.....Brianna von der Taverne„ Feurige Flammen und schwarzer Ruß…man sagt er hätte sogar Smaugs Feuer gezähmt…Falost der Feuertänzer, meine Damen und Herren!“.
Tosender Applaus brach aus, als Falost die hölzerne Tribüne betrat. Sein nackter Oberkörper glänzte im warmen Licht der Fackeln, die er kreisförmig um sich aufgestellt hatte. Das goldene Emblem mit dem verschnörkelten
S, wie es alle Spielleute trugen, glänzte an seinen dünnen Hals.
Falost verneigte sich tief vor dem Publikum, welches sich an diesem ersten November versammelt hatte, um das Fest der Spielleute zu besuchen, die an diesem Tag den Tod des Drachen Smaugs feierten.
„ Gaff nicht so auffällig hin Joana“, neckte die Frau mit den ebenholzfarbenen Haar Joana, die mit schimmernden Augen den Mann beobachtete, der mit Fackeln jonglierte und das Feuer meterweit in die Lüfte spuckte. Ihre grünen Augen musterten den sehnigen Körper Falosts und sie war sich sicher, dass er sie durch die lodernden Fackeln ebenfalls beobachtete.
„ Wegen dir wird er sich sicherlich noch verbrennen, aber ich denke, dass das dir nichts ausmachen wird. Du schmachtest ihn ja sowieso schon über alles hinterher“, fügte die schlanke Frau hinzu, die einen Kopf größer als Joana, aber stämmiger war als jene.
„ Ach halt die Klappe Paola!“, keifte Joana und funkelte sie böse an, bevor sie sich wieder ihrer Schwärmerei hin gab.
„ Bei allen guten Geistern, Falost hat dir ja vollkommen den Kopf verdreht, Schwesterherz!“, kicherte Paola und fuhr sich spielerisch mit den Fingern durch die seidenen Haare.
„ Du bist doch gerade erst sechzehn Jahre alt und Falost schon zweiundzwanzig…aber naja wo die Liebe hinfällt sag ich immer“, brummte Ephrâim, der Mittlere der drei Geschwister und legte seine dicken Arme um die Schulter seiner Schwestern.
„ Ihr seid alle beide albern…“, antwortete Joana gelangweilt, löste sich aus dem Griff Ephrâims und stellte sich trotzig ein paar Schritte weg.
„Sie wird schneller erwachsen als mir lieb ist“, flüsterte Paola ernst und lehnte ihren Kopf an die Schulter ihres Bruders.
„Ja wird sie…aber Falost ist ein guter Kerl und auch nur ein Jahr jünger als du und zwei älter als ich. Außerdem ist er ein Spielmann! Ich hab immer gedacht, dass sie sich so einen Schnösel aus Thal, am Ende noch einen aus der Königsfamilie, wie Bard II., anlachtt. Hast du gesehen, wie dieser frühpubertäre Bursche sie schon den ganzen Tag anstarrt?“, sagte Ephrâim und warf dem jugendlichen Bard einen finsteren Blick zu.
Paola lachte laut auf und küsste ihren Bruder auf die Wange.
„ Ephrâim was täten wir nur ohne dich?“
Ihre Worte ließen Ephrâim erröten.
Ein bahnbrechender Applaus kündigte das Ende der Vorstellung an und Falost stürmte von der Bühne zu Joana, die ihn umarmte bevor sich die beiden küssten.
„ Gerade in diesem Moment möchte ich Falost dennoch gerne eine reinhauen“, gluckste Ephrâim, „…nicht wahr, Paola?...Paola?!“.
Aber die junge Frau hörte ihn nicht zu, sondern blickte nun ihrerseits auf die Bühne, wo ein stämmiger Mann filigran über ein meterhoch gespanntes Netz balancierte.
„ Wer schmachtet jetzt wen an“, feixte Joana, die Händchen haltend mit Falost vorbei schlenderte.
Paola warf ihr einen vernichtenden Blick zu und erwiderte schnippisch, „ Wir sind ja immerhin verlobt, Schwesterherz!“
„Mist verdammter!“, fluchte Brianna als sie im obersten Regal nach Kräutern suchte. Sie stand auf einen Küchenstuhl auf den Zehen und versuchte in die hinteren Ecken ihrer Schränke zu spähen.
Ich hab kein Löwenkraut mehr…die helfen am besten gegen seine Schwellungen…wo hab ich denn…wo…ahh!“Sie kramte in einer Schublade und fand ein kleines, in schwarzes Leder gebundenes, Büchlein, wo sie Notizen über Kräuter und Rezepte sammelte.
„ Limonengras…Lorbeeren…Löwenkraut“, murmelte sie halblaut als sie die Liste durchging.
Wusst ich‘s doch, dass das sogar schon im Frühling wächst!Brianna hastete zur Garderobe und zog sich ihren dünnen zitronengelben Mantel, sowie ein dünnes Paar Handschuhe über.
In einen Beutel hatte sie das Büchlein und ein kleines, scharfes Messer gepackt. Sie eilte die Spielmannsgasse entlang, bevor sie nach rechts einbog, um die
Taverne zum Schwarzen Bären noch einmal aufzusuchen, um nach Ephrâim zu schauen.
„Süße würdest du mich mal mit den Wolkentänzer allein lassen“, röchelte ihre Mutter und küsste ihre Tochter auf die Hand.
Brianna schüttelte den Kopf und bittere Tränen kullerten über ihre Wangen, als sie sich an die blasse Hand ihrer Mutter klammerte.
„ Hey Süße…Süße schau mich an!“
Die zukünftige Kräuterfrau aus Thal blickte auf und mit wässrigen Augen musterte sie das Gesicht ihrer Mutter, welches nur noch Haut und Knochen war und dennoch war sie für Brianna in diesen Moment die schönste Frau auf Erden.
„Weißt du noch, was ich dir damals über den Tod erzählt habe?“
Brianna nickte.
„ Er ist auch nur ein armer Tropf…ich werde Lyò wiedersehen und Schnuffel…und deinen Vater!“
„NEIN! Du darfst nicht gehen! Ich will nicht allein sein“, schrie Brianna mit heiserer Stimme und klammerte sich an das Bett, als einer der Spielleute, die anwesend waren, um
Falost Feuertänzer und Joana Rosenstimme die letzte Ehre zu erweisen, sie sanft in die Arme nahm und sich mit ihr draußen auf eine Bank setzte.
„Wolkentänzer…“, keuchte Joana, „ Pass auf Brianna auf, okay?“
Der stämmige Wolkentänzer wollte zu etwas ansetzen, aber seine vor Trauer bebenden Lippen erlaubten es ihm nicht, ein Wort zu äußern.
„ Und noch etwas…vergib Paola! Und richte ihr aus, dass ich ihr ebenfalls vergebe und dass ich sie liebe!“
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Es regnete an diesem ersten November. Es regnete unaufhörlich. Brianna war vollkommen durchnässt, sowie alle anderen Spielleute, die sich an den Grab der drei Spielleute versammelt hatten, die innerhalb weniger Monate verstorben waren.
Brianna drehte die drei weißen Nelken, die sie in den Händen hielt, bevor sie sie auf den nassen Erdhügel legte, wo jeweils ein Grabstein ruhte, in den die Namen
Joana, Falost und Bred, der Wolkentänzer eingemeißelt waren.
„Ich liebe euch alle“, flüsterte die mittlerweile fünfzehnjährige Brianna.
Zwei Jahre war es her, seit eine Seuche ihre Eltern hingerichtet hatte. Der Wolkentänzer konnte den Verlust seiner engen Freunde nie verkrafte, wodurch er anfing zu trinken.
Heutzutage ist Brianna dankbar, dass sein Leidensweg so kurz war, denn drei Monate nach dem Tod ihrer Eltern, bestieg der Wolkentänzer betrunken sein Seil.
Auf dem Tanz mit dem Seil, folgte ein Tanz mit dem Tod.
Brianna hatte nie vergessen, wie elegant der Wolkentänzer in den Tod stürzte und wie friedlich sein Gesichtsausdruck zu sein schien, jetzt wo er wieder vereint war mit ihren Eltern.
„...verstehst du Ephrâim? Ich beeil mich, um mit den Löwenkraut und der Salbe zurückzukommen. Ich hoffe ich schaffe es noch vor Einbruch der Dunkelheit.“
Ephrâim, der eine Flasche Portwein in der Hand hielt, nickte.
Brianna lächelte ihm zu und tätschelte seine Schulter, „Das wird schon alles wieder. Gut dann bis später!“.
„Pass auf dich auf..“, entgegnete der Wirt heiser.
„ Mach ich immer!“
„Du siehst aus wie deine Mutter…“, flüsterte Ephrâim, aber Brianna hatte schon den Laden verlassen.
Der Wirt nahm einen kräftigen Schluck des Weines, bevor er in Tränen ausbrach.
Brianna auf die Felder und ein Waldstück vor der Stadt