Elea von der ZitadelleGeschwind und ohne zurück zu blicken liefen die beiden Gestalten zwischen den Schatten der Häuser hindurch. Immer wieder verbargen sie sich in den finsteren Ecken und Seitengassen, doch diesen Abend war es ruhig, denn beinahe alle Wachen im Dienst wurden auf die oberen Ebenen zitiert um die Ratsversammlung zu bewachen.
Am untersten der Ringe angelangt, klopften sie an einer schweren Holztür zu einem großen, abgelegenen Haus. Es waren ehemalige Mannschaftsquartiere die nicht mehr benutzt wurden, seit die Soldaten Gondors stark dezimiert wurden und viele der getreuen Soldaten nach Ithilien gingen um dort im verdeckten Widerstand zu leisten.
Ein Knarren war auf der anderen Seite zu hören und Elea flüsterte in leisem Ton durch das Schlüsselloch „Weit reichte mein Blick unter der Kuppel der silbernen Sterne, bis die Flut kam und ich ertrank.“
Ein Riegel wurde zur Seite geschoben und die Türe öffnete sich, wortlos gingen sie hinein und die leere Straße blieb zurück.
„Guten Abend, Elea! Wen bringt ihr da mit euch?“, fragte der Türwächter.
„Einen Freund. Ich bürge für ihn, sein Name ist Araloth, er ist Diplomat aus dem fernen Dol Amroth“, sagte Elea bestimmt.
Der Wächter musterte Araloth genauestens: „Unscheinbar seid ihr. Euren Namen kenne ich nicht, aber ich vertraue ihr und ein Betrüger würde die Zeichen der Schwanenstadt deutlich offener tragen als ihr. Ihr könnt passieren.“
Er verneigte sich vor dem Torhüter. Sie warfen die Mäntel über einen Tisch. Elea hakte sich mit ihrer Hand in seinem starken Arm ein und gemeinsam folgten sie einem langen dunklen Gang und zweigten letztendlich in eine unscheinbare Tür ein, die in das ehemalige Waffenlager im Keller führte.
Der Raum war voll gefüllt mit gut 50 Menschen, Alte und Junge, Männer und Frauen, Bewohner der Stadt und andere Verbündete.
„Hallo Elea!“, begrüßte sie die alte Ioreth „Und ihr müsst dann wohl Araloth sein. Der Kundschafter der Schwanenstadt. Seid gegrüßt, ich bin Ioreth.“
„Ich muss dann mit dir sprechen. Es ist sehr wichtig, sobald die Ansprache vorbei ist.“
„Willkommen, meine Freunde“, sagte ein Sprecher in der Mitte des Saales, der sich auf ein einfaches Holzpodest gestellt hatte: „Schön ist es euch wieder zu sehen, denn selten nur sind so viele Getreue auf einmal bei einer Versammlung. Schwer sind die Zeiten und schwer ist es ruhige und geeignete Plätze zu finden um unsere Verbindung aufrecht zu erhalten, doch umso wichtiger ist es nicht in unserer Gesamtheit aufzutreten, da sonst alles mit nur einem Schlag vernichtet werden könnte. Ganz besonders freut es mich wieder die Graue Dame und ihre Begleiterin Aredhel zu begrüßen.“ Er deutete dabei auf Elea und Ioreth, denn dies waren Ihre Decknamen.
„Gute sowie schlechte Nachrichten erreichten uns die letzten Tage. Doch lasst mich mit den guten Beginnen. Späher berichten von der Ankunft eines stattlichen Elbenheeres in Aldburg. Vielleicht zu dessen Verteidigung, doch viel eher vermute ich, dass die Edlen des Nordens sich endlich in die Geschehnisse unseres Landes einmischen. Trübere Nachrichten kamen aus Dol Amroth. Der Gürtel um die Stadt wird immer enger geschlossen und einiger unserer Waldläufer sprechen von Truppenbewegungen in und um Mordor. Die Zeit läuft langsam ab, das letzte Sandkorn wird bald durch die Uhr geflossen sein, aber dann müssen wir bereit sein.“
„Nein, nein“, schrie Ioreth lauthals dagegen und schüttelte den Kopf „Nein. Wenn wir uns auflehnen, tötet ER den König.“
„Wir können nicht beeinflussen, was unsere Verbündeten außerhalb des Landes machen“, entgegnete er.
„Wir müssen ihnen Nachricht schicken. Einen Diplomaten aus Dol Amroth haben wir hier er kann ohne Probleme die Grenzen passieren.“
„Und dann, hängen wir weiterhin in dieser Situation fest?“
„Gewalt ist hier keine Lösung. Viel eher sind wir gezwungen zu handeln.“
„Alle Verhandlungen sind kläglich gescheitert.“
„Ich spreche auch nicht von Verhandlungen“, schrie die Alte dazwischen „Ich spreche von einem Handel. Wir brauchen etwas, dass der dunkle Herrscher begehrt und was wir ihm geben können im Austausch gegen den wahren König.“
„Und was sollte das sein?“
Sie grübelte: „Das weiß ich nicht, noch nicht. Doch jeder von euch hat die Chance sich Gedanken darüber zu machen.“
„Ich hoffe wir haben die Zeit dafür“, sagte der Sprecher und seine Stimme rückte in den Hintergrund, als Ioreth mit Elea sprechen zu begann: „So, meine Arbeit hier ist getan. Kommt mit Elea.“
„Gemeinsam verließen die beiden den größeren Saal und machten es sich auf einem Tisch im Speiseraum gemütlich. Eine Kerze stand zwischen ihnen am Tisch und flackerte munter in der umzingelten Dunkelheit.
„Elea, ich mache mir ernsthaft Sorgen. Gerüchte verbreiten sich sehr schnell in der Stadt, schneller noch als Lauffeuer und heute ist mir etwas sehr schockierendes zu Ohren gekommen.“
„Was denn?“, fragte Elea nervös.
„Man erzählt sich, dass sich Herumor verlobt hat“, sagte sie, Ihre Augen fixierten Elea im Augenwinkel.
Die Frau zuckte ein wenig zusammen.
„Ist es wahr? Sag mir, dass es nicht so ist“, forderte sie die Ioreth auf.
„Ich wünschte ich könnte es sagen“, antwortete Elea und schämte sich dafür.
„Was?!“, fauchte das grauhaarige Weib „Was?! Und du wagst es noch hierher zu kommen? Hier in die Hallen der Getreuen, als Verlobte einer unserer Feinde?“
„Ioreth, es ist nicht so wie du denkst“, brüllte Elea zurück, ihre Augen füllten sich mit Tränen.
„Das ist nicht von Belang. Du bist was du bist und nichts weiter. Du hast uns verraten und Herumor eine Chance auf die Herrschaft über Minas Tirith gegeben“, bestimmte sie „Ich sage dir nun eines, gute Dienste hast du uns erwiesen und deshalb lasse ich dich nicht hinauswerfen, aber du gehst jetzt bei der Tür hinaus in deine Welt. Dein Platz hier bei den Getreuen ist dir verwehrt. Du bist nicht mehr erwünscht, solange ein Ring dich an Herumor fesselt.“
Elea brach in Tränen aus. Sie fürchtete den unerbittlichen Blick ihres Gegenübers. Schluchzend stürzte sie aus der alten Kaserne auf die offene Straße und auf schnellstem Weg nach Hause.
Elea zum Haus im vierten Ring