aus Nah-Harad oder Pilze aus dem nördlichen Düsterwald anbot. Die Arme verschränkt und den Blick starr zu Boden gerichtet, schlug sie den Weg ein, den sie immer wählte, wenn sie zu ihrem Gewürzladen musste.
Ich war schon seit einer Woche nicht mehr in dem kleinen Laden. Ich sollte dort einmal wieder staubfegen und die Regale abwischen und nach dem neuesten schauen.

Vollkommen gedankenverloren schlenderte sie durch die menschenleeren Gassen, nur einmal kreuzte eine alte Frau ihren Weg, die sie höflich grüßte, aber gehetzt weitereilte. Erst als sie fast gegen einen Baum gerannt war blickte sie irritiert auf und musste feststellen, dass sie in den kleinen gepflasterten Hof stand, der zu den Heilhäusern führte.

Wo bist du nur mit deinem Kopf Brianna. Was soll ich den in den Heilhäusern…diesem verlassenen Ort
Sie ging ein paar Schritte nach vorn und sie sah, dass der Eingang zu den Heilhäusern mit schweren Holzbrettern vernagelt worden war. Das gleiche leidige Schicksal hatten die Fenster und der Hintereingang erfahren. Briannas Hand fuhr über das rissige Holz und schlenderte zum Hintereingang, wo sie die halbhohe Steinmauer überwand und mitten in dem Kräutergarten stand, den sie und Ioreth früher bestellt hatten.
Die Pflanzen, welche sie angebaut hatte und die niemand vor der eisigen Kälte des Winters mehr beschützten konnte, waren verdorrt und schwarz spickten sie den Garten, wie ein Zeichen des Todes und des Hohns Herumors über die Getreuen des Königs. Erschöpf und ermüdet ließ sich Brianna auf die Steinstufen sinken und vergrub das Gesicht in ihren Händen.

„ Ein gefährlicher Ort ist es, den du hier aufsuchst, Brianna“, wisperte eine süßlich zarte Stimme. Selbst wenn Brianna das umbrafarbene Kleid und die schlanke Frau darin nicht erblickt hätte, wäre ihr die Stimme Paolas sofort aufgefallen.
„ Bist du mir etwa schon die ganze Zeit gefolgt, Paola“, erwiderte Brianna schroff.
Paola lächelte und bewegte sich mit ihren typischen schlängelnden, verführerischen Gang auf sie zu und setzte sich neben sie.
„ Ja schon seit der Spielmanngasse folge ich dir. Ich dachte du würdest einen anderen Ort aufsuchen. Außerdem ist es unklug von dir, alleine durch die Straßen zu wandern, Liebes. Du warst die letzten Wochen nicht mehr viel auf den Straßen, aber es sind bereits an die hundert Orks in Minas Tirith postiert. Von den Südländern ganz zu schweigen. Die Überfälle auf die Zivilbevölkerung mehren sich. Immer mehr Läden werden überfallen. Es gibt kaum noch Märkte oder Leben in der Stadt“, sagte Paola, „bis auf heute“, setzte sie fast murmelnd hinzu.
Brianna nickte nur abwesend, während sie beobachtete, wie die Pflanzen im Wind tanzten und sie für einen kurzen Augenblick wieder lebendig wirkten, so wie früher.
„ Wie geht es dir, oder euch“, flüsterte Paola liebevoll und streichelte den Kopf der Kräuterfrau, die sich daraufhin an Paolas Schulter lehnte.
„ Ich weiß nicht, ich fühle mich irgendwie so leer und dann wieder überfordert. Es ist schwer zu sagen. Ich vermisse Araloth so sehr. Weißt du wie es ihm geht?“
Paola schüttelte nur mit dem Kopf bevor sie wortkarg antworte, „ Seit unserem Überfall auf die Wache kommt niemand mehr außer Herumor selbst in das Verließ hinein. Selbst meine Mädchen können nichts aus ihm herausbekommen, in den Stunden der Nacht.“
Als Brianna Paolas Worte vernahm versetzte es ihr einen kleinen Stich, als sie an Elea dachte und ihre unglückliche Situation mit Herumor.

„ Paola? Du sagtest vorher du hättest mich an einem anderen Ort erwartet. Was meinst du damit genau?“, fragte Brianna, um die Gedanken an Elea und Araloth zu verscheuchen.
Blitzartig stand Paola auf und streckte die Hand nach Brianna auf, „ Kommt mit, wir werden es uns ansehen!“


Paola und Brianna auf die Straßen von Minas Tirith
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Re:Die Spielmannsgasse und Briannas Wohnung
« Antwort #8 am: 13. Feb 2011, 21:10 »
Brianna von der Taverne zum Schwarzen Bären


„ Einen Moment bitte“, rief Brianna von ihrem Schlafzimmer zur Tür, als es bestimmt an der dunklen Holztüre pochte.
Flink band sie die grauen Bänder ihres schlichten erdfarbenen Kleides fest, die sie von ihrer Taille bis zu ihrem Busen überkreuzend eingefädelt hatte. Ihre Haare waren noch feucht und wellten sich leicht, als sie zur Tür schritt und jene öffnete

„ Kann ich Ihnen helfen?“, fragte Brianna und blickte dem hochgewachsenen, dünnen Mann entgegen, der ein hochwertiges Gewand trug und sich unbehaglich nach rechts und links umblickte.
„ Darf ich eintreten“, fragte er zögerlich, während er leicht die Nase rümpfte.
„ Darf ich erfahren, wer sie sind, bevor ich sie in mein Haus einlasse?“, erwiderte Brianna schnippisch.
Der Mann, dessen dünne Lippen von einem noch viel dünneren schwarzen Schnurbart gekrönt waren, blickte herablassen auf Brianna, die mit nackten Füßen und nassen Haaren im Türrahmen stand, bevor er fortfuhr.
„ Mein Name ist Lucius, ich bin Vorsitzender des neuen Stadtrates und ich behandle alle auswertigen Angelegenheiten, die Minas Tirith betreffen. Hierbei auch den jüngsten Fall der…drücken wir es so…diplomatischen Entfremdung beider Städte“, sagte er mit widerlich süßlichen Tonfall, „ Ich bin hier, um mit Ihnen über einen gewissen Araloth aus Dol Amroth zu sprechen, der sich momentan in Gefangenschaft befindet. Also dürfte ich jetzt ihr Haus betreten?“. Das letzte Wort spuckte er Brianna förmlich mit Verachtung vor die Füße.

Perplex und mit finsterer Miene gestattete sie den Beamten den Eintritt und geleitete ihn in die Küche, wo er am kleinen Tisch in der Mitte des Raumes Platz nahm, nicht ohne vorher mit den Finger über den Stuhl gefahren zu sein, um zu überprüfen, dass ja kein Staub sein teures Gewand beschmutzte.

„ Darf ich Ihnen etwas anbieten? Tee oder Wasser?“, fragte Brianna, deren Haare nun vollkommen lockig geworden waren.
Lucius lehnte ab und Brianna setzte sich zu ihm und verschränkte die Arme.
„ Also Brianna, ich darf sie doch so nennen?“, und ohne eine Antwort abzuwarten fuhr er fort, „ Sie kennen besagte Person?“.
Brianna nickte stumm.
„ Und stimmt es, dass Sie eine emotionale, wie auch sexuelle Beziehung geführt haben?“
Brianna nickte erneut, wobei sie jedoch unruhig anfing die Zähne aufeinander zu mahlen.
„ Haben Sie von den nationalfeindlichen und betrügerischen Aktivitäten ihres Partners gewusst, und ihn dabei unterstützt?“.
Ein undeutliches „Nein“ huschte über Briannas Lippen
„ Sie wissen doch, dass Sie, wenn Sie lügen, Sie sich mitschuldig an den Vergehen Araloths machen? Nun ja nichts destotrotz ist dies keine Anklage gegen Sie. Wir haben den Missetäter und ich bin eigentlich nur hie, um Ihnen mitzuteilen, dass Araloth in den kommenden Wochen auf Grund des Hochverrats gehängt wird. Wir dachten vielleicht wollten Sie es wissen, da sie ja eine Beziehung zu ihm gepflegt haben.“
Die Kälte und Emotionslosigkeit mit der der Beamte Brianna die Worte ins Gesicht schleuderte, machten sie fassungslos. Sie schlug die Hand vor den Mund und riss den Mund weit auf.
„ Ich denke, dass dies dann alles war. Einen schönen Tag wünsch ich Ihnen“, tönte Lucius süffisant und ließ die sprachlose Brianna an dem kleinen Holztisch sitzen. Sie hörte nur noch wie die Tür ins Schloss viel, bevor sie ausdruckslos aufstand, sich einen kleinen Hut überzog, den ihr vor einiger Zeit Elea geschenkt hatte, und sich die Stiefel fest zuschnürte, und das Haus verließ.

Ich brauche frische Luft. Das kann doch nicht wahr sein.
Orientierungslos irrte sie durch die Gassen von Minas Tirith und suchte nach irgendwelchen Anhaltspunkten und Personen, an die sie sich wenden konnte, aber ihr begegnete niemand.
Ist es heute warm oder kalt für Ende Januar?
Lauter Fragen schossen ihr durch den Kopf und sie sinnierte über alles Mögliche, nur um nicht an Araloth denken zu müssen.

Plötzlich stolperte sie auf einen engen Platz und das Feuer blendete sie für einen kurzen Moment so stark, dass sie die Augen für wenige Augenblicke schließen musste. Nur vereinzelte Parolen drangen zu ihrem Ohr durch.
„Hinfort mit der Schundliteratur aus der Schwanenstadt!“
„ Entfernen wir die Lügen und Heucheleien Dol Amroths aus den Bibliotheken Minas Tiriths, damit sie unseren Geist nicht länger benebeln!“
„ Schafft alles herbei, was den Ursprung Dol Amroths hat. Entfernen wir den Schund aus unseren Häusern, Köpfen und Herzen!“
Brianna riss die Augen auf. Ein gewaltiges Feuer züngelte sich in die Luft und spie pechschwarze Wolken des Hasses und der Unvernunft in den hellen Mittagshimmel. Hunderte Menschen wimmelten sich um das Feuer und taten es dem Redner gleich. Gierig fraß das Feuer die Buchstaben, die vor Schmerzen schrien, als sich die feurigen Zähne durch den Buchrücken zu ihnen durch bissen.
Doch es waren nicht die Buchstaben, die schrien, und als Brianna sah, was da in den Flammen vor Schmerz zu Grunde ging, riss ihr der Geduldfaden.

„NEEEEEEEEEEEEEIN“, schrie Brianna und spurtete los, als sie sah, dass der Redner lebendige Schwäne in die gierige Glut warf.
„ Das Zeichen der verdorbenen Stadt, soll brennen in den Feuern der Wahrheit!“.
Bevor sie sich versehen konnte war Brianna auf dem Podest neben den Feuer geklettert und schlug mit ihren Fäusten auf den Redner ein, der kurz davor ein junges Schwanenküken dem Feuer übergeben hatte.
Ihre Faust segelte auf die Nase des Redners wieder, jedoch konnte sie zu keinen weiteren Schlag ausholen, als sie unerklärlicherweise nach hinten gezogen wurde. Sie fauchte, tritt, biss und schrie um sich vor Wut.
„ Lasst mich los! Ich will ihn auch ins Feuer werfen, wie diese unschuldigen Tiere!!!“

Doch die Soldaten hielten die tobende Brianna fest, als ein lauter Pfiff die unruhige Menge und Brianna mit ihren Widersachern, zur Ordnung rief.
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Re:Die Spielmannsgasse und Briannas Wohnung
« Antwort #9 am: 5. Apr 2011, 23:57 »
Die kräftigen Arme zweier Soldaten der Stadtwache hatten sich um die Dünnen Briannas geschlungen und hielten sie mit vehementer Bestimmtheit fest. Irritiert richtete sich der Redner auf, der sich über die Lippe fuhr, die blutig aufgeplatzt war. Purer Zorn flackerte in seinen Augen auf und mit einer abwertenden Handbewegung signalisierte er den Wachen Brianna fest zu nehmen.

Die Kräuterfrau wurde unsanft zu Boden geworfen und stöhnte auf, als ihr Kopf auf dem harten Pflaster aufschlug.
Die Menge war außer sich und lautstark forderten sie den Tod der Untreuen und Verräterin.
Bestärkt von den Massen, die auf dem Platz versammelt waren, schmunzelte der Redner und mit voller Inbrunst stieg er wieder aufs Podest und verkündete:
„ Seht ihr DAS ist die Seuche vor der euch Herumor bewahren will. Diese Frau“, theatralisch wandte er sich Brianna zu und streckte seine schwächliche Hand aus, um sie an den braunen Locken zu greifen und zu sich zu ziehen, „ verkörpert alles, was uns zu wider ist. Sie gab sich der blanken Sinneslust mit einen der Verräter und Lügner Dol Amroths hin. Sie steckt mit dem Geschwür der Revolutionären unter einer Decke, als Vertraute Ioreths und Eleas!“
„Aber woher?..“, murmelte Brianna.
„Ebenso steht sie in regen Kontakt mit den lasterhaften Frauen des Bordells. Sie verkörpert alles was falsch ist an unserer Gesellschaft und dafür soll sie bestraft werden.“
Irritiert blickte Brianna an dem Mann hinauf, der gerade so detailliert die Einzelheiten ihrer Person beleuchtet hatte, und im Augenwinkel erkannte sie Lucius, der süffisant lächelnd am Rand des Podests stand.
„…elender Bastard“, fauchte Brianna, aber als sie einen Laut von sich gab, ohrfeigte der Redner sie so stark, dass sie wieder am Boden zusammen sank.
Die Menge gab tosenden Beifall und forderte die Bestrafung Briannas. Jedoch in dem Augenblick als der Redner sich wieder Brianna zuwenden wollte war jene blitzschnell aufgestanden, beförderte den verdutzten Redner mit einem kräftigen Stoß von der Bühne und warf ihn in die tosenden Zuhörer.

Brianna wusste nicht mehr, wie sie sich an den zwei Wachen vorbeigeschlängelt hatte, aber sie rannte um ihr Leben, die zwei Soldaten waren ihr Dicht auf den Fersen. Planlos wählte sie Abzweigungen und Gassen aus, um ihren Verfolgern zu entkommen, aber es schien zwecklos, da sie sich nicht abschütteln ließen. Plötzlich stoppte sie. Vor ihr türmte sich eine kalte, abweisende Steinmauer auf.
Verdammt eine Sackgasse!

Ihr Herz raste, als sie sich umwandte und sah, wie die zwei dunkelhäutigen Soldaten, siegessicher grinsend, ihren Schritt verlangsamten und auf sie zu gingen.
„ Haben wir dich du kleines Miststück!“, brummte er.
„ Ich hätte ihn ins Feuer werfen sollen! Wie er die unschuldigen Tiere und mit ihm Herumor und die treulosen Stadträte“, zischte Brianna und spuckte den Soldaten ins Gesicht.
„ DAFÜR WIRST DU HÄNGEN SCHLAMPE!“, brüllte der rechte der beiden Soldaten und sein Gesicht lief purpurrot an, während kleine Äderchen an seinem Hals hervortraten.
„ Na wenn schon“, erwiderte Brianna furchtloser als sie es in Wirklichkeit war, denn ihre Knie zitterten, als sich die beiden wie eine zweite Mauer vor ihr aufbauten, „ Ich habe nichts mehr zu verlieren!“.
Die Wache, die immer noch einen feuerroten Gesichtston hatte, wollte gerade einen Schritt auf sie zu machen, als der andere die Hand auf seine Schulter legte.
„ Warte Sulafar“, züngelte er ruhig und ein böses Lächeln legte sich auf seine Lippen, „ wenn das Mädchen sagt sie hat nichts zu verlieren, können wir doch noch ein wenig mit ihr spielen. Die Huren aus den Bordell sind bei weiten nicht so schön, wie dieses Juwel hier.“
Sulafar grunzte widerwärtig als ihm bewusst wurde, worauf die Wache hinaus will, und Briannas Mut schrumpfte auf ein Minimum und sie musste kräftig schlucken.

„ Huch was war das denn? Sind wir doch nicht mehr so mutig“, flüsterte die Wache und rückte nun nah an Brianna heran und schnupperte an ihrem Hals.
Jetzt ist es zu spät es gibt keine Hoffnung mehr, dachte sie als er sich fest an sie presste, aber schnell realisierte sie, dass er nichts tat und als sie sich von sich drücken wollte sank sein Körper vor ihr zusammen.
Paola wischte den blutroten Dolch an ihrem ebenholzfarbenen Kleid ab, bevor sie Brianna die Hand reichte, damit sie über die beiden steigen konnte. Völlig irritiert blickte sie sich immer wieder um, da sie sicher gehen wollte, dass die beiden Soldaten wirklich tot waren.

„ Aber Paola…wie…warum…was?“, überschlug sich Brianna, als sie wieder auf den Platz standen.
„ Ruhig Liebes, ganz Ruhig. Ich erklär dir alles bei mir!“.
Das waren ihre einzigen Worte, bevor sie sich schnell auf den Weg zum Haus der Kurtisanen machte.


Brianna und Paola zum Haus der Kurtisanen
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Re:Die Spielmannsgasse und Briannas Wohnung
« Antwort #10 am: 6. Nov 2011, 13:48 »
….Brianna vom Brunnenhof


Ich will nicht aufstehen….Ich will nicht, dass dieser Tag fortläuft. Ich will wieder gestern haben. Gestern um diese Zeit war alles in Ordnung. Gestern um diese Zeit habe ich noch keinen Mann ermordet. Gestern um diese Zeit wusste ich noch, wo Araloth war, ob er am Leben war…Ich will nicht aufstehen und das Leid der Menschheit erblicken. Ich will nicht meinem eigenen Leid in die Augen sehen.

Dennoch zwangen Durst und ein schwächelndes Anzeichen von Hunger Brianna zum Aufstehen. Alles schien zu schmerzten. Ihre Glieder waren seltsam taub und überall an ihren Körper waren kleine Schnitte, oder Prellungen, oberflächlich, wie innerlich, die sie sich auf ihrer nächtlichen Odyssee durch Minas Tirith, durch Freude, Trauer und Verzweiflung, zugezogen hatte.
Mit zittrigen Händen füllte sie die gläserne Karaffe mit  Wasser und nahm einen tiefen Schluck. Zunächst brannte es ein wenig, bevor es die gewünschte Erleichterung brachte.
So saß sie nun vollkommen emotionslos in der kleinen Küche und starrte aus dem Fenster in den winzigen Hinterhof, wo sie in den wärmeren Tagen des Jahres ihren privaten Kräutergarten pflegte.



„Riech mal! Duftet es nicht herrlich?“, fragte Brianna und blickte aufmunternd zu Elea, die mit glasigen Blick auf der kleinen Bank neben ihrer Kräuterbeet saß.
„ Das ist frischer Basilikum. Es gibt nichts was frischer und angenehmer riecht, glaub mir“, nochmals streckte sie ihrer Freundin und Weggefährtin ein Blatt hin, aber jene rührte sich nicht.
Brianna entschied sich so zu tun, als wäre nichts passiert und fuhr in ihrer aufheiternden Rede fort.
„ In Thal wuchs der nie besonders gut. Die Fremde aus Rhûn von der ich dir erzählt habe, brachte ihn mir immer mit. Aber in Rhûn scheint es noch viel, viel exotischere Dinge zu geben. Schau hier Thymian.“
Es war ein lauer Sommernachmittag in Minas Tirith und kaum zwei Wochen her seitdem Elea aus den Kerkern entlassen wurde. Seither hatte sie kaum mehr als zwei Sätze mit Brianna gewechselt und billige starr in die Ferne.
Sie hegt immernoch die Hoffnung, dass ihr Mann lebt. So ging es mir auch, als die Pest meine Eltern dahinraffte…
„Ich glaub ich mach uns eine frische Kräutersuppe! Was hältst du davon Elea?“, erwiderte Brianna unbeirrt. Ein Muskel zuckte in Eleas Gesicht und die Kräuterfrau aus Thal nahm dies als Zeichen der Zustimmung auf.

----------------

„ Das Leben ist nicht fair Brianna..“, sagte Elea mit belegter Stimme, als sie die Suppe ausgelöffelt hatte.
Brianna lächelte und streichelte sanft über die Wange ihrer Freundin.
„Ach Süße ich weiß…ich weiß“, flüsterte sie und nahm Elea in die Arme, welche kurz mit den Tränen kämpfte, bevor sie sich an Briannas Brust ausweinte.
Fast eine Stundelang verweilten sie in der Pose und hunderte Düfte ihrer Kräuter stiegen in Briannas Nase.
Die Sonne war gerade dabei hinter den weiß-grauen Ziegeldächern Minas Tiriths zu verschwinden, als Eleas Tränenfluss zu versiegen begann.
„Werde ich darüber hinweg kommen Brianna?“, schluchzte die Frau aus Ammuninas.
„Niemals“, erwiderte Brianna, ohne dass es niederschmetternd und böse klang, es war einfach eine Feststellung.
Elea nickte, bevor sie sich aufrichtete und man wieder deutlich das adlige Blut sehen konnte, dass durch ihre Venen floss.
„Die Suppe war exzellent!“
„Ich weiß“, lächelte Brianna.



Bei den Gedanken an diesen Nachmittag huschte ein schwaches, aber aufrichtiges Lächeln, über Briannas Lippen.
Niemals…, flüsterte sie in Gedanken, bevor das leichte Pochen an ihrer Tür sie fast die Glaskaraffe vom Tisch stießen ließ.
Brianna stolperte mit pochenden Herzen zu Tür, in ihrer linken Hand instinktiv ein Messer haltend.

„Wer ist da?“, fragte sie mit lauter, aber zittriger Stimme.
Wer kommt um diese Zeit und vor allem in diesen Zeiten zu mir? Alle die mich besuchen haben mich verraten, haben die Stadt verlassen, oder sind vermutlich tot…Elea…Araloth…Paola
„ Jemand den du lieber hineinlassen solltest…“, erwiderte eine feste und vertraute Stimme.
„A…aaa…aber wie…“, stotterte Brianna.
„ Mein Liebes du solltest aufhören zu stottern und mir lieber die Tür öffnen…es ist ziemlich kalt hierdraußen.“
Sofort öffnete Brianna die schwere Eichentür und erblickte vor sich Paola. Obwohl nein es war nicht die Paola, die sie kannte.
Keine Paola, die verführerisch rote Lippen hatte. Keine Paola, die in ein samtenes Kleid gehüllt war und die ihre Haare mit Spangen, die Vögel oder Schmetterlingen glichen, verziert hatte.
Die Paola, die vor ihr stand, war eine schmutzige, verletzliche Paola. Sie hatte zerzaustes, von Ruß und Schmutz zerfressenes, Haar. Diese Paola hatte mit Blut, Öl und Schmutz verdreckte Kleider und ihre Lippen waren blass wie Nebelbänke in den frühjährlichen Feldern Thals.

Und dennoch hatte sie Paola noch sie hübsch und attraktiv gefunden, wie in diesen Moment.
„Möchtest du mich weiter anstarren, oder nicht lieber hineinbitten?“, antwortete sie mit gewohnter Ungeduld, versetzt mit Arroganz.
Brianna brachte nur ein Nicken zu Stande und ließ sie hinein.


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Re:Die Spielmannsgasse und Briannas Wohnung
« Antwort #11 am: 18. Nov 2011, 19:12 »
„Paola erzähl mir was passiert ist seit wir uns bei den Verließen getrennt haben?“, fragte Brianna begierig, nachdem sie die Kurtisane hereingebeten hatte.
Gemeinsam hatten sie sich in die warme Küche gesetzt und Brianna hatte einen Ingwertee aufgesetzt. Der heiße Dampf stieg empor, während Paola – nun schon wieder edler und adretter aussehend als zuvor – ihre Lippen kräuselte.
„ Mein Liebes das ist eine lange Geschichte, die ich dir wiedergeben werde sobald du mir gesagt hast, wie für dich die letzte Nacht ausging! Du weißt ich höre und sehe alles, was in Minas Tirith geschieht, aber die letzten vierundzwanzig Stunden waren etwas turbulent.“

Brianna konnte nicht umhin ohne ein leises Lachen von sich zu geben. Die saloppe Tonart von Paola ließ etwas von ihrer eigenen Angespanntheit abfallen. Dennoch klang ihre Stimme seltsam gepresst, als sie anfing von Araloth und der letzten Nacht zu erzählen.

„Hmm…“, seufzte die Kräuterfrau, „…wo soll ich anfangen? Nachdem wir getrennt wurden, verloren wir auch Elea und Ioreth. Wir hatten keine Zeit nach ihnen zu suchen, am wichtigsten war, dass wir weder den Rebellierenden, noch den Truppen Herumors und Saurons in die Arme liefen. […]
Schließlich rettete ich dem Mädchen das Leben, wusch mir die Hände, schlief ein und dann standest du vor meiner Türe“, schloss Brianna und ihre Stimmung hatte sich gebessert. Es war gut noch einmal über das erlebte zu reden. Als wäre es nun klein genug, um es in eine Schublade zu legen und dort verschlossen zu halten.
Paola hatte während ihrer Erzählung geschwiegen und nur ab und zu an ihrer Tasse Tee genippt, die nun leer und einsam vor ihr stand.

„Jetzt erscheint meine Nacht schon fast langweilig“, erwiderte sie mit belustigenden Tonfall, aber Brianna erkannte wie sie ihre Tasse umklammert hielt, sodass ihre Knöchel schneeweiß hervortraten.
Die Kräuterfrau erwiderte nichts, sondern legte nur die Hände in den Schoss und blickte Paola aufmunternd an, wodurch sie fortfuhr ohne einmal den Blick von ihrer Tasse zu heben.

„Das Feuer fraß sie auf bei lebendigem Leibe. Der Geruch war abscheulich. Ich merkte sehr bald, dass ich nicht mehr zu euch durchdringen kann. Also entschied ich zu fliehen. Normalerweise scheue ich keinen Kampf, aber gegen so viele vor Wut und Trauer angetriebene reicht auch meine Kampfeskraft nicht aus.“
Ein leichtes Funkeln und Blitzen legte sich in ihren starren Blick.
„ Also rannte ich, rannte so schnell ich konnte…doch sie trieben mich in die Ecke…“. Paola stockte und eine unerträgliche Stille, so fest wie Metall, breitete sich aus.
Als Brianna so zart sie konnte fragte, „Wer?“, schien es fast als zerbräche ein Spiegel. Als wären ihre Worte ein unnatürliches, lautes Geräusch, dass eine unbehagliche, aber perfekte Harmonie zerstören würde.
„ Soldaten…drei Soldaten Herumors und Ostlinge…“, erwiderte die Kurtisane. „Ein Teil erkannte mich wieder. Erkannte mich aus dem Freudenhaus. Nachdem sie mich in die Gasse getrieben hatten, fingen sie an mich anzufassen. Zwangen mich sie anzufassen.“

Auch wenn Brianna wusste, dass Paola nichts anderes als eine professionelle Hure war, erschütterte sie die Schilderung ihrer Freundin, denn sie merkte wie sehr Paola es anwiderte und an die Nieren ging.

„…, als er mir sein Teil in den Mund steckte biss ich zu. Meine Zähne zerfetzten sein Fleisch. Vor lauter Schmerz brach er schreiend und blutend zusammen. Die anderen waren so geschockt, dass sie meinen Dolch nicht kommen sahen…Danach rannte ich. Rannte solange biss ich zu dir kam und du mir eine Tasse Tee angeboten hast. Er war im Übrigen ausgezeichnet!“.
Die letzten Worte wurden vom fabelhaftesten Lächeln begleitet, dass Brianna je bei Paola gesehen hatten; doch ihre Augen sprachen etwas anderes. Die schwarzen Augen flehten sie an; schrien vor Schmerz und Verzweiflung:
Lass uns nie wieder darüber sprechen!

Brianna nickte zwecks dieser unausgesprochenen Bitte und alles was sie sagte – und zwar mit aller Güte und Herzlichkeit, die sie aufbringen konnte – war „Danke…“.

---

Paola hatte sich gewaschen und frisiert, während Brianna einfach nur auf ihren Bett gesessen hatte und mit dem Emblem, dass ihr ihre Eltern hinterlassen hatten, gespielt. Als Paola aus dem Badezimmer kam, eines von Briannas Kleidern tragend, erblickte sie ihre Freundin und mit einen müden Lächeln sagte sie: „Du vermisst deine Eltern nicht war, Liebes?“.
Brianna nickte.
„Es ist nicht zwingend, dass ich sie vermisse, weil sie tot sind, sondern weil ich wünschte sie wären hier dabei!“
Sie streichelte sich über den leicht gewölbten Bauch. Paola lächelte und streichelte jenen, bevor sie aufstand und Brianna an der Hand fasste.

„Komm wir müssen nach draußen. Die Kämpfe sind vorbei…“. Ihr Tonfall wurde auf einmal kaufmännisch und sachlich, wie Brianna es von ihr gewohnt war.
„Achja…bin dir aber ein Tuch, um den Mund. Es stinkt bestialisch.“
„ Wonach?“, fragte Brianna mit zitternder Stimme, obwohl sie die Antwort schon ahnte.
„Tod und verbrannten Fleisch!“

Mit diesen Worten verließen die beiden Frauen Briannas Wohnung.


Paola und Brianna auf die Straßen
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Re:Die Spielmannsgasse und Briannas Wohnung
« Antwort #12 am: 7. Dez 2011, 17:06 »
.....Brianna von der Taverne


„ Feurige Flammen und schwarzer Ruß…man sagt er hätte sogar Smaugs Feuer gezähmt…Falost der Feuertänzer, meine Damen und Herren!“.
Tosender Applaus brach aus, als Falost die hölzerne Tribüne betrat. Sein nackter Oberkörper glänzte im warmen Licht der Fackeln, die er kreisförmig um sich aufgestellt hatte. Das goldene Emblem mit dem verschnörkelten S, wie es alle Spielleute trugen, glänzte an seinen dünnen Hals.
Falost verneigte sich tief vor dem Publikum, welches sich an diesem ersten November versammelt hatte, um das Fest der Spielleute zu besuchen, die an diesem Tag den Tod des Drachen Smaugs feierten.
„ Gaff nicht so auffällig hin Joana“, neckte die Frau mit den ebenholzfarbenen Haar Joana, die mit schimmernden Augen den Mann beobachtete, der mit Fackeln jonglierte und das Feuer meterweit in die Lüfte spuckte. Ihre grünen Augen musterten den sehnigen Körper Falosts und sie war sich sicher, dass er sie durch die lodernden Fackeln ebenfalls beobachtete.
„ Wegen dir wird er sich sicherlich noch verbrennen, aber ich denke, dass das dir nichts ausmachen wird. Du schmachtest ihn ja sowieso schon über alles hinterher“, fügte die schlanke Frau hinzu, die einen Kopf größer als Joana, aber stämmiger war als jene.
„ Ach halt die Klappe Paola!“, keifte Joana und funkelte sie böse an, bevor sie sich wieder ihrer Schwärmerei hin gab.
„ Bei allen guten Geistern, Falost hat dir ja vollkommen den Kopf verdreht, Schwesterherz!“, kicherte Paola und fuhr sich spielerisch mit den Fingern durch die seidenen Haare.
„ Du bist doch gerade erst sechzehn Jahre alt und Falost schon zweiundzwanzig…aber naja wo die Liebe hinfällt sag ich immer“, brummte Ephrâim, der Mittlere der drei Geschwister und legte seine dicken Arme um die Schulter seiner Schwestern.
„ Ihr seid alle beide albern…“, antwortete Joana gelangweilt, löste sich aus dem Griff Ephrâims und stellte sich trotzig ein paar Schritte weg.
„Sie wird schneller erwachsen als mir lieb ist“, flüsterte Paola ernst und lehnte ihren Kopf an die Schulter ihres Bruders.
„Ja wird sie…aber Falost ist ein guter Kerl und auch nur ein Jahr jünger als du und zwei älter als ich. Außerdem ist er ein Spielmann! Ich hab immer gedacht, dass sie sich so einen Schnösel aus Thal, am Ende noch einen aus der Königsfamilie, wie Bard II., anlachtt. Hast du gesehen, wie dieser frühpubertäre Bursche sie schon den ganzen Tag anstarrt?“, sagte Ephrâim und warf dem jugendlichen Bard einen finsteren Blick zu.
Paola lachte laut auf und küsste ihren Bruder auf die Wange.
„ Ephrâim was täten wir nur ohne dich?“
Ihre Worte ließen Ephrâim erröten.

Ein bahnbrechender Applaus kündigte das Ende der Vorstellung an und Falost stürmte von der Bühne zu Joana, die ihn umarmte bevor sich die beiden küssten.
„ Gerade in diesem Moment möchte ich Falost dennoch gerne eine reinhauen“, gluckste Ephrâim, „…nicht wahr, Paola?...Paola?!“.
Aber die junge Frau hörte ihn nicht zu, sondern blickte nun ihrerseits auf die Bühne, wo ein stämmiger Mann filigran über ein meterhoch gespanntes Netz balancierte.
„ Wer schmachtet jetzt wen an“, feixte Joana, die Händchen haltend mit Falost vorbei schlenderte.
Paola warf ihr einen vernichtenden Blick zu und erwiderte schnippisch, „ Wir sind ja immerhin verlobt, Schwesterherz!“



„Mist verdammter!“, fluchte Brianna als sie im obersten Regal nach Kräutern suchte. Sie stand auf einen Küchenstuhl auf den Zehen und versuchte in die hinteren Ecken ihrer Schränke zu spähen.
Ich hab kein Löwenkraut mehr…die helfen am besten gegen seine Schwellungen…wo hab ich denn…wo…ahh!“
Sie kramte in einer Schublade und fand ein kleines, in schwarzes Leder gebundenes, Büchlein, wo sie Notizen über Kräuter und Rezepte sammelte.
„ Limonengras…Lorbeeren…Löwenkraut“, murmelte sie halblaut als sie die Liste durchging.
Wusst ich‘s doch, dass das sogar schon im Frühling wächst!
Brianna hastete zur Garderobe und zog sich ihren dünnen zitronengelben Mantel, sowie ein dünnes Paar Handschuhe über.
In einen Beutel hatte sie das Büchlein und ein kleines, scharfes Messer gepackt. Sie eilte die Spielmannsgasse entlang, bevor sie nach rechts einbog, um die Taverne zum Schwarzen Bären noch einmal aufzusuchen, um nach Ephrâim zu schauen.



„Süße würdest du mich mal mit den Wolkentänzer allein lassen“, röchelte ihre Mutter und küsste ihre Tochter auf die Hand.
Brianna schüttelte den Kopf und bittere Tränen kullerten über ihre Wangen, als sie sich an die blasse Hand ihrer Mutter klammerte.
„ Hey Süße…Süße schau mich an!“
Die zukünftige Kräuterfrau aus Thal blickte auf und mit wässrigen Augen musterte sie das Gesicht ihrer Mutter, welches nur noch Haut und Knochen war und dennoch war sie für Brianna in diesen Moment die schönste Frau auf Erden.
„Weißt du noch, was ich dir damals über den Tod erzählt habe?“
Brianna nickte.
„ Er ist auch nur ein armer Tropf…ich werde Lyò wiedersehen und Schnuffel…und deinen Vater!“
„NEIN! Du darfst nicht gehen! Ich will nicht allein sein“, schrie Brianna mit heiserer Stimme und klammerte sich an das Bett, als einer der Spielleute, die anwesend waren, um Falost Feuertänzer und Joana Rosenstimme die letzte Ehre zu erweisen, sie sanft in die Arme nahm und sich mit ihr draußen auf eine Bank setzte.

„Wolkentänzer…“, keuchte Joana, „ Pass auf Brianna auf, okay?“
Der stämmige Wolkentänzer wollte zu etwas ansetzen, aber seine vor Trauer bebenden Lippen erlaubten es ihm nicht, ein Wort zu äußern.
„ Und noch etwas…vergib Paola! Und richte ihr aus, dass ich ihr ebenfalls vergebe und dass ich sie liebe!“

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Es regnete an diesem ersten November. Es regnete unaufhörlich. Brianna war vollkommen durchnässt, sowie alle anderen Spielleute, die sich an den Grab der drei Spielleute versammelt hatten, die innerhalb weniger Monate verstorben waren.
Brianna drehte die drei weißen Nelken, die sie in den Händen hielt, bevor sie sie auf den nassen Erdhügel legte, wo jeweils ein Grabstein ruhte, in den die Namen Joana, Falost und Bred, der Wolkentänzer eingemeißelt waren.
„Ich liebe euch alle“, flüsterte die mittlerweile fünfzehnjährige Brianna.

Zwei Jahre war es her, seit eine Seuche ihre Eltern hingerichtet hatte. Der Wolkentänzer konnte den Verlust seiner engen Freunde nie verkrafte, wodurch er anfing zu trinken.
Heutzutage ist Brianna dankbar, dass sein Leidensweg so kurz war, denn drei Monate nach dem Tod ihrer Eltern, bestieg der Wolkentänzer betrunken sein Seil.
Auf dem Tanz mit dem Seil, folgte ein Tanz mit dem Tod.
Brianna hatte nie vergessen, wie elegant der Wolkentänzer in den Tod stürzte und wie friedlich sein Gesichtsausdruck zu sein schien, jetzt wo er wieder vereint war mit ihren Eltern.



„...verstehst du Ephrâim? Ich beeil mich, um mit den Löwenkraut und der Salbe zurückzukommen. Ich hoffe ich schaffe es noch vor Einbruch der Dunkelheit.“
Ephrâim, der eine Flasche Portwein in der Hand hielt, nickte.
Brianna lächelte ihm zu und tätschelte seine Schulter, „Das wird schon alles wieder. Gut dann bis später!“.
„Pass auf dich auf..“, entgegnete der Wirt heiser.
„ Mach ich immer!“
„Du siehst aus wie deine Mutter…“, flüsterte Ephrâim, aber Brianna hatte schon den Laden verlassen.
Der Wirt nahm einen kräftigen Schluck des Weines, bevor er in Tränen ausbrach.


Brianna auf die Felder und ein Waldstück vor der Stadt
« Letzte Änderung: 19. Feb 2016, 15:38 von Fine »


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