Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Minas Tirith

Pelennor-Felder, vor der Stadt

<< < (2/2)

Thorondor the Eagle:
„Ist das ein Traum? Nein unmöglich, dass meine Augen mich so täuschen“, stieß es Paloa heraus.
Verwirrt sah Elea auf das Profil der Kurtisane.
„Albaín, bist du es tatsächlich?“, rief sie einem der Männer zu. Sie wirkte wie eine 10 jähriges Mädchen als sie freudestrahlend auf ihn zu hopste.
„Sei gegrüßt“, entgegnete er mit einer rauchigen, tiefen Stimme. Er legte ihr seine großen Hände auf die Schultern und sah ihr schweigend in die Augen. Es wirkte beinahe väterlich, als er ihre Stirn küsste und sie anschließend fest in den Arm nahm.

Zaghaft ging Elea etwas näher zu den Männern, die sie sehr an die Waldläufer aus ihrer Heimat erinnerten. Doch nicht nur das, die Augen des Fremden, sie hatten dieselbe Farbe und denselben Ausdruck wie jene ihres verstorbenen Mannes. Sie gaben ihr sofort ein vertrautes Gefühl.

„Wie kommen wir zu der Ehre?“, fragte Paola und löste sich dabei aus seinem starken Griff.
Plötzlich wurde seine Miene ernster und er wirkte etwas bedrohlich: „Wir müssen reden, aber an einem geschützteren Ort.“
„Dann kommt mit in die Stadt!“, forderte ihn die Frau auf.
„Nein, ich habe dies mitangesehen. Es ist besser Olinto und ich betreten diese altehrwürdigen Mauern nicht. Folgt mir, ich kenne ein stilles Örtchen wo wir in Ruhe reden können. Schicke deine Freundin nachhause.“
„Sie kann mitkommen. Ich vertraue ihr“, entgegnete Paola.
„Ist es nicht töricht in diesen Tagen jemandem zu vertrauen?“
„Komm mit, Elea!“, sagte die Kurtisane verspielt und deutete ihr mit der Hand.

In schnellem Schritt eilten sie von der Stadt davon, durchschritten die unbewachten Tore der Rammas Echor. Gleich dahinter befand sich ein junges, dichtbewachsenes Wäldchen in das sie sich zurückzogen. An einer lichten Stelle hielten sie und Elea suchte sich eine hohe Wurzel um sich hinzusetzten. Die Dunedain hatte bemerkt, dass Albaín die ganze Zeit Paolas Hand festhielt.

Nach einer kurzen Verschnaufpause begann die Kurtisane neugierig zu fragen: „Was ist los? Welche Botschaft führt dich nach so langer Zeit wieder zurück in unsere Stadt?“
„Nur schlechte, so fürchte ich.“
„Sprecht!“, forderte ihn nun Elea auf, die bislang noch nichts gesagt hatte.
„Ehe ich fortfahre und all meine Geheimnisse preis gebe, sagt mir, wer seid ihr und warum sollte ich Befehle von euch entgegen nehmen?“, fragte Albaín forsch.
„Sie ist eine Freundin“, unterbrach ihn Paola „Und es war kein Befehl, sondern eine Aufforderung. Wie uns allen, liegt auch ihr alles an der Freiheit Gondors und unseres Königs.“
„Trotz deinen Worten, denen ich blind vertraue: Sagt mir euren Namen.“
„Ich bin Erelieva, eine der Dunedain aus dem Norden. Doch bitte, nennt mich Elea, so wie viele es tun.“
„Aus dem Norden? Was führt euch nur in diese feindseligen Lande?“
„Dies spielt hier keine Rolle. Vielmehr, so denke ich, sollten wir euren Worten Bedeutung schenken, also bitte, sprecht.“

„Also gut, setzt dich Paola. Es wird eine lange Geschichte: Seit der Eroberung von Minas Tirith haben sich viele Soldaten und Krieger in die Wälder Ithiliens geflüchtet. Innerhalb weniger Wochen verzehnfachte sich unser Trupp, der in der Nähe von Emyn Arnen in einem felsigen Gelände und Waldstück Unterschlupf gefunden hatte. Schon seit Jahren leben wir dort in einem kleinen Höhlensystem und wehren von dort Angriffe der Orks ab. Wie dem auch sei, seit dem Fall unserer Hauptstadt ist es viel gefährlicher geworden, denn Truppen nähern sich nun von allen Himmelsrichtungen; auch vom Fluss. Stets hatten wir Minas Tirith im Blickwinkel und versuchten durch Späher und Spione so viel wie nur möglich herauszufinden, doch die Mauern dieser Stadt sind dick.“

Er setzte kurz ab und nahm einen Schluck aus seiner Feldflasche, die er unter dem Mantel hervorzog.

„Wir erfuhren von der Befreiung der Stadt und Euphorie verbreitete sich schnell. Ein freies Minas Tirith würde auch uns Sicherheit aus dem Norden bieten. Wir lockerten unsere Grenzen nach Norden und Osten und begannen vermehrt den Süden zu durchforsten. Unsere Hinterhalte wurden wieder zahlreicher und unsere Angriffe effektiver. Selten waren wir so guter Hoffnung, wie in jenen Tagen. Wir zersprengten ganze Nester von Gesindel und vertrieben sie in alle Richtungen, sodass sie hilflos und alleine durch die Wildnis streiften, wo wir sie nacheinander spielend erlegten. Doch eines morgens, als einige meiner Männer zum Fluss gingen um unsere Wasserreserven aufzufüllen, stießen sie auf einen einzelnen Ork, der verzweifelt am Flussufer nach Norden lief.
Mit einem Pfeil direkt durch die Schenkel brachten sie ihn zu Fall. Es kostete dem dreckigen Gesindel viel Schmerz und Folter um ihm sein Geheimnis zu entlocken. Und es war große Angst in seinen Augen, als er diese Worte aussprach.“

Wieder unterbrach er seinen Redefluss, als ob er die beiden Frauen auf die Folter spannen wollte.

„Zahlreiche Soldaten, überlebende Flüchtlinge einer Schlacht die unlängst ausgefochten wurde, sammeln sich. Auch jener Ork war in die Schlacht verwickelt. Er stammelte einzelne Worte, die uns vermuten ließen, dass sie nicht freiwillig kämpfen wollten, doch dass sie unter eiserner Faust und schmerzenden Peitschenhieben zusammengescheucht wurden. Er entkam einem Aufseher indem er in die reißenden Fluten des Anduin sprang und mit letzten Kräfte Richtung Osten schwamm.
Er war seinem Ende schon sehr nahe, als er uns preis gab, dass die Schlacht gegen den Fürsten der Schwanenstadt geführt wurde. Dann entwich das Leben aus seinem übel riechenden Körper.“

„Das sind doch gute Nachrichten. Dol Amroth ist weiterhin unangetastet“, sagte Paola freudig.

„Diese Nachricht ist gut, da hast du Recht. Doch versetzte dich in die Lage des Feindes. Eine Eroberung ist fehlgeschlagen und eine andere Stadt hat sich von seinen Fesseln gelöst. Ein Brandherd kann schon ein Feuer entfachen, doch zwei dafür sorgen, dass ein ganzer Flächenbrand entsteht… sich ein ganzes Land aufbegehr. Und welchen würdest du eher ausschalten?“

„Den schwachen Funken, der allerdings im Zentrum lauert“, warf Elea ein und erinnerte sich an ihre hoffnungslosen Gedanken, die sie eben noch hatte.

„Sie werden Minas Tirith überrennen, mit einer Streitmacht, die Sauron nördlich von Pelargir gesammelt hat. Es wird nicht lange dauern, bis sie am Horizont auftauchen“, verkündete Albaín

Das hoffnungsvolle Lächeln auf Paolas Lippen verschwand augenblicklich. Die Freude jenes Tages, dass Minas Tirith von Herumor befreit war, war wie ausgelöscht.

„Das ist unmöglich. Das kann ich nicht glauben. So lange haben wir gebraucht um Herumor vom Thron zu stoßen. Für einen solch kurzen Erfolg?“, fragte sich Paola.
„Minas Tirith ist schutzlos. Die wenigen Soldaten die übrig sind können nicht einmal die Zitadelle vollzählig besetzten. Das Volk ist zerstritten und Sauron somit schutzlos ausgeliefert.“

„Dann könnt ihr nichts tun. Die Überlebenden müssen fliehen wenn ihnen ihr Leben lieb ist.“

Thorondor the Eagle:
Elea hatte den Wald gerade hinter sich gelassen. Die langen Schatten der Baumspitzen berührten noch ihre Füße. Sie blickte auf Minas Tirith, sah die Wunden und den Schmerz den die Kriege hinterlassen hatten und die nur langsam verheilten.

Innerlich verfluchte sie Sauron und seine Krieger, denn sie wusste, dass er die Wunden von neuem aufreißen würde. Doch dieses Mal konnte ihn niemand mehr aufhalten. Kein Mann, kein Soldat, kein Kind… der dunkle Herrscher wird die Stadt überrennen und jedes kleine Schlupfloch durchsuchen und all seine Gegner ermorden.

Das Werk eines ganzen Volkes eines ganzen Jahrtausends wird für immer zu Nichte gemacht werden. Eleas Hals schien anzuschwellen, so fühlte es sich zumindest an. Sie wollte weinen und schreien gleichzeitig. Aber sie konnte nicht.

„Paola?“, fragte sie in die Ungewissheit hinter sich.
„Ja“, entgegnete die Kurtisane und auch in ihrer Stimme lag Trauer und Wut.
„Nur noch wenige in der Stadt hören auf mein Wort. Ich denke es ist besser ich lege die Aufgabe in deine und die Hände deiner Mädchen“, sie setzte ab und überlegte.
„Natürlich.“
„Ich gehe zu Beregond und den Soldaten. Auch ihnen muss die Chance gegeben werden zu fliehen, denn nichts kann Sauron nun aufhalten“, sie versuchte wieder ihre Gedanken zu sammeln „Albain, Olinto? Wie viel Zeit bleibt uns noch?“
„Ein, zwei Tage… mit viel Glück vielleicht sogar drei. Aber auf Glück können wir nicht vertrauen.“
„Dann haben wir wohl keine Zeit zu verlieren.“

Plötzlich vernahmen die vier das laute Knacken eines Astes. Überrascht wandten sie ihre Köpfe nach hinten und erspähten zwischen den Ästen eine Silhouette.

„Wer ist da? Komm heraus“, brüllte Albain und spannte dabei blitzschnell seinen Bogen.
„Brianna?“, hauchte Elea mit leiser Stimme und sie merkte wie es ihr ein wenig leichter ums Herz wurde. Tatsächlich trat die junge Kräuterfrau aus dem Schatten der Bäume hervor. Ihre Miene war ernst und besorgt.
„Lass“, sagte Paola zu Albain und drückte die Hand die den Bogen hielt in Richtung Boden.
„Ist es wahr?“, fragte Brianna und schaute ihnen dabei abwechselnd in die Augen „Minas Tirith wird fallen?“
„Ja!“, antwortete Paola „Wir haben nur noch wenig Zeit und können jegliche Hilfe gebrauchen, ganz besonders deine.“
„Meine?“, fragte sie ein wenig verängstigt.
„Keinem von uns beiden wird man glauben, dass die weiße Stadt in Gefahr ist und dass die Menschen flüchten müssen, doch du… du genießt Ansehen in ihren Reihen. Dir werden sie vertrauen.“
„Ich möchte nicht wieder zu ihnen. Sie sind Mörder… ich bin eine Mörderin. Es sind schlechte Menschen“, sagte sie und sah dabei beschämt auf den Boden.
„Keiner von uns hat sich in den letzten Wochen durch seine Taten oder Worte ausgezeichnet. Es scheint, als verlangen dunkle Zeiten auch dunkles Tun. Jeder von uns muss damit leben und jedem muss die Chance dazu gegeben werden, denkt ihr nicht?“, ergriff nun Elea das Wort.
„Da hast du vielleicht Recht. Hast du einen Moment für mich?“, fragte Brianna.
„Nichts lieber als das, Brianna, doch jetzt haben wir keine Zeit dafür. Lasst uns in die Stadt gehen und alle warnen, die wir erreichen können. Die Nachricht muss sich wie ein Lauffeuer verbreiten. Morgen, nachdem die Dämmerung eingesetzt hat treffen wir uns wieder hier und gehen gemeinsam mit euch zu den Emyn Arnen.“
Die anderen nickten zustimmend und folgten ihr in Richtung Stadttor. Die beiden Waldläufer marschierten wieder Richtung Süden um den Weg auszuspähen.


Elea und Paola in die Straßen von Minas Tirith
Brianna nach Süden ins Weiße Gebirge

kolibri8:
Qúsays Start:

Qúsay gähnte. Sie waren die ganze Nacht hindurch geritten und gerade ging die Sonne in ihrem Rücken auf. Er griff in einen Beutel an seinem Gürtel und holte eine kleine braune Bohne heraus, steckte sie in den Mund und begann sie zu kauen.  Dann lenkte er sein Pferd durch eine Breche im Rammas Echor und betrat so den Pelennor. Sein Blick fiel nun auf die von der Sonne rot angestrahlte Stadt. Er blickte nach hinten und erhob seine Stimme:" Auf Männer wir sind bald da! Formiert euch!" Hinter ihm kamen weitere Haradrim-Reiter durch die Breschen und formierten sich in einer Marschkolonne in der nun fünf Mann nebeneinander und zwanzig hintereinander ritten. So führte Qúsay sie über den Pelennor zum Tor der weißen Stadt.

Das große Stadttor von Minas Tirith war noch immer durch die Belagerung beschädigt und würde wohl einem ernsthaften Angriff nicht standhalten, trotzdem hatte man es geschlossen.
"Ich bin Qúsay, Sohn von Nazir, vom Stamm der Quahtan, ich komme aus dem Land das ihr Harad nennt und ich verlange das man das Tor öffnet und uns herein lässt." rief Qúsay die Mauern hinauf.
Ein Mann trat an die Brüstung heran. "Eure Ankunft wurde uns gemeldet Qúsay von den Haradrim!" Er ließ seinen Blick über Qúsay und seine Männer schweifen und wandte sich dann zum Inneren der Stadt: "Öffnet das Tor!"
Qúsay nickte ihm dankend zu und trieb sein Pferd durch die Toröffnung, seine Männer folgtem ihm.


Qúsay und seine Männer zu den Straßen von Minas Tirith

Link korrigiert, als Start gekennzeichnet

Fine:
Aus der Sicht Beregonds

...Sieben Sterne...
Die heiße Sommersonne brannte auf Beregonds ungeschützten Rücken und Nacken herab und machte ihm und den Männern um ihn herum die Arbeit nicht gerade leichter. Er hob die Spitzhacke hoch über den Kopf und ließ sie auf den weißen Felsen herabsausen, der nur langsam nachgab. Beregond hielt einen Moment inne um zu verschnaufen. Der neue Steinbruch der an den Berghängen direkt außerhalb der nördlichen Mauern der Weißen Stadt auf Befehl des Schwarzen Heermeisters errichtet worden war war voller Menschen, denen es ähnlich ging wie ihm. Alle waren sie nun nichts weiter als Arbeiter im Zwangsdienste Mordors.

...Sieben Steine...
Nachdem er Elea die Krone Gondors übergeben und die Dúnadan in Begleitung Doreals nach Ithilien geflohen war hatte Beregond dabei geholfen, all jenen die Flucht nach Süden zu ermöglichen, die gewollt hatten. Auch Brianna hatte die Stadt inzwischen verlassen, wie auch die alte Ioreth. Doch Beregond war geblieben. Er hatte die Stellung gehalten während sich die Fronten zwischen den einzelnen Parteien der Stadt immer mehr verhärteten. Wie Narren waren sie aufeinander losgegangen. Beregond hatte mit Sorge vom äußeren Wall nach Osten geblickt, doch der Angriff war aus einer anderen Richtung erfolgt. Bei Pelargir zog der Schwarze Heermeister, der oberste der Nazgûl, alle Orks deren er habhaft werden konnte zu einer starken Streitmacht zusammen, unter anderem jene, die aus den gescheiterten Belagerungen Dol Amroths hatten entkommen können. Der Angriff war rasch erfolgt und hatte nicht auf großen Widerstand getroffen. Zu wenige und zu uneins waren die Verteidiger der Stadt gewesen. Einige hatten nordwärts nach Anórien entkommen können, doch der Rest war der Gnade Mordors ausgeliefert gewesen. Doch Gnade hatte es nicht gegeben. Der schwarze Heermeister ließ nur jene am Leben, die ihm Nutzen brachten.

...und einen Weißen Baum...
Schon bald waren alle arbeitsfähigen Männer zum neuen Steinbruch geschickt worden. Besonders gefragt waren nun jene, die sich darauf verstanden, Mauern und Bollwerke auszubessern und instand zu setzen. Denn offenbar war sich der Ringgeist der Gefahr aus dem Nordwesten bewusst, denn Anórien grenzte an das wieder freie Rohan und Aldburg war nur wenige Tagesritte entfernt. So also ließ er die Rammas Echor, die äußere Mauer des Pelennors, die einst seine eigenen Armeen durchbrochen hatten wieder instand setzen. Es war eine langwierige und schwierige Arbeit für die erschöpften Männer Gondors, und nur langsam machten sie Fortschritte.

Beregond schuftete weiter unter den heißen Strahlen der unbarmherzigen Sonne. Seine Kräfte neigten sich mit der Zeit dem Ende zu obwohl er immerhin noch einigermaßen in Form war. Doch unter den Aufsehern Mordors gab es keine Rast, keine Pausen. Eine Peitsche knallte und verfehlte ihn nur im Haaresbreite. Eine deutliche Warnung. Also ergriff er notgedrungen die Spitzhacke und setzte seine qualvolle Arbeit fort.

Er wusste, dass er die Hoffnung nicht aufgeben durfte. Trotz der Besetzung Anóriens und Lebennins durch die Orks von Mordor und deren finstere Meister erhielten die Menschen Gondors einige Nachrichten aus den umliegenden Gebieten. Zuerst hörten sie von den Siegen der Rohirrim über den Mund Saurons und viele sprachen davon, dass die Reiter Rohans schon bald wieder nach Minas Tirith reiten würden um es vom Schatten zu befreien. Doch offenbar hatten die Menschen Rohans genug mit ihren eigenen Problemen zu tun, denn keine Hilfe war gekommen. Dann trafen Gerüchte aus dem Südwesten ein, dass die Krieger Dol Amroths unter Prinz Imrahil weiterhin erfolgreich Widerstand leisteten und nun sogar das Lehen von Belfalas und die große Stadt Linhir zurückerobert hatten. Erneut hoffte man auf ein baldiges Vorrücken nach Minas Tirith, aber bisher hatte sich wieder nichts getan. Auch die Waldläufer und verborgenen Rebellen in Ithilien waren weiterhin aktiv und verhinderten offenbar, dass Mordor Verstärkung an die Grenzen des eroberten Gebietes schickte. Immer wieder hörten die Bewohner der Weißen Stadt von überfallenen Patrouillen und Versorgungstransporten auf den Straßen zwischen dem Schattenland und Osgiliath. Die Gondorer würden den Kampf so bald also nicht aufgeben.
Außerdem ging in letzer Zeit das Gerücht um, dass es im Süden, in den Landen der Haradrim hoch hergehen solle. Offenbar gab es Streit unter den Heerführern der Südländer. Niemand wusste jedoch, worum es wirklich ging. Doch waren schon seit längerem keine Haradrim mehr in Minas Tirith gesehen worden.

Beregond machte sich am Abend auf den Rückweg. Vor ihm erhob sich die Weiße Stadt, ein Zeugnis für die Baukunst Númenors, doch nun gebrochen, erobert und besetzt. Die Banner Mordors mit dem verhassten Roten Auge des Feindes hingen überall von den Wänden und am Weißen Turm wehte die schwarze Flagge des Fürsten der Ringgeister. Beregond seufzte tief. Würde er Minas Tirith jemals wieder in Freiheit erleben? Er wusste es nicht, doch obwohl seine Hoffnung nur noch ein kleiner Funken in den Tiefen seines Herzens war wusste er doch, dass daraus wieder ein großes Feuer entstehen konnte...
Er wusste nur nicht, ob es wirklich dazu kommen würde.

Fine:
Azruphel aus dem Morgultal


Minas Tirith bot einen überwältigenden Anblick. Hoch ragte es vor Azruphel auf als sie sich der Stadt langsam näherte. Zwar war sie in einer von den Menschen Gondors erbauten Festung aufgewachsen, doch konnte sich Durthang in keinster Weise mit der Weißen Stadt, der Hauptstadt des einst mächtigen Reiches Gondor messen. Azruphel konnte sich kaum vorstellen, wie viel mehr majestätisch die Stadt ausgesehen hatte als sie noch nicht von den Armeen Mordors erobert worden war. Doch selbst die sichtbaren Schäden die auf eine nicht allzu lange zurückliegenden Belagerung hinwiesen vermochten Azruphels Eindruck kaum zu schmälern.
Dies ist sie also, die große Stadt der Dúnedain des Südens. Der Turm der Wacht, dachte sie beinahe ehrfürchtig. Wirklich beeindruckend. Und hochinteressant.

Am Großen Tor hielt sie ihr Pferd an und stieg vorsichtig ab. Azruphel schickte das Reittier in die nahen Stallungen und blieb einen Moment im Schatten der mächtigen Mauern zu beiden Seiten des Tores stehen und trat dann noch einige Schritte zurück. Staunend ging sie langsamen Schrittes die Außenmauer entlang und strich mit der Hand über den schwarzen Stein. Sie fragte sie, aus welchem Material sie wohl erbaut worden war. Der Rest der Stadt bestand aus dem weißen Felsen des Gebirges das sich hinter ihr erhob, doch die äußerste Mauer war aus etwas anderem geschaffen worden. Und sie ist unbeschädigt, stellte Azruphel fest. Diese Steine scheinen sehr widerstandsfähig zu sein. Endlich sehe ich die Wunder der Erben Númenors mit eigenen Augen. Die Risiken dieser Reise machen sich schon bezahlt.

Ein lauter Peitschenknall riss sie aus ihren Gedanken. Sie blickte nach rechts und sah eine Gruppe Menschen auf sich zukommen, die von Ork-Sklaventreibern begleitet wurden. Die Männer hielten den Blick auf den Boden geheftet und bewegten sich an ihr vorbei durchs Große Tor ins Innere der Stadt. Der Letzte von ihnen jedoch strauchelte und fiel zu Boden. Sofort war einer der Orks bei ihm und versetzte dem Mann einen Peitschenhieb auf dessen nackten Rücken. Doch der blieb liegen, scheinbar völlig entkräftet.
"Steh auf, du wertloser Wurm!," zischte der Ork und hob erneut die Peitsche.
Azruphel fühlte sich merkwürdig. Normalerweise würde sie das Schicksal eines Einzelnen nicht im Geringsten interessieren. Doch dieser Mensch hingegen...
Irgendetwas ist mit ihm, überlegte sie nachdenklich, als der Ork seinem Opfer einen weiteren Schlag versetzte. Doch was? Ich muss mehr herausfinden.
"Halt!" mischte sich Azruphel schließlich ein. "Halt. Siehst du denn nicht, dass dieser Mann im Moment keinen Schritt mehr tun kann?"
Der Ork blickte sie an und zögerte einen Moment. Dann sah er das Siegel an ihrer Schulter und senkte unterwürfig das Haupt.
"Befehle, Herrin. Die Sklaven müssen ihre Arbeit erledigen. Keine Zeit für Ruhepausen!", erklärte er. "Der Schwarze Heermeister verlangt Ergebnisse!"
"Es reicht, Ork. Geh' deiner Wege. Ich werde mich um diesen hier kümmern," sagte sie betont.
Die Kreatur bleckte die Zähne und ging.
Das lief besser als gedacht. Und nun zu dir... Azruphel ging neben dem Mann in die Hocke und half ihm auf.
"Wo ist Eure... zadân(1)... Eure Unterkunft?" sagte sie zu ihm als sie unbeholfen zur Gemeinsprache wechselte.
"Die alte Kaserne," stieß der Mann hervor. "Dritter Ring."
"Wie ist Euer Name?" wollte sie wissen.
"...Beregond."

Azruphel blickte sich um und sah einige Menschen im Innenhof hinter dem Großen Tor stehen. Sie winkte einen von ihnen herbei.
"Hilf deinem Kameraden," befahl sie. Auf den Arm des anderen Mannes gestützt machte sich der Verletzte langsam auf den Weg zum Dritten Ring, und Azruphel folgte ihm. Vielleicht kann er mir erzählen, wie die Lage in der Stadt aussieht. Und wer er ist...


Azruphel und Beregond zur Kaserne im Dritten Ring

(1) adûnâisch "Heimat"

Navigation

[0] Themen-Index

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln