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Autor Thema: Kurzgeschichten  (Gelesen 2177 mal)

Molimo

  • Eroberer Osgiliaths
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  • Beiträge: 1.782
Kurzgeschichten
« am: 22. Aug 2010, 22:45 »
Habt ihr Kurzgeschichten die ihr ganz besonders lesenswert findet ? Nur her damit. Egal ob lustig, gesallschaftskritisch, philisophisch etc..
Ich mache mal den Anfang:
 

Diktatur der Freiheit


„Können wir anfangen? Es ist gleich neun! Wir beginnen die Aufzeichnung mit Kamera zwei, Halbtotale. Heh! John, schwenk mal den Mikrogalgen aus dem Bild!“

„Herr Präsident, Sie haben über das Thema ‚Herrschaftsformen’ promoviert - sind Sie eigentlich gerne Regierungschef?“
„Natürlich bin ich gerne Herrscher.“
„Sogar ein absoluter ...“
„… diesen Begriff schätze ich nicht so sehr, er erinnert an Ludwig den XIV, Versailles, verschwenderische barocke Feste. Ich bin moderner, sehe mich eher als jemanden, der die Idee des Guten erkannt hat, deshalb weiß, was vorteilhaft für das Volk ist. Ein Despot, der das Notwendige auch mit Gewalt durchsetzt.“
„Aber Gewalt widerspricht doch der Verfassung?“
„Sicherlich, zu Recht verbietet dieses Schriftstück jegliche Blutplanscherei, ich kann nämlich kein Blut sehen, mir wird dann übel. Ich finde: Gewalt - ja, aber nicht sichtbar, eher subtil, das ist man dem Volk schuldig.“
„Wir, also das Volk, lieben Sie ja auch gerade deswegen. Noch nie vorher hat ein Herrscher uns so sehr unterdrückt, der Freiheit beraubt, ohne dass es uns etwas ausmachte.“
„Ja, das ist ein Ergebnis harter Arbeit, was tut man nicht alles, dem Volke zuliebe - sogar aus lauter Ehrlichkeit lügen! Man sieht: Mäßigung ist für das Funktionieren eines Staates unabdingbar. Die Bürger mäßigen ihr Freiheitsbedürfnis, die Führung ihren Wahrheitsdrang.“
„Als wir einmal schon fast anfingen am System zu zweifeln, haben Sie zum Glück rechtzeitig als Ablenkung in ihrer berühmten Rede bewiesen, dass die im Westen angrenzenden Nachbarn unsere größten Feinde sind, schließlich können diese kein ‚Ka’ aussprechen.“
„Wir sind doch nicht dumm! Wir lassen uns nicht verschaukeln! Bei einem harmlosen Wort wie ‚Kanal’ lassen wir uns nicht ein ‚anal’ unterschieben! Erst verstümmeln sie unsere Sprache, dann rauben sie unsere Kinder, dann unsere Frauen, dann unsere Freiheit!“
„Toll, wie hervorragend Sie ihre eigene Rede zitieren! Das mit der Freiheit ist eine meiner Lieblingsbetrügereien - man kann uns ja nicht nehmen, was wir nicht haben, aber der Feind sah durch den Nachweis der Freiheitsberaubung natürlich noch feindlicher aus ...“
„… wer will schon wirklich Freiheit, die ständige Qual der Entscheidung, so etwas kann man dem Volk nicht antun. Es braucht Führung durch Vorschriften, außerdem ein Überwachungssystem ...“
„… um das uns das Ausland beneidet, wir sind die Besten.“
„Natürlich darf man den Untertanen nicht gleich mit ‚Identifikations-Chip unter die Haut pflanzen’ kommen.“
„Mir auch nicht!“
„Sie sind ja auch ein ganz kritischer Vertreter der im hintersten Dunkel wirkenden Journalisten.“
„Ein Intellektueller, Herr Präsident! Als erste Maßnahme der Überwachung reicht sicher auch ein Fingerabdruck im Pass, wegen der Bedrohung von außen.“
„Sicherlich, aber so ein Kontrollsystem muss halt schleichend eingeführt werden, so dass sich nie jemand betroffen fühlt, bis vollendete Tatsachen geschaffen worden sind.“
„‚Bist du freiheitsberaubt, wird dir nicht sorgenschwer dein Haupt’ - ein froh machender, wenn auch etwas holpriger Propagandaspruch!“
„Ich muss hier noch einmal klarstellen: Man kann niemandem etwas rauben, was es nicht gibt.“
„Das bringen noch nicht einmal Sie fertig?“
„Ach ja, bedauerlicherweise, weil meine Vernunft durch Mut übermäßige Begierde zügelt, Sie wissen doch, die professionelle Mäßigkeit. Nur - um darauf zurück zu kommen - für persönliche Freiheit braucht man Willensfreiheit, doch so etwas gibt es nicht.“
„Wirklich? Auch nicht bei Idealisten?“
„Vielleicht doch, aber da es keine Idealisten mehr gibt, ist die Überlegung überflüssig. Wie gern hätte ich solche Schwarmgeister als Toleranzalibi benutzt! Wir hatten diese Leute unter Naturschutz gestellt, versucht, sie mit ihren geliebten Wahrheiten zu füttern, ein Vermehrungsprogramm aus Steuergeldern finanziert, trotzdem sind sie ausgestorben.“
„Meinen Sie, es gäbe keine wirkliche Entscheidungsfreiheit weil sich die Erde um die Sonne bewegt, die Sonne mit der Milchstraße, die Milchstraße zum Virgo-Haufen hin und das alles mit anderen Riesenmassen zusammen wiederum in Richtung ‚Große Wand’ rast? Wir sind also ein Spielball des Universums?“
„Nein, Sie Superintellektueller: Durch diese Bewegungen werden sie wohl kaum beim Gang in den Supermarkt beeinflusst oder wenn sie sich im Ohr kratzen möchten. Ich meine nicht die letztendliche Bedeutungslosigkeit unserer Willensäußerungen, sondern etwas viel näher Liegendes: Nehmen wir einmal an, Sie treffen die Entscheidung mich nicht zielgerichtet zu interviewen, sondern zu erschießen ...“
„… das würde ich nie tun!“
„Sehr lobenswert.“
„Ich würde doch dann meinen Job verlieren, stimmt's?“
„Oh Mann! Jedenfalls - ganz gleich, was Sie tun, die Frage ist: Haben Sie wirklich eine Entscheidung in freier Wahl getroffen oder mussten Sie so handeln, wie Sie gehandelt haben, weil Sie aufgrund ihrer Gene, Persönlichkeit, gesellschaftlichen Prägung nicht anders konnten?“
„Aber dann hätte nicht ich gehandelt, sondern die Summe meiner persönlichen Umstände.“
„Doch - ihr ‚Ich’ wäre dann die Sie ausmachenden Gegebenheiten.“
„Eigentlich könnte ich für meine Taten nicht zur Verantwortung gezogen werden!“
„Ja, einer Bestrafung würden Sie aber aus prinzipiellen Gründen nicht entgehen.“
„Auf unseren Polizeiapparat ist halt Verlass. Mein Schwager ist sogar Oberkommissar, ein Chefspitzel. Wenn der nun alle Daten von mir kennen würde, könnte er mein Handeln voraussagen!“
„Nur theoretisch. Vielleicht ist es möglich, Entscheidungen aber auch ganz frei zu treffen.“
„Das würde mir nicht gefallen - dann wäre ich für alles verantwortlich, wie schnell hat man doch einen Fehler gemacht, wie soll ich das vermeiden, ich armer Mensch, ich komme in`s Gefängnis, ich bin doch intellektuell, ich … “
„… keine Bange, nachgewiesene Verantwortung für gewisse Taten ist bei uns nicht unbedingt ein Kriterium, jemanden einzusperren.“
„Gott - äh, ich meine: Ihnen sei Dank! Das beruhigt mich.“
„Ich bin gerne großzügig gegenüber meinen Mitmenschen, selbst wenn es Untertanen sind. Haben Sie nicht gemerkt, dass, wenn eine Entscheidung frei geschieht, ohne eine Festlegung durch Ihre Persönlichkeit, sie gewissermaßen willkürlich geschieht? Wenn Sie unabhängig von Ihren Erfahrungen, Ihren Vorlieben - unabhängig von alledem, was Sie als Person bestimmt, eine Wahl treffen - wer oder was verursacht dann die vollzogene Handlung?“
„Vielleicht die Regierung, perfekt gemachte Propaganda: ‚Wir sind die Besten, wir sind gut, wir arbeiten für die Regierung, das macht Mut’!“
„In gewisser Weise schreckt es aber sogar mich ab.“
„Wieso ... ja? Die Hauptsache ist doch, Herr Präsident, nicht persönlich verantwortlich zu sein, sonst würde man in dauernder Angst leben, etwas falsch zu machen.“
„Deshalb bietet die Regierung auch die Ausbildung zum Berufsphobiker an: Man pflegt seine individuellen Ängste, fühlt sich aber trotzdem in einer Gruppe geborgen, ist problemlos überwachbar, was Intellektuelle wie Sie gar nicht bemerken, einfach Klasse.“
„Ja, so einer Gruppe gehöre ich schon lange an.“
„Welche Angst plagt Sie denn?“
„Das kann ich nicht sagen.“
„Na los! Vertrauen Sie mir.“
„Aber natürlich. Es ist nur die Angst nicht rechtzeitig entscheiden zu können, ob die mich ausmachenden Umstände Sie während des Gesprächs erschießen werden ...“

by Woltochinon

Super Geschichte. Beleuchted unsere so grenzenlose Freiheit/Handlungsfreiheit in einem ganz anderen Licht.

GwanwGwanwGwanwGwanwGwan wGwanwGwanw

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Re:Kurzgeschichten
« Antwort #1 am: 23. Aug 2010, 01:22 »
Ich habe zwar keine Kurzgeschichte zu bieten, aber einen Dank für dieses zum Nachdenken anregende Interview.

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Re:Kurzgeschichten
« Antwort #2 am: 11. Nov 2010, 18:57 »
Armut und Reichtum

Eines Tages nahm ein Vater seinen Sohn zu einem Ausflug mit aufs Land, um ihm zu zeigen, wie arm Menschen sein können. Sie verbrachten den Tag und eine Nacht auf dem Bauernhof einer sehr armen Familie.

Als sie von ihrem Ausflug zurück waren, fragte der Vater den Sohn:"Nun, mein Junge, wie war der Ausflug?" "Schön" antwortete der Sohn.

"Und hast Du auch mitbekommen, wie arm Menschen sein können?" fragte der Vater. "Ja!". "Und was hast Du draus gelernt, mein Sohn?"

"Nun", antwortete der Sohn, "ich habe gesehen, dass sie vier Hunde haben, und wir nur einen. Wir haben einen Swimmingpool, und diese Familie hat einen Bach, der bis zum Horizont reicht. Wir haben aus dem Ausland importierte Lampen im Garten, sie haben Sterne. Unsere Terrasse reicht bis zum Vorgarten, sie sehen den Himmel."

Als der Junge das gesagt hatte, war der Vater sprachlos. Und dann fügte der Sohn noch hinzu:"Danke Papa, dass Du mir gezeigt hast, wie arm wir sind".



Simpel, aber wenn wir alle ein bisschen so denken, ist uns allen auch ein kleines Stück geholfen.

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Lurtz

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Re:Kurzgeschichten
« Antwort #3 am: 11. Nov 2010, 19:42 »
Hamster vielen dank für dieGeschichte so denken nicht viele Leute diese Größe fehlt den meisten  ;)

GortharDerDunkle

  • Gast
Re:Kurzgeschichten
« Antwort #4 am: 12. Nov 2010, 19:07 »
das bringt mich zum nachdenken, obwohl ich auf dem land wohne...

Lord of Arnor

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Re:Kurzgeschichten
« Antwort #5 am: 12. Nov 2010, 19:12 »
Armut und Reichtum

Eines Tages nahm ein Vater seinen Sohn zu einem Ausflug mit aufs Land, um ihm zu zeigen, wie arm Menschen sein können. Sie verbrachten den Tag und eine Nacht auf dem Bauernhof einer sehr armen Familie.

Als sie von ihrem Ausflug zurück waren, fragte der Vater den Sohn:"Nun, mein Junge, wie war der Ausflug?" "Schön" antwortete der Sohn.

"Und hast Du auch mitbekommen, wie arm Menschen sein können?" fragte der Vater. "Ja!". "Und was hast Du draus gelernt, mein Sohn?"

"Nun", antwortete der Sohn, "ich habe gesehen, dass sie vier Hunde haben, und wir nur einen. Wir haben einen Swimmingpool, und diese Familie hat einen Bach, der bis zum Horizont reicht. Wir haben aus dem Ausland importierte Lampen im Garten, sie haben Sterne. Unsere Terrasse reicht bis zum Vorgarten, sie sehen den Himmel."

Als der Junge das gesagt hatte, war der Vater sprachlos. Und dann fügte der Sohn noch hinzu:"Danke Papa, dass Du mir gezeigt hast, wie arm wir sind".



Simpel, aber wenn wir alle ein bisschen so denken, ist uns allen auch ein kleines Stück geholfen.
Gut :).

MfG

Lord of Arnor
Zitat
Pluralismus heißt: Ich bin nicht Jesus!
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Skulldur

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Re:Kurzgeschichten
« Antwort #6 am: 12. Nov 2010, 20:53 »
Ja diese Geschichte ist echt gut  :)

Shugyosha

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Re:Kurzgeschichten
« Antwort #7 am: 13. Nov 2010, 13:13 »
Echt gut.
Kurz - und mit tieferem Sinn.
Wenn jemand einen "Shogun 2, Rome 2 Empire, Napoleon, Rome oder Medieval 2: Total War" mitspieler sucht: PM an mich

Gil-Galad der Hochkönig

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  • Querfeld ein bin ich nicht zu gebrauchen!!!
Re:Kurzgeschichten
« Antwort #8 am: 13. Nov 2010, 13:24 »
Wircklich gelungen die bringt wircklich jemanden zum nachdenken was wir alles haben und was wir nicht haben.
Mfg Gil-Galad der Hochkönig

ValatmiR

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Re:Kurzgeschichten
« Antwort #9 am: 17. Nov 2010, 14:11 »
Das Land ist wirklich schöner als die Stadt aber die Technik dort ist meist scheiße!
trozdem nice one!
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Deamonfeather

  • Elronds Berater
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Re:Kurzgeschichten
« Antwort #10 am: 17. Nov 2010, 14:16 »
Echt gut.
Kurz - und mit tieferem Sinn.
/sign