Karthull von Dol Amroth: Vor der Stadt"Warum ich so betrübt gucke?", wiederholte Karthull die Frage und musste wiederwillig lachen. Den ganzen Vormittag saß Karthull nun schon in dieser modrigen Spelunke und trank und döste vor sich hin. Ab und an kam mal ein anderer Gast herein und grüßte, doch das Lärmen und Hämmer von der Schiffsreparatur draußen verstärkten Karthulls Erschöpfung und Widerwillen so sehr, das er nicht aufblickte um zurückzugrüßen. Nun fragte auch noch der alte Wirt, weshalb er so betrübt gucke.
"Weil ich am Leben bin." ,antwortete Karthull und schmatze nach Luft.
Ich hätte nicht gedacht, dass mir das Reden so schwer fällt."Wäre ich Tod könnte ich doch garnicht so betrübt gucken."
"Das ist natürlich klar", antwortete der Wirt trocken und musterte den niedergeschlagenen Karthull eingehend:"aber gibt es, denn keinen Grund warum du so sehr Trübsal bläst?"
"Du erinnerst dich vielleicht an die Schlacht?", natürlich war Karthulls Frage rhetorisch und sie munterte den Wirt nicht gerade auf. Energisch antwortete er: "Wir haben hier alle unsern Teil zum Sieg beigetragen, manche ... viele haben Angehörige verloren, doch das ist kein Grund sich selbst auch übel zuzurichten indem du hier den ganzen Tag nur Kneipenluft schnupperst."
"Nunja bei mir verlief die Geschichte etwas anders, als bei
"Vielen"...", eine innere Stimme verbat ihm darüber zu sprechen, denn eigentlich war Karthull immernoch geheim im Auftrag des Fürsten unterwegs, doch der angeschwollene Alkoholpegel lies Karthull diese Stimme ignorieren. Er erzählte wie er Minas Thirit ausgesandt worden und mit Estomir schließlich im Lager der Mordorsoldaten angekommen war:
"Doch dieser erste Abend im Lager der Mordorsoldaten ist nun schon mehrere Wochen her. Alle fantastischen Ideen aus dem Lager zu entfliehen oder gar die Banner verschwinden zu lassen entpuppten sich als leichtgläubige, schlichtweg dumme und undurchdachte Überlegungen. Die Angst bestimmt die Moral im Heer des Nazgul." , bei diesen Worte zitterte Karthull und sein Blick wurde starr.
"
bestimmte" , verbesserte ihn der Wirt etwas übermütig: "denn der Nazgul ist besiegt!"
"Die Angst hat bestand. Ich hatte dir doch erzählt, dass Estomir und ich ins das Lager gekommen sind um die Nachricht zu überbringen in Minas Thirit sei alles unter Herumors Kontrolle?
Der Komandeur meiner Korsarengruppe hat mich gemocht und deshalb geschützt. Ich hatte ihn an sein Sohn erinnert hat mir ein Kamerad im Lager, und doch ein Feind in Wahrheit, da ich im Heer meiner Feinde war, erzählt. Deswegen hat er Estomir geopfert, um mich zu schützen." Die Verbitterung in Karthulls Gesicht war groß und einzelne Tränen der Trauer machten sich kamen ihm in die Augen.
"Halt, das versteh ich jetzt nicht. Ich kann dem nicht ganz folgen. Estomir wurde geopfert? Wieso?" , der Wirt blickte Karthull iritiert an. Er hatte sich Mühe gegeben der ganzen Geschichte folgen zu können, was nicht so leicht war, da Karthull durch den mäßigen Alkoholgenuss sowieso undeutlich und geschwollen sprach, doch das nun wirklich unverständlich.
"Die wahre Nachricht über den Aufstand in Minas Thirit war uns dicht auf den Fersen und traf drei Tage nach unserer Ankunft, mit einer Gruppe von flüchtigen Orks ein. Es kam heraus, dass jemand die letzte Nachricht gefälscht haben musste. Der Komandeur meines Trupp, der mich wohl mochte bürgte für mich und beschuldigte Estomir. Doch bevor er zum Nazgul geführt wurde und ihm wohlmöglich auch noch von meinem Verrat an Mordor erzählt hätte hat er seine Orkwächter so provoziert, dass sie ihn töteten."
"Eine grauenvolle Geschichte!" , entgegnete der Wirt einfühlsam und distanzierte sich sofort wieder: "Hättest du ehrenvoll und offen gekämpft und dich bei den Seefahrern von Dol Amroth als Kämpfer gemeldet, wärst du nie in eine solch unbehagliche Lage geraten."
"Naja zum Kampf bin ich ja noch gekommen." , flüsterte Karthull sarkastisch und weinte verbittert. "Aus der Armee gab es kein Entkommen und der Nazgul, so hieß es, wollte Dol Amroth nun, da Minas Thirit ein weiterer Gefahrenherd war, so schnell wie möglich übernehmen. Damit er bereit wäre auf den Befehl des dunklen Herrschers zu reagieren, sollte er aufgefordert werden Minas Thirit erneut zu unterwerfen.
Ich konnte nicht fliehen und musste schließlich in der Armee aus Orks und Ostlingen gegen die Stadt ziehen." Karthull schüttelte sich vor Selbstekel und der Wirt schaute ihn weiter ungläubig an. "Mein Glück war nur das Chaos, dass herrschte als der Ursprung der Angst, der Nazgul gefallen war und dass ich nicht bei den ersten Soldaten war, die das Tor durchbrachen. Als der zweite Schrei des Nazgul ertönte, war ich nur noch einige dutzend Meter vom Tor entfernt. Es war ein komisches Gefühl, denn der Druck vom Hintermann, der einen dazu zwang zügig weiterzumarschieren wurde schwächer, während einige Ostlinge sogar zurückdrängten. In diesem Druck zwischen den zwei Bewegungen nach vorne und nach hinten wurde ich mit wenigen anderen, die diesem auch nicht gewachsen waren, von der Masse nach außen gedrückt und wir fielen den Hang seitlich des Wegs zum Tor hinab. Ich drehte und kullerte mich entkräftet und mit einer Rüstung die um vieles zu schwer für mich war den Hang hinab bis ich schließlich wohl mit dem Helm auf einen Stein aufgekommen bin und bewusstlos wurde."
"Was du mir da berichtest ist ja ungeheuerlich und da wirft mir manch einer vor ich würde in die Tage gekommenen Seemannsgarn erzählen." , entgegnete der Wirt auf die ausführlichen Schilderungen des nun fast schon nüchternen Karthull.
"Wie gesagt ich hatte wirklich Glück und fiel in ein Gebüsch, sodass ich den Soldaten von Dol Amroth nicht zum Opfer fiel und ich bis zum Ende der Schlacht ohnmächtig war."
"Mensch, Junge du bist ein Glükspilz! Und wieso sitzt du dann hier so betrübt?" , fragte der Wirt nun.
"Die Geschichte geht noch weiter: Ich hatte überlebt, mir die Ostlingsrüstung vom Leib gestreift und war langsam aus dem Gebüsch gekrochen. Die anderen aus der Armee Mordors, die auch den Hang hinab gestürtzt waren, waren meist von Pfeilen durchbohrt oder regten sich aus sonstwelchen Gründen nicht. Ich konnte mich wirklich einfach vor die offenen Tore der Stadt schleppen und wurde für einen Soldaten der Stadt gehalten, der ich im Grunde ja auch bin. Es gab einige, die so kurz nach der Schlacht noch von Heilern übersehen worden waren oder fälschlicherweise für tot gehalten und liegengelassen worden waren. Man brachte mich in das Lazarett, es war überfüllt, doch mir wurde geholfen.
Zwei Tage blieb ich dort, der Stein auf den ich gefallen war hatte doch auch Spuren durch den Helm hindurch hinterlassen. Dannach suchte ich das Haus von meinem Vorgesetzten aus der Zeit in der ich im Kasernenhof hier diente, der erkannte mich, führte mich zum Fürsten und ich konnte ihm alles berichten."
"Ja, aber wieso bist du denn nun so niedergeschlagen?" , fragte der Wirt erneut:
"Es ist mir noch nicht oft passiert, dass ich einen Gast wegen seiner Geschichte bedränge, aber ich bitte dich: Fahr fort!"
"Nach reichlichem Überlegen und Beratung hat der Fürst mir befohlen, ich solle der Armee Mordors folgen und mich ihr möglichst erneut anschließen, um Nachrichten über die Pläne und den Aufenhaltsort der Armee schicken zu können.
Das ist das eine, der Gedanke wieder zu diesen Barbaren zurück zu müssen. Wobei das nicht so schlimm ist, da ich weiß, dass ich für die gute Sache kämpfe und fürstlich belohnte werde."
"Und was ist dann das
Andere." , fragte der Wirt neugierig.
"Ich habe alte Bekannte wiedergetroffen. Eine wahrhaft friedliche Bauernfamilie, deren Hof geplündert und deren Tochter verschleppt wurde. Nicht einmal sie wurden vom Krieg verschont!" Karthull schluchzte und fuhr fort: "Sie sind mit einem Elbenschiff von Edhellond hierher geflohen. Ich habe Frau Lûdhra heute morgen als ich aufbrechen wollte zufällig getroffen. Ihr Mann, ein einfacher Bauer hat sein Leben hier bei der Verteidigung der Stadt gelassen und nun steht sie alleine mit ihrem einzig verbliebenem Sohn in Dol Amroth, einquartiert in eine notdürftige Unterkunft und sie müssen von ihren Ersparnissen und Erbetteltem leben. Da hat mich heute Morgen der Mut verlassen ich bin innerlich zusammen gebrochen und hier gelandet, wo ich einem Wirt alles erzählt habe, was geheim hätte bleiben sollen."
"Tja, ich bin nicht irgendein Wirt. Ich kann Geheimnisse für mich bewahren sei dir da sicher! Ich war Admiral in längst vergangen Tagen, doch auch ich habe in der letzten Schlacht gekämpft. Ich gebe dir mein Ehrenwort als Admiral, dass deine Geheimnisse bei mir geheim bleiben! Doch solltest du vorsichtiger sein bei wem du dich betrinkst, denn Gerüchte machen die Runde, dass selbst nach der langen Belagerung und dem Kampf einige Spione und Feinde in der Stadt verweilen. Es soll zu einem versuchten Attentat auf den ältesten Fürstensohn gekommen sein, sagen manche. Aber das sind nur Gerüchte und von denen gibt es dieser Tage viele." , der Wirt war froh, dass er nicht mehr zuhören musste, denn so interessant die Geschichte von Karthull auch war, lag es dennoch in seiner Natur seinen Gästen die neusten Gerüchte der Stadt kund zu tun.
"Du sagtest aber du hättest den Auftrag vom Fürsten bekommen dich der Mordorarmee anzuschließen? Dann solltest du dich beeilen und nicht nach hinten blicken! Der Familie Lûdhra wird geholfen, schließlich ist das hier eine geschäftige Stadt, ich bin mir sicher sie werden eine richtige Unterkunft und eine gute Arbeit finden."
"Danke, für die Aufmunterung! Ja, heute ist es vermutlich zu spät, um noch aufzubrechen, doch morgen will ich sofort aufbrechen."
So verließ Karthull die Kneipe am Hafen und machte sich bereit am folgenden Tag die Suche nach der Armee Mordors aufzunehmen.
Karthull nach Belfalas