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Das Schicksal Mittelerdes (RPG) => Eigene Geschichten => Der Thron von Mittelerde => Thema gestartet von: Darkayah am 28. Sep 2020, 22:26

Titel: Gondor
Beitrag von: Darkayah am 28. Sep 2020, 22:26
*Hier werden alle Ereignisse in Gondors be- und geschrieben:*


Minas-Tirith

Kiana Vaneryen in Minas-Tirith im Thronsaal des Palastes der "Weißen Festung"...


Die Hauptstadt des Reiches von Mittelerde wurde schnell wieder aufgebaut. Auch wenn es Kiana nicht wirklich interessierte -sie hatte stets ihre Ziele im Kopf und trieb die Befreiung des Reiches an-, war sie froh endlich auf dem Thron sitzen zu können. Natürlich sah der Thronsaal nun verändert aus, denn auch dort waren die Wände und Böden nicht mehr aus weißem Marmor. Nun dominierten die Farben Schwarz und Grau die Hallen der Herrscher des Reiches. Die Statuen der Könige des ehemaligen Königreiches Gondors waren verschwunden. Stattdessen zierten schwarze Banner, die den roten dreiköpfigen Drachen abbildeten, den Saal. Trotz dass die Farben eher dunkler waren, schien das helle Tageslicht in den Saal und ließ diesen nicht zu dunkel wirken. Auch konnte man den Eindruck erhalten, Kiana würde vom Licht erstrahlen.
Sie war zufrieden mit ihrer Politik und war felsenfest davon überzeugt das Richtige zu tun. Sie war sich keinem Fehler bewusst. Die tausenden Toten? Die Zerstörung einer ganzen Stadt? Nein. Selbst das war für die junge Frau richtig. Immerhin hatte sie die Stadt vor der Korruption und alten tyrannischen Herrschaft der Fürsten und alten Könige befreit. Sogar gesäubert. In Minas-Tirith traf sie auch auf keine einzige Gegenwehr. Die Menschen der Stadt verehrten sie. Das war Grund genug zu glauben,  sie machte alles richtig.
Kiana trug die schwarze Krone, welche erst ihrem Vater und dann ihrer Mutter gehörte, während darunter ihre langen silbernen Haare hervor blickten. Dabei war sie mit einem dünnen schwarzen Kleid aus feinsten Stoffen, welches ihr bis knapp über die Knie ging und am Saum mit goldene Runen beschriftet war, bekleidet. Darunter trug Kiana eine schwarze enge aber dünne Hose. An ihren Füßen trug sie schwarze Stiefel. Um ihren Körper war ein durchsichtiger Mantel in Rot gewickelt. Ihr äußeres ließ vermuten, dass der Sommer über die Lande herrschte. Die junge Frau saß mit aufgerichteten Rücken auf dem Thron. Ihre Körperhaltung strahlte Selbstsicherheit und Autorität aus. Kiana fühlte sich auch so. Immerhin war sie das wofür sie all die Jahre bestimmt war: Die Königin und Erretterin von ganz Mittelerde.
Auch als sie bemerkte, dass sich die großen Türen des Thronsaals öffneten, regte sie sich kein Stück. Warum auch? Wahrscheinlich betrat nur wieder einer der Hauptmänner der neuen Armee den Palast, um von weiteren Sicherungen im Land zu sprechen. Allerdings ließ der Anblick, der sich ihr bat, ihren Kopf zur Seite neigen. Mehrere Männer der schwarzen Ostlinge betraten die Halle. In ihrer Mitte eskortierten sie einen weiteren Mann, der in Ketten lag.
Dieser Mann trug schwarze Kleidung und dazu einen dunkel-Roten Umhang. Als er an den unteren Stufen vor dem Thron trat, stampfte der Mann mit einem Fuß auf dem Boden. Kiana dachte zunächst, er wollte sich damit über die Soldaten lustig machen. Doch als sie den dunkelhaarigen Mann länger betrachtete kamen ihr die Erinnerungen wieder hoch. Sie kannte ihn. Er war der derjenige, mit dem sie in Umbar eine Liebelei angefangen hatte, bevor sie nach Mittelerde kam und das Land befreite. Es war Loki. Ein Mann der damals der schwarzen Garde angehörte, die die Sklaventreiber von Haradris und Umbar anheuerte, und dann auf Kianas Seite wechselte.
Wie kann er es wagen?, dachte Kiana erzürnt und gleichzeitig irritiert, während sie ihn mit ihren Violetten Augen musterte.
Plötzlich fing der Mann, der offensichtlich Loki war, an zu lachen. Und Kiana musterte ihn weiter argwöhnisch, denn sie fand sein Auftreten bereits mehr als respektlos. Sie hörte ihm zu, als er seine Stimme erhob: "Ich habe eine andere Begrüßung erwartet...", sagte er und hob seine Hände, die in Ketten waren, "...Als das hier!".
Kiana rollte ihre Augen. Kühl antwortete sie: "Du hast kein Recht hier zu sein...", ihre Stimme klang nun brüchiger, "...Du hast deine Befehle missachtet, mich damit verraten!". Auch wenn die junge Maia versuchte ihre versagende Stimme mit einem schnellen Schlucken zu regenerieren, gelang ihr dies nicht. Der Mann schien den Ernst der Lage noch nicht ganz begriffen zu haben, denn noch immer grinste er und Kiana ärgerte das innerlich. Immerhin war sie die Königin. Was dachte er, wer er war der Königin keinen Respekt zu zollen?
"Wenn du es so willst dann machen wir es so...", dabei verbeugte er sich vor ihr, "...Denn ich Loki von Umbar, schwöre Euch, oh werte Königin, meine ewige Treue!". Wahrscheinlich sollte dies ein schlechter Witz sein. Kiana fand sein Verhalten alles andere als Witzig. Was maßt sich dieser Mann nur an, dachte sie erneut. Die junge Frau wurde nur wütender.
Ernst sagte sie: "Ich glaube ihr habt es noch nicht begriffen, denn ihr habt mit eurer Ankunft hier her meine Befehle ignoriert, habt Umbar und Haradris Schutzlos zurück gelassen!".
Der Mann wirkte, als würde er überlegen. Kiana war auf seine Antwort gespannt. "Ich hörte von einer großen Schlacht, von einer Bedrohung die die Welt vernichten droht und Minas-Tirith zerstört haben soll...", fing er an, "...Ich bin hier um dich zu unterstützen, aber scheinbar sitzt du bereits auf diesem verdammten Thron...".
Sofort rief Kianas Anführer aller ihrer Armeen, Grauer Staub, mit lauter Stimme: "Sprecht nicht so zu der Königin!".
Kiana zog ihre Augenbraun hoch, als sie die Stimme ihres Dieners hörte. Er war ihr immer Treu. Egal welche Entscheidung sie traf und ganz gleich wer oder was sie war. Die junge Königin sah wieder zu Loki. Dieser versuchte sich aus der Situation zu befreien. Kiana spürte das. "Kiana...", sagte er zu erst bevor er sich dann verbesserte, "...Meine Königin, wo sind denn all die anderen? Faramir? Mina? Über der Stadt sah ich nur Ancalagon, den schwarzen Drachen, kreisen, was ist passiert?".
Jeder Name in Lokis Aufzählung verursachte in Kianas Brust einen stechenden Schmerz. Auch wenn all die Ereignisse, all die Tode mittlerweile drei Jahre vergangen waren, blieb der Schmerz stets bestehen. Sie verzog die Lippen, während sie auf diesen herum biss. Sie musste versuchen die Fassung zu bewahren, auch wenn es ihr gerade ziemlich schwer fiel.
"Sie sind...", entgegnete Kiana mit einem arroganten Unterton in ihrer Stimme, "Tod!". Sie räusperte sich kurz und richtete sich wieder auf ihrem Thron auf. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie immer tiefer herunter rutschte.
"Der Krieg hat vielen tapferen Männern und Frauen das Leben gekostet und ich versuche alles, damit diese nicht umsonst gewesen sind!", sagte sie plötzlich ganz klar.
Loki erhob wieder seine Stimme: "Und ich bin hier, damit ich EUCH dabei unterstützen kann...". Sofort unterbracht Kiana den Mann: "Ihr hättet mich unterstützt, indem ihr in Umbar geblieben wärt und dort die Ordnung aufrecht gehalten hättet!".
Kiana sah nur wie Loki versuchte, einige Schritte auf sie zu zu gehen, aber sofort näherten sich dem Mann all die Wachen in der Halle. "Gut..", sagte er etwas lauter, "... Wenn ihr der Meinung seid, dass ich ein Verbrecher sei, dann, um der Barmherzigkeits Willen, schwing das Schwert der Gerechtigkeit!".
Kiana hatte genug. Sie ließ sich von niemanden etwas vorschreiben oder gar von jemanden beleidigen. Vor allem nicht von einem ihrer Diener. In ihr brodelten alle Gemüter, sodass sie sich ruckartig von ihrem Thron erhob. "UND DAS WERDE ICH AUCH TUN!", schrie sie verbittert und erbost. Die Stimme hallte laut und deutlich durch den Saal. Selbst Loki zuckte plötzlich zusammen. Sie versuchte nur das Zittern in ihrem ganzen Körper zu unterdrücken. Aus ihrer inneren Wut wurde dann ein Leere. Diese Leere ließ sie wieder in ihre Rolle als autoritäre Königin schlüpfen und gab ihr die Kontrolle zurück. Sie sah Loki mit ihren Violetten Augen tief in seine Blauen. Auch erkannte sie sein trauriges und erschrockenes Gesicht, störte sich aber nicht weiter daran. Warum sollte sie sich auch darum scheren.
Auf Ostron befahl sie ihrem Hauptmann, Grauer Staub, Loki in die Kerker der Festung abzuführen. Dieser verneigte sich tief vor ihr und führte den Mann mit den anderen schwarzen Ostlingen aus dem Palast. Kiana sah ihnen noch nach, bis die Türen des Thronsaals wieder zu fielen. Dann ließ sie sich auch erst wieder auf den Thron fallen. Die junge Maia konnte es nicht ertragen, wenn sich jemand ihr widersetzte. Immerhin war sie die Königin!
Sie sollen gefälligst Respekt zeigen!, redete sie sich weiter ein. Sie schmeckte den Geschmack von Blut, denn sie hatte nicht bemerkt, dass sie sich auf die Lippen biss, um ihre Gefühle nach außen zu unterdrücken. Sie leckte das Blut von diesen. Noch weitere schlechte Neuigkeiten konnte sie an diesem Tag nicht ertragen. Sie hoffte, dass die Sicherung in den anderen Zentralregierungen des Reiches vorangingen und die Verstärkung aus Gondor endlich Arnor erreichte, um die Rebellen effektiv bekämpfen zu können. Sie seufzte laut und nahm sich den Stapel, der aus Schriftstücken und Briefen bestand, die von den Statthaltern gesendet wurden, die aus ausgewählten Hauptmännern der schwarzen Ostlinge bestanden. Immerhin wurde in diesen von meist positiven Ereignissen, wie die Verhaftung von Rebellen und Menschen, die sich weigerten ihre Waffen abzugeben, nachdem die Bevölkerung entwaffnet wurde.
Titel: Minas-Tirith (Kerker)
Beitrag von: Darkayah am 7. Okt 2020, 20:17
Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)

Kiana Vaneryen in der Festung von Minas-Tirith (Kerker)...


Kiana Vaneryen dachte noch viele Tage über das Gespräch mit Loki nach. Seine Worte ließen ihr keine Ruhe. Sie entschied sich noch einmal mit ihm zu reden und ging in die Kerker der Festung. Dort sah sie ihn, im schwachen Fackellicht, auf dem Boden sitzend und einer Münze in seiner Hand mit der er herumspielte. Ihre Schritte waren leise, auch wenn das kalte und feuchte Gemäuer jeden Ton hallen ließ. Ohne das sie auch nur ein Wort sagen musste oder er sie überhaupt sah, erhob er seine Stimme: "Warum kommst du mich nach all der Zeit zu mir? Um dich über mich lustig zu machen, mich zu beobachten?".
Kiana sagte nichts. Was sollte sie auch schon darauf antworten. Loki erhob sich und stellte sich an die Gitter direkt vor Kiana. "Du hast all die Jahre davon geschwärmt eine bessere Welt für alle zu schaffen...", fing er an, "...Eine Welt in der Niemand leiden muss und in der es für jeden Gnade gib..".
Kiana hörte ihm weiter gespannt zu. "...Deine Vorstellungen waren wie eine starke Festung gewesen, die scheinbar jetzt in sich zusammengebrochen ist...", sagte er weiter, "...Also sag mir, was ist passiert?".
Kiana überlegte kurz und antwortete dann: "Meine Berater haben mich verraten, wollten mich töten,  der Mann der mich liebte, hat mich verraten... Das ganze Volk von Mittelerde hat mich verraten, obwohl ich ALLE gerettet habe...". Ihre Stimme wurde wieder brüchig und auch ihre Augen wurden glasig. Sie griff durch die Gitterstäbe die Hand von Loki. "Ich bin eine Königin, kein Schlachter", sagte sie. Loki setzte ein schiefes Lächeln auf und nahm auch ihre Hand.
"Ich mache dir  keine Vorwürfe...", erwiderte er, "...Du wirst wissen warum du die Dinge getan hast, die du getan hast und sie werden in gewisser Weise auch ihre Berechtigung haben!".
Kiana liefen die Tränen über die Wangen als sie die Worte hörte. "Ich möchte nur dass es so wird, wie es vorher zwischen uns war!", sagte sie. Loki nickte daraufhin. "Dafür musst du mich nur hier heraus lassen...", erwähnte er und deutete auf die Gitterstäbe. Kiana ließ ihn daraufhin los und ließ das Schloss aufschließen und sofort kam Loki aus der Zelle heraus. Danach nahm er ihre Gesicht liebevoll in seine Hände und wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht. "Weißt du eigentlich wie lange ich auf diesen Tag gewartet habe?", sagte er. Kiana schloss für einen kurzen Moment ihre Augen. Dadurch flossen ihr weitere Tränen die Wangen herunter. Gleichzeitig musste sie lächeln, weil seine Worte ihr schmeichelten. Kiana überlegte kurz. Sie hatte ja keine Berater mehr. Nur noch  Grauer Staub, der ihr nicht von der Seite wich.
"Ich hab keine Liebe hier... Nur Angst und Furcht...", sagte sie gebrochen, "...Wie kannst du denn noch immer so hinter mir stehen?". Loki sah sie irritiert an. "Außerhalb der Festung hab ich einen anderen Eindruck gewonnen...", entgegnete er, "...Die Menschen hier wirken so fröhlich, wie die aus Umbar und selbst Kinder laufen hier mit Bannern des roten dreiköpfigen Drachen herum!". Kiana seufzte daraufhin. "Wird alles wieder gut sein?", sagte sie, während sie ihre Tränen kaum zurückhalten konnte. "Ja, alles wird wieder gut du wirst sehen...", erwiderte Loki ruhig, "...Ich bin hier an deiner Seite und werde auf dich aufpassen!". Diesmal wischte sich die junge Königin selbst die Tränen weg und trat einige Schritte von Loki weg. Sie holte eine goldene Brosche unter ihrem Kleid hervor und sagte: "Es wäre mir eine Ehre, wenn du mich beraten würdest und wir zusammen die Sicherheit des Reiches gewähren?". Freudig fing Loki an zu grinsen. "Ja, natürlich!", rief er schon fast. Kiana steckte ihm die goldene Brosche, die eine Hand mit einem Schwert darstellte, an die Kleidung. "Ich ernenne dich zur Hand der Königin, Loki!", sagte sie. Die junge Königin hätte niemals im Leben daran gedacht, wieder jemandem diesen Titel zu verleihen. Immerhin vertraute sie so gut wie keinem. Bei Loki war sie sich aber sicher, dass er ihr von Grund auf unterwürfig war. Wenn sie an die Zeit in Umbar dachte, führte er jeden ihrer Befehle widerstandslos aus und hinterfragte ihre Entscheidungen auch nicht. Die, die ihre Autorität in Frage stellten sind alles Verräter gewesen.
"Lass uns von diesem Ort verschwinden... Wenn ich länger hier bleibe, werde ich auch noch ganz traurig...", schlug Loki vor. Kiana stimmte ihm zu. Sie hatten noch einiges zu tun und Loki brachte eine ganze Armee mit, der noch eine Aufgabe zugewiesen werden musste. Mit schnellen Schritten verließ sie, dich gefolgt von Loki, die Kerker der Festung und machte sich auf den Weg in den Thronsaal...
Titel: Thronsaal von Minas-Tirith (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 25. Okt 2020, 02:11
Thronsaal von Minas-Tirith (Gondor)

Kiana Vaneryen mit Grauer Staub und Loki im Thronsaal von Minas-Tirith...


Kiana Vaneryen ließ Loki und Grauer Staub in den Thronsaal rufen. Sie hatte einiges mit ihnen zu bereden. Besonders wegen des Rebellen Problems  in Arnor. Es machte ihr keine großen Sorgen. Immerhin lebten selbst in den großen Städten von Arnor nicht mehr viele Leute. Die meisten waren nach Carn-dûm oder nach Gondor gegangen um von den geänderten Gesetzen durch Kiana zu profitieren. Sie vertraute ihren Hauptmännern der schwarzen Ostlinge, die als Statthalter die Regionen verwalten. Auch daran, dass die Bevölkerung die Königin nicht mochte, machte ihr keine Sorgen. Sie dachte an die Zeiten, wenn sie durch die Stadt lief: Die Menschen aus Minas-Tirith, besonders die jüngeren, verehrten sie, stimmten Lobeshymnen an und liefen mit Flaggen und Bannern durch die ganze Stadt.
Trotz alledem sah sie es als ihre Pflicht für Recht und Ordnung in jedem Winkel des Reiches zu sorgen. Sie war ja die Königin.
"Wir sollten ein für alle mal für Ruhe in Arnor sorgen...", fing Grauer Staub an, "...Schick mich mit den schwarzen Ostlingen los und ich vernichte alle deine Feinde!". Dabei sprach er stets im Dialekt der Menschen des Ostens. Kiana entgegnete sofort: "Nein, ich brauche die schwarzen Ostlinge hier...". Sie überlegte kurz und sah zu Loki.
"Du wirst mit den Männern der neuen Armee und deiner Drachengarde nach Arnor ziehen...", sagte sie entschlossen, "...Das sollte reichen um für Ruhe zu sorgen...".
Sie sah Loki mit einem arroganten Blick an, der sie nur verdutzt anstarrte. Kiana wusste, dass er sich wahrscheinlich etwas anderes vorgestellt hatte, nachdem sie wieder ihre Liebelei mit ihm anfing. "Ist das dein Ernst?", fragte er.
"Sehe ich wie ein Närrin aus?, erwiderte sie mit erhobener Stimme. Sollte sie sich beleidigt fühlen, da er ihre Befehle hinterfragte?
"Nein, natürlich nicht...", stotterte er vor sich hin, "...Ich hab  mir gedacht, dass du mich eher für andere Zwecke bei dir in der Nähe haben willst..."
Kiana zog nur ihre Augenbrauen hoch.
"Ich gebe dir eine wichtige Aufgabe...", sagte sie, "...Ich vertraue dir..  Deshalb sollst du dahin!".
Er nickte ihr nur leicht genervt zu. Kiana schüttelte nur den Kopf. Was dachte er denn warum sie ihn überhaupt begnadigt hatte? Immerhin war er noch immer ihr Diener. Auch hat die Armee es nicht geschafft die Rebellen zu vernichten. Und ihre schwarzen Ostlinge dorthin zu schicken wäre reine Verschwendung. Außerdem kannte sie Loki und seine Drachengarde. Es waren talentierte Kämpfer, die auch schon in Umbar und Haradris für Ordnung sorgten.
"Bring den Soldaten das kämpfen bei!", sagte sie noch. Die junge Königin beobachtete ihn genau, als er sich vor ihr verneigte und den Saal verließ.
Dann wandte sie sich den Hauptmann aller ihrer Armeen zu: "Schick Boten zu allen Statthaltern hinaus, ich muss die Lage der jeweiligen Regionen wissen...". Auch Grauer Staub verneigte sich und wollte sofort los. "Ach...", rief sie noch, "...Lass nach dem Schatten suchen.. Ich muss mit ihm sprechen...".
Wieder verneigte er sich und lief sofort los. Kiana war froh, ihn an seiner Seite zu haben. Er begleitete sie und hinterfragte keine ihrer Entscheidungen. Somit wusste er auch, was richtig für eine gute Welt war. Sie dachte kurz an de  Schatten. Sie kannte seinen echten Namen nicht, aber seine Fähigkeiten sind von größten nutzen. Immerhin hatte er Spione in jedem Winkel von Mittelerde. Es war für die Bekämpfung der Rebellen und möglichen Feinden essentiell.  Sie dachte nochmal an Loki und sein irritieren Blick, als sie ihm den Befehl gab, nach Arnor aufzubrechen. Kurz entschlossen entschied sie sich ihm doch noch mal hinterher zu laufen.
Auf der obersten Ebene der Festung sah sie Loki bei seinen Hauptmännern der Drachengarde aus Umbar stehen. Ihre Blicke kreuzten sich und daraufhin schickte er seine Männer los.
Sofort fiel die junge Frau mit dem silbernen Haar ihm in die Arme und küsste ihn.
"Versprich mir dass du auf dich aufpasst!", sagte sie leise während der Wind ihre Haare wehen ließ.
Er lächelte schelmisch. "Du weißt doch wie ich bin...", erwiderte er, "...Ich bin gut in dem was ich mache!".
"Du musst es mir versprechen!", befahl sie fast schon. Dann nickte er mit dem Kopf und sagte: "Ich verspreche es dir, ich komme zurück!".
Kiana spürte nur wie er ihre Hände nahm. Es wirkte als wollte er noch etwas sagen. Aber er schwieg und ging schließlich. Sie sah ihm noch besorgt nach. Sie hoffte dass er nicht waghalsig wie in Umbar agierte und wirklich auf sich achtete und zu ihr zurückkehrte. Das Wetter wurde inzwischen kühler. Deshalb ging sie wieder in Richtung Thronsaal.


Kiana Vaneryen im Thronsaal von Minas-Tirith...
Titel: Thronsaal von Minas-Tirith (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 15. Nov 2020, 00:35
Thronsaal von Minas-Tirith(Gondor)

Kiana Vaneryen im Thronsaal von Minas-Tirith...


Es war schon einige Tage her, seitdem Loki mit der Armee in Richtung Norden nach Arnor aufbrach.  Auch wenn sie sich insgeheim Sorgen um ihren Liebhaber machte, hoffe sie auf eine schnelle Nachricht von ihm. Von der Lage im Norden, besonders aber von der Beseitigung der Rebellen. Viel Zeit hatte sie allerdings nicht darüber nachzudenken. Immerhin hatte sie eine Stadt mit Millionen von Menschen zu verwalten. Sie war froh, dass der Wiederaufbau der Stadt endlich vollendet war. Sie ließ wie Gärten und Parkanlagen zur Befriedigung der Bedürfnisse der Bevölkerung bauen, erleichterte die Arbeitsbesingungen und löschte die Armut der Menschen der Stadt aus.
Auch wenn es eine große Abwanderung aus den anderen Regionen Mittelerdes gab und somit eine große in die Hauptstadt Minas-Tirith, war die Lage in der Hauptstadt ziemlich gut. Kiana dachte wieder an den Norden und den Rebellen dachte, dachte sie auch daran wie schwer die Menschen es dort hatten. Die Bevölkerung dort schrumpfte und die Städte verfielen allmählich. Aber in den Norden zu investieren sah die junge Königin auch nicht ein. Immerhin war die es, die Kiana abwertend behandelten. Voller Vorurteile waren. So beschloss sie nur denen zu helfen, die in den Süden kamen.
Gleichzeitig wollte sie ihrem Volk mehr Abwechselung bieten. Immer wieder verbreitete sich der Gedanke und Ruf nach alten Turnieren und Arenakämpfen. Die Menschen wollten sich ihrer Königin beweisen und such Kiana selbst erkannte den nutzen daran. In Umbar machten die Kämpfe in der Arena die Menschen glücklich und lenkten sie von anderen Ereignissen ab. Natürlich wollte sie dort dann keine Sklaven einsetzen um sie gegeneinander  kämpfen zu lassen. Viel mehr kam ihre Vorstellung einem Ritterturnier gleich. Die Menschen konnten  so ihre Loyalität zu ihrer Königin beweisen und sich empfehlen. Auch plante sie zu Anfangs, dass niemand dabei getötet werden sollte. Immerhin sollten die Kämpfe lediglich zur Bespaßung des Volkes dienen.
So kam es auch, dass Kiana Vaneryen boten in alle Winkel des Reiches schicken ließ um die Menschen von den Arenaspielen zu informieren und einzuladen. Sie übergab die Planung an Grauer Staub, der sich als Meister aller Armeen der Königin um ihre Sicherheit kümmerte.
Nachdem sie ausführlich die Planungen mit Grauer Staub und anderen Funktionären der Stadt beredete, ging sie in ihre Gemächer um etwas Ruhe zu haben. Der Tag war anstrengend und sie fühlte sich einsam. Natürlich hatte sie Grauer Staub in ihrer Nähe. Aber sobald die junge Frau an den Norden dachte, galten ihre Gedanken auch Thirak, der sie einfach wortlos zurückließ und verschwand. Sie seufzte tief und setzte sich auf ihr Bett. Auch wenn sie ihn mittlerweile hasste, vermisste sie ihn in gewisser Weise.
In ihr kam eine unfassbare Wut auf. Natürlich war es wieder der Norden,  der sich gegen sie stellte. Am liebsten wollte sie einfach auf Ancalagon dorthin fliegen und alle vernichten die sich der jungen Königin in den Weg stellten. Aber sie konnte das nicht tun. Sie war verantwortlich für all diese Leben, die nichts mit den Rebellen zu tun hatten. Sie hoffte, dass auch endlich der Mann, den alle nur den Schatten nannten, endlich in Minas-Tirith eintrat, um ihr mehr Informationen zu geben. Er war ein Spion und verfügte über ein großes Netzwerk an Informanten.
Loki wird im Norden für Ruhe sorgen..., dachte sie sich.
Die junge Maia legte sich auf das Bett und versuchte etwas zu schlafen. Die folgenden Tage sollten noch anstrengend werden. Denn es standen weitere Planungen und Vorbereitungen für die Kämpfe an...


Kiana Vaneryen in ihren Gemächern in Minas-Tirith (Gondor)....
Titel: Dol Amroth
Beitrag von: Saizo am 2. Feb 2021, 12:36
Dol Amroth

Sanya Terelos und Mithrendan in Dol Amroth



"Wir haben noch einen gefunden, Kommandantin."
Die in gondorische Rüstungen mit dem roten Drachen auf der Brust gekleideten Friedenswächter zerrten einen gedrungenen Mann in das Empfangszimmer. Man konnte anhand seiner Kleidung sehen, dass es sich um einen einstigen Adeligen handelte. An seinen Fingern steckten mehrere teure Ringe, und der Stoff von Wams und Hose war mit Gold durchwirkt.
Sanya drehte sich um und musterte den Gefangenen. Sie erkannte ihn nicht, woraus sie schloss, dass er dem niederen Landadel angehört haben musste. Wäre er ein ehemaliger Fürst oder gar Statthalter gewesen, wäre ihr sein Gesicht bekannt vorgekommen. Im Gegenzug zu ihr wusste der Mann jedoch, wer Sanya war. Er wurde bleich, doch dann ballte er die Hände zu Fäusten und wehrte sich heftig gegen den groben Griff der Soldaten.
"Verräterin!" spuckte er, überschäumend vor Hass.
"Aus welchem Loch habt ihr ihn gezerrt, Rugnor?" fragte Sanya gelassen und ignorierte das Gezeter des Adeligen.
Der Soldat, den sie mit Namen angesprochen hatte, salutierte knapp. "Untere Stadtebene. Eine der Tavernen hat einen versteckten Keller. Bis zum Rand voll mit Vorräten und Waffen."
"Wie überaus interessant," fand Sanya und musterte den Gefangenen mit hochgezogener linker Augenbraue. "Noch einer der glaubt, er könne die guten alten Zeiten auf eigene Faust zurückholen."
"Warum tut Ihr das?" rief der Gefangene, nun mischte sich Verzweiflung in seine Stimme. "Ich weiß wer Ihr seid! Warum dient Ihr freiwillig einer Mörderin, die uns alles genommen hat?"
"Uns?" wiederholte Sanya, als hätte sie ihn nicht genau verstanden - auch wenn natürlich das Gegenteil der Fall war.
"Wir sind die seit tausenden von Jahren herrschenden Geblüter Gondors! Die rechtmäßigen Erben Númenors! Wieso also folgt Ihr einer Thronräuberin aus dem Osten?"
Sanya trat zu ihm und hob sein Kinn mit einem Finger an, damit er ihr in die Augen blickte. "Ganz einfach," sagte sie gelassen. "Weil sie Abschaum wie dich von ihrem bequemen Sitzen verjagd hat und den Reichtum, den ihr angehäuft habt, gerecht unter dem Volk verteilt." sie ließ ihn los und drehte sich von ihm weg, dann begann sie, mit auf den Rücken gelegten Händen im Raum auf und ab zu gehen. "Wolltest du den großen Erneuer des Adels spielen, hmm? Indem du Waffen hortest und auf eine gute Gelegenheit wartest, einen Aufstand anzuzetteln? Wie mutig von dir!" lobte sie ihn sarkastisch und wandte sich dann an die Soldaten. "Schafft ihn mir aus den Augen. Gute Arbeit, Jungs."

"Was wirst du mit den Vorräten tun, die die Soldaten gefunden haben?"
Sanya drehte sich um. In der Tür, durch die man den Gefangenen soeben fort geschleift hatte - seine wütenden Schreie verklangen noch in der Halle auf der anderen Seite - lehnte ein Mann in einem grauen Mantel. Die Rüstung, die er trug, war aus Leder und darauf war ein verblasster Baum auf der Brust eingearbeitet worden. Er trug darüber eine schwarze Schärpe, auf der der rote Drache der Königin prangte. An seiner Seite hingen ein Köcher grün gefiederter Pfeile und über den Rücken hing ein Bogen. Er lehnte sich gegen den Türrahmen und sah Sanya an.
"Mithrendan!" Ihre Miene wurde weich und sie gab ihre Haltung auf, um ihn stürmisch zu umarmen. "Du bist zurück!"
"Bin ich. Hast mich vermisst, mh?" Er grinste in seinen Bart hinein und rieb Sanya spielerisch über den Kopf.
"Lass das sein!" sagte sie und löste sich von ihm. "Wenn das die Soldaten sehen ist es mit dem hart erarbeiteten Respekt dahin - du weißt doch genau, wie schwer es ist, sich als Frau bei der königlichen Armee einen Namen zu machen."
"Wenn es eine gibt, die es schaffen kann, dann bist du das, Sanya,"  eriwderte er und sie konnte sehen, dass er es - wie immer - zu einhundert Prozent auch genauso meinte. Guter alter Mithrendan, dachte sie, ehe er seine Frage wiederholte.
"Also, Sanya, Was ist mit den Vorräten? Und den Waffen?"
Sanya dachte einen Augenblick lang nach. Dann sagte sie etwas unentschlossen: "Es wird wohl das beste sein, sie... dem Legaten zu übergeben, damit er sie gerecht unters Volk verteilen kann. Die Vorräte meine ich - die Waffen müssen wir natürlich beschlagnahmen - du kennst die königlichen Gesetze."
"Ja, ja... niemand darf Waffen tragen, außer Angehörige des Militärs," sagte Mithrendan und verdrehte gespielt die Augen. "Dieser Legat, ist das nicht einer der Ostlinge?"
"Ja," antwortete sie. "Gefällt mir genauso wenig wie dir, aber..."
"Wie meinst du das? Vielleicht ist er ein guter Mensch,"  sagte Mithrendan verwundert.
"Oh, aber natürlich ist er das," erwiderte Sanya spottend. "Du und dein unerschütterlicher Glaube in die Menschheit."
Ihr bester Freund winkte gelassen ab. "Dein Zynismus wird ja immer schlimmer," kommentierte er nur. "Ich sage, gib die Vorräte diesem Legaten und sieh zu, was er damit macht. Ich bin mir sicher, sie werden gerecht verteilt werden."
Sanya seufzte einmal, dann nickte sie langsam. "Also gut. Machen wir unsere Arbeit, so wie sie von uns erwartet wird. Jetzt erzähl mal was du in den letzten Tagen herausgefunden hast."

Mithrendan, der einige der kleineren Dörfer rings um Dol Amroth durchritten und sich mit den Bewohnern unterhalten hatte, hatte einiges in Erfahrung bringen können. Es stellte sich heraus, dass Sanyas Auftragegeberin - die Königin - mit ihrem Verdacht richtig gelegen hatte. In Dol Amroth und Belfalas regte sich Widerstand gegen die Krone. Vermutlich hatte es damit zu tun, dass vor dem Fall von Minas Tirith ein Dol Amrother auf dem Thron gesessen hatte. Deshalb war Sanya als Kommandantin einer kleinen, aber schlagkräftigen Einheit von Friedenshütern nach Westen entsandt worden, um der Wahrheit auf den Grund zu kommen. Zwei Wochen lang durchkämmten sie nun schon die Stadt und das Umland, und hatten so manchen Gefangenen gemacht. Der kurz zuvor eingekerkerte Adelige war allerdings der dickste Fisch gewesen, der Sanyas Leuten ins Netz gegangen war.
"Wir sind hier eben nicht in der Weißen Stadt," sagte Mithrendan gerade. "Minas Tirith ist weit von hier und die alten Regeln sind noch immer fest in den Köpfen der Leute etabliert. Ich sagte dir ja, dass eine Zentralregierung genau mit solchen Problemen zu kämpfen hätte."
"Und was würdest du stattdessen erlassen? Zurück zu dem System der Ausnutzung der einfachen Bevölkerung durch die Adeligen, die sich selbst daran bereichern?" hielt Sanya dagegen.
"Hat deine Familie mich oder meine Eltern etwa ausgenutzt?" fragte ihr bester Freund und legte den Kopf etwas schief.
"Nicht direkt... aber sie waren die Ausnahme. Beantworte meine Frage, bitte."
"Ich denke, es wäre am besten, wenn die Menschen sich selbst regieren würden, jede Region für sich," meinte der Kundschafter. "Aber das wusstest du schon."
"Ja," seufzte Sanya. "Ich wollte es nur noch einmal gehört haben. Gibt es sonst noch etwas Neues?"
"Nichts Erwähnenswertes, bis auf dies... eines der Dörfer, durch das ich geritten bin, war vollkommen verlassen."
"Verlassen? Wie meinst du das?"
"Na, es war leer. Leergefegt. Keine Menschenseele war anzutreffen."
"Vielleicht waren sie alle gerade bei einer Feier?" überlegte Sanya.
"Das Dorf muss schon eine ganze Weile leer stehen," antwortete Mithrendan. "Ich habe keine frischen Spuren gefunden."
"Hmmm," machte Sanya nachdenklich. "Vielleicht hat es nichts mit unserem neuen Freund dort unten im Kerker zu tun, aber... ich habe da so ein Gefühl, dass hinter diesem leeren Dorf mehr steckt." Sie trat an das große Fenster hinter ihrem Schreibtisch und blickte auf die Stadt hinunter, die sich vor ihr ausbreitete. "Wir lassen die Straßen und Häuser morgen noch einmal gründlich durchsuchen -  vielleicht geht uns ja noch so eine Ratte in die Falle - und danach finden wir heraus, was aus den verschwunden Dorfbewohnern geworden ist."
"Wenn sie in Gefahr sind, müssen wir ihnen helfen," beharrte Mithrendan.
"Natürlich. Und wenn sie eine Gefahr geworden sind, dann müssen wir dagegen vorgehen."
"Natürlich," wiederholte Mithrendan das Wort. "Das müssen wir."
"Schön dass wir uns da einig sind," sagte Sanya zufrieden. "Gut. Dann schage ich vor, wir suchen uns für heute Abend etwas zu essen."
Gegen diesen Vorschlag hatte Mithrendan nicht das Geringste einzuwenden.
Titel: Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 2. Feb 2021, 15:00
Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)

Kiana Vaneryen auf dem Vorplatz der weißen Festung…



Kiana musterte die neuen Rekruten ihrer Armee und die siebentausend neuen schwarzen Ostlinge, die mit Schiffen aus Umbar in Minas-Tirith eintrafen. Dabei war es ihr wichtig die ganze Szenerie mit vielen Fahnen, Bannern und Märschen der Soldaten vor den angesehenen Menschen zu zelebrieren.
Über dem Hochgebirge, an welchem die weiße Festung lag, kreiste Ancalagon, der schwarze Drache Kianas, am Himmel. Begleitet wurde jeder Flügelschlag von Lauten, die der Drache von sich gab. Dabei nutzte die Königin natürlich auch die Wirkung des geflügelten Ungeheuers auf die Menschen.
Alle Soldaten trugen schwarze Rüstungen, die auf der Brust den dreiköpfigen Drachen zeigten. An den rechten Armen befanden sich Blutrote Armbinden, während die Kommandanten der neuen Rekruten eine Blutrote Schärpe um hatten.
Stramm und diszipliniert standen alle in Reih und Glied, während Kiana an ihnen vorbei ging. Keiner von ihnen sah ihr direkt in die Augen, noch wagte es einer der Soldaten einen Gesichtsmuskel zu bewegen.
Die neue Armee machte Kiana stolz. Immerhin baute sie selbst ihre Armee auf und  erhielt den größten Andrang an Rekruten wie lange Zeit nicht mehr. Vor allem bestätigte das Kianas Gefühl die richtige Herrscherin gewesen zu sein, da niemand gezwungen war in die Armee einzutreten. Trotzdem kamen viele freiwillig um für ihre neue Königin zu kämpfen.  Besonders aber die neuen Ostlinge, dessen Hauptmann sie freudestrahlend begrüßte, ließen sie sehr souverän wirken. Denn diese Männer aus dem Osten genossen diese die gleiche Ausbildung, wie ihre Vorgänger. Sie waren aber keine Sklaven und wurden nicht beschnitten. Sie wählten das Schicksal selbst und frei. Für die Königin und die Befreiung der Welt vor der Tyrannei zu befreien.
Im selben Moment sprach sie mit den Hauptmännern, die für die Ausbildung der Rekruten zuständig waren, da hörte sie Hufen auf den Pflastersteinen schlagen. Sofort stellten sich ihre Wachen vor die Königin, während sich Kiana selbst schnell umdrehte. Sie erkannte nur einen Reiter auf einem Pferd. Seine Kleidung war schmutzig und er selbst wirkte ungepflegt. Sie beobachtete, wie er von seinem Ross abstieg und auf die junge Frau zu lief. Als der Mann näher kam, erkannte sie allmählich sein Gesicht. Es war Loki, den sie vor einigen Wochen in den Norden geschickt hatte.
Sie war verblüfft, denn sie hatte den Mann noch nie so heruntergekommen gesehen. Er war sonst immer auf sein Aussehen bedacht.
"Du hast lange auf dich warten lassen!", sagte sie relativ kühl und wandte sich dabei von ihm ab, "Wo ist die Armee?".
"I-ich bin im Norden umher geirrt, wäre fast gestorben und du fragst nach dem Verbleib der Armee?", stotterte Loki entsetzt vor sich hin.
"Und warum bist du fast gestorben?", fragte sie fast schon sarkastisch, "Wolltest du ein Held in der kurzen Schlacht sein?".
"Ein Held?", rief er lachend. "Es war ein Gemetzel! Hätte ich gewusst, dass die Rebellen zusammen arbeiten, hätte ich die Männer niemals an der Straße geführt!". 
"Also stimmt es und du hast dich von einer Gruppe Wilder besiegen lassen?", schnaubte die Königin abwertend. Dann machte sie sich einfach auf dem Weg in den Palast.

Auf der höchsten Ebene angekommen, kreiste noch immer Ancalagon über die Berge und die weiße Festung. Selbst an den Gebäuden der obersten Ebene hingen viele Banner und Flaggen des Hauses Vaneryen. Kiana durchschritt mit raschen Schritten die Türen des Palastes, die ihr von den Wachen geöffnet wurden, in den Thronsaal. Loki und ihre Wachen folgten ihr stets. Wobei Loki mehr Mühen damit hatte, ihr Tempo beizubehalten. Plötzlich blieb so stehen, sodass Loki fast in sie hinein lief.
"Ich habe dich losgeschickt, damit du einzelne Aufständische besiegst, stattdessen sagst du mir, dass du fünftausend Männer verloren hast?", fauchte sie ihn an. "Und dann kommst du so spät mit der Nachricht zurück zu mir?". Sie war enttäuscht von ihm. Immerhin gab sie ihm eine leichte Aufgabe und selbst die schaffte er nicht zu erfüllen. Damals in Umbar konnte sie immer auf ihn zählen und nun war er nicht fähig, eine kleine Bedrohung aus der Welt zu schaffen? Wahrscheinlich hätte sie ihm nicht vertrauen sollen. Wie sie auf niemanden vertrauen sollte, außer auf sich selbst. Sie strich sich ihr silbernes Haar aus dem Gesicht.
"Ein kleines Problem?", entgegnete Loki fassungslos. "Hast du mir nicht zugehört? Die Rebellen haben sich vereint und werden sich nicht deinen Willen beugen!".
"Ach und das weißt du woher?", fragte sie mit einem verspotteten Unterton.  Loki verdrehte daraufhin nur die Augen.
"Ich war bei ihnen…", versuchte er verzweifelt zu erklären, "...Ich war bei ihnen damit sie mich nicht töten! Sie haben wahrlich gedacht, dass ich einer von ihnen werden würde... Pah! Dass ich nicht lache!".
Irgendetwas in Kiana ließ sie ihm nicht völlig glauben. Dafür war der Glanz in seinen Augen viel zu stark, als er die Worte aussprach. "Sie haben dich aufgenommen - Verstehe…", sagte sie ungläubig. "Und warum sollten sie das tun, wenn sie doch die meisten abgeschlachtet haben?".
Dabei ging sie zu dem steinernen Thron und goss sich mit einem Krug etwas Wein in einen der Kelche.  Die junge Frau zog ihre Augenbrauen hoch, um ihm anzudeuten, dass sie auf eine Antwort wartete. Ihre Lippen nippten währenddessen an dem Kelch.
"Es gab da ein Mädchen…", fing er gedämpft an, "...Sie hat mich im Kampf besiegt und gefangen genommen… Ich hab ihr eingetrichtert, dass ich ihr und den anderen helfe!".
Als er diese Worte aussprach, musste die junge Königin aufpassen, nicht am Wein zu ersticken, als sie sich verschluckte.
"Ein Mädchen also?", fragte sie hustend und räusperte sich dabei, um den Wein aus ihrer Luftröhre zu bekommen. "Bei meiner Abreise aus Umbar, versichertest du mir, dass nur ich die Frau bin, die du jemals Lieben wirst… Scheinbar hatten Faramir und Galador doch recht und du bist nur ein… primitiver Lüstling…". Sie musterte den Mann fast schon angewidert von oben bis unten. "Gut, du bist ja auch ein Mann…". Dann nahm sie einen großen Schluck aus ihrem Kelch und stellte ihn zurück auf den Tisch.
"Du weißt, dass es noch immer so ist!", entgegnete Loki, "Ich musste ihr glaubhaft machen, dass ich es ernst meine bei den Rebellen zu bleiben! So habe ich wichtige Informationen bekommen!".
Kiana bemerkte, dass der Mann wohl etwas nervös wurde und ging einige Schritte auf ihn zu. Sie strich ihm mit einem Finger durch das Gesicht und lief um ihn herum.
"Und was sind diese Informationen?", sagte sie dabei ruhig.
"Die Rebellen haben sich verbündet und wollen Arnor für sich beanspruchen..", versuchte er zu erklären und blieb ebenfalls dabei ruhig. Kiana dachte sich dabei nichts. Das war ein kleines Problem, welches noch warten konnte. Die Legaten im Norden waren Hauptmänner der schwarzen Ostlinge. Sie würden Arnor bis zur bitteren Vernichtung verteidigen. Sie interessierte sich lieber für andere Informationen. "Wie war denn dieses Mädchen?".
Loki schnaubte lachend aus Verlegenheit. "Was spielt das denn für eine Rolle? Ich weiß nicht, ob es so eine gute Idee ist...".
"Für mich eine sehr große!", erwiderte Kiana schnell. "Wie sah sie aus, wie ist sie so?".
Sie lief weiter um Loki und beobachtete seine Mimik genau. Vor allem, da er zunächst schwieg.
"Gut, wie du willst... Sie ist vielleicht etwas größer als du…  Hat Braunes Haar, trägt oft einen Zopf... Sie Hat Grüne Augen, wohlgeformt… Vielleicht etwas größer als du…", antwortete er schließlich. "...Und wie soll sie sein? Sie ist aufgeweckt, entschlossen in ihrer Sache und Willensstark… Ich denke, sie weiß was sie will…".
Während er sprach, beobachtete Kiana ihn weiter. Schnell bemerkte sie dabei das funkeln in seinen Augen, wenn er scheinbar an das Rebellen Mädchen dachte. Sie wusste nicht ob sie sich davon verunsichern lassen sollte. Vielleicht war es nur eine Schwärmerei und Loki entdeckte einfach etwas neues. Eine Art Spielzeug für ihn.
"Und weiter?", fragte sie ihn aus.
"Sie wirkt herzlos und doch wunderschön, nervig wie ein kleiner Teufel… Und trotzdem ist sie ehrlich und bleibt wohl immer ein Mysterium…", schwärmte er schon fast.
"Wie heißt sie?", wollte die junge Maia wissen. Mittlerweile fühlte sie sich doch schon gekränkt und blieb vor Loki stehen. Ihr vorher doch recht verspielter und enspannter Blick verwandelte sich in eine ernste Miene. Die Art, wie er von ihr sprach und das leuchten in seinen Augen gefielen ihr ganz und gar nicht. Es war der Gleiche Ausdruck, den er auf seinem Gesicht hatte, als er ihr ihre Liebe in Umbar gestand. Das war zwar schon Jahre her. Allerdings war sie davon noch immer überzeugt, dass er noch so dachte, als er Minas-Tirith erreichte.
"Sie heißt Octavia…", sagte Loki noch. "Octavia…", wiederholte Kiana den Namen leise.
Wahrscheinlich bilde ich mir zu sehr etwas darauf ein!, redete sie sich selbst zu. Wer war dieses Mädchen namens Octavia schon. Sie war weit weg im Norden. Eine Rebellin, die sowieso bald starb. Eine unbedeutende Person. Natürlich wollte sie auch keine Schwäche vor Loki zeigen, denn sie war nicht schwach. Sie war stark und musste es für das Reich sein. Deshalb antwortete sie auch eher offensiv: "Wahrscheinlich löst sie bei primitiven Männern ein gewissen Verlangen aus… Ein Verlangen sie und ihre Wildheit zu bändigen… Ganz und gar zu zähmen!".
Loki antwortete ihr nicht. Die junge Königin deutete das Schweigen dass sie recht hatte, mit dem was sie sagte und sah es als Triumph über ihn an.
"Das darf nicht noch einmal passieren, Loki!", wechselte sie plötzlich das Thema, da sie nicht weiter über seine Liebschaft nachdenken wollte. "Du darfst nicht kopflos in den Norden reisen und Armee verlieren! Vielleicht solltest du selbst einen Späher schicken, der das Gebiet vorher auskundschaftet und das nicht auf mangelnde Informationen schieben!".
Der Mann nickte ihr nur ruhig zu und kniete auf den Boden. "Verzeih mir, meine Königin!".
Kiana ging auf ihn zu und nahm das Gesicht des deutlich größeren Mannes, der vor ihr kniete, in ihre Hände. "Dann sei demnächst vorsichtig… Ich kann dich nicht auch noch verlieren!". Dabei klang sie sehr bestimmend, fast schon verzweifelt und redete auf ihn ein. "Die Friedenshüter werden auch den kleinen Problemen Herr, also schaffst du es auch im Norden! Enttäusche deine Königin nicht! Nicht schon wieder!".
Auch wenn er sein Gesicht verzog, wenn sie wieder von einem kleinen Problem sprach, nickte er ihr nur wieder erneut zu.
"Und jetzt geh dich waschen!", rief sie, während sie ihre Hände von seinem Gesicht löste und ihn angewidert ansah. Noch nie hatte sie ihn so gesehen. Sie kannte ihn sonst nur als recht eitlen Mann, der sehr auf sein Äußeres achtete. "Du stinkst und bist dreckig! Ich kann dich so nicht an meine Seite, während des Turniers lassen.. Wir werden uns später um Arnor kümmern! Na los!".
Sofort sprang Loki auf und machte sich auf dem Weg. Die junge Königin sah ihm noch eine Weile nach. Als er weiter entfernt war, seufzte sie tief, sodass er es nicht bemerkte. Sie hatte nicht wirklich Glück mit den Männern, die sie um sich hatte. Einzig und allein Faramir liebte sie von ganzem Herzen. Aber er war tot. Vielleicht noch die schwarzen Ostlinge, die sie befreite.
Ich muss mich um andere Sachen kümmern…, dachte sie sich und ließ Grauer Staub, den Anführer aller ihrer Armeen zu sich rufen. Er war für die Sicherheit der Königin am Tage des Turniers verantwortlich. Sie musste mit ihm noch einige Sicherheitsvorkehrungen besprechen.


Kiana verbleibt im Palast der weißen Festung…
Titel: Dol Amroth, Umland
Beitrag von: Saizo am 3. Feb 2021, 13:18
Dol Amroth, Umland (Gondor)

Sanya Terelos und Mithrendan im Umland von Dol Amroth unterwegs



Am folgenden Morgen ritt die kleine Kompanie durch das große Haupttor der Stadt auf die umliegende Küstenebene hinaus. Hinter ihnen flatterten schwarze Banner von den Mauern herab, und ein Trompetenschall verabschiedete sie, wie es sich gebührte. Mithrendan ritt voraus, sein grauer Mantel bauschte sich hinter ihm auf als eine Meeresbrise durch die Gruppe rauschte.
Sanya rieb sich die Nasenwurzel. Sie hatte schlecht geschlafen; war noch gute zwei Stunden wach gelegen ohne dass sie der Schlaf übermannt hatte. "Verdammter Vollmond," murmelte sie, während sie sich bei der Nachhut einreihte. Sie preschten über die Ebene hinweg, nach Nordwesten in Richtung der kleinen Bergkette, die sich im Zentrum von Belfalas erhob. Dort lag das verlassene Dorf, das Mithrendan auf seinem Spähritt aufgefallen war.

Der Mittag verging, ehe sie in dem Dorf eintrafen. Sie fanden es so verlassen vor wie der Kundschafter es beschrieben hatte. Sanya stieg von ihrem Pferd und ihre Soldaten taten es ihr gleich.
"Ausschwärmen," befahl sie knapp. "Ich will dass jeder Stein hier umgedreht wird. Irgendwo müssen die Dorfbewohner hin verschwunden sein, wenn sie sich nicht in Luft aufgelöst haben."
Die Männer machten sich ans Werk. Sanya selbst betrat nachdenklich, aber mit aufmerksamem Blick das zentrale Gebäude des Dorfes, eine verlassene Schänke. Die Tür hing schief in den Angeln und auf dem Boden lag eine dicke Schicht staub, die mit jedem Schritt unter Sanyas Stiefeln aufgewirbelt wurde.
"Hier war seit Monaten niemand mehr," kommentierte Mithrendan, der ihr gefolgt war.
"Sieht ganz danach aus," pflichtete sie ihm bei und sah sich weiter um. "Aber warum sollten die Bewohner ihr Dorf verlassen? Wir sind hier keine zwei Meilen von der Straße nach Minas Tirith entfernt... ich bin mir sicher, dies war einst ein belebter Ort an dem Händler auf ihrem Weg eine Pause einlegen konnten."
"Vielleicht waren sie es Leid, ihre Steuern zu entrichten?" mutmaßte Mithrendan.
"Das haben sie auch unter ihrem ehemaligen Herrn tun müssen," hielt Sanya dagegen. "Hier stimmt irgend etwas nicht. Also... was übersehen wir? Hilf mir mal."
"Ich sagte doch, dass ich hier keine Spuren gefunden habe, Sanya."
"Kommandantin," korrigierte sie ihn. "Vor den Männern hast du mich korrekt anzusprechen."
"Die Männer durchkämmen das Dorf und können uns nicht hören," meinte Mithrendan kopfschüttelnd, doch er grinste. "Also gut, Kommandantin. Hier gibt es keine Spuren."
Sanya kletterte hinter den Tresen. "Ist das so? Und was ist dann das her?" Sie riss den schweren Teppich der dort lag weg. Darunter kam eine verborgene Luke zum Vorschein.
Mithrendan beugte sich über die Theke und staunte nicht schlecht. "Na los, sieh nach was dort versteckt ist?"
"Schon dabei," sagte Sanya und öffnete die Luke. Stickige, nach Rauch schmeckende Luft schlug ihr entgegen. Eine senkrechte Leiter führte nach unten in einen gemauerten Kellerraum. Flink kletterte Sanya herunter und sah sich um, während Mithrendan ihr folgte. Der Keller war ebenso leergefegt wie der Rest des Dorfes, doch an der hinteren Wand schimmerte etwas Licht. "Das muss eine Fackel sein, dem Geruch nach zu urteilen," sagte Mithrendan. Sie fanden in der Wand ein mannshohes Loch, das offenbar mit Gewalt in die Mauer geschlagen worden war. Dahinter begann ein dunkler Höhlengang, der nur vom Licht der fernen Fackel ein wenig erhellt wurde.
"Komm schon," sagte Sanya und ging vorsichtig los, die linke Hand immer an der erdigen Höhlenwand haltend. Achtsam setzten die beiden einen Fuß vor den anderen, bis sie die Quelle des Lichts erreicht hatten.
"Diese Fackel kann nicht älter als ein paar Stunden sein," sagte Mithrendan. "Sonst wäre sie längst erloschen."
"Also war jemand hier, heute Vormittag," schloss Sanya. "Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht. Komm, sehen wir mal, wohin dieser Gang führt."

Sie folgten dem Höhlengang noch eine halbe Meile. Hier und da fanden sie halb abgebrannte Fackeln vor, doch den Großteil des Weges legten sie in Dunkelheit zurück. Dann endlich kamen sie in eine größere Höhle, von deren hinterem Ende Tageslicht schimmerte. Sie staunten nicht schlecht, als sie sich dort umsahen.
"Volltreffer, würde ich sagen," meinte Mithrendan anerkennend und trat mit dem Stiefel gegen ein prall gefülltes Fass voller Waffen. Die ganze Höhle strotzte nur so davon, beinahe bis unter die Decke stapelten sich Truhen und Kisten mit Rüstungen, Waffen und Pfeilen.
"Genau wie in Dol Amroth," meinte Sanya nachdenklich und nahm eine Fackel aus ihrer Halterung an der Wand, um einen besseren Blick auf die gelagerten Waffen werfen zu können. Dabei machte sie einen kleinen Schritt vorwärts - was ihr das Leben rettete. Hinter ihr sauste ein Pfeil haarscharf an Sanyas Rücken vorbei und blieb zitternd in einem der Fässer stecken. Sanya und Mithrendan fuhren herum, doch da stürzten sich bereits zwei Gestalten aus den Schatten heraus auf sie. Es blieb gerade noch genug Zeit, die Schwerter zu ziehen; Sanya verfluchte sich dafür, ihren Schild am Sattel ihres Pferdes hängen gelassen zu haben. Sie ließ die Fackel fallen und parierte mit einer oft geübten Bewegung den Krummsäbel des Angreifers, der auf sie losgegangen war. Es war ein bärtiger Mann mit wildem Ausdruck in den Augen. Der Köcher auf seinem Rücken verriet ihn als den Schützen, der Sanya beinahe auf dem Gewissen gehabt hätte.
Sanya blieb nichts anderes übrig, als ihr Schwert einhändig zu führen, auch wenn es für sie ungewohnt war, ohne Schild zu kämpfen. Glücklicherweise schien ihr Gegner zwar kräftig, aber kein ausgebildeteter Krieger zu sein. Drei Paraden später, als der Mann gerade zum nächsten Schlag ausholte, bohrte sich Sanyas Klinge in seine Schulter. Aufbrüllend ließ er seine Waffen fallen brach wimmernd zusammen.
Sanya warf einen raschen Blick zu ihrem Gefährten, doch sie hätte sich keine Sorgen um Mithrendan machen brauchen. Auch wenn der Kundschafter lieber mit Bogen und Speer kämpfte, war er noch immer ein hartgesottener Veteran. Er enthauptete seinen Gegner, gerade als Sanya zu ihm schaute.
"Verdammt," keuchte sie angestrengt. "Wir hätten ihn lebendig gebraucht."
Mithrendan half dem zweiten Angreifer auf, doch ehe er ihn stützen konnte, war Sanya bei ihm und schlug den Mann mit einem gezielten Schlag ihres Schwertknaufes gegen die Schläfe bewusstlos.
"Was sollte das denn?" fragte der Späher verwundert. "Ich wollte ihn sicher zurück ins Dorf bringen."
"Du bist zu vertrauensselig," sagte Sanya kopfschüttelnd und zog zwei versteckte Dolche hervor, die der Bewusslose bei sich getragen hatte. "Denkst du, er wollte, dass wir ihn gefangen nehmen? Diese beiden wollten entweder uns tot sehen oder bei dem Versuch sterben. Fehlgeleitete Fanatiker..." Sie schüttelte den Kopf. "Na los. Schaffen wir ihn zurück zu den Soldaten."

Im Dorf angekommen verband eine der Friedenswächter die Verletzung des Bewusstlosen, die sich als weniger schlimm herausstellte, als Sanya erwartet hatte. Bis auf etwas Blut fehlte dem Mann nichts.
"Weckt ihn auf," ordnete sie an. Ein Soldat füllte am Dorfbrunnen einen Eimer mit Wasser und leerte ihn über dem Gefangenen aus. Er kam hustend und fluchend zu Bewusstsein und setzte sich halbwegs auf. Als er bemerkte, wo er sich befand, wurde er bleich und biss die Zähne zusammen. Ein Soldat band ihm die Hände auf dem Rücken zusammen.
Sanya ging neben ihm in die Hocke. "Keine besonders freundliche Art, sich vorzustellen," sagte sie und spielte auf den Angriff aus den Schatten heraus an. "Für gewöhnlich nennt man dem Gegenüber seinen Namen, haben dir deine Eltern das nicht beigebracht?"
"Ich weiß wer du bist," knurrte der Mann, doch Sanya konnte die Angst in seinen Augen sehen. "Eine verfluchte Verräterin, die gegen ihr eigenes Volk vorgeht, damit es weiter leidet."
"Mh," machte Sanya. "Noch einer von der verbitterten Sorte. Ehemaliger Landadel, nehme ich an?"
"Ich werde dir gar nichts verraten," erwiderte er.
"Das muss er gar nicht," sagte Rugnor, einer der Unteroffiziere. "Ich erkenne das Gesicht. Er steht auf der Liste der Gesuchten, Kommandantin. Sein Name ist Edrazôr. Ihm unterstanden ein paar Dörfer an der Südküste von Belfalas."
"Sieh mal einer an," sagte Sanya und setzte ihr freundlichstes Lächeln auf. "Lord Edrazôr also?"
Der Gefangene zitterte und sie sah, wie ihn die Entschlossenheit verließ. "Der... silberne Schwan wird sich erheben," murmelte er wenig überzeugend.
"Das werden wir sehen," entgegnete Sanya. "Bindet ihn hier an. Wir folgend den Spuren in der Höhle."
"Aber, ihr... ihr könnt mich doch nicht einfach hierlassen! Das Dorf wurde aufgegeben!" jammerte Edrazôr.
"Oh, wenn es wirklich aufgegeben wurde, dann wird dir nichts zustoßen," erwiderte Sanya. "Wir holen dich auf dem Rückweg hier wieder ab."
"Ihr... ihr versteht nicht..." wimmerte der Gefangene.
Mithrendan blickte etwas unbehaglich drein, doch ehe er etwas sagen konnte, hob Sanya die Hand. "Wir gehen. Alle Mann, abmarsch!"
Auf dem Weg zurück zu dem verborgenen Keller raunte sie Mithrendan zu: "Er hat Angst, weil er weiß, dass seine Leute in der Nähe sind, und weil er weiß, dass es ihm schlecht ergehen wird, wenn sie herausfinden, dass er zugelassen hat, dass die Höhle endeckt wurde."
"Du meinst..."
"Ich benutze ihn als Köder. Komm jetzt... unser Rückzug muss überzeugend aussehen."
Den Großteil der Soldaten schickte Sanya tatsächlich hinab in die Höhle, um die Waffen sicherzustellen und den jenseitigen Ausgang zu bewachen. Sie selbst bezog mit Mithrendan und vier weiteren Soldaten Stellung im Obergeschoss des Gasthauses, von wo sie durch die zerbrochenen Fenster alles beobachten konnten, was unten auf der Straße geschah.
"Und jetzt warten wir."

Zwei Stunden vergingen, und die Schatten wurden lang, als die Sonne langsam zu sinken begann. Gerade als Sanya zu glauben begonnen hatte, dass ihre Falle fehlgeschlagen wäre, tauchte am hinteren Ende des Dorfes ein Reiter auf, der in einen dunklen Mantel gehüllt war. Sein Gesicht war unter einem Helm verborgen, der mit zwei schwarzen Federn verziert war. Gemächlich ließ der Reiter sein Pferd bis kurz vor dem Zentralplatz trotten, dann blieb er stehen. Edrazôr, der anfangs vor sich hin gewimmert und später einfach nur noch stumm ins Leere gestarrt hatte, blickte auf. Alles Blut wich aus seinem Gesicht.
"N-nein, bitte, bitte nicht, es war nicht meine Schuld!" bettelte er. "Vergebt mir! Ich war machtlos, sie..."
Der Reiter nahm eine große Armbrust hervor, die an seinem Sattel befestigt war. Sanya sprang auf als sie das sah. "Verdammt! Er will-"
Weiter kam sie nicht. Ein breiter Bolzen bohrte sich in Edrazôrs Herz. Tot kippte er nach vorne, als die ersten Soldaten aus der Taverne gestürmt kamen. Der Reiter drehte sich um und preschte davon.
"Zu den Pferden!" rief Sanya und eilte los, die Straße zur anderen Seite des Dorfes entlang. Doch dort fand sie die beiden Wächter erschlagen vor. Die Pferde waren fort. Einer der toten Soldaten hielt ein Stück Pergament in der Hand, das wirkte, als sei es erst nach seinem Tod dort platziert worden. Sanya befreite es aus den kalten Fingern des Toten und überflog die Zeilen hastig.

An die ehrenwerte Lady Sanya Terelos
Du kannst nicht aufhalten, was ich in Gang gesetzt habe. Ich werde dieses Land heilen und sein Volk vom Joch des roten Drachen befreien. Dein Kampf ist zwecklos. Ich habe mehr Anhänger als du gefangennehmen kannst und mehr Waffen als du beschlagnahmen kannst. Es wäre weise, wenn du dich mir anschließt. Ich werde dich erneut kontaktieren.
Der Silberne Schwan

"Verdammt!" Sanya knüllte das Pergament zusammen und ballte die Hände zu Fäusten. Was jetzt?, dachte sie sich.
Titel: Minas-Tirith, Stadt (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 3. Feb 2021, 14:04
Minas-Tirith, Stadt (Gondor)

Octavia in Minas-Tirith…


Octavia ritt noch ein Stück weiter bis sie die mächtige Hauptstadt des Reiches erblickte. Im Schutz der Dämmerung schlief sie noch etwas damit sie vor Erschöpfung nicht umfiel.
Als die Sonne mittig am Himmel stand, brach sie auf, um die Hauptstadt von Mittelerde zu erreichen. Vorher vergrub sie an einem Baum ihre Waffen. Sie wusste, dass sie in der Stadt nicht so viel Glück wie bei den Soldaten im Lager hatte.
Beim passieren der Tore wurde sie von niemanden aufgehalten. Sie hatte gefälschte Identitätspapiere von einem Mitglied der Freien Arnorischen Armee erhalten, falls sie beim beobachten der Positionen der Truppen in Fornost, die Stadt passieren musste. Somit gab es an den Toren keine Probleme.
Schon an den Stadtmauern dachte Octavia, dass sie die Stadt nicht mehr wiedererkannte. Doch auch innerhalb der Mauern sah es nicht besser aus: Viele Häuser befanden sich dort, wirkten viel größer als früher. Die meisten von ihnen sahen gleich aus und waren aus dem gleichen Dunkelgrauen Gestein. Rotbraune Ziegel bedeckten die Dächer. Die Straßen waren breiter gebaut und an vielen Stellen wurden Brunnen und Gärten errichten, an denen sich die Bevölkerung erfreuen konnten.
Auch wenn es sich für Octavia anfühlte, als war sie in einer fremden Stadt, in der sie noch nie in ihrem Leben gewesen war, bekam sie innerlich Beklemmungen. Denn in ihrem Kopf sah sie die Bilder der zerstörten Stadt, die in Flammen stand und all die Menschen die kreischend um ihr Leben rannten.
Reiß dich zusammen, Octavia!, sprach sie sich immer wieder zu, um ihre Ängste zu überwinden.
Auf den Straßen tummelten sich viele Menschen herum. Die meisten von ihnen wirkten glücklich und zufrieden. Kinder spielten miteinander und hatten kleine Fähnchen, die das Wappen des Hauses Vaneryen abbildeten, in den Händen. Scheinbar konnte und wollte sich hier niemand mehr an das Geschehen vor einigen Jahren nicht erinnern. Denn dafür war die Stimmung in der Stadt zu gut und sie war gerade mal durch die Tore der Hauptstadt geschritten. Aber selbst, als sie weiter in die Stadt lief, um den Ort zu finden, an dem das Turnier stattfinden sollte, änderte sich der Gesamteindruck nicht. Eher im Gegenteil. Viele Menschen auf den Straßen strömten in eine Richtung, trugen Schwarz-Rote Banner bei sich, scherzten und lachten auf dem Weg. Es gab Kinder, die sogar an den Straßenrändern die Schlacht um Minas-Tirith nach spielten und die Eroberer als Helden sahen.
Mit einem kurzen Seufzer versuchte sie sich zu beruhigen. Es brachte nichts sich aufzuregen und unnötig Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
"Wo soll denn das Turnier stattfinden?", fragte Octavia schließlich eine Frau, die in die Gleiche Richtung ging.
"Im Ost-Viertel in der Arena!", entgegnete sie erfreut, "Folge einfach den Menschen hier!".
Octavia versuchte sich durch die Masse an Menschen zu drängeln, um die Arena noch rechtzeitig zu erreichen. Doch bei der Anzahl an Personen war dies gar nicht einfach. Während sie den anderen weiter folgte, kam sie an weiteren Parkanlagen, künstlich angelegten Bächen und wohlriechenden Speisemanufakturen vorbei. Selbst einige Badehäuser befanden sich auf dem Weg.
Endlich ein richtiges Bad nehmen!, dachte sie sich noch, wenn sie daran dachte, dass sie -seitdem sie im Norden war- nur noch in kalte Seen springen konnte, um sich zu waschen. Erneut drang ein leichter Seufzer aus ihr heraus. Natürlich vermisste sie den Komfort ihres alten Lebens. Zumindest in gewisser Weise. Aber deshalb eine Tyrannin wie Kiana als Königin zu akzeptieren stand für sie außer Frage. Sie fokussierte sich aber wieder auf ihr Vorhaben: Kiana zu töten!
Das war was sie tun wollte... Nur deshalb kam sie nach Minas-Tirith!

Endlich war die Arena in Sicht. Die junge Frau musste nur endlich dorthin gelangen. Sie drängelte sich weiter durch die Menschen, bis sie die Tore des imposanten Gebäudes erreichte. Wieder zurück in ihrer alten Heimat zu sein, löste in ihr eine große Anspannung aus. Wenn jemand sie auch nur aus Versehen berührte, zuckte sie zusammen. Octavia wollte endlich die Straßen hinter sich lassen. Immer wieder riefen ihr einige zu, sie sollte sich gefälligst hinten anstellen, während sie sich panisch an ihnen vorbei schob. Doch was sollte es sie kümmern.
Nun war die Frage, an wen sie sich wenden musste, um teilnehmen zu können. Sie sah eine Wache und lief auf diese zu.
"Ich möchte am Turnier teilnehmen!", sagte sie entschlossen.
"Tja… Das ist schön für dich, Mädchen…", erwiderte er, "...Du musst dich an Gerlong dort drüben wenden!". Dabei zeigte er mit seinem Finger auf einen etwas dickeren Mann, der mit Soldaten Kianas sprach, die Rüstungen trugen, die sie in Arnor noch nie gesehen hatte.
"Ich möchte am Turnier teilnehmen!", sagte sie wieder, als sie zu ihm ging.
Daraufhin musterte der Mann sie von oben bis unten und schmunzelte leicht. "Du bist ein wenig spät! Das Turnier beginnt gleich und die Teilnehmer stehen schon fest!".
"Bitte, es ist wichtig für mich!", flehte sie schon fast und faltete dabei ihre Hände. Der Mann seufzte leicht genervt. Er schüttelte seinen Kopf und blieb zunächst bei seiner Meinung.
"Bitte!", bettelte Octavia weiter und sah ihn treuherzig an.
"Was willst du denn da? Die Teilnehmer sind gute und erfahrene Kämpfer… Willst du dir das wirklich antun und… All die Schmerzen einstecken müssen?", dabei klang der Mann plötzlich äußerst besorgt, sogar schon väterlich.
"Ich bin eine gute Kämpferin!", entgegnete die junge Rebellin selbstsicher und stellte sich stramm vor Gerlong. "Ihr wollt ein großes Schauspiel für das Volk und für die Königin? Ich liefere es euch!".
Der dicke Mann lächelte sie daraufhin an. "Gut. Du scheinst überzeugt und nicht mehr umzustimmen zu sein. Wahrscheinlich kommt es der Königin gelegen, wenn auch eine Frau an dem Turnier teilnimmt!".
Octavia war erleichtert die Worte des ;annes zu hören. Die ganzen Mühen hatten sich gelohnt, um nach Minas-Tirith zu gelangen. Sie war ihrem Schritt näher und musste nur noch das Turnier gewinnen.
"Los, bringt sie zu den anderen!", befahl der Mann den Soldaten um sich herum. Einer der Soldaten sagte ihr, mit seiner gebrochenen Sprache, dass sie mit ihnen gehen sollte, was sie auch sofort tat. Allerdings wunderte sich die junge Frau etwas über den Akzent des Soldaten. Er schien nicht aus Mittelerde zu kommen, aber sie konnte auch nicht ausmachen, woher er sonst stammte. Der Soldat führte sie etwas hinter die Arena durch eine Hintertür. Von dort aus ging es über eine Treppe tiefer hinunter, bis sie an einem Verlies-Ähnlichen Ort waren. In gewisser Weise war ihr schon mulmig dabei, da sie nicht wusste was genau passierte oder wo der Soldat sie hinführte.

Schließlich erreichten sie eine großen Raum. Dort standen bereits fünfzehn andere Männer, die sich mit diversen Geräten für den Kampf einstimmten. Der Geruch von frischem Schweiß und muffigen feuchten Gemäuer drang in ihre Nase, weshalb sie diese erst einmal rümpfte. Vorsichtig beobachtete Octavia die Männer. Es waren überwiegend muskulöse große Männer, die kampferprobt wirkten. Zumindest entnahm sie das den vielen Narben und von der Art wie sie mit ihren Waffen übten.
"Na, wen haben wir denn da!", rief ein Mann mit Glatze, der mit ausgestreckten Armen auf sie zu kam. "Du denkst du kannst es mit einem von uns aufnehmen, Mädchen? Ha! Ich lache mich gleich schlapp!".
Octavia wollte erst gar nicht auf den Mann eingehen und verdrehte nur ihre Augen. Sie lief an eine Bank, zog ihre Jacke und ihren Umhang aus. Beide Kleidungsstücke legte sie auf diese Bank. Aus ihrer Tasche holte sie etwas Farbe hervor, die sie für ihre Kriegsbemalung im Gesicht verwendete. Die junge Rebellin griff sich dann eines der Schwerter und nutzte die Spiegelung der Klinge, um ihr Gesicht zu bemalen. Um ihre Augen malte sie jeweils die Umrisse eines Flügel eines Balrogs, ein Dämon aus der Unterwelt. Von der Nase ausgehend, bis hin zu ihrer Stirn, den umriss zweier Äxte. Das war das Symbol, welches Deloth auf der Brust eingebrannt bekommen hatte und immer als Zeichen seiner Freiheit ansah. Er erzählte ihr stets, dass er niemals den Süd-Rebellen hätte helfen können, wenn er nicht ein ausgebildeter Krieger war. Auch wenn dies bedeutete dass er früher ein Sklave war. Inzwischen wusste sie von seiner wahren Herkunft -er erzählte es ihr vor seiner Hinrichtung- und konnte das Symbol besser deuten. Es war eines der vielen Sklavenhalter aus dem Osten. Jene, die gegen Kiana kämpften. Jene, die Ostlinge wie Deloth zu furchterregenden Kriegern ausbildeten. Sie wählte bewusst diese Zeichen, denn sie wollte die Todbringerin der Königin sein!
"Denkst du etwa, das macht mir Angst?", rief der aggressive Mann plötzlich. Sie ignorierte ihn allerdings weiter, stellte ihr Bein auf die Bank aus Holz und zog ihre Stiefel fester. Der Mann stieß ihr Bein von dem Möbelstück aus Holz. "Hey! Ich rede mit dir!", schrie er sie dann an.
"Hast du nichts besseres zu tun?", fragte sie ihn noch ruhig und eindeutig entnervt.
"Oh… Die feine Dame möchte nicht belästigt werden!". Daraufhin lachten die anderen Männer im Raum.
Schwachköpfe!, dachte sie nur. Bevor sie auch den anderen Stiefel fester ziehen konnte, stand der Mann dicht an der jungen Frau. Sein widerwärtiger Geruch und sein warmer Atem ließ sie schon fast erschaudern, während er mit einer Hand an der Wand hinter ihren Kopf lehnte.
"Dich nehme ich mir als letzte vor! Dann habe ich noch meinen Spaß, bevor ich das Turnier gewinne!", sagte er ihr leise.
"Hört auf Lofar! Spart euch eure Kräfte für den Kampf!", unterbrach Gerlong den Glatzkopf. Brummend entfernte er sich endlich von ihr, sodass sie erst einmal durchatmen konnte. Gerlong erklärte die Regeln des Turniers und alle hörten aufmerksam zu.
"Keine Toten! Das war eine klare Anweisung der Königin! Blut ist erwünscht… Wer bewusstlos wird ist somit raus!".
Eine gewisse Enttäuschung war bei den Kämpfern bemerkbar. Zumindest konnte man das aus dem stöhnen entnehmen. Auch Octavia hätte die Männer lieber getötet. Besonders den glatzköpfigen. Auch war das viel einfacher, ihnen eine Klinge durch das Herz zu stoßen, als sie bewusstlos zu schlagen.
"Beeindruckt die Königin und enttäuscht sie nicht!", sagte Gerlong. Er wies die Teilnehmer an, ihm zu folgen, was auch sofort alle taten. Er führte sie durch einen Gang, der direkt zu einem verschlossenen Tor führte. Dort hinter hörte man schon die tausenden Menschen, die auf ein solches Spektakel warteten und jubelten.
Octavias Herz raste und sie versuchte irgendwie ihre Atmung ruhig zu bekommen. Dann öffnete sich endlich das große Tor und das Tageslicht blendete ihre Augen, sodass sie sich den Arm abschirmend vor das Gesicht hielt….


Octavia in der Arena von Minas-Tirith
Titel: Dol Amroth
Beitrag von: Saizo am 4. Feb 2021, 11:06
Dol Amroth (Gondor)

Sanya und Mithrendan in Dol Amroth



"Komm schon, Sanya, Kopf hoch," versuchte Mithrendan sie aufzuheitern. "Es war doch kein vollständiger Fehlschlag. Wir haben ein weiteres großes Waffenlager ausgeräumt und wir wissen jetzt, dass die Gerüchte um die Aufständischen in Westgondor einen wahren Kern haben. Und wir wissen sogar, dass es einen einflussreichen Anführer gibt, der im Verborgenen seine Pläne schmiedet."
"Denkst du, die Königin wird das gerne hören?" hielt Sanya dagegen. "Du weißt doch, dass sie keine Geduld für Versagen aufbringt... wir werden einen Namen brauchen, bevor wir sie informieren."
"Und wer könnte sich hinter dem Titel des Silbernen Schwanes verbergen?"
"Wenn ich das wüsste, dann säßen wir jetzt nicht in dieser Zwickmühle und müssten nicht ohne Spuren im Nebel stochern," sagte Sanya seufzend.

Sie waren nach Dol Amroth zurückgekehrt, einige Stunden nach Sonnenuntergang. Während die Soldaten der Friedenshüter in ihre Unterkünfte geschickt wurden, standen Sanya und Mithrendan noch eine Weile etwas unschlüssig am Stadttor herum. Obwohl sie furchtbar müde von den Strapazen des Tages war, konnte Sanya einfach nicht aufhören, über das Geschehene nachzugrübeln. Ob dieser Rückschlag sie wohl ihr hart erkämpftes Amt kosten würde?
"Ich denke, du solltest mit dem Legaten darüber sprechen," sagte Mithrendan sachte.
Sanya starrte ihn an. "Ist das dein Ernst? Ich soll ihm bei meiner ersten Begegnung mit ihm also gleich erzählen, dass ich versagt habe?"
"Sanya, worüber bist du so besorgt? Er wird dich schon nicht des Amtes entheben, du leistest gute Arbeit - und in der Lage, in die wir heute geraten sind, hätte niemand etwas dagegen tun können, dass der geheimnisvolle Reiter uns entwischt. Dieser Legat ist von der Königin selbst auf seinen Posten berufen worden und er ist unser Verbündeter. Also sollten wir uns auch von ihm helfen lassen, meinst du nicht?"
Sanya schnaubte unwillig. "Aber mein Ostron ist furchtbar," brummte sie verdrossen, ein schwacher letzter Widerstand gegen die Überzeugung ihres besten Freundes.
"Du schaffst das schon," sagte er und klopfte ihr aufmunternd auf den Rücken. "Also, ab mit dir, ehe es Mitternacht geworden ist."

Missmutig stapfte Sanya die steilen Treppenstufen zum ehemaligen Palast der Fürsten von Dol Amroth hinauf, der sich auf dem höchsten Punkt der Stadt befand. Hier hatte die Militärverwaltung unter der Leitung des vanerischen Legaten ihren Sitz genommen. Obwohl es bereits spät war, standen noch immer eine ganze Menge Soldaten in voller Rüstung Wache. Sanya musste ihr Siegel präsentieren, um hinein gelassen zu werden. Eines Tages wird man mir mit dem Respekt begegnen, der mir gebührt, schwor sie sich, als sie sich auf den Weg zum Solar des Legaten machte.
"Kommandantin," begrüßte der Legat sie, als sie den Raum betrat zu dem eine der Wachen sie geführt hatte. Er blickte von seinem Schreibtisch auf, der voller Pergamente, Landkarten und Stapeln von Münzen war. Die Miene des Ostlings zeigte kaum Regungen oder Emotionen.
Sanya räusperte sich und sagte etwas unbeholfen: "Guten Abend, Legat. Ich bringe den Bericht über die aktuellen Nachforschungen der Friedenshüter."
"Sehr gut," erwiderte der Legat, nickte, und blickte Sanya erwartungsvoll an. "Und?"
"Wir haben drei verborgene Lager voller Waffen und Vorräte gefunden, zwei hier in der Stadt und eines in einem der Dörfer im Umland," begann Sanya. Sie stolperte zwar hier und da über ein Wort, doch alles in allem schien ihr Ostron ganz passabel zu sein. "Fünf ehemalige Adelige konnten wir direkt damit in Verbindung bringen und einsperren. Sie alle scheinen einen gemeinsamen Anführer zu haben, der sich der Silberne Schwan nennt."
Der Legat nickte erneut und sah Sanya auffordernd an. "Und weiter, Kommandantin?"
"Wir hatten einen weiteren Gefangenen, und ich denke, dass er uns eine Menge hätte verraten können, aber... durch einen Fehler meinerseits gelang es dem Feind, den Gefangenen zu töten und zu entkommen," gestand sie.
"Enttäuschend," sagte der Legat ruhig. "Aber Ihr habt Anhaltspunkte, das ist mehr als ich in all der Zeit die ich nun hier bin herausgefunden habe. Findet diesen Silbernen Schwan, Kommandantin. Die Königin verlangt es."
"Ich habe verstanden, Legat," bestätigte sie und wollte schon gehen, doch da erhob sich der Ostling und drückte ihr einen Brief in die Hand.
"Hier. Ein Bericht aus dem Gebiet namens Lossarnach, östlich von hier. Dort sind ähnliche Gerüchte aufgetaucht, erst vor Kurzem. Vielleicht findet Ihr dort neue Spuren, Kommandantin."
Sanya überflog die Zeilen rasch. Auch in Lossarnach waren versteckte Waffenlager gefunden worden, sowie Banner auf denen ein silberner Schwan zu sehen war. Sie dachte angestrengt nach. In der Nachricht, die ihr Feind an sie verfasst hatte, stand, dass er sie kontaktieren würde...
"Ich werde vor Sonnenaufgang nach Osten aufbrechen, wenn Ihr gestattet." Sanya salutierte.
"Findet diesen Rädelsführer, Kommandantin. Der Frieden in Gondor hängt davon ab."

Am folgenden Morgen übergab Sanya das Kommando über den Großteil der Friedenshüter an Rugnor, ihren Stellvertreter, und schärfte ihm ein, weiter in der Stadt und den umliegenden Dörfer nach Waffenlagern zu suchen. Sie selbst nahm zehn ihrer besten Männer mit und schiffte sich gemeinsam mit Mithrendan nach Pelargir ein, denn der Seeweg war trotz des Umwegs um das Kap von Belfalas schneller als ein Eilritt auf der Straße Richtung Minas Tirith.
"Solltet ihr auch nur die kleinsten Spur des Silbernen Schwans finden, benachrichtigt ihr mich persönlich," verlangte Sanya von ihren Unteroffizieren.
"Verstanden, Kommandantin," antwortete Rugnor.
"Es geht dabei auch um unseren Ruf als Friedenshüter," fuhr sie fort, kurz bevor sie an Bord des schnellen Kriegsschiffes ging, das sie nach Pelargir bringen sollte. "Wenn wir versagen, wird man die Truppe nur belächeln. Sobald ich weiß, was in Lossarnach vor sich geht, kehre ich wieder zu euch zurück. Dieser Silberne Schwan wird sich noch wünschen, er hätte sich nicht mit uns angelegt."
"Vergiss nicht, was er in seiner Nachricht geschrieben hat," sagte Mithrendan, nachdem sie an Bord gegangen waren.
"Oh, ich zähle darauf, dass er mich erneut kontaktieren wird. Diesmal werde ich vorbereitet sein. Je näher wir an Minas Tirith herankommen, desto mehr Soldaten stehen uns zur Verfügung. Und so wird das Netz immer enger, durch das dieser Mistskerl schlüpfen muss, um zu mir zu gelangen. Irgendwann wird er sich darin verfangen... und dann haben wir ihn."
"Gewieft," sagte Mithrendan lobend. "Das muss ich dir lassen."
Sanya gestattete sich ein kleines Lächeln. "Viel bleibt mir ja nicht übrig als meinen Auftrag so gut ich kann zu erledigen."
Mithrendan nickte. In diesem Augenblick legte das Schiff vom Hafen ab und schlug einen südöstlichen Kurs ein. "Aber... was kommt danach?"
"Danach?" fragte sie und der Seewind verwirbelte Sanyas sandblondes Haar, denn sie hatte ihren Pferdeschwanz ausnahmsweise gelöst. "Der nächste Auftrag, schätze ich."
"So meinte ich das nicht. Denkst du nicht, es wird eines Tages eine Zeit geben, wo unsere Arbeit unnötig sein wird?"
"Ich verstehe nicht ganz, was du mir sagen willst," wunderte sich Sanya.
"Sieh dich doch um," sagte Mithrendan. "Es sind die Soldaten der Königin, die die Ordnung bewahren. Gegen Aufständische vorgehen und dafür sorgen, dass die königlichen Gesetze eingehalten werden. Aber was wäre, wenn das alles eines Tages nicht mehr notwendig wäre? Es schmerzt mich zu sehen, wie die Menschen dafür unterdrückt werden, dass sie nicht von einer ihnen fremden Herrscherin aus der Ferne regiert werden wollen."
"Still!" zischte Sanya. "Wenn jemand hört, dass du so sprichst..."
"Du weißt, dass ich immer auf deiner Seite stehen werden, Sanya..."
Sie atmete tief durch und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Reling. "Du hattest ja noch nie ein Problem damit, das zu sagen was du gerade denkst... egal wie gefährlich das auch sein mag."
"Ich bin eben ehrlich," sagte der Kundschafter grinsend.
"Ehrlich... und ein Idiot," gab Sanya zurück, dann umarmte sie ihn.

Der Wind war ihnen gewogen und das Schiff machte gute Fahrt. Der Himmel war verhangen und grau, und so verbrachten sie den Tag an Bord des Kriegsschiffes unter Deck, bis es am folgenden Abend den Hafen von Pelargir errreichte. Von hier aus würden Sanya und ihre Leute nach Norden reiten, in das angrenzende Lossarnach.

Sanya und Mithrendan reiten nordwärts von Pelargir aus
Titel: Minas-Tirith, Stadt (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 4. Feb 2021, 11:27
Arena in der Stadt von Minas-Tiritt (Gondor)

Octavia in der Arena von Minas-Tirith…


Der Anblick der sich der jungen Frau bot war atemberaubend. Tausende von Menschen jubelten den Kämpfern zu. Gesänge und Rufe wurden von den Rängen angestimmt. Auch überall in der Arena hingen und wehten Schwarz-Rote Banner.
Obwohl Octavia aufgeregt war und ihr Herz bis zur ihrem Hals pochte, breitete sich in ihr eine gewisse Faszination aus. Noch nie zuvor hatte sie so etwas gesehen und erlebt. So viele Menschen die sich am Schauspiel erfreuten. Unter den vielen Schaulustigen versuchte sie die Königin zu erblicken, doch der Platz an dem sie sitzen sollte war noch leer. Ein kurzer Trompenschall ertönte und die ganze Arena war daraufhin unheimlich still. Lediglich das ein oder andere Husten und Räuspern hallte durch das Runde Gebäude.
Dann sah Octavia auch schon wie die Wachen der Königin an den vorgesehenen Platz traten. Hinter ihnen erblickte sie die Frau, die sie von ganzem Herzen zu töten verlangte. Ihr langes silbernes Haar, welches sie offen trug, leuchtete und wehte im leichten Wind. Auf ihrem Kopf erkannte sie eine schwarze Krone, doch für Einzelheiten war die Königin zu weit von ihr weg.
Zu ihrer Linken befand sich ein Mann in schwarzer, aber leichter Rüstung. Er hatte einen rasierten Kopf und wie Octavia erkennen konnte, war er aus dem Osten wie Deloth. Zumindest machte sie das an seiner dunkleren Haut aus. An der rechten Seite sah sie einen Mann mit schwarzem, halblangem Haar, welches er sich zurückgekämmt hatte. Octavia kannte sein Gesicht. Es war Loki, der nun wieder an der Seite der Königin stand.
Also doch!, dachte sie sich enttäuscht. Du hast mich von Anfang an belogen!.
Sie wartete nur auf den Augenblick, dass die Wachen Eingriffen und die junge Rebellin verhafteten, doch dem war nicht so. Vielleicht verriet Loki wenigstens nicht wer sie war

Schließlich trat Gerlong an die Tribüne der Königin und erhob seine Stimme. Er begrüßte sie und das ganze Volk. Er sprach immer wieder von großartigen Taten der Königin und schleimte was das zeug hielt. Er betitelte sie als Befreierin der Menschheit und Schrecken der Tyrannen.
Die einzige Tyrannin ist sie selbst!, dachte sie. Octavia musste sich zurückhalten nicht die Worte auszusprechen, die ihr im Kopf hervor schwebten. Das Volk in Minas-Tirith schien ja das gleiche wie Gerlong von der Königin zu halten, denn nicht ein Ton kam von den Tribünen. Wahrscheinlich hatten sie aber auch Angst etwas gegen sie zu sagen oder wollten das ganze Geschehen vergessen.
Schnell wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, als Gerlong das Wort an die Teilnehmer des Turniers gab. Jeder von ihnen stellte sich vor. Sie behaupteten für die Ehre und die Königin zu kämpfen. Wie sie es den Sprüchen entnehmen konnte, handelte es sich wohl bei den meisten Teilnehmer um Soldaten und Hauptmänner der Armee. Octavia musste sich etwas einfallen lassen. Zum Glück war sie die letzte in der Reihe. Nichts sagen wäre vielleicht zu auffällig und die Königin vor allen Zuschauern zu beleidigen wäre wohl auch keine gute Idee gewesen.
Als sie dran war schwieg sie erst. Sie hatte das Gefühl, dass alle Augen auf sie gerichtet waren. Ihre Kehle fühlte sich plötzlich staubtrocken an und sie brachte kein Wort hervor. Sie senkte nur den Kopf und sah auf den sandigen Boden.
"Ich kämpfe für die Freiheit und Gerechtigkeit!", presste sie schließlich auf Ostron hervor und blickte dabei zu der Königin. Sie wusste nicht einmal selbst, ob das bewusst oder unbewusst war, die Sprache des Ostens zu verwenden. Vor allem  wurde sie durch die anhaltende Stille verunsichert. Hatte sie sich damit verraten?
Die junge Frau sah zu Kiana, die ihre Hände hob und in diese einmal klatschte. Durch das Klatschen halten sich die Rufe der Schaulustigen wieder durch die ganze Arena.
"Los, kämpft!", rief Gerlong, der Arenameister daraufhin und trat an den Rand des Sandplatzes.

Octavia entfernte sich erst einmal von der Mitte des Platzes. Sie wusste genau, dass sie von der Kraft her nicht mit den Männern mithalten konnte. Vor allem konnte sie nicht gegen alle gleichzeitig kämpfen. Sie versuchte den Überblick über die Situation zu behalten, so wie es Indro ihr immer beibrachte. Doch lange nachdenken konnte sie nicht, denn einer kam sofort schreiend auf die Rebellin zugestürmt. Sie wich jedem seiner Versuche aus, sie mit der Lanze zu treffen, die er in den Händen hielt. Sie selbst hatte nur ein stumpfes Schwert in der Hand, mit dem sie ihn nicht erreichen konnte.
Sie nutzte die Gelegenheit nach seinem nächsten Schlag weiter zu rennen. Dabei erkannte sie, dass schon unter lautem Raunen und Jubel die ersten fünf Teilnehmer am Boden lagen und aus der Arena geschliffen wurden. Den Mann, der hinter ihr her war, konnte sie allerdings nicht abschütteln. Sie Griff sich eine Lanze der schon bereits ausgeschiedenen Teilnehmer und hielt ihren Verfolger so auf Abstand. Immer wieder setzte sie zum Schlag an. Jeder von ihnen traf das Ziel tatsächlich auch. Sie wusste nicht ob der Mann einfach zu dumm zum ausweichen und parieren war, oder ob er sich so über die junge Frau lustig machte. Er lachte noch laut auf, verstummte aber, als Octavia ihn einen kräftigen Schlag auf die Schläfe gab. Der Mann taumelte noch einige Schritte rückwärts und die Rebellin schubste ihn mit dem stumpfen Ende der Lanze zu Boden, wo er dann auch bewusstlos liegen blieb.

Gerade atmete sie durch, da spürte sie nur einen Schmerz am Kopf, weil jemand kräftig an ihrem Zopf zog. Sie versuchte sich vergeblich von dem Griff zu lösen, was aber nicht einfach war. Sie wurde von hinten auf die Knie gedrückt und der Kämpfer der hinter ihr stand, schlug ihr zwei mal mit der Faust in ihr Gesicht. Dann wurde die junge Frau von dem deutlich größeren Mann gepackt und geworfen. Sie landete auf ihren Bauch und stöhnte vor Schmerz. Sie richtete sich langsam wieder auf und verspottete den Angreifer nur: "Was ist? Mehr hast du nicht drauf?".
Daraufhin stürmte er wie ein wildgewordenes Wildschwein auf sie zu. Irgendwie gelang es ihr seine Beine weg zu schlagen und er fiel zu Boden. Eine große Staubwolke flog über den Platz. Octavia lief schnell auf ihn zu bevor er aufstehen konnte, doch er rührte sich nicht mehr. Scheinbar war der Mann schon so schnell besiegt.
Als sie sich umsah, sah sie nur den glatzköpfigen Mann Namens Lofar, der sie im Verlies belästigte, gegen einen anderen kämpfen. Alle anderen waren besiegt. Mit lauten Geschrei und unter Zurufen der Zuschauer erschlug er seinen Gegner und ließ sich seinen Sieg von der Menge zelebrieren.
Dann wandte er sich Octavia zu und lief mit langsamen Schritten in ihre Richtung.
"Nur noch du und ich... Was habe ich dir gesagt… ", rief er, "...Dich nehme ich mir als letzte vor und werde meinen Spaß mit dir haben!".
Die junge Frau ging erst gar nicht auf seine Provokation ein und machte sich für den Kampf bereit.

Mit seiner Keule versuchte der große Glatzkopf immer wieder sie zu treffen. Zunächst gelang es ihr jedem seiner Hiebe auszuweichen. Parieren brachte dabei eher weniger etwas. Er würde ihr nur ihr Schwert aus der Hand schlagen und das durfte nicht passieren. Von der Kraft war er ihr maßlos überlegen, weshalb sie nur versuchen konnte ihn Müde zu machen. Anfangs ging ihr Plan auch auf und Lofar schien außer Atem. Laute Buhrufe ertönten von den Tribünen.
"Hörst du, sie sind unzufrieden weil du nur am Weglaufen bist, wie eine kleine Maus!", schnaubte Lofar erschöpft. Octavia war es egal was die Zuschauer dachten. Sie wollte ihnen gar kein Schauspiel liefern. Sie wollte nur heil das Turnier gewinnen. 
Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit reichte aus, sodass der glatzköpfige Mann sie mit seiner Keule streifte und sie zu Boden stolperte.
Sie versuchte wieder auf die Beine zu kommen, doch Lofar trat immer wieder in ihre Bauchhöhle. Octavia krümmte sich vor Schmerz und wälzte sich auf dem sandigen Boden. Sie konnte nur sehen, wie der Mann seine Waffe weg warf, seine Arme ausbreitete und sich bejubeln ließ. Sie versuchte irgendwie auf die Beine zu kommen. Doch immer wenn sie es versuchte, setzte Lofar zu einem neuen Tritt oder Schlag an. Verzweiflung machte sich in ihr breit, als sie feststellen musste, dass sie machtlos war. Ihr Gesicht war mittlerweile von Blut, Schweiß und Staub bedeckt. Langsam und zitternd kroch sie von der Stelle, in der Hoffnung etwas weiter Weg zu kommen. Der Mann ließ das aber nicht zu und drückte ihren Kopf mit seinem Fuß in den Sandplatz. Sie musste sich etwas einfallen lassen, wenn sie den Kampf nicht verlieren wollte oder gar von ihm umgebracht werden wollte.
Sie machte sich lang und griff nach ihrem Schwert. Mit aller Kraft drehte sie sich um und Schlug mit der Waffe in seine Richtung. Lofar schrie auf und trat einige Schritte zurück. Warmes Blut tropfte auf ihr herunter, was bedeuten musste, dass sie ihn getroffen haben musste. Ein lautes Raunen hallte durch die Arena und stoppte das Jubeln. Unter Schmerzen stand sie auf ihre Knie, während sie sich auf dem Schwert stützte. Endlich konnte sie durchatmen. Sich etwas erholen. Sie spuckte das Blut aus und wischte sich den Mund mit ihrem Arm ab. Dabei beobachtete sie den Glatzkopf, der sich sein linkes Ohr hielt. Scheinbar musste sie ihn dort getroffen haben. Ein Blick neben ihr zeigte, dass sie es sogar abgeschnitten hatte. Ein leichtes Lächeln lag auf ihren mit Sand und Staub bedeckten Lippen. Sie erhob sich ganz und lief humpelnd auf den Mann zu.
"Na, wer ist jetzt die kleine Maus?!", rief sie spöttisch zu ihm. "Fängst wohl bei einem kleinen Kratzer an zu weinen!".
"Du Verrückte!", schrie er, "Du hast mir mein Ohr abgeschnitten! Willst du mich umbringen?".
"Der Arenaleiter hat gesagt… Blut ist erwünscht!", sagte sie schnaufend. Es war ihre Möglichkeit einen Vorteil zu erhaschen. Der Mann war zu diesem Zeitpunkt unbewaffnet und sie hielt ihr Schwert in der Hand. Bevor sie aber einen Angriff ausführen konnte, stürmte der Mann voller Wut auf sie zu. Sie wurde von ihm gepackt und er schlug seinen Kopf mit voller Kraft auf ihren. Mit der Faust, die ebenfalls ihr Gesicht traf, ging sie dann erneut zu Boden. Sie lag rücklings auf dem Boden und hatte alle Gliedmaßen von sich gestreckt. Wieder erhob sie sich mühsam. Langsam verspürte sie ihre schwindenden Kräfte. Lange würde sie nicht mehr durchhalten.
Erneut spuckte sie das Blut aus ihrem Mund. "Komm schon, war das alles?!".
Lofar rannte schreiend auf sie zu und diesmal gelang es ihr, zur Seite zu Springen und mit der Klinge ihres Schwertes seine Kniekehle zu schneiden. Kreischend rutschte der kräftige Mann auf seine Knie den Platz entlang. Mit raschen Schritten lief sie zu ihm und trat gegen seinen Oberkörper. Ohne dass sie es wollte, spürte sie nur die Wut die in ihr aufstieg. Eine Wut auf die Königin, auf Barnolf im Norden, auf Loki und auf die ganzen Schmerzen die sie verspürte. Immer wieder setzte sie, wenn auch etwas unbeholfen, zum nächsten Schlag und Tritt an.
Außer Atem ließ sie von ihm ab und hielt ihr Schwert an seiner Kehle. Wie gerne hätte sie ihm einfach getötet. Just in diesem Moment waren die Zuschauer mucksmäuschenstill. Jedes Auge in der Arena war auf das Geschehen gerichtet und jeder wartete vermutlich auf die Reaktion der jungen Rebellin. Sie biss sich auf ihre Unterlippe. Irgendwie musste sie ihre Rachegelüste aufhalten. Der Mann der zu ihr hoch sah, war blutverschmiert und noch immer bei  Bewusstsein. Sie entfernte sich einige Schritte von ihm, setzte dann zum Sprung an und schlug ihm den Knauf ihres Schwertes an den Kopf. Gefolgt wurde der Sprung von lauten Rufen aus der Tribüne. Dann endlich ging er zu Boden. Es war still. Nur die Banner, die im Wind flatterten, waren zu hören. Sie vernahm ein klatschen. Es kam tatsächlich von der Königin. Die anderen Zuschauer taten es ihrer Herrin gleich und applaudierten ebenfalls, gefolgt von jubeln.

Erschöpft fiel Octavia auf die Knie und ließ das Schwert fallen. Schnell halfen ihr einige Arenahelfer auf und brachten sie vor die Tribüne, auf der Kiana Vaneryen saß. Sie hatte es geschafft. Sie hatte das Turnier irgendwie überlebt und gewonnen. Über den Sieg freuen konnte sich Octavia nicht. Ihr war eher schlecht und hatte das Gefühl sich übergeben zu müssen. Mit viel Mühe schluckte sie den Klumpen in ihrer Kehle wieder herunter.
"Wir haben eine Siegerin!", rief Gerlong, der zu ihr gelaufen kam und hielt ihren Arm in die Luft. "Du siehst übel aus, Mädchen! Nutze die Audienz bei der Königin sinnvoll, damit es das Wert war!".
Trotz der Schmerzen konnte sich die junge Frau das Lächeln nicht verkneifen. Sie hatte nämlich sehr wohl vor die Audienz sinnvoll zu nutzen. Sie musste nur noch dorthin gelangen…

Octavia wird in den Palast der der Weißen Festung gebracht…
Titel: Lebennin
Beitrag von: Saizo am 5. Feb 2021, 09:59
Lebennin (Gondor)

Sanya und Mithrendan auf der Straße von Pelargir nach Norden



Am Morgen nach ihrer Ankunft in Pelargir ritt die kleine Gruppe um Sanya los, nachdem sie die Nacht in einer ungemütlichen Kaserne nahe des Hafens verbracht hatten. Das Wetter war besser als am Vortag und bescherte ihnen gute Sicht bei klarem Sonnenschein. Das Land, das sie durchquerten, Lebennin, war größtenteils flach und nur hier und dort von kleinen Baumgruppen bewachsen. Zu ihrer Rechten fiel es sehr sanft zum Ufer des großen Anduinflusses ab, während sich in der Ferne zur Linken das Weiße Gebirge auftürmte. Sie kamen auf der neu ausgebauten Straße gut voran, auch wenn ihnen hin und wieder andere Reiter oder Wagen begegneten. Der vorderste Reiter in Sanyas Gruppe führte ihr Banner mit sich, rot auf schwarzem Grund wie es sich für königliche Soldaten gehörte, und sie als Mitglieder der Armee auswies. So hielt sie auch niemand an oder stellte in Frage, wohin sie ritten.

Am späten Vormittag rasteten sie in einem kleinen Dorf etwas abseits der Straße. Mensch und Tier stillten ihren Durst an Brunnen und Tränke, während Sanya und Mithrendan im Schatten eines der Häuser auf einer Bank saßen und etwas Proviant verzehrten. Es dauerte gar nicht lange, da hatten sie eine kleine Gruppe Kinder angelockt, die sich um die beiden versammelten und sie bestaunten. Wahrscheinlich kam es selten vor, dass Reiter durch dieses Dorf kamen, was sie natürlich zu einer gewissen Attraktion machte.
Mithrendan lächelte und wandte sich an eines der Kinder, ein ungefähr sechsjähriges Mädchen, das so etwas wie die Anführerin der Gruppe zu sein schien. "Wie ist dein Name, Kleine?"
"Fána," sagte das Mädchen stolz. "Seid ihr echte Soldaten der Königin Kiana?"
"Sind wir," bestätigte Mithrendan schmunzelnd, dann beugte er sich verschwörerisch vor. "Und wir sind in streng geheimer Mission unterwegs!"
Die Kinder tuschelten, dann schauten sie den Kundschafter gebannt an, ehe sie ihn mit allerlei Fragen bestürmten. Sanya hörte nur mit einem halben Ohr zu, denn sie war in Gedanken bereits bei der Planung der kommenden Tage. Sie würden Lossarnach noch am selben Abend erreichen und sich dort gründlich umhören, die größeren Ansiedlungen durchkämmen, um...
Sanya schreckte hoch. Etwas hatte sie gegen das Knie gestupst. Sie fand die kleine Fána vor sich stehend vor, die sich aus der Kindergruppe rings um Mithrendan gelöst hatte. Sanya sah, wie das Kind sie prüfend anstarrte.
"Was ist?" wollte sie etwas unwirsch wissen.
"Du bist bei der Armee," sagte Fána und ihre Miene wechselte zu Bewunderung. "Obwohl du ein Mädchen bist."
Sanya wollte sie schon korrigieren, dass sie etwas zu alt sei um noch als Mädchen bezeichnet zu werden, doch dann wurde ihr klar, worauf das Kind hinauswollte. Die allermeisten Soldaten waren Männer - erst seit der Umstrukturierung des Heeres durch die Königin war es Frauen gestattet, in den Rängen aufzusteigen. "Ja... das bin ich," antwortete sie daher, sanfter als zuvor.
"Wenn ich groß bin, möchte ich auch Soldatin werden," sagte Fána. "So wie du. Und für die Königin kämpfen!"
"Für Frieden und Ordnung," fügte Sanya rasch hinzu. "Das ist es, was wir hier tun. Wir hindern böse Menschen daran, den Frieden zu stören."
Fána nickte zufrieden, dann ließ sie Sanyas Knie los und gesellte sich wieder zu den anderen Kindern. Sanya blieb nachdenklich sitzen. Sie wusste nicht recht, was sie denken sollte. Dass ein Kind sie so aus ihren Gedanken hätte reißen können, hatte sie nicht erwartet. In ihrem Inneren hatte es schon lange keinen Platz mehr für Staunen gegeben, da war nur der ständige Druck, sich zu beweisen und ihren Auftrag zu erfüllen. Sie hatte sich dahingeschleppt, innerlich die Zähne zusammengebissen, in der Hoffnung eines Tages so viel erreicht zu haben, dass ihr niemand mehr ihren Rang und Status würde wegnehmen können. Doch dieser kleine Austausch mit Fána hatte die wachsende Wand der Depression durchbrochen, einfach so. Sanya hinterfragte zum ersten Mal, wozu sie sich eigentlich so sehr verkrampfte. Und, ohne dass sie es verhindern konnte, tauchte da auf einmal ein ganz neuer Wunsch tief in ihr auf, den sie in ihrem Leben noch nie verspürt hatte:
Eines Tages... möchte ich ein Kind bekommen.
Sie wurde rot, als ihr die Tragweite dieses Wunsches klar wurde. Zwar war sie keine Jungfrau mehr, aber es gab niemandem, mit dem sie sich die Gründung einer Familie hätte vorstellen können, und Zeit hatte sie dafür schon gar nicht. Sie rieb sich die Schläfen, schlug einmal die Fäuste gegeneinander und stand dann mit einem Ruck auf.
"Wir reiten weiter," beschloss sie und rief ihre Soldaten zu sich.

Als es Nachmittag geworden war, kamen sie an einen der vielen Flussübergänge in Lebennin. Eine steinerne Brücke führte über den kleinen Fluss hinweg, der die Straße kreuzte. Ringsum, zu beiden Flussufern, standen Bäume, denn die Brücke lag inmitten eines Wäldchens. Zu ihrer Überraschung fanden Sanya und Mithrendan die Brücke versperrt vor, denn auf der gegenüberliegenden Seite hatte sich eine große Gruppe Menschen versammelt, Bauern und einfache Leute nach ihrem Aussehen.
"Was hat das zu bedeuten?" verlangte Sanya zu wissen und ritt vor, auf die Brücke hinaus. "Gebt den Weg frei, wir sind im dringenden Auftrag der Königin unterwegs!"
"Im Auftrag der Königin?" wiederholte einer der Bauern und schaute Sanya grimmig an. "Dann wird Ihre Majestät aber enttäuscht sein, wenn sie hört, dass ihre hübsche Botin in eine Falle gelaufen ist!"
Die vermeintlichen Bauern warfen ihre schmutzigen Umhänge zurück und darunter kamen Waffen und einfache Rüstungen zum Vorschein. Sanya riss ihr Schwert aus der Scheide. Offene Rebellion, so nahe an der Hauptstadt? dachte sie sich noch, ehe sich die ersten Angreifer auf sie stürzten. Glücklicherweise gelang es ihr, ihr Pferd unter Kontrolle zu halten und damit etwas Distanz zwischen sich und die heranstürmenden Aufständischen zu bringen und zu ihrer Eskorte aufzuschließen. In diesem Moment ertönte jedoch Gebrüll von hinter ihr, und sie sah, wie aus dem Wald südlich der Brücke noch weitere Angreifer stürmten.
"Eine Falle! Sie müssen gewusst haben, dass wir kommen!" rief Mithrendan, der aus dem Sattel gesprungen war und mit seinem Speer mehrere Aufständige davon abhielt, die Brücke weiter zu überqueren. Auch die übrigen königlichen Soldaten saßen nun rasch ab und formierten sich diszipliniert. Dennoch waren sie zahlenmäßig hoffnungslos unterlegen. Sanya riss ihren Schild von der Satteltasche und reihte sich neben ihren Kameraden ein, kurz bevor der Ansturm gegen den hastig errichteten Schildwall begann. Die Feinde besaßen Wut und waren dank ihrer Überzahl motiviert, aber sie besaßen weder die Kampferfahrung der Friedenshüter noch waren ihre Waffen von brauchbarer Qualität. So gelang es den Soldaten, den Schildwall aufrecht zu erhalten, zumindest für einige lange Minuten voller heftiger Kämpfe. Die ersten vermeintlichen Bauern fielen, niedergestreckt von gezielten Angriffen Sanyas und ihrer Verbündeten. Doch dann begannen zu allem Überfluss Pfeile auf die kleine Verteidigungslinie herabzuregnen. Hier und da fanden sie ihr Ziel, und drei Soldaten gingen zu Boden, was große Lücken in den Schildwall riss.
Sanya packte ihr Schwert so fest, dass die Knöchel ihrer Schwerthand weiß hervortraten. Das war's also, dachte sie sich und machte sich auf das Ende gefasst. Sie schwor sich, so viele dieser Mistkerle wie möglich noch mitzunehmen...

Ein mächtiges Brüllen zerriss den Lärm des Kampfes und ließ sie alle für einen kurzen Augenblick erstarren. Dann rauschte ein gewaltiger Schatten hoch über den Baumkronen über sie hinweg, und als Sanya einen Blick nach oben riskierte, sah sie eine schwarze, geflügelte Gestalt, die ein erneutes Brüllen ausstieß und nach Süden hin über den Flussübergang flog. Es war erst das zweite Mal, dass Sanya den Drachen der Königin mit eigenen Augen sah, und dieses Mal war er ihr viel näher gekommen als beim ersten Mal, als sie die Kreatur nur von großer Ferne über Minas Tirith hatte kreisen sehen.
Die Aufständischen brachen in heillose Panik aus, ließen ihre Waffen fallen und flohen in alle Richtungen, jedoch hauptsächlich nach Norden. Keiner von Sanyas Leuten war unverletzt geblieben, sie selbst hatte einen langen Schnitt am Hals erhalten, als die rostige Klinge eines Rebellen sie beinahe enthauptet hatte. So war niemand in der Lage, die Angreifer zu verfolgen, denn die Pferde waren im Chaos der Schlacht vor Angst durchgegangen oder von den Fliehenden gestohlen worden. Sanya ließ die Verwundeten notdürftig verbinden und ordnete eine zweistündige Rast an, danach plante sie, sich mit den Überlebenden ins nächste Dorf zu schleppen und dort Meldung zu machen.

Zu ihrem Glück traf ungefähr eine Stunde später eine Kompanie berittener Kundschafter ein, die von Minas Tirith ausgesandt worden waren, um dem Flug des Drachen so gut es ging zu folgen, allerdings war dieser so schnell geflogen dass sie ihn schon frühzeitig aus den Augen verloren hatten. Sanya ließ für Mithrendan und sich jeweils ein Pferd bereitstellen und befahl den Kundschaftern, die Suche nach dem Drachen vorerst abzubrechen und stattdessen die verwundeten Friedenshüter in Sicherheit zu eskortieren. Sie selbst biss trotz ihrer Verletzung die Zähne zusammen und ritt so rasch sie konnte nach Norden. Sie musste Lossarnach noch an diesem Tag erreichen, da war sie sich sicher, selbst wenn sie nun nur noch Mithrendan - der nahezu unverletzt geblieben war - an ihrer Seite hatte. Sie hatte die Befürchtung, dass der Angriff auf offener Straße nur der Anfang gewesen war, und sie war sich sicher, dass der geheimnisvolle Silberne Schwan dahinter steckte. Von Lossarnach war es nur noch ein Katzensprung bis nach Minas Tirith, und dort angekommen würde Sanya Verstärkung anfordern - genügend Soldaten, um ganz Gondor auf den Kopf zu stellen. Sie schwor sich, dass sie den Silbernen Schwan finden und den Aufstand aufhalten würde, koste es was es wolle, doch dafür brauchte sie mehr Männer - Männer, die sie in der Hauptstadt finden würde.

Sanya und Mithrendan weiter nach Norden entlang der Straße nach Minas Tirith
Titel: Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 5. Feb 2021, 10:36
Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)

Octavia im Palast der Weißen Festung…


Während sie in den großen Thronsaal gebracht wurde und auf den Thron mit langsamen Schritten zu ging, fühlte sie nur eine unfassbare Leere. Dann wurde ihr bewusst, dass sie endlich dort stand, wo sie lange hin wollte. Sie stand vor der Königin, die sie ermorden wollte. Sie war wirklich äußerst hübsch und ihre Violetten Augen fixierten die Siegerin des Turniers neugierig. Es musste sich nur die richtige Gelegenheit ergeben um sie zu töten und all der Schrecken war vorbei. Zum Glück bemerkte keiner, dass sie sich die Spitze einer abgebrochenen Lanze aus der Arena in ihren Stiefel geschoben hatte.
"Ihr befindet euch in Anwesenheit von Kiana Vaneryen, erste ihres Namens, Hohe Königin von Mittelerde, Beschützerin des Reiches, und Befreierin der Menschheit...", sagte Loki, der sich auch im Saal befand, trocken.
Noch immer verspürte sie die Erschöpfung und die Schmerzen des Kampfes. Ihre Bemalung im Gesicht war verwischt und noch kaum erkennbar.
"Ihr habt tapfer gekämpft…", erhob die Königin ihre Stimme, "...Und da Ihr eine Frau seid, macht es mich umso glücklicher!".
Octavia schwieg zunächst. Was sollte sie auch dazu sagen. Gut fühlte sie sich nicht dadurch, dass die Königin angeblich stolz auf sie war.
"Ich könnte mehr schlagkräftige Frauen gebrauchen… Bis jetzt habe ich nur eine Kommandantin, die für Frieden und Ruhe hier in Gondor sorgt!", fuhr Kiana nachdenklich fort. "Ich persönlich spreche das allgemeine Ostron, Ihr aber, scheint einen Dialekt zu sprechen… Wo habt Ihr ihn erlernt?".
Die junge Rebellin hatte kein interesse daran, mit der Frau zu sprechen ,die sie über alles auf der Welt verabscheute. Aber sie musste warten. Sie konnte ja nicht vor allen Wachen und vor allem vor Loki an ihren Hals springen und sie töten.
"Ein Mann den ich über alles liebte brachte es mir bei..", erwiderte sie mit kratziger Stimme.
"Den Ihr über alles liebtet?", bohrte die Königin nach und betonte die das letzte Wort. "Männer können grausam sein, wenn es um die Liebe geht… Ich verstehe das!".
Octavia atmete tief ein. "Er wurde ermordet…".
"Das tut mir leid…", entgegnete Kiana nur. "Wollt ihr deshalb Gerechtigkeit? Gerechtigkeit für den Tod eures Liebhabers?".
Die Rebellin sah zu Loki. Als ihre Blicke sich kurz kreuzten, senkte Loki wieder seinen Kopf zum Boden. Dann schaute sie zu Kiana. "Verzeiht mir… Eure Hoheit…", presste sie quälend hervor, "...Vielleicht versteht Ihr, dass ich nicht… Vor gewissen Personen darüber sprechen möchte!". Es fiel ihr nicht leicht, die höfliche Sprechform beizubehalten.
Sie hoffte, dass Kiana Vaneryen die Ausrede schluckte und sich darauf einließ. Sie nickte daraufhin Loki zu, der noch zum Sprechen ansetzte, dann aber stoppte. Dann befahl sie auf Ostron ihren Wachen den Saal zu verlassen, was diese auch sofort taten. Die Türen fielen in das schwere Schloss und das war das Zeichen, dass sie sich nun nur noch zu zweit im Saal befanden.

"Hat ein Mann aus meiner Armee etwas damit zu tun?", fragte Kiana direkt mit einem Unterton, als würde sie auf etwas anspielen wollen.
Octavia kam den Stufen, die sich unterhalb des Thrones befanden, näher und leckte sich über die trockenen Lippen. "Ich will gerechtigkeit für all die Menschen, die während der Eroberung von Minas-Tirith ermordet worden sind, Gerechtigkeit für alle, die unter Eurer Herrschaft leiden müssen… Ich will Freiheit!".
Die Rebellin konnte das unerwartete Schlucken der Königin fast schon hören. Wahrscheinlich rechnete sie nicht mit dieser Antwort.
"Das ist auch was ich will…", erwiderte sie vorsichtig und leicht zittriger Stimme.
"Warum entsendest… du] … dann noch immer Soldaten in den Norden und sitzt auf dem Thron?", fauchte Octavia und vergaß dabei jegliche Höflichkeitsformen.
"Die Rebellen töten die Soldaten… Das sind alles Männer die selbst Familien haben… Männer die das Reich und auch Euch beschützen!", redete sich die Königin heraus.
"Ich bin auch eine der Rebellen!", sagte Octavia, "Und deine Soldaten beschützen keinen von uns… Eher im Gegenteil!".
"Es muss einen Grund haben warum Ihr als Rebellin hier seid. Sonst wärt Ihr niemals von so weit hergekommen, außer um absurde Forderungen zu stellen…", dabei wirkte die Königin äußerst überzeugt. "Ich nehme an, Ihr seid hier um das Knie vor der rechtmäßigen Königin zu beugen?".
Sie muss ja sehr von sich überzeugt sein, dachte Octavia, als sie die Worte hörte. Sie machte der Königin schwere Vorwürfe und Kiana hatte nichts besseres zu tun als zu glauben, sie würde sich trotzdem Kiana unterwerfen.
"Nein...", hauchte Octavia kopfschüttelnd. "Das macht keinen Sinn…".
"Ihr seid noch jung, Ihr versteht noch nicht viel von den Dingen in der Welt… Im Krieg müssen Menschen sterben und die in Minas-Tirith wählten ihr Schicksal selbst! Sie haben freiwillig einen Tyrannen gedient!", entgegnete Kiana und spielte das Geschehene damit herab. Die junge Rebellin sah all die Bilder wieder vor sich. Die brennenden Straßen und schreienden Menschen, die durch die Stadt um ihr Leben rannten. "Ihr seid eine gute Kämpferin und deshalb frage ich Euch noch einmal: Beugt das Knie vor mir und schließt Euch der wahren Königin an. Jeder Rebell, der seinen Fehler eingesteht, garantiere ich eine Begnadigung. Lehnt ab und… Stirbt!".
Octavia dachte sie hört nicht richtig, weshalb sie den kurzen Lacher nicht unterdrücken konnte. War die Königin wirklich so überheblich und sich keiner Schuld bewusst? Sie konnte kaum glauben, dass jemand eine solche verzerrte Wahrnehmung haben konnte.Und diese Frau regierte das ganze Reich!
"Mit jemanden der Eure Fähigkeiten besitzt können wir für Frieden im ganzen Reich sorgen! Zusammen können wir dieses Reich von denen Befreien, die es zerstören wollen!", sagte die Königin weiter.
"Wir waren vorher hier, vor dir... Schon bevor du Königin wurdest..", entgegnete Octavia ruhig, dennoch entschlossen. "Es gibt keine andere Wahl für uns!".
"Aber das ändert doch nichts daran, dass ich die rechtmäßige Königin bin und dass ich diese Welt zu einem besseren Ort mache! Ihr Armes Ding seht das nur noch nicht!", sagte Kiana Vaneryen mit einem mütterlichen Unterton. Dabei stand sie von ihrem Thron auf und stieg die Stufen hinunter zu Octavia.
"Du hast all diese Menschen in Minas-Tirith sterben lassen, riskierst es, dass weitere sterben!", schimpfte Octavia.
"Es war notwendig… Anders hätten sie es nicht bemerkt, von Tyrannen kontrolliert zu werden!", erklärte und verteidigte Kiana weiter ihre Taten.
"Da liegst du falsch!", sagte sie, "Thirak hatte recht... Du bist verrückt!".
Octavia bemerkte, dass diese Worte Kiana gekränkt haben mussten. Sie zog ihr Gesicht zusammen, als würde sie einen Schmerz verspüren. Ihre sonst so kühlen Violetten Augen wirkten auf einmal glasig und verletzbar.
"Ach, er lebt noch? Ich dachte er sei inzwischen tot?", entgegnete die Königin herablassend. "Was auch immer er gesagt haben mag… Es ist unbedeutend… Er ist nur ein Schwindler und ein Verräter…".
"Für mich bist du die größte Schwindlerin und Verräterin des Reiches!", fauchte Octavia, "Du heuchelst allen eine bessere Welt vor… Eine Welt die du bestimmst und niemand anders! Alle anderen sind zum Tode verurteilt!".
"Weil ich weiß was richtig für alle ist… Oh, mein armes verwirrtes Mädchen…Was haben die Wilden im Norden nur mit dir gemacht...", sagte die Königin fast schon besorgt. Sie stand direkt vor Octavia, und nahm plötzlich das Gesicht der Rebellin in ihre Hände. "Ich bin die rechtmäßige und einzige Königin von Mittelerde, ich muss wissen, was gut für mein Volk ist. Dafür wurde ich geboren!".
"Es muss einfach unmöglich sein, das Gleiche Blut mit dir zu teilen…", rutschte es Octavia plötzlich abwertend heraus. Sie wollte nicht mit jemandem Verrücktes Verwandt sein. Kiana ließ daraufhin ihre Gesicht los und sah sie erschrocken an."Was meint Ihr damit?".
Erst seufzte sie im Ärger über sich selbst. Ansprechen wollte sie das nicht, mit Kiana verwandt zu sein. Egal...Ich töte sie ja sowieso…, dachte sie sich.
"Wir beide teilen das selbe Blut… Wir haben den gleichen Vater! Und legitimiert das mich jetzt für alle Menschen zu bestimmen? Was richtig und falsch ist?", wollte Octavia wissen, hoffte dass sie lieber auf ihre Frage einging, obwohl sie keine vernünftige erwartete.
Kiana ging zwei Schritte rückwärts und sah sie misstrauisch an. "Das kann nicht sein…", flüsterte sie und musterte Octavia vom Kopf bis zu den Füßen.
"Ich hoffte auch ,dass das nicht wahr ist… Mit der Frau das gleiche Blut zu teilen, die ich mir jeden Tag tot wünsche, war nicht mein größter Traum!", scherzte die junge Rebellin sarkastisch. "Als Thurion...Dein Vater… Unser Vater… Von meiner Geburt erfuhr, wollte er den Krieg beenden…".
"Das kann nicht sein!", wiederholte Kiana sofort und sicher, "Er tat es weil er von mir erfuhr und liebte nie wieder eine Frau nach meiner Mutter Anarya!".
"Es war ein irrtum… Von dir wusste er noch nicht einmal… Er und meine Mutter liebten sich…", erzählte Octavia weiter. Kiana sah sie nur ungläubig an und schüttelte den Kopf. "Das kann nicht sein…", entgegnete sie zum dritten mal, diesmal langsam.
"Eldarion erzählte es mir und meine Mutter starb für dieses Geheimnis in den Flammen deines Ungeheuers… Und wenn du ehrlich bist spürst du es doch selbst dass es stimmt… Ich tue es auch. Leider...", entgegnete Octavia niedergeschlagen. Als sie die Königin beobachtete, schien sie genauso zu fühlen. Zumindest wirkte es so. Plötzlich hatte sie ein sanftes und breites Lächeln auf den Lippen. "Wenn das so ist, haben wir doch keinen Grund uns zu hassen! Dann sollten wir zusammen bleiben, gemeinsam die Welt zu einem besseren Ort machen, mit mir als Königin und du als meine Nachfolgerin, falls mir etwas zustoßen sollte!".
Octavia schüttelte den Kopf. war Kiana Vaneryen wirklich so naiv? Langsam empfand sie das nur noch als lächerlich.
"Ich kann verstehen, dass du verwirrt bist, mein armes kleines Mädchen… Meine Schwester! Auch ich fühlte mich einsam und irrte alleine durch die Welt! Das mächtige Blut, welches wir in unseren Adern tragen, ist eine schwere Bürde!", versuchte Kiana sie weiter zu überzeugen. "Alleine wird es in dir nur die Gier nach Blut antreiben und deine Seele Stück für Stück zerstören!".
Die junge Rebellin verstand nicht worauf sie hinaus wollte. Die einzige, die eine zerstörte Seele besaß und sich von der Gier zerfressen lassen hatte war Kiana selbst! Sie war diejenige, die besessen von ihrem Anspruch und ihrer Macht war.
"Wir sollten als Familie zusammenhalten und nur du kannst die fehlgeleiteten Seelen im Norden zu ihrer Erleuchtung führen, indem sie sich unserem Blut unterwerfen! Das Blut ihres Schicksals liegt in deinen Händen!", redete Kiana weiter auf sie ein. "Reich mir deine Hand, gemeinsam wird diese Welt in Flammen aufgehen und alle Zweifel, jede Angst wird in den Flammen untergehen!". Dabei hielt sie Octavia an den Armen fest und schüttelte sie, als wollte sie, dass die Rebellin endlich aus ihrem Schlaf erwachte.
Hat sie nun vollständig den Verstand verloren? Was um alles in der Welt redet sie da?, fragte sie sich entsetzt. Octavia zog nur ihre augenbrauen absprechend hoch. Niemals wollte sie mit der Königin gemeinsame Sache machen. Auch nicht, wenn sie ihre Halbschwester war. In gewisser Weise machte ihr die plötzliche manische Art der Königin Angst.
Inzwischen streichelte Kiana Octavias Wange liebevoll entlang und sah sie fürsorglich an an. Für einen kurzen Moment glaubte sie, in den Violetten Augen der Königin ein Fünkchen Liebe zu finden.
Allerdings ließ sie sich weder von den Versuchen der jungen Königin sie zu überzeugen, noch von der Tatsache, dass sie Halbschwestern waren, davon abhalten ihren eigentlichen Plan umzusetzen: Kiana Vaneryen musste sterben!
Tief aus dem Bauch heraus seufzend nahm sie die Hände Kianas in ihre und nickte ihr mit einem schiefen Mund zu. Die Miene der Königin blieb sanft und sie schien schon siegessicher zu sein.
"Du hast mich gefragt, warum ich den weiten Weg hierher gemacht habe…", fing Octavia an, "Meine wahre Familie ist im Norden… Mein Bruder Kael, Phelan, Indro und sogar Thirak… Ich will sie beschützen und du bist die größte Bedrohung für sie alle!".
Mit den Worten wurde ihr Griff um die Handfesseln Kianas fester. "Du musst sterben, damit die Tyrannei aufhört!".
Sie drückte die etwas kleinere Frau hinunter auf die Stufen und versuchte mit der anderen Hand das Stück der Lanze aus ihrem Stiefel zu bekommen. Dies erwies sich als schwieriger als gedacht, da die junge Königin sich vehement gegen den Angriff wehrte. Kiana Vaneryen rief nach ihren Wachen und die Rebellin wurde hastig und versuchte den Mund ihrer Halbschwester zu zu halten. Sie konnte ihre improvisierte Waffe einfach nicht erreichen.
Verdammt!, ärgerte sie sich. Plötzlich spürte sie nur eine Druckwelle, die sie ein Stück nach hinten, weg von der Königin, schob. Sie konnte sich nicht erklären, was das war. Die silberhaarige Frau hielt ihre Hände in Octavias richtung, was sie vermuten ließ, dass sie etwas damit zu tun hatte. Schnell nahm sie die Spitze  der Lanze aus ihrem Stiefel. Noch einmal setzte sie zum Angriff an und sprang auf Kiana zu, die rückwärts zu Boden über die Stufen stürzte. Dabei fiel die schwarze Krone der Königin herunter und setzte auf jede Stufe lautstark auf.
Octavias Herz schlug schnell. Sie wusste, dass sie die Kiana nicht mehr töten konnte. Allmählich breitete sich doch die Angst in ihr aus, ihr Leben zu verlieren und die anderen nie wieder zu sehen.
"Das nächste mal wenn ich dich sehe, töte ich dich!", beschwor Octavia mit Tränen in den Augen, bevor sie flüchtete. Im gleichen Moment öffneten sich die Türen zum Saal und etliche Wachen stürmten den großen Raum.

Octavia rannte so schnell sie konnte durch den Palast und hoffte auf keine Wachen zu treffen. Eine Zeitlang hatte sie das Gefühl im Kreis zu laufen, bis sie aber ein Fenster erblickte. Als sie hindurch sah, bemerkte sie, dass der Boden nicht weit weg war. Rasch sprang sie herunter und befand sich auf der obersten Ebene der weißen Festung.
"Komm schnell, hier entlang!", hörte sie eine männliche Stimme hinter sich. Es war Loki, der sie zu sich winkte. Eigentlich wollte sie ihm nicht vertrauen, doch was blieb ihr anderes übrig. Sie folgte ihm zu einer Seitentreppe, die von der obersten Ebene hinunter führte. Er zog ihr seinen Mantel über und hielt die Kapuze über ihren Kopf. Sie merkte nur, dass er sie fest an sich drückte und mit schnellen Schritten lief. Wenn es ihr möglich war einen Blick zu erhaschen, sah sie, dass er sie weit am Rand der Festung führte. Viele Glocken schlugen alarm und sie hörte viele Schritte und viel geklimper der Rüstungen der Soldaten, an denen sie vorbeikamen.

Endlich unten angekommen, huschten sie durch das Tor der Weißen Festung bis zu der äußerste östlichen Mauer der Stadt. Dort warf er ein Seil über die Mauer. "Los, schnell klettere hinunter! Unten wartet ein Pferd auf dich, rasch!".
Obwohl sie ihn noch verabschieden wollte, kletterte sie ohne Worte das Seil hinunter. Das erste mal seit langem hatte sie wieder Angst um ihr eigenes Leben und hoffte nur zu entkommen...


Octavia flieht aus Minas-Tirith in unbekannte Richtung...
Titel: Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 6. Feb 2021, 10:40
Minas-Tirith, weiße Festung (Gondor)

Kiana Vaneryen im Thronsaal von Minas-Tirith…


Die junge Königin ließ ihre schwarzen Ostlinge und deren Anführer Grauer Staub die ganze Festung und die gesamte Stadt durchsuchen, um die Flüchtige noch zu schnappen und gefangen zu nehmen. Jede Ecke und jeder Winkel wurden auf den Kopf gestellt um sie zu finden. Doch erfolglos.

Mittlerweile kehrte wieder Ruhe in Minas-Tirith ein. Die Alarm schlagenden Glocken waren verstummt und nur noch einzelne Soldatengrüppchen suchten nach Verdächtigen Personen, oder befragten mögliche Zeugen der Flucht. Kiana war noch immer über den Vorfall schockiert. Nicht nur, dass jemand sie ermorden wollte, nein… Es war ihre eigene Halbschwester… Ihr eigenes Fleisch und Blut!
"Soll ich ausreiten und mich auf dem Weg nach Arnor machen? Vielleicht finde ich auf sie dem Weg, weil sie dorthin flieht?", fragte Loki ganz ruhig. "Sie kann noch nicht weit sein!".
Kiana verschloss entnervt ihre Augen. "Damit du wieder über sie herfällst, wie du das in Arnor gemacht hast?", fauchte Kiana ihn erbost an. "Du kanntest sie… Ich habe eure Blicke gesehen! Du hättest sie erkennen müssen! Du hättest deine Königin beschützen müssen! Du bist der Reichsmarschall!".
Ihre Stimme hallte durch den ganze Thronsaal. Innerlich kochte sie vor Wut. Sie hatte das Gefühl zu platzen.
"Dann lass es mich wieder gut machen!", sagte er noch immer ruhig, "Ich bringe sie zu dir…".
"Du wirst gar nichts machen...", zischte sie. "...Du bist unfähig... Seitdem du aus Umbar weg bist, bist du nutzlos! Ich werde Grauer Staub mit der Suche beauftragen…".
Dabei sah sie ihn abwertend von der Seite an. In gewisser Weise war sie von ihm angeekelt. Durch ihm gelang es fast einer Aufständigen die wahre Königin töten. Auch vertraute sie ihm nicht mehr wirklich. Sie wusste ja nicht, ob er der Verräterin zur Flucht verhalf, wenn er schon eine Liebelei mit ihr in Arnor anfing, obwohl beide Feinde waren. Wer weiß, vielleicht brachte er sie erst nach Minas-Tirith und sogar auf die Idee.
Sie goss sich etwas Wein in einen Kelch ein und nahm einige große Schlücke. Dann atmete sie tief durch, um sich zu beruhigen und  sah zu Loki, der sie schon besorgt anstarrte.
"Grauer Staub wird hier benötigt… Wenn du der Meinung bist, dass ich dich nicht beschützen kann, soll er es tun! Ich will nicht dass dir etwas zustößt, Kiana!", versuchte er ihr klarzumachen. "Für mich war es heute auch mehr als beängstigend!".
"Pf...", machte Kiana nur. Sie war sich sicher, dass er flunkerte.
Er ging auf sie zu und wollte sie in die Arme nehmen, doch Kiana wollte nicht angefasst werden. Besonders nicht von ihm. Sie zog ihre Arme weg und entfernte sich von dem Mann. Sie seufzte und erwiderte: "Gut... Lass nach der Kommandantin der Friedenshüter schicken… Sie soll nach der Verräterin suchen! Sie soll vom Legaten aus Dol-Amroth nach Lossarnach entsandt worden sein…".
Sie goss sich erneut einen Schluck in ihren Becher, den die junge Maia auch sofort austrank.
"Und du… Du wirst die Stadt die nächsten Tage nicht mehr verlassen und an meiner Seite bleiben!".
Loki verbeugte sich -wenn auch leicht erzwungen- vor ihr und wollte sich auf dem Weg machen, um den Auftrag auszuführen. Kiana brachte ihn zum stoppen: "Sie erinnert mich an mich, als ich in ihrem Alter war… Noch so naiv und Willensstark!".
"Du bist auch stark, Kiana, sonst könntest du wohl kaum als gute Königin über das Reich herrschen!", erwiderte er schmeichelnd, aber mit einen bedrückten Unterton in seiner Stimme.
"Ich kann verstehen, dass du dich auf sie eingelassen hast…", sagte Kiana selbstsicher und ließ sich ihre Eifersucht nicht anmerken, "...Sie ist sehr hübsch, teilt das gleiche Blut wie ich… Sie wirkt ungezähmt….".
Loki wollte gerade etwas sagen und sich verteidigen, doch Kiana winkte ab und befahl weiter in einer arroganten Tonlage: "Nein, nein, nein... Sag nichts… Führe einfach den Auftrag aus!".
Kiana setzte sich erschöpft auf ihren Thron und lehnte sich zurück, während sie Loki mit ihren Violetten Augen verfolgte, der den Saal verließ. Der letzte Mordversuch war schon Jahre her und wurde von Imrahil in Auftrag gegeben.
Sie dachte wieder an die Grünen Augen Octavias, die sie voller leere und hass anblickten. Fast gelang es der Verräterin die einzig wahre und rechtmäßige Königin zu ermorden. Kiana fragte sich, was sie damit bezwecken wollte. Sie selbst war die Heilsbringerin dieser Welt. Wenn Kiana starb, verfiel das Reich wieder in Chaos und die Tyrannei der alten Ordnung würde wieder in das Land ziehen. Und dazu war sie ihre Halbschwester… Daran musste es liegen. Sie wollte bestimmt die Krone für sich. Genau wie der Verräter Thirak! Das muss der Grund dafür sein!, redete sie sich immer wieder ein.
Nicht nur, dass die junge Frau Kianas Liebhaber stahl, sie versuchte ihr scheinbar auch noch die Krone streitig zu machen. Ihr Kopf brummte, weshalb sie sich die Stirn rieb. Sie sah ihre Halbschwester noch immer vor sich stehen. So hübsch wie sie war. Es war eher ein Alptraum zu wissen, dass nun noch jemand mit ihrem Blut im Land war. Noch eine mit dem Blut eines Maiar. Zuerst war es Thirak. Nun Octavia. Und beide sind Verräter. Sie musste gefunden werden…
Kiana kamen die Worte des von Ancalagon verbrannten Istari Saruman in dem Sinn, der sie auch nur verraten wollte, nachdem Galador, ihr ehemaliger Berater, ihm von Thiraks wahrer Geschichte erzählte. Saruman erklärte ihr, dass sie wahrscheinlich niemals Kinder bekommen konnte, weil sie eine Maia war. Anfangs kränkte sie der Gedanke. Nun dachte sie anders.
Ist besser so, ich kann nicht mehr von meinem Blut gebrauchen die kurz oder lang meine Krone begehren!, spann sie herum.

Am Abend trat Grauer Staub in den Thronsaal. Er wirkte wütend und bedrückt.
"Meine Königin, wir haben jeden Winkel der Stadt durchsucht, sind in jedes Haus gegangen… Ich habe versagt..", sagte er bestürzt.
Kiana seufzte tief und lächelte ihn sanft an. "Es ist nicht deine Schuld... Keiner konnte Ahnen, dass sich eine Mörderin im Turnier untermischt… Sie nutzte die Freuden des Volkes aus, um die Königin zu töten…", sprach sie auf Ostron. Zu Loki, der inzwischen wieder an ihrer Seite war und auf die Befehle seiner Königin hörte, warf sie einen vorwurfsvollen Blick.
"Ich werde dafür sorgen, dass jeden Tag und jede Nacht Wachen bei euch sind und euch niemals verlassen!", schwor Grauer Staub.
Dankend nickte sie ihm zu. Er war der einzige, auf den sie sich immer verlassen konnte. Er und die schwarzen Ostlinge waren die einzigen, die dankbar für die Freiheit, die die Königin ihnen gab, waren. Sonst konnte sie auf niemanden zählen. Ihre scheinbare Familie nicht. Auf die Menschen aus Mittelerde nicht und am wenigsten auf Loki.
Immer und immer wieder sah sie die Ereignisse vor sich und hörte die Worte Octavias, die sie als Mörderin betitelte.
Wie kann sie es wagen…
Dabei war Kiana es, die für Frieden und das Wohlergehen der Bevölkerung sorgte. Ohne sie als Königin, würden noch immer Fürsten die Armen ausbeuten und dadurch noch Reicher werden und die Armen verhungern. Sie war es, die Stabilität und Ordnung in das Land brachte. Nach all den Jahren der Tyrannei. Sie hatte das Gefühl, jemand schnürte ihr die Kehle ab. Seit dem Vorfall hatte sie das Gefühl keine Luft zu bekommen.
Das einzige was ihr übrig blieb war, darauf zu hoffen, dass die Nachricht schnell an die Friedenshüter überreicht wurde und diese bald eintrafen. Die Kommandantin war eine Frau und würde sich wohl kaum auf die Flüchtige einlassen. Zumindest war dies ein Vorteil Frauen in der Armee zu haben.
Sie nahm die Krone von ihrem Kopf und musterte das Stück Metall. Obwohl die Krone die Stufen des Thrones hinunter fiel, hatte sie keinen Kratzer, keinen Makel. Kiana legte die Krone auf ihren Schoß um ihren Kopf etwas zu entlasten. Er dröhnte nur vor Schmerz und ließ sie erschöpft stöhnen.
Ich sollte mich ausruhen, sagte sie sich selbst. Ich muss ausgeruht sein, wenn ich das Land beschützen will!. Die junge Maia erhob sich und stieg die Stufen, die vom Thron aus herab führten, hinunter. Langsam machte sie sich auf den Weg in ihre Gemächer, ohne sich auch  nur an ihren Reichsmarschall zu wenden, der sonst die Nacht bei ihr verbrachte. Diesmal konnte sie darauf getrost verzichten.
Sofort standen ihr schwarze Ostlinge an der Seite, zehn Mann an der Zahl, die sie begleiteten.
Während sie zu den Gemächern eskortiert wurde, dachte sie über ihre Kräfte nach. Denn sie konnte sie inzwischen einigermaßen beherrschen, doch als sie Octavia von sich stoßen wollte, versagte die Kraft in ihr. Erklären konnte sie es sich nicht. Sie beäugte argwöhnisch ihre Handflächen.
Wahrscheinlich war ich einfach überrumpelt….

An ihrem Gemach angekommen, betraten die Wachen zuerst den Raum und durchsuchten ihn. Danach traten sie an die Seite, damit die Königin eintreten konnte. Schnell verschloss sie auch die Tür hinter sich, warf ihre krone auf das Bett und ließ sich ebenfalls auf dieses fallen.
Sie wollte den Tag nur noch vergessen. Aber das war unmöglich. Der Schlaf würde wenigstens helfen, alles zu erleichtern. Deshalb dauerte es auch nicht lange, bis die junge Königin schließlich einschlief...


Kiana im Palast der weißen Festung…

Titel: Minas Tirith
Beitrag von: Saizo am 6. Feb 2021, 10:53
Minas Tirith, Weiße Festung

Sanya und Mithrendan von Süden aus Lebennin ans Tor von Minas Tirith



Die Mauern der königlichen Hauptstadt erhoben sich vor ihnen und Sanya und Mithrendan zügelten ihre Pferde. Sie waren ohne Rast geritten, seitdem der Bote der Königin sie erreicht und ihnen den Befehl des königlichen Reichmarschalls überbracht hatte, so schnell wie möglich in der Weißen Festung zu erscheinen. Es war nur eine Nacht seit dem Hinterhalt an der Brücke vergangen. Eine Königin ließ man nicht warten, und eine so mächtige wie diese schon gar nicht.
Die Stadt war nach dem versuchten Anschlag auf die Königin abgeriegelt worden. Überall waren schwer gerüstete Soldaten unterwegs und hatten Straßensperren errichtet. Alle Tore wurden besonders scharf bewacht, und hätte Sanya nicht ihre Insignien bei sich gehabt, hätte man sie wahrscheinlich gar nicht erst nach Minas Tirith hineingelassen. Dass ein Attentäter seinen Weg bis in den Thronsaal gefunden hatte, kam Sanya ungeheuerlich vor. Es stimmte zwar, dass es viele Menschen gab, die mit der Herrschaft Kianas unzufrieden waren, und die Rebellen in Arnor sowie der Aufstand des Silbernen Schwans bewiesen, dass einige sogar zu den Waffen greifen würden, aber dass es jemand geschafft hatte, die Königin beinahe zu ermorden verlieh der Krise eine ganz neue Dimension, wie Sanya fand.

Unterwegs zum königlichen Palast ließen Sanya und Mithrendan sich über die Details der Geschehnisse während des Turniers von einigen Soldaten, die sie nach oben eskortieren in Kenntnis setzen.
"Eine Frau hat das Kampfturnier gewonnen?" sagte Mithrendan und staunte nicht schlecht. "Das hätte ich zu gerne gesehen. Muss einigen Leuten ziemlich ihre Wetten versaut haben."
Sanya verdrehte die Augen. Wie konnte er in einer solchen Situation noch Witze darüber machen? "Ist das etwa Bewunderung die ich da für die Frau höre, die beinahe unsere Königin getötet hätte?"
Mithrendan hob abwehrend die Hände* "Aber, aber! Du verletzt mich, Sanya. Ich würde niemals..."
"Kommandantin," erinnerte sie ihn. "Wir sind hier nicht unter uns..."
Ihr bester Freund schüttelte amüsiert den Kopf. "Du bist immer so strikt."
"Das muss ich sein, weil du viel zu unbekümmert bist! Du weißt genau, wie wichtig dieses Amt für mich ist, und-"
Jemand räusperte sich und die beiden fuhren herum. Es war der Anführer ihrer Eskorte. "Wir sind da," sagte er und deutete auf das große Tor, vor dem sie stehen geblieben waren.
Vor lauter Gezanke hatten Sanya und Mithrendan gar nicht gemerkt, dass sie den Vorhof des Königsssaals bereits erreicht hatte. Sanya blickte etwas betreten drein, während Mithrendan leise lachte. Eines Tages wird er Vernunft annehmen, dachte sie sich kopfschüttelnd, dann stieß Sanya die schweren Torflügel auf und betrat den Thronsaal.

Drinnen war es dunkler als Sanya erwartet hatte. Als sie zuletzt hier gewesen war, war sie noch ein Mädchen von zehn Jahren gewesen, und der Thron hatte einem anderen Herrscher gehört. Von der Decke hingen große Kronleuchter herab, die ein Licht von trübem, orangenen Feuer spendeten. Der Thron selbst war in helleres, gelberes Licht getaucht. Schwarzrote Banner hingen von der Rückseite des Saals beinahe bis zum Boden herab. Zu beiden Seiten des zentralen Ganges, zwischen den Säulen, reiten sich die verschiedensten Würdenträger auf, spaliert von einer schwer gerüsteten Reihe von Ostlingssoldaten, die selbst hier im innersten Zentrum der Macht mit Speer und Schild bewaffnet waren.
Sanya war etwas unwohl zumute, doch sie wusste, dass sie jetzt nicht die geringste Schwäche zeigen durfte. Sie war die Kommandantin der Friedenshüter und man durfte ihre Unsicherheit auf keinen Fall anmerken. Sie verbannte jegliche Zweifel an den dunkelsten Winkel ihres Herzens und marschierte mit festen Schritten los, bis sie nur noch zehn Meter von der untersten der Stufen entfernt war, die zum königlichen Thron hinauf führten. Auf dem Weg dorthin hatte sie einen Blick auf ihre Herrscherin werfen können, die von ihren engsten Berater flankiert wurde: Dem Reichsmarschall und dem Lordkommandanten der Ostlingkrieger. Das silbrig schimmernde Haar stand im Kontrast zu dem schwarzen Kleid, das Königin Kiana trug, und Sanya war zum wiederholten Mal erstaunt, wie jung ihre Herrin war. Kein Zeichen des Alters war auf ihrem makellosen Gesicht zu sehen und die violetten Augen schimmerten geheimnisvoll. Doch die Miene bestand aus einer nur gerade so verhüllten Maske der Wut.
Sanya blieb stehen und ließ sich auf ihr linkes Knie nieder, das Haupt gebeugt. Sie trug ihre Paraderüstung; eine Spezialanfertigung für ihren schlanken Körperbau. Umhang und Wappenrock waren weiß, im Gegensatz zu dem üblichen Schwarz der Drachenkönigin, doch der rote Drache auf ihrer Brust ließ keinen Zweifel daran, wem Sanya diente. Neben ihr tat es Mithrendan ihr gleich, auch er zeigte der Königin den Respekt, den sie verdiente.
Der Reichsmarschall, ein windig aussehender Kerl mit langem schwarzen Haar verkündete die Titel seiner Königin, so wie es Sitte war. Dann nahm die Herrscherin selbst das Wort.
"Erhebt Euch, Lady Terelos." Ihre Stimme war ruhig, gar freundlich. Sie passte überhaupt nicht zu der nur schwer beherrschten Miene, die Sanya zuvor bei ihr gesehen hatte. Als sie aufstand, sah sie, dass Königin Kiana nun gelassener drein blickte. Ob das etwas mit mir zu tun hat? fragte sie sich.
"Wie ich höre seid Ihr im Westen einer wichtigen Spur auf den Fersen," begann die Königin. "Und ich danke Euch für Eure treuen Dienste. Aber ich habe Euch rufen lassen, weil ich jemanden brauche, auf den ich mich absolut verlassen kann. Sicherlich wisst Ihr, was hier geschehen ist?"
"Ja, Euer Gnaden," sagte Sanya und begegnete dem Blick der Königin. "Eure Feinde haben versucht, Euch zu ermorden und sind gescheitert."
"Es war eine dreiste Verräterin," korrigierte Kiana sie. "Ein Mädchen namens Octavia. Die Siegerin meines Turniers war es, die die Audienz mit mir nutzte, um einen hinterlistigen Anschlag auszuführen. Ich will, dass Ihr sie findet und zu mir bringt - am besten unversehrt."
"Natürlich, Euer Gnaden," antwortete Sanya; etwas anderes blieb ihr kaum übrig. Einen direkten Befehl ihrer Herrin infrage zu stellen war ein Fehler, den sie nicht begehen würde. "Wie sieht das Mädchen denn aus?"
"Etwas mager, aber kräftig genug um ein Schwert zu schwingen," beschrieb Kiana die Gesuchte. "Ein hübsches Gesicht mit grünen Augen und dunklem Haar. Aber wenn Ihr eine genauere Beschreibung wünscht, solltet Ihr vielleicht den Reichsmarschall fragen... er hat diese Verräterin eine ganze Weile aus nächster Nähe erlebt."
"Wie darf ich das verstehen, Euer Gnaden?" fragte Sanya verwundert. Deutete Kiana damit etwa an, dass der Reichsmarschall - Loki war sein Name, soweit Sanya wusste - ebenfalls ein Verräter war? Aber weshalb war er dann hier und nicht eingekerkert worden?
"Kümmert Euch nicht weiter darum. Jede Sekunde die wir hier miteinander sprechen vergrößert den Vorsprung der Verräterin. Ich will, dass sie gefunden wird!" Die unterdrückte Wut der Königin rückte mit diesen Worten weiter in den Vordergrund. "Jeder, der ihr hilft, ist ein Hochverräter, und hiermit erteile ich Euch als Kommandantin der Friedenshüter die Vollmacht, jegliche Komplizen dieser Verräterin auf der Stelle zu exekutieren!"
Sanya konnte nicht verhindern, dass ich ihre Augen etwas weiteten, als sie das hörte. Rasch verbarg sie ihre Überraschung. Mithrendan, der bislang geschwiegen hatte, ergriff das Wort. "Eine Frage, wenn Ihr gestattet, Euer Hoheit."
"Sprich schnell, Kundschafter."
"Wie Ihr wisst jagen San... jagen die Kommandantin und ich einen gefährlichen Aufwiegler, der sich selbst der "Silberne Schwan" nennt. Wenn Ihr uns von der Jagd abzieht, dann..."
"Diese Verräterin ist wichtiger!" schnitt ihm Kiana das Wort ab. "Ich brauche jemanden, dem ich vertrauen kann, der mit Verstand an die Sache geht und der nicht so primitiv denkt und sich sofort in dieses Mädchen verliebt! Da wäre die einzige Frau von Rang und Namen im Heer wohl die passendste Wahl, nicht wahr?" Sie warf einen strafenden Blick auf ihren Reichsmarschall, der angestrengt zu Boden starrte.
Das also ist der Grund warum sie mich ausgewählt hat, dachte Sanya. Dieses Mädchen, diese Octavia muss ja außergewöhnliche Verführungskünste aufweisen. Aber da ist sie bei mir an der falschen Adresse. "Euer Gnaden, wir machen uns sofort auf den Weg."
"Seht ihr? Sie stellt keine Fragen, sie packt die Sache an!" lobte Kiana und blickte in die Runde ihrer Berater. "Geht, Lady Terelos. Die Verräterin ist aus dem Palast verschwunden, aber wir haben mittlerweile herausgefunden, dass sie mit einem Seil die Stadtmauer herab geklettert ist. Ihre Spur führt nach Norden. Der Stallmeister soll euch seine schnellsten Pferde zur Verfügung stellen, damit ihr sie einholen könnt. Und vergesst nicht, ich will diese Verräterin lebend!"

Sie verließen den Palast in aller Eile. Die Königin gab Sanya eine frische Eskorte von ausdauernden Reiter mit und an den königlichen Stallungen ließen sie sich frische Pferde geben. Sanya hoffte, diese Jagd so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, denn ihr war klar, dass in der Zwischenzeit die Spur des Silbernen Schwans erkalten würde. Dennoch war sie auch dankbar für diesen Spezialauftrag ihrer Königin. Ein wenig fühlte sie sich noch immer geschmeichelt, dass Kiana gerade sie ausgewählt hatte, auch wenn sie den wahren Grund dafür ja mittlerweile kannte.
"Also gut," sagte Sanya und stieg in den Sattel. "Finden wir diese Octavia!"

Sanya und Mithrendan mit Eskorte nach Anórien
Titel: Anorien (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 6. Feb 2021, 18:58
Anorien (Gondor)


Octavia aus Minas-Tirith in den Westen Gondors…


Octavia ritt so schnell sie nur konnte von Minas-Tirith in Richtung Arnor. Sie war mehr als froh, dass Loki ihr doch half, obwohl er wieder an der Seite der Königin war. Vielleicht war er dann nicht ganz so unehrlich zu ihr gewesen. Immerhin sagte er Kiana auch nichts von ihrer wahren Herkunft oder verriet sie, während sie vor der Königin stand. Sie dachte an die anderen Rebellen, die ihn ohne Octavia wahrscheinlich getötet hätten.
Der Ärger über sich selbst war groß, denn ihr gelang es nicht die Frau zu töten, die so viele andere Leben auf dem Gewissen hatte. Vor allem hätte sie ihr niemals die Wahrheit über ihre Verbindung verraten. Es war klar, dass das Wissen darüber noch große Konsequenzen mit sich zog. Besonders bei einer Verrückten wie Kiana.
Octavia musste wieder an die Worte der Königin denken, die mit jedem Mittel versuchte sie auf ihre Seite zu ziehen.
Sie muss sehr verzweifelt sein, dachte sich die junge Rebellin.
Natürlich hatte Octavia nicht die besten Menschenkenntnisse, doch sie wusste, dass jemand wie Kiana eine gefährliche Person war. Vor allem wenn sie auf dem Thron saß und die Verantwortung über so viele Leben hatte. So labil wie sie ihr vorkam, konnte die Stimmung Kianas jederzeit Kippen und erneut unschuldige Menschenleben gefährden.
Sie konnte und wollte aber nicht weiter darüber nachdenken. Der Frust über ihr versagen war schon so groß genug. Die Schmerzen ihres Körpers und die Erschöpfung hatten ihren Leib inzwischen fest im Griff.
Octavia wusste nicht wie lange sie schon auf dem Rücken des Pferdes war oder wo sie sich befand. Generell bekam sie von ihrem Fluchtweg eher wenig mit. Sie hatte die letzten Tage kaum geschlafen. Dann noch das Turnier und ihre Flucht. Allmählich waren ihre Kräfte aufgebraucht. Mit allen Mitteln versuchte sie sich noch auf ihrem Pferd zu halten, doch es war vergeblich. Die Müdigkeit übermannte sie, sodass sie sogar vom Rücken des Reittiers fiel.
Sie landete auf ihrer Flanke und im Gras. Verzweifelt versuchte sie sich aufzurichten, doch ihr Körper weigerte sich. Die junge Frau wusste genau, dass Kiana nach ihr suchen ließ und es so nur eine Frage der Zeit war, bis man sie fand. Aber sie konnte nicht mehr.
Nur einen kurzen Moment ausruhen… Danach geht es weiter, sagte sie sich selbst. Es war nicht die gemütlichste Stelle auf der sie lag. Doch es war gut genug um wenigstens kurz die Augen zu verschließen. Sie schob ihre Arme unter dem Kopf und lag sich in die richtige Position. Es dauerte auch nicht lange, da schlief sie ein und landete im Land der Träume.

Stöhnend wachte Octavia auf, als sie etwas feuchtes an ihrer rechten Wange verspürte. Es war das Pferd, das ihr nicht von der Seite wich. Mehrmals schlug sie mit der einen Hand danach um es zu vertreiben, denn aufstehen wollte sie noch immer nicht. Dann hörte sie Schritte im Gras und dazu noch Stimmen. Waren es etwa die Soldaten Kianas, die sie nun gefunden hatten? Sie schrak auf und sprang auf ihre Beine. Aus dem Reflex heraus griff sie nach ihrem Schwert, welches sie aber nicht fand.
Verdammt… Es ist noch vor Minas-Tirith vergraben… , dachte sie sich. Was sollte sie nun machen? Sich einfach ergeben und von der Königin töten lassen? Sie hielt ihren Arm schützend vor ihre Augen, um trotz der Sonneneinstrahlung erkennen zu können, wer auf sie zu kam.
Es war ein bärtiger, nicht unbedingt kräftiger,  Mann und ein kleines Mädchen, welches er an seiner Hand hielt. Bedrohlich wirkten beide zum Glück nicht, denn er trug einfache Kleidung und keine Waffen bei sich.
"Ist bei Euch alles in Ordnung? Ich hab ein gesatteltes Pferd ohne Reiter und Euch im Gras liegen sehen!", fing er an.
"Ja, es ist alles gut…", entgegnete Octavia mit kratziger Stimme. Ihre Kehle war ausgetrocknet und sie hatte nichts dabei, womit sie sie befeuchten konnte.
"Ihr seht müde aus… Habt wohl eine lange Reise hinter euch…", stellte der Mann fest. Er entfernte den Stöpfel seiner Trinkflasche und reichte sie Octavia. Zögernd nahm sie diese schließlich an. Zunächst nahm sie einen kleinen Schluck, der wohltuend für ihren Hals war. Dann nahm sie noch einen und noch einen, bis sie die Trinkflasche auf einmal austrank. Das Wasser lief ihr schon am gesamten Mund runter.
"Du hast aber durst!", sagte das Mädchen. "Ja…",entgegnete Octavia nur kurz und atmete dabei schnell. Sie gab die Flasche dem Mann zurück und bedankte sich bei ihm.
"Wenn ihr wollt bringe ich Euch in unser Dorf… Dort haben wir mehr Wasser und etwas zu Essen können wir sicher auch entbehren!", schlug er ihr vor.
Die junge Rebellin sah zu ihrem Pferd. Sie hatte kein Essen an den Satteltaschen, kein Wasser, nichts. Gut, Loki musste sich wahrscheinlich auch beeilen das Pferd bereit zu machen, aber wenigstens eine Kleinigkeit hätte er ihr doch auf dem Weg geben können. Sehr gerne wollte sie der Einladung des Mannes folgen, aber es war noch immer gefährlich und sie hatte die Grenze zu Arnor noch nicht überquert.
"Ich muss echt weiter…", entgegnete sie frustriert und ablehnend. Sie wusste ja auch nicht, in welche Gefahr sie andere brachte, wenn Kianas Truppen von der Hilfe erfuhren.
"Ach kommt schon, Ihr seid bestimmt nicht auf der Flucht!", scherzte er, "Meine Tochter freut sich über jeden Besuch, der in unserem Dorf eintrifft!".
Octavia seufzte und ihr Magen knurrte. Sie musste etwas zwischen die Zähne bekommen. Ansonsten würde sie wieder nicht weit kommen. Auch wenn es ihr nicht leicht fiel, stimmte sie dem Mann zu.
"Das freut mich!", entgegnete dieser daraufhin, "Wartet, ich nehme Euer Pferd".
Octavia folgte dann dem Mann, der die Zügel des Pferdes nahm und voran ging. Das kleine Mädchen reihte sich neben Octavia ein und hielt mit ihr Schritt. "Ich bin Eiriên und wie heißt du?".
"Ich bin Octavia…", antwortete sie der kleinen freundlich.

Während dem ganzen Weg blieb das kleine Mädchen bei Octavia und nahm ihre Hand. Sie wirkte auf die Rebellin so unbeschwert. Sie kannte das echte Leben ja noch nicht und war viel zu jung. Wie gerne hätte sie auch lieber so ein Leben gehabt. Ohne Geheimnisse über ihren Vater, ohne ein Leben in ständiger Unsicherheit und Angst.
Schließlich erreichten sie ein kleines Dorf. Es bestand nur aus wenigen kleinen Häusern aus Holz und Strohgedeckten Dächern, die sich auf einen Hügel ansiedelten. Überwiegend Menschen in bäuerlicher Kleidung tummelten sich in diesem Dorf. Einige von ihnen arbeiteten Zäunen, während andere das Vieh versorgten. Octavia sah sich genau um, als sie durch die Dorfmitte  ging, um Soldaten der Krone zu entdecken. Aber scheinbar waren nicht einmal Wachen an diesem Ort.
Der Mann führte Octavia zu einem Haus, das sich mittig befand. Er bot ihr an, sich auf einem der Stühle zu setzen, die auf der Veranda des Hauses aufgestellt wurden.
"Ich denke bei diesem wunderschönen Wetter bietet es sich an draußen zu bleiben!", sagte der Mann während er noch Hinter sein Haus gehen wollte, "Ich bringe Euer Pferd noch auf die Weide! Eiriên, sei doch so nett und bringe unserem Gast etwas zu Essen".
Das kleine Mädchen stürmte in das Haus. Octavia blickte sich erneut um. Das Wetter war wahrlich mild und keine einzige Wolke bedeckte den Himmel. Vorsichtig setzte sie sich auf einen der Stühle. Ob sie auch jemals so ein ruhiges Leben haben würde? Fragte sie sich. In Arnor war sie noch weit davon entfernt. Das Land war noch immer in der Hand Kianas und selbst wenn die Rebellen Erfolgt hätten, wusste sie nicht, wie es danach weiterging. Es war ja nicht so, dass sich alle Rebellen ausgezeichnet untereinander verstanden. Eher im Gegenteil. Auch war die Bedrohung nicht aus der Welt geschafft. Kiana lebte, leider, noch immer und konnte ihr Unwesen treiben. Vielleicht war es auch einfach ihr Schicksal, niemals zur Ruhe zu kommen und auf ewig kämpfen zu müssen. Auf Dauer hielt sie es ja sowieso nicht aus, an einem Ort zu ruhen und nicht mehr kämpfen zu können. Ohne ein Schwert in der Hand.
Eiriên kam wieder aus dem Haus und übergab ihr eine Schale und Brot. In der Schale lag viel Gemüse. Dann verschwand das Mädchen wieder in dem Haus. Octavia biss die ersten Stücke von dem Brot zaghaft ab und schlang den Rest gierig herunter. Durch das mangelnde Kauen spürte sie, wie das Brot ihren Hals nur langsam herunter rutschte.
Der Mann, der sie einlud, kam hinter dem Haus hervor und ließ sich seufzend auf den anderen Stuhl fallen.
"Ich bin übrigens Maenas…".
"Octavia!", erwiderte die junge Rebellin mit vollem Mund."Eiriên, setz doch bitte den Eintopf auf und bring uns etwas zu trinken!", rief der Mann namens Maenas.
Noch mehr Essen? Octavia hatte nicht eine so große Gastfreundschaft erwartet. Noch immer fragte sie sich wo sie war. Geritten war sie gefühlt eine Ewigkeit. Das einzige was sie erkannte war das weiße Gebirge.
"Was ist das hier für ein Ort?", fragte Octavia zurückhaltend.
"Das ist Anorien.. Aber unser Dorf befindet sich an der Grenze zu Rohan…", sagte der Mann, "...Gleich dort drüben im Westen ist die Ostfold!".
Octavia war leicht sprachlos. Sehr weit war sie also doch nicht gekommen. Dann hatte sie Glück gehabt, dass Maenas und seine Tochter sie gefunden hatten. Es hätte auch ganz anders ausgehen können und Soldaten der Krone ganz dicht an ihr dran können. Es war ja nur noch eine Frage der Zeit, bis die Nachricht das ganze Reich erreichte.
Eiriên kam heraus und gab Octavia eine weitere Schale, in der sich der warme gut riechende Eintopf befand. Schnell löffelte sie die Schale aus Holz leer unter beobachtung Maenas, der sie erstaunt anstarrte.
"Ihr scheint hungrig zu sein…", stellte der Mann lächelnd fest. "Wohin führt denn Euer Weg?". Octavia wusste nicht ob sie ihm antworten sollte. Sie kannte ihn nicht und vielleicht war er der Königin treuer, als sie annahm.
"Nach Arnor…", antwortete sie nur knapp.
"Was wollt Ihr denn dort? Die Rebellen sind gefährlich und man hört Gerüchte, dass es nicht mehr lange dauert bis sie den Legaten stürzen…".
"Ich komme von dort…", antwortete sie nur.
"Herrje..", machte er nur. "Wenn ihr schon aus der Hauptstadt kommt, warum bleibt ihr nicht dort?".
"Meine Familie ist im Norden… Und die Hauptstadt gefällt mir nicht…", behauptete die junge Frau.
Maenas lehnte sich in seinem Stuhl zurück und rückte sich zurecht. "Ich kann das verstehen… Direkt unter den Augen der Königin zu sein würde mir auch nicht gefallen..".
Octavia horchte auf, nachdem er das sagte. Was meinte er damit? Sie legte ihren Kopf schief und sah ihn fragend von der Seite an. Er sah in die Dorfmitte, mit verschränkten Armen hinter seinem Kopf. Scheinbar bemerkte er ihren fragenden Blick.
"Die Königin hat  für die Bevölkerung viel getan, keine Frage… Aber das meiste Gold geht in die Armee.. Und die Armee ist widerwärtig… Die Hauptmänner und Kommandanten denken sie haben mehr Rechte als alle anderen…", sagte er. Octavia verstand noch immer nicht auf was er anspielen wollte. Wollte e sie nur aus der Reserve locken, damit sie sprach?
"Nicht nur bei Euch in Arnor gibt es widerstand… Auch hier in Gondor… Und ich bin froh, dass diese Menschen, uns vor der Willkür der Königin beschützen…", erzählte er weiter.
"Warum sagt ihr sowas?", wollte Octavia wissen. Maenas nahm einen großen Schluck aus seinem Becher. "Ich weiß, dass ihr nicht einfach auf der Durchreise seid… Niemand würde sonst Erschöpft im Gras liegen und sich ängstlich nach Wachen im Dorf umsehen, wenn er nicht Dreck am stecken hätte!".
Octavia fühlte sich erwischt. Hatte sie sich etwa so leicht verraten? Sie sagte nichts.
"Keine Sorge, Ihr seid hier sicher… Ihr werdet hier kaum einen Bewohner finden, der die Königin unterstützt… Lediglich unsere Steuern, die wir ihr pflichtig sind, zahlen wir…".
Die junge Frau war sprachlos. Sie dachte, die einzigen die sich gegen die Herrschaft Kianas wehrte, waren die Nordmänner. Von denen, die so nah an der Hauptstadt war, erwartete sie schon fast, dass sie der Krone folgten.
"Ich war in der Hauptstadt, um am Turnier teilzunehmen…", fing sie schließlich an zu erzählen. Wirkte dabei aber nachdenklich. Immerhin dachte sie wieder an die Ereignisse.
"Ich hörte von diesem Turnier… Und das war ein Verbrechen?"; fragte der Mann ungläubig.
"Nunja, ich hab es gewonnen und versucht die Königin zu töten!", entgegnete Kiana trocken.
Der Mann warf seinen Kopf in den Nacken und fing an zu lachen. Er warf die Schalen und Becher um, die zwischen ihnen auf einen kleinen Tisch standen.
Octavia war überhaupt nicht zum Lachen zu mute und wusste nicht was daran überhaupt lustig sein sollte. Sie beäugte den Mann nur irritiert und wartete, bis er sich wieder beruhigte.
Maenas hörte auf zu lachen und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Octavias Miene blieb ernst.
"Ach, das war kein Scherz?", stellte er schließlich fest und setzte ein ernstes Gesicht auf. Octavia nickte ihm zu.
"Wie hast du es überhaupt lebendig aus der Stadt geschafft?".
Die junge Frau zog ihre Schultern hoch. Natürlich wollte sie nichts von Loki, der ihr half, erzählen. "Du bist echt verrückt!", sagte der Mann, "Ich glaube das wagt sich sonst keiner… Umso trauriger ist es, dass es scheinbar noch lebtt…".
Octavia biss sich auf die Unterlippe herum und zog ihre Augenbrauen hoch, während sie nickte.  Maenas erhob sich und streckte seine Arme aus um die alten Glieder zu entspannen.
"Keine Sorge… Du bist hier sicher… Wenn du willst kannst du hier auch gerne Rast machen und schlafen bevor du aufbrichst…", bot er an.
Obwohl sie eigentlich nicht wollte und so schnell wie möglich aufbrechen wollte, entschied sie sich dort zu bleiben. Die Sonne ging ohnehin schon unter. Auch war es wahrscheinlich sicherer in diesem unauffälligen Dorf zu bleiben nicht bei Nacht zu reiten. Hier vermuteten die Truppen Kianas sie wahrscheinlich am wenigsten.

Als sie im Haus von Maenas und Eiriên war, bekam sie von dem Mädchen eine Decke. Der Mann bot ihr an in dem Bett zu schlafen, was sie dankend annahm. Er schlief währenddessen auf dem Boden. Sie nahm sich vor direkt in der Morgenröte aufzubrechen. Dann konnte sie den Meisten Soldaten aus dem Weg gehen und schnell in Arnor sein.
Bevor sie einschlief, spürte sie nur, wie jemand unter ihre Decke krabbelte. Es war Eiriên.
"Ich hab Angst… Darf ich hier bei dir bleiben?", flüsterte das kleine Mädchen.
Octavia lächelte sie an und erwiderte: "Natürlich darfst du das.". Dabei legte sie ihren Arm schützend um das Mädchen, welches ihr das Gefühl von einem zu Hause gab. Wenn auch nur für einen kurzen Moment. Denn sie erinnerte sich an die Zeiten mit Kael zurück, der sie auch immer in der Nacht beschützte, als sie noch Kinder waren.
Schließlich schlief sie tief und fest ein…


Octavia in einem Dorf in Anorien...
Titel: Anórien
Beitrag von: Saizo am 7. Feb 2021, 13:00
Anórien (Gondor)



Sanya und Mithrendan aus Minas Tirith auf der Jagd nach Octavia

Sanya ritt nachdenklich entlang der Straße, die von Minas Tirith nach Norden durch das Gebiet namens Anórien führte. Sie näherten sich dadurch ihrer Heimat, Cair Andros, eine Insel im Anduinfluss, auf dem eine große Burg mit umliegender Stadt erbaut war. Seitdem sie der Armee beigetreten war, war Sanya nur ein einziges Mal wieder dort gewesen. Auch in Cair Andros saß nun ein Legat der Königin, sie hatte als Erbin der ehemaligen Herrscher der Insel dort keine offiziellen Einfluss mehr. Dennoch war sie beim Volk recht beliebt und man kannte sie.
Ich frage mich, ob diese Octavia vielleicht mit den Aufständischen in Westgondor unter einer Decke steckt. Ob sie vielleicht sogar im Auftrag des Silbernen Schwans gehandelt hat. Wenn wir sie verhören, werden wir es erfahren. Vielleicht kann sie uns sagen, wo wir diesen Mistkerl finden können.
Zu viele Hoffnungen machte sie sich nicht. Nach allem was man wusste, war die Verräterin, die Sanya nun jagte, aus Arnor gekommen. Dort hatte es eine schon etwas länger etablierte Rebellion gegeben. Die Rebellen sind wirklich dreist gewworden wenn sie es nun wagen, die Königin persönlich anzugreifen. Wer auch immer zugelassen hat, dass man eine bewaffnete Frau ganz alleine mit der Königin lässt, sollte mehr als nur seinen Posten verlieren. Wie konnten die königlichen Wachen so etwas nur zulassen? Das war Versagen auf ganzer Linie... es ist ein Wunder, dass ihre Majestät noch am Leben ist.
Sanya hoffte, so etwas würde nicht wieder vorkommen. Allein dass Octavia so weit gekommen und kurz davor gestanden hatte, Kiana zu ermorden, war schon ein gewaltiger Erfolg für die Rebellen - oder für wen auch immer Octavia in Wahrheit arbeitete. Sanya war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, dieses Mädchen so bald wie möglich in die Finger zu bekommen, um sich wieder auf die Jagd nach dem Silbernen Schwan zu konzentrieren, und der Ungewissheit, die sich in ihr ausbreitete. Hatte die Königin sie nur für diese wichtige Mission ausgewählt, weil sie eine Frau war? Oder war dies vielleicht eine Art Test? Sanya wusste es nicht - sie wusste nur, dass sie sich ein Versagen nicht leisten konnte.
Sie seufzte frustriert und konzentrierte sich wieder auf die Straße, der sie weiter nordwärts folgten.

Gleich im ersten Dorf nördlich von Minas Tirith ließ Sanya die Eskorte ausschwärmen und die Bewohner danach fragen, ob sie die Gesuchte gesehen hatten. Während die Soldaten das Dorf mehr oder weniger auf den Kopf stellten, unterhielten sich Sanya und Mithrendan im gedämpften Ton.
"Ich weiß nicht, ob das der richtige Weg ist, um mit der Sache umzugehen," sagte der Kundschafter.
"Befehl ist Befehl," erwiderte Sanya. "Wir sollen diese kleine Verräterin schnappen, also schnappen wir sie, verschnüren sie und präsentieren sie der Königin als Geschenk."
"Und was dann?"
"Dann widmen wir uns wieder der Jagd nach dem Silbernen Schwan," sagte Sanya.
"Deinem Tonfall nach würdest du das aber lieber gleich tun, anstatt erst der Königin dieses kleine Geschenk bringen zu müssen." Mithrendan grinste. "Ich seh's dir an der Nase an."
"Bleibt uns etwas anderes übrig?" hielt Sanya dagegen. "Du hast die Königin gehört, sie hat sich klar asugedrückt. Sie will diese Octavia hinter Gittern haben."
"Ich frage mich nur..."
"Fragst du dich etwa wieso?" rief Sanya, die ein wenig die Geduld verlor. "Weil sie versucht hat, die Königin zu ermorden! Sie kann sich glücklich schätzen, dass wir sie lebendig einfangen sollen."
"So meinte ich das nicht," sagte Mithrendan. "Ich dachte nur... vielleicht sollte man erst einmal herausfinden, aus welchem Grund das Mädchen die Königin angegriffen hat? Sie soll noch so jung sein... es wäre schade, wenn sie den Rest ihres Lebens hinter Gittern verbringen müsste."
"So ist das aber nun einmal, wir haben Gesetze und wenn man diese bricht, muss man mit den Konsequenzen leben."
"Ich weiß, nur..."
"Jetzt erzähl mir nicht, du hast dich ebenfalls in sie verguckt, so wie dieser Reichsmarschall." Sanya lachte.
"Wie bitte? Jetzt werd' nicht albern, Kommandantin, ich weiß ja nicht einmal wie diese Octavia aussieht, bis auf die grobe Beschreibung die man uns gegeben hat."
Sanya wollte etwas antworten, doch in dem Moment kamen die Soldaten zurück. Sie hatten jemanden gefunden, der Octavia gesehen hatte, wie sie weiter nach Norden geflohen war. So ließ Sanya die Kompanie zurück auf ihre Pferde steigen und sie preschten los, in die Richtung die ihnen die Dorfbewohner genannt hatten.

Einige Meilen weiter fanden sie inmitten von Wiesen neue Hinweise in Form von plattgetretenem Gras. Mithrendan begann sofort nach Spuren zu suchen. Als erfahrener Fährtenleser dauerte es nicht lange, bis er welche fand.
"Sie hat hier eine Weile gerastet," sagte er. "Vielleicht kommt sie nicht so schnell voran wie sie es sich wünschen würde. Sie... sie muss vom Pferd gestürzt sein, hier drüben... dann hat sie sich noch ein paar Meter geschleppt und ist dann hier liegen geblieben."
"Die Kämpfe in der Arena," mutmaßte Sanya. "Da hat sie sich möglicherweise eine Verletzung eingefangen, die sie jetzt verlangsamt. Wohin ist sie von hier aus gegangen?"
Mithrendan suchte den Boden ab, dann deutete er in Richtung Westen, über die Felder. "Sie ging in diese Richtung, erst vor wenigen Stunden Zeit," sagte er. "Und sie ist nicht mehr allein. Hier sind noch mehr Spuren."
"Folgen wir ihnen. Aber vorsichtig, damit wir sie nicht verlieren," entschied Sanya.

Tief gebückt im Sattel reitend gelang es Mithrendan, die Spuren weiter zu verfolgen. Sie führten in relativ gerader Linie westwärts, weiter nach Anórien hinein. Sie ritten im langsamem Tempo für einige Zeit, bis in der Ferne ein Hügel auftauchte. Eine kleine Ansammlung von Häusern war darauf errichtet worden. Versteckte sich Octavia etwa dort? Die untergehende Sonne ließ die Schatten der Häuser lang werden, als sie auf das Dorf zuritten.
Sanya befahl der Hälfte ihrer Eskorte, das Dörfchen zu umstellen, damit niemand es ungesehen verlassen konnte. Sie selbst ritt mit Mithrendan und dem Rest der Soldaten ins Zentrum. Ein frostiger Empfang wartete auf sie, den Mienen der Bewohner nach zu urteilen. Alle beeilten sich, den Soldaten aus dem Weg zu gehen, und niemand hieß sie willkommen.
Sanya sprang aus dem Sattel. "Wer spricht für dieses Dorf?" verlangte sie von den wenigen Schaulustigen zu wissen, die in der Nähe geblieben waren.
Getuschel erhob sich, bis sich ein bärtiger Mann aus der Gruppe löste. "Ich," sagte er und begegnete Sanyas Blick ernst.
"Ich bin Sanya Terelos, und ich bin im Auftrag der Königin hier," erklärte Sanya und hielt seinem Blick stand.
"Maenas," erwiderte er. "Was will die Königin von unserem kleinen Dorf? Wir haben unsere Steuern bereits gezahlt."
"Wir verfolgen die Spuren einer Verräterin, die versucht hat, unsere Königin zu ermorden. Die Spuren führen in euer Dorf," legte Sanya die Fakten auf den Tisch und wandte sich an die ganze Gruppe. "Wenn ihr dieser Frau helft, macht euch das zu Mitverschwörern und ihr könnt hier und jetzt hingerichtet werden."
Aufgeregtes Gerede antwortete ihr, doch Sanya sprach weiter. "Meine Soldaten werden euer Dorf jetzt durchsuchen. Ihr habt nichts zu befürchten, wenn ihr die Gesuchte nicht versteckt..."
Maenas starrte Sanya feindselig an. Ob er etwas verbarg? Einem Bauchgefühl folgend machte sie einen Schritt auf den Mann zu, die Hand am Schwertgriff...
Da ging die Tür des Hauses hinter Maenas mit einem Knall auf. Ein kleines Mädchen stand darin, eine wütende und zugleich änstliche Miene im Gesicht. "Ihr dürft Octavia nichts tun! Sie ist verletzt und schläft, und außerdem ist sie ein guter Mensch, sie hat nichts falsch gemacht!"
Sanyas Hand schloss sich um den Griff ihrer Klinge. Ihr war klar, dass die Gesuchte sich in dem Haus befand und dass zumindest Maenas und das Mädchen sie hierher gebracht und ihr geholfen hatten. Die Anweisungen der Königin waren eindeutig gewesen, und auch wenn es Sanya widerstrebte, ließen sie ihr keine Wahl...

Mithrendan war es, der die Situation rettete. Während Sanya noch mit sich rang, ging er mit einem mitfühlenden Ausdruck im Gesicht an Maenas vorbei, der wie erstarrt mit trotzigem Gesichtausdruck da stand, und ging vor dem Kind in die Hocke. "Wir haben nicht vor Octavia etwas anzutun, Kleine. Wir sind nur auf der Suche nach ihr, weil sie versucht hat, jemanden zu töten. Das ist falsch, verstehst du das? Einen anderen Menschen zu töten sollte man nur aus Notwehr, niemals mit Absicht. Wie heißt du, Kleine?"
"Eiriên," antwortete das Mädchen etwas ruhiger. "Aber... ihr werdet sie mitnehmen, dabei braucht sie Ruhe, es geht ihr nicht so gut!"
"Die Königin hat befohlen, dass Octavia kein Leid geschehen soll," erklärte Mithrendan sanft. "Wir werden sie schlafen lassen, bis sie von selbst aufwacht, aber danach muss sie mit uns kommen. Verstehst du das? Wenn man etwas Verbotenes tut, muss man manchmal Dinge hinnehmen, die einem nicht gefallen, kleine Eiriên. Das gilt auch für Octavia."
Das Mädchen musterte den Kundschafter noch eine Weile misstrauisch, dann jedoch lief es von der Türe weg und klammerte sich an das Bein von Maenas, der alles schweigend beobachtet hatte. Er legte Eiriên eine schützende Hand auf den Kopf und blickte Sanya feindselig an. "Sieht aus als hättet Ihr Eure Flüchtige gefunden, Lady Terelos," sagte er grimmig. "Was wird also jetzt geschehen?"
"Geht zurück in eure Häuser oder euren Geschäften nach," sagte Sanya etwas steif, als sie sich von der Überraschung erholt hatte. Als sich die Menge zerstreut hatte, fuhr sie leiser an Maenas gewandt fort: "Ich hätte Euch auf der Stelle hinrichten sollen dafür dass Ihr der Verräterin geholfen habt. Euer Tochter zuliebe werde ich in meinem Bericht schreiben, dass Octavia sich gegen Euren Willen Zugang zu dem Haus verschafft hat... aber vergesst nicht wem dieses Land gehört. Ich will nicht hören, dass die Königstruppen gnadenlos seien, verstanden?"
"V...verstanden," murmelte der Mann. "Habt Dank, Herrin."
Sanya seufzte, ließ ihren Schwertgriff los und befahl ihren Soldaten, das Haus scharf zu bewachen und alle Fenster und die Tür genaustens im Auge zu behalten. Dann betrat sie das Gebäude. Ihre hohen Stiefel ließen die hölzernen Dielen etwas knarzen, als sie sich umsah. Ein Bett stand in der Ecke, darin lag eine schlafende Gestalt. Octavia, das musste sie sein. Die Beschreibung passte. Sanya fand, dass sie selbst im Schlaf etwas verbissen wirkte, aber auch verletzlich. Ich frage mich wirklich, wie sie dieses Turnier gewinnen konnte, dachte sie und zog einen der Stühle heran, um sich in ungefähr einem Meter Abstand neben das Bett zu setzen, das Schwert griffbereit am Gürtel. Mithrendan lehnte sich gegen den Türrahmen und blockierte den Fluchtweg. Sanya schlug die Beine übereinander und klatschte einmal in die Hände, um die Schlafende zu wecken.
"Octavia, nehme ich an? Gut geschlafen?" fragte sie ruhig, wenn auch etwas sarkastisch lächelnd. Das
Titel: Anórien (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 7. Feb 2021, 19:54
Anórien

Octavia in Gefangenschaft von Sanya...


Octavia drehte sich gerade auf die Seite, als sie von ihrem anstrengenden Traum, durch ein Geräusch das sich wie ein Klatschen anhörte, erwachte. Aber das war sicherlich nur Eiriên. Wieder träumte sie von der dunklen Gestalt, die Deloth in die Dunkelheit zog. Immer wieder holte sie der Traum ein. Wurde sie nun auch verrückt, weil sie das gleiche Blut wie Kiana in sich trug? Den gleichen Vater hatte?  Sie legte sich das Kissen stöhnend zurecht, auf welches ihr Kopf lag und schob ihre Hände unter das Kissen.
Als sie vorsichtig blinzelte, erkannte sie nur eine Gestalt vor dem Bett, sitzend auf einem Stuhl. An der Tür lehnte eine zweite Gestalt.
“Octavia, nehme ich an? Gut geschlafen?”, ertönte die Stimme einer Frau.
“Mhm…”, machte sie nur und erhob dabei ihren Kopf. Sie streckte ihre Arme von ihrem Körper, um den Schlaf aus den Gliedmaßen zu vertreiben. Dabei gähnte sie.
Dann erst erkannte sie die Frau, die am Bett saß. Sie trug eine leichte Rüstung, ein Kettenhemd und darüber einen schwarzen Wappenrock, der den roten dreiköpfigen Drachen auf dem Bereich der Brust abgebildet hatte. Ihr Schwert war deutlich sichtbar. Die Frau mit dem Sandblonden Haar hatte ihre Beine übereinander geschlagen und lächelte Octavia sarkastisch an. Ihre hellen Grauen Augen beobachteten die Rebellin, die sich nichtsahnend die Augen rieb.
Erst jetzt begriff sie, dass sie Soldaten Kianas vor sich hatte. Sie wunderte sich nur, eine Frau in Rüstung vor sich zu haben. Klar wusste sie, dass Frauen unter Kiana gleichberechtigung erfuhren, aber sie hatte in der Armee sonst nur Männer gesehen. Schnell schrak sie auf und setzte sich auf ihre Beine, noch immer im Bett. Sie hatte keine Waffen bei sich und auch im Haus war nichts, was in ihrer greifbaren Nähe war. Ihr Blick wanderte zur Tür, in der Hoffnung einfach schnell an ihr vorbei zu fliehen. Doch dort stand ein großer Mann. Seine dunklen Augen verharrten ebenfalls auf der jungen Rebellin. An ihm vorbei schaffte sie es vermutlich nicht.
Verdammt… Ich hätte schon am Abend abreisen sollen, ärgerte sie sich. 
“Da habt ihr mich nun endlich gefunden… Hat ja doch länger gedauert als ich gedacht habe…”, scherzte Octavia noch, trotz ihrer misslichen Lage, mit kratziger Stimme. Sie bis dabei auf ihre Unterlippe und zog die Augenbrauen ertappt hoch.
“Du hast es den Wachen von Minas-Tirith nicht leicht gemacht, wobei mich sehr interessiert, wie du es hinaus geschafft hast. Sicherlich nicht alleine?”, wollte die Frau wissen.
“Ich war alleine…”, sagte sie kurz. Wenn sie Loki verriet, beendete die Königin sicherlich das Leben des Reichmarschalls. So bestand wenigsten noch die Hoffnung dass die Rebellen vielleicht durch ihn gewarnt werden.
“Was erwartest du denn von jemanden, der das Turnier gewinnt!”, rief der Mann lachend von der Tür. Octavia beobachtete, wie die Frau mit dem Sandblonden Haar ihm daraufhin einen genervten Blick rüber warf.
“Warum hast du versucht die Königin zu töten? Du bist noch so jung...”, fragte die Frau weiter.
“Um die Grausamkeit in diesem Land zu beenden…”, entgegnete Octavia weiterhin kurz. Sie wollte nicht mit ihr reden. Wozu auch? Sie war sowieso zum Tode verurteilt.
“Es ist eher eine Grausamkeit, dass jemand versucht unsere Königin zu töten und den Frieden des Reiches stört…”.
“Ach ja?”, sagte die junge Rebellin, “Kiana hat tausende Menschen auf dem gewissen…”.
“Und trotzdem geht es dem Volk besser, als vorher… Die Fürsten, die das Volk ausgebeutet haben wurden entmachtet und selbst Frauen haben eine Chance sich zu beweisen… Siehe auf mich… Sanya Terelos, eine Frau als Kommandantin der Armee!”.
Die Frau, die Sanya hieß, wirkte sehr stolz, als sie das sagte. Octavia erinnerte sich an die Worte  Kianas, die von ihrer einzigen Kommandantin erzählte und Octavia auch deshalb auf ihre Seite ziehen wollte. 
“Wer hat dir den Auftrag gegeben unsere hohe Königin zu töten?”, löcherte Sanya weiter.
“Niemand. Sie selbst ist dafür verantwortlich. Kiana brachte Tod und Vernichtung nach Minas-Tirith und jetzt nach Arnor…”, antwortete Octavia. Bevor die Kommandantin etwas sagen konnte sprach die Rebellin weiter: “Hast du gesehen wie die Stadt vernichtet wurde? Wie ihr Drache alle die Menschen und Gebäude in Brand gesetzt hat und ihre Soldaten jeden abgeschlachtet haben, der auf den Straßen war? Nein? Ich schon… Mein Bruder floh mit mir nach Arnor, während meine Mutter in den Flammen starb…”.
Ihre Stimme wurde brüchig und ihre Augen feucht, sodass sie glänzten.
“Solange die Königin lebt… sind wir alle in Gefahr und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder durchdreht und weitere Leben vernichtet! Sie ist verrückt!”. Octavia erwartete gar keine Antwort von der Kommandantin. Sie sah nur, wie sie sich erhob und zu dem Mann sprach, der an der Tür lehnte. Er verschwand dann aus dem Haus.
“Also tötet ihr mich jetzt und hier?”, fragte sie zynisch und lächelte der Kommandantin provokant entgegen. Immerhin wollte sie auch keine Schwäche noch Gefühle zeigen.
“Nein, die Königin will dich lebend…”.
Schnell verschwand das Lächeln von ihren Lippen.  Sie fragte sich, warum Kiana sie lebendig wollte. Immerhin versuchte Octavia sie zu ermorden. Das konnte nichts gutes bedeuten.
"Ihr dürft mich nicht zu ihr bringen…", zitterte sie schon panisch.
Es dauerte nicht lange und  Soldaten kamen in das Haus, die Octavia packten und mit einem Seil fesselten. Verzweifelt versuchte sie sich dagegen mit Hand und Fuß zu wehren. Doch vergeblich.

Draußen stiegen die Soldaten der Krone auf ihre Pferde und ritten im Schritttempo los. Octavia saß gefesselt auf ihrem Pferd. Die junge Frau sah noch Maenas und Eiriên. Der bärtige Mann sah den Soldaten feindselig hinterher, während das Mädchen, weinend in seinen Armen lag. Der dunkelhaarige Mann der Sanya nie von der Seite wich, hielt das Seil, mit welchem Octavia gefesselt war, in den Händen. Im Truppenzug befanden sie sich weit vorne, sodass die Rebellin etliche Soldaten hinter sich hatte. Stets versuchte sie die Fesseln zu lösen. Die schienen aber zu stark festgezogen zu sein und schnitten ihr in die Handgelenke.
Die junge Rebellin erkannte die Gegend wieder. Sie ritt vor wenigen Tagen noch selbst dort vorbei.
Nach einiger Zeit machten sie rast und Octavia wurde an einem Baum gebunden. Die Kommandantin saß auf einem Felsen, der aus der Landschaft herausragte. Ein paar der Männer Sanyas standen bei ihr um sie zu bewachen. Einer von ihnen schnitt mit einem Messer Stücke aus einem Apfel den er schmatzend aß. Die junge Frau beobachtete ihn die ganze Zeit.
“Kannst du vielleicht aufhören zu schmatzen?”, fuhr ihn Octavia böse an. Der Mann wandte sich zu ihr und aß einfach genüsslich weiter. Sie verdrehte ihre Augen. Daraufhin hockte er sich direkt vor ihr auf den Boden. Octavia machte das nur wütend.
Sie tritt nach dem Soldaten und traf ihn an der Hand, sodass sein Messer und der Apfel zu Boden fielen
“Bist du dumm?”, machte der Mann sie verärgert an. Er griff nach seinem Messer und hielt es Octavia direkt vor das Gesicht. “Ich kann auch einfach dein hübsches Gesicht zerschneiden! Der Königin stören die Kratzer bestimmt nicht!”.
“Na los, tu dir keinen Zwang an, Schwächling!”, provozierte sie ihn. Der Soldat packte sie am Zopf und zog ihren Kopf dadurch nach hinten. Dabei hielt er sein Messer bedrohlich an ihren Hals.
"Tu es!", sagte sie wieder streitlustig.
“Hey!”, rief jemand von weiter weg. Der Soldat sprang sofort auf und entfernte sich von ihr. Ein weiterer Mann kam auf Octavia zu, der aus Sanyas Richtung kam.
“Es tut mir leid… Einige der Soldaten sind… Miesgrämig…”.
Die junge Rebellin antwortete ihm nicht und sah absichtlich in eine andere Richtung. Er zückte eine Wasserflasche hervor und setzte sie Octavia an die Lippen. “Ich heiße übrigens Mithrendan!”. Sie nahm einige Schlücke und beobachtete ihn dabei. Seine dunklen Augen wirkten freundlich und er trug auch keine Rüstung, wie die übrige Soldaten. Er trug eine Lederrüstung, in der ein blasser Baum eingearbeitet war. Lediglich die schwarze Schärpe zeigte die zugehörigkeit zu der Krone.
“Siehst du es auch so, wie deine Kommandantin und findest es richtig wie die Königin handelt?”, fragte sie ihn direkt. “Durch ihre Herrschaft wird das Volk unterdrückt und viele sterben”.
Dabei sah sie ihn ernst an. Mithrendan befestigte die Trinkflasche wieder an seinen Gürtel. Octavia versuchte weiter irgendwie ihre Fesseln zu lockern.
“Ich denke man muss nicht alles gut finden, was die Königin macht… Aber ich vertraue Sanya!”, sagte er ruhig und sah in die Richtung seiner Kommandantin.
“Was denkst du macht sie mit mir, wenn ihr mich zu ihr gebracht habt? Sie wird mich töten!”, versuchte sie ihm weinerlich klarzumachen. “Wenn es nicht möglich ist mich gehen zu lassen, müsst ihr mich töten… Bitte, ich kann nicht zurück zu ihr gebracht werden…”.
Die Verzweiflung war schon deutlich aus ihrer Stimme herauszuhören. Es wirkte, als hätte der Mann in gewisser Weise Mitleid, doch bevor er etwas sagen konnte, befahl Sanya den Aufbruch. Soldaten entfernten das Seil um den Baum und führten Octavia zu ihrem Pferd. “Bitte! Ich flehe dich an… Ich kann nicht zurück zu ihr!”, rief sie ihm hinterher.
“Komm mit und halt die Klappe!”, sagte einer der Soldaten und wickelte ein Stück Stoff um ihren Mund und knebelte sie damit, während er sie zum Pferd führte.


Zunächst gab sie noch immer unverständliche Laute von sich, als sie wieder auf dem Rücken ihres Reittiers saß, verstummte aber schließlich und ließ die Schultern hängen. Es brachte ja nichts und die Anhänger der Krone hörten nicht aus sie. Sie hatte verloren.
Die Truppe ritt weiter durch Anórien, bis sie schließlich an einer Brücke vorbeikamen. Unter dieser Brücke floss weit tiefer unten ein Fluss hindurch, der bis in den Anduin führte. Seine Strömung war stark und viele Felsen ragten hervor. Der Truppenzug blieb stehen und die Kommandantin schien diesen Übergang zu mustern.
Die junge Rebellin rieb ihre Hände aneinander, in der Hoffnung diese durch das Seil um ihre Handgelenke zu quetschen.
Nacheinander überquerten sie die Brücke. Als Octavia gerade auf der Brücke war, musste sie irgendwie die Chance nutzen, um zu fliehen. Sie konnte nicht zurück nach Minas-Tirith. Der Übergang aus Holz sah nicht unbedingt stabil aus. Eher marode.
Ich muss es versuchen… Und wenn ich dabei sterbe ist es noch immer besser, dachte sie. Sanya und Mithrendan waren schon auf der anderen Seite.
Mit ihren Füßen trieb sie das Pferd an, das dann hochstieg, da es weder vorwärts noch rückwärts konnte. Es bekam panik und stampfte auf der Brücke. Mit einem lauten Knarzen und Knacken brach die hölzerne Brücke tatsächlich in zwei Teile. Octavia stürzte in die tosenden Fluten, samt Soldaten und Pferde, die sich mit ihr auf der Brücke befanden. Das Wasser zog sie immer wieder hinunter und stieß sie gegen einige der Felsen. Es war ungewiss, ob sie überhaupt lebendig aus dem Fluss kam...


Octavia stürzt in die Fluten des Flusses unbekannter verbleib (https://modding-union.com/index.php/topic,36468.msg484664.html#msg484664)….
Titel: Anórien
Beitrag von: Saizo am 8. Feb 2021, 16:25
Anórien (Gondor)



Sanya und Mithrendan in Anórien

Sanya starrte entsetzt in die tiefe Schlucht hinab. Zunächst hielt sie das alles für einen schrecklichen Unfall, als sie sah, wie vier Reiter, darunter die Gefangene, mitsamt ihren Reittieren in ihren sicheren Tod stürzten. Sie brauchte einen langen Moment, bis sie sich gefangen hatte und ihre Instinkte einsetzten. "Los, los, los!" befahl sie ihren Soldaten. "Wir müssen da runter, und nachsehen, ob irgendjemand überlebt hat!"
Das erwies sich als sehr schwierig. In die Schlucht hinabzuklettern war viel zu gefährlich. Glücklicherweise fiel das Land neben der Straße in Fließrichtung des kleinen FLusses am Grunde der Schlucht steil ab, sodass die senkrechten Wände der Schlucht immer niedriger wurden, je näher der Fluss seiner Einmündung in den großen Anduin kam. Sanya und ihre Eskorte folgten also der Schlucht, bis diese nur noch wenige Meter tief war, und sie gefahrlos hinunterklettern konnten. Dann machten sie sich daran, so gut es ging im Wasser nach Überlebenden zu suchen.

Einen halben Tag brauchten sie, dann gaben sie die Suche auf. Sie hatten die Leichen von drei Pferden und einem der Soldaten gefunden, vom Rest fehlte jede Spur. Die leblosen Körper die sie aus dem Wasser gezogen hatten, waren so zerschlagen und zerbrochen, dass die Soldaten alle den Kopf schüttelten.
"Das kann niemand überlebt haben. Wahrscheinlich sind die anderen nicht einmal mehr in einem Stück."
Mithrendan stand am Flussufer und blickte traurig in Richtung der Brücke, die sich - noch immer zerbrochen - weit über ihnen erhob. "Warum nur hat sie das getan?" murmelte er.
"Was getan?" wollte Sanya wissen.
"Octavia... Sie hat den Einsturz selbst verursacht. Es war kein Unfall."
"Bist du dir da sicher?" hakte Sanya sofort nach.
"Sehr sicher," erwiderte der Kundschafter. "Wieso nur wollte sie lieber sterben als zur Königin gebracht werden? Ich verstehe es einfach nicht."
"Ich auch nicht," sagte Sanya. "Sie kam mir nicht so verzweifelt vor, als ich sie verhört habe." Sie setzte sich auf einen großen Felsen und seufzte. "Was jetzt, Mithrendan?"
"Ich glaube nicht, dass wir hier noch viel ausrichten können."
"Nein, natürlich nicht. Ich meinte, was jetzt aus dem königlichen Auftrag wird," sagte Sanya."
"So wie ich das sehe ist er abgeschlossen," meinte der Kundschafter. "Auf tragische Weise, aber uns trifft dabei keine Schuld."
"Hmm. Ich hoffe nur die Königin wird das ebenfalls so sehen, wenn wir mit leeren Händen zu ihr zurückkehren."
"Die Attentäterin stellt nun keine Gefahr mehr für Kiana Vaneryen mehr dar," sagte Mithrendan sanft und erneut hörte Sanya die Traurigkeit in seiner Stimme. "Sie wird das verstehen."
Sanya blieb noch einen Augenblick sitzen. Sie war nicht zufrieden damit, wie die ganze Angelegenheit gelaufen war. Dabei war ihr doch eigentlich das Glück hold gewesen. Sie hätte Octavia an die Königin übergeben und sich dann wieder der Jagd nach dem Silbernen Schwan widmen können.
Ein tragischer Verlust, dachte sie und versuchte dann, dem Ganzen zumindest etwas Positives abzugewinnen. Immerhin können wir uns jetzt wieder auf die größere Bedrohung konzentrieren..

Es war Nacht geworden und sie hatten erst die Hälfte des Rückwegs bis nach Minas Tirith zurückgelegt. Also befahl Sanya, in einem kleinen Wäldchen einen Steinwurf abseits der Straße ein Nachtlager zu errichten. Sie teilte die Soldaten für die Nachtwache ein und gab auch sich selbst eine Schicht, denn sie wollte mit gutem Beispiel vorangehen. Sie wählte für sich dabei die letzte Schicht, die Stunde vor dem Morgengrauen. Nachdem sie eine Weile nachdenklich am Lagerfeuer gesessen und eine karge Mahlzeit zu sich genommen hatte, legte sie sich in ihrem kleinen Zelt schlafen. Es dauerte nur wenige Minuten, bis ihr die Augen zufielen.
Später kam es ihr so vor, als hätte sie nur wenige Minuten geschlafen, als sie eine Hand an ihrer Schulter spürte und hochschreckte. Dabei riss sie wie instinktiv den unter ihrem Kissen verborgenen Dolch hervor.
"Sachte, Kommandantin," sagte der Soldat, der sie geweckt hatte. "Ich bin kein Feind."
Sanya starrte ihn schlaftrunken an, dann klärte sich ihre Sicht und sie senkte die Waffe. "Entschuldige," brummte sie, dann warf sie sich ihren Umhang über um die Wachschicht anzutreten - die Rüstung hatte sie selbst im Schlaf nicht abgelegt.

Das kleine Lagerfeuer war zu einem schwach glühenden Haufen Kohlen zusammengeschmolzen, als Sanya ihr Zelt verließ und sich auf einen umgestürzten Baumstamm hockte. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, auch wenn hier und da zwischen den Blättern der Bäume über ihrem Kopf ein fernes, graues Schimmern zu sehen war. Die ersten Vorboten der Morgendämmerung.
"Kommandantin?" fragte der Soldat, der Sanya geweckt hatte.
"Was gibt es?" antwortete sie verwundert, eigentlich hatte sie erwartet, dass der Mann sich nun schlafen legen würde. Doch er blieb neben ihr stehen, und folgte ihrem Blick hinab in die Glut.
"Vermisst Ihr es manchmal?"
"Wovon sprichst du, Soldat?" Sanya wunderte sich immer mehr.
"Den Komfort eines Titels. Die Privilegien des Adels," erklärte der Mann. "Ihr hättet als Lady Terelos von Cair Andros ein angenehmes Leben in großen Ehren führen können."
"Das hätte ich wohl," gab Sanya zu. "Aber ich mache das Beste aus der Situation in der sich das Reich befindet. Der Adelsstand ist abgeschafft worden und ich habe einen neuen Weg gefunden, wie ich mir einen Namen machen kann. Jeder kann das nun tun, egal wo oder unter welchem Titel er geboren wurde. Ist das nicht gerecht?"
"Gerecht? Vielleicht, aus einem gewissen Blickwinkel betrachtet. Aber nicht jeder ist zu Höherem bestimmt. Ein Anführer muss gewisse Tugenden verkörpern: Respekt gegenüber Untergebenen, die Bereitschaft mit gutem Beispiel voranzugehen, und Aufopferungswillen. Ihr besitzt all dies, Kommandantin."
Sanya glaubte so langsam zu ahnen, wohin das Ganze führen sollte. "Für Schwärmereien ist das wirklich nicht der richtige Moment," sagte sie etwas sarkastisch.
"Auch Schwärmerei hat meist einen wahren Kern. Ihr könntet so viel errreichen, wenn Ihr nur..."
"Wenn ich nur... was?"
"Wenn Ihr euch nur nicht von dieser Drachenkönigin blenden ließet," sagte der Soldat. Und noch bevor Sanya die Tragweite seiner Worte richtig klar geworden waren, spürte sie schon den kalten Stahl seines Schwertes an ihrem Hals. Blitzschnell hatte der Mann seine Klinge gezogen und hielt Sanya damit in Schach.
"Rührt Euch besser nicht, Lady Terelos," sagte er freundlich und gab die Rolle als Soldat auf. "Ich würde Euren schönen Hals wirklich ungerne aufschlitzen müssen, und es wäre so... schade um Euer Potenzial."
"Verräter," zischte Sanya.
"Nicht so laut, wenn ich bitten darf," ermahnte er sie so gelassen sie jemand, der eine Situation zu einhundert Prozent unter Kontrolle hat. "Wenn Ihr die anderen aufweckt, sehe ich mich gezwungen, meine Waffe zu benutzen. Und das wollen wir doch nicht, oder?"
"Wer hat dich geschickt? Der Silberne Schwan?"
"Nun, auf gewisse Art und Weise ist das wahr. Ich habe mich selbst geschickt, könnte man sagen."
Sanya starrte ihn an. Bis jetzt hatte sie ihre Soldaten nie so richtig wahrgenommen, da sie nahezu immer ihre Helme trugen. Doch der Mann der sie überrumpelt hatte, hatte seinen Helm abgezogen. Langes, hellbraunes Haar und graue Augen besaß er, sowie ein kantiges Gesicht mit einem Stoppelbart. Sanya spürte, dass sie ihn in ihrem früheren Leben schon einmal gesehen hatte, doch sie kam einfach nicht darauf, wo, und wie sein Namen war. Sie schätzte ihn auf knapp dreißig, also ungefähr im selben Alter wie sie selbst.
"Du bist... der Silberne Schwan?"
"Eine passende Anrede, nicht wahr?" sagte er und lächelte. Seine andauernde Freundlichkeit machte Sanya wütend. "Ich hatte dir ja gesagt, dass ich dich erneut kontaktieren würde," fuhr er fort.
"Und was willst du nun?"
"Eine Antwort von dir, Sanya," sprach er sie auf einmal ganz vertraut mit dem Vornamen an. "Erinnerst du dich an mein Angebot?"
"Ich werde mich einem Hochverräter nicht anschließen!" wehrte sie sich vehement.
"Du redest ständig von Verrat," hielt er dagegen. "Aber ist es Verrat, für das eigene Volk einzutreten? Das Beste für sie zu wollen? Dieses Land heilen zu wollen?"
"Du willst die Adeligen wieder einsetzen, wie soll das dabei helfen, dass es dem Volk besser geht?" Sanya schüttelte den Kopf und rutschte ein Stück zur Seite.
"He, schön brav sitzen bleiben, meine Liebe," drohte er freundlich und sein Schwert ritzte die Haut an Sanyas Hals ein wenig auf; ein einzelner Blutstropfen lief an der Klinge herab. "Gemeinsam könnten wir so viel erreichen. Das Volk leidet unter dem Irrsinn der Drachenkönigin, kannst du es nicht sehen? Arnor befindet sich bereits in offener Rebellion, und ich werde dafür sorgen, dass es in Gondor ebenfalls so weit kommt. Dieses Mädchen, diese octavia, die hat es verstanden!"
"Was bitte soll sie verstanden haben?" Sanya schüttelte den Kopf.
"Dass Kiana Vaneryen eine Tyrannin ist. Dass sie nur Leid und Tod mit sich bringt und dass jemand sie aufhalten muss."
"Sie hat Sklaven befreit und trtitt für Ungerechtigkeit ein," hielt Sanya dagegen.
"Gibt es in Gondor etwa Sklaven? Gondor musste nicht befreit werden. Sie herrscht mit eiserner Faust und alle, die sich gegen sie stellen, erledigen das Schicksal der Bewohner von Minas Tirith... weißt du, wieiviele Unschuldige in der Stadt zu Asche verbrannt sind? Ich war damals dort, Sanya. Die Schreie verfolgen mich noch heute bis in meine Träume. Und all jene Toten treiben mich an, das zu tun, was ich tun muss."
"Und... was musst du tun?" fragte Sanya leise.
"Ich werde Gondor retten," erklärte er grimmig, die Freundlichkeit war von ihm abgefallen wie ein Mantel. "Egal ob mit deiner Hilfe oder ohne. Ich hoffe, du verstehst mich jetzt etwas besser Sanya."
Sie biss die Zähne zusammen und antwortete nicht. Stattdessen starrte sie in die Glut und versuchte, das Chaos in ihrem Kopf, das seine Worte auslösten, mit Gewalt zu unterdrücken. Als sie frustriert die angestaute Luft entweichen ließ, stellte sie fest, dass die Schwertklinge an ihrem Hals nicht mehr dort war. Sanya sprach auf und sah sich hastig um. Der Silberne Schwan war spurlos verschwunden.

Bis auf Mithrendan erzählte Sanya niemandem von ihrer nächtlichen Begegnung, und sie war noch unentschlossen, ob sie der Königin überhaupt davon berichten sollte. Am folgenden Morgen erreichten sie Minas Tirith, und Sanya begab sich mit Mithrendan zum Palast, um ihrer Herrscherin von der Jagd nach Octavia zu berichten.

Sanya und Mithrendan zurück nach Minas Tirith
Titel: Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 8. Feb 2021, 18:10
Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)

Kiana im Palast von Minas-Tirith…


Kiana kam gerade aus ihren Gemächern. Loki und ihre zehn Wachen warteten schon vor der Tür auf ihre Königin.
Sie hatte die Nacht wunderbar geschlafen. Seitdem sie wusste, dass ihre Kommandantin nach der Verräterin suchte ging ihr es ihr viel besser. Ihre Ängste verschwanden nach und nach. Sie fühlte sich wieder in Minas-Tirith sicher.
"Siehst du Loki? Sie ist eine Frau, die sofort umsetzt! Sie geht mit Verstand an die Sache und zögert nicht!", sagte Kiana während sie mit Loki durch den Palast ging. "Das ist was mir gefällt… Leider haben nur wenige diese Kompetenz dazu…".
Hinter und vor ihnen liefen stets fünf Ostlingsoldaten, die ihre Königin bewachten. "Ja, sie scheint zielstrebig zu sein…", entgegnete Loki. Wirklich begeistert schien er darüber nicht zu sein.
"Warum konnte Kommandantin Sanya nicht meine Schwester sein?", träumte die Königin, "Stattdessen teile ich mein Blut mit einer Mörderin… Einer Verräterin… Eine, die dem Blute der Maiar nicht gerecht ist!".
"Man kann sich nicht aussuchen wer zur Familie gehört…".
"Nein, leider…", sagte Kiana.
"Vielleicht solltest du nicht so hart mit ihr ins Gericht gehen… Sie ist noch jung, hat ihre Mutter durch den Angriff auf die Stadt verloren…", fing Loki an.

Kiana schnaubte und blieb stehen. Sie lächelte ihren Reichsmarschall sarkastisch an und wandte sich ihm zu.
"Sie hat bereits ihren Weg gewählt… Ich habe ihr die Möglichkeit gegeben an meine Seite zu kommen…", sagte Kiana. Loki seufzte nur unzufrieden. "Wenn du weißt dass sie deine Schwester ist, dein Fleisch und Blut… Kannst du ihr und ihren liebsten nicht ein Stück im Norden überlassen? Du hättest nichts dabei verloren, eher gewonnen in dem die Rebellen aufhören zu rebellieren…".
"Hast du nun vollständig deinen Verstand verloren?", lachte die Königin, während sie weiterging. "Wenn ich nachgebe, werden die anderen Aufständischen nur stärker auf ihre ungerechtfertigten Forderungen beharren… Nein… Sie muss meine Herrschaft akzeptieren!".
"Kiana, damit könntest du das Sterben von weiteren Menschen verhindern und deine Schwester beschützen!".
"Ich kann es nicht zulassen, wenn in einem Teil des Reiches eine Ungerechtigkeit herrscht… Und das wird sie, wenn ich nicht darüber wache!", behauptete Kiana selbstsicher.
"Was wirst du mit ihr machen, wenn die Kommandantin sie her gebracht hat?".
"Ich weiß es noch nicht… Aber sie muss bestraft werden…", sagte die Königin nachdenklich. "Immerhin hat sie ein Verbrechen gegen die Krone begangen…".
"Meinst du nicht, dass du darüber hinwegsehen solltest? Vielleicht würde Hausarrest ausreichen?", fragte Loki und klang dabei besorgt. Kiana beäugte ihn misstrauisch. "Wenn ich sie nicht bestrafen, dann mache ich das gleiche, was all die Tyrannen vor mir getan haben… Ich werde keine Vetternwirtschaft betreiben!", entgegnete sie bestimmt. Ihr war klar, dass Loki alles versuchte, um seine kleine Geliebte zu retten. Allerdings warf es ihr nur mehr die Frage auf, ob er nicht doch etwas mit ihrer Flucht zu tun hatte. Aber was spielte es nun für eine Rolle? Kommandantin Sanya würde Octavia schon wieder zu Kiana bringen. Somit war die Flucht sinnlos.
“Deine kleine Prinzessin muss ja sowieso auch erst einmal hierher gebracht werden… Ich hoffe Lady Terelos kommt schnell zurück… Du solltest auch nicht vergessen, dass sie hier mehr in Sicherheit ist, als bei den Wilden im Norden!”, sagte Kiana. Sie vernahm Lokis irritierten Blick, störte sich aber nicht daran.
“Wir sollten uns erst einmal wichtigeren Dingen widmen… Zum Beispiel, wie wir Kommandantin Sanya belohnen könnten…”, überlegte die Königin.
“Du weiß doch nicht einmal ob sie erfolgreich ist…”.
“SIe hat trotzdem schon viel für das Reich getan… Sollte Grund genug sein!”, entgegnete sie. “Sie entscheidet sich wenigstens nicht gegen ihre Königin!”. Damit spielte sie wieder auf die Liebelei Lokis im Norden an und das Entkommen Octavias. Loki sagte nichts dazu, was ihr ein siegesgefühl gab.

Sie erreichten schließlich den Ratssaal des Palastes. Das Sonnenlicht erhellte die Mitte des Raumes. Trotzdem hingen Kronleuchter von der Decke, die den Raum zusätzlich ausleuchteten. In diesem Saal standen schon Grauer Staub und andere Kommandanten der Armee an einem großen Runden Tisch, auf dem eine Karte ausgebreitet war, die das ganze Reich abbildete.  Verschiedene Fähnchen, die in den Farben Rot und Blau waren, standen auf Orten. Die Roten auf Stellen, die in der Hand der Krone waren, die Blauen dort, wo Rebellen vermutet wurden. Viele Blaue waren in Belfalast, wo Kiana hinsah. Die anderen Männer salutierten vor ihrer Königin.
“Ich werde Sanya Terelos zur Oberkommandantin ernennen, sie hat viel für das Reich geleistet und Verschwörungen in Gondor aufgedeckt…”, fing Kiana an.
“Aber Eure Hoheit, Lady Terelos hat noch nichts erreicht… Nur einige von ihnen gefangengenommen… Und außerdem…”, sagte einer der Hauptmänner. Er trug die typische vanerische Rüstung und eine Rote Schärpe.
“Und außerdem was?”, entgegnete Kiana, “Ist sie eine Frau? Wolltet ihr das sagen?”.  Die Königin zog ihre Augenbrauen hoch und sah den Mann abwertend an, während sie auf eine Antwort wartete. Der Hauptmann senkte seinen Kopf und antwortete nicht, was sie erahnen ließ dass sie richtig lag. Ein anderer General sagte: ”Wir wissen noch nicht einmal wem ihre Loyalität gilt…”.
“Natürlich der Krone… Sonst würde sie ihre Aufträge nicht gewissenhaft ausführen…”., sagte die Königin zuversichtlich.
“Tut sie das?”.
Kiana beäugte ihn erbost.  Dass der General es schon alleine wagte, Kianas Ansichten in Frage zu stellen, empfand sie mehr als unverschämt.
“Sie ist eine ehemalige Adelige aus Cair-Andros… Ihre eigene Macht wieder zu erlangen wird wahrscheinlich oberste priorität haben… Wir sollten also aufpassen, dass sie die Rebellen Gondor unterstützt!”, behauptete der General überzeugt. 
“Ich verstehe nicht… Sie hat so viel für das Reich getan und ihr bezichtigt sie dem Verrat?”, dabei klang die Königin leicht erzürnt. “Habt ihr Beweise dafür?”.
“Noch nicht…”, sagte der General, “Aber ich kann die Rote Schärpe nicht mit Würde tragen, mit dem Gewissen dass eine Frau und Verräterin  diese als Oberkommandantin ebenfalls tragen wird …”.
Kiana schnaubte und lief um den Runden Tisch in der Mitte. Mit einem Finger schubste sie die Blauen Fähnchen um und lief weiter herum. Dann stand sie vor dem deutlich größeren General, der behauptete Sanya war eine Gefahr für das Reich. Er wirkte nervös und Kiana sah ihn direkt in die Augen.  Er selbst sah seiner Königin in ihre, wich ihrem Blick aber so gut es ging aus. Er stand stramm und Kiana trat ganz nah an ihn heran.
“Na, wenn das so ist… Gibt Eure Schärpe wieder und tritt zurück! Wollt ihr etwa das damit sagen?”, fragte Kiana ihn provokant, dennoch war sie äußerst ruhig. Der General antwortete nicht. Er war eher wie erstarrt.
“Die Königin hat Euch etwas gefragt!”, rief Grauer Staub plötzlich mit seinem Akzent aus dem Osten, sodass der General zusammen zuckte.
Daraufhin schüttelte er rasch seinen Kopf. “Nein, meine Königin… Verzeiht mir…”.
“Gut…”, sagte Kiana und ging zum Tisch um sich darüber zu beugen. Die Königin sah nochmal auf die Karte, während sie sich auf den Tisch aus Marmor stützte. Für sie waren es zu viele Blaue Fähnchen, auch wenn diese meist verstreut über die Karte waren.
“Grauer Staub, sorgt dafür dass unsere neue Oberkommandantin mit mehr Männern und Mitteln für ihre Mission versorgt wird… Ich möchte Gondor befreit von allen Aufständischen haben!”.
Er verbeugte sich tief vor ihr und machte sich auf den Weg. Ihr Blick streifte Loki, der nur ruhig auf dem Boden sah. Die Königin erklärte das Ende der Besprechung. Die Würdensträger der Armee salutierten erneut, während sie aus dem Ratssaal ging. Loki folgte ihr.

Im Thronsaal angekommen, wollte sie gerade die Stufen zu ihrem Thron hinaufgehen, da kam ein Soldat in den Saal gestürmt. Er erklärte, dass Sanya und ihre Männer zurück in Minas-Tirith waren.
Sie ist schneller als ich erwartet habe! Dachte sie sich und sah triumphierend zu Loki, der sie nur von der Seite anblickte. Er schien mit der Nachricht ganz und gar nicht zufrieden. Kiana freute sich innerlich, dass die junge Frau die sie ermorden wollte… Ihre eigene Schwester… Nun einer gerechten Strafe unterzogen werden konnte. Gleichzeitig konnte sie sich natürlich auch an Loki rächen, der Octavia seiner Königin vorzog.
“Reichsmarschall, bitte veranlasst alles nötige, um Lady Terelos’ Beförderung zu honorieren! Ich möchte das die gesamte Armee, alle Würdenträger und Kommandanten anwesend sind! Das Volk soll sehen, dass eine Frau einen hohen Posten hat. Sie soll die neue Ordnung neben ihrer Königin symbolisieren!”, befahl Kiana stolz. Sie war zuversichtlich, dass Sanya erfolgt gehabt hatte. Sonst konnte sie niemals schon so früh zurück sein…


Kiana Vaneryen im Thronsaal von Minas-Tirith

Titel: Minas Tirith
Beitrag von: Saizo am 9. Feb 2021, 14:15
Minas Tirith (Gondor)



Sanya und Mithrendan aus Anórien

Am Palast empfing Sanya ein Spalier aus Ehrenwachen, was sie sogleich in Alarmbereitschaft versetzte. Noch mehr verunsicherte es sie, als die Ostlinge vor dem Eingang der großen königlichen Halle sie baten, allein einzutreten. Mithrendan grinste. "Tja, sieht ganz so aus als müsstest du da ohne mich durch, San-"
Sie brachte ihn mit einem tödlichen Blick zum Schweigen und er ging lächelnd seiner Wege. Sanya vermutete, dass sie ihren alten Freund später in irgend einer Taverne finden würde, bei bester Laune und Gesundheit. So war er nun einmal, er ließ sich selten lange von Rückschlägen die Laune verderben.
Sanya amtete tief durch. Also gut, dachte sie. Bringen wir es hinter uns. Sie stieß die großen Torflügel mit etwas Mühe an und sie schwangen nach innen hin auf. Sanya kam allerdings nicht weit, denn ihr Weg wurde von ihrem obersten Vorgesetzten, dem Reichsmarschall Loki blockiert. Sanya blieb stehen und ihr wurde innerlich gleichzeitig warm und kalt, als sie seine misstrauische Miene sah.
"Wo ist das Mädchen?" verlangte Loki unfreundlich zu wissen.
"Sie ist tot," stellte Sanya im leisen Ton klar. "Es war ein Unfall."
"Eure Befehle waren eindeutig, Sanya," sagte der Reichsmarschall und sie konnte die unterdrückte Wut in seinem Gesicht sehen. Ob an den Gerüchten etwas dran war, dass Loki und Octavia ein Paar gewesen sein sollten? "Ihr hattet die klare Anweisung, Octavia lebendig zurückzubringen!"
Genau so eine Rüge hatte Sanya bereits erwartet, allerdings nicht von Loki, sondern von der Königin. "Es ließ sich nicht verhindern, Reichsmarschall," sagte sie beherrscht, auch wenn ihr das nicht leicht fiel. "Sie hat eine Brücke zum Einsturz gebracht und ist in die Tiefen gestürzt, nachdem wir sie gefangen genommen hatten."
Lokis Augen verengten sich und er starrte Sanya eine volle Minute lang an, ohne etwas zu sagen. Dann knurrte er leise: "Du hättest besser erst gar nicht nach ihr suchen sollen. Deinetwegen ist Octavia nun tot..."
Sanya glaubte schon, er würde sie schlagen, doch Loki ließ nur frustriert seinen Atem entweichen, dann gab er den Weg frei und deutete zum Thron, auf dem die Königin bereits wartend zu ihnen hinüber blickte. "Geh mir aus den Augen..." raunte Loki ihr noch zu, dann verschwand er aus dem Saal.

Mit einem unguten Gefühl im Bauch marschierte Sanya den zentralen Gang des Thronsaals entlang. Am anderen Ende erwartete sie nicht nur Königin Kiana, sondern auch einige andere ranghohe Mitglieder der Armee, unter ihnen auch ein Mann im Rang eines Generals. Als Sanya zu ihnen trat, machten die Würdenträger ihr Platz, damit sie vor dem Thron auf die Knie gehen konnte. Sie ließ sich wie es Sitte war auf das linke Knie nieder und senkte das Haupt.
"Du bist zurück, meine treue Lady Terelos!" hörte sie Kianas Stimme. Die Königin klang geradezu fröhlich. "Erhebe dich!"
Als Sanya aufstand, sah sie, dass Kiana sie warm anlächelte. Es schien, als wäre ihre Laune das genaue Gegenteil zu Lokis Stimmung. "Euer Gnaden, ich-" setzte Sanya an, doch die Königin brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen und nickte dann dem General zu. Dieser trat neben Sanya, in den Händen hielt er eine schmale, rote Schärpe - das Rangabzeichen eines Oberkommandanten. Ein Amt, das direkt über Sanyas derzeitigem Rang stand.
"Für Eure Treue und Euer Pflichtbewusstsein werdet Ihr, Lady Sanya Terelos, hiermit in den Rang einer Oberkommandantin befördert," sagte der General etwas unwillig.
"So ist es!" bestätigte die Königin gut gelaunt. "Denn auf dich kann ich mich verlassen, meine Liebe! Sag mir, wo hast du Octavia hinbringen lassen? Wartet sie vor dem Thronsaal?"
"Herrin, es... kam zu Komplikationen," sagte Sanya niedergeschlagen, während der General ihr auf umständliche Art und Weise die Schärpe umhängte. Sie kam sich vollkommen fehl am Platz vor, durfte es sich aber natürlich nicht anmerken lassen.
Das Lächeln der Königin geriet ein wenig ins Wackeln. "Erkläre mir, wie du das meinst," sagte sie etwas ruhiger.
"Den Kundschaftern ist es gelungen, die Spur der Verräterin bis nach Anórien hinein zu verfolgen, und wir konnten sie lebendig gefangen nehmen. Wir hatten schon die Hälfte des Rückwegs hinter uns gebracht, da geschah etwas unvorhergesehenes..."
"Sie ist dir aber doch nicht etwa entkommen?" Die Stimme der Königin klang nicht anklagend oder drohend, aber ein Teil der Fröhlichkeit war daraus verschwunden, wie Sanya besorgt bemerkte.
"Das nicht, nein. Sie ist tot, Euer Gnaden."
"Tot..." wiederholte Kiana und blickte Sanya mit einem schwer zu deutenden Gesichtsausdruck an. "Sie war meine Halbschwester und nun ist sie tot? Wie kam es dazu?"
"Sie brachte eine etwas marode Brücke zum Einsturz," erklärte Sanya und beschrieb die Umstände so genau sie konnte. "Diesen Sturz kann niemand überlebt haben. Es tut mir Leid, Euer Gnaden. Eure Halbschwester... ist tot. Ich habe versagt."
"Versagt? Aber nicht doch, meine Liebe. Du magst so gesehen zwar Octavia auf dem Gewissen haben, aber ich bin dir dafür dankbar! Sie wird nie wieder eine Bedrohung für mich sein, und ich wollte sie sowieso nicht als Verwandte haben, da wärst du mir lieber, Sanya!"
Die Königin stand auf und kam die Stufen des Thrones herunter. "Komm, wir stellen dich der Armee vor. Sie sollen von deinem Erfolg erfahren!"

Sanya war zu verdutzt, um zu widersprechen, und gewzungenermaßen folgte sie Kiana nach draußen auf den großen Vorhof des Thronsales, wo sich eine große Menge von Soldaten versammelt hatte, sowohl Krieger Gondors als auch die treuen Ostlinge der Königin. Ein Stück neben dem Eingang zur großen Halle, aus der sie gerade gekommen waren, stand ein steinernes Podest, von wo aus Kiana sich nun an die Menge wandte und mit lauter Stimme zu ihnen sprach:
"Mein Volk, meine tapferen Soldaten, ihr seid hier, um Lady Sanya Terelos zu ehren und Gerechtigkeit einzufordern! Wie ihr alle wisst, hat es einen Angriff auf das Herz unseres Reiches gegeben. Doch es war kein Feind von außen, der versucht hat, eure  Königin zu ermorden, sondern eine Verräterin aus unserer Mitte! Aus unserem Volk! Die Gier nach Macht trieb sie an, als sie mich zu töten versuchte. Und sie ist nicht alleine! Auch versucht der feige Anführer der Rebellen aus Gondor, der Silberne Schwan wie er sich selbst nennt, euch alle zu täuschen! Doch wir gehen stärker aus diesen Krisen hervor als wir es zuvor waren, denn der Verrat wurde durch eine meiner getreuesten Anhängerinnen aufgedeckt: Oberkommandantin Sanya Terelos! Die Krone dankt Euch, das Reich salutiert Euch!"
Die Königin machte Sanya platz, damit sie an ihrer Stelle an das Podest treten konnte und die Menge sie gut sehen konnte. Sanya fiel nichts Besseres ein, als dabei zu salutieren, und alle anwesenden Soldaten taten es ihr gleich. Die Ostlinge rammten ihre Speere mehrmals in den Boden, was ein rythmisches Stampfen erzeugte, es war ihre Art der Ehrerbietung.
Als sich der Lärm wieder beruhigt hatte, kehrte die Königin zurück an das Podest, und Sanya trat beiseite.
"Diese Verräterin, die versucht hat euch eurer Königin zu berauben, wurde zur Strecke gebracht! Und so soll der Tod der Verräterin eine Warnung sein... Eine Warnung für alle, die sich uns entgegenstellen! Egal ob von außen oder innen! Denn dieses Reich haben wir alle gemeinsam erkämpft, und die Krone kann nicht getäuscht werden und das Reich niemals zerstört werden!".
Daraufhin folgte Jubel der Soldaten sowie erneutes Stampfen der Speere der Ostlinge, dann führte Kiana Sanya fort von dem großen Platz, in einen kleinen Garten im Schatten der großen Palastanlage. Dort nahm die Königin auf einem bequemen Stuhl Platz und musterte Sanya einen langen Augenblick lächelnd.
"Wie fühlst du dich jetzt, als frisch gebackene Oberkommandantin?"
Die vertrauliche Anrede verwirrte Sanya, denn sie wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Immerhin war dies erst das dritte Mal, dass sie mit Kiana Vaneryen sprach, und die Königin behandelte sie beinahe als wären sie langjährige Freundinnen. "Ich... weiß nicht, ob ich diese Ehre verdient habe, Euer Gnaden," gab sie vorsichtig zu.
"Natürlich hast du das. Stellst du etwa meine Entscheidung in Frage?" Kiana klang anfangs streng, doch dann gab sie ein kleines Kichern von sich und Sanya erkannte, dass sie Königin sich einen Scherz erlaubt hatte. "Ich bin mir absolut sicher, dass du die Aufgaben gut meistern wirst, die dir gestellt werden."
"Ich denke, es wäre das Beste, wenn ich mich nun wieder der Jagd nach dem Silbernen Schwan widme, Euer Gnaden," schlug Sanya vor. Noch hatte sie niemandem von ihrer Begegnung mit dem Verräter in Anórien erzählt.
"Du willst schon wieder fort? Aber ich hätte dich gerne noch ein Weilchen an meiner Seite!" sagte die Königin und klang dabei etwas enttäuscht.
Sanya versuchte, so diplomatisch zu sein wie sie konnte. "Je länger ich zögere, desto kalter wird die Spur werden, die der Silberne Schwan hinterlassen hat."
"Nun gut, du bist weiter pflichtbewusst, wie ich dich kennengelernt habe," sagte Kiana milde lächelnd. "Dann geh, tu was du tun musst und enttäusche deine Königin nicht, was ich aber bezweifle dass du das tun wirst." Dabei ergriff die Herrscherin Sanyas Hände Sanyas und hielt sie sanft fest, während sie sich von ihr verabschiedete.
Mit mehr Fragen als Antworten im Kopf verließ Sanya anschließend den Garten und machte sich auf die Suche nach Mithrendan.
Titel: Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 9. Feb 2021, 18:48
Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)

Kiana im Palast der Weißen Festung



Kiana sah ihrer neuen Oberkommandantin eine Zeit lang noch nachdenklich und verträumt hinterher. Nachdem Sanya die Gärten verließ und sich von der obersten Ebene der weißen Festung entfernte, ging sie zurück in den Thronsaal. Sie hoffte irgendwo ihren Reichsmarschall zu finden, doch er war nicht dort. Grauer Staub stand, wie so oft, an ihrem Thron. Auch genügend Ostlingsoldaten wachten jeweils an den Seiten des Ganges zum Thron. Das Gefühl von Glück breitete sich in ihr aus. Sie fühlte sich ihrer Macht so sicher, wie lange Zeit nicht mehr. Sie schien auch  niemanden zu  geben, der ihre Macht und sie selbst brechen konnte. Die kurzen Ängste waren nur einen Moment, doch nieder konnte sie niemand machen. Auch Octavia nicht.
Armes kleines Ding… Verschwendetes Blut… Ich hätte großes aus ihr machen können... seufzte die Königin enttäuscht, behielt aber ihr Lächeln auf den Lippen.
Sie goss sich etwas Wein ein und nippte zufrieden an ihrem Kelch. Ihre Gedanken kreisten um Sanya, wie sie vor ihr kniete und in den Gärten saß. Fröhlich ging sie mit langsamen Schritten auf Grauer Staub zu.
“Sie ist hübsch nicht wahr?”, fragte sie ihn, der sie nur irritiert ansah. “Lady Terelos ist hübsch!”.
“Ich kann dazu nichts sagen, ich bin ein Krieger… Ich achte nicht auf die Schönheit von anderen…Und kenne mich damit nicht aus...”, dabei sprach er in seinem Akzent aus dem Osten. “Hauptsache, sie ist meiner Königin nützlich!”.
“Willst du etwas damit sagen, dass deine Königin nicht hübsch ist?”, scherzte sie.
“Ihr seid Wunderschön, meine Königin… Niemand wird hübscher sein als ihr es seid!”.
“Und was ist mit Mina? Fandest du sie nicht schön?Hast du sie nicht geliebt?”, dabei beobachtete sie sein Gesicht. Der sonst so ernste Ausdruck verformte sich in Trauer. Dann verwandelte sich seine Miene in Zorn. “Mina… War meine Schwäche…”, presste er nur heraus.
“Ich verstehe schon…”, sagte sie nachdenklich. “Mir schmerzt ihr Ableben auch noch sehr… Aber Imrahil hat seine gerechte Strafe dafür bekommen!”.
Grauer Staub verbeugte sich vor ihr. “Dank euch, meine Königin!”.
Zufrieden nippte sie weiter an ihrem Kelch. Sie wandte sich von ihrem Reichsgeneral ab und sah stolz zum Thron hoch. Es war ein langer und schwieriger Weg, bis sie endlich auf diesem Thron sitzen konnte und die Krone tragen konnte, die ihr rechtmäßig zustand. Lange konnte sie darüber allerdings nicht nachdenken. Immer wieder vertrieb Sanya die anderen Gedanken aus ihrem Kopf. Sie sah sie vor sich stehen. Mit ihrem Sandblonden Haar und ihren Grauen Augen. Sie fühlte noch die Hände der Frau, die sich unglaublich zart anfühlten, obwohl sie oft in lederne Handschuhe gepackt waren und den Griff eines Schwertes umschlossen.
Die junge Maia richtete ihr silbernes langes Haar auf ihre linke Seite.
Das kann nicht sein..., dachte sie sich noch. Hatte sie sich etwa in ihre Oberkommandantin vernarrt? Die Gedanken an Sanya ließen in ihr eine starke wärme aufsteigen, sodass sie das Gefühl hatte, alleine durch die Gedanken eine Gesichtsrötung zu bekommen. Wie gerne hätte sie die sandblonde Frau noch eine Weile an ihrer Seite gehabt, sie weiter kennengelernt… Ihre Geschichte erfahren. Sie noch einmal berühren… Aber doch! Sie fühlte sich ihr zugetan...
Das muss an diesem Wein aus Dorwinion liegen!, redete sie sich kopfschüttelnd ein. Ich werde noch vollkommen verrückt!.
Sie stellte den Kelch wieder weg und machte sich auf dem Weg durch den Palast. Sie wollte Loki finden, der plötzlich spurlos verschwunden war.

Durch die langen steinernen Gänge des Palastes ging die Königin zu dem Gemach Lokis. Dabei wichen ihr noch immer die Wachen nicht von der Seite. Vorsichtig öffnete sie die dunkle Tür aus Holz. Dort saß Loki auch schon. Er saß am Fenster und blickte nach draußen. Als er seine Königin sah, wischte er sich über die Augen, vermutlich seine Tränen und wandte sich ihr stramm zu. Dabei lag er ein Stück Papier und eine Feder auf den Tisch neben sich.
“Euer... Gnaden…”, sagte er trotzdem höflich, während er er seine Nase schnaubte. Kiana störte sich nicht daran. Sollte er doch um die tote Verräterin trauern. Sie war nun aus dem Weg geräumt... Dank ihrer fähigen Oberkommandantin. Mit einer Geste zeigte sie ihren Wachen, dass es in Ordnung war, wenn sie den Raum verließen und die beiden alleine ließen.
“Ich habe dich bei Ernennung von Lady Terelos vermisst…”, sagte sie streng. “Als Reichsmarschall war es deine Pflicht, an meiner Seite zu stehen!”.
“Ich..Ich…”, stotterte er hervor. “Ich konnte… Ich brauchte einen Moment für mich alleine…”.
Kiana blieb es nicht unbemerkt, dass er bedrückt war und gleichzeitig erzürnt. Sie ging langsam einige Schritte auf ihn zu. Er hatte seine Arme auf dem Rücken verschränkt.
“Ich hoffe du hast das richtige getan…”, sagte er getroffen.
“Sie wollte mich ermorden… Sie wollte deine Königin, die Frau die du liebst, ermorden…”, sagte sie und griff die Hände des deutlich größeren Mannes.
“Ich meine diese Lady Terelos… Immerhin hat sie noch immer deine Halbschwester auf dem Gewissen… Mich würde es stutzig machen…”.
“Nein, das würde sie nicht… Ich spüre diese Verbindung, die ich zu Sanya habe! Und wenn Octavia selbst diesen Weg gewählt hat, ist es ihre eigene Schuld…”, entgegnete Kiana.
Sie ließ von Loki ab und setzte sich auf sein Bett. Aufgeregt rieb sie sich ihre Beine. Sie fühlte sich für einen kurzen Moment wieder wie ein kleines Mädchen das für einen Jungen schwärmte. Ein Mädchen, wie sie damals eines in Mistrand der Hauptstadt Rhûns war. Noch so jung, ohne Titel, ihre Drachen und Armeen.
“Ich kann nicht aufhören an sie zu denken…”, fing Kiana wieder verträumt an.
“Ich verstehe nicht?”, entgegnete Loki trocken.
“Ihr Sandblondes Haar, ihre hellen Grauen Augen, die mich beobachten… Ihr Stupsnäschen…”, lachte sie Liebevoll und ließ ihren Oberkörper rückwärts auf das Bett fallen. Die Krone aus dem schwarzen Metall rutsche ihr von ihrem Kopf.
“Sie ist so stark und ihrer Königin treu…”, schwärmte sie weiter.
“Geht es dir gut?”, vergewisserte sich Loki, der Kiana mehr als skeptisch betrachtete, während sie sich fast schon in seinem Bett wälzte.
“Hattest du etwa zu viel Wein?”.
Die Königin stützte sich auf ihre Armen ab, um ihren Oberkörper hochzuhalten. Dabei warf sie ihm einen erbosten Blick herüber. Sie verstand nicht, was er hatte. War er etwa nicht froh, dass seine Königin glücklich war? Natürlich war ihr bewusst, dass Octavia verstorben war. Seine kleine Geliebte.
“Was ist? Darf ich nicht glücklich sein?”, fuhr sie ihren Reichsmarschall an.
“Natürlich darfst du das… Mich wundert es nur, weil du vor wenigen Tagen noch genau das Gegenteil gefühlt hast…Du warst gebrochen… Hattest Angst um dein Leben...”.
Die junge Maia warf ihren Kopf nach hinten und lachte auf. Dann schnappte sie sich die Krone, die sie schnell wieder auf ihren Kopf setzte und erhob sich. Wieder ging sie auf Loki zu, dessen Blick sich nicht veränderte. Er wirkte schon eher entsetzt. Fast ängstlich.
“Vielleicht solltest du mir erst einmal verraten, was du eben auf dem Brief geschrieben hast…”, stachelte Kiana plötzlich.
“N-nichts…”, stotterte Loki hervor.
“Dann kannst du mir den Brief ja zeigen!”, forderte sie. Loki seufzte und nahm den Brief vom Tisch. Er drückte ihn Kiana in die Hände. Darauf war nichts deutliches geschrieben. Immer wieder waren Worte deutlich durchgestrichen und die Tinte war verlaufen, da sie feucht geworden sein musste. Kiana vermutete, dass seine Tränen dafür verantwortlich waren. Zögerlich übergab sie das Papier wieder ihren Reichsmarschall und erwartete noch eine Erklärung, was sie mit ihrem Gesichtsausdruck zeigte.
“Ich wollte nur die Entschädigungen und das Beileid für die hinterbliebenen Familien der verstorbenen Soldaten aufsetzen…”, behauptete er.
“Ach...so…”, antwortete sie und zog das Wort dabei künstlich in die Länge. “Du bist ja doch noch ein fähiger Reichsmarschall!”.
“Warum machst du das?”.
“Mach ich was?”, fragte Kiana unschuldig.
“Warum machst du dich über mich lustig? Ich kann nunmal nichts dafür, dass das im Norden passiert ist… Mit Octavia…”.
“Ich mache mich doch nicht lustig über dich…”, dabei hatte sie einen deutlichen Unterton in ihrer Stimme. Sie wusste, dass sie sehr provokant damit war, was  und wie sie es sagte. “Und... Octavia… Ist für mich vergessen… Keine Sorge!”
Loki wandte sich von ihr ab und sah aus dem Fenster. Kiana wollte aber seine Aufmerksamkeit haben. Immerhin war sie die Königin. Sie machte noch einen Schritt nach vorne, sodass sie ganz dicht an Loki stand.
“Du nimmst mich doch auch nicht ernst, wenn ich dir erzähle, dass ich Sanya zugetan bin…”, sagte die junge Königin. “Du willst mir sogar verbieten, dass ich glücklich bin… Obwohl ich deine Königin bin...”.
“Ich denke nicht, dass du dir etwas verbieten lassen würdest… Das hast du noch nie… Und es ist auch nicht meine Absicht...”, entgegnete Loki, “...Aber Sanya… Mach dich nicht selbst lächerlich…”.
“Bist du etwa eifersüchtig, Reichsmarschall?”, wollte sie wissen und spielte an seiner Kleidung herum.
“Auf Lady Terelos? Ich bitte dich…”, schnaubte er hervor.
“Das Volk liebt seine Königin… Die Armee liebt die Königin… Nur du nicht…”, behauptete sie mit einer Enttäuschung in ihrer Stimme.
“Du weißt, dass das nicht stimmt…”.
“Dann beweis es deiner Königin!”.
Kiana versuchte die Lippen des größeren Mannes mit ihren zu erreichen. Zunächst hielt er sich zurück, doch dann erwiderte er ihre Geste um sie zu küssen. Kiana hatte noch immer ihre Oberkommandantin im Kopf auch wenn ihr nicht ganz klar war, was dies bedeutete. Ihre Krone rutschte ihr dabei wieder von ihren silbernen Haaren herunter auf den Boden. Doch die junge Maia kümmerte sich nicht darum...

Später war Kiana wieder im Thronsaal angekommen. Grauer Staub kam aus dem Ratssaal gelaufen um sofort bei seiner Königin zu sein. Die junge Maia stieg die Stufen hoch und nahm wieder platz auf ihren Thron.

 

Kiana Vaneryen verbleibt im Thronsaal von Minas-Tirith
Titel: Minas Tirith
Beitrag von: Saizo am 11. Feb 2021, 11:54
Minas Tirith (Gondor)



Sanya und Mithrendan in einer Taverne in Minas Tirith

Wie erwartet hatte Sanya Mithrendan in einer der Tavernen im untersten Stadtring aufgestöbert. Anstatt jedoch, wie es für sie üblich war, früh ins Bett zu gehen, blieb sie noch eine ganze Weile bei ihrem alten Freund an dem kleinen Tisch in der Ecke des "Rostigen Nagels" sitzen und wunderte sich gemeinsam mit ihm über viele Dinge, nicht zuletzt den ungewöhnlichen Namen der Schänke in der sie saßen.
"Wieso benennt man sein Etablissement nach einem rostigen Nagel?" fragte sich Sanya und zupfte nachdenklich eine widerspenstige Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Sie trank normalerweise nicht, aber Mithrendan hatte sie überredet, ihre Beförderung zumindest mit einem Krug Met zu würdigen. Besagter Krug war mittlerweile zu zwei Dritteln leer, nachdem eine aufmerksame Bedienung ihn bereits einmal ungefragt wieder aufgefüllt hatte, ehe Sanya widersprechen konnte.
"Da muss eine ziemlich komische Geschichte dahinterstecken," sagte Mithrendan amüsiert. Er hatte die Füße auf den Tisch hochgelegt und die Arme entspannt hinter dem Kopf verschränkt. Sowohl er als auch Sanya trugen hier unten nicht ihre Rüstungen, denn sie wollten nicht auffallen. Stattdessen waren sie in Kleidung gehüllt, die sie wie normale Bürger der Stadt wirken ließ.
Sanya stütze die Ellbogen auf dem Tisch ab und legte ihre Hände unter ihr Kinn. "Vielleicht fand der Wirt einen rostigen Nagel, und..." Sie winkte ab. "Nein... ach, ich weiß auch nicht."
"Du wirkst so durcheinander," sagte Mithrendan. "Was ist denn los mit dir?"
Anstelle einer Antwort nahm Sanya einen großen Schluck aus ihrem Krug. Sie spürte, wie ihr innerlich warm wurde. Normalerweise nahm sie gar keinen Alkohol zu sich, selbst die beim Adel so beliebten Weine waren nicht wirklich ihr Fall. "Weiß' nicht," gab sie etwas undeutlich zurück nachdem sie ihr Getränk abgesetzt hatte. "Ich komm' mir... komisch vor."
"Mehr als sonst?" neckte Mithrendan sie.
"Idiot," schoss Sanya zurück. Sie war nicht in Stimmung für Scherze, stattdessen fühlte sie sich als könnte sie losheulen. "Wieso hat sie das getan?"
"Wer hat was getan?" fragte Mithrendan nach. Er hatte verwundert die Brauen zusammengezogen und setzte sich nun aufrechter hin. "Erzähl's mir."
"Kiana! Ich... ich meine, die Königin," korrigierte sich Sanya hastig und senkte ihre Stimme. "Wieso hat sie mich befördern lassen?"
"Na, weil du sehr gut in dem bist, was du tust, Sanya."
"Aber... ich hab' versagt."
"Du meinst, weil Octavia tot ist? Und wie genau soll das deine Schuld gewesen sein?"
"Sie war in meiner Obhut als sie starb," sagte Sanya niedergeschlagen. "Der Reichsmarschall hat sich da ganz klar ausgedrückt, von ihm habe ich so ziemlich das zu hören bekommen, was ich von der Königin erwartet hatte. Aber..."
"Aber...?" hakte Mithrendan nach.
Sanya leerte ihren Krug und wischte sich den Mund ab. Kaum hatte sie das Gefäß abgestellt, kam eine der Bedienungen vorbei und füllte es ungefragt. Sanya hob noch einen Finger, um Widerspruch einzulegen, doch sie war viel zu langsam. Verdutzt ließ sie die Hand wieder sinken. "Ist... ist das normal hier?" fragte sie leise.
"Wenn du nicht möchtest, dass sie dir automatisch nachschenken, darfst du deinen Krug nicht leer auf den Tisch stellen," erklärte Mithrendan grinsend. "Sondern ihn kopfüber drehen, sobald er leer ist."
Wie automatisch griff Sanya nach ihrem Becher und wollte ihn schon umdrehen, als ihr klar wurde, dass er ja noch voll war. Kopfschüttelnd starrte sie auf ihre Hände. Hatte sie das Denken verlernt?
"Also, was ist jetzt mit meiner Frage?" wollte ihr alter Freund wissen. "Was war denn so seltsam an dem, was die Königin gesagt hat?"
"Sie war... naja, sie hat mich so sehr gelobt und dann befördert, als hätte ich... keine Ahnung, ihr das Leben gerettet oder so," meinte Sanya. "Dabei hat sie Octavia doch lebendig haben wollen, oder?"
"Ja, so lautete der Befehl," bestätigte Mithrendan.
"Aber stattdessen hat sie sich bei mir bedankt und gesagt, es wäre ihr lieber wenn ich ihre Schwester wäre und nicht diese Verräterin."
Mithrendan kratzte sich nachdenklich am Kinn. "Hmm... nun, es geht das Gerücht um, dass die Königin nicht viele... Freunde hat, dort oben im Palast?"
"Wie meinst du das?" Sanya nahm einen kleinen Schluck und beobachtete Mithrendan abwartend.
"Sie hat natürlich ihre treuen Ostlinge und andere Untergebene, sowie den Reichsmarschall als engen Vertrauten, aber... hast du sie schon einmal mit einer Freundin sprechen sehen?"
"Ich habe sie selbst erst drei- oder viermal gesehen."
"Stimmt auch wieder. Aber der Punkt ist, dass man sagt, dass Kiana Vaneryen keine gute Freundin hat, um es mal so direkt zu sagen." Er schaute Sanya bedeutungsvoll an.
"Du meinst... sie hat mich befördert, weil sie sich mit mir anfreunden will?" murmelte Sanya etwas undeutlich.
"Vielleicht. Es ist nur so eine Ahnung," sagte Mithrendan. "Wer weiß?"
"Dann hab' ich diese blöde Schärpe nicht verdient," ärgerte Sanya sich. "Ich habe noch kaum etwas erreicht... der Silberne Schwan läuft weiter frei herum und im Norden ist eine echte bewaffnete Rebellion im Gange."
"Die Rebellen sind aber nicht deine Aufgabe, sondern die Aufständischen hier in Gondor," erinnerte Mithrendan sie sanft.
"Und Kiana?" Sanya vergaß, die Königin bei ihrem Titel anzusprechen. "Sie ... sie ist so anders als ich erwartet habe. Freundlich... irgendwie zutraulich? Ganz anders als die Aufständischen sie immer darstellen."
Mithrendan lachte. "Du solltest dich mal hören, Sanya. Da spricht die Königin einmal mit dir und schon bist du vollkommen durcheinander?"
"Das ist dieses Gesöff, das ist schuld," knurrte Sanya und leerte ihren Krug, dann knallte sie ihn verkehrt herum auf den Tisch.
"Oho!" amüsierte sich Mithrendan. "So eine heftige Reaktion, spricht da nur der Alkohol aus dir, oder steckt da mehr dahinter?"
Sanya blickte ihn böse an. "Wenn du weißt was gut für dich ist, hältst du jetzt besser den Mund," warnte sie ihn. Innerlich verstand sie sich selbst nicht, wieso wurde sie so gereizt wenn es um Kiana ging? Und wieso waren ihre Wangen so warm? Sie schob es auf den Alkohol, den sie nicht gewohnt war. Aber ein Teil von ihr ahnte, dass das nicht ganz stimmen konnte.
"Schon gut, schon gut," sagte Mithrendan und hob abwehrend die Hände, doch sein Grinsen verschwand nicht. "Was ist nach deiner Beförderung noch passiert?"
"Wir... wir waren in diesem kleinen Garten, Kiana und ich," sagte Sanya undeutlich.
Mithrendan hob die linke Augenbraue. "Und...?"
"Wie, und? Sie wollte mich überreden, noch ein Weilchen in Minas Tirith zu bleiben. Aber das geht nicht, wir müssen doch unsere Pflicht erfüllen und den Silb-"
Ihr alter Freund hob einen Finger und brachte Sanya zum Schweigen. Sie starrte ihn irritiert an, doch er schien angestrengt auf etwas zu lauschen, das Sanya nicht hören konnte. Sie ließ die Schultern sinken und schloss für einen Moment die Augen.
Was mache ich hier eigentlich? fragte sie sich nicht zum ersten Mal an diesem Tag. Sie sah Kiana vor sich, mit ihrem hellblonden Haar, das immer in sehr komplex wirkenden Frisuren getragen hatte. Erschrocken bemerkte Sanya, wie sie ihre Herrscherin nun auch in Gedanken schon mit ihrem Namen ansprach, und nicht länger als "Euer Gnaden".

"...Lieferung nach Lossarnach soll morgen eintreffen..."
"...sicher, dass dir niemand gefolgt ist? Wenn die königlichen..."
"...gegen Mitternacht hinter dem großen Wachturm außerhalb der Stadt..."
"...ihr endlich etwas Feuer unterm Hintern machen, damit..."
Fetzen eines Gepräches drangen an Sanyas Ohr, und mit einem Mal war ihre Trunkenheit wie weggeblasen. Sie öffnete vorsichtig die Augen und stellte fest, dass Mithrendan anscheinend derselben Unterhaltung zuhörte. Er nickte Sanya kaum merklich zu. Mit Mühe gelang es ihr, den Hintergrundlärm der Taverne besser auszublnden und sich zu konzentrieren.
"Und du bist dir sicher, dass die Aktion funktionieren wird? Immerhin würde das alles mitten in der Hauptstadt passieren."
"Ja, so ist es beabsichtigt. Das wird für großen Aufruhr sorgen und allen zeigen, dass die Drachenschlange machtlos ist."
"Nun gut... und du bist dir sicher, dass das so funktionieren wird? Sind die Wachen am Tor geschmiert worden?"
"Natürlich. Der Schwan ist da nicht knausrig mit seinem Geld... jetzt sei nicht so besorgt und trink noch einen mit mir, ja? Vier Tage noch... dann wird es uns besser gehen. Viel besser."
"Vier Tage, ja... und dann rollen hoffentlich ein paar Köpfe."
"Wirst es sehen, wirst es sehen!"
Sanya stand auf und gab dabei vor, mehr zu schwanken als sie es sonst getan hätte. Dabei warf sie so unauffällig es ging einen Blick in die Richtung, aus der die Stimmen kamen. Zwei Männer saßen dort, einer trug die Rüstung eines Stadtwächters, der andere sah wie ein einfacher Reisender in einem braunen Mantel aus. Schnell löste Sanya ihren Zopf, um sich nicht zu verraten, und stolperte zur Bar hinüber. Der Wirt, der gerade einige Krüge abspülte, musterte sie gelassen, ohne etwas zu sagen. Sanya war dem Gespräch dadurch näher gekommen und legte den Kopf auf den Tresen ab, ihre Arme als Kissen verwendend, und lauschte weiter.
"Wo habt ihr eigentlich so viel von diesem Zeug herbekommen? Wie nennt man es doch gleich? Isen....feuer?"
"Leise, leise!" zischte der Andere und senkte seine Stimme. "Mach dir deswegen keine Gedanken, selbst ich weiß nicht wo es herkommt. Der Schwan hat es beschaffen lassen."
"Und es ist sicher, ja?"
"Wenn man sich nicht wie ein Idiot anstellt, schon. Steh nicht daneben wenn es hochgeht!"
"Hab' ich nicht vor... ich kenne die Geschichten die man sich darüber erzählt."
"Bald werden es die Menschen von Minas Tirith noch besser kennen als es ihnen lieb ist! Ich kann's kaum erwarten."
"Wenn der Thronsaal nur noch eine rauchende Ruine ist, werden wir uns alle besser fühlen, das versprech' ich dir. Viel besser."
Sanya hörte, wie die Männer aufstanden und die Taverne verließen. Sie blieb noch ein Weilchen in ihrer Position, bis Mithrendan zu ihr kam und ihren Arm über seine Schulter legte. "Ich glaub', das Mädel hier hatte genug für heute," raunte er dem Wirt verschwörerisch zu, dann half er Sanya dabei, vom Tresen wegzugehen. Sie spürte ihr Herz klopfen, als ihr die ganze Wahrheit langsam klar wurde. Zwar trübte der Alkohol noch immer ein wenig ihre Gedanken, doch dennoch war ihr unmissverständlich klar, was die Aufständischen planten: In vier Tagen wollten sie mit dem Isenfeuer den Thronsaal Kianas zum Einsturz bringen!
Titel: Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 11. Feb 2021, 21:30
Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)

Kiana Vaneryen im Palast von Minas-Tirith



Kiana verstand noch immer die mysteriösen Gedanken über Sanya nicht. Egal was sie machte, musste sie an die Frau mit dem Sandblonden Haar denken. War sie nun wirklich Verrückt geworden? Sie fragte sich auch andauernd, wo ihre Oberkommandantin jetzt war und was sie machte. Kiana hoffte, sich wenigstens durch ein Fest ablenken zu können, an dem alle Würdenträger des Reiches eingeladen werden sollten. Natürlich betraf auch Sanya diese Einladung. Die junge Maia hätte Sanya ganz sicher nicht außen vor gelassen. Gleichzeitig bot das Fest eine Möglichkeit, mehr über sie zu erfahren.
Die Königin saß am runden Tisch des Ratssaals, zusammen mit Grauer Staub, Loki und weiteren Personen ,die an der Planung beteiligt waren. Etliche Dinge wurden schon vorbereitet. Kisten mit Essen und Dekorationen in den Palast gebracht.
“Ich möchte alles in Rot und Schwarz haben… Alles andere gefällt mir sowieso nicht…”, sagte die Königin in die Runde.
“Euer Gnaden, es ist sind die Farben eures Hauses… Ich kann es verstehen, aber meint Ihr nicht, dass etwas anderes besser wäre? Zum Beispiel ein strahlendes Blau würde sicher…”, wollte einer der Organisatoren sagen.
“Nein! Ich möchte Rot und Schwarz… Nichts weiter…”, unterbrach sie den Mann direkt.
“Wie Ihr wünscht, meine Königin…”.
“Wie gedenkst du mit der Sicherheit während des Festes umzugehen, Grauer Staub?”, erkundigte sie sich bei ihrem Anführer der Ostlinge.
“Es werden nur die eingeladenen Gäste durchgelassen… Unbefugte werden abgewiesen… Keine Waffen außer die der Ostlinge sind erlaubt... Einige Ostlinge werden an Eurer Seite bleiben!”, antwortete er wie immer streng mit einem Ostron Akzent.
Kiana war zufrieden. Zweifel hatte sie natürlich nie daran, keine Vernünftigen Wachen zu haben. Doch nach dem Vorfall nach dem Turnier, konnte sie nie sicher genug sein.
“Welche Speisen habt ihr auf der Liste?”, fragte sie einen weiteren Mann neugierig.
“Die leckersten Speisen aus dem Osten… Die farbigsten Früchte, die es wert sind Euch vorgelegt zu werden… Natürlich alles vorgekostet, Euer Gnaden!”.
"Wen willst du denn Einladen?", wollte Loki direkt wissen.
"Lady Terelos… die Generäle und Kommandanten der Armee… Den Neu-Adel…", zählte sie gerade auf, da fing Loki an zu lachen.
"Findest du unsere Würdenträger etwa zum Lachen?", fuhr sie ihren Reichsmarschall an.
"Nein, natürlich nicht… Nur dass du Lady Terelos absichtlich einzeln aufzählst…".
"Sie ist bisher die einzige Frau in der Armee… Ich finde sie hat die Erwähnung mehr als verdient, findest du nicht?", dabei hatte sie einen giftigen Unterton in ihrer Stimme. Sie hatte es satt, dass sich Loki dauernd über Sanya lustig machte. Kannte er sie überhaupt? Er war sicherlich nur gekränkt weil seine kleine Geliebte Rebellin aus dem Norden tot war.
Dabei müsste er froh sein, dass seine Königin nun endlich sicher war und niemand sie mehr töten wollte.
"Wo ist sie eigentlich hingegangen, nachdem sie hier war?", fragte Kiana neugierig. "Hat sie jemand gesehen?".
"Die Wachen Berichten, dass sie in Richtung Stadt gegangen ist, nachdem sie die weiße Festung verloren hatte… Wohl in irgendeine Taverne…", erzählte Loki genervt.
Warum geht sie in eine Taverne, wenn ich ihr doch angeboten habe hier zu bleiben, fragte sich die Königin.  Vielleicht wollte sie auch nur ihren Truppen nahe sein, damit sie die Anerkennung dieser bekamen. Das musste es sein!
"...Mit irgendeinen Mann…", fügte der Reichmarschall der Königin noch hinzu.
Die Worte waren wir ein Stich in das Herz der jungen Maia. Mit einem Mann?, dachte sie sich.
Um sich nicht anmerken zu lassen räusperte sie sich kurz. "Und wer ist dieser Mann?".
Loki zuckte ahnungslos mit den Schultern. Sie verdrehte nur ihre Augen. Hatte er sonst von irgendetwas eine Ahnung? Im Moment schien er total seine Aufgaben als Reichsmarschall, als Vertreter der Königin, aus dem Sinn verloren zu haben.
"Aber zu wissen wo sie ist, erscheint dir wichtig?", fragte sie sarkastisch nach und dabei zog sie ungläubig ihre Augenbrauen hoch. Loki antwortete nicht sondern grinste nur vor sich hin. Kiana wusste also, dass es ihm nur um sich selbst und Octavia ging. Er nahm es Sanya übel, dass sie ihren Auftrag erledigt hatte. Was hätte er nur gemacht wenn Kiana sie so oder so zum Tode verurteilt hätte? Würde er sich sich den Verrätern anschließen und gemeinsame Sache mit ihnen machen?
"Meine Königin…", erhob Grauer Staub plötzlich seine Stimme und Kiana sah sofort zu ihm hinüber.
"...Dieser Mann ist ein Kundschafter unserer Armee…".
"Ach ein einfacher Kundschafter…", lächelte Kiana auf einmal vor sich hin."Ich möchte mehr über ihn erfahren… Vielleicht hat er auch was mit dem Komplott des Schwans zu tun… Nicht das Sanya… Lady Terelos etwas passiert…".
Sie wusste nicht, warum ihr plötzlich immer ihr normaler Name einfiel, anstatt ihr Titel und der Name des Hauses.
"Was sollte es uns kümmern? Du hast genug andere Fähige Kommandanten…", sagte Loki weiterhin genervt und abwertend. Die junge Königin beobachtete ihn. Er sah auf die Schriftstücke vor sich und spielte mit einem Band in seiner Hand herum. Kiana fand die Einwände Lokis unverschämt. Er hatte Glück, dass er sie so lange kannte und sie ihn eigentlich schätzte.
"Zumindest welche, die mich nicht enttäuschen und nicht mit einer Verräterin das Bett teilen!", fauchte sie ihn an und klang trotzdem dabei sehr arrogant.
"Pff…", machte er nur. "Das sagst du…".
Sie warf ihm einen erbosten Blick zu, den er auch sofort bemerkte und daran festmachen konnte, dass er zu weit gegangen war. Er lehnte sich zurück und hob die Arme entschuldigend. Kiana schüttelte nur verständnislos den Kopf. Niemand der Anwesenden traute sich noch irgendetwas zu sagen. Es war auch nicht mehr zu übersehen, dass die Königin verärgert war und jeder kannte ihr Temperament.
"Dann stehen die Pläne? Ich möchte in vier Tagen das Fest abhalten… Reichsmarschall, sorgt du doch dafür dass die Einladungen ankommen!", sagte sie. Damit drückte sie ihm eine undankbare Aufgabe auf. Sie sah es als eine Art Strafe für ihn. Er verdrehte nur die Augen.
"Wie du meinst, meine Königin…", dabei machte er eine sehr tiefe Verbeugung, um seine Unterwerfung zu demonstrieren und machte sich auf dem Weg in seine Gemächer.
Kiana sah ihm noch eine Zeit lang hinterher. Dann erhob sie an sich von ihrem Platz. Sofort sprangen die anderen auf und verneigen sich vor ihr.
Kiana machte  sich dann selbst auf dem Weg in ihr Gemach um etwas Ruhe zu haben….


Kiana im Palast von Minas-Tirith…

Titel: Minas Tirith
Beitrag von: Saizo am 15. Feb 2021, 16:06
Minas Tirith (Gondor)



Sanya und Mithrendan in Minas Tirith

Als sie auf die belebten Straßen der untersten Ebene von Minas Tirith kamen, stellten Sanya und Mithrendan fest, dass sie zu langsam gewesen waren. Die beiden Männer waren bereits in der Menge untergetaucht. Stattdessen kam ihnen eine Streife von acht Ostlingssoldaten entgegen, deren Anführer ihnen einen wissenden Blick zuwarf, ehe er vorbeimarschierte.
Haben die uns etwa beobachtet? dachte Sanya und schüttelte dann den Kopf. Trotz ihrer unerwarteten Beförderung gab es keinen Grund, auf einmal paranoid zu werden. Wahrscheinlich hatte der Ostling-Hauptmann sie einfach nur als Mitglied der königlichen Armee wiedererkannt, obwohl sie ihre Rüstung nicht trug. Vielleicht war er bei der Kundgebung der Königin oben in der Zitadelle dabei gewesen und hatte sich Sanyas Gesicht gemerkt. Sie verwarf den Gedanken und wandte sich an ihren alten Freund.
"Also, fassen wir mal die Fakten zusammen. Wir wissen, dass die Aufständischen das Isenfeuer benutzen wollen, um einen Teil oder gar die gesamte weiße Festung hochgehen zu lassen. In vier Tagen soll der Anschlag stattfinden. Aber warum gerade in vier Tagen? Ich wüsste nicht, dass in vier Tagen irgendetwas Besonderes geschehen sollte."
"Was hast du nun vor?" fragte Mithrendan. "Willst du die Königin sofort warnen?"
Sanya dachte nach. Sie band sich ihr Haar zu dem charakteristischen Pferdeschwanz, den sie beinahe immer trug, und sagte: "Ich frage mich, ob die Aufständischen nicht einen Informanten im inneren Kreis der Königin haben. Vielleicht sollten wir die Gefahr erst einmal für uns behalten, damit wir ihnen eine Falle stellen können."
"Aber damit riskierst du die Sicherheit der Königin," warf Mithrendan bedacht ein.
"Ich werde es ihr natürlich im Vertrauen erzählen, aber nur unter vier Augen," erklärte Sanya. "Kiana selbst wird garantiert nicht mit den Aufständischen oder dem Silbernen Schwan unter einer Decke stecken, so viel ist klar. Also ist das Geheimnis bei ihr sicher. Und dann... werden wir weitersehen."
Sanya streckte sich und gähnte herzhaft. Es war spät geworden, und der Alkohol machte ihr zu schaffen. Normalerweise trank sie nur Wasser oder Milch, wenn sie es einrichten konnte. "Wir machen Schluss für heute," beschloss sie. "Und bleiben vorerst in Minas Tirith, zumindest noch vier Tage lang... der Schwan scheint seine Aufmerksamkeit ja ohnehin auf die Weiße Stadt gerichtet zu haben."

Am folgenden Morgen fand Sanya heraus, welches Ziel die Attentäter hatten. Sie war wie immer früh auf den Beinen, nachdem sie im ihr zugewiesenen Offiziersquartier der königlichen Kasernen geschlafen hatte. Kaum hatte sie ihre Rüstung angelegt und sich im Innenhof des großen Gebäudekomplexes auf die Suche nach Mithrendan gemacht, stand auf einmal ein Bote vor ihr, der von einem griesgrämig dreinblickenden Reichsmarschall Loki begleitet wurde.
"Oberkommandantin Terelos," sprach der Bote gleich los, ehe Sanya etwas sagen konnte. "Hiermit ergeht an Euch die offizielle Einladung zu den Feierlichkeiten Ihrer Gnaden der Königin, Kiana von Haus Vaneryen, zu erscheinen." Er drückte der verdutzten Sanya ein eingerolltes Pergament in die Hand, das das königiche Siegel trug: ein roter Drache auf schwarzem Felde. Sie brach es und überflog die Zeilen rasch:

Lady Sanya von Haus Terelos, Oberkommandantin der königlichen Armee,
Ihrer Gnaden gefiel es, ein Fest zu geben, zur Feier des Ruhmes ihres Reiches und dem Wohl, das das Volk unter ihrer gerechten Herrschaft genießt. Ihr werdet bei Sonnenuntergang in der Weißen Festung erwartet, in drei Tagen, ohne Begleitung und ohne Waffen oder Rüstung. Es sind nur geladene Gäste zulässig und es wird eine angemessene Kleiderwahl angeordnet; bei den Farben ist ausschließlich Rot und Schwarz zu verwenden. Zulässig sind Roben, Wämser oder Tuniken für die Herren sowie Ball- oder Festkleid für die Damen. Nichteinhaltung der Kleiderordnung wird bestraft. Für Verpflegung ist reichlich gesorgt, die Königin bittet allerdings um unterhaltsame Beiträge ihrer Gäste.
Diese Einladung ist zur Feierlichkeit mitzubringen, ohne sie ist kein Einlass möglich!

Sanya ließ die Einladung sinken und sah sich dem mürrischen Gesichtsausdruck Lokis gegenüber. "Komm besser nicht zu spät," blaffte er sie an, dann marschierte er davon.
"Jetzt verstehe ich, worauf es die Aufständischen abgesehen haben," murmelte Sanya. "Aber woher... wussten sie, dass die Königin in vier, nein, mittlerweile drei Tagen ein Fest geben würde?" Ihr Verdacht, dass der Silberne Schwan einen Informanten im Königspalast hatte, erhärtete sich. Das war jedoch nicht das einzige Problem, das Sanya mit der Einladung Kianas hatte. Neben der drohenden Gefahr durch den Isenfeuer-Anschlag war da noch die Kleiderordnung... Sanya seufzte. Sie trug ihre Rüstung am liebsten überall, denn sie war stolz auf ihren Rang und das Eisen gab ihr eine gewisse Sicherheit. Zu den Festlichkeiten würde sie allerdings ein Kleid tragen müssen... was ihre Beweglichkeit schmerzlich einschränkte. Sanya hatte natürlich schon oft edle Kleider und Röcke getragen, doch darin kam sie sich immer etwas verletzlich vor, und darüber hinaus schätzte sie die Blicke und die Aufmerksamkeit nicht, die solche Kleidungsstücke verursachten. Sie hoffte, dass ihr Rang sie vor allzu aufdringlichen Männern ein Weilchen schützen würde und verstaute die Einladung in ihrer Tasche. Ich hoffe, ich habe überhaupt etwas in Schwarz und Rot, dachte sie noch, ehe sie sich auf den Weg zum Palast machte.

Zu Sanyas Ärger traf sie vor den Gemächern der Königin erneut auf Loki. Sie hatte gehofft, unter vier Augen mit Kiana sprechen zu können, doch anscheinend war Loki ihr seit dem Morgen nicht mehr von der Seite gewichen. Er trieb sich auf dem Gang außerhalb des königlichen Gemaches herum und musterte Sanya bösartig.
"Was willst du denn schon wieder?" knurrte er feindselig.
Sanya war klar, dass sie so nicht weitermachen konnte, also begab sie sich auf Konfrontationskurs. "Sagt, Reichsmarschall, was habe ich Euch getan, dass Ihr mich wie einen Feind behandelt? Ist es wegen Octavias unglücklichem Tod? Ihr wisst, dass ich sie ebenfalls liebend gerne lebendig hierher gebracht hätte, aber das Mädchen hat die Dinge selbst in die Hand genommen."
"Du hast sie erst soweit getrieben!" brauste Loki auf und Sanya wurde klar, dass ihre Vermutung richtig gewesen war: Loki gab ihr die Schuld am Tod Octavias, und die Gerüchte über seine Beziehung zu der Rebellin aus dem Norden waren wahr. "Warum konntest du sie nicht einfach gehen lassen? Sie wollte zurück in den Norden, um dort in Frieden leben zu können!"
"Befehl ist Befehl," hielt Sanya dagegen und verschränkte die Hände vor der Brust. "Die Königin wollte sie lebendig haben, und Ihr wisst ganz genau, dass niemand ungestraft davonkommen kann, der versucht hat, unserer Herrscherin zu ermorden!"
"Aber sie hat es nicht geschafft! Und bestimmt hat sie ihren Fehler eingesehen gehabt!" Loki brüllte nun beinahe. "Deinetwegen ist Octavia tot, und als nächstes willst du wohl Kiana in den Wahnsinn treiben!"
"Wie bitte?" Sanya verstand nicht, was Loki damit sagen wollte.
Doch Loki winkte nur wütend ab. "Es macht keinen Unterschied... Octavia ist fort, und daran bist allein du Schuld, du elendes Weib..." Er näherte sich ihr und baute sich bedrohlich vor ihr auf. "Ich werde dich beobachten, bei allem was du tust. Machst du nur einen einzigen Fehler, werde ich da sein und dich zur Strecke bringen, ein kleiner Ausrutscher reicht mir schon, und dann sind dein Rang und Titel dahin. Und wenn du erst in dem Verlies verrottest in das du gehörst, wirst du dir noch wünschen, du hättest Octavia am Leben gelassen!"
Sanya starrte den Reichsmarschall an. Sie hatte nicht erwartet, dass die Lage derart ernst war. Ihre Gedanken rasten und ein Teil von ihr wünschte sich weit fort von Minas Tirith.
"Da bleibt dir die Spucke weg, was?" höhte Loki. "Wirst ja noch sehen wie lange Kiana Gefallen an dir findet! Bald wird sie dich wegwerfen wie ein Spielzeug, das langweilig und alt geworden ist."
"Ich denke, da irrst du dich, mein lieber Loki," sagte die Stimme der Königin hinter ihm. Loki fuhr herum wie vom Blitz getroffen. Als er einen unbewussten Schritt zur Seite machte, wurde die Königin sichtbar, die hinter ihnen im Gang stand, von drei Ostlingssoldaten flankiert. "Hat er dir Ärger gemacht?" fragte Kiana, und blickte Sanya an.
"Ich denke... der Reichsmarschall ist nur ein wenig... überarbeitet," sagte Sanya und blickte Loki an, dabei war ihre Miene wieder vollkommen ruhig. "Er braucht wohl einfach etwas Ruhe, nach den Ereignissen der letzten Tage."
"Dann sollst du sie bekommen," sagte die Königin zu Loki. "Bis zur Feier wirst du deine Pflichten an deinen Stellvertreter übergeben und dich etwas beruhigen, verstanden?"
Loki warf Sanya einen feindseligen Blick zu, dann nickte er zu Kianas Aussage. Ehe noch jemand etwas dazu sagen konnte, ging er davon.
"Schön, dich zu sehen," sagte Kiana lächelnd, als wäre nichts geschehen, und kam etwas näher. "Was bringt dich denn zu meinen Gemächern?"
"Nun, es... gibt da zwei Dinge, über die ich mit Euch sprechen muss, Euer Gnaden," sagte Sanya. "Beide wären mir lieber, wenn wir sie unter vier Augen besprechen könnten..."
Kiana wandte sich sofort an ihre Wachen. "Ihr wartet draußen. Sanya, gib ihnen dein Schwert, damit sie sich keine Sorgen machen. Du bekommst es später natürlich wieder." Damit maschierte Kiana in ihre Gemächer und winkte Sanya mit sich. Sanya löste ihr Schwert vom Gürtel und gab es den Ostlingen, dann folgte sie Kiana nach drinnen und zog die Türe fest zu.
"Also, was gibt es?" wollte die Königin wissen, nachdem sie sich auf eine gepolsterte Bank am Fenster gesetzt hatte. "Und, bitte, setz dich doch. Hier am Fenster haben wir beide Platz."
Sanya neigte das Haupt vor ihr, dann setzte sie sich. "Also, wegen Eurem Fest..."
Kianas Augen leuchteten auf. "Hast du dich schon entschieden, was du anziehen möchtest?"
"Das, nun, wäre meine zweite Frage gewesen, denn ich habe kein passendes Kleid in den gewünschten Farben und hatte gehofft, Ihr könntet mir da behilfich sein... aber eigentlich wollte ich Euch warnen..." Sanya fasste für Kiana im Flüsterton die Informationen zusammen und sagte am Ende: "Ich würde diesen Attentätern gerne eine Falle stellen, weiß aber nicht, wem ich vertrauen kann... was befehlt Ihr, Euer Gnaden?"
Titel: Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 15. Feb 2021, 22:50
Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)

Kiana Vaneryen mit Sanya Terelos in ihrem Gemach…


Während Sanya sprach, beobachtete Kiana sie ganz genau. Ihr fielen besonders ihre strahlenden Grauen Augen auf, die im Licht der Sonne nur noch mehr funkelten. Auch wenn die Augenpartie der Oberkommandantin besorgt drein sahen, fand Kiana sie wunderschön. Fast schon überhörte die Königin die Worte, als Sanya von einem Attentat sprach.
“Ein Mord Versuch? Auf mich?”, stieß sie nur heraus und sah sie dabei irritiert an. “Ich verstehe nicht… Wie ? Wann? Woher weißt du davon?”.
Nervös griff sie in das Kissen der gepolsterten Bank am Fenster. Erst vor kurzem versuchte ihre eigene Halbschwester sie zu töten und jetzt versuchte es direkt wieder jemand? 
Das muss andere wohl inspiriert haben... dachte sich die junge Maia und seufzte.
“Ich habe es in einer Taverne unten in der Stadt mit angehört…”, antwortete Sanya. “...Sie sprachen davon Isenfeuer zu verwenden…”.
“Isenfeuer?”, wiederholte die Königin das Wort ungläubig. Sie hörte schon einige Male davon. Sie wusste dass vieles auch unter Minas-Tirith gelagert war, weil ihr Vater die Stadt in die Luft sprengen wollte, nachdem Imrahil vor den Toren stand. Doch das war lange her und sie ging davon aus, dass die meisten Kisten durch ihren Angriff mit Ancalagon zerberstet worden waren. Kiana wollte noch etwas sagen, doch ihr blieb die Stimme weg. Sie drückte nur ein Luftgeräusch nach außen.
Wann?”, fragte die junge Königin Erneut.
“In drei Tagen. Dann wenn das Fest stattfindet!”.
“Ich muss alles im Palast druchsuchen lassen… Wenn die Verräter schon in Minas-Tirith sind…”, sagte Kiana fast schon panisch.
“Ich weiß wie die Männer aussehen und ich werde sie an diesem Abend aufhalten! Lass mich sie heimlich aufdecken!”, beschwor Sanya. Kiana seufzte.
“Hoffentlich ist das nur keine Ausrede, um am Fest teilzunehmen…”, scherzte sie kurz mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. “...Wenn du sie heimlich erwischen willst, kann ich dich trotzdem nicht in voller Rüstung und vor allem nicht bewaffnet hier her lassen… Das würde zu viel Aufmerksamkeit auf dich lenken… Mir missfällt es aber, dass du das machen willst… Ich kann es nicht riskieren, dass ich dich verliere!”.
Kiana überschlug ihre Beine und positionierte sich auf der Sitzfläche erneut. Sie strich sich einige Haarsträhnen ihres langen silbernen Haares, welches sie offen trug, zur Seite. Besorgt musterte sie ihre Oberkommandantin, die voller Tatendrang zu sein schien. Tief in ihrem innern war es ihr überhaupt nicht recht, dass sich Sanya darum kümmern wollte. Wenn ihr was dabei zustieß, könnte sie es sich niemals verzeihen. Gleichzeitig wusste sie, dass sie die Verräter gesehen hatte und gut in dem war, was sie tat. Immerhin war sie die Friedenshüterin von Gondor und hat selbst das Problem mit Octavia aus der Welt geschafft. Erneut drückte sie einen tiefen Seufzer hervor.
“Gut, ich werde Grauer Staub darüber informieren. Er soll sich mit seinen Männer bereithalten, sobald du etwas verdächtiges bemerkst. Davor soll er, so unentdeckt es geht, die Kisten die hierher kommen untersuchen… Du solltest vorher dringend mit ihm sprechen…”, sagte sie schließlich in einem bestimmenden Tonfall, damit man ihre Angst nicht heraushören konnte. Kiana hoffte, dass Sanya in ihr Gemach kam, um etwas anderes zu besprechen, als über die leidigen Verräter. Doch Sanya war eifrig, was der Königin gleichzeitig auch gefiel.
“Dann sollten wir jetzt über die Kleidung sprechen, die du tragen wirst… Gar nichts in Rot und Schwarz da, hm?”, sagte Kiana schließlich. Sie nahm die Hände Sanyas in ihre. Beim aufstehen ließ sie diese langsam los, auch wenn sie es am liebsten gar nicht machen wollte. Die junge Maia sah in einer Art Kommode, die auf der anderen Seite stand und kramte verschiedenste Stoffe hervor, die sie unzufrieden auf das Bett warf. Es waren  Kleider, Röcke, ihre engen und dünnen Hosen, die sie manchmal unter ihren Röcken trug, Umhänge, Tücher und andere Accessoires. Das meiste davon war Schwarz, Rot oder Schwarz und Rot. Sie nahm die Stoffe und hängte diese Sanya um, die etwas unkomfortabel dreinsah.
Kiana, die das bemerkte lachte nur auf und sagte: “Komm schon, wer bekommt schon die Kleider von der Königin! Und eigentlich stammt ihr doch von einer Adelsfamilie, also müsste das euch nicht allzu fremd sein!”.
“Euer Gnaden, ich mache mir nur Sorgen…”, wollte Sanya gerade entgegnen, da hielt Kiana ihren Zeigefinger auf die Lipper der Frau. “Tscht…”, machte sie nur.
Mit diesem Finger strich sie vorsichtig über die weichen Lippen von Sanya und biss sich dabei auf ihre eigene Unterlippe. Ihr Herz raste und sie hatte das Gefühl, eine innere Wärme würde in ihr aufsteigen. Wie gerne würde sie die ihrigen auf ihre eigenen spüren. Nur für einen kurzen Moment.
Reiss dich zusammen Kiana, sagte sie sich selbst und ließ von ihrer Oberkommandantin ab.
"Na los, zieh dir das hier ein. Es wird dir wahrscheinlich zu klein sein, aber ich werde es dir anpassen lassen!", sagte sie. Während Sanya zögerlich ihre Alltagsbekleidung entfernte, beäugte Kiana sie eine Weile. Der schlanke, doch recht athletische Körper gefiel ihr und ließ die Königin leicht erröten.
Sie wandte sich wieder ab und ging wieder zu der Kommode. Dabei rieb sich ihre Schläfen. Sie durfte als Königin nicht an so etwas denken. Ihr Kopf musste frei sein, wenn sie das Reich führen wollte. Auf der anderen Seite war sie doch die Königin. Niemand konnte ihr vorschreiben was sie tun sollte und mit wem.
Die junge Maia nahm ein Blutrotes Tuch heraus und ging mit langsamen Schritten auf Sanya zu. Ihr Herz pochte und schlug mit jedem Schritt stärker.
"Das Kleid passt zu dir, das macht euch noch hübscher!", sagte Kiana. Sie hing das Rote Tuch um den Hals der Frau und zog sie zu sich um sie zu küssen. Auch wenn sie nicht genau wusste , warum sie das tat. In diesem Augenblick war es der jungen Königin auch egal. Sie nahm Sanyas Gesicht in ihre Hände, die schon eher regungslos dort stand und wollte schon gar nicht mehr aufhören.
Sie fühlte sich befreit und sprudelte vor Gefühlen über, wie zuletzt bei Thirak vor vielen Jahren.
Sie sah Sanya innig und verträumt in die Augen, während sie dabei schwer atmete. Dabei hielt sie noch immer ihr Gesicht in ihren Händen.
Erst dann begriff sie, was sie da eigentlich tat. Schnell ließ sie schockiert wieder von der Frau ab.
"Äh… Grauer Staub wird dir mit dem Kleid helfen und redet mit dem Schneider wegen des Attentats…", sagte sie und schüttelte den Kopf, weil sie ihren Fehler schnell selber bemerkte."Ich rede mit dem Schneider und lasse dir das geeignete Kleid zukommen… Und rede bitte mit Grauer Staub wegen des Festes…".
Mit diesen Worten eilte sie aus ihrem Gemach.
Was tust du da Kiana, dachte sie sich und lief in Richtung Thronsaal.

Im Thronsaal angekommen traf sie auf Grauer Staub, der mit den anderen Ostlingwachen beredet, wie und wo sie sich positionieren sollten. Sie rief ihn auf Ostron, der sofort zu ihr kam.

Sie atmete tief durch, denn sie war mehr als verwirrt. Tausend Gedanken gingen durch ihren Kopf. Warum hat sie das getan? War das richtig sie zu küssen? Was dachte Sanya nun von der Königin?
"Geht es dir gut, meine Königin?", fragte Grauer Staub, der scheinbar Kianas Erregung vernahm.
"Ja, es ist alles gut… Bitte sprich mit Sanya… Äh… Lady Teleros…", sagte Kiana erschöpft, "...Sie ist in meinen Gemächern… Du kannst ihr auch anbieten hier bei mir zu bleiben...".
Die Königin kniff die Augen zusammen, da ihr erneut so etwas herausrutschte. Ihr Anführer der Ostlinge machte sich sofort auf dem Weg und ließ sich nichts anmerken. "Und klopf vorher an!", rief Kiana ihm noch hinterher.
Sie musste das Geschehene erst einmal verarbeiten. So gerne wäre sie bei Sanya geblieben, doch sie wusste ja nicht was diese dachte. Doch es gab nun wichtigeres: Das Fest war nur noch ein paar Tage entfernt. Dann konnte sie nochmal mit Sanya sprechen. Kiana musste sich klar werden, was das alles bedeutete...


Kiana im Thronsaal von Minas-Tirith…

Titel: Minas Tirith
Beitrag von: Saizo am 16. Feb 2021, 14:52
Minas Tirith (Gondor)



Sanya in der weißen Festung

Sanya hatte sich nicht gerührt, auch nachdem eine ganze Weile vergangen war seit die Königin das Gemach verlassen hatte. Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Langsam blickte sie an sich hinab. Das Kleid, das Kiana ihr gegeben hatte, war nicht nur zu kurz - es ging ihr nur bis zur Hälfte der Unterschenkel - sondern auch an den Armen, der Schulter und dem Oberkörper etwas zu eng. Dennoch fand Sanya, dass die Königin es gut ausgewählt hatte, und unter anderen Umständen hätte sie sich sehr darüber gefreut - immerhin hatte sie Kiana ja selbst um Hilfe in Sachen Kleiderordnung gebeten.
Aber ihre Gedanken kreisten um etwas anderes. Sanya kam sich halb so alt vor wie sie wirklich war, als wäre sie ein halbwüchsiges Mädchen dem gerade ein schöner Fremder ein Kompliment gemacht hat und es dann stehen gelassen hat. Sanya war mit der Situation ziemlich überfordert, und die Planung der Falle, die sie für die Attentäter hatte legen wollen, war erst einmal vergessen. Sie fragte sich wieder und wieder, was Kiana wirklich von ihr hielt. Ob der Kuss eine tiefere Bedeutung hatte, oder nur eine Spielerei einer verwöhnten Monarchin war, nichts weiter als eine spontane Geste der Wertschätzung. Die Königin war nach dem Kuss beinahe sofort aus dem Gemach verschwunden, als wolle sie Sanya damit testen. Will sie, dass ich ihr folge? Was erwartet sie nun von mir? Was hat das alles nur zu bedeuten?
Sanya rieb sich die Schläfen und zwang sich, sich zu konzentrieren. Viel wichtiger als das, was Kiana womöglich oder auch nicht über sie dachte, war die Sicherheit des Palastes. Die Königin hatte davon gesprochen, den Anführer der Ostlingsgarde zu informieren, also musste das bedeuten, dass Kiana ihn für absolut vertrauenswürdig hielt. Nach allem was Sanya über die Ostlinge wusste, galt dasselbe vermutlich auch für den Rest der Söldnertruppe. Also würde es sich anbieten, die Falle gemeinsam mit den Ostlingen zu stellen...

Ein energisches Klopfen an der Tür riss Sanya aus ihren Gedanken und sie fuhr herum. Gerade eben hatte sie noch über ihn nachgedacht, schon tauchte der Anführer der Ostlinge vor ihr auf.
"Oberkommandantin," grüßte er emotionslos.
Sanya kam sich in ihrem schlecht sitzenden Kleid sehr fehl am Platze vor und hoffte, der Ostling würde es nicht bemerken. Immerhin behandelte er sie nicht anders als zuvor, obwohl sie weder Rüstung noch Rangabzeichen trug.
"Ich grüße Euch," sagte Sanya etwas steif. "Ich nehme an, die Königin hat Euch bereits informiert über die Bedrohung?"
Die dunklen Augen, die sie wachsam musterten, schienen für einen Moment aufzuglühen. "Nein. Sie schickte mich nur her, den Grund kenne ich noch nicht. Von welcher Bedrohung sprecht Ihr?"
"Gebt mir einen Augenblick, um mich umzuziehen..." bat Sanya und spürte, wie sich ihre Wangen erwärmten, so unangenehm war es ihr. "Danach werden wir uns eingehend unterhalten."
"Natürlich. Ich warte vor der Tür." Mit diesen ruhigen Worten ging er hinaus.
Sanya atmete einmal tief durch. Sie war froh, dass Kiana einen der Ostlinge geschickt hatte, und nicht ein Mitglied der regulären Armee. Das geringe Bisschen, das Sanya sich an Respekt bisher erarbeitet hätte, wäre bei dem Anblick, den sie momentan bot, vermutlich sofort dahin gewesen. Sie streifte das Kleid mit etwas Mühe ab und betrachtete es für einen kurzen Augenblick. Es war wirklich schön, wie sie fand. Und Kianas Lippen waren sehr weich gewesen.
Närrin, schimpfte sie sich selbst, als ihr klar wurde, dass sie beinahe die Konzentration verloren hätte. Sie schnappte sich ihre normale Kleidung und zog sich hastig an, dann trat sie auf den Gang hinaus.

Beide waren sich einig, dass ein vertrauliches Gespräch sich am besten auf einem Spaziergang bewerkstelligen ließe. So folgte Sanya dem Anführer der Ostlinge durch die Gänge und Treppenhäuser des Palastes, und schließlich hinaus auf die oberste Ebene der Zitadelle von Minas Tirith. Sanya liebte den Ausblick, den man von dort oben hatte, dennoch blieben die beiden nicht stehen. Hier draußen würde ihnen niemand unbemerkt folgen können.
Die Details, die Sanya bisher über den drohenden Angriff kannte, waren schnell erzählt. Und ihre Sorge, dass es einen Informanten im Palast geben könnte, wurde von ihrem Gesprächspartner sogar noch bestärkt.
"Anders können sie so früh nicht davon erfahren haben," sagte er und rieb sich nachdenklich das Kinn. "Ihre Majestät hat den Entschluss zu dem Fest erst gestern im Verlauf des Tages gefasst, in meiner Anwesenheit."
"Wer war in diesem Moment noch bei ihr?" wollte Sanya wissen.
"Einige Bedienstete und Pagen," antwortete er. "Aber es hätte auch jemand das Gespräch belauscht haben können. Leider grenzt es den Kreis der Verdächtigen nicht wirklich ein."
"Nun, jedenfalls wissen wir, was sie vorhaben. Und wir wissen, dass wir nicht zulassen dürfen, dass das Isenfeuer entzündet wird."
"Es gibt eigentlich nur zwei Orte, an denen sie es platzieren können, um die erforderliche Sprengwirkung hervorzurufen, damit der Palast einstürzt," fuhr der Ostling fort. "Entweder direkt in den Kellerräumen unter dem Thronsaal, oder in der Küche - die ist nahe der zentralen Säule gelegen, die den Turm stützt. Wenn der Turm fällt, wird er den Rest der Festung mit sich reißen."
"Sollten wir an beiden Orten Wachen aufstellen?" schlug Sanya vor.
"Ich denke, den Keller können wir abriegeln - dann wissen wir, dass sie ihre Bemühungen auf die Küche konzentrieren werden. Dort wird während dem Fest natürlich sehr viel los sein, ein paar zusätzliche Wachen, als Bedienste verkleidet, werden den Attentätern hoffentlich erst dann auffallen, wenn es zu spät sein wird..."
Sanya nickte. "Das könnte funktionieren. Dann schlagen wir zu, wenn sie das Isenfeuer platzieren wollen."
"Wir dürfen nur nicht zu voreilig sein," erinnerte er sie. "Wenn wir es zu offensichtlich machen, dass wir über den Angriff im Bilde sind, werden sie ihre Pläne vermutlich ändern."
"Aber wenn wir die Küche in den Tagen bis zum Fest unbewacht lassen..." überlegte Sanya.
"...laufen wir Gefahr, dass sie die Sprengsätze bereits vorzeitig legen, zum Beispiel heute oder morgen," beendete er den Satz für sie und nickte. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Küchen in den Tagen vor dem Fest dauerhaft im vollen Betrieb arbeiten. Dann bleibt ihnen nur noch die Wahl, es während der Feier zu versuchen, wenn sie die Aufmerksamkeit auf den großen Saal richtet."
"Und dann werden wir schon auf sie warten," schloss Sanya zufrieden. "Sehr gut."
Der Anführer der Ostlinge nickte ihr zu, wohl drückte er damit ebenfalls seine Zufriedenheit aus. "Oberkommandantin, die Königin möchte, dass Ihr heute bei ihr bleibt," sagte er knapp zum Abschied, dann ging er.

Was soll das denn nun heißen? dachte Sanya verwirrt und fragte sich, ob Kiana nicht irgend ein Spielchen mit ihr spielte, dessen Regeln sie niemandem verriet. Sie möchte, dass ich heute bei ihr bleibe? Sanya bleib an Ort und Stelle stehen und schaute nachdenklich auf die Stadt hinab, die sich unter ihr ausbreitete. Zwar hatte sie ohnehin nicht vorgehabt, Minas Tirith in den Tagen vor dem Fest zu verlassen, und nach dem Gespräch mit dem Ostling wollte sie sich eigentlich erst einmal sowohl den Keller als auch die Küchen in Ruhe ansehen, um sich ein Bild der Lage zu machen, aber dennoch war sie verwirrt. Sie verstand nicht, was Kiana von ihr erwartete. Wäre sie jemand anderes gewesen, hätte Sanya sich wahrscheinlich nicht so leicht durcheinander bringen lassen. Die Avancen von Höflingen und anderen Würdenträgern kannte sie bereits zu Genüge und wusste, dass sie allesam Ablenkungen waren, die sich eine Frau in Sanyas Position nicht leisten konnte. Aber Kiana war ihre Herrscherin, die Königin eines großen und mächtigen Reiches, und Sanya verdankte ihr eben jene Position, die ihr so wichtig war. Dass Kiana auf eine gewisse Art und Weise ziemlich niedlich sein konnte, war etwas, das Sanya in Gedanken hinzufügte, und sich damit selbst überraschte.
Konzentrier dich auf das Wesentliche, sagte sie sich wieder und wieder. Du hast einen Auftrag zu erledigen. Aber so ganz wollten ihr die großen, violetten Augen der Königin nicht aus dem Sinn gehen, selbst nachdem sie sowohl die Küchen als auch den Keller aufs Gründlichste inspiziert und mit einer ganzen Reihe weiterer Ostlinge gesprochen hatte, die alle bereits von ihrem Anführer in den Plan eingeweiht worden waren. So verging der Tag langsam, bis Sanya am Nachmittag von einem Pagen beinahe über den Haufen gerannt wurde. Er hatte ein in dunklen Stoff gewickeltes Paket bei sich, das er Sanya entgegenhielt. "Der königliche Schneider ist soeben damit fertig geworden. Ihre Majestät wünscht, dass Ihr dies auf dem Fest tragt, Lady Terelos."
Es war das Kleid, das Sanya zuvor anprobiert hatte. Entweder war es für sie angepasst worden, oder es handelte sich um ein ganz neues Exemplar, das konnte Sanya mit ihrem ungeschulten Blick nicht sagen. Jedenfalls erinnerte es sie daran, dass sie noch einen weiteren Auftrag erhalten hatte. Die Königin möchte, dass Ihr heute bei ihr bleibt, hörte sie die Stimme des Ostlings in ihrem Gedanken. Erschrocken stellte sie fest, dass sie Kiana nun seit ihrer Begegnung in den Gemächern der Königin nicht gesehen hatte. Galt so etwas schon als Befehlsverweigerung? Sanya klemmte sich das Kleid unter den Arm und hastete los. Sicherlich würde die Königin im Thronsaal zu finden sein....
Titel: Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 16. Feb 2021, 22:24
Minas-Tirith, Palast (Gondor)

Kiana Vaneryen im Thronsaal von Minas-Tirith…


Es war inzwischen Nachmittag, die Sonne stand tief und war schon kurz vor dem verschwinden. Kiana verstand noch immer nicht, was in ihr vor sich ging. Sie fing plötzlich an jemanden zu küssen, den sie noch gar nicht kannte. Dazu war dieser jemand noch eine Frau, die in ihrer Armee diente. Aber sie konnte dieser Frau überhaupt nicht widerstehen, wenn sie sich nur in ihrer Nähe war. Dem einzigen, bei den sie so fühlte war Thirak. Wobei sie den Eindruck hatte, dass es selbst bei ihm nicht so stark war. Nicht wie bei Sanya. Diese Frau ließ ihre ganze Gefühlswelt durcheinander werden.
Was ist, wenn das wieder so ist wie bei Thirak fragte sich die junge Frau. Eine große Angst breitete sich in ihr aus. Thirak nutzte sie auch nur aus, um ihre Hilfe im Kampf gegen Melkor zu bekommen. Sie vertraute ihm. Verlor ihre anderen beiden Drachen, büßte einen Großteil ihrer Armee ein und zwei ihrer geliebten Menschen starben: Faramir und Mina. Nachdem sie so viel geopfert hatte, schmiedete Thirak einen Komplott mit seiner Schwester und Kianas ehemaligen Berater Galador und Saruman. Sie war fest davon überzeugt, dass er nur selbst die Krone für sich wollte.
Auch bei Sanya konnte es sein, dass sie sich vielleicht einen besseren Status erhoffte. Vielleicht hatte Loki recht und Kiana sollte ihr nicht vertrauen. Immerhin hatte sie ihre Schwester auf dem gewissen und wer weiß wozu sie noch fähig war. Gleichzeitig fand sie diesen Gedanken einfach viel zu absurd, als dass da etwas wahres dran war. Sie hatte längst genug Möglichkeiten gehabt, die Königin zu ermorden. Erst vor kurzem noch.
Er ist nur eifersüchtig sagte sich die junge Maia. Sie ließ einen tiefen Seufzer heraus. Wie sollte sie bloß ihrer Oberkommandantin wieder in ihre hübschen Grauen Augen sehen. Vielleicht waren auch alle diese Gedanken unnötig, da sie überhaupt kein Interesse an Kiana hatte. Sanya sagte ja selbst nichts mehr als Kiana das Gemach verließ.
Sie ging an den Tisch, auf dem der Krug mit dem Wein stand und groß sich einen Schluck ein, den sie auch sofort in einem Zug herunter schluckte.
Die Königin verzog ihr Gesicht. Widerliches Zeug!, dachte sie sich nur über den Wein, der ihr sonst immer gut mundete. Aber wenn sie an die Lippen Sanyas dachte, schmeckte ihr gar nichts mehr. In diesem Augenblick wollte sie alles dafür geben, diese noch einmal berühren zu dürfen.
Sie vernahm die Türen, die laut geöffnet worden sind. Ihre Aufmerksamkeit galt der Person die hereinkam.

Es war ausgerechnet Sanya, die den Thronsaal betrat. Auch wenn Kiana ein verstohlenes Lächeln in ihrem Gesicht behielt, rutschte ihr Herz in ihre Stiefel. Sie hatte das Gefühl, als hätte sie Steine im Bauch. Es lag nicht daran, dass sie sie nicht sehen wollte.  Eher daran, dass sie sich in gewisser Weise für ihr ungehaltenes Verhalten schämte.
Ich bin die Königin… Was sollte mir also unangenehm sein sprach sich die Königin Mut zu.
"Du bist zurückgekommen! Das freut mich sehr!", erhob Kiana ihre Stimme und versuchte ihre Unsicherheit zu überspielen.
"Ihr wünscht dass ich wieder bei euch  bin, euer Gnaden?", sagte sie, als wollte sie sich noch einmal vergewissern.
"Leute die ich schätze habe ich immer gerne um mich herum!", entgegnete die Königin. Sie vergaß schon fast, dass sie Grauer Staub noch den Befehl gab, Sanya zu fragen ob sie bei ihr bleiben wollte. Nervös schluckte sie, mit dem Gefühl einen Kloß im Hals stecken zu haben.
"Und ich bitte dich, verzichte auf die Höflichkeitsformen…", sagte Kiana freundlich. Reflexartig wollte sie schon nach Sanyas Händen greifen, zog die Bewegung aber wieder schnell zurück. Sie vergaß nicht, wo die Berührungen hingeführt hatten. Die junge Maia stand ihrer Oberkommandantin wieder direkt gegenüber, versuchte aber den Abstand zu wahren.
"Hast du mit Grauer Staub gesprochen? Konntest du alles mit ihm Planen?", wollte sie wissen, obwohl das ganz sicher zu diesem Zeitpunkt nicht ihre Priorität war. Doch sich etwas anmerken lassen wollte sie auch nicht.
"Wir haben einen Plan ausgemacht. Dann habe ich die Küche und den Keller durchgesehen…", entgegnete Sanya verhalten.
Kiana nickte ihr lächelnd zur Bestätigung zu. Auch wenn sie froh war, dass Sanya wieder über ihren Auftrag sprach und so das Geschehene in den Hintergrund rückte, nervte es sie doch gleichzeitig, weil sie lieber über andere Sachen mit ihr sprechen wollte. Sie wollte lieber viel mehr über Sanya erfahren. Aber es war immerhin besser, als gleich wieder über sie herzufallen.
Der jungen Maia fiel wieder das Gespräch mit Loki und Grauer Staub über Sanyas Kundschafter ein, der sie immer und überall begleitete.
"Mir ist zu Ohren gekommen, dass du immer einen Mann an deiner Seite hast… Was ist das denn zwischen euch beiden?", fragte Kiana direkt.
"Ach, das ist ein Kundschafter in der Armee. Ich bin schon lange mit ihm befreundet.", antwortete Sanya. Kiana hatte den Eindruck ihre Oberkommandantin war leicht verwundert über die Frage und auch darüber woher sie das wusste.
"Befreundet, hm?", sagte Kiana und zog dabei ihre Augenbrauen hoch.
Was sagst du da ärgerte sich Kiana über sich selbst. "Verzeih mir… Meine Wachen sind nur sehr vorsichtig…", scherzte sie und setzte ihre Bemerkung damit herab.
"Ihr… Du… Du bist die Königin, da müssen die Wachen ja vorsichtig sein… Man sieht es ja am Attentatspläne für das Fest bedenkt…", entgegnete Sanya gefasst.
"Sicher…", sagte Kiana trocken und starrte dabei auf die Lippen ihrer Oberkommandantin. Sie nahm das Bündel war, welches sie unter den Armen hielt. Es musste das Kleid sein. Dann wandte sich ab. Sie sah zu diesem Tisch, der an den Treppen zum Thron stand. Wieder kam dieses verlangen in ihr hoch. Die junge Maia seufzte.
Sie drehte sich wieder um. "Wie ich sehe, hast du das Kleid endlich erhalten…Hast du es schon anprobiert?", vergewisserte sich die Königin.
"Nein, ich habe es gerade erst erhalten und dann bin ich sofort zu… dir geeilt!".
Kiana blieb das Funkeln in ihren Grauen Augen nicht aus. Ihr Herz schlug wieder schneller und der Atem wurde schwer. Bei jedem Wort das Sanya sagte, beobachtete sie die weichen Lippen der Frau, die sie so gerne wieder spüren wollte.
"Das macht nichts, ich helfe dir gerne wieder!", schlug Kiana vor und erwischte sich selbst, wie sie wieder die Hände Sanyas in die ihren hielt.

Der Abstand war auch völlig verschwunden, sodass beide Frauen dicht voreinander standen.
Kianas Hand strich Sanyas Unterarm entlang, die die Frau  nach unten hängen ließ. Schließlich erreichte Kiana die schlanken Hüften ihrer Kommandantin. Auch wenn ihr Körper von Kleidung, Kettenhemd und Wappenrock umhüllt war, der nicht unbedingt durch das dicke Material direkt fühlbar war, spürte sie doch die Umrisse der Formen von Sanya.
"Weißt du, das erste mal als ich auf Ancalagon fliegen konnte, fühlte ich mich so frei wie noch nie in meinem Leben… Ich konnte nicht bestimmend wohin er flog, was wohl auch der Situation geschuldet war…", hauchte Kiana und blickte Sanya verträumt in ihre Grauen Augen. "Frei von jeglichen Vorurteilen… Frei von Verpflichtungen… Nur leider steht es mir als Königin nicht zu… Ich habe Verantwortung gegenüber so vielen Leben…".
Auch wenn sie auf Zehenspitzen stehen musste, um an Sanyas Mund zu gelangen, war sie mit ihren Lippen ganz nah an den von ihr.
"...Dabei muss ich mir von niemanden etwas sagen lassen… Weder von Loki… Noch von irgendwelchen Würdenträgern… Noch von irgendeinem Feind", nach jedem Satz den sie sagte, konnte sie nicht widerstehen und küsste Sanya immer wieder.
Kiana du darfst nicht!, sagte sie sich selbst, um ihren Gelüsten irgendwie Einhalt zu gebieten. Doch es brachte nichts. Ihre Gefühle waren zu stark und zu diesem Zeitpunkt, mit jedem weiteren Kuss, war es ihr egal, was ihr Verstand ihr sagte.
Die Tatsache, dass sich ihre Kommandantin nicht dagegen wehrte, sondern es scheinbar eher erwiderte, bestätigte sie nur weiter darin. Die Hand der Königin rutschte unter den Wappenrock von Sanya, sodass sie noch das Kettenhemd am Rücken spürte und nervös daran herum zupfte. Viel lieber wollte sie die Haut der Frau spüren, als dieses kalte Metall. Kiana selbst trug nur , wie so oft, ein Figurbetonendes schwarzes Kleid, welches ihr bis zu den Knien reichte. Am Saum waren goldene Worte in Form von Runen auf Ostron geschrieben. Darunter trug sie eine schwarze dünne eng anliegende Stoffhose. Über ihre Schulter hatte sie eine Art Umhang in Blutrot.
Kiana ärgerte sich, dass ihr gegenüber nicht auch Kleidung aus leichten Stoffen trug, wie sie selbst immer tat. Wie gerne wollte sie die Haut Sanyas spüren, doch ihre Rüstung versperrte den Weg.
Die junge Maia vergaß, dass ihre Ostlingwachen noch im Thronsaal waren, weshalb sie anfing ihre Kommandantin innig zu küssen und dabei den Tisch hinter sich abräumte. Mit einer Hand stützte sie sich auf das Möbelstück, während  sie fast schon von Sanya in diese Richtung gedrückt wurde. Sie vernahm die Berührung der Kommandantin, die sie am Oberschenkel anfasste. Dabei fielen Krug und Kelche  klirrend zu Boden.
Sanya wollte wohl gerade dann doch von der Königin ablassen, um die Sachen aufzugeben, doch Kiana ließ nicht von ihr ab und zog sie an ihren Hüften wieder zu sich, denn aufhören wollte sie ganz und gar nicht.
Sie krallte sich in das Kettenhemd, das mit jeder Berührung durch die Bewegung der Kettenglieder Klimperte. Kiana spürte eine angenehme Wärme in sich. Eine Wärme, die sie sonst nur beim einsetzen ihrer Kräfte verspürte. Kiana wollte nicht mehr warten. Sie wartete auf so vieles. So viele Jahre musste sie verzichten Vor allem darauf selbst geliebt zu werden.
Noch im Thronsaal zog sie eilig ihre eng anliegenden Hosen unter ihrem Kleid herunter, während sie versuchte ihre Stiefel loszuwerden. Gleichzeitig ließ sie aber auch nicht von Sanya ab. Ihre Krone rutschte ihr von ihrem Haupt, die sie aber noch mit beiden Armen auffing. Dann erst trat sie einen Schritt zurück und kicherte mit der Hand vor dem Mund.
Ihr Wangen waren mehr als gerötet, als sie die Wachen im Saal bemerkte. Sie schnappte sich ihre Hosen und nahm Sanya an die Hand.
"Na, los… Komm mit!", sagte sie aißer Atem und führte sie in ihr Gemach.

Im langen Korridor huschte sie an vielen Menschen vorbei, wobei die meisten Ostlingwachen waren.
"Kiana! Was machst du da!", hörte sie nur die Stimme Lokis hinter sich. Reagieren wollte sie nicht darauf. Dafür hatte sie keine Zeit und keine Geduld. Sie zog Sanya in ihre Gemächer und schlug die Tür zu. Wieder lachte sie glücklich auf, vor allem da sie sich mehr als erwischt von den anderen Würdenträgern wie Loki, fühlte.
Hektisch löste sie die Gürtel und Gurte von Sanyas Rüstung und half der Frau aus dieser heraus.
Als die Kommandantin Splitterfasernackt vor ihr stand, musterte Kiana sie genau. Mit einem Finger strich sie den Konturen und Formen entlang. Die Haut war unglaublich Zart, dafür dass sie in der Armee diente. Sie küsste vom Hals weiter Abwärts, bis sie vor ihr kniete und an den Schenkeln angekommen war.
Als Kiana sich erhob, blickte sie die ganze Zeit in die Augen Sanyas und küsste sie noch einmal. Sie band sich ihre langen silbernen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen. Dann ging sie schließlich auf ihr Bett zu und ließ sich rückwärts auf das Bett fallen. Die junge Maia blickte mit hochgezogenen Augenbrauen zu Sanya, die zunächst wie erstarrt an der selben Stelle stand.
"Mach schon... du willst doch nicht dass die Kleider deiner Königin hinüber gehen, oder sie warten lassen!", sagte Kiana äußerst provokant …


Kiana mit Sanya in ihrem Gemach…

Titel: Minas Tirith
Beitrag von: Saizo am 18. Feb 2021, 17:28
Minas Tirith (Gondor)



Sanya in Kianas Gemächern

Sanya kam sich vor wie in einem ziemlich unwirklichen Traum, denn der Teil ihres Verstandes, der sie normalerweise beherrschte, der Teil der von Vernunft und Disziplin geprägt war, sagte ihr ganz klar, dass so etwas nicht wahr sein konnte. Dort saß die Drachenkönigin, in einer verführerischen Pose auf ihren Bett, ihr Kleid schon halb die Schultern herab gerutscht, und forderte Sanya auf, ihr dabei zu helfen, sich ihrer Kleider vollständig zu entledigen. Es war keine Bitte, aber auch kein Befehl, vielmehr war es eine Einladung. Eine Einladung, die Sanya besser nicht ablehnen würde, wenn sie wüsste was gut für sie war. Aber ihr Verstand sträubte sich dagegen. Noch hielt sie inne und tat so, als stünde sie nicht vollkommen nackt in dem gemütlichen Gemach ihrer Herrscherin.
Aber Sanyas Vernunft war nicht die einzige Stimme in ihrem Kopf. Da war noch etwas anderes, ein Appell zum unbedingten Gehorsam, geboren aus dem Wunsch, sich Kiana als loyal zu beweisen und ihre hochrangige Position nicht zu riskieren. Sie ist die Königin, das hat sie gesagt. Und eine Königin bekommt immer, was sie sich wünscht. Und sie will dich. Also was erlaubst du dir, zu zögern? Der Appell wurde lauter, und unterstützt wurde er von etwas, das Sanya beinahe vergessen hatte in den vergangenen Jahren. Etwas, das die zarte Berührung von Kianas Lippen tief in ihr geweckt hatte. Eine Sehnsucht, geliebt zu werden. Ein Verlangen, begehrt zu werden. Es war etwas, das wahrscheinlich nahezu jede Frau in sich trug, auch wenn Sanya derlei Impulse oft unterdrückt hatte. Diese Stimme sagte: Sieh doch nur wie sie dich ansieht. Wie sie besorgt um dich ist und wie sie sich freut, dass du bei ihr bist. Willst du nicht zu ihr gehen und ihr geben, was sie sich wünscht?
Sanya hielt noch einen Augenblick inne. Zwei Stimmen sprachen gegen die eine an, die Sanyas Verstand lange dominiert hatte. Doch gegen zwei Gegner kam die Vernunft nicht länger an und die Disziplin beugte sich der Sehnsucht. Sanya sprach kein Wort, dazu war sie nicht imstande. Sie hätte ohnehin nicht gewusst, was sie in einer solchen Lage sagen sollte. Sie schloss für einen Moment die Augen, dann ging sie auf weichen Sohlen zu Kianas Bett hinüber und half ihr aus dem samtweichen, schwarzen Kleid. Sanya nahm sich eine volle Minute Zeit, den Körper ihrer Herrin zu betrachten und spürte, wie ihre Wangen sich aufwärmten. Dann beugte sie sich zu Kiana hinab und küsste sie innig, um dabei die Augen zu schließen und sich der wohligen Umarmung der Königin ganz hinzugeben.

Einige Zeit später stand Sanya am Fenster von Kianas Gemach und blickte gedankenverloren hinaus. Sie kam sich seltsam gelassen vor. Normalerweise war es eine ständige, innere Unruhe, die sie antrieb. Doch die vergangenen Stunden, die sie hier im Raum verbracht hatte, hatten dafür gesorgt, dass es Sanya gelungen war, ihre Gedanken nicht länger kreisen zu lassen. Sie betrachtete die Wolken, die am Nachmittagshimmel nördlich der weißen Stadt vorbeizuogen und dachte an gar nichts.
Zwei warme Hände legten sich um ihre Hüften und sie spürte, wie sich ein weiches Gesicht an ihren Rücken schmiegte. Sanya genoss die Berührung und die Wärme, denn sie trug nur ein dünnes Kleid aus weißem Stoff, dass Kiana ihr geliehen hatte und ihr nur bis knapp oberhalb der Knie ging. Ihre Rüstung würde sie noch früh genug wieder anlegen, aber zum ersten Mal seit vielen Monaten war Sanya nicht danach. Sie wollte gar nicht mehr fort aus diesem Raum und aus der Umarmung. Vorsichtig drehte sie sich zu Kiana um, ohne dass diese sie losließ.
"Ich hoffe, es... hat dir gefallen," sagte Sanya leise.
Kiana kicherte. "Oh ja. Hat es."
Sanya musste verlegen lächeln und kam sich albern dabei vor. "Da bin ich froh," sagte sie etwas steif.
"Bin ich auch," sagte die Königin und löste sich von ihr, um sich ihr Haar zu ordnen. Sie trug bereits wieder ihr schwarzes Kleid und setzte sich ihre Krone auf. "Ich möchte, dass du mit mir zu Abend isst und bis morgen früh hier bleibst - die Planung kann bestimmt noch bis morgen warten?"
"Nun.. ich denke schon," sagte Sanya. "Ich habe mit deinem obersten Ostling eigentlich schon das Wichtigste besprochen und er wird alles in die Wege leiten."
"Sehr gut!" rief Kiana. "Bis es Abend ist, bleibt noch etwas Zeit, und ich würde gerne den Mann kennenlernen, über den wir vorhin gesprochen haben, den Kundschafter."
"Mithrendan? Wieso das?"
"Weil er dein Freund ist, und er mich interessiert," erklärte Kiana schlicht. "Weißt du wo er sich aufhält?"
"Um diese Zeit... vermutlich auf dem Schießstand, hier in der Zitadelle," sagte Sanya.
"Ausgezeichnet! Dann werde ich ihn in den kleinen Empfangssaal rufen lassen. Oder..." sie warf einen Blick auf Sanyas Bekleidung und grinste. "Nun, vielleicht eher doch hierher?"
Sanya wurde ziemlich rot als sie an sich herabbblickte, eine sehr untypische Reaktion für sie. Wenn Mithrendan sie so sehen würde, würde er darüber noch bis an ihr Lebensende lachen. "N-nein, ich... ich ziehe mich um, und wir treffen uns im kleinen Saal..."
Kiana lachte und stand auf. "Dann mach' das, aber lass mich nicht zu lange warten! Deine Königin befiehlt es!" fügte sie mit einem Zwinkern hinzu.

Nachdem sie sich umgezogen hatte, stapfte Sanya in ihrer Rüstung in Richtung des kleinen Saals. Dort tagte ihres Wissens nach hin und wieder der Rat der wichtigsten Amtsträger des Reiches, doch um dieses Tageszeit war der Raum leer - bis auf die Königin, die sich, flankiert von zwei gerüsteten Ostlingen, an das Kopfende des Tisches gesetzt hatte. Sie winkte Sanya zu sich und bot ihr den Stuhl zu ihrer Linken an.
"Da bist du ja! Dein Kundschafterfreund müsste ebenfalls gleich hier sein."
Ein beherztes Klopfen an der schweren, eisenbeschlagenen Türe bestätigte Kianas Vermutung, und Mithrendan kam herein. Er hielt seinen Bogen noch in der Hand, als wäre er direkt vom Schießtstand hergeholt worden.
"Ihr wünscht mich zu sprechen, Euer Gnaden?" fragte er und ging auf die Knie.
"Erhebe dich! Ich möchte erfahren, was für ein Mann mit meiner lieben Sanya so gut befreundet ist," erklärte die Königin gut gelaunt.
Sanya warf Mithrendan einen warnenden Blick zu, doch er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Nun, ich bin ein einfacher Mensch, der nur versucht, seinen Weg in dieser guten Welt zu gehen," sagte er ruhig. "Ich kenne Sanya schon lange, wir haben schon als Kinder gemeinsam gespielt, obwohl sie vom Hochadel abstammt und meine Eltern Bauern waren. Aber das hat uns nicht interessiert. Wir waren von Anfang an gute Freunde, und daran hat sich auch in all den Jahren nichts geändert."
"Nur Freunde?" hakte Kiana mit recht offensichtlichen Absichten nach.
"Ja," warf Sanya hastig ein. "Er ist wie ein Bruder für mich."
"So ist es, Euer Gnaden," bestätigte Mithrendan. "Es gab nie den... sprichwörtlichen Funken zwischen uns, wofür wir wahrscheinlich beide recht dankbar sind. Und außerdem..." Er ließ den Satz verklingen und und grinste, dann räusperte er sich bedeutungsvoll.
"Er kann manchmal ein ziemlicher Schwerennöter sein," wisperte Sanya der Königin zu. "Wir haben einmal eine Reise entlang der gondorischen Küste nach Westen gemacht, und in jedem Dorf und jedem Hafen gab es irgend ein Mädchen, dem er den Kopf verdreht hat..."
Kianas Augenbrauen hoben sich und Sanya wusste nicht, ob sie gleich explodieren oder darüber lachen wurde. Stattdessen legte die Königin jedoch nur den Kopf um eine Spur schief und nickte. "Ich verstehe... nun, solange da nicht mehr als eine geschwisterliche Beziehung zwischen euch ist, ist es wohl für euch beide gut so."
"In der Tat. Sanya wäre ohnehin nichts für mich, sie ist mir zu anstrengend und zu..."
"Vorsichtig," sagte Sanya leise und gefährlich. "Sag jetzt lieber nichts Falsches."
"...ehrenwert," beendete Mithrendan den Satz und lächelte unschuldig.

Sie sprachen noch eine ganze Weile, während Kiana Mithrendan über seine Vergangenheit ausfragte. Vor allem schien sie an Geschichten aus der Jugend und Kindheit von Sanya und ihm interessiert zu sein. Als draußen die Sonne unterging, nickte die Königin zufrieden und sagte: "Für den treuen Dienst, Eurer Königin ihre vielen Fragen beantwortet zu haben, sollt Ihr belohnt werden, Kundschafter Mithrendan. Ich lasse Euren Sold verdoppeln."
Damit war Mithrendan entlassen und ging, hochzufrieden drein blickend. Sanya blieb an Kianas Seite, denn die Königin befahl den Bediensteten nun, das Essen aufzutischen. Sanya fragte sich, ob sie nur zu zweit essen würden, oder ob noch weitere Personen am Abendessen teilnehmen würden...
Titel: Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 18. Feb 2021, 20:24
Minas-Tirith, Palast (Gondor)

Kiana mit Sanya im kleinen Ratssaal…


Die Königin war noch immer amüsiert, etwas über den vermeintlichen Kindheitsfreund Sanyas erfahren zu haben. Auch wenn sie ihn etwas seltsam fand, war er doch ganz nett. Außerdem erübrigten sich so ihre Gedanken, dass zwischen Sanya und Mithrendan etwas war. Scheinbar verband die beiden die jahrelange Freundschaft und mehr nicht. Das stimmte sie äußerst zufrieden. Sie beobachtete ihre Oberkommandantin von der Seite, während sie an das Geschehene von vorher dachte. Sanya wirkte in ihrer Rüstung wieder Pflichtbewusst und streng. Viel Lieber hätte sie die Frau weiter in leichter Kleidung gesehen. Aber am Tag des Fests würde sie wieder in einem Kleid gehüllt sein, was Kiana wenigstens etwas glücklich stimmte.
Schon so lange fühlte sie sich nicht mehr so geliebt und geborgen. Für einen kurzen Moment dachte sie völlig frei zu sein. Wenn es nach Kiana ginge, hätten sie weitere Stunden in ihrem Gemach verbringen können. Neben Sanya im Bett. Ihre Haut spüren, ihre Berührungen. Jede einzelne Berührung Sanyas war Balsam für ihr so zerbrochenes Herz. Für diese Zeit vergaß sie all diejenigen, die versuchten Kina zu brechen.
Wie hat sie das nur gemacht?, fragte sie sich selbst. Ihre ständige innere Traurigkeit, ihr Hass auf die Menschen, die sie nicht akzeptierten und die beständige Leere war weg. Die junge Maia fühlte sich besänftigt und befriedet. Sie konnte sich allerdings nicht erklären woran das lag.
Die Königin rutschte mit ihrem Stuhl näher an Sanya heran und legte ihre Hand auf das Bein von ihrer Oberkommandantin. Wie gerne wollte Kiana ihre Gedanken mit ihr teilen, doch sie brachte kein Wort über die Lippen. Das erste mal in ihrem Leben fühlte sie sich sprach- und machtlos. Im positiven Sinne. Im Hintergrund  füllten die Pagen den Tisch mit Speisen und getränken. Kiana schenkte diesen aber eher wenig beachtung. Sanya schien beeindruckt zu sein von dem was aufgetischt wurde.
Kiana musste lächeln. Sie griff nach der Hand ihrer Kommandantin. Sie fasste sich ans Herz und wollte irgendwie versuchen ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen.
“Sanya, ich wollte dir nur sagen dass ich…”, schaffte sie gerade zu sagen, da stürmte Loki, gefolgt von Soldaten und einem Boten im Schlepptau, in den Raum.

Sofort zog Kiana ihre Hand wieder zurück und lehnte sich in ihrem Stuhl nach hinten. Neugierig sah sie zu den Angetroffenen. Besonders zu Loki, der leicht überfordert wirkte. Dabei hatte sie ihm doch Ruhe angeordnet.
“Loki, was ist los? Warum werde ich jetzt ausgerechnet gestört?”, fragte sie leicht entsetzt und verärgert.
“Es ist wichtig und kann nicht warten…”, entgegnete er schnaufend. “Du warst ja sonst den ganzen Tag nicht greifbar!”.
Hörte sie da etwa eine Beschwerde heraus? Sie zog eine Augenbraue hoch.
"Ich war beschäftigt… Mit… wichtigeren Dingen…”, antwortete sie gereizt.
“Man konnte es nicht überhören…”.
Die Königin schüttelte nur den Kopf. In gewisser Weise spürte sie auch eine wärme in ihren Gesicht. Sanya schien ebenfalls gerötet und senkte den Kopf, als wäre es ihr unangenehm. Bevor Kiana aber etwas sagen konnte packte Loki den Boten und schob ihn nach vorne.
"Los spricht!", drängte Kina schließlich. "Warum stört ihr eure Königin?".
"Die Rebellen… Arnor…", stammelte er nur ängstlich heraus. Mit den Worten alleine konnte sie allerdings nichts anfangen. Sie setzte ein fragenden Gesicht auf. "Was ist damit? Sprecht klar!".
"Sie...Sie haben Fornost erobert…", versuchte der Bote ruhig zu sagen, was ihm aber kaum gelingte.
Kiana sah ungläubig drein. Ein paar Aufständische sollten es geschafft haben Fornost zu erobern, dazu noch die Armee besiegt und den Legaten getötet haben?
Das kann nicht sein, dachte sie sich. Es musste ein Irrtum vorliegen.
"Ihr müsst euch täuschen…", entgegnete sie nur kopfschüttelnd.
"N-nein… Sie nahmen mich gefangen und… Ich sollte das hier ausliefern..", dabei kramte er in seiner Tasche. Er holte ein Stück Papier und ein rotes Tuch hervor, was er beides der Königin überreichte.
Auf dem Zettel sah sie nur eine Zeichnung gekritzelt. Sie kannte das Symbol. Doch woher? Es zeigte zwei Flügel eines Dämonen und zwei Äxte in der Mitte, die voneinander abgewandt waren.
Irgendwo habe ich das gesehen… Aber wo...
Sie erschrak fast, als ihr die Erinnerung wieder in den Sinn kam. Octavia, die Frau die sie töten wollte, hatte sich diese Zeichen auf das Gesicht gemalt, als sie am Turnier teilnahm.
"Octavia… Meine Schwester…", flüsterte Kiana leise vor sich hin. All die schlechten Gefühle stiegen in ihr wieder hoch und erfüllten ihren Körper, wenn sie daran dachte. Entsetzt sah sie zu Sanya, die nichtsahnend ihren Blick erwiderte. Das sorgte eher dafür, dass die Gefühle abgestumpft waren und sie so etwas wie Mitleid für Octavia empfand, die vermeintlich tot war. Keinen Hass.
Sie wandte sich wieder an Loki und dem Boten.
"Was wollen sie damit sagen? Wollen die mir etwa drohen?", ärgerte sich die Königin. "Von wem habt ihr das?".
"Ich weiß es nicht…".
"Ihr müsst doch wissen, wer euch das gegeben hat!", schimpfte sie sichtlich erbost.
"Es waren viele Rebellen dort… Ich hatte Angst um mein Leben…".
Kiana seufzte. Egal was gut lief in ihrem Leben. Da musste mindestens dann ein anderer Bereich Probleme machen.
"Dann bereite einen Gegenangriff vor… Die Stadt muss wieder unter meiner Herrschaft sein!", befahl sie sofort und wandte sich zu Loki.
"Ich weiß nicht ob das eine so gute Idee ist…", entgegnete Loki rasch.
Irgendwie ahnte sie schon, dass Loki wieder gegen sie sprach. Er wollte bestimmt nur seine neuen Rebellenfreunde beschützen.
"Und warum nicht?", fuhr sie ihn genervt an.
"Wie ich durch Späher erfahren habe, ist eine Armee aus Exilanten von Arnor und Angmar dort eingetroffen… Unter der Führung eines jungen Fürsten… Robben Rogwyne?".
Kiana konnte sich ihren Lacher nicht zurückhalten. Es war aber eher aus Verzweiflung und um den Fürsten verspotten. Sie kannte ihn. Zumindest von Hörensagen. Er wurde minderjährig zum Fürsten ernannt, weil seine Eltern unverhofft verstarben.
"Weißt du was das bedeutet? Wenn Arnor in der Hand der Rebellen bleibt, ist Angmar in Gefahr… Und wenn wir erst den gesamten Norden verlieren, wird der Sturm nicht aufzuhalten sein…", sagte Kiana besorgt. "Also was sollen wir tun?".
Loki hob abwehrend seine Hände. Kiana stöhnte laut und ließ sich auf einen Stuhl fallen.  "Die Rebellen sind wohl uneins, ob sie Fürst Rogwyne folgen sollen oder nicht…", fügte Loki hinzu.

Kiana wusste nicht weiter. Sie stützte ihren Kopf auf ihren Händen ab und starrte in die Leere. Eine Zeitlang schwieg die junge Maia. Auch keiner der anderen rührte sich ein Stück. Langsam drehte sie ihren Kopf zu Sanya, die überwiegend schwieg.
Ob sie eine Idee hat?.
"Sanya!", rief Kiana plötzlich, sodass die Oberkommandantin fast aufschrak und kerzengerade auf ihrem Stuhl saß.
"Was schlägst du vor? Was soll ich tun?", fragte Kiana sie direkt.
"Ich kann eine solche Entscheidung nicht treffen… Ich bin nur eine Kommandantin der Armee..", antwortete sie überrascht.
"Und genau deshalb will ich deine Meinung! Du siehst es aus der Sicht der Armee…", behauptete sie.
"Nun ja…", fing Sanya zögerlich an, "...Wenn das stimmt was der Reichsmarschall sagt und die Rebellen nicht mit Fürst Rogwyne einverstanden sind, dann sollten wir sie sich gegenseitig bekämpfen lassen, um Ressourcen und Soldaten zu schonen!".
Kiana sah zu ihr auf. So schlecht fand sie den Vorschlag gar nicht. Auch wenn sie nicht warten wollte, um den verlorenen Teil wieder unter ihrer Herrschaft zu haben, machte es Sinn
"Ihr habt sie gehört…", sagte die Königin, "...Wir lassen die Rebellen das Problem selbst beseitigen…. Sollen sie sich gegenseitig die Köpfe einschlagen...".
Loki verneigte sich vor ihr und schnappte sich, warum auch immer, das Stück Papier und das rote Tuch, was der Bote bei sich hatte. Sie beäugte ihn misstrauisch, bis er den kleinen Saal verließ.
"Nicht schlecht, Lady Terelos!", sagte Kiana mit einem Augenzwinkern. Sie packte sich etwas von dem Essen auf ihren silbernen Teller und aß etwas.
"Aus dir kann großes werden!", sprach sie, während sie in gerade etwas abbiss. Eigentlich aß sie nicht mit den Fingern, da sie eine gehobene Schule genoss. In der Anwesenheit von Sanya vergaß sie aber jegliche Höflichkeiten. In ihrer Nähe spielte ihr Verstand verrückt. "Na los, iss!", verlangte die junge Maia. "Ich kann das wohl kaum alleine essen!". Dabei kicherte sie.

Eine ganze Weile saßen sie noch dort, redeten, aßen und tranken.
Als die Nacht hereingebrochen war,  forderte Kiana Sanya auf sie in die Bäder zu begleiten. Danach nahm sie ihre Oberkommandantin wieder mit in ihre Gemächer. Den nächsten Tag wollte sie erst gar nicht gestört werden und in Ruhe mit Sanya verbringen. Denn das Fest folgte schon und da gab es genug Aufregung, besonders mit dem Attentatsversuch, der zu verhindern galt...


Kiana mit Sanya in ihre Gemächer…

Titel: Minas Tirith
Beitrag von: Saizo am 22. Feb 2021, 18:32
Minas Tirith (Gondor)



Sanya in der weißen Festung...

Obwohl sie den Abend und den gesamten darauf folgenden Tag mit der Königin verbrachte, so wie Kiana es sich gewünscht hatte, ging Sanya die Tatsache nicht aus dem Kopf, dass Arnor sich erfolgreich gegen das Königreich erhoben und rebelliert hatte, und Fornost eingenommen hatte. Es machte ihr große Sorgen, dass so etwas auch in Gondor passieren könnte, und sie war den ganzen Tag über unruhig. Zwar tat Kiana allerlei schöne Dinge mit ihr, aber Sanya kam sich so vor, als würde sie hier tatenlos herumsitzen, während die Aufständischen in ihrer Abwesenheit immer stärker wurden.
Kiana fiel Sanyas Abgelenktheit relativ schnell auf. Am Nachmittag des Tages vor dem Fest saßen sie beieinander in einem warmen, großen Badebecken, und Kiana hatte den Kopf auf Sanyas Schulter gelegt.
"Woran denkst du, Sanya?" wollte die Königin wissen.
Sanya zögerte einen Augenblick, ehe sie antwortete. "Ich... mache mir nur Sorgen, wegen der Lage in Arnor..."
"Das brauchst du nicht. Du hast doch selbst gesagt, dass die Rebellen uneins sind und sich gegenseitig vernichten werden," sagte Kiana beruhigend.
"Das ist nur eine Vermutung," gab Sanya zu. "Immerhin haben sie sich zusammengerauft um Fornost zu erobern... was wenn es diesem Fürst Rogwyne gelingt, sie endgültig hinter sich zu vereinen? Ob nun mit Überzeugungskunst oder mit Gewalt... was wenn er sie zu einer geeinten Armee schmiedet, und wir bald mit einer richtigen Invasion rechnen müssen?"
Kiana legte ihr einen Finger auf die Wange und strich sanft darüber. "Um den jungen Fürsten musst du dir keine Sorgen machen... ich kenne ihn und er ist ein schwacher Herrscher. Es wird ihm bestimmt nicht gelingen, die Rebellen zu vereinen."
"Aber was, wenn dieser Erfolg der Aufständischen im Norden sich herumspricht?" sagte Sanya. "Wird das nicht neue Rebellionen inspirieren, hier in Gondor oder gar in Rohan, Rhûn oder Umbar?"
"Den Aufstand in Gondor wirst du ganz sicher bald im Griff haben, meine treue Sanya," sagte die Königin lächelnd. "Auf dich kann ich mich verlassen. Und sobald Gondor sicher ist, werden wir gemeinsam auch Arnor wieder Frieden bringen."
"Aber-"
"Kein Aber mehr. Nicht heute, nicht hier. Lass mich dir helfen, all diese Sorgen zu vergessen..." wisperte Kiana in Sanyas Ohr. Dann küsste sie sie und legte die Arme um sie.

Am folgenden Abend wollte die Königin einer Ratsitzung beiwohnen und nahm Sanya als ihre Eskorte mit, obwohl sie natürlich auch wie immer ihre Ostlinge um sich hatte. Auch im Rat war das wichtigste Gesprächsthema die Lage in Arnor. Loki, der Reichsmarschall, hatte weitere Berichte aus dem Norden erhalten und beschrieb, wie die Rebellengruppe unter Fürst Rogwyne nach Fornost nun auch die Stadt Annúminas erobert hatte, die von einer verfeindeten Rebellegruppe gehalten worden war.
"Also kämpfen sie tatsächlich gegeneinander, genau wie Sanya es vorhergesagt hatte!" triumphierte die Königin auf.
Loki verdrehte sichtlich die Augen, dann sagte er: "So scheint es derzeit jedenfalls. Ich erwarte, dass Rogwynes Armee als nächstes nach Norden ziehen wird, zur Grenze von Angmar..."
"Das soll er ruhig versuchen. Lady Lynn wird sie zurückwerfen," sagte Kiana gelassen.
Gemurmel der übrigen Ratsmitglieder antwortete ihr. Als die Königin sich fragend und streng in der Runde umblickte, sagte der Schatzmeister: "Euer Gnaden, einige sind... sich nicht sicher, wie loyal Lady Stark der Krone noch ist."
"Wir haben sie unter ständiger Beobachtung, sie würde es nicht wagen etwas gegen mich zu unternehmen!" war sich Kiana sicher.
"Ich kann dafür sorgen, dass die Bewachung verstärkt wird," sagte der Kommandant der Ostlinge ruhig.
"Wir werden sehen ob das notwendig sein wird," antwortete die Königin. "Warum seid ihr alle so durcheinander, nur weil ein kleiner Teil des Reiches glaubt, sie wären ohne meine Führung besser dran?"
"Womöglich wird es nicht bei einem kleinen Teil bleiben, Euer Hoheit," wagte der Flottenmeister einzuwerfen. "
"Unsinn! Diese winzigen Aufstände hier in Gondor wird meine Sanya bald unter Kontrolle haben!" sagte Kiana mit fester Stimme.
Sanya wurden bei diesen Worten einige zweifelnde Blicke zugeworfen. Ihr fiel auf, dass sie neben Kiana die einzige Frau im Raum war. Alle Mitglieder des Rates saßen am Tisch, an dessen Kopfende Kianas Stuhl etwas erhöht stand. Sanya hatte sich zur Linken davon positioniert und hoffte insgeheim, gar nicht bemerkt zu werden, doch daran war nun nicht mehr zu denken.
"Nun, wir... vertrauen natürlich darauf, dass... Lady Terelos gute Arbeit machen wird," sagte der Kommandant der Stadtwache von Minas Tirith, ein dicklicher Mann mit ungesunder, rötlicher Gesichtsfarbe. "Aber was kann eine einzelne Soldatin gegen die wachsenden Unruhen hier in Gondor tun, noch dazu eine Frau?"
"Ich versichere Euch, Lord Faros, dass ich eine Frau bin hat damit nichts zu tun," konnte Sanya sich nicht verkneifen zu sagen.
"Nein... natürlich nicht," beeilte der Lord sogleich zu sagen, aber Sanya sah ihm an, dass er log.
"Genug davon!" befahl Kiana. "Ich dulde keine unbegründete Kritik oder Vorurteile in meinem Rat! Der Silberne Schwan und seine Gefolgsleute werden bald sicher im Verlies ihre gerechte Strafe verbüßen, da bin ich mir ganz sicher."
"Wir hören, dass es auch in Mordor Kämpfe gegeben hat, Euer Gnaden," sagte der Herr der Spione. "Der dortige Legat ist von Minas Ithil ausgezogen."
"Und war er siegreich?" hakte Kiana nach.
"Das wissen wir noch nicht, aber..."
Kiana ließ den Spion nicht ausreden. "Meine Legaten sind absolut loyal, sie werden entweder Erfolg haben oder bis zum Tode kämpfen." Sie machte eine Pause, ehe sie sagte: "Mordor ist in guten Händen. Schatzmeister, ich hoffe, Ihr habt genügend Mittel für die morgige Feier bereitgestellt?"
"Ja, Euer Gnaden. An Gold mangelt es uns nicht..."
"Ausgezeichnet. Und wie steht es um den Ausbau der Flotte, Großadmiral?"
"Er geht voran, Euer Gnaden. In Pelargir geht die Arbeit gut vonstatten, aber in letzter Zeit gab es durch Überfälle der Aufständischen hin und wieder Verzögerungen bei den Holzlieferungen aus den Wäldern Lebennins."
"Auch diese Überfälle werden bald aufhören," sagte Kiana. "Wenn wir erst eine schlagfertige Flotte haben, werden die Reisen zwischen Gondor und Arnor schneller und sicherer werden... und spätestens dann wird es auch niemand dort im Norden mehr wagen, sich gegen mich zu stellen!"
"Hoffen wir dass es so kommt," sagte Loki.
Sanya musterte den Reichsmarschall nachdenklich. Er wirkte seit dem Tag an dem er von Octavias Tod erfahren hatte vollkommen verändert. Wo er früher ein spitzbübischer, ständig schmunzelnder Aufschneider gewesen war, war er nun ernst und grimmig, und die Blicke, die er Sanya zuwarf, hätten tödlich sein können. Er wirkte, als wäre er ein ganz anderer Mensch. Hat er sie wirklich so sehr geliebt? fragte Sanya sich nicht zum ersten Mal.
Die Ratssitzung fand schließlich ihr Ende, als es Nacht geworden war, und Kiana nahm Sanya wieder mit sich in ihre Gemächer.

Dort angekommen nahmen die beiden Frauen ein ruhiges Abendessen zu zweit ein, während dem sie sich miteinander austauschten.
"Freust du dich genauso sehr auf morgen wie ich, Sanya?" wollte Kiana wissen.
"Nun, ich..."
"Du kannst es mir sagen..."
"Also, hauptsächlich mache ich mir Sorgen um deine Sicherheit, Kiana," gestand Sanya.
Kiana verzog ein wenig beleidigt das Gesicht. "Ich sollte dir befehlen, dir nicht immer so viele Sorgen zu machen..." schmollte sie. "Du sollst das morgen genießen! Mal aus dieser Rüstung herauskommen und dich wie eine Frau fühlen, in einem hübschen Kleid! Du wirst sehen, das wird dir gut tun! Du hast doch schon so viel vorbereitet für morgen, Grauer Staub und die anderen Ostlinge haben es unter Kontrolle. Dieses Isenfeuer wird nicht explodieren, darauf kannst du dich verlassen!"
Sanya seufzte und musste etwas zaghaft lächeln. "Ich wünschte, ich hätte deine Gewissheit, Kiana," sagte sie.
Kiana beendete ihre Mahlzeit und stand auf. "Du wirst es schon noch lernen, das weiß ich," sagte sie. "Ich weiß einfach, dass du das Problem in den Griff bekommen wirst... das spüre ich!"
Sanya wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Also stand sie ebenfalls auf und verneigte sich. "Ich danke dir für dein Vertrauen, und für die Zeit die ich mit dir verbringen durfte."
"Das klingt ja, als würdest du dich verabschieden," sagte Kiana. "Aber du hast noch nicht die Erlaubnis zu gehen!" sagte sie gespielt streng, dann lachte sie. "Du wirst die Nacht hier verbringen, verstanden?"
"Verstanden," stimmte Sanya zu. Mehr Zeit mit Kiana zu verbringen kam ihr nun sogar sehr angenehm vor...
Titel: Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 22. Feb 2021, 22:04
Minas-Tirith, Palast (Gondor)

Kiana in der weißen Festung…


Kiana blieben die Sorgen ihrer Ratsmitglieder nicht aus. Natürlich sorgte sie sich innerlich auch um Arnor, das sie verloren hatte. Lynn Stark mochte Kiana noch nie. Sie verlangte die Unabhängigkeit des Nordens schon als Kiana mit Thirak Eisen in Carn-dûm eintraf.
Die Königin  wusste auch, dass wenn sich herum sprach, dass es Rebellen gelang Arnor zu erobern, sich weitere Gruppen motiviert fühlten Aufstände anzuzetteln. Das konnte sie nicht gebrauchen. Das ganze Reich konnte dadurch in das Chaos stürzen. Sie durfte das nicht zulassen. Sie war diejenige, die Ordnung in das Reich brachte. Sie war diejenige, die die Menschen vor den Tyrannen befreite. Sie verspürte wieder die innere Wut, die sie damals empfand, als sie die Stadt eroberte. Sie selbst hatte so viele Opfer gebracht, um die Menschen von Mittelerde zu retten. Aber dankbar war niemand von ihnen. Lieber rebellierten sie und trauerten der alten Ordnung nach.
Ich sollte einfach mit Ancalagon in den Norden fliegen und den elenden Rebellen zeigen, was es bedeutet sich mir in den Weg zu stellen! Ich bin die Drachenkönigin! Sie sind nur elende Schafe!, dachte sie sich während sie die Fäuste ballte.
Die junge Maia sah von der Seite zu Sanya, die noch immer bei ihr in den Gemächern war. Die Frau sah auch besorgt drein. Die ganzen Ereignisse, besonders auch das geplante Attentat, schienen sie sehr mitzunehmen. Kiana liebte sie. Soweit war ihr inzwischen klar. Sie wollte nicht dass Sanya unglücklich war.
Ihre Kommandantin hatte wieder ihre Rüstung abgelegt und saß an der gepolsterten Bank am Fenster. Sie schien nachdenklich in die Ferne zu blicken. Kiana saß auch auf ihr Bett und seufzte. Natürlich war sie auch aufgeregt. Sie hatte in Wirklichkeit keine Ahnung, wie der Tag morgen ausging. Ob Grauer Staub und die Ostlinge wirklich vorsichtig genug waren und das schlimmste verhindern konnten? Die Königin vertraute ihm. Genau wie sie Sanya vertraute. Beide wollten die Königin beschützen. Aber was war, wenn die Verräter doch noch unbemerkt blieben. Kiana konnte niemanden sonst mehr vertrauen. Zwar wusste sie, dass Feuer sie nicht verletzen konnte. Wie es jedoch mit Isenfeuer aussah konnte und wollte sie sich gar nicht vorstellen.
Sie überschlug ihre Beine und klopfte mit der rechten Hand neben sich auf das Bett. Sanya sah zu ihr hinüber.
"Mach dir nicht so viele Gedanken!", fing Kiana ruhig an, mit einem sanften Lächeln auf den Lippen.  "Komm lieber zu mir!".
Kiana beobachtete Sanya, die sich langsam von der Bank am Fenster erhob und auf sie zu kam.
"Es sind nur noch wenige Stunden…", entgegnete Sanya, während sie sich auf das Bett neben Kiana fallen ließ. Die Königin lag ihren Arm um die Hüften ihrer Kommandantin und lehnte den Kopf auf die Schulter. "...Ich will nur nicht dass dir etwas passiert…".
Auch wenn Kiana insgeheim die Bedenken mit ihr teilte, gab sie es natürlich nicht vor ihr zu. Sie wollte souverän wirken, nicht ängstlich. Besonders weil sie die Königin war. Sie hatte ihre Macht als Maia, besaß einen Drachen…
Die junge Maia wollte Sanya dazu nicht noch mehr beunruhigen. Das tat die Frau schon selbst. Befeuert durch die anderen Ratsmitglieder.
"Bitte… Lass uns heute gar nicht mehr darüber reden!", hauchte Kiana Sanya in den Nacken, während sie die Frau dort küsste. "Morgen kannst du dich den ganzen Tag damit beschäftigen, die Verräter zu schnappen… Nur heute will ich dich für mich!".
Kiana bemerkte dass sich Sanya etwas darauf einließ. Die Königin ließ sich auf das Bett fallen und riss ihre Kommandantin mit sich, sodass sich beide Frauen gegenüber lagen. Kiana streichelte Sanya über die Wange und lächelte ihr weiterhin sanft zu. Sie war mehr als verliebt. Weshalb sie auch das Gefühl hatte, Sanya so innig anzusehen. Es dauerte nicht lange und die Königin küsste ihre Kommandantin. Ihr blieb es nicht unbemerkt, dass die Frau angespannt war. Sie stützte ihren Kopf ab und hob dadurch ihren Oberkörper an.
"Wenn der Tag morgen vorbei ist, lasse ich dich weiter nach dem silbernen Schwan suchen, damit du deine Königin weiter beschützen kannst…", sagte Kiana sanft.
"Doch jetzt… Sollten wir… Den restlichen… Abend nutzen…", verlangte die Königin und küsste Sanya nach jedem zweiten Wort.
"Es fällt mir nur schwer…", sagte Sanya besorgt.
"Ich weiß das!", entgegnete Kiana liebevoll. "Du bist eine pflichtbewusste Frau… Wahrscheinlich bist du die, auf die ich mich in diesen Zeiten verlassen kann… Und ich liebe  dich, von ganzem Herzen, Sanya! Verstehst du das?".
Diese Worte rutschen ihr eher heraus, als dass sie das mit Absicht sagte. Selten teilte sie ihre Gefühle mit anderen. Doch sie konnte in Sanyas Gegenwart nicht anders.
"Lass mich dir helfen, dich auf andere Gedanken zu bringen…", mit diesen Worten küsste sie Sanya auch schon innig und rutschte langsam auf sie hinauf. Endlich konnte sie ihre Kommandantin von ihrer Pflicht ablenken, damit die beiden Frauen Zeit für sich hatten, anstatt den nächsten Tag…

Am späten Morgen wachte Kiana auf und räkelte sich mehr als zufrieden im Bett. Es musste schon fast Mittag sein, denn die Sonne stand hoch am Himmel und sandte die langen Strahlen in das Gemach der Königin.
Als sie ihren Arm zu ihrer rechten Seite ausstreckte, spürte sie einen Körper neben sich liegen. Als sie sich in die Richtung wandte, sah sie Sanya dort noch schlafend liegen. Die Decke bedeckte sie nur noch bis zu der Hüfte, sodass Kiana ihren unbekleideten Rücken sah. Der Leib der Frau hebte und senkte sich leicht. Sie streichelte die zarte Haut. Gänsehaut befiel den ganzen Körper und Kiana kicherte in sich hinein.
Sie gab der Frau einen Kuss auf ihre Wange. "Na, willst du nicht langsam aufwachen? Nicht dass wir noch das Fest verpassen und du musst dich noch hübsch machen!".
Die junge Maia erhob sich aus dem Bett. Mit einem lauten Gähnen streckte sie alle Gliedmaßen von sich.
"Ich werde nochmal mit Grauer Staub sprechen, wie die Organisation der Wachen aussieht, damit du dich voll und ganz auf dein Äußeres konzentrieren kannst…", sagte sie, während sie in ihr Kleid hastete. "...Du willst doch deiner Königin gefallen, hm?".
Mit einem Augenzwinkern nahm sie sich die Krone und eilte sie aus dem Gemacht. Kiana wusste nicht recht, ob es wirklich nur deshalb war, oder ob sie in gewisser Weise auch flüchtete. Sie erinnerte sich nämlich noch sehr gut an die Worte, welche sie zu Sanya sagte. Viel zu lange sagte sie so etwas nicht mehr. Und dann ausgerechnet passierte es bei ihrer Oberkommandantin. Aber was sollte sie machen? Es waren nunmal ihre wahren Gefühle.
Hoffentlich denkt sie jetzt nicht, ich bin total verrückt…, dachte sie sich, während sie durch die Korridore lief. Immerhin wusste sie ja auch nicht was Sanya fühlte…


Kiana im Thronsaal während der Vorbereitungen….
Titel: Minas Tirith
Beitrag von: Saizo am 24. Feb 2021, 18:15
Minas Tirith (Gondor)



Sanya in der Weißen Festung

Sanya saß noch eine ganze Weile gedankenverloren am Fenster des Gemaches und blickte hinaus. Sie wusste, dass sie eigentlich keine Zeit dafür hatte, aber sie konnte nicht anders.
Das muss alles eine Art von sehr wirklichkeitsnahem Traum sein, dachte sie. Ihre Gedanken kreisten nun schon den ganzen Tag um diese vermeintliche Tatsache. Dass die Königin... nein, dass Kiana ihr ihre Liebe gestanden hatte... das kam Sanya zu unwirklich vor, um der Wahrheit zu entsprechen. Wer war sie denn schon, dass eine so mächtige Herrscherin sich in sie verlieben würde? Sicher, es hatte schon vor Kiana hier und da Menschen gegeben, die Sanya gerne an ihrer Seite gehabt hätten, aber bei der Hälfte davon war es um den Aufstieg in den Adelsstand durch Heirat gewesen und bei der anderen Hälfte (so vermutete Sanya) darum, eine hübsche Trophäe zu bekommen. Kiana passte natürlich in keine der beiden Kategorien, die Königin und ihr Verhalten waren für Sanya ein einziges Mysterium. Mal verhielt sich Kiana überaus stürmisch und nahm sich das, was sie wollte, dann wieder ließ sie Sanya einfach stehen und in ihrer Verwirrung alleine zurück, als würde sie ein Spielzeug beiseite legen um sich mit etwas anderem zu beschäftigen. Wie nur kann das alles echt sein?

Sanya rieb sich die Schläfen. Nein, sie konnte es sich nicht leisten, noch länger Zeit zu verschwenden. Heute war der Tag der königlichen Feier, und sie musste für den bevorstehenden Angriff auf den Palast bereit sein. Und darüber hinaus hatte die Königin ihr einen Befehl gegeben. Ob Traum oder nicht, Sanya beschloss, das zu tun, was sie schon immer getan hatte: Ihre Pflicht. Sie stand mit einem Ruck auf und ging zur Rückseite des Gemaches, wo ein großer Spiegel hing. Daneben, ordentlich auf einem kleinen Hocker zusammengefaltet, lag das Kleid, das Kiana ihr hatte anfertigen lassen. Sanya nahm es in die Hände und zog es dann mit einiger Mühe an. Sie war überrascht, wie gut es passte. Der Stoff war samtig weich und es schnürte sie nirgendwo ein. Kiana hatte sogar passende Schuhe - in schwarz - bringen lassen. Zwar wären Sanya ihre guten alten hohen Stiefel lieber gewesen, aber diese hätten wohl kaum zu einem so festlichen Kleid gepasst, das wusste sie gut genug. Sie betrachtete sich im Spiegel und musste zugeben, dass das Kleid wirklich gut aussah und es ihrem Körper schmeichelte. Der Ausschnitt war etwas tiefer, als es Sanya recht gewesen wäre, und die Ärmel waren lang und weiteten sich nach unten hin. Rote und schwarze Muster wechselten sich stilvol miteinander ab, und hier und da waren dezente, silberne Stickereien eingearbeitet. Am unteren Rücken saß eine rote Schleife, die das Oberteil zusammenhielt. Sanya fühlte sich wie immer etwas wehrlos ohne ihre Rüstung, doch um nicht ganz unbewaffnet zu sein, band sie sich einen Dolch an den linken Oberschenkel, so konnte sie die Waffe unter dem langen Rock versteckt tragen und bei Bedarf ziehen.
Mit dem Anziehen des Kleides war es aber noch nicht getan. Kiana hatte Sanya befohlen, sich hübsch zu machen, und dazu gehörten neben den Haaren auch etwas Schminke. Sanya löste ihren langen Pferdeschwanz und ließ das Haar offen ihren Rücken hinab fallen. Sie wusste, dass sie Hilfe brauchen würde, und fand sie bei den königlichen Zofen, die nie weit entfernt von Kianas Gemach waren. Sie türmten Sanyas Haar zu einer komplexen Steckfrisur auf und schminkten sie so dezent wie es der Anstand zuließ. Dann zupften sie noch eine Weile an ihr herum, bis die Zofen mit Sanyas Aussehen zufrieden waren.

Mittlerweile war der Mittag vorüber gegangen und der Nachmittag bereits zur Hälfte vorbei. Der Palast begann langsam, sich mit den erwürdigen Gästen der Feier zu füllen. Sanya wusste, dass sie es sich nicht erlauben durfte, zu spät zu kommen. Sie musste sich blicken lassen, das war ihre Pflicht. Sie spürte, wie eine Stimme in ihrem Inneren sie drängte, einfach hier im Gemach zu bleiben und sich dem Selbstmitleid und anderen, noch dunkleren Gedanken hinzugeben, doch Sanya schob diese Emotionen von sich. Es galt, ein Attentat zu verhindern. Sie verließ das königliche Gemach und machte sich auf den Weg zur großen Halle, wo der Thron stand.
Vor dem Haupteingang des Thronsales angekommen, blieb Sanya stehen, als die dort postierten Wachen sie nach ihrer Einladung fragten. Zum Glück hatte sie daran gedacht, den Brief mitzubringen und zeigte ihn dem Ostling vor, der sie danach gefragt hatte. Der andere Wächter, ein Soldat in schwerer Rüstung, musste plötzlich lachen, als könnte er es nicht mehr zurückhalten.
Sanya musterte ihn irritiert, und verdrehte die Augen, als sie ihn erkannte. "Mithrendan! Was machst du denn hier, und noch dazu in dieser Verkleidung?"
"Dasselbe könnte ich dich fragen, liebste Sanya," kicherte Mithrendan. "Da hast du dich ja wirklich herausgeputzt, wer ist denn der Glückliche der dafür gesorgt hat?"
"Halt den Mund," fuhr Sanya ihn an. "Ich will wissen, wieso du hier bist! Du bist doch nicht in der Palastwache..."
"Seit gestern schon," sagte der Kundschafter und grinste. "Zumindest bis diese Feier vorbei ist. Ich soll ein Auge auf die Leute haben, die wir unten in der Taverne beobachtet haben. Nur du und ich wissen wie sie aussehen..."
Sanya fragte sich, wer Mithrendan den Befehle dazu gegeben hatte, aber sie musste zugeben, dass derjenige eindeutig Recht hatte. Außer Sanya kannte nur Mithrendan die Gesichter der Aufständischen, und Sanya würde als wichtiger Gast der Feier wahrscheinlich zu beschäftigt sein, um nach den Attentätern Ausschau zu halten. "Also gut," sagte sie, halb verärgert, halb verlegen. "Irgendetwas Auffälliges gesehen?"
"Die erste Auffälligkeit des Festes steht gerade vor mir und sieht so aus, als wolle sie mir eine Ohrfeige geben," witzelte Mithrendan mit unerträglich guter Laune.
"Führe mich nicht in Versuchung," warnte Sanya ihn. "Vielleicht lasse ich dich in irgend einen finsteren Winkel von Mordor versetzen."
"Oh weh! Bitte nicht!" lachte Mithrendan. "Bitte nicht noch mehr leere Drohungen, mir werden die Knie gleich weich!"
"Mithrendan..." sagte Sanya leise und in dem Tonfall, der prophezeite, dass sie es langsam wirklich ernst meinte.
"Schon gut, schon gut," sagte ihr alter Freund und stupste sie kameradschaftlich an. "Du siehst wirklich gut aus. Entspann' dich heute Abend ein wenig, hm? Die Ostlinge und ich haben das hier im Griff."
"Ich werde mich entspannen, wenn der Silberne Schwan hinter Gittern ist und Arnor wieder der Königin gehört," sagte Sanya. "Halt die Augen offen für mich, ja?"
"Wie könnte ich einer so wunderschönen Dame diesen Wunsch nur abschlagen?" witzelte Mithrendan und machte eine spöttische Verbeugung.
Sanya knurrte undamenhaft und ließ ihn kopfschüttelnd stehen. Sie betrat den Thronsaal.

Drinnen war bereits ein ziemliches Gedränge. Alles was in Gondor Rang und Namen hatte, war eingeladen worden. Sogar einige der höchsten Legaten der Ostlinge sah Sanya unter den Gästen. Einzig von der Königin fehlte noch jede Spur. Gerüchten nach, die im Saal umhergingen, plante Kiana eine Art großen Auftritt, um die Feier ganz offiziell zu eröffnen. Doch noch war es nicht so weit.
Im Zentrum des Saals hatte sich eine Gruppe von Musikanten aufgestellt, und ringsherum wurde getanzt; der Großteil der Gäste jedoch stand in kleinen Grüppchen beieinander und unterhielt sich. In der Nähe des Thrones waren große Tische aufgestellt worden, an denen man sich Getränke und Appetithäppchen holen konnte. Das große, festliche Abendessen würde die dortigen Speisen jedoch nach aller Erwartung noch weit in den Schatten stellen.
Sanya war gerade auf den Weg zum Buffet, als ein Mann mit langem, roten Umhang ihren Weg kreuzte. Er hielt an und betrachtete sie mit einem freundlichen Lächeln, dann neigte er respektvoll das Haupt. "Lady Sanya Terelos, nehme ich an?"
"Die bin ich," antwortete Sanya vorsichtig. "Und Ihr seid...?"
"Relon Deneril, Kaufmann meines Zeichens. Meine Gilde versorgt die Weiße Stadt mit Nahrungslieferungen aus Anórien, Ithilien und Lebennin... sehr erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen! Man hört so einiges über Euch, Lady Terelos - nur Gutes, versteht sich. Die erste Frau im Rang eines Oberkommandanten, und noch dazu eine so tatkräftige! Ich bin mir sicher, ihr werdet die Köpfe der Widerstandsbewegung in Gondor bald dingfest gemacht haben. Und nun, ich müsste lügen, wenn ich nicht sagen würde, dass Ihr absolut bezaubernd ausseht. Seid Ihr alleine hier, oder in Begleitung?"
Der Redeschwall Denerils brachte Sanya ein wenig aus der Fassung, weshalb sie stehen blieb und blinzelnd zuhörte, bis sie endlich die Gelegenheit bekam, zu Wort zu kommen. "Also, ich... danke Euch für die freundlichen Worte, Meister Deneril," sagte sie höflich, wenn auch zurückhaltend, wie es ihre Art war. "Aber ich tue nur meine Pflicht. Es ist meine Aufgabe, die Aufständischen zu fassen, und deshalb werde ich mich darum kümmern. Ob ich alleine hier bin? Nun, ja, das bin ich." Das stimmte zwar nicht ganz, denn Mithrendan und Kiana waren ebenfalls hier irgendwo im Palast, aber auf der Gästeliste war Sanya als ohne Begleitung eingetragen gewesen, also hielt sie es damit.
"Eure Pflicht, natürlich, natürlich," sagte Relon Deneril eifrig. "Und damit seid Ihr ein Vorbild für ganz Gondor. Wenn jeder seine Pflicht tun würde, so wie Ihr, Lady Terelos, dann gäbe es die meisten Probleme, die uns heute plagen gar nicht erst. Aber was muss ich da hören? Eine so entzückende Frau wie Ihr ist ohne Begleitung hierher gekommen? Eine Schande, sage ich, eine Schande. Und welch Glück für Euch, dass Ihr mir begegnet seid! Kommt, ich führe Euch herum und stelle Euch ein paar gute Freunde vor. Etwas sagt mir, dass wir noch ein wenig Zeit haben werden, bevor Ihre Majestät ihren großen Auftritt haben wird. Und diese Zeit wollen wir doch nicht ungenutzt lassen! Es gibt viele Menschen, die Euch für Euren Dienst danken möchten, Lady Terelos, und ich bin mir sicher, es würde Euch freuen, ein paar von meinen Kollegen kennenzulernen... einen Einblick in das bürgerliche Leben von Minas Tirith zu bekommen, um es mal so auszudrücken. Wisst Ihr, wenn man ständig von Auftrag zu Auftrag hetzt, verliert man leicht die Dinge aus den Augen, die das Leben erst so richtig lebenswert machen! Ich bin mir sicher, Ihr wisst das. Oh!" Deneril hielt inne und tippte einem anderen Gast auf die Schulter. "Halgond! Sieh nur, wer mir über den Weg gelaufen ist..."

Es verging nicht mehr als eine halbe Stunde, in der Relon Deneril Sanya so viele Leute vorstellte, dass ihr schier schwindlig wurde und ihr die vergangene Zeit beinahe wie ein ganzer Tag vorkam. Dann endlich gelang es ihr, sich aus Denerils Klauen zu befreien und sich schnaufend an eine der vielen Säulen zu lehnen.
"Du siehst aus, als kämst du mitten aus der Hitze des Gefechts," sagte Mithrendans Stimme, sowohl belustigt als auch besorgt klingend. "Alles in Ordung?"
Sanya, die sehr bemüht darum war, ihr Haar davon abzuhalten, zerzaust zu werden, sah ihn einfach nur an, wie er plötzlich in seiner schweren Paraderüstung vor ihr aufgetaucht war. Doch noch bevor sie auf Mithrendans Frage antworten konnte, erklang ein lauter, geradezu dröhnender Gong im Saal, der alle Gespräche zum Erliegen brachte. Das muss wohl die Ankündigung für Kianas Auftritt sein, sagte Sanya. Und noch während sie hinsah, schwangen die Torflügel des Thronsales auf...
Titel: Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 25. Feb 2021, 19:01
Weiße Festung, Minas-Tirith (Gondor)

Kiana Vaneryen im Palast der weißen Festung, während des Festes…


Kiana wartete schon ungeduldig auf das Fest.  Es bot wenigstens etwas Ablenkung von ihren Sorgen und Gedanken. Noch immer vergaß sie nicht, dass sie Sanya ihre Liebe gestand. Sie kam sich total fehl am Platz vor. Vor allem kam sie sich total dämlich vor. Den letzten dem sie ihre Liebe gestand, war Thirak. Und bei ihm stellte sich heraus, dass er plötzlich ihr Neffe war und dieses Geheimnis weiter erzählte, sodass der Verrat an ihr in die Gänge geleitet wurde. Genau wie diese Octavia, die Kianas jüngere Schwester war und aus dem nichts auftauchte. Sie fragte sich, wie viele Kinder ihr rücksichtsloser und egoistischer Vater noch in die Welt gesetzt hatte. Gut, Thirak war das Kind ihres Bruders Aranion, der schon vor knapp dreißig Jahren von Imrahil -noch vor Kianas Geburt- getötet wurde. Dennoch war er ein Verräter. Für sie war Thirak deshalb kein Vaneryen und hatte den wahren Namen nicht verdient. Anaryon Vaneryen. Natürlich war er nach dem alten Gesetz der einzige männliche Erbe des Hauses Vaneryen und somit gehörte die Krone ihm. Kiana aber schuf das alte Gesetz ab. Denn sie war dafür bestimmt Mittelerde zu regieren, das Volk zu besserem zu führen. Thirak war dafür nicht gemacht. Er hatte keine Drachen und er konnte seine Maiakraft nicht einsetzen.
Die Königin hatte innerlich mehr als Angst, dass Sanya ihre Gefühle nicht erwiderte. Was war, wenn sie sich nur auf Kiana einließ, um eine bessere Stellung zu bekommen. Was war, wenn Loki recht hatte und sie half in Wirklichkeit den Rebellen und wartete nur auf den richtigen Augenblick, um sie zu töten.
Kiana seufzte tief. Sie wollte nicht so denken, aber sie konnte nicht anders. Sie war zu stark geprägt von der Vergangenheit und von all den schlechten Dingen die ihr passiert waren. Dazu kam noch, dass Sanya eine Frau war. Sie wusste nicht, wie die anderen Adeligen darauf reagierten, wenn es heraus kam.
Allerdings hatte sie keine Zeit darüber nachzudenken. Das Fest begann und sie konnte es sich nicht leisten, dass sie sich traurig und nachdenklich zeigte. Besonders nicht, nachdem Arnor fiel. Die Königin musste stark wirken. Das war ihre Aufgabe. Sie trug ein enges schwarzes Kleid mit einem weiten Ausschnitt, welches ihr bis kurz vor die Knie ging. Um ihre Schultern trug sie in ein durchsichtiges Rotes Tuch. Die silbernen Haare waren nach oben gesteckt. Ihr Gesicht war leicht mit schminke bedeckt, während ihre Lidränder in Schwarz nachgezogen waren, das ihre violetten Augen betonte.

Kiana hielt sich eine Zeitlang zurück, bevor sie den großen Saal im Palast betrat. Ihr war nicht danach so viele Menschen zu treffen. Viel lieber wollte sie sich irgendwo verstecken. Einfach auf Ancalagon steigen und in die Ferne fliegen. Weg von all den Verpflichtungen. Aber sie war die Königin. Sie musste anwesend sein. Auf ihr lastete eine große Verantwortung.
Nachdem ein lauter Gong ertönte, wurden die großen Türen aufgeschwungen und sie kam in den großen Saal. Die Aufmerksamkeit aller Gäste galt der Königin. Ein Sprecher kündigte sie mitsamt vollständigen Titel an. Alle Gäste verneigten sich respektvoll.
"Ich danke euch, dass ihr alle so zahlreich erschienen seid! Auch wenn es gleichzeitig eine Traurige Nachricht gibt, dass Arnor in den Händen von barbarischen Rebellen fiel, könnt ihr alle gewiss sein, dass unsere Feinde nicht ungestraft bleiben! Schon sehr bald werden die tapferen Soldaten unseres Reiches das verlorene Land zurückholen! In der Zwischenzeit, sollten wir die stetige Erblühung des Reiches feiern!", hielt Kiana eine kurze Ansprache. Mit lautem Beifall verschwand sie, unter Begleitung ihrer Wachen, zwischen den Gästen.
Die Königin selbst wurde immer wieder in Gespräche mit wichtigen Kaufmännern und Adeligen verwickelt. Kiana selbst gab eher nur halbherzige Antworten und wollte eigentlich gar nicht mit ihnen sprechen. Zu sehr beschäftigte sie das mögliche Attentat auf sie selbst und auch Sanya. Auffallen tat es niemanden. Stets behielt Kiana ein Lächeln auf den Lippen und überlachte ihre Sorgen. Irgendwie versuchte sie Sanya zwischen den Menschen zu erkennen, das sich aber nicht als einfach herausstellte.
Endlich erblickte sie ihre Oberkommandantin in ihrem Schwarz-Roten Kleid.
Wie hübsch sie doch ist, schwärmte Kiana innerlich und ihr Herz blühte auf. Gerade wollte sie auf Sanya zugehen, da wurde der Weg von einer Frau in edlen Gewändern blockiert.
"Ihr seht sehr hübsch aus, Euer Gnaden, wie eh und je!", fing die Frau an. "Seht her, Meister Engmon, die Königin sieht wieder bezaubernd aus!". Dabei wandte sie sich an zu einem recht großen und kräftigen Mann in dunklen Roben.
"Meine Königin, ihr seht wahrlich entzückend aus und das vom nahen noch mehr, als immer gesagt wird!", schleimte der relativ junge Mann herum und gab ihr einen höflichen Kuss auf die Hand. Kiana blieben seine Blicke auf ihren Ausschnitt nicht aus. Sie war sich bewusst, dass sie auf viele Männer anziehend wirkte. Doch solch ein Verhalten empfand sie als respektlos. Anmerken ließ sie sich allerdings nichts. Ihr war bewusst, dass viele Männer um ihre Hand anhalten wollten, da sie äußerst hübsch war. Leider auch, damit diese mehr Ansehen erlangten.
"Wie gedenkt ihr denn Arnor wieder unter eurer Kontrolle zu bekommen? Man hört, dass der junge Mann Namens Robben Rogwyne auch den alten Adel Angmars hinter sich stehen hat und dazu noch… Eine Geheimwaffe besitzen soll… Was auch immer das heißen mag…", sagte die Frau. Kiana lächelte ihr nur arrogant entgegen. Sie hatte keine Ahnung, was die Frau mit einer Geheimwaffe meinte.
"Keine Sorge, meine Gütige…", erwiderte Kiana nur, "...Meine Armee wird in den nächsten Tagen Abmarsch bereit gemacht und ich persönlich werde mit meinem Drachen dafür sorgen, dass Arnor wieder befreit wird!".
Natürlich wusste sie, dass dies nicht der ursprüngliche Plan war. Sie wollte aber unbedingt die anderen Abwimmeln, um zu Sanya zu gelangen. Auch weil sie noch immer niemanden vertraute der da war. Jeder konnte der Attentäter sein.
Als sie wieder ihre Oberkommandantin sah, sah sie auch den Mann der bei ihr stand und sie mit sich führte. Er wirkte von der Ferne so vertraut mit ihr. Kianas Herz blieb stehen. Sie sprudelte über vor Wut. Sie wollte Zeit mit Sanya verbringen, aber sie kam einfach nicht zu ihr und nun buhlte jemand anders um ihre Aufmerksamkeit.
"Was schaust du denn so finster drein?", hörte sie eine ihr vertraute männliche Stimme. Kiana wandte ihren Kopf zu Seite und erblickte Loki, der in seiner mit gold verzierten Schwarzen Kleidung und einen Roten Umhang neben ihr auftauchte. Er aß genüsslich von seinem Teller und der Königin blieben seine musterungen nicht aus, der sie unschuldig ansah. Sie warf ihm einen mahnenden Blick zu.
"Was denn? Du siehst wunderschön aus Kiana!".
Die junge Maia schnaubte und lachte dann auf. "Hast du das auch gedacht, als du das Bett mit deiner kleinen Freundin geteilt hast?", entgegnete sie giftig.  Sie ignorierte die schiefen Blicke Lokis und entschied sich direkt zu Sanya zu gehen. Kiana wollte endlich zu ihr. Immer mit ihren Wachen, aber auch mit Loki, im Schlepptau erreichte sie schließlich die Mitte des Saal . Dort wo auch die Frau stand, die sie von ganzem Herzen liebte.
"Sanya! Du siehst bezaubernd aus!", rief sie und hatte einen freundlichen, wenn nicht sogar verliebten, Ausdruck im Gesicht. Dich vor ihr kam sie zum Stehen und wollte sie küssen…


Kiana im Palast während des Festes…

Titel: Minas Tirith
Beitrag von: Saizo am 28. Feb 2021, 22:48
Minas Tirith (Gondor)



Sanya in der Weißen Festung

Sanya beobachtete, wie die Königin den Saal betrat und sich sogleich unters Volk mischte. Dabei wirkte Kiana wie als wäre sie für diese Rolle geboren worden. Sie schien die Menge zu genießen, so wirkte es jedenfalls auf Sanya von ferne. Einmal begegneten sich die Blicke der beiden Frauen, und Sanya sah wie die violetten Augen ihrer Herrscherin aufblitzten, als sie ihr zulächelte, doch dann trat ihr ein Mann in den Weg und sie wurde wieder von der Menge verdeckt. Sanya blieb etwas nachdenklich stehen. Sie wurde immer angespannter, je länger die Feierlichkeiten sich hinzogen, denn noch immer hatte es keinerlei Anzeichen dafür gegeben, dass die Attentäter sich den Küchen genähert hatten. Alles war ruhig geblieben; zu ruhig für Sanyas Geschmack. Sie fürchtete Verrat und Täuschung, und vor allem hatte sie Angst, etwas Wichtiges übersehen zu haben. Was, wenn sie in eine Falle getappt war, und der wirkliche Anschlag gar nicht heute, oder auf ganz andere Art und Weise stattfinden würde? Wie gerne hätte sie jetzt ihr Schwert griffbereit gehabt. Doch sie hatte nur den kleinen Dolch, tief unter ihrem Rock versteckt, und an den würde sie so leicht nicht herankommen. Das Kleid engte Sanya etwas mehr ein, als sie erwartet hatte, und sie war darin weniger beweglich als in ihrer üblichen Rüstung.

Ein Raunen der Leute um sie herum riss Sanya aus ihren Gedanken. Sie stellte fest, dass Kiana direkt auf sie zukam und sie schon fast erreicht hatte. "Sanya! Du siehst bezaubernd aus!" sagte die Königin und blieb direkt vor Sanya stehen. Sie schloss die Augen, spitzte die Lippen und...
"Euer Gnaden," sagte die grimmige Stimme von Reichsmarschall Loki. Er drängte sich zwischen Sanya und ihre Herrin. "Soeben haben die Ostlingswächter in den Küchen verdächte Gestalten aufgegriffen..."
Kiana wirkte, als würde sie Loki am liebsten ignorieren, aber dann öffnete die Königin doch die Augen. Verärgert funkelte sie Loki an. "Und das hättest du mir nicht einen Augenblick später sagen können?" herrschte sie ihn an.
"Ich fürchte, wenn es um Eure Sicherheit geht, kann eine solche Nachricht nicht warten," erwiderte Loki.
So ein Mistkerl, dachte Sanya. Das hat er mit Absicht gemacht. Sie ärgerte sich, denn ein Teil von ihr genoss nach wie vor die liebevolle Zuneigung, die Kiana ihr entgegenbrachte. Ein anderer Teil - der etwas vernünftiger war - war relativ froh darüber, dass es nicht zu dem Kuss vor den Augen aller Gäste gekommen war. Wer konnte schon sagen, was die Leute darüber denken würden? Andererseits war Kiana die Königin aller hier Anwesenden, und sie konnte tun uns lassen was sie wollte...
"Und was haben die Ostlinge mit den Verdächtigen getan?" verlangte Kiana von Loki zu wissen.
"Sie entwaffnet und gefangen genommen," berichtete Loki. "Es verlief alles genau nach Plan, sie sind uns ins Netz gegangen."
"Also gut," sagte die Königin. "Dann sperrt sie ins Verlies, aber haltet weiterhin die Augen offen, in Ordnung?"
"Wie Ihr befehlt, Euer Gnaden." Loki warf Sanya einen finsteren Blick zu, dann ging er.
"Ich glaube, er hat was gegen mich," murmelte Sanya nachdenklich.
"Ach, vergiss ihn einfach," sagte Kiana und nahm ihre Hand, um sie mit sich zu ziehen. "Er scheint eher was dagegen zu haben, dass ich glücklich bin. Aber dass lasse ich mir von ihm nicht wegnehmen. Lass mich dich mal genauer ansehen... die Schneider haben wirklich gute Arbeit geleistet, das Kleid sieht... wundervoll an dir aus, Sanya!"
Sanya wunderte sich. Sie kam sich eher so vor, als sähe sie ein wenig lächerlich darin aus, zumindest fühlte es sich auf ihrer Haut so an, vor allem an den beiden Stellen, die ein wenig eingeschnürt waren. "Findest du?" fragte sie leise, während sie Kiana zum Buffet folgte.
"Willst du etwa deine Königin der dreisten Lüge bezichtigen?" erwiderte Kiana gespielt ernst, dann grinste sie. "Ich weiß, dass du solche Dinger nur selten trägst, aber ich finde, du solltest es öfter tun, so gut steht dir das. Wenn es dir hilft, mache ich einen Befehl draus!" Die Königin kicherte. "Du kommst mir ab sofort nur noch in einem Kleid unter die Augen, verstanden?"
Sanya wusste nicht recht, ob Kiana das ernst meinte oder ob sie sich nun wirklich einen Scherz erlaubte. "Ähm... Euer Gnaden...?" sagte sie etwas stockend.
"Ja, das war ein offizieller Befehl," sagte Kiana, die ihr wohl die Gedanken im Gesicht angesehen hatte. Dann zwinkerte sie Sanya frech zu und schnappte sich einen Kelch mit Wein vom Buffet. Kiana leerte das Getränk und lehnte sich dann gelassen gegen den schweren Tisch, auf dem die Appetithäppchen standen. "Jetzt, wo die Gefahr eines Anschlags hoffentlich gebannt ist, können wir diese Feier vielleicht ein wenig genießen... siehst du, wie brav sich alle dran gehalten haben, nur rot und schwarz zu tragen, wie ich es mir gewünscht habe?"
"Ja," antwortete Sanya. "Es ist eine schöne Farbkombination."
"Oh ja," stimmte Kiana. "Da hatten meine Vorfahren wirklich Geschmack, als sie sich ihr Wappen ausgesucht haben."
Sanya setzte gerade zur Antwort an, als ein Mann zu den beiden Frauen trat. Innerlich verdrehte Sanya nur die Augen, als sie Relon Deneril erkannte. "Wenn das mal nicht die beiden hübschesten Damen des Abends sind," sagte der Kaufmann und erdreistete sich, Kianas Hand zu nehmen und einen Kuss darauf zu hauchen. Die Königin ließ es belustigt wirkend geschehen, doch Sanya sah ihr an, dass sie dennoch nicht ganz zufrieden mit der erneuten Störung war.
"Guten Abend Relon," sagte sie ruhig. Sie kannte den Mann also bereits. "Ich habe es dir doch bereits gesagt, ich spreche auf diesem Fest nicht über die geplante Erhöhung der Zölle auf Getreidelieferungen."
"Oh, Euer Gnaden, wo denkt Ihr hin!" sagte Deneril und griff sich ans Herz, als wäre er verwundet worden. "Darf ein Untergebener nicht die Schönheit seiner Herrscherin bewundern? Es waren keinerlei Hintergedanken dabei, als ich mich entschloss, mich euch beiden Schönheiten am Buffet anzuschließen. Der Wein ist vorzüglich, nicht wahr? Soweit ich weiß stammt er aus einer besonders gereiften Ernte, aus dem Westen von Anfalas... ein sehr friedliches Land. Seid Ihr einmal dort gewesen, Euer Gnaden? Nein? Was ist mit Euch, Lady Terelos? Eine Dame von Eurem Kaliber ist doch gewiß weitgereist, und-"
"Ich bin ein, zweimal in Anfalas gewesen," schnitt Sanya dem Händler das Wort ab.
"Ich wusste es," freute sich Deneril. "Gebildet und hübsch, genau wie Ihre Majestät... oh, wo ich gerade davon spreche, Euer Gnaden, lasst mich euer Kleid loben. Ihr müsst mir unbedingt verraten, wer es angefertigt hat, ich lieben den Stil, den Schnitt und die Farben... etwas Ähnliches würde meiner Gattin gewiß ebenfalls sehr gut stehen... sie würde sich wirklich freuen, wenn sie etwas tragen könnte, das von unserer geliebten Königin inspiriert ist, denn das seid Ihr für uns alle, Euer Gnaden: eine Inspiration und ein Licht, das das Dunkel des Alltags erleuchtet. Seitdem Ihr auf den Thron sitzt, haben sich viele Dinge zum Guten gewendet für die Menschen von Minas Tirith, da kann ich nur sagen: weiter so! Lass Euch nicht von Gerüchten des Aufstands in falsche Sorge versetzen. Euer Volk liebt Euch, und steht so gut wie geschlossen hinter Euch. Als Händler komme ich viel herum und habe sozusagen mein Ohr am Herz des Volkes, wenn man so wil..." Er lachte über seinen eigenen Scherz, ehe er unermüdlich fortfuhr: "Euer Majestät wird verehrt, wohin ich auch komme. Ihr habt den Menschen so viel Gutes gebracht und ich glaube, dass es niemanden gibt, der sich wünscht, dass die Dinge wieder so wie früher würden, bis auf einen oder zwei Verblendete hier und da. Macht euch um diese einfältigen Burschen keine Sorgen! Ihr habt doch eine so tüchtige und hübsche Dame an Eurer Seite, die sich um alles kümmert, nicht wahr?"
"Ähm," gab Sanya überrumpelt von sich. Kiana hingegen schien durchaus ein wenig empfänglich für Denerils Worte zu sein, denn sie lächelte nun wärmer als zuvor.
"Nun, wo er Recht hat, hat er Recht!" sagte die Königin und leerte ihr Glas. "Das erinnert mich, ich sollte das Abendessen so langsam eröffnen, nicht wahr? Hunger habe ich jedenfalls schon."
Kiana stellte das Weinglas auf dem Buffettisch ab und machte einen Schritt auf den Thron zu, der erhöht am Ende des Saales stand. Gerade wollte sie sich an die Gäste wenden...

...da flogen mit einem gewaltigen Krachen die schweren Türflügel am anderen Ende des Saales aus ihren Angeln und eine feurige Druckwelle rollte hindurch. Einige Gäste wurden davon weggeschleudert. Dicker, dunkler Rauch füllte den Eingangsbereich des Thronsaals und breitete sich immer weiter in der Halle aus. Und noch ehe die Gäste ihren Schock überwunden hatten, stürmten ein Dutzend bewaffneter Gestalten herein, die in rohes Gebrüll ausbrachen und in Richtung Thron unterwegs waren.
Sanya tastete hastig nach dem versteckten Dolch unter ihrem Kleid, doch es gelang ihr nicht, so einfach an ihren Oberschenkel zu kommen. Also riss sie kurzerhand den unteren Saum ihres Rocks ab, denn der Stoff war nur dünn dort, sodass ihr das Kleid nur noch bis kurz vor den Knien ging und sie die Waffe aus dem versteckten Holster ziehen konnte. Und keine Sekunde zu spät, denn schon war der erste Attentäter heran gekommen. Wahrscheinlich hatte er nicht mit ernsthaftem Widerstand gerechnet, denn er versuchte nicht einmal, Sanyas Dolchstoß auszuweichen, der auf seine Kehle gezielt war. Gurgelnd ging der Mann zu Boden, doch schon waren die nächsten Angreifer heran...
Titel: Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 1. Mär 2021, 21:07
Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)

Kiana auf dem Fest im Palast von Minas-Tirith …


Kiana duckte sich aus dem Reflex heraus, als die großen Türflügel durch die Explosion aus ihren Angeln gerissen worden waren und die dichten dunklen Rauchschwaden den Saal füllten. Viele der anwesenden Gäste rannten panisch umher und suchten einen Ausgang. Einige lagen leblos am Boden, oder räkelten sich vor Schmerz.
Als die Attentäter brüllend den Saal stürmten, empfand Kiana sich selbst als Hilflos. Sie sah zu Sanya, die gerade gegen einen der Angreifer kämpfte. Die Königin realisierte das ganze Geschehen noch gar nicht richtig. Auch durchdrang ein lautes Piepsen ihre Ohren.
Ihre Wachen schienen entweder selbst durch den Saal geschleudert worden zu sein oder rafften sich selbst gerade auf.  Selbst Loki befand sich bei denen, die am Boden lagen und versuchte wieder auf die Beine zu kommen.
Weitere maskierte Männer stürmten in den Saal und fixierten Kiana mit ihren Blicken. Brüllend und schreiend stürmten sie mit gezogenen Waffen auf die Königin zu. Panisch sah sie sich um. Keiner war in ihrer Nähe um sie zu verteidigen. Selbst Sanya befand sich mitten im Kampfgetümmel. Ein Schwert lag in ihrer Nähe, doch ihr war bewusst, dass sie eher wenig damit ausrichten konnte. Zwar hatte ihr Ziehvater sie widerwillig den Schwertkampf erlernen lassen, aber da war sie noch sehr jung. Das letzte mal dass sie ein Schwert in ihren eigenen Händen hielt war in der Schlacht gegen Melkor, als Faramir sie beschützte und sie irgendwie versuchte ihm zu helfen. Das ging alles andere als gut aus. Somit war dies eher sinnlos. Die Männer übermannten sie sowieso im Handumdrehen.
Sie dachte an ihre Kräfte , die sich bisher aber eher nicht kontrollieren ließen und im Moment ein Zufallsereignis waren.
Sie versuchte sich zu konzentrieren und dachte an die Worte des Istari Saruman, der ihr beibrachte kontrolliert mit ihren Kräften umzugehen. Zunächst schien alles vergeblich zu sein. Doch in jenen Moment, als sie ihr eigenen Gedanken und ihr eigenes Leben los ließ, weil sie mit einem Hieb des Gegners rechnete, durchdrang sie die vertraute Wärme, die aus ihrer Körpermitte kam. Ein leichter Windzug hauchte durch den umkämpften Saal und ließ die silbernen Haare der Königin wehen. Sie streckte schwer atmend ihre Hand in die Richtung des Angreifers und öffnete im selben Moment die Augen. Der Mann flog daraufhin auf die andere Seite des Raumes. Dann ließ sie immer wieder weitere Männer durch Geisterhand durch den Saal fliegen, die zusätzlich wie von einer unsichtbaren Klinge getroffen worden waren. Die junge Maia sah zu Sanya, die gerade die Schwertschläge eines Attentäters parierte. Um ihr zu helfen riss sie den Mann mit ihrer Kraft zu Boden, sodass die Oberkommandantin ihm den Dolch in die Brust rammen konnte. Natürlich hatte sie die Frau im Kopf und Angst um das Leben Sanyas. Das sorgte aber mehr dafür, dass sie in ihrem Rausch jeden der Männer töten wollte.
Mittlerweile war Loki bei Kiana und zerrte wie verrückt an ihr herum.
"Komm, wir müssen hier weg!", hastete er, "Grauer Staub wird sich um den Rest kümmern!".
Auch wenn Kiana eigentlich nicht gehen wollte ,und vor allem Sanya nicht alleine lassen wollte, ließ sie sich einige Schritte von ihm mitziehen. Ein paar der Ostlingwachen kamen ebenfalls zu ihr um ihre Königin zu beschützen.
"Nein!", entgegnete Kiana schließlich bestimmend und wollte selbst wieder in das Geschehen eingreifen. Mit ihren Kräften fällte sie auch den letzten Feind der im Saal verzweifelt versuchte sich noch um sein Leben zu rennen. Mehrere male schlug sie ihn mit ihrer Kraft gegen die steinerne Wand und schien ihm langsam die Luft abzuschirmen, sodass er gurgelnd und Blut spuckend starb.
Kiana blieb nicht aus, dass ihre innere Macht sie aufzerrte, sodass sie sich mehr als erschöpft fühlte. Vorsichtig und schwer atmend sah sie sich um. Noch immer lagen einige der Gäste auf dem Boden. Auch das Essen und die Dekorationen waren über den ganzen Saal verteilt. Der Marmorboden war von Staub und Dreck bedeckt. Die Königin konnte sich nicht erklären, wie der Attentatsversuch doch erfolgreich war. Die Verdächtigen wurden doch geschnappt. Scheinbar hatten ihre Feinde damit gerechnet, dass sie beobachtet worden waren. Sie war mehr als entsetzt. Es sollte ein friedliches Fest werden und wieder einmal versuchten Verräter sie umzubringen. Wieder waren es Menschen, die die gütige Herrschaft der Königin nicht schätzten.
Kiana wurde mehr als wütend. Trotz des besorgten, aber sanften, Blickes Sanyas, ließ sie sich nicht wie sonst davon aufheitern. Die Oberkommandantin schien ebenfalls außer Puste zu sein und war voller Staub, Blut und Ruß.
Deprimiert betrachtete Kiana den Torbogen des Palastes, der starke Schäden davon getragen hatte.
"Komm Kiana…", fing Loki an, "...Lass uns in den kleines Ratssaal gehen!".
Seufzend stimmte sie ihm mit einem Kopfnicken zu und lief an Sanya vorbei, bevor sie in die Richtung, in der sich der kleine Saal befand ging. Sie streifte mit ihrer eigenen a
Hand, an der Hand der Oberkommandantin entlang. Sie hatte das Bedürfnis einfach von ihr in dem Armen gehalten und geküsst zu werden.  Die junge Maia war mehr als froh, dass der Frau nichts passiert war. Gleichzeitig hatte sie Angst, dass sie Sanya vielleicht durch ihre Macht abschreckte. Ao verließ sie lieber den Thronsaaö...

Dort angekommen ließ sich die Königin auf einen Stuhl sacken. Sie hatte die ständigen Mordversuche auf sie selbst satt. Obwohl sie darauf bedacht war, für alle Menschen im Reich ein besseres Leben zu ermöglichen.
Sie rieb sich ihre Schläfen, denn ihr Schädel dröhnte. Sanya stand ebenfalls im Saal. Loki kam herein und stellte der Königin einen Becher auf den Tisch. Erneut seufzend nahm sie diesen Becher in ihre Hände.
Warum kann es nicht Wein sein, dachte sie sich, als sie sah dass Ermittler Wasser befüllt war. Vorsichtig nippte sie an ihrem Getränk.
"Die gesamte Stadt ist abgeriegelt und wird durchsucht. Wenn es noch weitere Anhänger der Aufständischen gibt, werden sie uns nicht mehr entkommen!", versuchte Loki seine Königin zu beruhigen. Sie warf ihm aber einen mehr als erzürnten Blick zu.
"Du bist mit dafür verantwortlich, Loki…", fauchte sie ihn an. "...Weil deine kleine Freundin hier war um mich zu töten, hat es nur andere dazu aufgerufen!".
"Kiana… Du weißt dass das nicht stimmt… Diese Aufständischen waren vor Octavia hier und kollaborieren mit diesem silbernen Schwan…", verteidigte sich der Reichsmarschall.
"Pff…", presste Kiana nur hervor. "Ich denke wir sollten Stärke zeigen… Alle Feinde der Krone sollen merken, was es bedeutet sich gegen mich zu stellen!".
"Was meinst du damit? Du gehst ja ohnehin gegen sie vor…", wollte Loki sichergehen.
"Ich will dass du meine Armee in wenigen Tagen Abmarsch bereit machst… Unsere Feinde werden es sich zweimal überlegen, ob sie mich versuchen wollen zu töten!", befahl sie energisch. Die junge Maia übersah Lokis irritierten Blick nicht. "Ich werde die Armee selbst anführen und auf Ancalagon in den Norden reisen!".
Loki wollte wohl etwas sagen, aber ihm blieben die Worte aus. Nachdem er etwas vor sich hin stammelte, entgegnete er nur: "Kiana, du kannst nicht aus deinem Gefühl heraus eine solche Entscheidung treffen… Tausende Leben stehen auf dem Spiel…".
"Und ob ich das kann! Die Arnorer haben ihr Schicksal gewählt!", sagte sie überzeugt.
"Lass uns morgen noch einmal darüber sprechen…".
"Nein…".
"Du weißt, dass dies die falsche Entscheidung ist!".
"Wenn du den Befehl verweigert, nehme ich an, dass du irgendwie selbst in dieser Sache verwickelt und ein Verräter bist!", behauptete die Königin.
"KIANA!".
"Nein, es ist genug! Meine Entscheidung steht fest!", befahl sie. "Ich möchte auch, dass der Etat erhöht wird, um mögliche Verräter aus Gondor fernzuhalten…".
Loki drückte einen Schwall Luft heraus. Kiana bemerkte, dass er versuchte ruhig zu bleiben. Er verneigte sich rasch und lief aus dem kleinen Saal.
Die junge Maia trank das Wasser in ihrem Becher mit einem Zug aus und schlug ihn fast schon auf den schweren Tisch. Dann erhob sie sich und ging in Richtung des Ausganges. Noch bevor sie die Tür durchschritt, sah sie von der Seite zu Sanya, die die ganze Zeit nichts sagte. Kiana war sich nicht sicher, ob sie sich vor ihrer Königin fürchtete oder einfach nur gehorsam war.
"Ich werde mir ein Bad nehmen… Ich muss den Dreck abwaschen…", sagte sie plötzlich ganz ruhig und fast schon wieder liebevoll. "...Komm danach in mein Gemach, wenn du deine schlecht gelaunte Königin ertragen willst oder nicht… Wie es dir beliebt…".
Mit diesen Worten verließ sie mit langsamen Schritten den kleinen Ratsaal. Insgeheim hoffte sie natürlich darauf, dass Sanya zu ihr kam. Bei ihr fühlte sie sich sicher und Kiana liebte sie. Gleichzeitig hatte sie enorme Angst, dass ihr etwas zustieß…


Kiana im Palast von Minas-Tirith …
Titel: Minas Tirith
Beitrag von: Saizo am 8. Mär 2021, 18:54
Minas Tirith (Gondor)



Sanya in der Weißen Festung

Sanya war Kiana wie sie es ihr befohlen hatte aus dem Thronsaal heraus gefolgt, noch immer in ihrem abgerissenen Kleid und den Dolch die ganze Zeit über in der Hand haltend. Sie hatte dem Streitgespräch zwischen Königin und Reichsmarschall nur mit halbem Ohr gelauscht, denn Sanya war unruhig und fürchtete, dass es jeden Moment ohne Vorwarnung zu einer weiteren Explosion kommen könnte, oder dass sich noch mehr Attentäter plötzlich auf sie stürzen könnten. Sie machte sich selbst schwere Vorwürfe, weil sie den Angriff auf den Thronsaal nicht kommen gesehen hatte. Dabei war es in ihrer Verantwortung gewesen, für die Sicherheit der Feiernden zu sorgen. Und nun waren viele verletzt, einige sogar schwer. Es hatte sogar ein paar Tote gegeben. Sanya wusste nicht, wie es nun mit ihr weitergehen würde. Sie erwartete, dass Kiana sie ihres Amtes entheben und aus der Armee werfen würde. Das hätte Sanya an ihrer Stelle getan, denn ein so großes Versagen war nicht einfach zu vergeben.
Kiana hingegen wirkte so undurchschaubar wie eh und je, als sie davon sprach, ein Bad zu nehmen und als sie dann Sanya anwies, sich im Anschluss daran im königlichen Gemach zu melden.

Sanya blieb eine Weile ratlos stehen, nachdem die Königin in Richtung der Bäder verschwunden war. So fand sie Mithrendan, der selbst ein wenig mit Ruß beschmiert war, und legte ihr sachte die Hand auf die Schulter.
"Alles in Ordnung?" wollte er mit seiner beruhigenden Art wissen.
"Ich... denke schon," murmelte Sanya, doch dann schüttelte sie den Kopf. "Nein. Nichts ist in Ordnung. Ich habe versagt..."
"Es war nicht allein deine Schuld. Die Ostlinge hatten den Saal zu bewachen, und sie haben zugelassen, dass unter ihren Füßen ein Sprengsatz hochging. Ich hatte Glück, dass ich in dem Moment gerade austreten war..."
Sanya drehte sich zu ihm um und tat etwas, das sie nur selten zeigte: Sie umarmte ihren alten Freund fest und legte ihren Kopf auf seine Schulter. "Ich bin froh, dass... dir nichts geschehen ist."
"Bis auf ein paar ziemlich unschöne Rußflecken..." scherzte er. "Aber wer wird denn da rührselig werden?"
"Ach..." Sanya ließ ihn los und winkte ab. "Sieh mich doch an. Ich bin mindestens so dreckig wie du, mein Kleid ist nur noch halb so lang wie es sein sollte, und ich blute. Meine Frisur ist natürlich ruiniert, genau wie meine Karriere. Glaubst du wirklich, es interessiert mich jetzt noch, was die Leute über mich denken könnten?"
"Also ich finde, das Gesamtbild, das du abgibst, strahlt eine gewisse wilde, kämpferische Entschlossenheit aus."
"Sehr witzig."
"Nein, im Ernst, Sanya. Das Wichtigste ist doch, dass die Königin in Sicherheit ist. Du hast den Anschlag verhindert."
Sanya schwieg einen Augenblick lang. So hatte sie die Sache noch nicht betrachtet. Die Angreifer hatten Kiana töten wollen, das stimmte. Und dieses Ziel hatten sie nicht erreicht. Aber war das wirklich Sanyas Verdienst?
"Ehrlich gesagt..." murmelte sie so leise dass es nur Mithrendan hören konnte, "...wirkte Kiana nicht so, als wäre sie wirklich in Gefahr... du hättest sehen sollen, was sie mit den Attentätern angestellt hat. Das war starke Magie, oder so etwas in der Art... und es sah so mühelos aus. Sie hat diese Leute einfach weggefegt."
"Erinnere mich, sie niemals zu verärgern," sagte Mithrendan sanft lächelnd.
Sanya schüttelte den Kopf und seufzte. "Das sieht dir ähnlich, in so einer Lage auch noch Witze zu machen."
"Tja, du kennst mich doch," sagte er und hob die Schultern. "Aber du solltest dich jetzt wieder einkriegen, Sanya, und mit mir kommen. Die Spuren sind noch frisch, und wenn wir die Drahtzieher dieses Angriffs erwischen wollen, dürfen wir nicht noch mehr Zeit vertrödeln."
"Gut," sagte Sanya und ihr Kopf ordnete sich wieder. "Packen wir es an."
Sie wollte schon losmarschieren, aber Mithrendan hielt sie sanft zurück. "Aber nicht in diesem Aufzug," sagte er und grinste.

Kurz darauf hatte Sanya wieder ihre Rüstung an; die Überreste des Kleids hatte sie den Schneiderinnen gegeben und sich mehrmals dafür entschuldigt, es ruiniert zu haben. Sie wollte keinesfalls die harte Arbeit der Bediensteten mit Füßen treten.
Mithrendan hatte sich im Hauptgang des Palastes umgesehen, der vom unteren Tor entlang einer breiten, großen Treppe direkt zu den Toren des Thronsales führte. Als Sanya dort eintraf, fiel ihr ein bekanntes Gesicht in der Gruppe von Menschen auf, die bei Mithrendan standen und von ihm befragt wurden.
"Sieh an, Lady Terelos ist hier, und noch dazu unversehrt. Wie froh ich bin," sagte Relon Deneril und lächelte warmherzig. "So wie Ihr ausseht, seid Ihr vermutlich ebenfalls hier, um die Hintergründe dieses verräterischen Angriffes auf die königlichen Feierlichkeiten aufzudecken?"
"So ist es," sagte Sanya schnell, ehe er weiterreden konnte. "Habt Ihr irgendetwas gesehen, was mir helfen könnte, die Mistkerle zu schnappen, die dafür verantwortlich sind?"
"Ich war zum Zeitpunkt der Explosion nicht im Saal," sagte der Händlerfürst nachdenklich.
"Sondern wo?" hakte Sanya sofort nach.
"Oh, nun... das ist mir etwas peinlich, aber ich hatte gerade eine der Damen aus Anórien auf einen der Balkone geführt und..."
"Schon gut, erspart mir die Details," schnitt Sanya ihm das Wort ab.
"Jedenfalls kamen drei der Angreifer zu uns auf den Balkon gestürmt, nachdem sie gegen die Türen des Sales geschleudert worden waren, die nach draußen zu uns führten. Ehe wir etwas tun konnten, hatten sie sich schon über das Geländer abgeseilt und waren außer Sicht. Aber die Seile sind, so vermute ich, noch dort!"
"Mithrendan!" rief Sanya und lief los, in den Wissen, dass ihr alter Freund ihr folgen würde. Sie sprintete in den Thronsaal und bog dann nach links ab, wo die Zugänge zu den Balkonen lagen. Dort fand sie eine der Türen offen stehend vor und trat hinaus. Deneril hatte Recht gehabt: Am Geländer aus weißem Marmor waren drei eiserne Kletterhaken eingehängt worden, an denen dicke Seile hingen.
"Hinterher," sagte Sanya und stieg über das Geländer, dann packte sie eines der Seile und rutschte geschwind daran herab, dabei verhinderten ihre Handschuhe, dass sie sich die Handinnenflächen aufrieb. Ein rascher Blick nach oben zeigte ihr, dass Mithrendan direkt hinter ihr war. Unten angekommen standen sie in den königlichen Gärten und fanden neue Spuren.
"Wenn das kein Blutfleck ist, dann hänge ich meinen Posten als Spurenleser an den Nagel," sagte Mithrendan und kniete sich neben der Stelle hin, an der die weißen, flachen Steine des Gartenwegs direkt unter dem Balkon weiter über ihnen mit einer dunkelroten, trockenen Flüssigkeit verschmiert waren.
"Hier ist noch mehr Blut," sagte Sanya und deutete den Weg entlang. "Folgen wir den Spuren!"
Sie mussten nicht weit gehen. Hinter einem großen, in rechteckige Form geschnittenen Busch fanden sie einen Mann, der in sich zusammengesunken an dem Gestrüpp hinter ihm lehnte. Er hatte bereits viel Blut verloren, das aus einer langen Schnittwunde am Bauch quoll. Es war unverkennbar einer der geflohenen Attentäter.
"Für wen arbeitest du?" wollte Sanya sofort wissen.
"Ich... hatte an die Sache... geglaubt," antwortete der Verletzte mühsam und hustete, dabei lief ihm Blut aus dem Mundwinkel. "Aber... sie haben mich einfach... abgestochen..."
"Wer?"
"Die... anderen, die... mit mir flohen..."
"Wohin sind sie geflüchtet? Was haben sie vor? Wer führt sie an?" Sanya ließ nicht locker mit den Fragen.
"Sanya, er verblutet! Ich hole einen Heiler," sagte Mithrendan und sprang auf.
"Es... ist zu spät... für mich," sagte der Attentäter und lächelte grimmig.
"Sag mir wer dahinter steckt!" wiederholte Sanya.
"Du... weißt es... bereits..." ächzte der Verletzte, dann keuchte er ein letztes Mal, und kippte vornüber.
"Verdammt!" machte Sanya ihrem Frust Luft.
"Er ist tot," stellte Mithrendan unnötigerweise fest. "Aber ganz fruchtlos war unsere Suche nicht. Nicht ehe wir ihn nicht durchsucht haben." Sofort machte er sich daran, die Leiche aufs Genauste zu filzen. Und tatsächlich fand er etwas. "Sieh mal einer an," sagte der Kundschafter und hielt Sanya ein kleines Stück Stoff hin, nicht größer als ein gewöhnliches Taschentuch.
Sanya nahm es und drehte es um. Es war hellblau, und im Zentrum war in Weiß ein Abzeichen eingestickt, das ihr vertraut vorkam: Ein weißer Schwan, die Flügel zum Flug ausgebreitet. Nein - nicht weiß. Die Stickerei war mit Fäden aus Silber vorgenommen worden...
"Dol Amroth," murmelte sie und ballte die Faust um das Stoffstück.
Mithrendan sagte nichts, sondern verschwand, um sich um die Entsorgung der Leiche zu kümmern. Sanya blieb nachdenklich allein zurück. Kiana würde schon auf sie warten, fiel ihr ein. Mit mehr Fragen als Antworten machte sie sich auf den Weg zu den königlichen Gemächern...
Titel: Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 10. Mär 2021, 16:05
Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)

Kiana Vaneryen auf den Weg in die Bäder des Palastes von Minas-Tirith…


Kiana zögerte nicht lange um die Bäder zu betreten. Glücklicherweise waren die Wasserleitungen nicht durch die Explosion beschädigt worden, sodass sie ohne Probleme ein Bad nehmen konnte. Noch immer befand sich der Schrecken in ihren Knochen. Zwar hatten schon einige Männer versucht sie zu ermorden. Doch eine Explosion hatte sie noch nicht erlebt. Viele wussten davon und doch konnte niemand diese Katastrophe abwenden. Das erste mal seit langem fürchtete sie sich um ihr Leben. Natürlich hatte sie den Mordversuch ihrer Halbschwester nicht vergessen. Aber diesmal war es etwas anderes. Beinahe wäre es Verrätern gelungen die Königin zu töten. Nur was wär dann? Das Reich wäre in Chaos versunken und alles was Kiana für die Menschen erreicht hatte, wäre mit einem Schlag vernichtet worden. Zum Glück aber war sie unversehrt. Ihre Kräfte hatten sie gerettet.
Umso wohler fühlte sie sich, als sie ihre Kleidung endlich entfernte und rasch in das warme Wasser stieg. Dass ihre Wachen anwesend waren störte sie dabei recht wenig. Sie mussten ihre Königin ja beschützen. Seufzend setzte sie sich hinunter. Die junge Maia genoss den Moment der Ruhe. Auch wenn sie gerne Sanya in ihrer Nähe gehabt hätte, bevorzugte sie dennoch die Stille. Noch immer dröhnte der laute Knall der Explosion in ihrem Kopf. Hatte sie sich zu sehr von ihr ablenken lassen? Wurde sie durch ihre Oberkommandantin leichtsinnig ? 
Nein, daran liegt es nicht, dachte sie sich. Wenn ihr was passiert wäre, hätte ich mir das niemals verzeihen können!
Nach einiger sprang sie auf, trocknete sich mit einem Tuch ab und wickelte ihren Körper in eines ein. Zügig tapste sie in ihre Gemächer. Sie hoffte dass sich Sanya noch dazu entschied zu ihr zu kommen. Sie wollte in ihren Armen liegen  und den schlimmen Tag vergessen. Noch immer hörte sie die vielen Menschen die im Palast mit den Aufräumarbeiten beschäftigt waren und sich dort tummelten, während sie die Korridore entlang ging ,begleitet von ihren Ostlingwachen. Auf dem Weg begegnete sie Loki, der gerade etwas einen jungen Burschen in die Hand drückte, der sofort los lief, nachdem der Reichsmarschall etwas flüsterte.
"Was machst du da?", fragte Kiana direkt und misstrauisch. Loki lächelte ihr nur zu und legte seine Hand auf ihre Schulter. "Du hast mir doch den Befehl gegeben, die Armee Abmarschbereit zu machen! Hörig wie ich bin, lasse ich sofort den Befehl ausführen!", antwortete er ruhig und versuchte dabei möglichst unterwürfig zu wirken.
"Ah ja…", machte Kiana nur, während ihre Stimme ziemlich hoch klang. "...Warum kümmerst du dich nicht persönlich darum?".
"Ach Kiana… Du scheinst noch ganz verwirrt zu sein… Ich kann mir vorstellen dass das alles sehr viel für dich war: Die Explosion, die Toten und deine kräfteraubenden Mächte…", erwiderte er nur und klang dabei besorgt.
"Machst du dich etwa über nicht lustig?", fragte Kiana streitlustig.
"Was? Nein!", antwortete er sofort. "Ich hatte nur Angst um dich heute, Kiana… Ich will in deiner Nähe bleiben, damit ich weiß das du sicher bist! Deshalb hab ich einen jungen Kommandanten damit beauftragt…".
"So besorgt auf einmal?", provozierte sie ihn weiter, sodass er sein Gesicht verzog. Die Königin bemerkte seine Augen, die ihren Körper betrachteten, der nur in ein dünnes Tuch gewickelt war.
"Ich möchte dir so nah sein wie ich kann! Ich will selbst für deine Sicherheit sorgen… Das ist alles...", hauchte er ihr entgegen. Kiana war leicht verwundert. Sonst war er doch noch wütend, weil seine kleine Geliebte gestorben war. Vor kurzem noch, war er in einer Laune des Streites. Nun aber, wirkte er eher begierig darauf, in Kianas Nähe sein zu dürfen? Sie berührte Lokis Gesicht mit ihrer linken Hand und strich an seiner Wange entlang. Ihr vielen die vielen kleinen Verletzungen, die überwiegend schon versorgt worden waren, auf.
"Nein, heute nicht…", entgegnete sie nur mit halb geöffneten Augen und hochgezogenen Brauen. Bevor er etwas sagen konnte, legte sie ihren Zeigefinger auf seine Lippen. "Tschhh…", machte sie nur.
Sie umarmte ihn und flüsterte dabei: "Es ist gut, dass du dich wieder zu deiner Königin besinnt hast…". Mit einem siegessicheren Lächeln ließ sie von ihm ab. Loki sah leicht verwundert drein. "Du weißt, dass ich immer auf deiner Seite stand…".
"Aber sicher doch…", entgegnete sie grinsend. Sie stellte sich auf ihren
Zehenspitzen und gab ihrem Reichsmarschall einen Kuss auf die Wange. Dann zwinkerte sie ihm zu und ging in ihre Gemächer.

Dort angekommen sah sie sich erst einmal vorsichtig um. Einige der Zofen hatten wohl schon dafür gesorgt, dass sämtliche Lichtquellen entfacht worden waren. Auch war der ganze Raum warm. Kiana setzte sich auf einen Stuhl, der vor einem Tisch stand, auf dem sich ein Spiegel befand. Sie Griff nach einer Bürste und machte damit ihr silbernes Haar ordentlich, welches sie offen trug. Die junge Maia legte ihre ganze Haarpracht auf die linke Seite, während sie sich in diesem Spiegel betrachtete. Schnell stellte sie fest, dass sie keinen einzigen Kratzer hatte. Wenn sie sich dagegen die anderen vor Augen führte. Loki hatte noch Ruß im Gesicht, hatte einige Schnitte. Selbst Sanya blutete und war verletzt.
Die Arme Sanya…, dachte sie sich. Hoffentlich hat sich jemand um sie gekümmert!.
Als sie sich weiter im Spiegel ansah, konnte sie Loki verstehen, dass er irgendwie versuchte die Nacht bei ihr zu bleiben. Immerhin war sie äußerst hübsch. Das empfand sie ja sogar selbst über ihr eigenes Abbild.
Wahrscheinlich war es mit Octavia wirklich nur ein Ausrutscher…. Loki schien sein Interesse in Kiana kaum verloren zu haben oder wenigstens wiedererlangt. Zumindest machte er es ihr die letzten Tage mehr als deutlich. Das ganze Selbstvertrauen kam spätestens durch die ganzen Komplimente auf dem Fest zurück zu ihr. So viele Männer huldigten der jungen Maia
r, wie hübsch sie doch war. Sie genoss es sehr, im Mittelpunkt zu stehen. Es gab ihr ein Gefühl von Befriedigung.
Sie fixierte ihre eigenen violetten Augen und zwinkerte der Frau im Spiegel zu. Sie erhob sich schließlich und entfernte das Tuch, in welches sie sich nach dem Bad gewickelt hatte und schlüpfte in ein dünnes Nachthemd. Ihre langen silbernen Haare band sie zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen.
Die Königin setzte sich auf ihr Bett und überschlug ihre Beine, bevor sie die Schriftstücke in die Hand nahm, die auf dem Bett lagen. Als sie die Papiere durchsah, musste sie wieder -auch wenn sie nicht wusste warum- an das Symbol denken, mit welchem der Bote zurückkehrte. Das Symbol, das auch Octavia als Bemalung auf dem Gesicht trug. Kiana war überzeugt davon, dass die Taten ihrer Halbschwester sicher dafür sorgten, dass andere auf dumme Gedanken kamen und eine gewisse Inspiration darin sahen. Die einzige Frage die sie sich stellte war, warum ausgerechnet der Bote mit diesem Symbol zurückkehrte. Was hatte das zu bedeuten?
Die Königin legte die Schriftstücke wieder an die Seite und rieb sich erschöpft die Schläfen. Dann  vernahm sie ein vorsichtiges Klopfen an der Tür.
"Ja, was ist?", rief sie äußerst unfreundlich, weil sie eigentlich mit niemanden rechnete und niemanden sehen wollte. Als die Tür geöffnet wurde, betrat Sanya das Gemach und wirkte dabei mit gesenktem Kopf mehr als unterwürfig. Ihr Gesicht war noch voller Blut und wies Spuren des Kampfes auf. Sie war wieder in ihrer Rüstung gekleidet.
"Verzeih mir, wenn ich dich noch stören muss, Kiana…", fing Sanya vorsichtig an. Kianas ernster Gesichtsausdruck veränderte sich in einen sanften. "Ach Sanya! Du störst doch nicht! Niemals!", sagte sie mit einem Lächeln auf ihren zarten Lippen.
"...Wir haben einen der Angreifer gefunden… Er wurde leider von seinen eigenen Leuten erstochen, sodass er starb und wir keine Informationen mehr aus ihm herausbekommen haben… Aber er hatte das bei sich!", fuhr die Oberkommandantin fort.  Dabei hielt sie Kiana etwas hin, das die Königin neugierig in die Hand nahm. Es war ein Stofffetzen. Auf dem ersten Blick nicht interessant. Kiana betrachtete es argwöhnisch. Als sie es ausbreitete, geriet ihr Atem fast ins Stocken. Es zeigte einen Schwan, der seine Flügel ausgebreitete. Die Königin kannte das Symbol zu gut. Es war das Wappen von Dol-Amroth, welches auch König Imrahil führte.
"Das kann nicht sein…", sagte sie entsetzt vor sich hin. Für sie konnte es dafür nur eine Erklärung geben. Das Haus von Imrahil war ausgelöscht , bis auf eine Person: Sein Bruder Galador, der ihr Berater war und sie am Ende verriet. Als sie ihn gefangen nehmen ließ, befreite Thirak ihn und floh mit ihm wohin auch immer. Galador musste dahinterstecken.
"Der Bruder von Imrahil muss dahinter stecken!", behauptete Kiana hektisch. "Du wirst  sicher schon früher von ihm gehört haben… Galador war der ungeliebte Bruder Imrahil, von dem er sogar fast hingerichtet worden wäre, sodass er an meine Seite gelangte…".
Kiana machte eine kurze Pause und goss sich etwas Wasse ein und nahm einen kleinen Schluck. Mit dem Kelch in der Hand wandte sie sich wieder Sanya zu. "...Er entschied sich am Ende lieber dafür zu seiner Familie zu halten und verriet mich, obwohl ich ihm so viel gegeben hatte… Das lustige, wobei eher traurig, ist dass er kurz zuvor seinen Freund Saruman verraten hatte, der einen Komplott gegen mich geplant hatte…".
Sanya wirkte, als hörte sie der Königin gespannt zu. Kiana gefiel es. "...Allerdings ist es für mich sehr schwer vorstellbar… Warum sollte er in Gondor sein? Es wäre mehr als gefährlich… Irgendjemand hätte ihn sehen müssen…", ergänzte sie stutzig.
"Vielleicht ist er woanders und bezahlt von dort aus andere. Er muss ja nicht selbst agieren!", entgegnete Sanya.
"Vermutlich hast du recht…", erwiderte Kiana seufzend, "...Er ist ein gefährlicher Mann… Wenn er dahinter steckt, wirst du es herausfinden!".
Die Königin erkannte das schiefe Lächeln ihrer Oberkommandantin. Kiana stellte den Kelch auf einen kleinen Tisch und ging einige Schritte auf Sanya zu.
"Dir wurden deine Wunden nicht nicht versorgt?", fragte Kiana leicht verärgert, aber trotzdem noch liebevoll. "Was frage ich auch… So eifrig wie du bist, konntest du es wohl kaum abwarten, die Angreifer zu schnappen!".
"Ich habe versagt… Es wäre ihnen fast gelungen dich zu töten und das hätte ich mir niemals verzeihen können!".
Kianas Lippen lächelten ihr sanft zu. Sie nahm die Hände Sanyas in die ihrigen. "Aber es war nur fast! Ich kann zwar nicht mehr gut mit einem Schwert umgehen, aber ich habe noch immer meine Kräfte! Ich meine, ich bin eine Maia!".
"Ich hätte es trotzdem besser wissen müssen…".
"Lass dir dein Herz nicht von solchen Gedanken verdunkeln! Ich brauche es noch!", deutete Kiana ihre gestandene Liebe zu Sanya an. Sie spürte wieder das verlangen, sie küssen und spüren zu wollen. Gleichzeitig kannte sie Sanyas wahre Gefühle noch immer nicht, wagte sich aus Scham aber auch nicht nachzufragen. Deshalb hoffte sie einfach, dass sie die Worte Kianas vergessen hatte und fing ein anderes Thema an.
"Ich werde schon sehr bald nach Arnor aufbrechen müssen… Ich muss das Land wieder unter meiner Herrschaft haben und die bestrafen, die Schrecken und Terror verbreiten… Ich werde einen großen Teil meiner Armee mit mir führen… Aber es werden genug Soldaten hier sein, um die Ordnung zu halten…"., sagte Kiana um von ihren eigentlichen Gefühlen abzulenken.
"Wie hast du das denn vor?", wollte Sanya wissen.
"Die Menschen von Arnor haben ihr Schicksal selbst gewählt… Das Feuer wird das Land reinigen…", sagte Kiana.
"Was ist mit denen, die keine Wahl haben, die Unschuldigen?".
"Keiner ist unschuldig! Sie hätten die Rebellen nicht akzeptieren müssen… Wenn der Himmel über sie hereinbricht, werden sie wissen, wen sie das zu verdanken haben!", entgegnete die Königin entschlossen. "Du wirst hier bleiben… Ich kann es nicht riskieren, dass dir etwa zu stößt… Das heute war schon…".
Kiana setzte sich stöhnend auf ihr Bett, bevor sie weitersprach. "...Das heute war schon schlimm genug… Ich hatte Angst um dich…".
"Aber es ist doch meine Aufgabe dich zu beschützen! Dafür habe ich mein Eid geleistet!", sagte die Oberkommandantin rasch.
"Das schon… Wahrscheinlich bist du auch die einzige in diesen Zeiten, die ihren Eid wirklich ernst nimmt… Aber umso mehr Zeit ich mit dir verbringe, desto mehr Angst habe ich.. Angst, dass dir etwas zustößt… Angst dich zu verlieren… Angst vor dem, was noch passieren wird...", erklärte die Königin. Ehe Sanya antworten konnte, ergriff Kiana wieder das Wort, während sie sich die Stirn rieb. "Nein! Bitte sag nichts!".
Sie ließ sich rücklings auf das Bett fallen und rutschte hoch zu ihrem Kissen. Sie bedeckte ihre inzwischen ausgekühlten nackten Beine mit ihrer Decke und klopfte neben sich auf das Bett.
"Komm lieber her zu mir und Wärme deine Königin… Der Tag war anstrengend und ich will dich spüren, Sanya!".
Sanya schien nicht lange zu zögern, entfernte ihre Rüstung und hüpfte zu Kiana in das Bett. Die junge Maia bedeckte ihre Oberkommandantin ebenfalls mit ihrer Decke und schmiegte sich an ihr. Endlich verspürte sie wieder das warme Gefühl, dass in ihr aufstieg, wenn sie bei Sanya war. All die negativen Gedanken verschwanden aus ihrem Kopf und sie konnte entspannen. Sie streckte sich zu Sanya, um sie ein paar mal zu küssen und die Ereignisse des Tages ertragbar zu machen…


Kiana Vaneryen in ihrem Gemach…
Titel: Minas Tirith
Beitrag von: Saizo am 15. Mär 2021, 13:45
Minas Tirith (Gondor)



Sanya in der Weißen Festung

Sanya lag noch eine ganze Weile wach, auch nachdem Kiana bereits eingeschlafen war. Nach den Dingen, die am vergangenen Tag geschehen waren, bekam sie so schnell kein Auge zu. Und außerdem hatte ihr das, was die Königin gesagt hatte, schon länger zu denken gegeben.
Sie spricht immer wieder von Liebe, dachte Sanya, Aber kann das wirklich die Wahrheit sein? Sie nahm sich vor, Kiana bei der nächsten Gelegenheit darauf anzusprechen. Es würde ein wichtiges Gespräch werden, da war Sanya sich sicher. Nur - wann würde diese Gelegenheit kommen? Das königliche Heer würde bald aufbrechen, und bis nach Arnor war es ein weiter Weg, selbst wenn man auf einem Drachen flog. Und Kiana hatte Sanya nicht gebeten, sie zu begleiten, woraus Sanya ableitete, dass die Königin von ihr erwartete, dass sie in Gondor blieb und den Machenschaften des Silbernen Schwans endlich ein Ende setze, so wie es die Pflicht verlangte.
Sanya kletterte vorsichtig aus dem Bett, um ihre Herrin nicht zu wecken, und setzte sich ans Fenster. Von draußen schien der Vollmond herein, der hoch über der Weißen Stadt stand und auf sie herab blickte. Die weißen Mauern und Türme spiegelten das Licht wider und verliehen der Stadt ein geheimnisvolles Funkeln. Irgendwo dort draußen treibt sich dieser Mistkerl herum, dachte Sanya. Das Gesicht ihres Feindes tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Wie bei ihrer letzten Begegung in Anórien lächelte er sie herzlich an, doch Sanya wusste, dass er sie damit nur täuschen wollte. Jemand, der vor Mord und Terror nicht zurückschreckte, konnte kein guter Mensch sein.
Ein kleiner Rest Zweifel blieb, tief in ihrem Gedanken vergraben, was den Silbernen Schwan anbelangte. Sanya seufzte und zog sich an. Sie wusste einfach noch nicht genug über den Anführer der Aufständischen, um ihn richtig einschätzen zu können und seine Pläne zu durchschauen. Als sie ihren Gurt umgelegt hatte, traf sie eine Entscheidung. Sie würde die Spur nicht länger kalt werden lassen. Auch wenn es ihr einen Stich ins Herz versetzte, spürte sie dennoch, dass es die richtige Entscheidung war. Sie warf einen Blick auf die schlafende Kiana, dann ging sie zum Schminktisch der Königin hinüber und begann, einen Brief zu schreiben.

Kiana,

Wenn du dies liest, bin ich mit Mithrendan bereits losgezogen, um dem Aufstand, der dich beinahe das Leben gekostet hätte, ein Ende zu bereiten. Ich habe zu lange gezögert und vielleicht ist die Spur bereits erloschen, aber ich muss es wenigstens versuchen, das bin ich dir und dem Reich schuldig. Ich weiß, dass du dir wünschst, dass ich die Verräter in Gewahrsam nehme und dass ich deshalb nicht mit dir nach Arnor ziehen soll. Ich bin mir sicher, dass du auch ohne meine Hilfe im Norden Erfolg haben wirst, aber ich bitte dich dennoch um Vorsicht. Unterschätze diese Rebellen nicht. Sie haben Fornost eingenommen und einen Legaten besiegt. Ich glaube, du wirst auf heftigen Widerstand stoßen, aber ihn mithilfe deiner treuen Soldaten überwinden können.

Ich habe unsere gemeinsame Zeit genossen, Kiana. Wenn wir einander wiedersehen, sollten wir uns in Ruhe darüber austauschen, wie wir zueinander stehen. Ich für meinen Teil kenne meine Aufgaben und werde sie im besten Interesse des Reiches und seiner Königin versuchen zu erfüllen. Ich werde alle Befehle befolgen die du für mich hast und dir treu dienen, das schwöre ich bei meiner Ehre.

Sanya Terelos

Unter ihren Namen setzte Sanya das Siegel ihres Hauses; eine uralte Elbenrune, die für die Buchstaben T-R-L-S stand. Dann warf sie sich ihren schwarzen Umhang um die Schultern und öffnete die Tür des königlichen Gemaches. In diesem Moment regte sich Kiana im Schlaf, und Sanya erstarrte, doch die Königin erwachte nicht. Sanya gab sich einen Ruck und trat hinaus auf den Gang, wo die beiden dort postierten Ostlinge sie ausdruckslos musterten, sie jedoch nicht aufhielten. Sie schenkte beiden ein knappes Nicken, dann schloss sie die Tür und machte sich auf die Suche nach Mithrendan.

Sie fand ihren alten Freund in den Häusern der Heilung, nachdem sie einige Soldaten nach Mithrendan gefragt hatte. Er hatte sich bereit erklärt, den Heilern bei der Verpflegung der vielen Verletzten des Anschlags ein wenig zur Hand zu gehen. Sanya war nicht überrascht, Mithrendan zu so später Stunde noch immer bei der Arbeit vorzufinden. Sie betrat den zentralen Gebäudekomplex der Heilhäuser und entdeckte Mithrendan dabei, wie er einen großen Stapel Verbände in Richtung des Lazaretts auf der Rückseite des Gebäudes schleppte. Kurzerhand nahm sie ihm die Hälfte des Stapels ab und half ihm bei der Lieferung, dann nahm Sanya ihn beiseite, damit sie ungestört reden konnten.
"Noch auf den Beinen zu so später Stunde?" wollte Mithrendan wissen.
"Ich habe schon genug geschlafen," entgegnete Sanya. "Es wird Zeit, dass wir uns wieder auf die Jagd nach dem Schwan machen."
"Oho! Hast du also genug von der geruhsamen Gesellschaft der Königin, hm?" Selbst im Zwielicht konnte Sanya Mithrendans belustigtes Lächeln sehen.
"Sehr witzig. Du weißt genau, dass die Spur kalt werden wird, wenn wir ihr nicht folgen."
"Das habe ich bereits, wenn du es wissen willst," sagte Mithrendan. "Als du in den Palast gegangen bist, habe ich mich in den Gärten genauer umgesehen und..."
"Nun spuck's schon aus, Mithrendan."
"Wusstest du, dass man aus den Gärten durch eine unscheinbare Hintertür direkt in die königlichen Ställe gelangen kann? Das haben unsere Attentäter getan, und sie haben zwei Meldereiter überfallen und bewusstlos geschlagen. Ich habe die beiden Burschen gefesselt und geknebelt hinter einem großen Heuhaufen im Keller der Ställe gefunden. Sie konnten mir die Angreifer beschreiben und haben sogar gesehen, welche Pferde die beiden mitgenommen haben."
Sanya war beeindruckt und schöpfte neue Hoffnung. "Also suchen wir nach zwei Verrätern, die sich als Meldereiter ausgeben? Weißt du zufällig auch, wohin sie geritten sind?"
"Nach Süden. Die Torwächter haben zwei Reiter passieren lassen, auf die die Beschreibung passt. Einer der beiden hat einen dicken, buschigen Bart, einen roten. Der andere ist unauffälliger, bis auf eine kleine Narbe auf der linken Wange. Wenn wir noch heute losreiten, können wir ihnen bestimmt folgen."
"Ich wette, sie sind auf dem Weg nach Dol Amroth," überlegte Sanya, während sie losmarschierte, gefolgt von Mithrendan. "Erinnerst du dich an den Stofffetzen, den wir gefunden haben?"
"Ja, aber der Schwan der darauf abgebildet war, war weiß und nicht silbern," sagte Mithrendan, als sie gerade die Häuser der Heilung verließen.
"Die Königin vermutet, dass Galador von Dol Amroth dahintersteckt..."
"Ist er nicht seit der Sache in Minas Tirith verschollen?"
"Ja... aber er scheint noch am Leben zu sein. Trotzdem..."
"Was ist, Sanya?"
"Ich habe den Mann gesehen, der in Anórien behauptet hat, der Silberne Schwan zu sein, und ich denke nicht, dass er gelogen hat. Aber das war nicht Galador. Er war deutlich jünger..."
"Villeicht ein Untergebener. Oder die Königin irrt sich in ihrem Verdacht," überlegte Mithrendan.
"Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen," beschloss Sanya. "Falls Galador wirklich dahinter steckt, sollte er besser ein Auge auf den Himmel über ihm haben. Die Königin wird bald nach Norden reiten..."
"Auf ihrem Drachen?"
"So ist es," bestätigte Sanya. "Falls Galador sich in Arnor versteckt, steht er vielleicht auch mit den dortigen Rebellen in Verbindung..."
"Also führt der Weg unserer Königin nach Norden, während wir uns nach Süden wenden," bemerkte Mithrendan. Mittlerweile waren sie vor den Stallungen angekommen und ließen sich zwei frische Pferde geben.
"Es ist nicht zu ändern," sagte Sanya leise.
Mithrendan kletterte in den Sattel und warf ihr einen verwunderten Blick zu. "Klingt ja fast, als ob dich das stören würde." Er grinste frech.
"Behalte deine Gedanken besser für dich," sagte Sanya drohend und stieg ebenfalls auf ihr Pferd. "Los jetzt! Die Nacht ist schon halb vorbei, und unsere Beute hat einen großen Vorsprung!"
Sie preschten los und ließen Minas Tirith bis auf Weiteres hinter sich, um der Straße in Richtung Dol Amroth zu folgen.
Titel: Minas-Tirith, Weiße Festung (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 16. Mär 2021, 21:02
Minas-Tirith, weiße Festung (Gondor)
Kiana im Palast der weißen Festung…


Die warmen Sonnenstrahlen kitzelte Kianas Nase und ließ sie so von ihrem langen erholsamen Schlaf erwachen.  Sie hatte tief und fest geschlafen. Ihre Träume waren ruhig. Gähnend streckte sie sich in ihrem Bett aus. Der Königin ging es an diesem Tag besonders gut. Gerade wollte sie seitlich greifen und Sanya davon erzählen, ihr sagen wie froh sie war die Frau an ihrer Seite zu haben, da stellte sie fest, dass Sanya gar nicht mehr neben ihr lag. Sie erhob ihren Oberkörper und sah sich in ihrem Gemach um, aber die Oberkommandantin war nirgends zu sehen. Enttäuscht verschränkte sie ihre Arme und lehnte sich an das Kopfende des Bettes. Die junge Maia seufzte. Wahrscheinlich war sie nur früh auf den Beinen und wollte sich vergewissern, dass auch keine Bedrohung mehr in der Nähe gewesen war.
Es klopfte an der Tür und riss Kiana kurzzeitig aus ihren Gedanken. Das muss Sanya sein!, machte sie sich selbst Hoffnungen. "Ja, tritt ein!". Dabei setzte sie sich auf.
Als die Tür sich öffnete, betrat nicht Sanya den Raum, sondern Loki mit gesenktem Kopf, der einige Briefe in seinen Händen hielt. Wieder enttäuscht ließ sie sich auf ihr Bett fallen.
"Du siehst nicht zufrieden aus, Kiana.", fing er besorgt an. "Hast du etwa jemanden anders erwartet?".
"Ja!", entgegnete sie energisch und kurz. Natürlich wollte sie, dass Sanya zurück in ihr Gemach kam.
"Auf wen wartest du denn dann?".
Zunächst zögerte sie. Kiana wusste genau, dass Loki es sich denken konnte.
"Wo ist Sanya?", fragte sie diesmal direkt.
"Ach Sanya… Sie ist schon in der Nacht abgereist, wie ich von den Wachen hörte…".
"Was du alles weißt…", erwiderte sie genervt und zog eine Augenbraue hoch.
"Ich muss ja bestens informiert sein, um dich zu beschützen!", sagte er grinsend. Sie beobachtete nur, wie sich Loki über ihren Schminktisch beugte. Neugierig versuchte sie zu sehen was er dort machte. Unter ihm lag nur ein Stück Papier.
"Vielleicht steht es ja hier…", sagte er plötzlich. Sofort sprang Kiana auf und eilte zu Loki. So schnell sie konnte schnappte sie sich das Schriftstück und las es sich durch. Es war wirklich ein Brief Sanyas. Sie sprach davon, dass sie Die Zeit mit der Königin sehr genossen hatte und den silbernen Schwan ein für alle mal erwischen wollte, damit Kiana endlich sicher war. Sie seufzte und ließ sich wieder auf das Bett sacken.
"Was ist?", fragte Loki. "Stimmt etwas nicht?".
Kiana schüttelte nur den Kopf. Eigentlich hoffte sie darauf, dass Sanya sie in den Norden begleitete. Sie wollte ihre Oberkommandantin in ihrer Nähe wissen. Doch nun war sie einfach verschwunden. Genau wie Thirak damals bei. Wieder presste sie einen deutlichen Seufzet hervor, denn sie war mehr als beunruhigt und unzufrieden. Vor allem ,aber, wusste sie nicht wie sie mit derartigen Gefühlen umgehen sollte.
Rede dir nichts ein,dachte sie sich. Sie sagt doch dass sie weg ist um den silbernen Schwan zu fangen! Also brauche ich mir keine Sorgen machen!
Sie sah zu Loki auf, der sie die ganze Zeit mit seinen Augen fixierte.
"Außerdem ist Legat Fenrist aus Mordor  hier…", fing Loki an zu erzählen, "...Es gibt wohl beunruhigende Nachrichten aus Mordor…".
Noch mehr schlechte Neuigkeiten? Waren die Rebellen im Norden und die Aufstände in Gondor nicht genug? Sie war all den Ärger Leid. Vor Zorn ballte sie ihre Faust und erhob sich. Die Königin zog ihr Nachthemd aus um schnell in ihr schwarzes Kleid zu hüpfen. Ihr war es klar, dass Loki sie dabei ganz genau beäugte.
"Sag dem Legaten…", sagte sie stöhnend, während sie ihre Kleidung anzog, "...Dass ich ihn gleich im Thronsaal erwarten werde…".
Als sie endlich ihr Kleid an hatte, bemerkte sie, dass Loki noch immer dort an der Tür stand und starrte.
"Was ist? Wird es bald?", befahl sie ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. Nachdem sie diese Worte sagte, dauerte es nicht lange und Loki verschwand.
Kopfschüttelnd und mit einem leichten Lächeln auf den Lippen nahm sie noch einmal den Brief Sanyas in ihre Hände. Sorgfältig las sie ihn nochmal durch. Ihr fiel vor allem eine Zeile auf. Wenn wir einander wiedersehen, sollten wir uns in Ruhe darüber austauschen, wie wir zueinander stehen, las sie die Stelle in ihrem Kopf mehrere male durch. Was meinte sie damit? Wollte sie klar stellen, dass sie für Kiana nicht das gleiche fühlte? Oder wollte sie ihr doch auch ihre Liebe gestehen?
Beide Gedanken verursachten ihr Bauchschmerzen. Sie entschied sich aber in den Thronsaal zu gehen und endlich den Legaten von Mordor zu treffen. Ablenkung würde ihr sicher gut tun. Außerdem musste sie sich um die Belange ihres Volkes kümmern. Sie war immerhin die Königin.

Schnell lief sie in den Thronsaal. Dort warteten auch schon Legat Fenrist zusammen mit Loki. Der Theonsaal befand sich noch weiter in Reperatur, die streng von Soldaten bewacht wurde. Fenrist war anders als die übrigen Ostlinge der Armee. Er trug sein Haar nicht ganz kurz. Auch hatte er im Gegensatz zu den übrigen Ostlingen keine braunen sondern blaue Augen. Kiana stand vor dem deutlich größeren Mann und begrüßte ihn sanft auf Ostron, der die Begrüßung mit einer Verbeugung erwiderte.
"Ich hoffe ihr hattet eine angenehme Reise und einen ehrbaren Empfang, Legat Fenrist…", fing Kiana an. "...Ihr seid sicher nicht umsonst persönlich nach Minas-Tirith gekommen um mit mir zu sprechen…".
"Danke, meine Königin, alles verlief nach meiner besten Zufriedenheit! Auch stellt es mich zufrieden, euch wohlauf zu sehen, nachdem ich von der Barbarei hörte, die hier passierten… Wäre ich hier gewesen, hätte ich es verhindert! Umso mehr schäme ich mich, dass es meinen Brüdern nicht gelungen ist…", entgegnete Fenrist und senkte dabei sein Haupt.
"Da bin ich mir sicher!", sagte Kiana, "Aber meine liebste…Ähm…". Die Königin räusperte sich bevor sie fortfuhr. "...Eine meiner treuesten Kommandantinnen ist den Attentätern auf der Spur…".
"Nicht einer der Ostlinge?".
"Nein…", zog Kiana das Wort in Länge.
"Es sollte einer meiner Brüder sein… Am besten ich selbst…", sagte er sofort.
"Ich weiß euren Ehrgeiz zu schätzen, Fenrist! Ihr gehört zu meinen fähigsten Kämpfern… Habt Grauer Staub in der Schlacht von Carn-dûm gerettet, habt euch in der Schlacht von Minas-Tirith bewiesen!", erwiderte Kiana und schnappte sich seine Hände. "Ihr müsst für mich in Mordor sein, da ihr derjenige seid, der dafür gemacht ist es zu verwalten!".
"Was Mordor angeht…", schnaubte der deutlich größere Krieger, "...Die alten Meister aus Harad haben unsere Karawanen angegriffen…".
Kiana zuckte fast zusammen, als sie die Worte hörte. Lange hatte sie nichts mehr von den Meistern gehört, seit sie aus Umbar abgereist war.
"Die Meister aus Harad? Seid ihr euch da sicher?", bohrte sie nach. Der Legat nickte ihr zu. "Das kann nicht sein…", sagte sie leise vor sich hin.
Das muss daran liegen, dass Loki aus Umbar gegangen und einen Großteil der Armee hierher verschifft hat…, dachte sich die junge Maia verärgert. So gerne wollte sie ihm schimpfende Worte an den Kopf werfen. Doch sie versuchte ruhig zu bleiben. Sie wandte sich mit einem Lächeln an Fenrist.
"Seht ihr… Genau deshalb braucht Mordor euch! Ich werde dafür sorgen, dass ein Teil der Armee zur Unterstützung mit euch reisen wird… Außerdem werde ich dafür sorgen, dass ihr genug Mittel zu Bekämpfung der Aufständischen aus Harad habt!", sagte sie sofort. "Ich möchte dass ihr euch sofort darum kümmert… Die Meister müssen vernichtet werden…".
"Aber… Ich habe versagt…", wollte er gerade sagen, doch Kiana unterbrach an. "Tscht!", machte sie nur und stellte sich auf ihre Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. "Die Meister aus Harad sind unser Feind! Sie haben dich und deine Brüder versklavt und das einzige was zählt ist, dass sie bekämpft werden!", sagte sie energisch. "Du solltest dich am besten sofort auf dem Weg machen!".

Der Mann verneigte sich vor ihr und stampfte hinaus. Kiana sah ihm noch eine Weile hinterher, bis sie bemerkte, dass Loki von einem Boten einen Brief in die Hände gedrückt bekam. Skeptisch sah die Königin zu ihm rüber, denn Loki sah nicht besonders begeistert davon aus, was in diesem Brief stand. Rasch lief sie zu ihm.
"Was ist?", sagte sie äußerst grob.
"Ich weiß nicht ob du jetzt…", sagte Loki gerade, da versuchte Kiana ihm den Brief aus den Händen zu reißen, aber der Reichsmarschall wollte nicht locker lassen.
"Gibst du mir jetzt den Brief?", fauchte sie ihn an. "DAS IST EIN BEFEHL!".
Dabei wurde sie lauter, sodass ihre Stimme im ganzen Saal hallte. Seufzend überließ er ihr endlich das Schriftstück und hielt seine seine Hand vor dem Gesicht. Kiana beäugte ihn noch kopfschüttelnd. Als sie sich dem Brief zuwandte, konnte sie ihren Augen nicht trauen. Er trug das Siegel des Hauses Stark. Jene Familie, die damals vor der Herrschaft Kianas, Angmar beherrschten. Unterzeichnet war we von Lynn Stark. Schnell und aufgeregt las sie sich die Worte durch, die von einer Bedrohung für Angmar und demi gesamten Norden sprach. Es ging um ein Mädchen, die außergewöhnliche Kräfte besaß und damit ganze Armeen vernichtete. Sie sollte darauf aus sein zuerst die Krone Arnors, Angmars und dann des gesamten Reiches von Mittelerde zu bekommen. Kiana blieb die Spucke im Hals stecken. Octavia Sagitta, die Tochter Thurions versucht Schrecken im Norden zu verbreiten, hieß es an einer Stelle. Octavia ? Am leben? Doch wie kann das sein? Hatte sie den Sturz doch überlebt?
In Kianas Kopf waren so viele Fragen. Sie bekam ein drückende Gefühl in sich drinnen. Nicht nur weil es eine neue Gefahr für sie selbst war, sondern auch weil sie an ihre frühen Jahre denken musste. Die Jahre an denen ihre Kräfte zum Vorschein kamen und andere sie für ein Monster hielten ließ. In gewisser Weise bekam sie etwas Mitleid. Doch für sie stand das Reich im Vordergrund. Aber auch ohne eigene Macht, die dadurch gefährdet war.
Niemand außer ich darf solche Kräfte besitzen! Alle anderen würden sie nur für sich selbst missbrauchen!, dachte sie sich und schlug den Brief Loki vor die Brust, der schnaufend zusammen zuckte.
"Da hat deine kleine Freundin wohl doch überlebt…", sagte sie und klang dabei streitlustig. Deshalb antwortete Loki vermutlich nicht.
"Du hast wohl gelesen, was mit ihren Kräften ist… Ich hatte von Anfang an recht… Sie wird behaupten Anspruch auf den Thron zu haben und mich verdrängen wollen…".
"Kiana, das stimmt doch nicht… Sie ist nun mal deine Schwester…", entgegnete Loki besorgt.
"Es spielt keine Rolle, welche Kräfte sie besitzt, oder wer sie ist… Arnor soll in Flammen aufgehen…", machte sie erbost deutlich. "Sorg dafür, dass die Armee heute noch abmarschbereit ist…".
"Aber Kiana…".
Mit ihrem Blick verdeutlichte sie die Ernsthaftigkeit ihrer Entscheidung. Loki senkte nur den Kopf.
"Gut, ich werde mich dann auch…".
"Nein, du wirst hier bleiben!", befahl sie direkt. "Du bist der Reichsmarschall und musst mich vertreten… Auch wenn es mir fast widerstrebt…".
"Kiana du weißt, dass ich dich nicht enttäuschen würde…".
Die Königin zog ihre rechte Augenbraue hoch und sah ihn misstrauisch an. Eigentlich war sie sich sicher, dass sie Loki vertrauen konnte. Doch wenn es um Octavia ging, war sie sich skeptisch.
Erbost lief Kiana aus dem Thronsaal hinaus und hörte dabei die letzten Worte Lokis nicht mehr wirklich, der ihr noch hinterher rief, Sanya über den neuen Vorfall durch einen Boten zu informieren. Kiana war nur noch froh, wenn der Alptraum endlich ein Ende Hatte und das Reich im Frieden unter Kiana bestehen konnte.


Kiana im Palast von Minas-Tirith…

Titel: Re: Gondor
Beitrag von: Saizo am 29. Mär 2021, 16:51
Dol Amroth (Gondor)



Sanya und Mithrendan erreichen Dol Amroth...

Sie waren der Fährte entlang der großen Straße von Minas Tirith durch den gesamten östlichen Teil von Gondor gefolgt, bis sie ihr Weg wieder zurück nach Dol Amroth geführt hatte - dort, wo der ganze Ärger mit dem Silbernen Schwan einst angefangen hatte. Unterwegs waren die beiden Männer, die Sanya und Mithrendan verfolgten, ihnen immer ungefähr einen halben Tagesritt voraus gewesen, doch zum Glück waren sie nicht ein einziges Mal von der Straße abgewichen und immer wieder fanden Sanya und Mithrendan Augenzeugen, die sich an die beiden Verdächtigen erinnerten und gesehen hatten, in welche Richtung sie sich davongemacht hatte.
"Tja, da wären wir also wieder," sagte Mithrendan als er aus dem Sattel stieg. Sie hatten das große Tor der mächtigen Stadt durchquert und waren direkt dahinter rechts abgebogen, um in einen großen Hof zu gelangen. Hier befanden sich die öffentlichen Stallungen. Sanya wusste, dass die berühmten Ritter von Dol Amroth weiter oben in der Stadt noch einige Ställe besaßen, doch sie war bislang nicht dort gewesen.
"Halt' die Augen offen," sagte sie und folgte gleich ihrem eigenen Rat, indem sie sich aufmerksam umschaute. "In einer so bevölkerten Stadt wird es nicht leicht sein, unsere zwei Verdächtigen aufzuspüren."
"Vielleicht sollten wir uns aufteilen," schlug ihr alter Freund vor. "Du könntest den hiesigen Legaten um Unterstützung bitten. Immerhin ist hier in Dol Amroth eine starke Garnison stationiert. Wenn die Jungs alle dabei helfen, die Augen offen zu halten, werden wir die Kerle bestimmt bald aufgespürt haben."
"Gute Idee," meinte Sanya nachdenklich. "Und was wirst du in der Zwischenzeit tun?"
"Das, was ich am besten kann," grinste Mithrendan und verschwand durch eine nahgelegene Türe. Als Sanya sich das Gebäude ansah, in das er gegangen war, verdrehte sie nur seufzend die Augen. Es handelte sich um eine Taverne.

Während Sanya die Straßen von Dol Amroth hinauf in Richtung des Fürstenpalastes ging, dachte sie über ihre aktuelle Lage nach. Mithrendan würde sich wie immer perfekt unter das einfache Volk mischen und so an seine Informationen kommen. Sie beneidete ihn gleich aus zwei Gründen deswegen: Einerseits wegen seiner Lockerheit und Fähigkeit, Menschen einfach so zu durchschauen und kennenzulernen, und andererseits, weil Sanya wenn sie ehrlich war, am liebsten mit ihm gegangen wäre. Die königlichen Legaten hatten etwas an sich, das sie nicht genau beschreiben konnte, das ihr aber immer wieder einen kalten Hauch den Rücken herunter laufen ließ.
Sie stapfte die Stufen zum großen Eingangsportal des Palastes hinauf und zeigte den Soldaten, die dort Wache hielten, ihr Rangabzeichen, damit man sie hindurch ließ. Wie bei ihrem letzte Besuch im Palast fand Sanya den Ostling-Legaten in seinem Arbeitszimmer vor, das hinter dem großen Schreibtisch durchs Fenster einen guten Blick auf die Bucht von Belfalas und das Meer bot.
"Was gibt es?" fragte der Ostling knapp und musterte Sanya abwartend.
"Ich benötige Eure Hilfe, Legat," stellte Sanya klar. "Wir sind auf der Suche nach zwei Verdächtigen, die an dem Anschlag auf unsere Königin beteiligt waren."
"Natürlich," sagte der Legat und verzog keine Miene.
Sanya gab ihm die Beschreibung der beiden Gesuchten und bat den Legaten, diese an seine Soldaten weiterzuleiten. Sie sollten den Befehl bekommen, die Verdächtigen lebend zu fassen und in den Kerker zu werfen.
"Wäre das dann alles?" wollte der Legat anschließend wissen, nachdem er den Befehl bestätigt hatte.
"Ja," sagte Sanya sofort. "Vielen Dank für die Unterstützung."
"Natürlich," wiederholte der Ostling erneut. Dann senkte er den Blick und konzentrierte sich wieder auf die Dinge, die auf seinem Schreibtisch ordentlich aufgestapelt waren. Sanya wusste, dass sie damit aus der Audienz entlassen war.

Als sie den Palast gerade verlassen wollte, kam ihr ein Mann entgegen.
"Lady Terelos? Das ist aber eine schöne Überraschung!"
Sanya musste sich sehr zusammenreißen um nicht frustriert zu klingen. "Meister... Deneril." presste sie hervor. "Was tut Ihr hier in Dol Amroth? Seid Ihr mir etwa gefolgt?"
"Mitnichten!" Deneril lachte auf nervtötende Weise. "Ich brach direkt nach der königlichen Feier zu den Häfen von Minas Tirith auf, wo ein Schiff auf mich wartete und mich hier in die Stadt der Schwäne brachte. Ihr wisst schon, Geschäfte, Geschäfte... das Leben eines Händlers steht niemals still! Ich bin gewiß vor Euch hier eingetroffen. Gerade wollte ich mit dem guten Legaten sprechen, ob er sich nicht überlegen könnte, die Zölle am Hafen unten ein wenig... zu senken. Wir alle hätten etwas davon! Diese Stadt befindet sich im wirtschaftlichen Aufschwung, und das wollen wir doch nicht bremsen, nicht wahr? Die Königin - möge sie lange und gerecht über uns herrschen - möchte doch, dass es den Menschen besser geht, und ich kann ihr helfen, dafür zu sorgen. Wenn ich meine Waren günstiger zu den Städten Gondors bringen kann, dann kann ich die Preise senken und mehr Menschen können sie sich leisten. Das versteht Ihr bestimmt, Lady Terelos, da Ihr so eine kluge Frau seid. Oh! Da fällt mir ein, wenn Ihr schon in Dol Amroth seid, besucht mich doch in meinem Handelskontor, unten am Hafen! Natürlich erst nach meiner Verhandlung mit dem Legaten, versteht sich. Ich könnte Euch ein paar wundervolle Dinge zeigen und Euch natürlich einen Freundschaftspreis dafür anbieten... das Kleid, das Ihr bei der königlichen Feier getragen habt war wundervoll, aber wenn Ihr erst die Gewänder gesehen habt, die ich dort unten bereitgestellt habe..." Er machte eine ausschweifende Geste mit der linken Hand und seufzte wohlig. "Ihr würdet atemberaubend darin aussehen, meine Gute. Versprecht mir, dass Ihr vorbei schauen werdet, ja? Es ist gar nicht schwer zu finden, fragt einfach einen der Hafenarbeiter - die meisten können Euch den Weg weisen. Viele arbeiten sogar für mich!"
"Ich, also," schaffte Sanya es zu sagen, doch schon fuhr Deneril mit seinem Redefluss fort.
"Wundervoll! Also sehen wir uns dort. Einfach fantastisch! Nun, dann werde ich mich jetzt mal dem Legaten stellen. Ein unheimlicher Geselle, wenn Ihr mich fragt... aber das sind diese Ostlinge ja alle." Deneril hatte seine Stimme um eine Wenigkeit gesenkt als er das sagte. Dann legte er Sanya seine Hand auf die Schulter. "Wünscht mir Glück, Lady Terelos! Ach - nein, das habt Ihr schon getan, indem Ihr mich mit dieser schönen Begegung beglückt habt. So, und los geht es! Auf bald, meine Liebe!"
Sanya blieb an Ort und Stelle stehen. Der Wortschwall des Händlers hatte sie wie immer überrumpelt. Sie fluchte leise, dann schüttelt sie den Kopf und verließ endlich den Palast.

Einige Zeit später stand Sanya auf dem Wehrgang der mächtigen Stadtmauern Dol Amroths und dachte nach. Unter ihr verlief eine der kleineren Straßen, die außerhalb der Stadt von einem Tor zum nächsten führten, und auch auf diesem Weg waren viele Menschen unterwegs. Dol Amroth platzte beinahe vor Geschäftigkeit. Sanya fragte sich, woran das wohl liegen konnte. Eine Sache, die der Händler Deneril gesagt hatte, wollte ihr nicht aus dem Kopf gehen. Dol Amroth war die Stadt der Schwäne... und der Mann, den sie jagte, hatte sich als Silberner Schwan bezeichnet und trug das Wappen des Hauses von Dol Amroth bei sich, ein weißer Schwan auf hellblauem Feld. Und die Spur seiner Diener führte zurück hierher nach Dol Amroth. Die Königin verdächtigte Galador, den Bruder des einstigen Fürsten von Dol Amroth, der laut Kiana der letzte des uralten Adelshauses der Herren von Dol Amroth war. Aber... was wenn das nicht stimmte? Konnte noch jemand anders überlebt haben? Sanya wusste darauf im Augenblick keine Antwort.
Als sie an Kiana dachte, richteten sich ihre Gedanken auf andere Dinge. Einerseits war sie froh, für ein paar Tage oder Wochen nicht in der Nähe der Königin zu sein, denn alles was Kiana tat und was sie Sanya befahl, brachte Sanya so sehr durcheinander, dass sie sich vorkam als wäre sie zehn oder fünfzehn Jahre jünger und zum allerersten Mal verliebt. Aber andererseits hatte Sanya Kianas Gegenwart genossen und vor allem das Gefühl, geliebt oder gar begehrt zu werden hatte sich gut angefühlt. Mittlerweile hatte Sanya begonnen zu glauben, dass Kiana diese Sache tatsächlich ernst meinen könnte, und es nicht eine Art verdrehtes Spiel zur Unterhaltung der Königin war, die nur sehen wollte wie weit Sanya gehen würde und wie treu sie ihren Anweisungen Gehorsam schenken würde. Dennoch hoffte Sanya, dass ihre Herrscherin diese Sache, die sie miteinander hatten, auch eines Tages von einer rein körperlichen Ebene auf eine tiefer gehende Basis bringen würde, und sich ihr wirklich anvertrauen würde. Ihre innersten Gedanken mit Sanya teilen und nichts vor ihr verbergen würde. Sie hatten sehr wenig miteinander gesprochen, wenn sie alleine gewesen waren. Und gerade wenn sie auf ihren Missionen in Gefahr geriet oder harte Zeiten durchmachen musste, gab es einen kleinen, tief sitzenden Teil in Sanyas Herzen, der sich jemanden wünschte, der sie abends einfach in den Arm nahm und festhielt, bis sie wieder ihren Mut und ihre Kraft gefunden hatte, die sie brauchte um in dieser Welt zu überleben.
Seufzend sah Sanya einer Schwalbe dabei zu, wie sie in einigen Metern Entfernung vor der Mauer dahinsegelte. Frei zu sein wie ein Vogel, den kein Land oder Wasser halten konnte. Das wünschte sie sich in jenem Augenblick...
Titel: Minas-Tirith (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 30. Mär 2021, 09:48
Minas-Tirith

Kiana in Minas-Tirith…


Kiana hatte noch immer den Brief Sanyas in ihrem Kopf. Die Worte von ihr ließen der Königin keine Ruhe. Nachdem sie ihre Gefühle offenbarte, war sie doch nun so plötzlich verschwunden. Hatte es etwas damit zu tun? Liebte sie Kiana nicht und deshalb ging sie nun lieber weg, um den silbernen Schwan zu fangen?
Das konnte es aber nicht sein. Immerhin sagte Kiana ihr, dass sie nach der Feier weiter nach ihm suchen durfte. Es konnte ja auch genau umgekehrt ein Zeichen sein, dass Sanya ihre Geliebte Königin nur in Sicherheit wusste, wenn der silberne Schwan und seine Anhänger beseitigt waren.
Sie zog sich um, sodass sie Abreisebereit war. Ihre Reisebekleidung unterschied sich kaum von der normalen, außer dass diese aus dickerem Stoff war. Ihre Krone trug sie ebenfalls auf dem Kopf. Als sie rasch aus ihren Gemächern ging, traf sie nochmals auf Loki, der sie besorgt ansah. Kiana konnte sich schon denken was er sagen wollte.
"Loki… Wir hatten das alles eben schon…", wimmelte sie ihn nur ab.
"Ich mache mir nur Sorgen Kiana…", sagte er.
"Sorgen um deine Rebellen Freunde?", provozierte sie nur.
"Um dich natürlich… Ein einziger Pfeil muss dich treffen und das ganze Reich geht zu Grunde… Du bist die, die alles zusammenhält… Ohne dich bricht das ganze System auseinander…".
"Genug!", stoppe Kians ohne und fasste sich genervt an die Stirn. "Mir wird nichts passieren… Immerhin reite ich auf Ancalagon!".
"Und was ist mit Octavia?".
"Ach darum geht es dir…", entgegnete sie halb grinsend, da sie davon überzeugt war ihn doch ertappt zu haben.
"Wenn das stimmt und ihre Kräfte hervorgekommen sind… Das ist zu gefährlich!", sagte er ziemlich laut.
Kiana schüttelte nur den Kopf. Sie glaubte ihm kein Wort. Warum sollte sie auch so leichtsinnig sein und sich in Gefahr bringen? Er vergaß wohl wer sie war: Eine mächtige Maia mit einem Drachen an ihrer Seite. Sie war die Königin von ganz Mittelerde. Und außerdem musste sie dann erst recht für Ordnung sorgen. Jemand mit solcher Macht, der sie nicht kontrollieren konnte, war eine große Bedrohung für jeden einzelnen im ganzen Reich.
"Dann ist es erst recht meine Aufgabe, diese Gefahrenquelle zu unterbinden… Jemand mit solchen Kräften ist eine Gefahr für jeden!", sagte sie nur. Bevor Loki nur etwas sagen konnte, unterband sie seinen Versuch sie umzustimmen, sodass er nur stöhnte.
"Willst du nicht wenigstens nochmal auf Sanya warten, um mit ihr zu sprechen?", wagte Loki schließlich nochmal zu fragen. Kiana schüttelte nur den Kopf.
"Dafür ist keine Zeit… Außerdem kümmert sich Sanya hier um die Verräter.", entgegnete Kiana sicher. "Ich erwarte von dir, dass du einen freien Kopf hast und mich hier gut vertrittst!".
"Natürlich, meine Königin…", antwortete er widerwillig und biss die Zähne zusammen.
"Gut…", sagte Kiana breit lächelnd. Dann lief sie die lange Gänge des Palastes entlang, um hinaus zu gelang. Sie spürte Lokis Blick förmlich auf sich ruhen, der ihr hinterher sah. Als sie in einen Korridor stehen blieb und sich unbeobachtet fühlte, seufzte sie mit hängenden Schultern. Natürlich war sie sich nicht so gewiss. Aber sie hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Die Königin durfte keine Schwäche zeigen. Nicht jetzt.
Im Thronsaal traf sie die Hauptmänner und Generäle der Armee. Gemeinsam gingen sie auf den Hof der obersten Ebene der weißen Festung.

Begleitet von einigen Kommandanten der Armee und Loki schritt sie aus dem Palast hinaus auf die oberste Ebene von Minas-Tirith. Der verbrannte Rest vom alten weißen Baum Gondors ragte noch in der Mitte des Platzes hervor. Drumherum war ein Brunnen mit einem kleinen Garten gebaut.
Die schwarzen Ostlinge und ein Teil der Armee stand stramm und hörig. Kiana trat an sie heran. Alle von ihr salutierten.
"Heute ist der Tag, an dem wir unseren Feinden zeigen, dass es ein großer Fehler ist wenn man sich mit der Krone anlegt! Niemand hat das recht, einen Anspruch auf ein Land in Mittelerde zu erheben und die Menschen die dort leben zu unterdrücken!", rief sie.
Die Ostlinge und auch die Soldaten der Armee rammten zustimmend ihre Speere in den Boden, sodass ein lauter Ton durch das Gebirge erhallte.
"Ich habe dafür gesorgt, dass jeder Mensch in diesem Reich frei ist! Ich habe euch dazu erwählt diese Freiheit mit eurem Leben zu beschützen!".
Wieder rammten die Soldaten die Speere gegen den Boden.
"Heute ist dieser Tag! Heute werden wir in den Norden aufbrechen, um Arnor zu befreien!".
Die Ostlinge schlugen wieder das Ende der Speere gegen den Boden, während die normale Armee aus Berufssoldaten ihr zu jubelten. Kiana sah zufrieden auf ihre Armee und saugte die Zurufe ein. Es gab ihr das Gefühl, dass sie richtig handelte.
Kiana zögerte nicht lange und befahl den Abmarsch in den Norden. Die Königin sah der Armee noch hinterher, die mit Gesängen und Rufen, begleitet von Trommelschlägen, die von der obersten Ebene von Minas-Tirith marschierten. Die etlichen schwarzen Banner mit dem roten Drachen wehten im Wind.

Kiana seufzte zufrieden. Sie selbst wartete auf Ancalagon, der lautstark am Himmel schrie und um den Palast kreiste.
Nach wenigen Minuten landete er schließlich auf der obersten Ebene. Einige der Wachen, die keine Ostlinge waren, suchten Schutz und fürchteten sich vor der Kreatur. Kiana aber, streichelte Ancalagon noch und stieg stolz auf den Drachen. Na los Ancalagon, bring mich in den Norden!, sagte sie in ihren Gedanken. Es dauerte auch nicht lange und der schwarze Drache breitete seine Flügel aus, lief in Richtung des Ende des Vorsprungs der Ebene. Auf Ancalagon flog sie tief über der Stadt, bis sie außerhalb der Stadt war und immer wieder über der Stadt und Anduin flog. Sie wartete immer wieder auf die Armee, die natürlich deutlich langsamer war. Dennoch nutzte sie den Drachen, um ihre Macht vor ihrem Volk zu demonstrieren. Kiana hatte wieder dieses Gefühl der Freiheit. Das Gefühl, welches auch bald wieder die Menschen von Arnor fühlen werden, wenn sie die Rebellen besiegt.
Wenn sie erst den Norden befreite, erinnerten sich schon alle anderen daran, was mit den Verrätern aus Minas-Tirith passierte und werden ihre rebellischen Aktionen unterbinden...


Kiana auf Ancalagon in Richtung Arnor...
Titel: Dol Amroth
Beitrag von: Saizo am 8. Apr 2021, 10:10
Dol Amroth (Gondor)



Sanya und Mithrendan in Dol Amroth

Der folgende Tag brachte eine Veränderung der Situation. Zwar blieb Mithrendan bis auf weiteres verschwunden, was Sanya jedoch nicht beunruhigte. Sie vertraute ihrem alten Freund und wusste, dass er seine ganz eigene Art und Weise hatte, Nachforschungen anzustellen. Er würde mühelos in die undurchsichtigen Gefilde der Stadt eintauchen, dort, wo Dinge im Schatten geschahen, die den Augen der Wachen verborgen blieben.
Anstelle von Mithrendan war es einer der Ostlinge, der Sanya eine Nachricht brachte. Anscheinend war es den Männern des Legaten gelungen, einen der beiden gesuchten Verdächtigen zu fassen.
"Wenn Ihr den Gefangenen befragen möchtet, bringe ich Euch zu ihm," sagte der Ostling, und Sanya stimmte zu.

In den Verliesen des Fürstenpalastes angekommen stellte Sanya fest, dass es sich bei dem Gefangenen um den Mann handelte, den Mithrendan als "Narbengesicht" bezeichnet hatte, denn seine linke Gesichtshälfte war von einer gut sichtbaren Narbe auf der Wange verunstaltet. Der zweite Mann, der an seinem buschigen roten Bart zu erkennen sein sollte, war bislang nicht gefunden worden.
"Ah, sieh an," sagte der Gefangene, als er Sanya bemerkte. Schwere, eiserne Gitterstäbe trennten sie von ihm, doch das schien ihn nicht im Geringsten zu stören. "Da hat die Königin uns tatsächlich ihr neues Lieblingsspielzeug hinterhergeschickt. Was für eine Ehre!" Er betrachtete Sanya von oben bis unten, und sie kniff die Augen zusammen. Diesen abwertenden Blick kannte sie, und er gefiel ihr gar nicht.
Sie ging nicht auf seine Worte ein. "Wenn du mir hilfst, wird es einfacher für dich werden," stellte sie deutlich klar und verschränkte die Arme. "Sag mir wie du heißt und für wen du arbeitest."
"Meinen Namen will die kleine Sanya wissen?" spottete er. "Damit du nachts besser von mir träumen kannst?" Er machte eine obszöne Geste und grinste. "Indur Messerhand nennt man mich," fuhr er angeberisch fort. "Willst du wissen, wie ich diese Narbe bekommen habe, hmm?"
"Das ist mir ziemlich egal," sagte Sanya. "Wer hat dir und deinen Kumpanen den Auftrag gegeben, unsere Königin zu ermorden?"
"Tu nicht so als wüsstest du es nicht lägnst," sagte Indur etwas ärgerlich, ehe er wieder frech lächelte und seine Augen über Sanyas Körper gleiten ließ. "In dem schwarzen Kleid auf der Feier im Palast hast du mir aber besser gefallen. Willst du dich nicht umziehen? Eine Frau in Rüstung, wo soll das noch alles hinführen? Eine Frau auf dem Thron ist schon schlimm genug. Komm, tu mir den Gefallen, vielleicht erzähle ich dir dann ein bisschen über seine Pläne."
"Seine Pläne? Sprichst du von dem Kerl, der sich "Silberner Schwan" nennt?" hakte Sanya sofort nach.
"Er ist der Einzige, dem ich folgen würde. Er hat einen Plan für dieses Land. Ein Plan, in dem kein Platz für diese Drachenschlampe aus dem Osten ist. Ein Plan, der die richtigen Leute wieder an die Macht bringt und jenen, denen alles was ihnen rechtmäßig gehört, weggenommen wurde, wieder zurückgegeben wird!"
"Dass ihr den Adelsstand wieder einsetzen wollt, weiß ich längst..." merkte Sanya an.
"Und wieso arbeitest du dagegen?" wollte Indur wissen. "Du bist doch selbst eine ranghohe Lady."
"Weil ich meine Titel nicht brauche, um der Mensch zu sein, der ich sein will," antwortete Sanya. "Ich habe mir meine Position aus eigener Kraft erarbeitet."
"Pah!" Indur spuckte aus. "Du bist so hoch aufgestiegen, weil die Königin Gefallen an dir gefunden hat, das könnte selbst ein Blinder sehen. Aber wart's nur ab, bald wird sie sich ein neues Spielzeug suchen und dich fallen lassen."
Sanya sagte nichts. Indurs Worte hatten eine Angst in ihrem Herzen wachgerufen, der sie eigentlich keinen Raum geben wollte. Sie musste den Anschein erwecken, dass er nicht zu ihr durchdrang, aber ihr Zögern reichte ihm schon aus, um sie zu durchschauen. Er lachte dreckig.
"Du weißt, dass ich recht habe, kleine Sanya. Alles was du dir... "erarbeitet" hast, kann dir mit einem einzigen Fingerschnippen deiner Königin wieder genommen werden. Sie ist eine Tyrannin, Sanya. Das musst selbst du erkennen." Er kam ganz nahe an die Gitterstäbe heran. "Schließ dich unserer Sache an," flüsterte Indur verschwörerisch. "Ich weiß, dass der Schwan Gefallen an dir gefunden hat, sonst hätte er sich dir niemals so offenbart, wie er es in Anórien getan hat. Du könntest an seiner Seite stehen und für die Gerechtigkeit kämpfen. Den Menschen, die alles verloren haben, ihr Leben zurückgeben. Für Gondor kämpfen. Was sagst du?"
Sanya wich zurück. Ihre Fassade war längst zerbröckelt und sie starrte Indur mit geweiteten Augen an. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte, so sehr hatten ihn seine Worte erschüttert. Als sie nicht mehr weiter wusste, drehte sie sich um und hastete nach draußen.
Im Gang des Kerkers, der zurück nach oben führte, hörte sie von Ferne noch Indurs gehässiges Lachen, das sie verfolgte.

Sanya hatte sich in ihre Unterkunft geflüchtet, doch selbst dort blieb sie nicht lange allein. Kaum eine halbe Stunde nachdem sie dort angekommen war, klopfte es an der Tür. Sanya öffnete, und sah sich einer ihr unbekannten Frau gegenüber, die langes, blondes Haar hatte und ein hellblaues Kleid trug. "Ich heiße Váneth," sagte die Unbekannte mit leiser, wohltönender Stimme. "Und du musst Sanya Terelos sein, nicht wahr?"
Sanya nickte. "Was... gibt es?" fragte sie etwas holprig. Noch immer war sie ziemlich durcheinander.
"Mein Meister schickt mich. Ich habe eine Nachricht für dich, vom Lächelnden Schatten. Dem neuen Herrn der Unterwelt von Dol Amroth."
"Und wie lautet diese Nachricht?" wollte Sanya wissen. Von einem Lächelnden Schatten hatte sie noch nie gehört.
Váneth lächelte vielsagend. "Er lässt dich bitten, heute Abend auf seinem exklusiven Ball zu erscheinen. In angemessener Kleidung natürlich." Sie blickte an Sanya herab, die nach wie vor ihre Rüstung trug. "Im Austausch gegen deine Anwesenheit sollst du Informationen erhalten, die dir bei deiner... Mission von unschätzbarem Wert sein werden."
Sanya hob die linke Augenbraue. "Und warum sollte ich deinem Meister vertrauen? Das klingt für mich alles sehr nach einer Falle."
"Weil er die einzige Person hier in Dol Amroth ist, die dir helfen kann," sagte Váneth, als wüsste sie über alles Bescheid. "Lehnst du die Einladung ab, verfliegt die Gunst meines Meisters, denn im Augenblick... ist er dir sehr zugetan. Du musst nichts weiter tun, als auf dem Ball zu erscheinen. Es wäre dir sogar gestattet, eine Begleitung mitzubringen... von diesen unsäglichen Ostlingen mal abgesehen."
Aber meine einzige Begleitung, der ich vertraue, ist im Untergrund der Stadt verschwunden, dachte Sanya und hoffte, Mithrendan würde wie aus dem Nichts auftauchen, was natürlich nicht geschah. "Ich... werde alleine kommen," sagte sie nach einer langen Pause. "Wo findet der Ball denn statt?"
"Im Ballsaal des Theaters der Schwäne," erklärte Váneth lächelnd. "Es ist nicht weit vom Palast. Ich bin mir sicher, du wirst es finden."
Sanya nickt. Sie kannte das Gebäude. Einer der früheren Fürsten von Dol Amroth hatte es vor einigen Jahrhunderten erbauen lassen. "Das werde ich."
"Und für den Fall, dass du keine... passende Kleidung aus Minas Tirith mitgebracht hast..." erneut lächelte Váneth, als wüsste sie bereits, dass es tatsächlich so war.
"Ich habe in der Tat nicht daran gedacht, ein Ballkleid auf die Jagd nach zwei gefährlichen Verbrechern mitzunehmen", sagte Sanya sarkastisch.
"Mein Meister hat für diesen Fall vorgesorgt," erwiderte Váneth gelassen. "Sprich mit den Wachen vor dem Theater, ich werde sie informieren. Sie werden dich in einen Raum bringen, in dem du dich umziehen kannst, und dort wird etwas für dich bereit liegen. Komm aber rechtzeitig, damit du genug Zeit hast, um dich fertig zu machen!"
Sanya zögerte erneut. Es kam ihr alles noch immer sehr verdächtig vor, doch sie konnte nicht leugnen, dass Váneth recht hatte. Solange Mithrendan verschwunden blieb, war der Lächelnde Schatten Sanyas einzige Spur... falls es ihr nicht gelingen würde, noch mehr Informationen aus Indur herauszubekommen. "Ich... werde dort sein. Zu welcher Stunde werde ich erwartet?"
"Sei bei Sonnenuntergang vor dem Theater, das genügt," antwortete Váneth und lächelte zufrieden. "Und... mache dir keine Sorgen. Du wirst nicht in Gefahr sein."
Sie drehte sich um und trat einen Schritt von Sanyas Türe weg, ehe sie ihr den Kopf noch einmal zu wandte und über die Schulter sagte: "...Jedenfalls nicht mehr, als du es jetzt bereits bist."
Mit diesen Worten ging die geheimnisvolle Frau davon und war schon bald in der Menschenmenge auf den Straßen Dol Amroths verschwunden.
Titel: Umland von Dol-Amroth
Beitrag von: Darkayah am 16. Apr 2021, 20:56
Umland von Dol-Amroth

Kiana aus Arnor (https://modding-union.com/index.php/topic,36468.msg485321.html#msg485321) nach Dol-Amroth...


Lange Zeit dachte sie noch über das Vergangene nach. Plötzlich hörte sie all die Schreie der Menschen in ihrem Kopf, die in Minas-Tirith starben und die derer, die noch vor kurzem ihr Leben in Arnor lassen mussten. Auch wenn Kiana irgendwie versuchte die Stimmen zu ignorieren, wurde dies bald unmöglich. Die Schreie waren so laut, dass sie sich auf nichts anderes konzentrieren konnte.
Das war alleine schon gefährlich, weil sie auf dem Rücken ihres Drachen Ancalagon war, der geschmeidig über das weiße Gebirge flog.
War sie zu weit gegangen und alle hatten recht, dass sie nur noch aus reiner Machtgier handelte? Nur noch Angst davor hatte ihre Anerkennung und ihren Titel zu verlieren?
Kiana hatte so viele Seelen in den Krieg geschickt. So viele verloren ihr Leben. Dabei waren es doch die Menschen, die sie beschützen wollte vor den bösen Dingen dieser Welt. Nun wurde sie selbst zum Schrecken. Zur Dunkelheit.
Schon viel zu lange ließ sie die Finsternis in ihr Herz.
Die Königin konnte es den Rebellen nicht verübeln, dass sie sich gegen Kiana auflehnen. Sie konnte sie eher verstehen. Sie konnte Octavia verstehen, die versucht hatte Kiana zu töten.
Ich habe alles falsch gemacht, dachte sie sich erschüttert. Thirak hatte recht… Ich bin damals schon viel zu weit gegangen.
Kiana sah den Mann vor sich. Wie er bestürzt und gebrochen vor ihr stand, als sie Minas-Tirith niederbrannte. Den Mann den sie einst liebte und der in Wirklichkeit ihr Neffe war. Sie waren eine Familie und sie nahm es in Kauf, dass er getötet hätte werden können.
Genauso wie er gehörte Octavia zu ihrer Familie. Ganz gleich ob nur als Halbschwester oder Schwester. Beide Frauen hatten den gleichen Vater. Das gleiche Blut floss durch ihre Adern.
Kiana musste an die Worte von Robben Rogwyne denken, der ihr sagte, dass Octavia in Sicherheit war. Eine große Erleichterung machte sich in ihr breit. So wusste sie, dass ihre Halbschwester nicht von ihrem Angriff getötet wurde. Sie hoffte nur, Thirak könnte ebenfalls den Flammen entkommen. Sobald sie zurück in Minas-Tirith war, wollte sie sofort nach ihnen suchen lassen. Mit beiden über die Ereignisse Reden. Die Königin war sogar bereit dazu, Arnor freizugeben, damit Octavia und ihre Liebsten dort in Frieden leben konnten.
Was war schon ein Stück Land im Gegensatz zu den vielen Todesopfern, die Kiana selbst verursachte. Nichts.
Kiana war sich sicher, dass sie in Frieden Koexistent leben konnten. In Frieden und… Als Familie.

Kiana überflog das weiße Gebirge von Gondor mit Ancalagon. Die Wachposten der alten Leuchtfeuer waren noch immer bemannt. Neugierig sahen sie in den Himmel, als Kiana mit ihrem Drachen über ihre Köpfe hinweg flog. Sie mussten es gewohnt sein, dass der Drache oft am Gebirge aufhielt. Die Sonne stand schon tief am Horizont. Das Land war in einem Orange-Rot der Abenddämmerung gefärbt. Im schwachen Licht konnte Kiana die Menschen von West-Gondor sehen, die wie Ameisen in ihren Dörfern wuselten. Kiana freute sich schon endlich wieder Sanya sehen zu können. Sie wollte unbedingt mit ihr über ihre neuen Ideen sprechen.  Sie war die einzige, der Kiana vertraute. Die einzige, die Kianas Gedanken ernst nahm.
Loki würde sie wohl kaum noch für voll nehmen, wenn sie ihm von ihrem Wandel erzählte. Oder er fühlte sich dadurch nur bestätigt.
Sie kam sie ja selbst mehr als verrückt vor. Im ersten Moment tötete sie noch tausende von Menschen. Zerstörte die größten Städte von Arnor. Im nächsten Moment bereute sie all ihre Taten, wollte nur  noch alles rückgängig machen.
Die Königig seufzte tief, denn sie hoffte Dol-Amroth so schnell wie möglich zu erreichen. Sanya musste nur noch dort sein. Sie wollte nicht vorher nach Minas-Tirith zurück.

Das weite Meer Belegaer war sichtbar, genau wie die große Stadt von Dol-Amroth. Genau wie die Zitadelle auf einer Anhöhe, die der Sitz der ehemaligen Fürsten der Stadt war.
Noch nie hatte Kiana die Heimat ihres Widersachers Imrahil Imrazor gesehen. Dennoch strafte sie die Menschen von Dol-Amroth dafür ab, dass er von dort kam. Sei es durch Beschränkungen der Bevölkerung, Kontrollen oder das Geld, welches sie zwar von der Stadt nahm, diese aber verkommen ließ. Wahrscheinlich war es kein Wunder, dass der Silberne Schwan sich mit den Aufständischen aus Gondor gegen sie auflehnte. Sie fühlten sich ungerecht behandelt, in gewisser Weise ihrer Heimat beraubt.
Für Kiana stand fest, dass sie neben Thirak und Octavia auch den Silbernen Schwan nach Minas-Tirith einladen musste. Natürlich konnte sie ihm kein Land versprechen, aber sie kamen bestimmt auf einen gemeinsamen Nenner. Und wenn es nur der Abzug der Legaten und das Einsetzen von lokalen Verwalten war. Sanya konnte ihr sicher damit helfen. Kiana war davon überzeugt. Wenn die Menschen schon nicht auf Kiana hören wollten und ihr nicht vertrauten, würden sie es ganz sicher auf Sanya. Sie war eine starke Frau Gondors, die eine große Begabung hatte.
Das war auch einer der Gründe, warum sie sich sofort in die Frau verliebte.

Gerade flog sie über ein Waldstück hinweg, da schrie der Drache Ancalagon plötzlich wie aus dem Nichts auf. Kiana spürte nur einen Rückstoß, als wäre er von etwas getroffen worden.
Mit aller Kraft versuchte sie sich an den Stacheln des Drachen auf dem Rücken festzuhalten. Es war nicht so einfach, da er in der Luft eine Schieflage einnahm.
Als die Königin wieder halbwegs gefestigt auf dem Rücken saß, erkannte sie den großen Pfeil der am Ansatz des linken Flügels in seinen Schuppen steckte.
Kiana kannte diese Geschosse. Es waren die gleichen, mit denen Imrahils Männer Aranyon vom Himmel schossen.
Verzweifelt versuchte sie am Boden etwas zu erkennen. In der Dunkelheit erwies es sich alles andere als einfach. Vorsichtig ließ sie das Geflügelte Ungeheuer um das Waldstück kreisen.
Ich muss dringend für das Treffen aller Sorgen…, dachte sie nur. Sicher würde eine Übereinkunft für Frieden sorgen. Den Gedanken ausdenken konnte sie allerdings nicht.
Ein weiteres Geschoss traf den Drachen, sobald er wieder aufschrie und weiter in die Höhe flog. Kiana hatte so gut wie keine Kontrolle mehr über Ancalagon, so sehr sie es auch versuchte.
Selbst hoch in der Luft schlug noch ein drittes ein und sorgte dafür, dass mit einem Steilflug in Richtung Boden stürzte.
"Los, flieg nach oben!", schrie Kiana nur, doch der Drache reagierte nicht, sondern flog mitten auf das weiße Gebirge zu und Stoff die steinernen Wände. Kiana konnte sich dadurch kaum festhalten und wurde selber von einer Wand erfasst.
Voller Schmerzen rollte sie noch ein Stück weiter herunter. Schlug mehrere male mit allen Körperteilen auf. Ihre Kleidung zerriss dabei und sie verlor ihre Kleidung.
Als sie mit ihrem Kopf gegen einen Felsen schlug, wurde ihr schwarz vor Augen….


Titel: Dol Amroth
Beitrag von: Saizo am 21. Apr 2021, 12:30
Dol Amroth (Gondor)



Sanya in Dol Amroth

Als Sanya einige Zeit später - kurz vor Sonnenuntergang - am Theater ankam, sah sie, dass die Wachen sie tatsächlich bereits erwarteten. Man winkte sie durch einen der Nebeneingänge und zeigte ihr einen Raum, in dem sie sich ungestört umziehen konnte. Ihr geheimnisvoller Verbündeter hatte ein dunkelblaues Ballkleid für sie vorbereiten lassen, das Sanya wie angegossen passte. Sie wollte gar nicht wissen, woher dieser geheimnisvolle Drahtzieher ihre Maße kannte. Nachdem sie fertig mit dem Umziehen war, machte sie sich auf die Suche nach dem Saal, in dem sie auf den Lächelnden Schatten treffen sollte.

Die erste Person, die ihr am Eingang des Saals über den Weg lief, war ein vertraues Gesicht.
"Lady Terelos!" Die Stimme des Händlermeisters, Relon Deneril, ließ Sanya beinahe die Augen verdrehen. "Was für eine Freude, Euch hier anzutreffen! Ich hatte ja keine Ahnung, dass Ihr mit den eloquenten Kreisen der amrothischen Gesellschaft so gut vertraut seid, dass Ihr euch diesen exquisiten Ball nicht entgehen lassen. Ihr müsst mir verraten, wer Euch die Einladung beschafft hat. War es Ferthan? Oder Belrith? Oder gar unser großzügiger Gönner höchstpersönlich?"
"Ich war es, Relon," sagte Váneth, die urplötzlich neben dem schwatzenden Händler aufgetaucht war.
Für einen Augenblick verfinsterte sich die sonst so gut gelaunte Miene Denerils, doch der Moment verflog so schnell wie er gekommen war. "Oh, ich verstehe. Natürlich... ich hätte es ahnen müssen, dass zwei so starke und schöne Frauen nicht lange brauchen, bis sie zusammenarbeiten. Nicht wahr? Ich bin schon gespannt, was ihr in euren hübschen Köpfen so ausgeheckt habt. Ich sollte..."
"Du solltest langsam den Weg freigeben," sagte Váneth streng, aber lächelnd. "Du blockierst den Eingang, mein lieber Relon."
"Oh! Aber natürlich tue ich das," sagte der Händler und grinste. Er trat einen Schritt zurück, und eine große Menge von fein gekleideten Gästen strömte herein. Im entstehenden Gemenge verloren Sanya und Váneth den aufdringlichen Deneril glücklicherweise aus den Augen - oder vielmehr, er verlor die beiden Frauen aus den Augen.
"Das wäre geschafft. Du bist pünktlich, und wie ich sehe, hattest du bei der Ankleide keine Probleme," sagte Váneth anerkennend. "Ich denke, der Abend steht unter einem guten Stern. Ich werde nach meinem Meister schicken lassen, während du dich ein wenig mit der Halle vertraut machen kannst. Genieße die Verpflegung und mische dich unter's Volk! Je weniger du herausstichst, desto besser."

Sanya gab sich alle Mühe, Váneths Rat zu befolgen, doch es fiel ihr nicht leicht. Sie war noch nie jemand gewesen, der mühelos über belanglose Dinge sprechen konnte; sie kam lieber zum Punkt und sprach das an, was ihr am Dringendsten vorkam. So fand sie nur wenig Anschluss an die abendlichen Unterhaltungen der Gäste. Sie zog sich in Richtung des hinteren Teils des Saales zurück und begann, unauffällig die Anwesenden zu beobachten. Nach einer Weile konnte sie sie in drei Gruppen aufteilen: Da waren die Neureichen, wie Deneril, die unter dem einstigen König keinen Titel oder Rang besessen hatten und nun unter der Herrschaft der Drachenkönigin aufgestiegen waren. Dann gab es die ehemaligen Adeligen, die sich ihren Wohlstand durch Kooperation mit dem Legaten zumindest teilweise erhalten hatten. Und dann gab es eine dritte Gruppe, die in keine der beiden vorherigen Kategorien passte. Es waren Menschen, die entweder nicht so aussahen, als gehörten sie an einen solchen Ort, oder solche, die so aussahen, als wollten sie um jeden Preis den Anschein erwecken, unverdächtig und harmlos zu sein. Sanyas Erfahrung riet ihr, die dritte Gruppe am wenigsten aus den Augen zu verlieren. Sie aß ein wenig, rührte aber von den vielen alkoholischen Getränken nichts an, denn  sie wollte einen klaren Kopf bewahren.

Es verging eine halbe Stunde, in der der Ball seinen ganz gewöhnlichen Verlauf nahm. Dann traft der Gastgeber persönlich ein. Gespannt beobachtete Sanya, wie Váneth einen gut gekleideten, hochgewachsenen Mann in den Saal begleitete. Sein Gesicht war hinter einer Maske aus weißem, festem Stoff verborgen, die ein breites, aufgemaltes Lächeln zeigte. Hellbraunes Haar fiel ihm über die Schultern herab. Als er sich Sanya näherte, blitzten hinter der Maske zwei graue Augen auf.
"Guten Abend," sagte er mit angenehmer, volltönender Stimme. "Wie schön, Euch endlich persönlich zu begegnen, meine Liebe. Ich habe so viel von Euch gehört."
"Guten Abend," erwiderte Sanya höflich. "Welche Dinge habt Ihr denn gehört?"
"Oh, ich werde Euch nicht damit ermüden, sie alle aufzuzählen, keine Sorge," sagte ihr Gastgeber. "Dies überlasse ich Anderen, wie meinem guten Freund Relon Deneril."
Váneth gab ein amüsiertes Geräusch von sich. "Er ist ein Narr, aber ein gutherziger, nützlicher Narr," merkte sie an.
"Und was bin ich für Euch? Ebenfalls nur ein nützliches Werkzeug?" fragte Sanya kritisch nach.
"Mitnichten. Ich bin auf Eurer Seite, Teuerste," sagte der Schatten und nahm in einer flinken Bewegung Sanyas Hand. Sie war zu überrascht, um ihn daran zu hindern. "Tanzen wir. Dies ist ein Ball - mein Ball - und ich möchte sehen, wie bewandert Ihr seid."
Sanya zögerte einen Augenblick, doch dann ließ sie sich von ihm in die Mitte des Saales führen, wo bereits einige andere Paare zu der Musik tanzten, die von einer Gruppe Musikanten gespielt wurde.

"Ihr fragt Euch sicher, wozu ich all diesen Aufwand betreibe," sagte der Lächelnde Schatten, während er Sanya führte. Er war ein exzellenter Tänzer, und auch wenn Sanya die Schritte kannte, die von ihr erwartet wurden, hätte sie sich vollkommen auf seine Führung überlassen können.
"Ja," beantwortete sie seine Frage, ehe er sie einmal um ihre Achse drehte. "Das habe ich mich tatsächlich gefragt."
"Nicht wahr? Wir hätten uns ohne Probleme auch in einer verborgenen Zuflucht im Untergrund der Stadt treffen können. Aber dies... ist aufregender," sagte er, und Sanya konnte sein Lächeln hören, obwohl sie es unter der Maske nicht sehen konnte. "Hier, vor aller Augen der Öffentlichkeit Geheimnisse auszutauschen..."
Sanya konnte nicht verhindern, dass sich Verwunderung auf ihrem Gesicht ausbreitete. "Aber... ist das nicht gefährlich für Euch?"
"Gefährlich? Vermutlich. Aber seid unbesorgt, meine Schöne... ich habe hier alles absolut unter Kontrolle," sagte der Lächelnde Schatten amüsiert. "Für die Ostlings-Wachen ist dies nur ein weiterer, belangloser Exzess, dem sich die Oberschicht hingibt, anstatt an den Verschwörungen und Aufständen der letzten Zeit teilzunehmen. Sie sind es zufrieden, dass wir unseren Festen und Feiern nachgehen, solange wir keinen Ärger verursachen. Aber die Wahrheit ist viel spannender, nicht wahr? Denn wir tun mehr als nur zu feiern und zu tanzen. Ich tue mehr. Diese Stadt mag augenscheinlich von einem Legaten regiert werden, aber in Wirklichkeit... gehört sie mir."
"Ist das so?" fragte Sanya. "Und was gedenkt Ihr mit Dol Amroth zu tun?"
"Es zu dem Wohlstand zu führen, den es verdient. Die Drachenkönigin... sie verachtet diesen Ort, weil sie die Heimat ihres ärgsten Feindes war. Aber das sind nur die trotzigen Gedanken eines Kindes. Ich sehe mich in der Lage, diese... Ungerechtigkeit auszugleichen."
"Ihr kontrolliert die Händler und Warenlieferanten," stellte Sanya fest.
"Scharfsinnig," lobte er. "Aber mein Einfluss reicht deutlich weiter. Meine Leute sind überall in den wichtigen Posiionen der Stadt platziert worden. Ich bestimmt, wer Dol Amroth betritt, und wer es wieder verlässt."
"Bin ich also Eure Gefangene?"
"Oh, so etwas dürft Ihr nicht denken," sagte er freundlich. "Solange wir einander.... verstehen, dürft Ihr tun und lassen, wie es Euch beliebt," sagte der Schatten. "Sprecht mit Váneth, wenn Ihr weitere Fragen habt, und sie wird Euch darüber hinaus um einen Gefallen bitten. Seid so gut und helft ihr, meine Gute. Ich vertraue darauf, dass Ihr die richtige Entscheidung treffen werdet."
Er ließ ihre Hand los, machte einen Schritt zurück und verschwand im Trubel der tanzenden Menge. Sanya blieb allein und voller Fragen zurück.

Sie bahnte sich ihren Weg von der Tanzfläche und machte sich auf die Suche nach Váneth. Als sie die Frau schließlich entdeckt hatte, sah sie wie ein Page Váneth einige Dinge ins Ohr flüsterte, und die sonst so beherrschte Miene der Dame mit einem Mal erbleichte.
"Ist das wahr?" hörte Sanya Váneth aufkeuchen, und rasch näherte sie sich.
"Was ist geschehen?" fragte Sanya direkt.
"Die Silberne Schar hat sich offenbart," murmelte Váneth, die noch etwas bestürzt wirkte. "Ich hätte nicht erwartet, dass sie... so schnell handeln würden..."
"Wovon sprichst du?"
Da teilte sich die Menge, und der Lächelnde Schatten trat zu ihnen, die Arme ausgebreitet. "Dies sind unerwartete, wenn auch exzellente Neuigkeiten, meine Freunde," sagte er mit lauter Stimme und wandte sich an alle Anwesenden. "Dies ist nun die Stunde, in der wir unseren rechtmäßigen Platz einnehmen! Der Drache ist gestürzt worden, ihr guten Menschen von Dol Amroth. Die Männer des Silbernen Schwans haben die Bestie über der Stadt vom Himmel geholt, mitsamt seiner verhassten Reiterin. Wir sind frei uns zu nehmen, was uns zusteht."
Jubel brach aus, und alle Anwesenden begannen, wild durcheinander zu reden. Sanya konnte kaum glauben, was sie da hörte. Wie konnte das wahr sein? Kiana war doch weit weg, in Arnor...
"Váneth," hörte sie den Schatten noch in aller Ruhe sagen. "Geh und lass unseren werten Legaten wissen, dass er sich als abgesetzt betrachten darf. Seine Dienste werden nicht länger benötigt..."
Titel: Minas Tirith
Beitrag von: Saizo am 27. Apr 2021, 10:30
Minas Tirith (Gondor)

Sanya und Mithrendan reisen von Dol Amroth nach Minas Tirith

Die Ereignisse überschlugen sich in den wenigen Tagen nach dem mutmaßlichen Tod der Drachenkönigin. Der Aufstand in Gondor wurde zu einem landesweiten Flächenbrand, und es gelang den Rebellen, unter der Führung des Silbernen Schwans, die loyal zur Krone gebliebenen Ostlinge bis nach Minas Ithil zu vertreiben. Unter ihrem Kommandanten konnten die Ostlinge Minas Ithil und die Lande Mordors halten, doch der Rest Gondors wurde zu einem freien Königreich proklamiert, das übergangsweise von einem Rat von Adligen geführt wurde, der binnen eines halben Jahres zusammentreten wollte, um einen aus ihrer Mitte zum König zu krönen.
Die königliche Armee, soweit sie nicht aus Ostlingen bestand, wurde vor die Entscheidung gestellt, sich dem Rat zu unterwerfen oder ins Exil zu gehen. Der Großteil entschied sich dafür, ihre Posten zu behalten, nun allerdings unter anderer Führung. Sie legten das Drachenbanner ab und dienten wieder unter dem Weißen Baum, der als Landeswappen Gondors wieder eingeführt wurde.
In Dol Amroth wurde ein neuer Fürst ernannt. Sein Name war Alphros, und er behauptete von den einstigen Herren der Schwäne abzustammen. Ähnliches geschah in Pelargir und Linhir. Der Umsturz geschah so schnell und vollständig, dass die meisten Gondorer sich einig waren, dass die Sache bereits von langer Hand geplant und vorbereitet worden war.

Sanya und Mithrendan, der in all dem Chaos wieder aufgetaucht waren, beschlossen, bei der Armee zu bleiben, wenn auch nur unter falschen Vorgaben. Sanya erhielt zwar ihre Titel und Ländereien rings um Cair Andros zurück, doch wäre sie dorthin zurückgekehrt, wäre sie eine alleinstehende Fürstin gewesen, die sich vor Heiratsanträgen nicht hätte retten können. So blieb sie nominell bei der Armee und durte sogar ihren Rang behalten. Ihre Ländereien nahm sie nur symbolisch in Besitz, in Wahrheit ließ sie die Menschen sich dort weiter selbst regieren. Sie blieb eine ganze Weile in Dol Amroth, denn dass Kiana einfach so gestorben sein sollte, konnte sie nicht glauben und auch nicht akzeptieren. Tagelang durchkämmte sie mit Mithrendan die Wildnis, doch bis auf ein paar Spuren des Drachen, die ins Leere führten, fanden sie nichts.
Schließlich kam der Befehl aus Minas Tirith, dass sich die Führungsriege des Heeres dort zu versammeln hatte. Die neuen Grenzen des wiederhergestellten Königreichs Gondor sollten gesichert werden. Der Großteil der Soldaten, die in Arnor gegen die Rebellen gekämpft hatten, waren mittlerweile heimgekehrt und standen zur Verfügung. Der Hohe Rat von Gondor hatte große Ambitionen. Sie planten, die Flüsse Anduin, Poros, Limklar und Isen als Grenzen Gondors festzulegen, was bedeuten würde, dass auch das ehemalige Reich von Rohan innerhalb ihres Einflussbereiches liegen würde. Aus Rohan waren kaum Nachrichten nach Gondor gedrungen, selbst die Soldaten aus Arnor, die es auf dem Heimweg durchquert hatten, hatten kaum Menschen dort gesehen.

In Minas Tirith angekommen staunten Sanya und Mithrendan nicht schlecht über die schlagartigen Veränderungen, die in der Weißen Stadt vor sich gegangen waren. Viele der Menschen, die in den Tagen der Drachenkönigin in die Hauptstadt gezogen waren, waren in ihre angestammten Heimatgebiete zurückgekehrt. Die schwarzroten Drachenbanner waren vollständig entfernt worden, sowie alle Statuen von Kiana zerstört worden. Auch Sanya und Mithrendan hatten neue Ausrüstung bekommen und trugen nun schwarze und silberne Rüstungen, auf denen der weiße Baum eingraviert worden war.
"Sie haben wirklich keine Zeit verloren," merkte Mithrendan an, als sie langsam durch die Straßen der Stadt ritten.
"Nein, das haben sie nicht," stimmte Sanya ihm nachdenklich zu. Sie hatte die ganze Zeit unterwegs darüber nachgegrübelt, was wirklich mit Kiana geschehen sein mochte. Dass sie wirklich tot sein sollte, wollte Sanya nicht glauben. Sie erlaubte es sich nicht.
Mithrendan zuckte mit den Schultern. "So ist das nun einmal. Könige und Herrscher kommen und gehen. Ich hoffe, der neue Rat geht mit der Bevölkerung weise um."
"Wir werden es sehen," sagte Sanya. "Wir werden es sehen..."
"Diese geplante Kampagne gegen Rohan lässt mich jedenfalls nichts Gutes ahnen," seufzte Mithrendan.
"Ich denke nicht, dass es ein richtiger Kriegszug werden wird," hielt Sanya dagegen. "Sie wollen einfach nur ihren Anspruch deutlich machen und Truppen an die Grenzen entsenden."
"Mh.." machte Mithrendan. "Also mir hat es besser gefallen, als es zwischen den Ländern der Menschen keine Grenzen gab."
"Mir auch," sagte Sanya leise. "Mir auch..."

Im Palast angekommen wurden sie von den Wachen, die größtenteils noch dieselben wie unter Kiana waren, ohne Probleme hindurchgelassen. In den neu eingerichteten Ratsaal durfte allerdings nur Sanya hinein, Mithrendan besaß weder den benötigten Rang noch machte er sich viel aus solcherlei Besprechungen. Sanya stieß die schweren Türflügel auf - und fand sich Auge in Auge mit dem Silbernen Schwan wieder.
"Du," knurrte sie so leise, dass sie hoffte, dass nur er es hören konnte.
"Welch eine Freude dich zu sehen, meine liebe Sanya," sagte er mit einem Lächeln, das sie nur noch wütender machte. Hier stand der Mann, den sie kreuz und quer durch das ganze Land gejagt hatte, und sie durfte ihn nicht in Ketten legen und seiner gerechten Strafe zuführen! Stattdessen würde Sanya nun sogar seine Befehle befolgen müssen.
"Warum denn so mies gestimmt?" fragte er, als wüsste er nicht ganz genau, woher Sanyas Abneigung kam. "Ich hatte gedacht, wir beide verstünden einander, und könnten unsere Beziehung ein wenig... vertiefen, nun, da unser Heimatland so viel freier atmen kann."
"Vergiss es," stellte Sanya klar. "Du magst derzeit die Oberhand haben, aber eines Tages werde ich dafür sorgen, dass du hinter Gittern landest, wo du auch hingehörst."
"Oho!" amüsierte er sich. "Ich seh' schon, du bleibst dir treu, nicht wahr? Keine Sorge, du wirst es gut haben, im wiederhergestellten Königreich Gondor. Ich habe dafür gesorgt, dass du deinen Rang in der Armee behalten konntest. Die übrigen Ratsmitglieder waren da... anderer Meinung. Aber wie du ja weißt, kann ich sehr... überzeugend sein."
Also ist dieser Rat nur eine Farce, und in Wahrheit kontrolliert der Silberne Schwan sie alle, dachte Sanya. "Wenn du jetzt einen Dank von mir erwartest, muss ich dich leider enttäuschen."
"Etwas Dankbarkeit stünde dir tatsächlich gut," sagte er, wirkte allerdings in keinster Weise beleidigt oder verärgert. Seine gute Laune machte Sanya nur noch wütender, und sie sah, dass er das ganz genau wusste, und es ihm Spaß machte.
Sanya antwortete nichts darauf. Er hingegen besaß die Dreistigkeit, sich bei ihr unterzuhaken und sie sanft, aber bestimmend zum großen, runden Tisch zu führen, an dem die Ratssitzung stattfinden sollte. Sie ertrug es nur unter innerlichem Protest.

An der Ratssitzung beteiligte Sanya sich kaum, eigentlich antwortete sie nur auf die vereinzelten Fragen, die an sie gerichtet wurden. Ihre Aufmerksamkeit galt voll und ganz dem Silbernen Schwan, von dem Sanya mehr und mehr überzeugt war, dass er die vollständige Kontrolle über den Rat besaß und dass er sich von ihnen zum König machen würde. Es war alles nur eine große Scharade, um dem Volk vorzugaukeln, dass es sich seinen Herrscher selbst aussuchen konnte, mehr nicht.
Die Beschlüsse des Rates kamen entsprechend schnell auf den Tisch, es gab nur wenig Diskussionen oder Meinungsverschiedenheite n. Man entschied, Mordor vorerst den Ostlingen zu lassen, denn es war zwar mittlerweile ein grünes Land, aber noch immer kaum bebaut: Straßen und Gebäude gab es dort nur an vereinzelten Stellen, bis auf eine Handvoll Städte war das Land sehr unzivilisiert. Ithilien sollte zum Kriegsgebiet erklärt werden, und von einer starken Garnison gegen Angriffe aus dem Osten gesichert werden, und der Anduin sollte als zweite Verteidigungslinie deklariert werden. Sanya erhielt den Auftrag, die Bastionen von Cair Andros zu verstärken und die teilweise baufälligen Mauern instand setzen zu lassen, denn die Inselfestung lag nun wieder an der Grenze des Reiches.
Nach Norden und Westen hin sollten die Lande Rohans in Besitz genommen werden, wofür die Hälfte der zur Verfügung stehenden Armee eingesetzt werden sollte. Die übrigen Soldaten wurden nach Ithilien abkommandiert, während ein Teil die Aufgabe bekam, den Gerüchten über Überfälle von - gerüchteweise - Orks aus dem Weißen Gebirge nachzugehen.
Sanya würde in Minas Tirith bleiben. Die Restauration von Cair Andros konnten andere in ihrem Namen durchführen. Sie wollte den Silbernen Schwan ganz genau im Auge behalten, zumindest bis dieser sich tatsächlich zum König ausriefen ließ...
Titel: Umgebung von Cair-Andros
Beitrag von: Darkayah am 28. Apr 2021, 15:00
Umgebung von Cair-Andros

Allana-Avalante Elenya (https://modding-union.com/index.php/topic,36464.msg482483.html#msg482483) in der Umgebung von Cair-Andros…


Allana-Avalante wusste ganz genau, dass ihr Onkel Elrohir sie ganz sicher nicht freiwillig nach Gondor ließ. Er wusste sie lieber in Sicherheit in ihrer Siedlung in den übrigen Wäldern von Lorien. Bei all den anderen Elben. Sie konnte seine Worte -die er von ihrem verstorbenen Großvater übernahm- in ihrem Kopf hören: Es ist viel zu gefährlich für einen Elben in den Reichen der Menschen, machte sie in ihren Gedanken beide Männer nach.
Sie selbst aber hatte die Orks bei einer ihrer heimlichen Expeditionen in das Graue Gebirge gesehen. Sie sah das Lager am Ost-Tor der Minen von Moria aufgeschlagen hatten. Wer sonst war am besten dafür geeignet als sie selbst?
Außerdem war ihr bewusst, dass sie die Halbschwester der Königin war. Thurion der Schreckliche war auch ihr Vater. Die junge Elbin wuchs stets in dem Wissen auf einen dunklen Maia ls Vater zu haben. Dennoch warnten ihr Großvater und die anderen Elben sie immer wieder die damit verbundenen Kräfte einzusetzen. Zwar konnte Allana-Avalante diese inzwischen kontrollieren, aber ihr war bewusst, dass es zu viel Leid führen konnte, wenn man diese Macht falsch einsetzte.
Viele Jahre brannte sie schon darauf endlich ihre Halbschwester Kiana Vaneryen kennenzulernen und war überzeugt davon, dass Kiana dies auch tat wenn sie von Allana-Avalante erfuhr. Ihr Großvater und ihr Onkel Elrohir lehnten das allerdings stets ab und warnten sie zu weit in den Süden oder Westen zu reisen. Die Menschen hatten viele Jahre keine Elben gesehen und somit wuchs der Argwohn. Dennoch war sie schon einmal zusammen mit Elrohir in einer Stadt der Menschen. In gewisser Weise war sie fasziniert von diesen Geschöpfen: Viele wirkten minderwertig, als hätten sie sich ihrem Schicksal ein armseliges Sterbliche Leben zu leben gewöhnt. Andere dagegen benahmen sich fast wie Götter. Egoistisch und stetig auf das eigene Wohl aus. Sicher gab es auch unter den Elben einige, die ein solches Verhalten an den Tag legten.
Allana-Avalante hörte trotzdem auf die Warnungen ihres Großvaters. Wann auch immer sie in die Städte der Menschen kam, oder auch nur auf welche um den Wald von Lorien traf, hielt sie ihre Spitzen Elbenohren bedeckt. Meist trug sie dann die Kapuze des Umgangs oder bedeckte sie mit ihren Haaren.

Gerade ritt sie auf ihrem dunkelbraunen Warmblüter an der kleinen Insel vorbei, die sich mitten auf den Anduin befand. Wenn sie sich recht entsinnte, wurde sie samt der Befestigung Cair-Andros genannt.
Wie gerne wollte sie einfach dorthin reiten und sich dort umsehen. Dafür blieb allerdings keine Zeit und die Gefahr war zu hoch entdeckt zu werden ohne vorher mit Kiana Vaneryen gesprochen zu haben. Sie würde ganz sicher als Königin von Mittelerde und Halbschwester einer Allana-Avalantes den anderen Elben Schutz gewähren. Davon war sie selbst überzeugt.
Die junge Elbin entschied sich ihre Route zu wechseln und anstatt weiter den Anduin entlang zu reiten, der Hauptstraße nach Minas-Tirith zu folgen. Zwar wurde sie davor gewarnt die Straße zu benutzen, da es wahrscheinlicher war auf viele Menscheb zu treffen, aber es war der schnellste Weg in die Hauptstadt von Mittelerde. Ihr kamen so oder so selbst außerhalb der Straßen viele bewaffnete Gruppen entgegen. Sie wusste allerdings nicht warum. Immer versuchte sie einen  Bogen um diese Gruppen zu machen, was ihr auch größtenteils gelang.
Wieder kamen ihr einige Menschen entgegen. Es waren Soldaten. Vielleicht fünfzehn an der Zahl. Allana-Avalante war verwundert, denn sie trugen nicht das Banner der Königin wie sie es schon einmal gesehen hatte, als sie in den Städten der Menschen war: ein erhabener roter Drache auf schwarzem Grund. Diese Soldaten führten aber ein anders Banner. Es war ebenfalls schwarz, auf dem aber ein weißer Baum war. Avalante kannte dieses Wappen. Es war das alte Wappen Gondors, das schon Jahrzehnte nicht mehr im Gebrauch war.
Die Soldaten marschierten ihr entgegen. Vorsichtshalber zog die junge Elbin ihre Kapuze ihres dunklen Mantels über ihren Kop, in der Hoffnung, die Männer liefen einfach an ihr vorbei.

Als die Soldaten an ihr vorbei liefen, ritt sie unauffällig mit gesenktem Kopf an ihnen vorbei. Ihr war ganz mulmig dabei, denn eine gewisse Furcht bereitete sich in ihr aus. Auch wenn sie es niemals zugeben würde.
"Hey!", hörte wie plötzlich eine männliche Stimme rufen. Allana-Avalante versuchte diese Stimme einfach zu ignorieren und ritt vorsichtig weiter.
"Ich spreche mit euch!", rief der Mann wieder. Als die junge Elbin ihren Kopf in die Richrung erhob, bemerkte sie einen Reiter, der nehmen ihr her ritt. Er hatte halblanges zerzaustes Haar, das schwarz gefärbt war. Eine lange Narbe zog sich quer durch sein Gesicht und ein stoppeliger Bart wuchs aus den Poren. Er trug eine silberne Rüstung, die von einen schwarzen Wappenrock bedeckt wurde, die ebenfalls den weißen Baum zeigte.
"Ich habe es eilig, also entschuldigt mich…", versuchte sie ihn nur abzuwimmeln.
"Im Namen des Rates des Königreiches von Gondor befehle ich euch stehen zu bleiben!", sagte er mit einem strengen Ton. "Anderfalls…", dabei zog der Mann sein Schwert.
Im Namen des Königreiches von Gondor? Das gab es doch schon seit langem nicht mehr. Was war nur passiert?
Auch wenn Allana-Avalante wusste, dass sie nicht die beste Kämpferin war, huschte ihre Hand zügig zum Griff ihres Schwertes. Um eine Eskalation zu vermeiden brachte sie ihr Pferd zum stehen.
Erwartungsvoll blickte sie den Mann mit ihren Olivegrünen Augen an. Der Soldat hob sein Schwert und hielt es ihr an das Gesicht. "Abnehmen!", befahl er nur und deutete dabei auf ihre Kapuze. Zögerlich schob sie diese nach hinten und fühlte danach ob die Haare auch anständig die Ohren bedeckten.
"Was macht ein so schönes Mädchen wie ihr denn hier alleine? Die Sonne hat den höchstens stand schon erreicht und der Tag neigt sich allmählich dem Ende… Seid ihr auf der Flucht?", fragte der Mann neugierig. Seine blauen Augen funkelten die Elbin an. Sie war innerlich nur von seiner Art und seinem Aussehen angewidert. Noch nie hatte sie so einen hässlichen Mann gesehen.
"Das dürfte euch nicht interessieren…", antwortete sie nur kurz und starrte in die Richtung, in der die Hauptstadt lag. Die junge Elbin hoffte einfach nur, dass er sie in Ruhe weiterziehen ließ.
"Und ob das mich etwas angeht! Antwortet oder ich muss euch verhaften…", mahnte er sie nur. Allana-Avalante verzog ihr Gesicht denn sie wusste nicht was er von ihr wollte.
Ein typischer Mensch, dachte sie sich,Einfach ein Widerling!
"Ich bin auf der Reise nach Minas-Tirith um… Um meine Schwester zu besuchen!", sagte sie nur.
"Ich verstehe… Wer ist eure Schwester?".
"Hört zu…", fing Allana-Avalante an, "...Ich weiß nicht wer oder was ihr seid, aber ich bin die Tochter von Thurion dem Schrecklichen…".
Ihr war bewusst, dass viele Menschen daran nichts gutes sahen. Ihr Großvater erzählte ihr von den schlimmen Taten des gestürzten Maia. Dennoch fand sie daran nichts verwerflich. Immerhin war er ihr Vater. Ein Anführer. Ein König!
Der Soldat und seine Kumpanen um ihn herum machten laut auf. "Das ist ein guter Scherz!".
"Ich meine es ernst! Ich bin die Schwester der Königin… von Kiana Vaneryen… Und wenn ihr keinen Ärger wollt, dann lasst ihr mich besser in Ruhe und verschwindet!", platzte es aus ihr heraus.
Die Soldaten hörten nicht auf zu lachen, was Allana-Avalante sehr verärgerte. Euch wird das Lachen noch vergehen, dachte sie dich, während sie schon an die Begegnung mit ihrer Halbschwester Kiana dachte.
"Auch wenn diese amüsante Geschichte wahr wäre, ändert es nichts daran dass die Drachenschlampe tot ist!", sagte er.
"Das kann nicht sein…",sagte die Elbin leise, aber noch hörbar.
"Ihr scheint mir echt verrückt zu sein, obwohl ihr so schön seid… Ich müsste euch verhaften, wenn ihr wirklich eine Anhängerin der Drachenkönigin wärt… Aber sei's drumm… Ihr werdet in Minas-Tirith eure Antworten bekommen!".
Gerade wollte der Mann sich von ihr abwenden, da blies ein Wind an ihnen vorbei und ließ Allana-Avalantes Haar aufwirbeln. Der widerliche Mann starrte sie daraufhin ungläubig an. Die junge Elbin war verwundert und richtete ihr braunes langes Haar. Dabei fiel ihr auf, dass dieses ihre Elbenohren -die zusätzlich noch an den Spitzen von silberne Kappen an denen kleine Kettchen herunter hingen bedeckt waren- nicht mehr verdeckten. Sie hatte ganz vergessen, dass sie ihren Ohrschmuck noch trug.
Verdammter Wind!
"Eine… Eine Elbin!", rief der Mann nur und zeigte auf sie, sodass alle auf sie blickten. Wieder zog er sein Schwert heraus. Allana-Avalante wollte ihr Pferd zum Galopp anspornen, da griff der Mann an die Zügel und hielt das Pferd so auf der Stelle. Die anderen Soldaten kamen dazu und rissen sie vom Rücken des Warmblüters.
Nachdem sie auf den Boden aufschlug, versuchte sie sich zur Seite zu rollen um zu entkommen. Vergebens. Einer der Soldaten setzte sich auf sie, sodass sie sich kaum bewegen konnte.
"Ungeheur wie euch hat man schon lange nicht mehr gesehen!", sagte der Mann der auf ihr saß und versuchte ihre Hände zu fesseln, "Ich hab gehört, wenn man eure Ohren als Schmuck um den Hals trägt, verdoppelt sich das Glück und das könnte ich nach meine Spielschulden gut gebrauchen!".
"Das ist kein gutes Zeichen! Solche Kreaturen bringen Unglück! Wir sollten sie direkt töten!", rief ein weiterer.
"Du kannst die Ohren danach haben… Sie soll noch hübsch aussehen, wenn ich sie…", sagte ein weiterer Soldat, konnte den Satz aber nicht zu Ende sprechen, da er schreiend zu Boden fiel.
Die Männer schienen sich von ihr abzuwenden und auf einen Kampf vorzubereiten. Sie lehnte ihren Oberkörper nach oben und sah, dass einige Male mit Pfeilen auf die Gruppe der Sodaten geschossen worden. Dann tauchten zwei Männer auf, die die übrigen Soldaten bekämpften und schließlich töteten.
Allana-Avalante versuchte währenddessen die Seile um ihre Handgelenke zu lösen und wurde hektischer, als die Unbekannten Männer auf sie zu kamen.
"Nein… Nein… Nein!", winselte sie nur panisch.
Einer von ihnen hielt das Schwert in ihre Richtung. Sie ahnte schon, dass ihr Leben nun vorbei war und schloss ihre Augen, damit sie das nicht sehen musste.

Zu ihrer Verwunderung musste sie feststellen, dass der Mann nur ihre Fesseln durch schnitt und sein Schwert in die Scheide steckte.
"Das sind gefährliche Zeiten… Du solltest deine Ohren lieber nicht offen zeigen...", sagte der Mann mit dem dunkleren etwas welligen Halblangen Haar. Er hatte zwei braune Augen, die fast schon schwarz wirkten. Der Mann musste -in Menschenjahren gesehen- schon etwa in den Dreißigern sein. Sein Begleiter hatte ebenfalls dunkles Haar. Es war aber eher Braun und er besaß ein grünes Augenpaar.
Die junge Elbin antwortete nicht, sondern musterte die Männer mit ihren olvegrünen Augen.
Bist du ein Kluger Mann, darauf wäre ich nie gekommen, dachte sie nur auf seine Aussage.
"Ich bin übrigens Thirak!", sprach er weiter und hielt ihr seine Hand entgegen. Allana-Avalante zögerte einen Moment, ließ sich aber schließlich von ihm aufhelfen.
"Du bist echt eine Elbin!", sagte der Begleiter von diesem Thirak aufgeregt und betrachtete sie genau.
"Ja? Und?", entgegnete sie nur streitlustig.
"Meine Schwester… Octavia… Sie hat die Geschichten über dein Volk geliebt… Ich glaube sie wäre mehr als erstaunt!", sagte er.
"Komm Kael, lass sie doch erst einmal zur Ruhe kommen…", sagte Thirak nur lachend. Allana-Avalante seufzte nur.
"Was machst du denn hier alleine draußen?", wollte Thirak wissen.
"Am Nebelgebirge sind einige Orks unterwegs und ich will die Königin warnen….", fing sie zögernd an.
"Verstehe… Dann sind die Gerüchte hier in Gondor wahr. Du wirst die Königin in Minas-Tirith leider nicht antreffen…".
Die junge Elbin wurde hellhörig und wartete auf sein fortfahren.
"...Sie ist… tot… Kael und ich haben es mit eigenen Augen gesehen, wie sie mit ihrem Drachen abgestürzt ist… Es tut mir leid…".
Der Mann holte etwas hervor, das in Stoff gewickelt war. Als er es befreite, erkannte die Elbin eine Krone. Sie war schwarz und hatte vorne drei Zacken. Sie erkannte die Krone aus all den alten Büchern in der Elbensiedlung in Lorien.
Allana-Avalante  senkte betroffen ihren Kopf, als Thirak die Krone wieder einpackte. So lange hatte sie darauf gewartet ihre Schwester kennen zu lernen. Nun sollte sie einfach tot sein? Sie war doch die Königin. Eine Maia!
Wieso sollte sie jemand in ihrem eigenen Reich abschießen?
"Gondor ist wohl nun wieder ein unabhängiges Reich… Vielleicht hast du Glück und du kannst dem Rat vorsprechen…", sagte der Mann der wohl Kael hieß.
Vorsichtig nickte sie nur mit ihrem Kopf. Wieder stieß sie einen Seufzer hervor, wenn sie am ihre vermeintlich toten Halbschwester dachte.
Das kann nicht wahr sein!
Aber was blieb ihr übrig? Sie musste ja trotzdem nach Minas-Tirith und vor der drohenden Gefahr warnen. Sie musste Hilfe erbitten.
"Du wirkst mir doch sehr getroffen, dass die Königin tot ist.", stellte dieser Thirak fest. "Dabei sind so viele Menschen froh sie los zus sein… Stimmt das, was du zu den Soldaten gesagt hast?'.
"Ja… Die Menschen schätzen die Besonderheiten in Mittelerde auch nicht… Sie sind nur auf sich selbst bedacht… Sie hassen uns Elben, obwohl wir Edles Blut in uns tragen… Und Kiana… Sie war eine Maia… Etwas was ein Mensch überhaupt nicht begreifen kann!", beschwerte sie sich.
"Und ob wir das können!", sagte Kael lachend, das aber fast schon verzweifelt klang. Die junge Elbin fühlte sich nur davon angegriffen. Was meinte er damit? Machte er sich über sie lustig?
Sie warf ihm nur einen giftigen Blick zu.
"Was soll das heißen?", hakte sie dann doch nach.
Bevor er antworten konnte, wurde Kael von Thirak gestoppt: "Es tut mir leid aber wir müssen weiter… Pass auf dich auf!".
Unzufrieden blickte sie den beiden Männer nach, die sich von den toten Soldaten zwei Pferde nahmen.
"Hey!", rief sie ihnen noch nach. Doch weder dieser mysteriöse Thirak noch sein Begleiter Kael reagierten darauf. Wer waren die beiden? Sie tauchten aus dem Nichts aus und halfen ihr.
Sie fühlte sich unbefriedigt und stehen gelassen. Ein tiefer Seufzer bestätigte ihr inneres Gefühl
Pff… Menschen…, sagte sie nur zu sich selbst.
Die junge Elbin stieg selbst wieder auf ihr Pferd. Sie hatte noch einen Auftrag zu erledigen und nach Minas-Tirith gelangen, bevor es zu spät war. Wenn die Orks sich sammelten, konnte das nichts gutes bedeuten!


Allana-Avalante nach Minas-Tirith…
Titel: Re: Gondor
Beitrag von: Saizo am 8. Mai 2021, 12:52
Gondor (Minas Tirith)



Es verging ein relativ ruhiger Tag, an dem Sanya nicht viel zu tun hatte, außer Präsenz zu zeigen. Sie gab die von ihr gewünschten Befehle an die Garnison in Cair Andros weiter und überwachte die Vorbereitungen des Feldzugs in Richtung Rohan mit. Aber vor allem behielt sie den Silbernen Schwan im Auge, so gut es ging. Ihn schien das nicht zu stören, Sanya hatte sogar das Gefühl, dass er ihre Anwesenheit zu genießen schien.

Am Abend, nach Sonnenuntergang, traf Sanya mit Mithrendan in der untersten Ebene der Stadt zusammen. Der Kundschafter war den Tag über verschwunden gewesen, hatte sich auf seine eigene Art und Weise umgehört und ein Bild der Lage in der Stadt gemacht.
„Was denkst du?“ fragte Sanya ihren alten Freund, als sie gerade durch eine kleine Nebengasse gingen.
„Ist ´ne seltsame Stimmung in der Stadt. Viele, die von der Herrschaft der Königin profitiert haben, sehen sich nun im Nachteil. Ein Großteil davon hat Minas Tirith verlassen.“
„Deswegen ist es hier so leer,“ bemerkte Sanya mit einem Blick in beide Richtungen, als sie die Gasse verließen und wieder auf eine größere Straße kamen.
„Es werden jeden Tag mehr, die zurück aufs Land ziehen,“ erklärte Mithrendan. „Ganze Häuserblocks stehen teilweise oder sogar vollständig leer, vor allem hier in den unteren Ebenen.“
„Hmm,“ brummte Sanya nachdenklich. Sie wusste noch immer nicht, was sie von all dem halten sollten. Sie vermisste Kiana, auch wenn sie das sich natürlich nicht anmerken lassen durfte.
„Das Seltsamste sind die Gerüchte aus dem Gebirge,“ fuhr Mithrendan fort und bog in die Straße ein, die zum nördlichen Stadttor führte. Hier waren einige große Karren unterwegs, die vollgepackt in Richtung Anórien unterwegs waren - vermutlich gehörten sie weiteren Stadtbewohnern, die Minas Tirith den Rücken kehrten. „Orks sollen dort aufgetaucht sein, kannst du dir das vorstellen? Dabei hielt man diese Kreaturen doch für längst ausgerottet.“
„Vielleicht haben sie in irgendwelchen dunklen Höhlen unter den Bergen überlebt,“ mutmaßte Sanya.
„Aber weshalb würden sie sich dann gerade jetzt wieder zeigen?“
„Sehe ich aus als wüsste ich, wie Orks denken?“ fragte Sanya und hob sofort die Hand, ehe Mithrendan die Dreistigkeit aufbringen konnte, zu nicken. „Denk nicht mal dran. Ich glaube, wir dürfen diese Gerüchte nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wir müssen sie ernst nehmen, und-„
Sie waren beinahe am Stadttor angekommen, als Geschrei und Chaos Sanya das Wort abschnitten. Draußen, vor dem offen stehenden Tor, waren Flammen ausgebrochen. Waffengeklirr war zu hören, sowie ein wildes, beinahe unmenschliches Gebrüll.
„Was ist dort vorne los?“ wollte Sanya von einem vorbeilaufenden Menschen wissen, der ganz offensichtlich vor dem Chaos auf der Flucht war.
„Es sind Monster, Orks aus den Bergen greifen uns an!“
Sofort zogen Sanya und Mithrendan ihre Waffen und liefen los, auf das Tor zu. Beide konnten nicht recht glauben, dass das hier gerade wirklich geschah, aber als sie näher kamen, war es nicht mehr abzustreiten: Eine wilde Horde Orks griff an und hatte die Torwächter beinahe überrumpelt. Sie hatten einige der Karren umgeworfen und vor dem Tor in Brand gesetzt, waren durch das Tor gestürmt und auf die Mauern geklettert. Überall wurde gekämpft, und die ersten Toten waren zu sehen.
Sanya kniff die Augen zusammen, als sie die verzerrten Fratzen der Orks sah, die schartige Krummsäbel und schiefe Speere schwangen und in mit allerlei Stacheln versehene Rüstungen trugen. Der erste Feind kam mit einem wilden Johlen auf Sanya zugerannt, ein Pfeil Mithrendans zwischen die Augen des Orks ließ die Kreatur jedoch schon auf halbem Wege stürzen. Doch der Ork war nicht allein gewesen; es mochten weit über einhundert Orks sein, die sich rings um das Tor eine ausgewachsene Schlacht mit den Stadtwächtern lieferten.
Mit Schwert und Schild bewaffnet stürzte Sanya sich ins Getümmel. Beide Gegenstände setzte sie präzise und mit Geschick ein, um sich zu verteidigen, aber auch um anzugreifen, denn der Schild war schwer und besaß eine scharfe, eiserne Kante am unteren Rand. Das Element der Überraschung, das den Orks zu Anfang geholfen hatte, war mittlerweile verloren gegangen, und es trafen mehr und mehr Gardisten von den übrigen Stadtteilen her ein. Bald schon gewannen die Gondorer die Oberhand.
Dennoch kämpften die Orks verbissen und es war noch ein harter, langwieriger Kampf, bis die letzten der wilden Kreaturen erschlagen worden waren. Sanya hatte eine Schnittwunde an der Wange und presste ein Taschentuch darauf, um die Blutung zu stoppen. Sie war außer Atem, aber der Kampf hatte ihr auf seltsame Art und Weise gut getan. Er hatte geholfen, sie dazu zu bringen, für einen Augenblick ihre vielen belastenden Gedanken zu vergessen, und nun war ihr Kopf wieder etwas freier.
„Die Orks sind also mehr als nur ein Gerücht,“ sagte sie zu Mithrendan, der unverletzt geblieben worden war. „Und sie sind tollkühn genug, um selbst eine solche Festung wie Minas Tirith anzugreifen...“
Titel: Minas-Tirith (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 9. Mai 2021, 11:19
Minas-Tirith

Allana-Avalante in Minas-Tirith…


Den ganzen Weg über dachte sie noch über die zwei Männer nach, die sie gerettet hatten. Das ließ sie sogar für einen Moment das eigentliche Vorhaben ,vor den Orks zu warnen, und selbst den vermeintlichen Tod ihrer Halbschwester vergessen. Sie fragte sich, warum sie ausgerechnet ihr halfen. Immerhin waren es zwei Menschen. Jene Wesen, die alles andere als begeistert von den Elben waren. Ihr Großvater und ihr Onkel hätten wohl kaum umsonst immer wieder warnende Worte über die Menschen verloren, wenn da nicht etwas dran wäre.
Die Gruppe der Soldaten bestätigten diese Gedankengänge weitestgehend.
Beide Männer wirkten äußerst geheimnisvoll und als wären sie in Zeitnot. Allana-Avalante dachte an die Krone, die der Mann Namens Thirak in seinen Händen hielt. Sie seufzte stark.
Hätte sie die Krone an sich nehmen sollen? Die junge Elbin wusste doch nicht, wer sie in den Händen hielt. Vielleicht gehörten dieser Thirak und sein Begleiter Kael ebenfalls zu den Personen, die Kiana vom Himmel geschossen hatten. Wozu sollten sie sonst die Krone in ihren Besitz nehmen? Vielleicht gingen sie mit der Krone aber nur nach Minas-Tirith, um sie den zukünftigen Herrscher des Reiches von Mittelerde zu überreichen. Aber dafür gingen sie in die falsche Richtung und sie erinnerte sich an die Spaltung des Reiches.
Aber was hätte sie tun sollen? Sie wollte ja mehr durch die beiden Männer erfahren, aber sie war zu überrumpelt mit all den neuen Informationen und den Angriff der Soldaten auf sie selbst gewesen. Und die Krone zwei ihr gegenüber überlegenen. Männer abzunehmen zu versuchen wäre wohl fahrlässig und dumm gewesen.

Als die Hauptstadt endlich am Horizont zu sehen war, war die junge Elbin erleichtert. Es war ein weiter Weg von Lorien bis nach Minas-Tirith. Trotz der letzten Ereignisse behielt sie doch wieder ihr Ziel vor Augen. Ihr Volk, vielleicht die letzten Elben von Mittelerde, musste gerettet werden. Die Menschen mussten von der Bedrohung durch die Orks erfahren. Es handelte sich dabei nicht nur um einzelne Gruppen von erwachten Orks aus der dunklen Tiefe des Nebelgebirges. Die abscheulichen Kreaturen sammelten sich. Sie wusste allerdings noch nicht wofür. Sie musste es herausfinden. Doch vorher galt es die Hilfe der Menschen zu erbitten. Eine Idee wie das funktionieren soll, hatte die junge Elbin bisher nicht. Der Großteil der Menschen war ja Elben gegenüber feindselig eingestellt. Warum auch immer. Die Elben haben unter der Führung von Elrond und Thranduil an der Seite der Menschen gegen Melkor gekämpft, als dieser versuchte Mittelerde in die Dunkelheit zu stürzen. Es waren jene Elben, die ihr Leben für die Menschen gelassen haben. Und was war der Dank dafür? Die letzten überlebenden Elben von Mittelerde wurden wie Abschaum behandelt.
Dabei sind wir das Volk mit dem edlen Blut und nicht die Menschen, dachte sich Allana-Avalante noch. Aber was sollte sie auch erwarten? Die Gruppe der Soldaten aus Minas-Tirith hatte ihr ja deutlich klar gemacht, dass selbst Kiana verachtet wurde. Und sie war zusätzlich noch eine halbe Maia. Wieder drückte sie einen seufzer tief aus ihrer Brust hervor und senkte ihren Kopf leicht betrübt.
Was für eine Verschwendung! Dabei war sie auch noch meine Halbschwester!
Auf dem Rücken ihres Pferdes ritt sie der Hauptstadt von Mittelerde weiter entgegen. Von der Ferne wirkte sie noch größer und mächtiger als aus all den Erzählungen ihres Großvaters. Die riesige Weiße Festung war von einen weiteren Mauerring umgeben, der eine ganze Stadt beherbergte. Wie sehr wollte sie diesen Moment mit ihm zusammen teilen. Das ist unglaublich, dachte sie sich fasziniert. Noch nie zuvor hatte sie eine so große Stadt erblicken dürfen. Die junge Elbin hoffte darauf, dass sie hinter den Stadtmauern genauso schön wirkte, wie von der sicheren Entfernung. Wenn dann noch die Erzählungen über die beeindruckenden Gärten und Bäder der Stadt stimmten, wusste sie direkt, was sie als erstes -gleich nachdem sie mit dem Königsrat gesprochen hatte-  machen würde.
Sie trieb ihr Pferd an, um schneller zu der Stadt zu gelangen. Genug Zeit ging schon verloren und ihr Onkel wartete schon sicher auf ihre Rückkehr.

Umso näher sie der Stadt kam, desto eher fielen ihr Rauchschwaden direkt am Tor auf. Was hatte dies zu bedeuten? Gab es etwa einen Brand in der Stadt?
Mit einem unsicheren Gefühl im Bauch ritt sie vorsichtig, aber trotzdem schnell, zu den Toren.
Einzelne Menschen kamen ihr panisch entgegen geeilt, die nur versuchten das Weite zu erreichen. Allana-Avalante sprach die Männer und Frauen immer wieder an. In ihrem Fluchtgedanken bemerkten sie die junge Elbin aber scheinbar nicht.
“Was ist passiert?”, fragte sie wieder einen älteren Mann, der dann zu ihr aufsah.
“Am Tor… Da waren… Kreaturen… Orks!”, antwortete er nur außer Atem.
Orks? Hier in Gondor? Konnte das wirklich sein?
Wenn sie nun nicht mehr nur am Nebelgebirge ihr Unwesen treiben, sondern auch in Gondor, dann war es ganz klar eine größere Bedrohung als bisher angenommen. Vor allem schienen es mehr zu sein, als gedacht. Ihr Onkel Elrohir dachte immer, dass es vielleicht ein Dutzend war, die sich im Nebelgebirge angeschlossen hatten. Wenn aber auch Gondor angegriffen wurde, mussten es viele sein.
Am Tor angekommen zog sie sich schnell wieder ihre Kapuze über den Kopf und verdeckte ihr Gesicht, um es vor dem Rauch der brennenden Karren dort zu schützen. Überall lagen tote Körper von erschlagenen Menschen herum. Allana-Avalante entschied sich lieber von ihrem Pferd zu steigen, um zu Fuß ihren Weg durch die Stadt zu suchen. Sie konnte ja nicht einfach durch das Getümmel reiten. Das erregte nur die Aufmerksamkeit derer, die mit den Aufräumarbeiten beschäftigt waren.
Auch in der Stadt sah es nicht besser aus: Auf den Straßen verteilt lagen auch dort viele Kröper herum. Entweder waren diese Menschen tot, oder sie waren verletzt. Einige Wachen der Stadt gingen herum und sahen sie sich nach den verletzten um.
Die junge Elbin erblickte auch die toten Orks, die auf Karren gehoben worden waren, um sie aus der Stadt zu schaffen. Mit einem angewiderten Gesicht betrachtete sie die Kreaturen eine Weile. Es waren wirklich Orks. Ihre Waffen und Rüstungen ähnelten denen aus dem Nebelgebirge.
“Das ist sicher kein Anblick für eine junge Frau!”, rief ihr ein Soldat zu, der gerade die Waffen der Kreaturen einsammelte und auf einen der Wagen warf. Allana-Avalante war so überrascht davon, dass sie schon zusammen zuckte.
“Hey, keine Sorge. Ich wollte euch nicht erschrecken! Der Überfall ist vorbei…”, sagte er noch. Die junge Elbin wusste nicht recht was sie darauf antworten sollte. Immerhin hatte sie schon schlimmeres gesehen. Sie nickte dem jungen Mann nur zu.
“Das müssten Orks sein… Sie wurden viele Jahre in Mittelerde nicht mehr gesehen… Abscheuliche Wesen!”, sagte der Soldat weiter. “Naja, jetzt haben wir sie alle getötet…”.
So wie ihr es am liebsten mit den Elben machen würdet?, dachte sie sich nur, sprach die Worte aber nicht aus. Sie wollte ja keine unnötige Aufmerksamkeit oder Ärger verursachen.
“Weiß man schon mehr?”, fragte sie einfach mal neugierig nach.
“Nein… Wenn bin ich wahrscheinlich dafür sowieso der falsche, den man so etwas fragen könnte… Ich bin nur ein einfacher Wachmann…”.
“Dann muss ich in den Palast… Ich muss mit dem Herren der Stadt reden!”, sagte sie schnell und wollte schon voreilig in Richtung der Weißen Festung laufen, als sie dann von den Worten des Wachmannes gestoppt wurde.
“Ich denke, dass dies aktuell unmöglich ist…”.
“Warum? Er muss von der Gefahr erfahren… Der Überfall in Minas-Tirith war nicht der einzige!”, versuchte sie ihn zu überzeugen.
“Die Stadt wurde abgeriegelt und niemand, der nicht zur Armee oder den Königlichen Rat gehört, darf die Weiße Festung betreten!”, entgegnete er nur.
Allana-Avalante ärgerte sich innerlich. Da war sie endlich in der Stadt und dann konnte sie trotzdem nicht ihre Aufgabe erledigen.
Das kann nicht wahr sein, sagte sie sich selbst.
“Gibt es denn jemanden anders, an dem ich mich wenden kann?”, fragte sie weiter nach. Die verzweiflung war schon deutlich aus ihrer Stimme herauszuhören. Der junge Wachmann sah sich nachdenklich um. “Hmm…”, machte er dabei nur.
Dann zeigte er mit seinem Finger in eine Richtung. “Da! Die Kommandantin!”. Als die junge Elbin der Richtung mit ihren Augen folgte, sah sie dort zwei Personen stehen. Eine Frau mit sandblondem Haar in einer Rüstung, die von einem weißen Umhang verdeckt war und einem Mann mit dunkelbraunem Haar, der ebenfalls eine Rüstung trug.
“Gut, danke…”, wimmelte sie den Wachmann nur ab und ging vorsichtig in die Richtung der anderen beiden. Sie betrachtete vor allem die Frau von oben bis unten. Ihr war es neu, dass eine Frau bei den Menschen eine Rüstung trug. Das war eher unüblich.
Das musste also eine Frau sein, die sich durchsetzen konnte. Vielleicht genau die Richtige, um ihr mit ihrem Problem zu helfen. Die Elbin war dennoch skeptisch, ob sie ihr wirklich helfen konnte, aber was blieb ihr anderes übrig.
Sie wollte gerade die Frau in Rüstung ansprechen, als sie hinter ihr stand, da lief ein Soldat ziemlich schnell an ihr vorbei und rempelte sie dabei an, sodass ihre Kapuze halb von ihrem Kopf rutschte. Wahrscheinlich vom Geräusch des Aufpralls überrascht, drehte sich die Kommandantin und der Mann neben ihr zu Allana-Avalante um. Die Elbin versuchte nur ihre Ohren so gut und unauffällig sie nur konnte zu verdecken.
“Ich...Grüße… Euch…”, fing sie vorsichtig stotternd an. “...Vielleicht könnt ihr mir helfen…”.

Titel: Minas Tirith
Beitrag von: Saizo am 11. Mai 2021, 12:31
Minas Tirith (Gondor)



Sanya war noch immer erschüttert davon, dass Minas Tirith von einer Horde Orks angegriffen worden war - die Weiße Stadt war das Herzstück Gondors sowie des gesamten Reiches von Mittelerde, und auch wenn bereits starke Streitkräfte nach Rohan ausgerückt waren, war sie dennoch sehr gut bewacht. Doch einen Angriff aus dem Gebirge, an das Minas Tirith grenzte, hatte niemand erwartet. Die Aufmerksamkeit aller Soldaten hatte sich stets nach Osten gewandt, nach Mordor, wo die Ostlinge und die restlichen Königstreuen sich verschanzt hatten. So musste es den Orks gelungen sein, unbemerkt bis zum ersten bewachten Posten vorzudringen, dem nördlichen Stadttor des äußersten Rings.
"Ich... grüße Euch," sagte eine fremde Stimme neben Sanya, die sich gerade umgedreht hatte, als sie ein Geräusch hinter sich gehört hatte. Eine junge Frau stand dort, in einfache Reisekleidung gehüllt. Sie hatte langes, braunes Haar, das ihr über Ohren und Schultern fiel, und trug einen langen Umhang mit Kapuze, die ihr halb vom Kopf gerutscht war.  "Vielleicht könnt... Ihr mir helfen...?" fragte die Fremde zaghaft.
"Wer bist du, Kleine?" fragte Mithrendan mit einem sanften Lächeln.
"Allana-Avalante," kam prompt die Antwort. "Ich... ich muss zu den Herrschern dieser Stadt, ich..."
"Langsam, langsam," sagte Sanya. "Wer bist du denn überhaupt?"
Sie sah, wie die junge Frau schluckte. "Ich, ähm, ich weiß dass diese Orks, die... euch angegriffen haben kein Einzelfall sind... überall in Mittelerde versammeln sie sich und wollen die Reiche der Menschen zerstören!"
Sanya schaute sich um. Die ersten Soldaten und Passanten sahen bereits zu ihnen hinüber. Ob sie die Worte der seltsamen Frau gehört hatten? Eine Massenpanik war das Letzte, was Sanya jetzt gebrauchen konnte. Sie schaute Allana-Avalante ernst an und räusperte sich. "Die Straße ist nicht der richtige Ort, um über solche Nachrichten zu sprechen," erklärte sie ihr. "Komm mit, dann kannst du mir im Detail erzählen, was los ist."
Ohne eine Antwort abzuwarten marschierte Sanya los, während sie Mithrendan noch sagen hörte: "Keine Angst. Sie beißt nicht, zumindest meistens nicht..."

Gefolgt von Mithrendan und der geheimnisvollen jungen Frau, die sich im Gehen ihre Kapuze wieder sorgfältig aufgesetzt hatte, kam Sanya problemlos durch die Straßen Minas Tiriths bis zu ihrer privaten Unterkunft, relativ weit oben in der Stadt. Als Kommandantin stand ihr eine solche Unterkunft zu, allerdings verbrachte sie bis auf die Nächte im Normalfall kaum Zeit dort.
"So," sagte Sanya, als sie die kleine Eingangshalle durchschritten hatten. "Setz dich, dann können wir reden. Die Kapuze kannst du hier drinnen ruhig abnehmen." Sie deutete auf eine kleine Sitzecke, in der ein Tisch und vier Stühle standen. Mithrendan hatte bereits Platz genommen und die Beine lässig hochgelegt.
Etwas zögerlich nahm die junge Frau die Kapuze ab und strich ihre Haare sorgfältig entlang der Ohren glatt, sodass diese nicht zu sehen waren. "Also..." sie unterbrach sich, dann setzte sie sich und atmete sichtlich durch. "Orks greifen in ganz Mittelerde an. Vor allem im Nebelgebirge sind sie in großen Massen aufgetaucht, aber dass sie sich auch hier zeigen würden... das hätte ich nicht gedacht."
"Tja," sagte Mithrendan. "Wir haben hier eben auch Berge."
Sanya warf ihm einen irritierten Blick zu - die Situation war zu ernst, um Witze darüber zu machen. "Und woher hast du diese Informationen?" Sie blickte Allana-Avalante an und ihr fiel auf, dass sie auf ihren Gast vielleicht etwas zu einschüchternd gewirkt hatte. Rasch versuchte sie zu lächeln und einen weniger bedrohlichen Eindruck zu machen. "Ich bin übrigens... Sanya. Ich werde Allana zu dir sagen, in Ordnung?" sprach sie die junge Frau dann etwas vertraulicher an.
"Ich habe die Orks mit eigenen Augen dabei beobachtet, sie sind sowohl im Nebelgebirge als auch im Grauen Gebirge aktiv... nun also auch hier in Gondor. Eigentlich... wollte ich mit der Königin sprechen, weil..."
"Das könnte kompliziert werden," sagte Mithrendan trocken.
"Die Königin ist verschwunden und wird für tot gehalten," sagte Sanya mit rauer Stimme.
"Ich weiß, ich habe es schon gehört, aber dann muss ich eben diejenigen warnen, die nun das Sagen haben... ihr dürft diese Orks nicht unterschätzen! Sie sind eine größere Bedrohung als ihr denkt."
"Das haben wir heute wohl alle nur allzu gut sehen können," erwiderte Sanya und spielte auf den Angriff auf das Tor an. "Ich verspreche dir, ich werde das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Im Land herrscht ohnehin noch Chaos... das dürfen sich diese Orks nicht zu nutze machen. Die Streitmacht, die nach Rohan aufgebrochen ist, muss gestoppt und zum Schutz unserer Grenzen eingesetzt werden."
Mithrendan nickte. "Das hätte ich ohnehin von Anfang an vorgeschlagen."
"Dann wirst du mein Anliegen vorbringen?" wollte Allana-Avalante wissen. "Es ist nur so, ich... es gibt da noch etwas."
"Heraus damit," sagte Sanya, die sich bemühte, freundlich und sanft zu klingen, was ihr aber nicht ganz gelang.
"Es geht mir nicht nur um die Orks, die Gondor bedrohen," fuhr die junge Frau fort. "Sie bedrohen auch mein Volk. Ich ersuche euch um ein Bündnis."
"Dein Volk?" wiederholte Mithrendan nachdenklich. "Woher kommst du denn?"
"Aus dem Norden, aus... Rhovanion, wir... leben in der Nähe des Nebelgebirges," antwortete Allana etwas stockend. "Die Orks sind dort sehr zahlreich."
"Es wird schwierig werden, die Herren Gondors davon zu überzeugen, Menschen aus einem Reich zu helfen, das sich jenseits unserer Grenzen befindet," sagte Sanya sachte. "Gondor ist nun wieder ein eigenständiges Königreich... Wer in Rhovanion regiert, weiß ich nicht."
"Es geht mir nicht um ganz Rhovanion, nur... um mein Volk. Wir leben abgeschieden, in den Wäldern... doch den Orks sind wir nicht gewachsen."
"Ihr lebt im Wald?" fragte Mithrendan und schaute die junge Frau prüfend an. "Also ein Stamm von Waldmenschen?"
"So... könnte man es nennen," sagte Allana eindeutig verlegen.
"Ich verstehe nicht ganz. Lebt ihr nun im Wald, oder nicht?"  hakte Sanya nach.
"Doch, das tun wir. Nur..."
"Nur sind dein Volk und du keine Menschen, nicht wahr?" stellte Mithrendan leise und lächelnd fest. "Deine Ohren verraten dich, kleine Elbin."
Sanya sah, wie Allana erschrocken die Hände auf die Ohren legte und bleich wurde. Doch ganz verdecken konnte sie sie nicht. Zwei eindeutig spitz zulaufende Lauscher ragten um eine Winzigkeit zwischen den braunen Haarsträhnen hervor.
"Eine ... Elbin?" staunte Sanya und versuchte, nicht allzu offensichtlich zu starren. "Aber... wie ist das möglich?"
Titel: Minas-Tirith (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 14. Mai 2021, 20:28
Minas-Tirith

Allana-Avalante im Haus von Sanya Terelos…

Die junge Elbin war mehr als überrascht, als sie die selbstsicheren Worte des Begleiters von dieser Kommandantin Namens Sanya hörte. Für einen kurzen Moment blieb ihr die Luft weg. Ihr war natürlich klar, dass sie die Tarnung nicht für immer aufrecht halten konnte. Aber dass sie doch so früh aufflog, änderte die ganze Situation. Schon wieder.
Auch wenn die Kommandantin recht überrumpelt über die Nachricht wirkte, was sie am Starren bemerkte, bekam Allana-Avalante ein mulmiges Gefühl.
"J-ja…", stotterte sie zögerlich hervor. "....Einige, die nicht mit Thranduil in den Norden gezogen waren, um gegen Melkor zu kämpfen, sind in den Wäldern von Lorien geblieben…".
Sie rechnete schon mit einer Gefangennahme oder zumindest ähnlichen Reaktion, wie von den Soldaten in der Nähe von Cair-Andros. Doch nichts dergleichen geschah. Eher im Gegenteil. Die Frau Namens Sanya schien ihre Verwunderung abgelegt zu haben und wirkte eher nachdenklich.
Allana-Avalante überlegte einen Moment, ob sie der Kommandantin der Armee die volle Wahrheit anvertrauen sollte. Sie wirkte selbst vom Tod Kianas betroffen zu sein. Obwohl die Kommandantin auf die junge Elbin bedrohlich wirkte, kam ihr das alles doch sehr vertraut vor. Allana-Avalante seufzte in sich hinein.
Was soll's, dachte sie sich. Immerhin war es ja schon schlimm genug, dass ihre Tarnung aufgeflogen und diese Sanya und ihr Begleiter wusste dass sie eine Elbin war. Es bestand dafür ein Fünkchen Hoffnung, dass ihre Verwandtschaft zu Kiana sie vielleicht doch noch rette.
"Und außerdem…", fing Allana-Avalante zögerlich an, "...Bin ich die Schwester… Halbschwester von Kiana Vaneryen… Wir haben den gleichen Vater… Thurion!".
Schnell fiel der Elbin auf, dass Sanya sich aufrichtete und einige Schritte zurück trat. Das Gesicht strahlte Entsetzen und Verwunderung zugleich aus.
"Ja ich weiß, Thurion hat hier bei den Menschen nicht den besten Ruf… Aber…", sagte sie und fuchtelte wie verrückt mit ihren Händen herum.
"Nein das ist es nicht…" entgegnete Sanya ernst.  "...Es gab da nur schon mal jemanden… Ach es nicht wichtig…".
Allana-Avalante fragte sich was genau sie meinte. Sie war irgendwie irritiert. Allerdings wagte sie es sich nicht nachzufragen. Sanya wirkte nun noch nachdenklicher als zuvor. Allana-Avalante wusste nicht genau, wie sie das nun deuten sollte.
"Genau deshalb habe ich gehofft auf die Königin selbst zu treffen… Es wäre für mein Volk wichtig gewesen… Es wäre für mich wichtig gewesen… Also muss ich irgendwie mit dem Rat sprechen!", sagte sie nur und hoffte auf Verständnis. Keiner sagte allerdings etwas.
"Mach dir keine Sorgen! Ich denke dass es eine Möglichkeit gibt, wie wir dich dorthin bringen könnten…", fing der Mann an.
"Wie willst du das anstellen? Als Elbin und dann noch als eine nähere Verwandte von Kiana kann ich mir schon denken was ihr blühen wird…. Der Schwan und alle anderen werden alles andere als Begeistert sein und gleichzeitig diese Situation nutzen wollen, jemanden vor dem Volk hinrichten zu können…", sagte Sanya.
"Du klingst äußerst besorgt!", sagte der Mann lachend.
"Mithrendan…", entgegnete Sanya nur genervt und warf ihn einen bösen Blick zu.
Sanya legte unbewusst ihren Kopf schief und beobachtete sie gesamte Lage. Obwohl die junge Elbin sehr angespannt war, verwandelten sich ihre Lippen in ein sanftes Lächeln. Dann aber wunderte sie sich auch darüber, dass der Mann Namens Mithrendan in gewisser Weise recht hatte und Sanya wirklich besorgt war. Das Gefühl dass Sanya vielleicht doch Kiana näher stand und zumindest nicht eine war, die die Königin verachtete bestätigte sich dadurch.  Weiter darüber nachdenken konnte sie nicht. Denn Mithrendan erhob wieder das Wort: "Natürlich können wir sie nicht als Elbin zum Rat lassen. Wir können sie aber als Kundschafterin vorsprechen lassen!".
"Ich weiß nicht…".
"Bitte, ich muss um Hilfe bitten… Ihr beide seid meine letzte Hoffnung ...", flehte Allana-Avalante fast. Sanya seufzte daraufhin.
"Gut… Dann bringen wir dich in den Palast…", sagte sie nicht wirklich begeistert.
Die junge Elbin wollte der Kommandantin schon fast dankend um den Hals fallen, zog ihre Euphorie dann dich zurück und bremste sich selbst. "Danke, das bedeutet mir viel!", sagte sie nur.

Allana-Avalante wurde von Mithrendan in ein Kettenhemd gepackt, welches von einem Wappenrock bedeckt war. Sie fühlte sich alles andere als wohl. Rüstungen und dergleichen waren nicht das, was sie gerne trug. Aber es musste sein. Anders konnte sie nicht beim Rat vorsprechen.
Mit einer Haube auf dem Kopf um ihre Ohren versteckt zu halten, folgte sie Sanya und Mithrendan zügig auf die oberste Ebene, wo sich der Palast befand. Es war schon nicht ganz ohne um nach oben zu gelangen, sodass Allana-Avalante schon außer Atem war.
Auf der obersten Ebene angekommen, war die junge Elbin mehr als fasziniert. Sie konnte die ganze Stadt überblicken und sogar biszur anderen Seite des Anduin. Noch nie hatte sie einen solchen Ausblick genießen können.
Wie gerne wollte sie einfach nur dort stehen bleiben und einfach in die Ferne sehen. Doch sie musste sich zusammenreißen. Sie hatte ihre Aufgabe noch nicht vergessen.
Die großen Türen des Palastes wurden  von Wachen geöffnet und Sanya betrat den Saal zuerst. Mithrendan blieb vor dem Palast stehen und lehnte an der Wand. Allana-Avalante sah zögerlich zu ihm. Es verunsicherte sie, dass er draußen blieb.
"Na los, geh schon!", sagte er nur sanft lächelnd. "Ich warte hier!".
Die junge Elbin nickte ihm leicht zu und seufzte noch einmal bevor sie den Palast betrat. Dann folgte sie Samya hinein.

Im Thronsaal hingen viele Banner, die den Weißen Baum Gondors zeigte. An sich sicher ein Wappen worauf man stolz sein konnte, wenn man an die Bedeutung Gondors dachte. Sie selbst verband damit eher schlechte Erfahrungen.
Diese Mistkerle, erinnerte sie sich an den Vorfall bei Cair-Andros. Sie musste das aber vorerst wegstecken. Ein klarer Kopf war nun sehr wichtig, wenn sie die Hilfe der Gondorer haben wollte. Sie stand nun direkt vor den Thron, auf dem ihre Halbschwester Kiana Vaneryen saß. Jener Thron, von dem sie das ganze Reich von Mittelerde beherrschte. Eine gewisse Demut breitete sich in ihr aus. Umso mehr schmerzte es in ihrem Herzen, als sie an den Tod von ihr dachte.
"Lady Terelos, was verschafft mir die Ehre? Wie ich hörte wart ihr bei der Verteidigung der Tore dabei?", fing ein Mann an, der auf einem Stuhl saß, der vor den Stufen des Throns stand.
"Ich bin nur hier, weil es wichtige Neuigkeiten gibt… Der Vorfall am Tor...Es waren Orks die die Stadt angegriffen haben…", sagte Sanya.
Allana-Avalante konnte schwören, eine gewisse Verbitterung aus ihr herauszuhören, als sie vor diesem Mann stand. Scheinbar verband diese beiden eine längere Vorgeschichte.
"Ich hörte es schon von den Wachen… Das ist bestimmt das Werk von der Drachenschlange…", entgegnete der Mann nur.
Die Elbin war verwundert. Sie konnte sich denken, dass hier niemand gut auf Kiana zu sprechen war. Aber was diese Behauptung sollte, konnte sie sich auch nicht erklären. Sie ballte nur ihre Fäuste um sich zusammen zu reißen und ihre Tarnung zu wahren.
"Die Königin… Kiana Vaneryen hat damit wenig zu tun… Die Orks kommen vermehrt aus den Gebirgen, plündern und brandschatzen Dörfer… Und jetzt standen sie sogar vor den Toren von Minas-Tirith und zögerten nicht um anzugreifen!", sagte Sanya ziemlich laut.
Allana-Avalante horchte auf, als sie Kiana noch als Königin betitelte und dann doch die Worte zurück zog. Die Kommandantin schien doch mehr getroffen davon zu sein
, als angenommen.
"Bedauerliche Einzelfälle…", tat der Mann nur ihre Worte ab.
"Das sind aber doch recht viele Einzelfälle!", erwiderte Sanya sofort. "Ihr da! Tretet vor!".
Dabei wandte sie sich an die Elbin, die zuerst zusammen zuckte dann aber zügig nach vorne trat, um ihrer Rolle als Kundschafterin beizubehalten.
"Das ist eine Kundschafterin, die unter mir dient… Sie hat es mit eigenen Augen sehen! Los spricht!",forderte Sanya die Elbin auf.
"Das hätte ich mir denken können… Eine hübsche junge Frau… Wie ihr Lady Terelos!", warf er noch dazwischen.
Dieser widerliche primitive Mensch, dachte sie sich.
Allana-Avalante konnte auch das Verdrehen der Augen Sanyas nicht übersehen und musste innerlich schmunzeln, dass sie scheinbar etwas ähnliches dachte. Sie räusperte sich und stellte sich stramm vor dem Mann.
"Die Orks kommen aus dem Nebelgebirge und plündern alle Dörfer in der Nähe… Ich habe gesehen, wie sie sich dort sammeln… Es wirkt so, als wollten sie sich für einen Krieg rüsten!", versuchte sie junge Elbin den Mann aufzuklären und hoffte, dass er Verständnis dafür hatte.
Sein Gesicht strahlte aber eher genau das Gegenteil aus und er sah wenig beeindruckt aus.
"Dann haben wir ja Glück, dass das Nebelgebirge noch weit von Gondor entfernt ist..", sagte er nur.
"Wir müssen etwas unternehmen…", platzte es aus Allana heraus.
"Ich denke nicht, dass das in eurer Kompetenz liegt das zu entscheiden…", entgegnete der Mann.
Sie wollte schon mehr sagen, auf ihr Volk verweisen, dass in Gefahr war. Zu ihrem Glück grätschte Sanya aber dazwischen, sodass Allana-Avalante ihre Tarnung behielt: "Sie standen schon vor unseren Toren… Wir sollten nicht tatenlos zusehen…".
"Natürlich… Aber unsere Armeen sind in Rohan… Sind kurz davor Schlachten zu schlagen… Ich kann sie nicht einfach abrufen, nur weil eine Kundschafterin etwas sieht und vielleicht… Überinterpretiert…", sagte er nur.
Die junge Frau der Elben war entsetzt über das was sie dort hörte. Ihr fiel es sichtlich schwer einfach zu schweigen.
"Vielleicht solltet ihr euch selbst davon überzeugen, was dort im Nebelgebirge vor sich geht… Auf euer Urteil lege ich hohen Wert. Wenn ihr dann der Meinung seid, wir müssen handeln, mache ich das sofort. Darauf habt ihr mein Wort!".
"W-was? Ich?", fragte die Kommandantin erschrocken nach. Allana-Avalante sah zu ihr unschuldig und hilflos rüber. Sie hatte ja selbst keine Lust darauf, mit einem Menschen durch Mittelerde zu reisen. Auch wenn Sanya und Mithrendan ihr halfen, hatte sie kein gutes Bild von Menschen. Sie waren niedere Wesen, die alles was nicht so wie sie selbst sind töten. Auf der anderen Seite war sie neugierig darauf, was es mit der Frau auf sich hatte. Was hatte sie mit Kiana zu tun?
Sie legte ihren Kopf schief und beobachtete Sanya, die sich gerade die Stirn rieb und seufzte.
"Also gut…", sagte sie dann nur. "Wir werden in das Nebelgebirge reisen… Ist sowieso alles besser als hier zu sein!".
Die letzten Worte sprach sie eher leise aus, die Allana-Avalante aber noch hören konnte.
Recht zügig verließ sie den Saal. Die Elbin folgte ihr direkt wieder zurück auf die oberste Ebene von Minas-Tirith. Sie war mehr als
neugierig, wo das alles hinführte. Es war natürlich nicht das Ergebnis, welches sie erhoffte. Sie wollte lieber eine ganze Armee mit nach Lorien führen. Stattdessen reiste sie wohl mit einer Kommandantin dorthin.
"Dann lässt uns so schnell wie möglich aufbrechen...", hetzte Allana-Avalante fast schon und lief in Richtung der Treppen.


Allana-Avalante in Minas-Tirith...
Titel: Minas Tirith
Beitrag von: Saizo am 26. Mai 2021, 14:48
Minas Tirith (Gondor)

Sanya mit Allana-Avalante und Mithrendan in Minas Tirith...



Sanya und Mithrendan brachten die Elbin Allana erst einmal zurück in ihre Unterkunft, wo sie die Reisevorbereitungen trafen. Sanya selbst war noch nie in die Lande nördlich von Rohan gereist, aber mit Allana-Avalante hatten sie eine ortskundige Führerin, die ihnen den Weg weisen würde. Eine Landkarte brauchten sie daher nicht mitnehmen. Und auch wenn Sanya teilweise froh darüber war, dem Chaos und den Intrigen der Hauptstadt für eine Weile entfliehen und sich wieder auf nur eine Angelegenheit konzentrieren zu können, hatte sie dennoch die Sorge, dass sich in ihrer Abwesenheit Dinge ereignen würden, die sie hätte verhinden können, wenn sie in Minas Tirith geblieben wäre. Sie ging fest davon aus, dass der Silberne Schwan sich zum König krönen lasse würde. Aber ein König brauchte eine Königin, und einen Erben, sonst wäre seine Herrschaft niemals gefestigt genug. Und bislang hatte sich der Silberne Schwan nicht mit einer Frau an seiner Seite gezeigt. Sanya wusste nicht, was das zu bedeuten hatte, dennoch hoffte sie, die Reise ins Nebelgebirge rasch hinter sich zu bringen, egal wie froh sie darüber war, für ein Weilchen aus der Hauptstadt Gondors herauszukommen.

Allana schien es wirklich eilig zu haben. Sanya sah ihr an, dass sie unzufrieden darüber war, keine große Unterstützung mit in den Norden führen zu können. Aber was hatte die Elbin denn erwartet? Gondor war ein Land das sich im Umbruch befand und mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen hatte. Überall wurden Soldaten gebraucht, um den Frieden zu sichern. Und das Nebelgebirge war weit weg, im Norden, jenseits der Grenzen. Sanya nahm sich vor, auf der Reise nach Norden zumindest die Wachposten an der nördlichen Grenze in Bereitschaft zu versetzen, damit sie, falls sie im Nebelgebirge Verstärkung brauchen sollten und sich die Gefahr durch die Orks als größer als erwartet herausstellen würde, nicht bis ganz zurück nach Minas Tirith würden reiten müssen. Rohans Nordgrenze lag am Fluss Limklar, südlich der Ebene von Celebrant... das war nicht mehr als einen Tagesmarsch vom Goldenen Wald von Lothlórien entfernt.

Sie ließen sich mit ausreichend Vorräten ausstatten und bekamen frische Pferde. Sanyas Rang half dabei, dass niemand Fragen stellte, und immerhin hatten sie einen offiziellen Auftrag des herrschenden Rates. Allana war weiterhin als Kundschafterin Gondors verkleidet, damit niemand Verdacht schöpfen konnte.
"Welche Reiseroute schlägst du vor?" fragte Sanya die Elbin.
"Ich habe Gondor über den Flussübergang bei Cair Andros betreten," antwortete Allana-Avalante, "Aber das ist nicht der kürzeste Weg, schätze ich. Wir reiten am besten durch Anórien bis nach Rohan, durchqueren das Land in nördlicher Richtung und wenden uns dann dem Gebirge zu, wenn wir die Grenzen überquert haben."
"Das ist ein ganz schönes Stück bis dahin," sagte Mithrendan. "Wird ein langer Ritt werden."
"Vergesst nicht, dass dies eine Spähmission ist. Gondor muss wissen, wie groß die Gefahr durch die Orks aus dem Norden wirklich ist," sagte Sanya.
"Werden sie Euch denn Glauben schenken?" fragte Allana vorsichtig, als sie gerade alle in ihre Sättel stiegen. "Der Rat schien Euch... nicht sonderlich gewogen sein."
"Sie werden mir zuhören, dafür sorge ich schon," antwortete Sanya etwas grimmig. "Wenn diese Orks eine solche Bedrohung darstellen, werde ich es selbst in die Hand nehmen, eine Streitmacht ins Gebirge zu führen, darauf hast du mein Wort."
"Ich verlasse mich darauf," sagte die Elbin, doch sie warf Sanya einen dankbaren Blick zu. "Immerhin hängt die Sicherheit meines Volkes davon ab..."
"Sag mir eines," mischte sich Mithrendan ein, während sie ihre Pferde langsam durch die Straßen der Stadt hinab zur untersten Ebene gehen ließen. "Wie haben es die Elben im Goldenen Wald geschafft, so lange unbemerkt zu bleiben?"
Allana sah den Kundschafter etwas nachdenklich an. "Ich denke nicht, dass ich hier inmitten all dieser Menschen in Minas Tirith die Geheimnisse meines Volkes ausplaudern sollte..."
"Kluges Mädchen," lobte Mithrendan. "Aber meine Neugierde ist geweckt. So leicht wimmelst du mich nicht ab."
Sanya musste lächeln. "Lass sie in Ruhe, Mithrendan," sagte sie dann. "Es wird auf der Reise noch genügend Zeit geben, sich auszutauschen, da bin ich mir sicher."
"Spielverderberin," brummelte Mithrendan, doch dann fügte er sich.

Sie durchquerten den Rest von Minas Tirith und verließen die Stadt schließlich durch das Nordtor. Hier waren die Spuren des Angriffs der Orks aus dem Weißen Gebirge noch immer gut sichtbar, obwohl Arbeiter bereits seit einem Tag damit beschäftigt waren, die Brandspuren zu beseitigen und den Ruß von den Mauern und Häusern abzuwaschen. Beinahe einhundert Mann bewachten das Tor sowohl von den Mauern herabbblickend als auch direkt am Durchgang postiert. Minas Tirith war in Alarmbereitschaft und würde sich kein zweites Mal von Angreifern so sehr überraschen lassen, so viel war sicher.

Draußen auf den Feldern des Pelennors atmete Allana-Avalante sichtlich auf. Die Elbin wirkte, als hätte sie sich hinter den Mauern der Weißen Stadt eingeengt gefühlt. Sie nahm den Helm ab, den Sanya ihr gegeben hatte und hängte ihn an ihren Sattel, dann ließ sie ihr Haar frei hinter sich her im Wind rauschen, als die Pferde beschleunigten und sie im raschen Galopp über die Felder trugen. Sie passierten die Mauer des Rammas Echor und kamen so nach Anórien, wo sie dann später nach einigen Stunden an einer offenen Lagerstätte nahe der Straße in Richtung Rohan rasteten.
Nun hatte Mithrendan endlich die Gelegenheit, seine Fragen an Allana zu stellen. Sie antwortete zurückhaltend und gab nicht sonderlich viel über die Elben Lothlóriens preis. Hauptsächlich sagte sie, dass Sanya und Mithrendan willkommen wären, sich die Lebenslage der Elben selbst anzusehen, wenn sie nach Norden kämen. Ihr war es wichtiger, dass etwas gegen die Orks unternommen wurde. Und je schneller das geschah, desto besser.
"Wie kommt es, dass du die Einzige bist, die ausgesandt wurde, um Hilfe zu holen?" wollte Sanya wissen.
"Mein Onkel sagt immer, dass die Welt jenseits unserer schützenden Wälder zu gefährlich ist, und die anderen glauben ihm und meinem Großvater," erklärte Allana betrübt. "Niemand von uns verlässt die Wälder, außer mir. Ich bin die einzige, die hin und wieder einen Ausritt wagt. Und ich dachte... als die Angriffe der Orks immer bedrolicher wurden, dass mir meine Halbschwester sicherlich helfen würde..."
"Du meinst Ki- ähm, ich meine... die Königin?" kam es von Sanya.
"Ja," antwortete Allana knapp. "Aber nun ist sie fort."
"Nicht für immer," sagte Sanya und überraschte sich damit selbst. "Ich werde nicht glauben dass sie tot ist, ehe ich nicht ihren leblosen Körper mit eigenen Augen gesehen habe. Wenn diese Mission abgeschlossen ist... und du dich mir anschließen möchtest... dann werden wir sie gemeinsam suchen, und finden."
Allana musterte Sanya mit einem langen, nachdenklichen Blick. Dann hoben sich schließlich ihre Mundwinkel und sie lächelte, während sie sachte nickte. "In Ordnung. Ich werde dir helfen, sie zu finden. Sie scheint dir viel zu bedeuten, nicht wahr?"
Mithrendan grinste, aber Sanya warf ihm einen Blick zu, der ihn schweigen ließ, noch ehe er etwas dazu sagen konnte. Sie spürte, wie Allanas Frage sie in Verlegenheit brachte und räusperte sich. "Sie ist die rechtmäßige Königin. Und sie ist deine Halbschwester. Also... suchen wir sie. Wenn wir die Elben gerettet haben."
Allana legte den Kopf um eine Winzigkeit schief und sah Sanya lange an, wohl machte sie sich Gedanken über das, was Sanya gesagt hatte. Eine weitere Frage stellte die Elbin glücklicherweise nicht. Sie sprachen stattdessen noch etwas über den Reiseweg, den sie am nächsten Tag vor sich hatten, dann legten sie sich alle drei schlafen.

Am folgenden Tag standen sie bei Sonnenaufgang auf und setzten ihren Ritt fort. Es würde nun nicht mehr lange dauern, bis sie Rohan erreichten...

Sanya, Allana-Avalante und Mithrendan nach Rohan...
Titel: Anórien (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 27. Mai 2021, 12:59
Anórien (Gondor)

Allana-Avalante zusammen mit Sanya und Mithrendan in Anórien…


Der Himmel war Blutrot gefärbt und die goldenen Strahlen der Sonne blendeten Allana-Avalante während sie all ihre Sachen wieder auf ihr Pferd packte. Sie dachte wieder an die Worte von Sanya, die scheinbar viel mehr von Kiana hielt als sie zugeben wollte. Allana-Avalante hatte eher das Gefühl, dass die Frau aus Gondor dieser Nachfrage aus dem Weg gehen wollte. Warum wollte sie nicht glauben dass Kiana tot war?
Die Elbin konnte es sich selbst zwar nicht vorstellen, aber sie war dagegen auch über ihr Blut mit Kiana verbunden. Doch was verband Sanya und Kiana?
Allana-Avalante seufzte, ehe sie den Gedanken  ruhen ließ. Es brachte ja nichts wild über eine ihr noch recht fremde Frau zu rätseln. Weiter nachzuhaken wollte sie auch nicht. Eine entnervte Sanya war das letzte was die Elbin für ihre Reise brauchte. Sie war mehr als froh, dass sowohl Sanya als auch Mithrendan recht angenehme Begleiter waren. Ihre Befürchtungen, dass alle Menschen gemeine und dumme Wesen waren bestätigten sich somit nicht. Das ließ sie etwas Trübsal blasen. Eine Art schlechtes Gewissen formte sich in ihr. Ein schlechtes Gewissen, alle Menschen über einen Kamm geschert zu haben. Immerhin machte es sie nicht besser, als all die Menschen, die ihre Vorurteile gegenüber den Elben hatten.
Sie sah schuldig zu Sanya und Mithrendan rüber, die gerade ihre Pferde bereit machten.
Was soll's…, dachte sie sich tief seufzend und stieg auf ihr Pferd.
"Da ist ja jemand sehr motiviert!", rief Mithrendan lachend. Allana-Avalante, die sich selbst recht zügig vorkam, verkniff sich das Lächeln. Sie wollte sich nicht anmerken lassen, dass sie nur so schnell wie möglich aufbrechen wollte, um nicht ausgefragt zu werden.
"Wir müssen uns beeilen...Schon vergessen?", entgegnete sie dann nur mit einer hochgezogenen Augenbraue. Dabei beobachtete sie die beiden, die fast zeitgleich auf den Rücken ihrer Pferde stiegen, und ritt dann weiter voran in Richtung Rohan.

Weiter westlich von Anórien ritt sie in Gleichschritt mit Sanya und Mithrendan. Sie konnte ihr Pferd ja nicht bis zur Erschöpfung treiben. Wenn sie dann zu Fuß nach Lothlorièn laufen musste, konnte sie es auch ganz vergessen. Ein armer Bauer würde ganz sicher in diesen schwierigen Zeiten nicht freiwillig seine Pferde hergeben. Die junge Elbin wagte es einen Blick auf Sanya zu werfen, um die ernst nach vorne sah. Ob sie gerade an etwas dachte?
"Konntest du gut schlafen?", hörte sie plötzlich die Stimme von Mithrendan neben sich.
"Hm?", machte sie daraufhin nur, um sich den Gedanken über Sanya nicht anmerken zu lassen.
"Na, wie du geschlafen hast?", wiederholte er in einem ruhigen Ton. "Gibt sicher bessere Orte als hier draußen!".
Dieses mal könnte sich die junge Elbin ihr Lächeln nicht verkneifen. Gleichzeitig wurde sie selbst nachdenklich, sodass das Lächeln schnell wieder verschwand. Sie war sich gar nicht mehr sicher, ob es wirklich besser war an einem Ort zu schlafen, der zwar ein Dach über dem Kopf bot, aber in gewisser Weise wie ein Käfig war. Dabei dachte sie an die Elbensiedlung in Lothlorièn. Natürlich machte sie ihre Ausflüge außerhalb der Wälder von Lorien. Dennoch hatte sie das Gefühl, die ganze Welt war an ihr vorbeigezogen. Genauso aber wollte sie nicht an einem Ort die Nacht verbringen, wo sie weiß, dass sie von all den Menschen verachtet wurde.
Da ist es wieder, machte sie sich selbst auf ihre Vorurteile aufmerksam.
"Nein, ich bin es gewohnt und bin mit der Natur verbunden…", versuchte sie ihn abzuwimmeln.
"Mithrendan… Nun lass sie doch…", mahnte Sanya nur, und klang dabei schon genervt.
Allana-Avalante versuchte noch einmal an die vorige Nacht zu denken. Das einzige was man was sie sich erinnerte war Wolfsgeheule.
"Das Geheule der Wölfe hat mich nur etwas vom Schlaf abgehalten…", sagte die Elbin dann schließlich noch.
"Wenn mich meine Kundschafter Instinkte nicht täuschen, dann verfolgt uns ein kleines Rudel an Wölfen tatsächlich schon eine ganze Weile…".
"Wölfe?!", platzte es plötzlich ungläubig aus Sanya heraus, sodass Allana-Avalante vor Schreck zusammen zuckte, als sie  Mithrendan gebannt zuhörte.
"Ja, ein kleines Rudel… Etwa fünf, vielleicht sechs Tiere!", ergänze der Mann.
"Hier in Gondor hat es Jahrelang keine Wölfe gegeben…", versuchte Sanya zu erklären. "...Selbst nicht im Wald von Anorien!".
Die Elbin wurde hellhörig. Warum sollten sie von einem Rudel Wölfe verfolgt werden? Sie hatten ja wohl kaum Waren dabei, die eine Fährte hinterließen.
"Vielleicht Locken die Überfälle der Orks sie hierher… Würde zumindest Sinn ergeben.", suchte Mithrendan nach einer Erklärung.
"Wir sollten auf jeden Fall vorsichtig sein… Vielleicht können wir die Wölfe abhängen, wenn wir einen der Flüsse überqueren. Das letzte was wir gebrauchen können ist ein Rudel Wölfe, dass uns Nachts angreift!", sagte Sanya dann nur.
Allana-Avalante blickte in die Ferne und erkannte ein Dorf, welches nicht weit vor ihnen lag.
"Seht dort! Da ist ein Dorf!", machte sie die anderen darauf aufmerksam und zeigte mit ihrem rechten Zeigefinger darauf.
"Das ist das letzte Dorf Gondors, dass dich vor der Grenze von Rohan befindet!", entgegnete Mithrendan. "Wir waren hier schon einmal!".
"Ja…", brummte Sanya nur unzufrieden vor sich hin, als erinnerte sie sich an eine schlechte Erfahrung dort. Allerdings wagte sich die Elbin nicht weiter nachzufragen.
"Sollen wir nicht besser drumherum reiten?", wollte Allana-Avalante sichergehen. Sanya nickte zuerst.
"Was mich nur wundert…", fing Mithrendan an, "...Warum brennt keine einzige Feuerstelle, kein einziger Schornstein… Und sonst sieht man auch niemanden…".
"Vielleicht brauchen sie es nicht und sie verstecken sich vor Angriffen.", sagte Allana-Avalante.
"Nein, zur Mittagszeit müsste es zumindest ein reges Treiben geben und wie ich die Menschen von Gondor word zu dieser Zeit meist schon das Essen zubereitet!", dabei lachte er zwar wieder auf, legte aber schnell wieder ein ernstes Gesicht auf und versuchte mehr von der Ferne zu erkennen.
Allana-Avalante wurde mulmig zumute. Was hatte das zu bedeuten?
Vorsichtig ritten sie dann doch zu diesem Dorf, bevor sie sich weiter auf den Weg in Richtung Rohan machten.

Allana-Avalante wartete zusammen mit Sanya ein Stück entfernt, während Mithrendan voraus geritten war, um sich ein besseres Bild von der Lage zu machen.
Die junge Elbin war die ganze Zeit angespannt. Gleichzeitig brannten ihr ihre Fragen auf der Zunge. Da bot sich die Gelegenheit alleine mit Sanya über Kiana oder das Dorf  zu sprechen, aber sie traute sich einfach nicht.
Bevor sie aber auch nur etwas fragen konnte, kam Mithrendan wieder zurück.
"Das ganz Dorf scheint nicht mehr bewohnt zu sein…", sagte er nur außer Atem.
"Gut, dann lasst uns nur kurz schauen, was dort vor sich geht…", sagte Sanya.
Während beide Begleiter der Elbin rasch voraus ritten, trabte sie mit ihrem Pferd hinterher.

Am Dorf angekommen bot sich nur wieder ein schreckliches Bild. Überall lagen leblose Körper herum. Eine Verwüstungsschneise ging durch das ganze Dorf. Sanya und Mithrendan stiegen von ihren Pferden. Allana-Avalante zögerte noch einen Moment. Am liebsten wollte sie nur wieder umdrehen und weg von diesem Ort. Dann stieg sie aber auch hinab.
Wie aufeinander abgestimmt, suchten sowohl Sanya als auch Mithrendan nach Hinweisen und Überlebenden. Beide hatten ihre Schwerter gezogen und durchsuchten das Dorf. Die Elbin zog auch ihr Schwert.
"Ich warne euch… Ich bin keine gute Kämpferin…", sagte sie und versuchte ihre Angst zu überspielen, bevor sie sich trennten. Die Elbin spürte ihren Herzschlag bis zum Hals. Sie hatte das Gefühl, dass es ihr gleich aus der Brust heraus brach.
Bitte nicht schlimmes… Bitte nichts schlimmes, sagte sie sich selbst immer wieder, wenn sie an einem der Häuser vorbei ging.
Vor niemandem im Dorf wurde halt gemacht. Ob Frauen oder Kinder. Alle wurden gnadenlos getötet. Allana-Avalante wurde fast schon schlecht, was weniger an dem vielen Blut lag das die Straßen bedeckte. Blut sah sie in ihrem Leben ja mehr als genug. Immerhin war sie ja auch eine Frau und zum Schicksal einer Frau -egal ob Mensch oder Elb- gehörte es nun mal auch einmal im Monat Blut zu lassen. Viel mehr widerte sie der Geruch und die Innereien der Toten an, die aufgeschlitzt auf den Straßen lagen.
Sie war sich definitiv sicher, dass es sich nicht um einen normalen Überfall von irgendwelchen Räubern handelte. Es mussten wieder die Orks sein, die die Dörfer Brandschatzten.
Vorsichtig öffnete sie eine Tür eines Hauses und lief mit ausgestrecktem Schwertarm in dieses Haus hinein. Weit kam sie allerdings nicht. Der Geruch hielt sie davon ab weiter zu gehen. Die Elbin hielt sich nur die Hand vor Nase und Mund, als sie sich dann umdrehte.
Sie erschrak, als sie plötzlich Sanya hinter sich stehen sah.
"Verzeih mir… Ich… Ich…", wollte Allana gerade sagen.
"Es ist schon gut… Es ist grausam was hier passiert ist…", sagte sie nur.
Mithrendan kam schließlich auch mit schnellen Schritten dazu. "Es war ganz sicher ein Angriff der Orks!", sagte er außer Atem. "Ich habe zwei von ihnen tot gefunden!".
"Ich auch…", entgegnete Sanya bedrückt.
"Das gleiche wird meinem Volk blühen… Das gleiche wird uns allen blühen, wenn wir nicht schnell genug sind…", sagte Allana-Avalante nur ängstlich. Das war das letzte was sie sich jemanden wünschte. Selbst kein Mensch der Welt hatte es verdient so abgeschlachtet zu werden.
"Wir werden das nicht zulassen, Allana…", versuchte Sanya sie sanft zu beruhigen. Es hatte aber eher den gegenteiligen Effekt. Die junge Elbin fühlte sich nur hilfloser denn je, als sie sich in diesem Dorf umsah. Wäre ihre Halbschwester nur lebendig gewesen. Säße sie noch auf den Thron von Mittelerde in Minas-Tirith. Sie hätte ganz sicher eine Armee entsandt, um die Gefahr zu bannen.
"Was sollen wir denn gegen solch einen Hass tun? Wir wissen doch nicht einmal warum sie uns angreifen…", beklagte sich die Elbin mit Tränen in den Augen. Ihre Stimme klang mehr als gebrochen. Aber sie hatte Angst.
"Und genau deshalb begleiten wir dich…", sagte Sanya ruhig und Allana bemerkte, dass die Kommandantin ihre Hände nahm. "...Wir werden herausfinden, wer dahinter steckt und diese fürchterlichen Kreaturen vernichten! Koste es was es wolle!".
Allana-Avalante wischte sich die Tränen von den Wanen und nickte der Frau vorsichtig zu.
"Nun lasst uns hier so schnell wie möglich weggehen…", sagte sie in einem befehlenden Ton. Die Elbin zögerte nicht lange und ging zurück zu den Pferden. Sie wollte ganz sicher nicht nicht weitere Zeit an diesem Wort verbringen.

Alle drei führten die Pferde zu Fuß nach draußen. Es war mittlerweile früher Abend und die Sonne war von dichten Wolken bedeckt. Sie standen direkt vor der Grenze zu Rohan. Eine leichte Brise wehte durch die Ebenen von Anórien bis nach Rohan hinein.
Bevor sie sie sich weiter auf die Reise machten, packte sich Allana-Avalante ans Herz und wollte Sanya nun etwas mehr fragen. Immerhin hat sie sich selbst Sanya etwas geöffnet. Auch wenn es nur um ihre Ängste ging.
"Sag mal…", fing sie an.  "Was war denn in diesem Dorf und was hast du mit Kiana zu tun?".
Sanya sah nicht zu ihr, was die Elbin leicht verunsicherte. War sie doch zu weit gegangen? Sie wollte aber wissen, was die Frau verbarg. Sie beobachtete die Kommandantin, die die Gurte des Sattels an ihrem Pferd fest zog und dann schließlich seufzte.
"Ich musste hier einen Auftrag erledigen, der nicht gut ausging… Und Ki-... Der Königin habe ich viel zu verdanken… Denke ich…", sagte sie emotionslos.
"Denkst du?", wiederholte Allana-Avalante die letzten Worte. "Was war das denn für ein Auftrag und…".
Bevor sie weitere Fragen stellen konnte wurden beide Frauen von Mithrendan unterbrochen: "Ich will euch nur ungern unterbrechen…", sagte er nur. Die junge Elbin verdrehte daraufhin nur ihre Augen.
"...Aber ich denke wir haben Gesellschaft!".
Panisch sah sich Allana-Avalante um. Sie sah in der Dämmerung selbst Schatten um sie herum springen. Waren das nun die gleichen Orks, die das Dorf überfallen hatten?
Alle zogen wieder ihre Schwerter und standen Rücken an Rücken, um für einen möglichen Angriff gewappnet zu sein.
Langsam wurden die Schattengestalten sichtbar. Es waren zwei, dann vier und dann doch sechs. Allerdings handelte es sich nicht um Orks. Es waren Wölfe. Vermutlich jene Wölfe, die sie die ganze nach verfolgten.
Alle knurrten und heulten zugleich. Das bedrohliche Zähnefletschen ließ das Blut in den Adern gefrieren.
Einer von ihnen fiel besonders auf: Er war deutlich größer als die anderen und besaß komplett schwarzes Fell. Die Bernsteinfarbenen Augen musterten die ei kreiste Beute genau.
"Eine Idee was wir jetzt machen sollen?", fragte Mithrendan.
"Was für eine blöde Frage…", entgegnete Sanya nur und hielt ihr Schwert zum Angriff bereit.
"Nein, wartet!", rief Allana-Avalante und senkte ihr Schwert, um es schließlich wieder in die Scheide zu stecken.
"Ich weiß eine bessere Idee!".
Auch wenn ihr nicht klar war ob es eine bessere Idee war, ging sie vorsichtig auf den schwarzen Wolf zu. Andere, die die Situation von außen betrachten würden, taten die Elbin wohl als wahnsinnig ab, wenn sie sehen würden, dass sie sich so den Wölfen näherte. So wohl auch Sanya.
"Allana… Was tust du da?!", rief sie nur. "Komm zurück!".
Allana-Avalante hörte allerdings nicht auf sie. Das Knurren des Wolfes hielt sie nicht davon ab es zu versuchen.
Immer wieder sprach sie dem großen schwarzen Wolf auf ihrer Muttersprache, die Sprache der Elben, zu. Zunächst schien das keine Auswirkung zu haben, dennoch ging sie in geduckter Haltung weiter auf das Tier zu und streckte die Hand aus.
"Ruhig… Ruhig… Alles ist gut… Ich bin eine Freundin der Natur, deshalb bin ich keine Gefahr... ", sagte sie in einem beruhigenden Ton auf Elbisch, wenn auch ihre Stimme zittrig klang. Der große schwarze Wolf hörte das Knurren und Fletschen auf und roch an ihrer Hand. Das Tier legte über ihre Hand, was leicht kitzelte. Trotzdem liefen der Elbin die Schweißperlen von der Stirn.
Du bist verrückt Allana, dachte sie sich nur.
Doch dann fing der Wolf zu fiepen an und leckte das ganze Gesicht der Elbin ab. Sie war überrascht davon, sodass sie auf ihr Gesäß nach hinten fiel. Der Wolf schmiegte sich regelrecht an ihr, sodass Allana-Avalante ihn streicheln konnte.
"Ja, so ist gut. Ich mag dich ja auch!", sagte sie lachend weiter auf elbisch. Auch die anderen Wölfe hörten auf und verschwanden wieder in der Dunkelheit. Als sich die Elbin zu Sanya und Mithrendan wandte, konnte sie das Staunen der beiden nicht übersehen.
"Ihr könnt eure Schwerter wegstecken, ihr werdet sie nicht mehr brauchen…", rief sie ihnen nur zu, während sie den Wolf noch streichelte.
"Das ist ein Düsterwolf!", sagte Mithrendan erstaunt. "Diese Tiere sind nur noch sehr selten und leben eigentlich im hohen Norden in Angmar!".
"Wohl eher eine Wölfin!", sagte Allana-Avalante nur. "Glaubt man den Geschichten, dann hätte mein Vater Thurion eine schwarze Düsterwölfin an seiner Seite…".
Ob es vielleicht die gleiche Wölfin war? Es gab nicht mehr viele solcher Tiere in Mittelerde und ausgerechnet eine in Gondor anzutreffen, die ähnlich aussehen sollte war nicht üblich.
"Bist du auch schon an der Seite meines Vaters Thurion gewesen?", fragte sie elbisch, auch wenn es wohl naiv war auf eine Antwort zu hoffen. Die Düsterwölfin winselte nur und die junge Elbin seufzte daraufhin.
"Jetzt lass mich mal aufstehen…", sagte Allana wieder auf elbisch und drückte sich nach oben, um wieder auf ihren Beinen zu stehen.
"Du bist eindeutig verrückt!", sprach Sanya das aus, was Allana-Avalante zuvor dachte. Dabei hörte sie sich entsetzt und erstaunt zu gleich an. "Was wäre, wenn dir etwas passiert wäre..  Es hätte auch ganz anders ausgehen können!".
"Ich habe uns gerettet und einen aussichtslosen Kampf erspart, um dann am Ende in einem Wolfsbau als Futter zu landen!", verteidigte Allana-Avalante ihre Handlung.
"Ja aber… Aber… Wie hast du das gemacht?", wollte die Kommandantin wissen.
"Erzähl du mir dein Geheimnis und ich verrate dir meines!", sagte sie  je siegessicher mit hochgezogenen Augenbrauen und ging zu ihrem Pferd, um dann schließlich in den Sattel auf dem Rücken zu steigen. Mithrendan war ebenfalls wieder auf seinem Pferd. Nur Sanya stand dort noch eine angewurzelt und verstand scheinbar die Welt um sie herum nicht mehr.
"Ich habe jederZeit ein offenes Ohr für dich, wenn du dich mir offenbaren willst!", sagte Allana-Avalante lächelnd mit einem Augenzwinkern und ritt voran. Die Düsterwölfin folgte ihr, wenn auch mit Abstand.
Sie hatten schon genug Zeit verloren und es war noch ein Stück bis nach Lothlorièn.


Allana-Avalante zusammen mit Sanya und Mithrendan in Richtung Rohan…
Titel: Lamedon (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 27. Jun 2021, 15:17
Lamedon (Gondor)

Octavia aus Carn-dûm (Angmar) (https://modding-union.com/index.php/topic,36520.msg486014.html#msg486014) nach Belfalas…


Octavia ritt auf ihrem Pferd fast durchgehend ohne Pause in den Süden von Gondor. An wenigen Orten machte sie rast, und wenn dann immer nur dort, wo sie auf keinen Menschen traf. Auf Menschen wollte sie nicht treffen.
Die junge Frau entschied sich auch dazu, nicht wie damals über Rohan nach Gondor zu gelangen, sondern direkt  in den Westen Gondors, um dann nach Belfalas zu kommen. Die schlechten Erinnerungen an ihre erste Reise nach Gondor und an den Rückweg mit ihrer Gefangenschaft durch die Kommandantin der Krone waren noch immer in ihrem Kopf. Auch die Truppenbewegungen in Rohan hielt sie davon ab, durch das Land der Pferdeherren zu reiten. Auf fremde Menschen, die dann noch Fragen stellen konnten, hatte sie keine Lust. Womöglich sorgte sie dann wieder nur selbst für ärger, so wie es scheinbar immer der Fall war.
Je weiter sie in den Süden nach Gondor kam, und umso mehr sie sich dem Süd-Osten von Mittelerde näherte, desto wärmer wurde das Klima.  Die ganzen zusätzlichen Stoffe, die die kalten Temperaturen des Nordens von ihrem Körper fernhalten sollten, brauchte sie nicht mehr. Wozu auch, wenn das gesamte Klima im Süden anders war. Sie hatte es ganz anders in Erinnerung, als sie nach Minas-Tirith reiste, um an diesen königlichen Turnier teilzunehmen und dadurch Kiana töten zu können.
Vielleicht lag dies auch nur an der anderen Jahreszeit und dass Rohan nördlich des Weißen Gebirges lag. Jetzt war sie ja südlich des Gebirges.
Noch immer hatte sie die Worte der anderen in ihrem Kopf. Von Thirak, von ihrem Bruder Kael und von Phelan. Die Verbannung und Schuldzuweisungen machten ihr noch immer schwer zu schaffen, auch wenn sie es mittlerweile kaum noch nach außen trug. Die ersten Meilen in den Süden hatte sie stets mit ihren Tränen zu kämpfen. Octavia war es bewusst, dass fast alle sie jetzt hassen mussten. Selbst Kael. Sie hatte viel falsch gemacht. Viele Menschenleben gefährdet, ausgelöscht und sterben lassen. Auch wenn sie den eigentlichen Zweck noch darin sah, ihre Leute beschützen zu wollen, wusste sie dass sie falsch gehandelt hatte. Nun war sie ganz alleine. Verbannt aus Angmar und Arnor. Ganz auf sich gestellt.
Das war ja eigentlich immer das was sie früher wollte. Nun aber quälte sie der Gedanke.
Thirak sprach zwar davon, dass sie zurückkehren durfte wenn Mittelerde wieder vereinigt war. Doch wer wusste schon wie lange dies dauern würde und ob es überhaupt jemals wieder möglich war.
Octavia seufzte nur tief, als sie darüber nachdachte.
Hätte ich nur noch einmal mit Kael sprechen können, dachte sie sich, als sie in ihren Gedanken sein erbostes Gesicht sah, als sie verbannt wurde.
Die junge Maia brachte ihr Pferd an einem kleinen Bach zum stehen, um es zu tränken. Sie zögerte nicht lange und stieg aus dem Sattel und füllte selbst ihre eigene Trinkflasche an diesem Bach auf. Das Wasser war kühl, kristallklar und floss aus dem Wald, der sich direkt vor ihr befand.
Octavia fragte sich wo sie eigentlich nun war. Es gab keinen Hinweis und eine Stadt oder ein Dorf hatte sie schon seit einer längeren Zeit nicht mehr gesehen. Das einzige was sie wusste war, dass sie sich südlich des Weißen Gebirges befand und Anfalas hinter sich gelassen hatte. Also musste sie in Belfalas sein
Ehe sie sich weitere Gedanken darüber machen konnte -oder auch in welche Richtung sie weiter reiten sollte- ertönte wieder diese dunkle Stimme in ihrem Kopf. Eigentlich hatte Octavia eine Zeitlang Ruhe vor dieser Stimme gehabt. Doch nun war sie lauter denn je.
Neben den undeutlichen Worten -und jenen in einer ihr unbekannten Sprache-, sagte diese Stimme immer wieder das gleiche: Entweder rief sie Octavias Namen, ihren Titel Sernereth oder dass sie ja von allen gehasst wurde und der einzige Ausweg die Dunkelheit war.
Die Stimme bereitete ihr Kopfschmerzen, sodass sie auf ihre Knie ging um sich die Schläfen zu reiben und ihr Gesicht mit dem kühlen Wasser des Baches zu befeuchten.  Für einen kurzen Moment hielt sie inne, als alle Geräusche um sie herum verstummten. Weder das Singen der Vögel noch das Plätschern des Baches drang ihre Ohren.
"Es gibt hier kein Leben für dich… Nur.. den Tod!", dröhnte die Stimme in ihrem Kopf. Wie von Geisterhand kontrolliert zog sie daraufhin den Dolch hervor und hielt ihn sich an ihren Unterarm. Es war nur eine Bewegung, nur ein Stich, die sie von all dem Leid befreien konnten. Die junge Frau kämpfte gegen dieses Verlangen an und schrie nur so laut sie konnte. Ein Schreien aus Verzweiflung und Hass auf sich selbst, für all die Dinge die passiert waren. Egal ob es Deloths Tod, die Zeit in der Mine  oder die Verbannung war.
Erschöpft ließ sie sich rücklings auf das grüne Gras fallen und sah in den fast wolkenlosen Himmel. Dabei kullerte noch eine große Träne aus ihrem rechten Auge.
Eine ganze Weile blieb sie noch dort liegen. Tief in ihrem inneren war sie froh, dass scheinbar niemand ihren Schrei hörte. Immerhin war sie scheinbar irgendwo im Niemandsland von Gondor. Oder sie hatte Glück, dass zu diesem Zeitpunkt niemand da war.
Als sie sich dazu entschied aufzustehen, ging sie zu ihrem Pferd und klopfte einige male sanft auf die Seite des Tieres.
"Wahrscheinlich bist du gerade das einzige Wesen das mich nicht hasst.", sagte sie dabei nur mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen. Das Pferd wieherte daraufhin kurz und relativ leise, bis es sich wieder dem Gras widmete.
Als Octavia ihre Gliedmaßen ausstreckte, um sie von der langen Reise zu entlasten, zuckte sie relativ schnell wieder zusammen, als sie sich dabei umdrehte. Nicht weit von ihr stand eine Gestalt in einem dunklen verschmutzten Gewand gehüllt und starrte mit hochgezogener Kapuze in ihre Richtung. Eine Schauer lief ihr den Rücken herunter, was sich daran lag, dass sie kein Gesicht erkennen konnte.
Doch nicht alleine… Zu früh gefreut, dachte sie sich nur entnervt mit hochgezogenen Augenbrauen. Allerdings war sich die junge Maia nicht sicher wie sie reagieren sollte.
"Hey!", rief sie dann nur Hals über Kopf zu der Gestalt. "Hast du nichts besseres zu tun als Mädchen anzugaffen?".
Diese Gestalt -wer auch immer das war- antwortete nicht und rührte sich kein bisschen von der Stelle.
"Na schön…", sagte Octavia fast schon zu sich selbst und zog das Schwert aus der Scheide, die Thirak am Sattel des Pferdes befestigt hatte. Die Runen auf der Klinge leuchteten wieder stark Violett. Es hatte schon lange nicht mehr so intensiv geleuchtet. Das letzte mal war es so, als sie ihre Kräfte benutzt und das erste mal einsetzte.
Irgendetwas in ihr sagte ihr, dass es sicher keine gute Idee war, einen Angriff zu starten. Deshalb blieb sie wie versteinert dort stehen und fixierte die Gestalt mit ihren Augen. Eine große Angst breitete sich in ihr aus, so wie sie es schon lange nicht mehr verspürte.
Als die Gestalt die blasse Hand ausstreckte, ging Octavia vorsichtig einige Schritte zurück um zu ihrem Pferd zu gelangen. Die Sonne verschwand für einen Moment und eine kühle Brise wehte durch die Landschaft, die immer stärker wurde. Doch ehe die junge Frau das Pferd erreichen konnte, wieherte es plötzlich panisch auf und rannte im Galopp in den Wald.
Verdammt, dachte Octavia, bis sie schließlich über einen Stein stolperte und zu Boden stürzte. Schnell sprang sie wieder auf die Füße. Zu ihrer Verwunderung musste sie feststellen, dass die dunkle Gestalt hinfort war. Ungläubig blickte sie sich mehrere male um. Sie konnte es nicht wirklich glauben. Wer und was das nur war? Und warum wurde der Wind mit dem Ausstrecken der Hand stärker?
Sei's drum, sagte sie zu sich selbst, Hauptsache dieses Ding kommt nicht wieder!
Dann fiel ihr das Pferd ein, welches panisch in den Wald rannte. Ein leicht mulmiges Gefühl überkam sie, wenn sie nun darüber nachdachte dort hinein zu gehen. Hör auf zu spinnen, Octavia!.

Mit vorsichtigen Schritten betrat sie den Wald. Er war sehr dicht bewachsen. Hier und dort gab es einige sehr feuchte stellen, was darauf hindeutet, dass es nicht vor allzu langer Zeit geregnet hatte. Außerhalb des Waldes sah es aufgrund der warmen Temperaturen gar nicht so aus. Jedes Geräusch und jedes Rascheln ließ sie wegen der vorherigen gruseligen Begegnung zusammenzucken. Jedes mal sprach sie sich selbst mut zu, dass sie ja keine Angst hatte. Wahrscheinlich spielte ihr nur irgendjemand einen Streich und sie ließ sich davon so dermaßen einschüchtern. Aber sie war doch eine Kriegerin. Sie durfte keine Angst haben.
Octavia atmete erleichtert auf, als sie das Pferd auf einer Lichtung grasen sah. Das Problem war nur, dass zwischen ihr und dem Tier ein Gewässer lag, welches sie nicht erkennen konnte. Es war sehr trüb und dunkel. Viele Pflanzen bedeckten es. Als sie sich vorsichtig mit einem Fuß vor tastete, bemerkte sie dass es zwar schlammig und rutschig war, aber keinesfalls tief. Also musste sie es nur überqueren um weiterreisen zu  können.
Schritt für Schritt watete sie durch das doch  nur kniehohe Wasser-Schlamm Gemisch.
Na, war doch gar nicht so schwer, dachte sie sich gerade schon, da trat die junge Frau in eine Stelle, die etwas tiefer war und ihr Fuß sank in den Schlamm ab. Sie hielt sich aber noch auf den Beinen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Als sie aber weitergehen wollte, bemerkte sie, dass ihr Fuß im Schlamm feststeckte.
So ein Mist! Octavia war so nah dran, aus dem Tümpel zu kommen und nun steckte sie fest. Sie warf ihr Schwert auf den fast direkt vor ihr gelegene festen Boden, damit sie die Arme frei hatte und etwas an Gewicht verlor, das sie bei sich trug.
So fest sie auch versuchte den Fuß wieder herauszubekommen, schaffte sie es nicht. Es bewirkte eher das Gegenteil, sodass sie weiter hinein rutschte. Verzweifelt grub die mit den Händen ihre Beine frei, doch auch das brachte nicht viel. Sie war schon zu tief hinein gelangt, als das sie ihre Füße erreichen konnte. Sie war nun gefangen, weil sie sich von ihren Gefühlen leiten ließ. Sie war nun leichte Beute für wen oder was auch immer. Allerdings konnte und wollte sie nicht aufgeben. Von so etwas ließ sie sich nicht besiegen.
"Vielleicht solltest du aufhören zu zappeln…", ertönte plötzlich eine weibliche, sehr sanfte Stimme hinter ihr. Octavia erstarrte und wandte sich ihr langsam zu.
"...Umso mehr du dich bewegst, desto mehr rutscht du auch hinein…", sagte sie weiter.
Octavia sah nur eine durchschnittlich große- vielleicht etwas kleiner als sie selbst- , schlanke Frau vor sich stehen. Sie trug ein zerrissenes schwarzes Kleid -wohl eher die Überreste davon- und einen schwarzen Umhang. Die Kapuze war über den Kopf gezogen.
"Vielleicht kannst du mir lieber hier heraus helfen, anstatt kluge Sprüche zu bringen!", keifte Octavia die Frau fast schon an.
"Ach sollte ich das?", erwiderte die Frau nur trotzig und zog dabei die Kapuze von ihrem Kopf.  Das Gesicht und ihre Gesichtszüge ließen vermuten, dass sie wohl im gleichen Alter wie Octavia sein musste, oder etwas älter. Ihre langen Haare waren verfärbt. Vermutlich waren sie mal sehr hellblond. Die Frau musste sich Erde oder Schlamm in die Haare gerieben haben, damit diese dunkler wirkten.
Die Augenfarbe konnte Octavia nicht ganz erkennen. Die Dunkelheit des dichten Waldes und die vielen grünen Pflanzen um sie herum ließen sie nicht sicher sein. Vermutlich waren sie aber blau.
"So stehen wir uns nach all der Zeit wieder gegenüber… Nur diesmal bist du in der verletzlichen Position...[/i], sagte die Frau weiter. "Gurth-en-Dúath, Tod aus dem Schatten… Sernereth, die Blutkönigin… Oder doch lieber… Octavia?".
Octavia wusste nicht was sie antworten sollte. Sie fragte sich nur, woher diese Unbekannte Frau von ihren anderen Namen wusste. War sie vielleicht eine von Luthias Leuten? Sie war sich unsicher, deshalb schwieg sie noch weiter. 
"Ich habe einiges über dich gehört. Man sagte dass du genau wie Thurion bist…", sagte die Frau spitzfindig.
"Was zur Hölle willst du von mir ?", fauchte Octavia sie nun doch an. Sie verstand nicht, warum die Frau ihr nicht einfach half.
"Ich weiß es nicht… Vielleicht Rache… Vielleicht Vergeltung… Genugtuung?", während die Frau das sagte, hob sie das Schwert von Octavia auf, welches neben ihr lag.  "...Das Schwert unseres Vaters… Man spürt förmlich die Macht die es durchfließt, so wie bei der Krone… Thirak hat es mitgeführt… Wusstest du, dass er es Melkor in den Bauch gerammt hatte, als der Schwarze Feind der Welt mich töten wollte?".
Nachdem sie die Worte ausgesprochen hatte, riss Octavia ihre Augen auf, denn ihr wurde klar wen sie vor sich hatte.  Es war niemand anders als ihre Halbschwester Kiana Vaneryen. Doch wie konnte das sein? Sie war doch abgestürzt und tod. Das Reich gab es nicht mehr. Aber es war wirklich Kiana. Octavia erkannte ihre Violetten Augen und die Haare mussten unter all der braunen Farbe -die in die Haare gerieben wurde- silber sein. War sie nun doch verrückt geworden? 
Das alles machte sie nur noch wütender, sodass sie versuchte aus dem Tümpel zu gelangen um Kiana zu erreichen. Doch es funktionierte nicht.
"Na na na.. ", machte Kiana nur und hielt das Schwert an Octavias Hals. "Willst du etwa sterben? Bevor du elendig im Schlamm erstickt, kann ich dich auch gleich umbringen… So bekäme ich wenigstens meine Rache!".
Octavia warf Kiana nur einen bösen Blick zu, der sich aber schnell in einen ernsten verwandelte.
"Denkst du wirklich du kannst mir Angst machen?",erwiderte sie nur entschlossen und kalt, während sie ihren Hals an die Spitze des Schwertes drückte. "Na los, mach es… Beende es…".
Was hatte sie denn noch zu verlieren? Alle hassten sie und sie wusste ohnehin nicht wohin sie gehen sollte. Wenn Kiana nun doch am Leben war, war sowieso alles umsonst.
"Arme kleine Octavia… Die Dunkelheit hat wohl dein Herz ergriffen. Genau wie es meins verschluckte… Du hörst auch diese Stimmen, nicht wahr?", entgegnete Kiana, ohne aber das Schwert zu senken. Octavia dachte auch nicht daran ihren Hals von  der Klinge zu entfernen und warf Kiana nur einen ernsten Blick zu. "Du bist auch nicht mehr das kleine Mädchen. Nicht nachdem was du alles gesehen hast und was sie dir angetan haben… Sag mir eins: Warum bist du hier alleine und nicht im Norden?".
Octavia war leicht überrascht. Sie hatte nie gedacht, dass Kiana auch diese Stimmen hörte. Wie sonst sollte sie darauf kommen? Sie hatte noch nie jemanden davon erzählt. Nicht einmal Kael.
"Was spielt das für eine Rolle?", stellte sie nur die Gegenfrage. Eine wirkliche Antwort erwartete sie allerdings nicht.
"Sie hassen dich, nicht wahr?", antwortete Kiana nur und hatte dabei ein leichtes Lächeln auf den Lippen. "Du hast etwas getan, warum sie dich hassen… Ich sehe dir doch an, dass du eine große Last auf deinen Schultern trägst… Und deine Augen verraten dich!".
Octavia wurde für einen kurzen Moment warm. War sie so leicht durchschaubar? Sie senkte nur erschrocken den Kopf, in der Hoffnung den Blicken Kianas ausweichen zu können.
"Wie fühlt es sich an, von allen gehasst zu werden?", bohrte die silberhaarige Frau weiter nach.
Octavia antwortete nicht. Es verletzte sie zutiefst, wenn sie darüber nachdachte. natürlich war das kein schönes Gefühl. Die bittere Wahrheit, die sie ausgerechnet von Kiana hörte, ließen sie nur Trübsal blasen. Immerhin hatte sie recht. Genau wie Kiana wurde sie nun gehasst. Allerdings wollte sie sich nicht weiter mit Kiana unterhalten. Wozu auch. Octavia hasste sie über alles. Wegen ihr war die Welt erst so elendig wie sie war. Wegen ihr kam es überhaupt erst dazu, dass sie die Dinge tat, die sie im Norden und in den Minen tat. Deshalb sagte sie weiter nichts und sah nur nach unten.
"Einfach so wärst du niemals gegangen, richtig? Du wurdest weggeschickt, weil du eine Gefahr für andere darstellst… Nachdem du die Macht genossen hast…", sagte Kiana weiter und hatte etwas siegessicheres in der Stimme. "Dein Fehler war es zu mögen…".
"Was zu mögen?", fragte Octavia nur verwirrt und mit zittrigen Stimme.
"Die Macht… Denn sie zu mögen ist der Kuss des Todes… Meine Feinde mussten das spüren und auch… Ich… Nachdem ich ihr selbst verfallen bin… Das Blut der Maiar, das wir in uns tragen, ist eine schwere Bürde: Es verleiht uns macht, aber dafür sind wir ein Teil der Dunkelheit!".
Octavia schwieg weiter. Was sollte sie auch dazu sagen. Es war nur ein Jammer, dass sie dort gefangen war und nicht fliehen konnte um dich das Geschwafel weiter anzuhören.
"Aber wer kam wieder an und hat sich alles geholt, was jemand anders aufgebaut hat? Ist es nicht auffällig, dass es immer Thirak ist?", fing Kiana an. Dabei hörte sie sich schon eher verärgert an. "Zuerst opfere ich meine Armee, mein ganzes Vorhaben Königin zu werden um Mittelerde zu retten, dann kommt Thirak und sagt er ist der wahre Erbe des Throns… Und du vereint den Norden, versuchst deine Leute am Leben zu erhalten und wer ist nun der König von Angmar und Arnor? Thirak…".
"Nein. Er glaubt ,genau wie der Mann den ich liebte, dass wir alle ein gemeinsames Volk sein können… Ein Volk das selbst bestimmt von wem es beherrscht wird… Ohne Unterdrückung…", entgegnete Octavia direkt. "...Dafür liebe ich auch ihn!".
"Sicherlich ein netter Gedanke… Doch wohin hat es ihn gebracht ? Dass er nun bestimmt wann und wie es passieren wird?", fragte Kiana eher ironisch. Octavia antwortete wieder nicht sondern beobachtete Kiana nur, die nun das Schwert von ihrem Hals entfernte. Auch wenn Octavia das nicht zugeben wollte, war dies eine große Erleichterung.
"Du hast dein Volk durch schwere Zeiten geführt… Hast es zusammengehalten… Du weißt wie das funktioniert. Genau wie ich!", sagte Kiana überzeugt. "Wir beide können die Welt zu einem besseren Ort ohne Leid machen… Auch wenn unser Anfang nicht ganz schön war, sind wir eine Familie! Mein Hausspruch, den meine Mutter Anarya wählte, ist Feuer und Blut... Ich bin das Feuer und du stehst für das Blut, verstehst du das?".
Octavia verstand eher gar nichts. Deshalb sah sie Kiana nur irritiert an. Was sollte sie auch schon dazu sagen? Sie wollte in ihrem Leben immer nur frei sein, danach nur Kiana töten. Nachdem sie von der Verwandtschaft zu Kiana hörte zerbrach sie innerlich. Und nun sollte sie sich mit ihr zusammentun? Das was sie nie wollte?
"Wir sind für diese Welt bestimmt! Die ganzen Prophezeiungen und Schriften die ich im Osten gelesen und gehört habe ergeben plötzlich Sinn!", rief Kiana fast schon fantastisch. Dabei beugte sie sich schon rüber zu Octavia, ohne dabei aber in den Tümpel zu treten.
"Du bist wahrlich verrückt…", sagte Octavia nur.
"Und so bist du es auch…", erwiderte sie kurz. "...Aber zunächst… Gucken wir wie wir dich hier heraus bekommen…".
Danach verschwand Kiana erst einmal. Octavia war eine ganze Weile alleine. War das vielleicht nur eine Einbildung ihres nun vollkommenen verrückt gewordenen Verstandes? Die junge Frau seufzte nur laut und versuchte erneut vergebens ihre Beine aus dem Schlamm zu befreien.

Nach einer Weile atmete die junge Frau stöhnend aus durch.
Ich gib's auf, dachte sie gerade und im gleichen Moment wurde ihr ein Seil zugeworfen. Irritiert sah die junge Maia sich um, weil sie nicht sah von wem es ihr zugeworfen wurde. Dann aber sah sie wirklich wieder Kiana, die an dem Pferd das andere Ende des Seils befestigte. Sofort griff sie sich das Seil, wickelte es etwas um ihre Hände und ließ sich von der Kraft des Pferdes herausziehen. Octavia dachte für einen Moment ihr Oberkörper würde vom Unterleib getrennt werden, dann aber lösten sich ihre Füße aus dem Schlamm, sodass sie endlich befreit war.
Sie blieb noch kurz auf ihrem Bauch auf den Waldboden liegen , bis sie sich auf ihren Rücken drehte und durchatmete.
Ziemlich schnell richtete sie dich allerdings auf, denn ihre größte Feindin war noch immer da: Kiana Vaneryen.
Obwohl Octavia erschöpft war, stürmte sie auf Kiana zu und versuchte die ehemalige Königin von Mittelerde zu Boden zu bringen.  Weit kam sie damit nicht, denn irgendetwas in ihr hielt sie davon ab und ließ eher ihre Knie weich werden.
"Nein… Nein…", quängelte sie nur leise vor sich hin. Es konnte doch nicht sein, dass sie es nicht mehr schaffte Kiana zu überwältigen und zu töten. Das war doch das, was sie so lange begehrte. Nun weigerte sich etwas in ihr das zu tun.
Sie rutschte zu Boden und krallte sich mehr oder weniger dabei an Kiana fest, die langsam mit ihr nach unten wanderte, bis Kiana Octavia fast schon in ihre Arme hatte.
Octavia wollte nicht weinen. Nicht vor Kiana. Doch die Tränen konnte sie kaum zurückhalten. Sie wusste noch nicht einmal warum. Das Gefühl von Traurigkeit und von dieser unendlichen leere breite sich nur wieder in ihr aus. Die junge Frau spürte, wie Kiana sie in ihren Armen hielt und ihren Kopf streichelte, was sie nur noch weiter traurig stimmte.
"Schht…", machte die ehemalige Königin nur. "...Es ist alles gut… Ich bin ja da.".
Octavia hielt sie weiter fest und schluchzte in Kianas Bauch hinein. Sie konnte ihre Gefühle nicht mehr zurückhalten und konnte dabei Kiana nicht mehr böse sein. Egal für was. Das ließ sie nur noch mehr weinen.
Als sie sich schließlich beruhigte, löste sich Kiana von ihr und erhob sich. "Na los, komm hoch…", sagte sie nur, während sie dabei Octavia hoch zog, bis auch sie wieder auf ihren beiden Beinen stand. "...Wir sollten uns so langsam auf dem Weg machen…".
Ohne weitere Fragen zu stellen wischte sie sich mit dem Unterarm über das Gesicht, nahm die Zügel des Pferdes und folgte Kiana den Waldweg entlang.

Nach einer Zeit des Schweigens fühlte sich Octavia wieder in der Lage etwas sagen zu können. Deshalb nutzte sie auch sofort die Möglichkeit Fragen zu stellen, die ihr auf der Zunge brannten. Immerhin wollte sie unbedingt wissen, wie Kiana den Absturz überleben konnte und unbemerkt mitten in Gondor -wenn auch in der Wildnis- zu leben. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, wie das möglich war.
"Ich habe mir immer wieder überlegt und versucht vorzustellen, wie es überhaupt möglich ist dass du noch lebst…", fing sie an.
"Nachdem ich abgestürzt war und mir unzählige Verletzungen zugezogen haben bei jedem der einzelnen Schläge gegen das Gestein des Gebirges, wurde ich gefunden… Zwei mal um genau zu sein…", antwortete Kiana und wirkte dabei nachdenklich.
"Zwei mal?", fragte Octavia ungläubig und vorsichtig nach.
"Ja… Die ersten waren eine Gruppe Männer, die in Rüstungen gekleidet waren… Vielleicht Rebellen, ich weiß es nicht genau… Sie waren sich nicht sicher, ob ich wirklich die Kiana war, aber sie haben mich trotzdem am Boden liegend geschlagen und vergewaltigt, damit sie ihre Befriedigung über den Absturz der Drachenkönigin zu bekommen…", sagte Kiana ohne eine Miene zu verziehen. Octavia schluckte daraufhin nur. Das war wahrlich nichts was man einer anderen Frau wünschte. Selbst nicht der ärgsten Feindin. "...Danach haben sie mich dort zurückgelassen und gingen sowieso davon aus, dass ich die nächsten Stunden sterben würde… Vielleicht war es auch kurz davor… Doch der Glaube an mich selbst und meiner Bestimmung in dieser Welt war größer!".
Dabei wirkte Kiana sehr überzeugt und bestimmend. Die Drachenkönigin blieb stehen und sah Octavia tief in die Augen. Sie kannte ihren Überlebenswillen ja von sich selbst. Sie empfand so etwas wie Mitleid für die ehemalige Königin. Gleichzeitig wusste sie nicht was sie dazu sagen sollte. Besonders weil Kiana nichts sagte und es Octavia so vorkam, als wartete sie auf eine Antwort, verunsicherte sie weiter.
"Und wer hat dich das zweite Mal gefunden?", fragte sie wieder vorsichtig nach.
"Ich hatte Glück, dass ich von einem Bauern und seiner Frau gefunden wurde… Sie nahmen mich mit zu sich auf den Hof und pflegten mich wieder gesund…", erzählte Kiana betrübt. "...Das ironische ist, dass beide ihre alten Titel verloren hatten, weil sie zum alten Adel gehörten und trotzdem halfen sie mir, nachdem sie bemerkten wer ich war… Sie hätten mich einfach sterben lassen können...".
"Nicht jeder meint alle vernichten zu wollen, die nicht wie man selber denkt!", erwiderte Octavia nur kurz und schmerzlos.
"Hast du nicht selbst noch deine eigenen Leute dafür hinrichten lassen, weil sie desertieren wollten?", entgegnete Kiana mit einer Gegenfrage. Octavia war bewusst dass Kiana damit recht hatte. Es war noch nicht einmal so lange her. Sie hätte ja selbst ihren Bruder in der Arena sterben lassen und wollte Thirak töten. Wahrscheinlich musste sie einfach einsehen, dass sie nicht besser als Kiana war. Deshalb schwieg sie nur und senkte den Kopf, um Kiana damit recht zu geben. Die ehemalige Königin gab nur ein zufriedenen Laut von sich und hatte ein schiefes Lächeln auf ihren vollen Lippen.
"Wo führt dich eigentlich dein Weg hin?", wollte Kiana schließlich wissen und sah ihre Halbschwester liebevoll mit ihren Violetten Augen an. Octavia sah mit ihren Grünen Augen zu der etwas kleineren Kiana und zuckte mit den Schultern. Sie wusste ja selbst nicht wohin.
"Ich weiß es nicht…", sagte sie noch dazu, als sie das Ende des Waldes erreichten und die weite Landschaft von Lamedon wieder sichtbar war.
"Vielleicht sollten wir uns dann zusammentun und gemeinsam für eine Gerechte Welt kämpfen!", fing Kiana plötzlich an.
"Nicht schon wieder das..", entgegnete Octavia nur genervt.
"Wir beide sind vom Blute der Maiar und zusammen sehr mächtig… Es ist unsere Möglichkeit etwas erreichen zu können!", versuchte ihre Halbschwester sie wieder zu überzeugen.
"Ich denke es ist besser, wenn wir unsere Wege wieder trennen…", wimmelte Octavia sie sofort ab. "...Wir haben uns noch vorher versucht umzubringen und haben beide für viel Leid gesorgt. Wir beide zusammen würde nur mehr Unheil bedeuten…".
Dann stieg sie ziemlich schnell auf den Sattel des Pferdes. Kiana hielt es noch am Halfter fest. Octavia warf ihr nur einen vorwurfsvollen Blick zu und deutete ihr aus dem Weg zu gehen.
"Aber das Schicksal hat uns hierher zusammengebracht!", erwiderte Kiana. "Wir beide sind Schwestern! Du das Blut und ich das Feuer! Denk dran!".
"Ja, ja… Werde ich vielleicht", antwortete sie nur und ließ ihr Pferd vorwärts laufen.
"Also lässt du mich hier alleine zurück?", rief Kiana Octavia noch hinterher. Sie aber dachte nicht an das Stehenbleiben und ritt weiter im schnellen Tempo voran.

Was war das für eine seltsame Begegnung, dachte Octavia, Hätte ich sie vielleicht doch töten sollen?
Sie seufzte, als sie in ihren Gedanken die schlanke Frau mit den silbernen Haar und violetten Augen vor sich stehen sah. Sie kam sich selbst dermaßen dämlich vor, dass sie vor Kiana geweint hatte und in ihren Armen lag. Gleichzeitig war es seit langem das schönste Gefühl. Ihr kam es so vor als war Kiana die einzige, die sie verstehen konnte. Immerhin hörte sie selbst diese Stimme und musste mit der inneren Macht zurechtkommen.
Trotz allem was zwischen ihnen vorgefallen war, schien Kiana sie annehmen zu wollen obwohl sie gar keinen Grund dazu hatte.
Octavia fühlte sich schlecht weil sie sich unter solchen Umständen kennengelernt hatten und weil sie so etwas durchmachen musste. Die junge Maia dachte auch wieder an Deloth, der von einem gesamten vereinten Mittelerde geträumt hatte. Er musste dafür sterben, weil andere sich über alles stellten und eigene Gesetzmäßigkeiten bestimmten. Er wurde aufgrund Vorurteile hingerichtet. Natürlich verfolgte Thirak ein ähnliches Ziel. Aber wie sicher konnte sie sein, dass er auch wirklich richtig handelte.
Sollte sie vielleicht doch wieder umdrehen und mit Kiana gemeinsame Sache machen?
Du bist wirklich jetzt verrückt geworden darüber nachzudenken, Octavia, dachte sie sich stöhnend. Sie erwischte sich dabei darüber nachzudenken und gefallen daran zu finden bei ihrer Halbschwester zu sein. Was wohl die anderen dazu sagen würden. Wobei das wohl kaum eine Rolle spielte. Hassen taten alle sie ja sowieso. Selbst ihr Bruder Kael.
Was soll's, dachte sie sich schließlich und nahm die Zügel fest in die Hand um das Pferd zum umdrehen zu bewegen. Sie musste nun darauf hoffen dass Kiana auch noch da war, wo sie ihre Halbschwester zurückließ.
Als sie wieder den Wald vor sich sah, erkannte sie auch Kiana, die zu Fuß unterwegs und noch nicht weit gekommen war. Sie ritt auf sie zu, die fast schon erschrocken zu ihr sah, als sie die Hufen des Pferdes hörte.
"Komm, steig auf…", sagte Octavia außer Atem. "...Ich bringe dich nach Hause…".
Kiana ließ das sich nicht zweimal sagen und stieg auf den Rücken des Tieres. Octavia half ihrer silberhaarigen Halbschwester hoch und machte ihr etwas Platz. Sie legte ihren eigenen braunen langen hochgebundenen Zopf über ihre Schulter -so gut das mit ihren dicken Haaren möglich war-  damit Kiana die Haare nicht im Gesicht hatte.
"Wo sollen wir hin?", vergewisserte sie sich, denn ihr war klar, dass Kiana ganz sicher nicht einfach in Minas-Tirith auftauchen konnte.
"Nach Tolfalas…", antwortete sie sanftmütig. "...Nach Minas-Alagos, mein Geburtsort!".
Dann trieb sie das Pferd an, um an die Küste zu gelangen und mit einem Schiff auf die Insel Tolfalas zu fahren…


Octavia Sagitta und Kiana Vaneryen auf dem Weg weiter östlich nach Linhir in Lebennin…
Titel: Linhir (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 4. Jul 2021, 12:25
Linhir (Gondor)

Octavia zusammen mit Kiana in Linhir…


Octavia ritt mit Kiana weiter östlich in Richtung Lebennin um endlich einen Hafen zu erreichen, damit sie nach Tolfalas mit einem Schiff übersegeln konnten. Zwar lag Dol-Amroth nicht weit weg, doch Kiana riet nur dazu nicht in die große Handelsstadt der Schwanenfürsten zu gehen. Die Gefahr dort war zu groß um erkannt zu werden. So entschieden sich beide Frauen lieber dazu weiter östlich eine Hafenstadt zu finden. Octavia konnte noch immer nicht glauben, dass sie mit Kiana zusammen unterwegs war und auch noch bei ihr bleiben würde. Sie hatte nicht einmal eine richtige Idee, wie das nun weitergehen sollte. Auch wenn sie sich auf Kiana einließ, klang das alles doch sehr unrealistisch. Immerhin hatten sie nichts und niemanden auf ihrer Seite. Und ob diese Festungs auf Tolfalas namens Minas-Alagos wirklich unbewohnt war, wusste ja auch niemand. Was war wenn sie auf eine große Garnison stießen? Octavia hatte zwar kein Problem damit diese auszulöschen, aber zu zweit einen Krieg mit einem ganzen Königreich -oder was Gondor auch immer jetzt war- zu entfachen war sicherlich keine gute Idee. Dann fielen sie sofort auf und das ganze Vorhaben war zunichte gemacht.
Die Stadt Linhir war schon zu sehen. Sie war recht groß und von der Anhöhe auf der sich Octavia mit Kiana befand, konnten sie  das großes Treiben schon von weitem erkennen. Sowohl auf den Straßen, als auch am Hafen und auf den Schiffen.
"Meinst du wirklich, dass wir dorthin gehen sollten?", fragte Octavia skeptisch nach und drehte ihren Kopf etwas nach hinten, wo Kiana saß.
"Na, wie sollen wir sonst überfahren?", entgegnete Kiana nur zuversichtlich. "Mit einem kleinen Fischerboot aus einem der Dörfer an den Küsten kommen wir nicht weit… Und außerdem…".
Octavia war die Antwort plausibel. Dennoch wartete sie darauf, dass Kians ihren Satz vollendete, den sie künstlich in die Länge zog.
"Und außerdem was?", wollte die junge Maia schließlich wissen.
"Nun ja, ich könnte ein Bad gebrauchen… Sieh dir meine Haare an!", antwortete sie nur recht eitel. Octavia verzog daraufhin nur ihr Gesicht. Das war ganz sicher nicht das wichtigste und konnten sie erledigen, wenn sie Tolfalas erreichten und in Minas-Alagos ankamen.
"Meinst du nicht dass das warten kann?", schlug sie argwöhnisch vor. "Mich kennt hier niemand… Aber deine silbernen Haare sind sehr auffällig und ein Alleinstellungsmerkmal… Besonders für die Gondorer die dich weiterhin hassen…".
"Ich kann den Dreck an mir aber nicht länger ertragen…", sagte Kiana und klang dabei fast schon verzweifelt. "...Ich habe schon so lange darauf verzichtet… Keiner wird uns leichtfertig mitnehmen, wenn wir aussehen wie zwei
Vagabunden… Ich kann mir nicht vorstellen, dass du das nicht auch willst. Immerhin sind wir zwei Frauen!".
Octavia seufzte. Ihr hatte gerade noch gefehlt mit einer eitlen Prinzessin auf Reisen zu sein. Sie selbst war da eher pragmatisch eingestellt. Als Kriegerin konnte sie nicht jedes Badehaus aufsuchen und sich um ihr Äußeres kümmern. Allerdings fehlte es ihr tatsächlich auch ein Stückchen. Viele Jahre hatte sie kein anständiges warmes Bad. Wenn dann war sie immer nur in einem See Arnors, ohne all die schönen Düfte. Das letzte mal war zwar noch als sie Carn-dûm mit Thirak erreichte, aber das war nun auch viele Tage her. Sie stimmte schließlich zu und beide Frauen ritten die Ebene vor den Stadtmauern langsam entlang, bis sie schließlich die Stadttore durchquerten.

Kurz danach wurden beide Frauen schon von einem der Torwächter aufgehalten, indem er sich ihnen mitten in den Weg stellte. Octavia brachte das Pferd noch zum Stehen.
"Halt! Wo wollt ihr hin?", fragte der Wächter ziemlich unfreundlich.
"Wir sind nur auf der Durchreise und suchen einen Ort zum übernachten!", erwiderte Octavia ziemlich schnell.
Sie bemerkte die argwöhnisch Blicke, die der Wächter Kiana zu warf, die hinter ihr auf dem Pferd saß.
"Gut…", sagte er schließlich. "Macht ihr Ärger hier, sperren wir euch ein… Meine Männer und ich behalten euch beide im Augen!".
Octavia nickte dem Mann nur freundlich zu. Sie ließ das Pferd noch einige Schritte nach vorne laufen, bis sie schließlich abstieg und auch Kiana herunter half. Dann führte sie das Tier an einem dafür vorgesehenen Stall. Als sie zurück zu Kiana ging, fiel ihr auf dass ihre Halbschwester nach oben sah. Octavia verfolgte mit ihren Augen die Richtung und entdeckte ein Banner welches den weißen Baum Gondors zeigte.
Die junge Maia lag ihre Hand auf Kianas Schulter und lächelte ihr nur schief entgegen.
"Mach dir nichts daraus.", sagte sie nur und lief voran.
Die Stadt unterscheidete sich deutlich von denen in Arnor. An den Gebäuden und Straßen erkannte Octavia deutlich, dass viel Geld und Zeit investiert wurde, um die gesamte Stadt sauber und intakt zu halten. Die meisten Straßen waren gepflastert und viele Ecken besaßen Grünanlagen
Viele der Händler versuchten ihre Waren auf dem Marktplatz zu verkaufen, indem der eine die seinen lauter anpries als der andere. Wiederum andere Kaufleute waren damit beschäftigt die vielen beladenen Karren von den Häfen in die Innenstadt zu koordinieren oder umgekehrt.
Octavia lief die vollen Straßen um so etwas wie ein Badehaus zu finden. In Richtung Hafen konnte wohl nichts sein. Sie wollte zuerst Kiana befragen, die ihr mit gesenktem Kopf und überzogener Kapuze folgte. Deshalb ließ sie es lieber sein und versuchte selbst den Weg zu finden.
Schließlich blieb sie vor einem großen grauen Gebäude stehen. Es war rundlich gebaut und eine Kuppel zierte das Dach. Neben den großen Türflügeln hing ein Schild. Darauf waren sich zwei kreuzende Bürsten abgebildet. Darunter stand ganz schlicht in Westron Badehaus geschrieben.
Ich denke das wird es sein, dachte sich die junge Maia gerade. Freudig wollte sie die Entdeckung mit Kiana teilen und  sagen "Wir sind da!", doch sie musste feststellen, dass ihre Halbschwester mit dem silbernen Haaren plötzlich verschwunden war.
Panisch sah sich Octavia um, doch sie konnte die Frau nirgends im Gedränge auf den Straßen sehen.
Auch das noch, dachte sie sich seufzend. Das war das letzte was sie nun gebrauchen konnte. Sie wollte gerade umdrehen und nach Kiana suchen, da stieß sie mit einer Person zusammen.
"Kannst du nicht aufpassen?!", keifte Octavia sofort los und rieb sich die Stelle am Kopf. Als sie die Augen wieder öffnete, erkannte sie ziemlich schnell, dass es Kiana war die vor ihr stand. Sie hielt ein Bündel in den Händen und zog nur ihre rechte Augenbraue hoch.
"Wo warst du, verdammt nochmal?!", fragte Octavia recht unfreundlich nach.
"Ich habe etwas besorgt…", antwortete sie nur bockig. "...Willst du etwa wieder in deine dreckige Kleidung?".
Octavia stöhnte nur. Ihr war es egal ob ihre Kleidung dreckig war oder nicht. Sie konnten sich später darüber Gedanken machen, wenn sie nicht umgeben von potentiellen Feinden waren. Über ihr aussehen war das letzte worüber sie sich Gedanken machte. Besonders in letzter Zeit. Sie konnte in der Zeit bei den Rebellen auch kaum darüber nachdenken. Genau deshalb wollte die junge Frau auch lieber alleine unterwegs sein. Eine Prinzessin die sich zu schade war dreckig zu werden war nur ein Hindernis.
"Musste das wirklich jetzt sein?", wollte Octavia seufzend wissen.
"Ja!", antwortete Kiana nur kurz und überzeugt.
"Woher hast du denn das Geld?", fragte sie weiter.
"Ich hatte es bei mir… Sonst könnten wir uns kaum das Badehaus leisten, geschweige denn eine Überfahrt nach Tolfalas bezahlen…", erwiderte Kiana rechthaberisch. "...Außer du hast vor mit anderen Mitteln einen Seemann zu überzeugen. Eine hübsche junge Frau bist du ja schon mal! Ich würde da nicht nein sagen!".
Octavia schüttelte nur ablehnend ihren Kopf. Kiana kicherte dagegen nur in die Bündel auf ihren Armen hinein.
"Ich habe auch etwas für dich dabei!".
Octavia verdrehte nur die Augen und drehte sich wieder um, damit sie in das Badehaus gehen konnten. Diesmal vergewisserte sie sich, dass Kiana ihr auch folgte.

Im Vorraum des Badehauses saß ein Mann in edlen Roben an eine art Schreibtisch, der direkt mittig aufgestellt war. Vorsichtig näherte sich Octavia dem Mann, der ihr nur freundlich entgegen lächelte.
"Ich heiße euch willkommen meine Damen!", erhob er seine Stimme. "Kann ich euch irgendwie weiterhelfen? Habt ihr euch verlaufen?".
"Äh, nein…", entgegnete Octavia nur pampig. "...Wir wollen das Badehaus benutzen!".
"Das kann ich mir sicherlich vorstellen, so wie ihr aussieht… Aber nachdem die Tyrannenkönigin von uns geschieden ist, gelten wieder die alten Gesetze und das ist in diesem Fall Geld…", sagte der Mann unfreundlich und sah beide Frauen abwertend von oben bis unten an. "...Ihr scheint mir eher aus… Anderen Verhältnissen zu kommen…".
Octavia wurde wütend und wollte dem Mann eine Abreibung verpassen. Ihre Hand lag schon auf dem Griff ihres Schwertes. Durch eine Berührung Kianas auf ihrer Schulter hielt sie sich aber zurück, auch wenn es ihr schwer fiel.
"Nicht!", flüsterte sie nur und ging dabei auf den Mann zu. Octavia sah ihrer Halbschwester dabei zu und wie sie ein Stapel Münzen auf den Tisch knallte. Der Mann in den edlen Roben riss seine Augen auf und starrte auf das Gold.
"W-woher habt ihr das ? Naja ist ja auch egal… Nuriel wird euch zeigen, wo ihr euch zunächst waschen könnt und dann in das warme Bad könnt!', sagte der Mann plötzlich und wirkte dabei gestellt freundlich. "Nuriel! Wo bist du? Wir haben Gäste!".
Eine schlanke, recht große Frau mit langen schwarzen Haaren trat hervor und bat Octavia und Kiana ihr zu folgen. Beide taten dies ohne Widerworte.
"Unter meiner Herrschaft waren die Badehäuser zugänglich für jeden… Eine Schande…", sagte Kiana gehend zu Octavia. Auch wenn sie nicht  antwortete, wusste sie insgeheim dass Kiana richtig lag. Warum sollte das jemanden auch verwehrt werden.
Beide Frauen wuschen sich den Schlamm aus den Haaren und vom ganzen Körper. Besonders Kiana hatte damit mehr zu kämpfen, da sie sich ihre Haare damit eingerieben hatte. Octavia blieb hinter einer Trennwand. Ihr war es eher unangenehm von ihrer Halbschwester Splitterfasernackt zu werden. Warum wusste sie nicht ganz. Immerhin haben sie schon ganz a der Personen ohne Kleidung gesehen. Kiana war dazu ja eigentlich noch eine Frau. Dennoch war sie leicht von ihrer Anwesenheit verunsichert. Vielleicht lag es daran, dass sie noch vor einiger Zeit versuchte Kiana zu töten und umgekehrt.
"Na, was ist? Kommst du?", fragte Kiana freundlich und mit einem Lächeln im Gesicht. Octavia griff sich ein Tuch und wickelte sich zunächst darin ein, um der ehemaligen Königin zu folgen. Sie hatte sich die Haare hochgesteckt. Octavia hatte sich nur wie immer ihren hohen Zopf gemacht.
"Lass mich dir helfen!", sagte Kiana und anstatt auf eine Antwort zu warten fummelte ihr an ihren Haaren herum.  Als Octavias Haare ebenfalls hochgesteckt waren, ließ Kiana zufrieden von ihr ab.
"Du solltest öfter deinen Nacken zeigen…", sagte Kiana nur und ging voran.
Octavia folgte ihrer Halbschwester ohne etwas zu sagen. Sie wusste noch nicht recht ob sie sich wohl fühlen sollte oder nicht.
Sie ging mit schnellen Schritten in das warme Nass. Die Temperatur und der blumige Duft war sehr angenehm. Das erinnerte sie an ihre Kindheit in Minas-Tirith, auch wenn sie nicht ganz einfach war.
Erschöpft lehnte sie ihren Kopf an den Rand und genoss einfach die Ruhe und die Entspannung. Sehr lange Zeit verspürte sie so etwas nicht. Dass sie das ausgerechnet mit Kiana erlebte hätte sie niemals geglaubt. Die junge Maia hatte so viele Fragen im Kopf, die sie an Kiana richten wollte. Besonders was das ganze Vorhaben anging.
Bevor sie allerdings etwas sagen konnte, wurde sie von Kiana angestupst.
"Hm?!" , machte sie nur und wollte die Augen gar nicht öffnen.
"Siehst du diesen Mann dort drüben?", fing Kiana dann. "Er hat wohl ein Auge auf dich geworfen!".
Mann?! Welcher Mann?!, dachte sich Octavia nur. Vorhin waren sie doch noch ganz allein in der Halle. Ziemlich rasch positionierte sie ihren Kopf wieder normal und sah nach vorne. Tatsächlich saß auf der gegenüberliegenden Seite ein Mann, der immer wieder Blicke zu ihr warf. Octavia widerte das nur an und ließ sich bis zum Kinn in das Wasser nieder. Kiana kicherte nur.
"Ich finde das nicht witzig!", grummelte Octavia nur vor sich hin. "Er könnte locker dreifach so alt sein…".
"Womöglich ein hoher Mann im jetzigen Königreich Gondor, der sich nun denkt, er dürfe sich alles nehmen was er sieht!", kicherte Kiana weiter vor sich hin.
"Dann lass uns lieber abhauen… Ich habe keine Lust auf Probleme, weil ich ihn gleich töte!", entgegnete sie nur, schnappte sich ihr Tuch und lief schnell aus dem Badesaal hinaus.
In einem weiteren Raum zog sie sich zusammen mit Kiana wieder an. Dabei bestand die ehemalige Königin von Mittelerde darauf, dass sie die neue Kleidung anzog. Widerwillig willigte sie schließlich ein.
Sie bestand aus einer schwarzen eng anliegenden Hosen, und einem schwarzen seidigen und dünnen  Kleid, welches ihr bis zu den Oberschenkeln reichte. Kiana wickelte ihr noch einen Weinroten Umhang um. Ihr Haar trug sie -wie so selten- offen. Wenigstens konnte sie ihre eigenen Stiefel behalten. Dann holte sie Schminke hervor und wollte Octavias Augenlider mit schwarzer Farbe nachziehen und sie an den jeweiligen Enden Spitz auslaufen lassen, doch zuerst wehrte sie sich dagegen. Sie wollte jetzt nicht mit Kiana auf nette Schwester machen. Dafür war es ganz sicher zu spät.
"Halt still!", befahl Kiana schon fast in einem strengen Ton, so dass Octavia doch still hielt. Zufrieden wurde sie dann von Halbschwester gemustert. Ihr fiel auf dass Kiana fast das gleiche an hatte. Auch sie schminkte sich um die Augen und und ihr silbernes Haar zusammen -zu einem Zopf- gebunden. Dann verließ sie das Badehaus. Octavia folgte ihr nur.

Es war inzwischen schon Abend. Beiden Frauen war klar, dass es zu dieser Zeit wohl kaum eine Überfahrt gab. Auch waren sie Müde und erschöpft. Auf einen Tag mehr in Linhir kam es ganz sicher nicht an. Kiana schlug vor in der hiesigen Taverne etwas zu essen und dann zu schlafen, damit sie am nächsten Tag aufbrechen konnten.
Octavia stimme nur zu, weil Kiana ihr versprach, dass sie gleich am nächsten Morgen ein Schiff suchten.
Die Taverne war gut besucht. Einige Musiker spielten Instrumente und ein Barde stimmte aufheiternde Lieder an, die die anderen Gäste nur mit singen, klatschen und feiern ließ. Laute Gespräche hallten durch den großen Raum.
Octavia hasste eigentlich solche Orte. Das erinnerte sie wieder an die Situation, als sie versuchte Galador aus einer Schenke zu bekommen und er mehr als besoffen war. Aber wo sollten sie sonst hin. Ihnen blieb nicht viel Auswahl, bis sie endlich Minas-Alagos auf Tolfalas erreichten.
Beide Frauen setzten sich an einen Tisch der an einer Wand, abseits der anderen, stand. Octavia warf ihre Tasche -in der sich auch noch die schwarze Krone befand- und ihr Schwert auf die Bank.
Der Wirt der Taverne kam ziemlich schnell an ihren Tisch, um die Bestellungen entgegenzunehmen. Kiana bestellte sich Wein aus Dorwinion. Octavia zögerte zunächst. An sich mochte sie keine alkoholischen Getränke. Sie bevorzugte lieber Wasser. Aber das bekam man hier wahrscheinlich nicht. Deshalb entschied sie sich ebenfalls für den Wein aus Dorwinion.
Während sie auf die Getränke warteten, sah sich Octavia immer wieder unsicher um. Auch wenn alle Menschen mit ihren eigenen Grüppchen beschäftig waren. Trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los beobachtet zu werden. Die Angst war doch zu groß, dass Kiana doch noch von jemanden erkannt wurde. Sie hatte nunmal eine einzigartige Haarfarbe. Noch nie zuvor hatte sie jemanden sonst mit silbernem Haar und violetten Augen gesehen. 
Als endlich ihre Becher an ihren Platz gebracht wurden, rückte Octavia etwas näher an den Tisch. Die junge Frau beobachtete Kiana dabei wie sie an ihren Becher nippte und auf die Kerze starrte, die vor ihr auf dem Tisch stand. Octavia nutzte nun die Möglichkeit, um Informationen über ihr Vorhaben zu bekommen. Bis jetzt konnte sie sich nicht vorstellen wie das funktionieren sollte. Auch wenn sie sich Hals über Kopf doch von ihren Gefühlen leiten lassen hatte und sich darauf einließ.
“Sag mal…”, fing sie an, während sie sich etwas über den Tisch lehnte. “...Wie stellst du dir das alles eigentlich vor? Ich meine wir sind so ziemlich alleine…”.
“Erst einmal fahren wir nach Tolfalas über, dann sehen wir weiter…”, antwortete sie nur mit ihrem Becher in beiden Händen haltend.
“Also hast du gar keinen Plan?”,  fragte Octavia entsetzt nach und beugte sich weiter über den Tisch zu Kiana rüber.
“Beruig dich doch mal!”, entgegnete Kiana nur lachend. “Wir müssen erst einmal verbündete finden.”.
“Und haben wir welche?”, pesste sie ihre Halbschwester weiter aus. “Du...Oder auch ich werden von vielen einfach gehasst und verachtet, falls du das vergessen hast!”.
“Glaubt man den Gerüchten, die durch das Land kursieren,  ist Mordor noch immer mir treu und viele meiner Anhänger sollen dahin geflüchtet sein. Das wäre ein großer Vorteil!”, erwiderte die ehemalige Drachenkönigin.
Octavia seufzte und lehnte sich wieder in ihrem Stuhl zurück. Das ließ sie sich zumindest etwas beruhigen. Wenn das wirklich stimmte und Kiana hatte noch verbündete, war das ganze Vorhaben nicht ganz zum Scheitern verurteilt.
Octavia nahm auch die ersten Schlücke aus ihrem Becher. Der Wein aus Dorwinion schmeckte säuerlich, aber dennoch süß. Schon fast eine Wohltat für die Zunge und Gaumen. Damit hatte die junge Frau gar nicht gerechnet. Relativ zügig nahm sie danach weitere Schlückchen, bis ihr Becher geleert war und sie das Gefäß schon fast auf den Tisch hämmerte. Als sie sich mit ihrem Arm den Mund abwischen, fiel ihr der erstaunte Blick Kianas auf.
"Wie ich sehe schmeckt er dir!", sagte sie. "Da merkt man dann doch wohl das königliche Blut in dir, da dieser Wein das Getränk der Fürsten von Mittelerde war! Noch einen?".
Bevor Octavia auch nur etwas sagen konnte, stand der Wirt schon wieder an ihren Tisch und Kiana bestellte wieder zwei Weine.
"Sagt mal… Was sind denn die neuesten Gerüchte, die ihr gehört habt?", fragte Kiana den Wirt. Octavia staunte nicht schlecht. Sie hatte nicht eine solche Spitzfindigkeiten von ihrer Halbschwester erwartet.
"Oohhh", zog der Mann das künstlich Wort in die Länge. "Es gibt da so einiges. Viel ist passiert seitdem die Königin gefallen ist…".
Octavia sah von dem Wirt zu Kiana und zog dabei eine Augenbraue nach oben. Für sie war es einfach abstrus dass er von Kiana in dritter Person sprach und davon ausging dass sie tot war, obwohl sie genau vor ihm saß.
"...Die Armeen haben Rohan, zum Glück friedlich eingenommen, und man munkelt dass sich der neue Ratsherr von Gondor  zum König ausrufen will, noch bevor das nächste Vorhaben umgesetzt wird…", erzählte der Mann flüsternd und lehnte sich dabei über den Tisch.
"Welches Vorhaben genau?", fragte Octavia nach. Bevor der Wirt antwortete sah er sich genau um.
"Die Gerüchte gehen herum, dass er angeblich in den Osten will und deshalb die Pferde aus Rohan braucht… Aber es ist wohl gefährlich über so etwas zu reden!", entgegnete er und ging danach zum nächsten Tisch um die übrigen Gäste zu bewirten.
"Was hat das zu bedeuten?", wandte sich Octavia wieder an Kiana die plötzlich nachdenklich drein blickte.
"Ich weiß es nicht… In Umbar habe ich noch eine Anzahl Verbündeten…", erwiderte sie. "...Es heißt definitiv nichts gutes. Wir hätten am besten schon vorgestern in Minas-Alagos sein sollen!".
Der jungen Frau blieb nicht aus, dass Kiana auf einmal ernst wirkte und das sie wirklich getroffen hatte. Sie wollte aber auch nicht weiter in Wunden bohren und schwieg lieber.
Beide Frauen wechselten eine Zeit lang kein Wort. Octavia nahm dabei immer Schluck für Schluck aus ihrem Becher. Als sie in Kianas Augen sah, kreuzten sich Octavias grüne Augen mit den violetten von Kiana. Sie sahen sich länger in die Augen, bis Kiana plötzlich anfing zu lachen und zu kichern. Octavia wusste überhaupt nicht was mit ihr los war. Daran war eigentlich überhaupt nichts witzig.
"Was ist?!", wollte sie wissen. Kiana schüttelte dabei nur kichernd den Kopf. Obwohl sie nicht lachen wollte, verwandelten sich ihre Lippen ebenfalls in ein Lächeln als sie die sich freuende Kiana dabei beobachtete.
"Du bist verrückt!", scherzte Octavia und konnte sich das Lachen nicht mehr zurückhalten.
"Das haben wir wohl gemeinsam!", entgegnete sie nur, auch wenn es ihr schwer fiel die Worte hervor zu bringen. "Vor einer Zeit wollten wir uns noch töten und jetzt sitzen wir hier. Ist es nicht komisch?".
"Das kannst du laut sagen…", entgegnete Octavia nur und versuchte sich zu beruhigen. Eigentlich war überhaupt nichts lustig in dieser Situation und trotzdem wurde sie von Kiana angesteckt. Das seltsame war nur, dass sie selbst dabei Freude empfand als sie Kiana so strahlend sah. Umgekehrt schien es genauso zu sein, denn Kianas Augen funkelten wenn sie zu Octavia sah.
Die macht mich noch total verrückt, dachte sich die junge Frau und wischte sich dabei vorsichtig die Tränen aus den Augen, damit die Schminke nicht verlief. Sie sah nur dabei zu wie Kiana sich räusperte und sich etwas über den Tisch beugte.
"Sag mal, wo habt ihr euch eigentlich im Norden versteckt?", fing Kiana plötzlich an. "Du warst beim Angriff von Robben Rogwyne gar nicht dabei und er sprach davon dass du in Sicherheit seist "
Octavia legte ihren Kopf schief. Ihre Halbschwester war wohl eine Meisterin darin ihre Stimmungen sehr schnell zu wechseln. Sie selbst wusste zunächst nicht ob sie scherzte oder nicht. Ihr wurde aber schnell bewusst, dass es sehr wohl ernst gemeint war.  Deshalb verschwand ihr Lächeln ziemlich schnell, denn sie dachte nicht gerne an die Zeit in den Minen zurück.
"Nein… Wir waren in den Minen von Ered-Luin…", antwortete sie nur, während ihre Stimme leicht brüchig wurde. Dann trank sie ihren Becher mit einem großen Schluck leer.
"Trotz der Niederlage und dem drohenden Tod hatten sie dieses Funkeln in den Augen. Sie wären alle für dich gestorben…", sagte Kiana nur nachdenklich. "...Ich kenne diese Blicke… Früher haben Menschen so geschaut, wenn sie an mich dachten. Das war aber im Osten… Niemals mehr erlebte ich das hier…".
Octavia räusperte sich nur und sagte nichts. Sie wollte nicht wieder all diese schweren Erinnerungen haben und für einen Moment bereute sie mit Kiana dort zusammen zu sitzen.
"Tut mir leid ich wollte die gute Stimmung nicht zerstören…", entschuldigte sich Kiana ziemlich schnell und rieb sich die Stirn. "...In Sachen zerstören bin ich ja wohl bekanntlich ziemlich gut…".
"Nein, ist schon gut…", winkte sie nur ab. Kiana hatte nur ihr Gesicht in ihre Hände vergraben, was für Octavia ein Hinweis war, dass sie wohl niedergeschlagen war. Auch wenn sie nicht wusste warum sie das tat, nahm sie Kianas Hände in ihre.
"Hey… Ich bin da auch nicht besser…", presste sie nur hervor. Kiana schenkte ihr daraufhin  nur ein schiefes Lächeln. Im Hintergrund ertönte eine traurige Ballade -gefolgt von Musik- des Barden, der über die vergangenen Kriege und der Herrschaft der Drachenkönigin sang. Auch wenn sich Kiana nicht rührte oder etwas sagte, wusste Octavia in ihrem inneren dass es nicht spurlos an ihr vorbei ging.
Die junge Frau bemerkte nur einen großen Schatten, der den ganzen Tisch bedeckte. Als sie zu ihrer linken Seite sah, erkannte sie ziemlich schnell einen großen Mann. Er war bestimmt schon am Ende der vierziger Jahre. Das ließ zumindest das Grau in seinem hellen halblangem Haar vermuten. Er trug eine silberne Rüstung und einen blauen Waffenrock, der einen silbernen Schwan abbildeten. Hinter ihm standen zwei weitere Männer ebenfalls in Rüstung.
Octavia erkannte das Gesicht des Mannes. Es war der gleiche der sie schon im Badehaus angestarrt hatte.
"Zwei wunderschöne Frauen, die man hier antrifft! Ich bin Adrohil, Kommandant der Schwanengarde aus Dol-Amroth!", fing der Mann schleimend an. "Darf ich die Namen der schönsten Wesen der Stadt erfragen?".
Auf so einen Schleimbolzen hatte Octavia überhaupt keine Lust. Warum kam er ausgerechnet zu ihnen? Hatte er nicht gesehen, dass die beiden beschäftigt waren?
Am liebsten hätte sie es ihm genauso in das Gesicht gesagt. Der Blick Kianas hielt sie aber davon ab.
"Sehr erfreut!", entgegnete Kiana übertrieben freundlich gekünstelt. "Ich bin Ki… Kyara Terelos!".
"Terelos… Ich dachte immer nur es gibt nur noch eine Frau mit diesem Namen und die wurde von unserem Herren nördlich geschickt…", sagte der Mann mit hochgezogenen Augenbrauen.
"Ach, tatsächlich?", erwiderte Kiana zügig. "Dann habt ihr wohl falsch gedacht. Wahrscheinlich hat sie nie von mir erzählt, weil sie eher die Kriegerin ist!", versuchte Kiana scheinbar scherzend den Mann zu überzeugen. Er zuckte nur mit den Schultern und schluckte die Ausrede wohl. Octavia fragte sich nur, warum Kiana ausgerechnet den Namen Terelos verwendete.
"Und wie heißt eure hübsche Freundin hier?".
"Oc...tavia… Sagitta!", explodierte ihr Familienname schon fast aus  Octavia heraus.
"Sagitta… Woher stammt eure Familie? Ist sie ein Adelsgeschlecht?", bohrte der Mann nach. Dabei schnappte er sich einen Stuhl und setzte sich zu ihnen an den Tisch.
"Nunja...Früher einmal… Meine Familie wurde von Kiana Vaneryens Angriff auf Minas-Tirith getötet…", erwiderte sie nur und ließ es sich  nicht nehmen Kiana einen vorwurfsvollen Blick zu zuwerfen.
"Das ist tragisch… Aber wir können jetzt froh sein, dass die Drachenschlampe tot ist!", rief der Mann in Rüstung schon fast freudig.
Octavia sah zu Kiana, die nur ihre Augen verdrehte. Auch sie selbst wollte dem Mann am liebsten für diesen Spruch eine Abreibung verpassen. Sie machte Kiana zwar noch immer den Vorwurf daran Schuld zu sein, aber die Männer hatten ja keine Ahnung wovon sie sprachen. Allerdings musste sie sich zusammenreißen.
Warum stört das mich überhaupt?, dachte sie sich.
"Könnt ihr euch nicht verziehen?", wollte Octavia den Mann nur genervt abwimmeln.
"Was ist denn los Schätzchen?", sagte der Mann Namens Adrohil. "Zier dich doch nicht so! Wir könnten viel Spaß haben…".
"Was verstehst du daran nicht, dass du dich verziehen sollst?!", keifte sie ihn an.
"Du wirkst gar nicht so prüde… Vielleicht solltest du dir vorher überlegen wie du rumläufst und Männer verführst!", behauptete Adrohil.
Was zum… Was will er von mir, dachte sich Octavia aufgebracht.
"Los verschwindet jetzt, bevor noch jemand verletzt wird!", forderte sie die drei Männer schließlich auf. Adrohil lachte nur auf.
"Da mag es wohl jemand ganz hart! Gefällt mir! Du wirst dich noch wundern wenn wir alle mit dir fertig sind!", nachdem er diese Worte aussprach, packte er Octavia am Arm. Er versuchte sie zu sich zu ziehen, doch die junge wehrte sich gegen seine Griffe. Allerdings konnte sie sich kaum aus seinen widerlichen Fängen befreien.
"Lasst sie in Ruhe!", sagte Kiana schon etwas lauter. Das sorgte dafür dass der Griff sich um Octavias Arm löste.
"Bietest du dich etwa freiwillig an? Du siehst ja auch hübsch aus… Warum nicht.", sagte er. Er und seine Männer wollten Kiana gerade packen, da spürte Octavia nur diese Wut und diesen Ekel in sich. Die versteckte Macht in ihr brodelte und war kurz vor dem austreten. Sie spürte wieder diese Wärme die sie durchfloss.
Sie zog ihren Dolch, den sie sich noch eingesteckt hatte, schlug ihm die Faust mit der Waffe in der Hand in das Gesicht und sprang dem Mann schon fast an den Hals. Ihre linke Hand war ausgestreckt -die schon von leuchtenden violetten kleinen Blitzen umgeben war- um den Begleitern Adrohils im Notfall ihre Maia-Kräfte entgegen zu setzen.
Der erzürnte Adrohil packte Octavia am Hals und drückte sie auf den Tisch. Das ging so schnell, sodass sie sich kaum dagegen wehren konnte.
"Stop!", rief Kiana plötzlich so laut, sodass der ganze Raum plötzlich still war.
"Ihr solltet uns jetzt besser gehen lassen… Lady Sanya Terelos würde das sicher  nicht gefallen wenn sie davon erfährt!".
Sofort ließ der Mann von Octavia ab und betrachtete Kiana von oben bis unten. Er verzog nur seinen Mund und rümpfte die Nase. Mit einer Kopfbewegung deutete er seinen zwei Begleitern an abzuziehen.
Octavia atmete erleichtert durch und rieb sie den Hals.
"Das war knapp…", sagte Kiana nur. "... Lass uns gehen. Vielleicht finden wir noch ein Schiff… Alles besser als hier!".
Octavia nickte ihr nur zu und folgte ihrer Halbschwester aus der Taverne.

Schnell machten sie sich auf dem Weg zu den Häfen. Die meisten weigerten sich während der Nacht hinaus auf das Meer zu fahren. Tatsächlich fanden sie einen alten Kapitän, der für die beiden Frauen für eine entsprechende Bezahlung nach Tolfalas fuhr. Kiana gab ihm ihr ganzes übrig gebliebenes Geld, der es erstaunt annahm.  Er trommelte zügig seine Mannschaft zusammen sodass das Schiff schon bald in See stach…


Octavia und Kiana auf dem Weg nach Minas-Alagos auf Tolfalas…
Titel: Minas-Alagos auf Tolfalas (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 26. Jul 2021, 19:47
Minas-Alagos auf Tolfalas (Gondor)


Octavia mit Kiana in Minas-Alagos auf Tolfalas….


Die Überfahrt in der vergangenen Nacht war rau und ruppig. Trotzdem war es an sich eine ruhige Überfahrt. Zumindest empfand Octavia das so. SIe hatte die ganze Fahrt über geschlafen wie schon lange nicht mehr. Wach wurde sie erst nachdem sie von Kiana liebevoll geweckt wurde. Dabei saß die einstige Königin von Mittelerde an Octavias Bettkante und strich ihr die einzelnen Strähnen ihres braunen Haares aus dem Gesicht. Aus ihren wilden Träumen gerissen, war sie zunächst alles andere als begeistert, als direkt nach dem Aufwachen in die violetten Augen ihrer silberhaarigen Halbschwester zu sehen.
Als sie endlich an Deck des Schiffes ging, verärgerte es Octavia nur mehr so früh von Kiana geweckt worden zu sein. Immerhin  waren sie noch immer nicht auf Tolfalas angekommen. Sie blinzelte der Sonne entgegen und hielt ihre Hand schützend vor ihre Augen um diese vor den Strahlen zu schützen, die sie blendeten.
Kiana stand am Bug des Schiffes und zeigte in eine Richtung. Octavia folgte dem Zeigefinger ihrer Schwester und erblickte die mächtige Festung Minas-Alagos auf der Insel die sich vor ihnen befand. Sie staunte nicht schlecht als sie das gewaltige Bauwerk sah. Die dunklen Mauern waren hoch und das gesamte Konstrukt war an den Klippen errichten worden.
Während sie wieder zu Kiana sah, die mit dem Rücken zu ihr gerichtet über die Reling lehnte, erinnerte sie sich an den Vorfall mit den Männern in der Taverne. Kiana wollte sich für Octavia aufopfern, damit Octavia von ihnen Ruhe gelassen werden sollte. Aber warum hatte Kiana das gemacht ? Meinte Kiana es wirklich ernst und wollte ihre Halbschwester beschützen? War das alles doch nur ein abgekartetes Spiel, oder wollte sie doch das Vorhaben retten?
Aber dafür hätte sie ja nicht für Octavia in die Bresche springen müssen. Niemand hätte etwas von ihren Plänen und ihren Identitäten erfahren. Außer es wäre zu einem Kampf gekommen. Die junge Frau war ja schon kurz davor ihre innere Macht einzusetzen um Kiana vor den Fingern der Männer der Schwanengarde zu retten. Warum sie das so aufgeregt hatte konnte sie sich ebenfalls nicht erklären.
Mit langsamen Schritten näherte sich Octavia ihrer Halbschwester und lehnte sich ebenfalls an die Reling, indem sie sich auf ihre Arme stützte. Der frische Wind des Meeres blies ihr durch die Haare, sodass sie ab und zu die Strähnen aus ihrem Gesicht strich. Dabei konnte sie sehen, wie die Insel Tolfalas immer näher kam und die Festung Minas-Alagos größer wurde. Auch warf sie immer wieder heimliche Blicke zu Kiana rüber, die schweigend in die Ferne sah. Ihr silbernes Haar wurde auch von dem Wind aufgeweht.  Octavia entschied sich daraufhin auch zu schweigen und wartete dass sie endlich an der Insel ankamen.
“Schon ein seltsames Gefühl wieder hier zu sein…”, fing Kiana plötzlich an, weshalb Octavia zu ihr sah. “...Hier wurde ich geboren. Von hier aus planten wir den Angriff auf Minas-Tirith und hier traf ich das erste mal auf Thirak.”.
Octavia schwieg nur weiter. Was sollte sie auch schon dazu sagen. Beides waren ganz sicher keine Themen, worüber sie sprechen wollte.
“Zu diesem Zeitpunkt war die Insel und die Festung von meinen Soldaten und Beratern belebt. Jetzt wird es dagegen sehr leer sein…”, sagte Kiana weiter. “...Diesmal sind nur wir in der Festung… Gemeinsam! Hättest du dir das vorstellen können?”.
“Nein, ganz sicher nicht…”, entgegnete Octavia ernst. “...Ich hoffe nur dass uns kein blaues Wunder auf der Insel erwartet!”.
"Und wenn…", sagte Kiana nur und drehte sich dabei um. "...Wir sind zwei starke Frauen vom Blute der Maiar. Womöglich die mächtigsten Wesen in dieser Welt… Was soll uns denn schon aufhalten?".
So wie Kiana es sagte klang alles sehr einfach und einer Machtübernahme durch die beiden Frauen  stand nichts im Wege. Octavia wusste aber genau dass sie ihre Kräfte kaum kontrollieren  und sie diese nicht unbegrenzt einsetzen konnte, ohne danach erschöpft zu sein. Gleichzeitig hatte sie das Gefühl dass jedes Einsetzen der Macht sie leerer fühlen ließ und die Dunkelheit mehr und mehr ihre Seele verschlung. Bei Kiana schien das ja nicht anders zu sein. Hätte sie ihre Kräfte beliebig einsetzen können, dann hätte sie es sicher schon gemacht. Von ihrem Geisteszustand musste man wohl kaum sprechen. Jeder in Mittelerde wusste dass sie verrückt war. Außerdem sprach sie ebenfalls von dieser dunklen Stimme in ihrem Kopf. Also ging Octavia ziemlich davon aus, dass Kiana dadurch das gleiche fühlte wie sie selbst.
"Ich meine ja nur…", entgegnete Octavia. "...Gleich unnötige Aufmerksamkeit zu Beginn brauchen wir nicht.".
"Du hast recht…", sagte Kiana. "...Aber sieh doch! Wir werden es gleich herausfinden!".
Dabei deutete sie auf den kleinen Hafen der Insel, in dem das Schiff fuhr. Er bestand aus einem steinernen Kai und vereinzelten Häusern die sich dort befanden. Überwiegend vermutlich Lagerhallen und ähnliches. Einige Menschen tummelten sich im Hafen, die die einzelnen Höfe auf der Insel beackerten. Vielleicht drei bis vier größere Familien. Wobei das alles eher einen traurigen Anblick hatte. Dennoch war Octavia froh endlich angekommen zu sein.
Als das Schiff an dem Hafen von Tolfalas anlegte, war Octavia mit die erste, die das Schiff verließ. Die wenigen Menschen die im Hafen waren, tuschelten untereinander, als die junge Frau den festen Boden betrat. Allerdings störte sie sich nicht daran. Immerhin war sie mehr als erleichtert von dem Schiff zu sein.
Octavia folgte freudig und ungeduldig Kiana, die inzwischen auch das Schiff verlassen hatte, und voran ging um der gepflasterten Straße zu folgen. Sie gingen durch ein großes Tor, welches offen stand. Zu beiden Seiten standen Statuen. Auf der rechten ein Wolfskopf und auf der linken ein Drachenkopf.
Octavias Enthusiasmus hielt sich aber in Grenzen, als sie dahinter den langen Weg der steinernen Stufen zu der Festung von Minas-Alagos sah.
"Das ist ein Scherz, oder?", fragte sie entsetzt, wobei sie das eigentlich nur denken wollte. Kiana lachte nur daraufhin. Octavia wusste jetzt nicht was daran witzig sein sollte.
"Du bist doch eine sportliche Kämpferin…", antwortete Kiana und ging die ersten Stufen herauf. "...Treppensteigen sollte doch das geringste Problem für dich sein!".
Octavia seufzte nur und folgte Kiana die Treppen nach oben.

Endlich oben angekommen, atmete sie tief durch. Kiana schien dagegen nicht einmal aus der Puste zu sein. Zumindest wirkte es  nach außen so.
"Dieser Abschaum versucht tatsächlich, selbst im Gedanken dass ich tot bin, mich und meine… Unsere... Familie zu demütige…", sagte Kiana und sah nach oben. Als Octavia auch in die Richtung blickte, erkannte sie auf einem der Türme ein großes Banner, welches weiß war und einen goldenen Baum zeigte.
Octavia zog ihr Schwert und hechtete schon fast vor ihre Halbschwester, die gerade die Türen der Festung öffnen wollte.
"Ich gehe zuerst rein…", sagte Octavia schnaubend."...Wer weiß was uns da erwartet!".
Dann öffnete sie die Türen und betrat vorsichtig die große Halle. Der große Raum war leer. Viele Kerzenständer waren umgekippt und verschiedenste Papierstücke lagen herum. Sie senkte ihr Schwert. Es wirkte mehr als verlassen. Als hätte man alles wichtige eingepackt und war geflüchtet.
"Komm rein!", rief sie nur zu Kiana, die noch immer draußen wartete. Sie betrat auch sofort den großen Saal.
"Oje!", sagte Kiana nur. "Hier sieht es wieder genauso aus, als ich das erste mal wieder hier war!".
Octavia hörte ihr zwar zu, lief aber durch den Saal und sah sich um. Vor einer weiteren dunklen Doppeltür blieb sie stehen. Die junge Maia drückte die Türen auf und dahinter befand sich schon der Thronsaal der Festung. Am hinteren Ende befand sich ein Thron, der in einem dunklen Felsen geschlagen war und aus der Wand hervor ragte. Auch hier lagen Gegenstände wild herum. Mit vorsichtigen Schritten näherte sie sich dem Thron. Sie berührte das dunkle Gestein und strich mit ihrer Hand die Formen entlang. Octavia fragte sich ob ihr Vater auch dort saß und von hier aus herrschte. Auf der anderen Seite war ihr klar, dass er noch nie über ganz Mittelerde regierte. Er war König von Angmar und legte die Krone vor Königin Anarya nieder, die er schließlich heiratete. Sie herrschte von Minas-Tirith aus über das ganze Reich, bis Imrahil eine Rebellion anzettelte und über Mittelerde herrschte. Unter seiner Herrschaft lebte Octavia schließlich vierzehn Jahre, bis dann Kiana mit ihrem Drachen die Stadt zerstörte.
Sie seufzte laut. Als sie plötzlich Kianas Stimme hinter sich hörte, zuckte sie zusammen.
"Faszinierend, nicht wahr?", fing Kiana an. Schnell zog Octavia daraufhin ihre Hand weg und ließ von dem Thron aus Stein ab.
"Was?", fragte sie erschrocken nach.
"Dass unser Vater hier auf diesem Thron saß, nachdem meine Mutter gestorben war. Von hier aus plante er die Rückeroberung des Throns von Mittelerde, nachdem der falsche König Imrahil mit einer List Minas-Tirith eroberte und meinen - sogar unseren- Bruder hängen ließ. Ich glaube unser Vater bereute es, dass er meine Mutter alleine in Minas-Tirith zurückließ um die Aufstände niederzuschlagen…", erzählte Kiana. "...Er hatte noch wenige Anhänger, die ihm mit auf Minas-Alagos folgten. Ein sehr guter Freund meiner Mutter -später auch meiner- Namens Faramir brachte mich direkt nach meiner Geburt vor der Ankunft unseres Vaters in den Osten nach Rhûn. Deshalb wusste er nichts von mir… Meine Mutter, Anarya Vaneryen, wollte dies nicht… Warum auch immer…".
Octavia schwieg daraufhin nur. Was sollte sie auch schon dazu sagen. Sie kannte die grobe Geschichte von Thurion. Sie hatte genug darüber gehört und gelesen. Selbst in seinem eigenen Tagebuch -oder wie auch immer sie es nennen sollte- stand über diese Zeit einiges. Über Kiana stand wirklich so gut wie gar nichts geschrieben. Somit wusste er tatsächlich nichts über sie. Octavia musterte den Thron, auf den wirklich ihr Vater Thurion saß. Wenn auch nur für eine kurze Zeit.
Gleichzeitig dachte sie über die Worte von Kiana nach. Besonders darüber, dass Anarya Vaneryen nicht wollte dass Thurion von seiner Tochter erfährt.
"Wenn niemand wusste dass du existierst, warum bist du dann hier her gekommen?", fragte Octavia. "Ich meine, wenn niemand von dir wusste, hättest du einfach unentdeckt im Osten leben können!".
"So einfach ist das nicht. Ich konnte doch einfach nicht meiner Bestimmung entfliehen. Mittelerde brauchte mich… Es braucht mich noch immer…", erwiderte Kiana. "...Auch wenn andere Umstände mich dazu angetrieben haben…".
Kiana ging auf den Thron zu und starrte diesen an. Während sie erzählte schaute sie kein einziges Mal zu Octavia. Sie ging davon aus dass Kiana das machte weil sie an etwas unangenehmes erinnerte. Zumindest wirkte es auf sie so.
"...Selbst wenn ich das alles nicht gewollt hätte… Ich wurde mit dem Wissen erzogen, dass ich die rechtmäßige Erbin des Thrones von Mittelerde bin. Allerdings hatte mein Ziehvater mit dem falschen König Imrahil ein Handel abgeschlossen mich weit in den Osten an einen Khand-Fürsten zu verkaufen, damit ich niemals nach Minas-Tirith zurückkehren könnte…", erzählte Kiana weiter. "...Imrahil wusste von mir, da Faramir ihm die Informationen über meinen Aufenthalt verkauft hatte -was er später zutiefst bereute- damit sein Bruder verschont blieb. Allerdings brachte ein Aufstand in Rhûn mich auf meinen eigentlichen Weg. Ich floh aus Mistrand und landete später hier, damit ich Mittelerde erobern konnte!".
Octavia beobachtete Kiana während sie sprach. Allerdings konnte sie ihre Halbschwester nur von hinten sehen, da sie am steinernen Thron stand. Dass das alles eher eine Verkettung aus Zufällen war wusste sie nicht. Überall erzählten die Menschen herum, dass Kiana nur mit ihrer Armee, die von Anfang an hinter ihr stand, darauf gewartet hatte Minas-Tirith anzugreifen und damit Mittelerde zu erobern. Vielleicht musste sie ihre Einstellung zu Kiana noch einmal überdenken, bevor sie ihre Halbschwester verurteilte. Octavia entfernte sich einige Schritte, die durch den recht dunklen und großen Saal hallten, und blickte sich um. Sie hatte dort in der Festung nichts und das was da war, war ein regelrechtes Chaos. Sie schloss die Augen und seufzte.
"Wie ist dein nächster Plan?", fragte sie direkt. Kiana drehte sich zu ihr um und hatte ein schiefes Lächeln auf den Lippen.
"Ich habe einen der Arbeiter am Hafen von Linhir damit beauftragt eine Nachricht nach Mordor zu bringen. Und in der Zeit…", entgegnete Kiana Vaneryen, "...Können wir nicht anderes tun als warten!".
Octavia verdrehte daraufhin ihre Augen. Geduld war ihre größte Schwäche. Denn diese besaß sie erst gar nicht. Besonders die letzten Jahre bestätigten sie darin. Sie hasste das warten. Deshalb dachte sie über eine geeignete Ablenkung nach, die sie auf schnell fand. Überall lag etwas herum oder es wurden nur Gegenstände in eine Ecke gestapelt.
"Dann lass uns hier für etwas Ordnung sorgen!", schlug Octavia vor. Die Begeisterung Kianas Gesicht -nämlich keine- konnte sie sehr gut erkennen.
"Nun gut…", antwortete sie sichtlich widerwillig.
Zusammen stellten sie die umgefallenen Kerzenständern wieder auf und sammelten die Schriftstücke ein. Auch die vielen anderen Gegenstände räumten sie auf Tischen oder die vorgesehenen Plätze.

Am Abend zog ein schweres Gewitter auf. Zunächst blies der starke Wind über die ganze Festung. Helle Blitze breiteten sich zwischen den dichten und dunklen Wolken aus, die von lautem Donnergrollen begleitet wurden. Es dauerte auch nicht lange bis der starke Regen über die gesamte Insel von Tolfalas -und sicherlich auch bis an das Festland von Gondor- niederging.
Octavia war gerade in ihrem Gemach, welches sie sich ausgesucht hatte, und wollte sich ausruhen. Zu ihrem Glück waren die Betten unberührt und von höchster Qualität. Die junge Maia hatte Kerzen auf einem Tisch angezündet, damit es -abgesehen durch die Blitzlichter- etwas heller in diesem Raum war. Man sollte meinen dass das leuchten des Schwertes ausreichen sollte um den Raum zu erhellen. Da es aber in seiner Scheide steckte, drang keiner der violetten Strahlen nach außen. Octavia hatte alles andere als ein gutes Gefühl dabei alleine in dieser dunklen Festung zu sein. Zu sehr erinnerte es sie an die dunklen Minen, in denen sie mit den Menschen aus Arnor verharren musste und diese schrecklichen Dinge passierten.
Die junge Frau war müde, doch schlafen konnte und wollte sie nicht. Seitdem sie alleine in ihren Zimmer war, sprach die dunkle Stimme ununterbrochen zu ihr. Auch hatte sie wieder Angst davor einen Alptraum zu haben. Die ganze Reise über an der Seite von Kiana hatte sie nichts davon. Das verwunderte sie etwas. Eigentlich müsste es Octavia an Kianas Seite viel schlechter gehen und schlechte Gedanken befeuern. Doch scheinbar war genau das Gegenteil der Fall. Sie lag rücklings auf ihrem Bett und starrte die Decke an. Ihre Tasche mit der schwarzen Krone befand sich dicht neben ihr. Das rote Banner mit dem Wolfskopf, welches sie ebenfalls mitnahm, befand sich gefaltet neben der Tasche.
Nach dem anstrengenden Tag fiel es ihr aber mehr als schwer ihre Augen noch offen zu halten. Somit dauerte es auch nicht lange bis sie schließlich ihrer Müdigkeit erlag.

Als Octavia ihre Augen aufmachte, fand sie sich draußen auf einem Feld wieder. Es musste noch in der Dämmerung sein und Dichter Nebel lag tief auf dem Land, sodass sie nicht weit in die Ferne blicken konnte. Es war kalt und feucht, sodass Octavia bei jedem Atemzug große Wolken heraus atmete.
Die junge Frau rieb sich die Arme um sich wenigstens etwas aufzuwärmen. Allerdings brachte es wenig.
Vorsichtig begab sie sich einige Schritte vorwärts. Der Boden auf dem sie lief war weich und ebenfalls sehr feucht. Octavia wusste überhaupt nicht wohin sie treten sollte. So hatte sie die Insel Tolfalas gar nicht in Erinnerung. Vor allem war der Vortag doch noch sonnig und warm. Sie fragte sich sowieso wo genau sie da war. Also lief sie erst einmal weiter.
Die junge Maia erschrak, als sie einen männlichen Körper in einer Rüstung auf dem Boden fand. Sie kniete sich vor dem Körper des Mannes und drehte ihn langsam um. Seine Augen und sein Mund waren weit aufgerissen. Fast der ganze Körper mit Blut bedeckt. Octavia ließ von dem toten Mann ab und sprang auf. Mit schnelleren Schritten entschied sie sich dazu weiter zu gehen und ihre Halbschwester Kiana zu finden. Irgendwo musste die Festung Minas-Alagos ja sein.
Auf ihrem Weg fand sie immer mehr Tote Menschen, die auf der Ebene lagen. Was war passiert? Wo kommen die alle her? Was hatte das zu bedeuten?
Panik breitete sich in Octavia aus. Sie wusste überhaupt nicht was passiert war und warum sie außerhalb der Festung aufwachte. Und wo war überhaupt Kiana?
Nach einiger Zeit fand sie einen Mann, der auf dem Boden saß und an einem Baumstumpf lehnte. Er schien verletzt zu sein, denn er hielt sich seinen Bauch und stöhnte vor sich hin.
Als Octavia sich zu ihm kniete, fiel ihr ziemlich schnell auf dass es ihr Halbbruder Kael war, der dort angelehnt saß. Sie hielt  den Atem für einen kurzen Moment an. Sie fragte sich nur wie er dorthin kam und was passiert war, denn er schien eine eine Wunde am Bauch zu haben und versuchte die Blutung zu stoppen.
"Was machst du hier? Und was ist passiert?", fragte sie mehr als hektisch und versuchte selbst ihre Hände auf die Wunde zu drücken, um die Blutung zu stillen.
"Das ist alles deine Schuld…", stöhnte er vor sich hin. "...Wegen dir sterben alle! Auch Deloth!".
Die junge Frau presste nur luft heraus und sah Kael schief an. Allerdings dachte sie nicht weiter an seine Aussage, sondern kümmerte sich lieber um seine Wunde. Doch dann schlug er plötzlich ihre Hände weg und schubste sie von sich, sodass sie rücklings auf den Boden fiel.
"Hey! Was soll denn das?", rief sie nur und rappelte sich dabei wieder auf.
"Mit deiner Geburt hast du uns alle zum Tode verurteilt! Wegen dir sind all die Menschen gestorben! Du hast uns alle verflucht! Du solltest lieber sterben!", schrie er sie nur an.
Octavia wusste nicht was sie sagen sollte. Warum sagte er sowas zu ihr? Lag das etwa an den jüngsten Ereignissen in Arnor? Bevor sie sich aber darüber Gedanken machen konnte, schrie ihr Halbbruder plötzlich auf und zuckte mit seinem Körper. Dann fiel er um und regte sich nicht mehr. Ehe die junge Maia zu ihm gehen konnte, erschien ein schwarzer Schatten vor ihr. Die roten Augen leuchteten bedrohlich in ihre Richtung. Sie kannte diesen Schatten. Es war der gleiche, der auch in ihren anderen Träumen erschien. Diesmal bildeten sich aus dem Rauch, der diesen Schatten umgab, ein Körper.
Dort stand dann die dunkle Gestalt vor ihr. Der Schatten trug nun eine Rüstung, die von einem schwarzen Stoff umgeben war. Keines der Kleidungsstücke zeigte ein Wappen oder eine Zugehörigkeit. Ebenso schwarz war sein Umhang. Auf dem Kopf trug er eine hohe Krone, die mit drei leuchtenden Steinen bestückt war.
Der schwarze Schatten stand ausgerechnet neben Kael, sodass Octavia ihn nicht erreichen konnte ohne an der Gestalt in der Rüstung vorbeizugehen. Sie spürte nur wie die Angst in ihr hervor drang. Ihr Herz schlug schneller und der Atem wurde zittrig.
"Du hast keine Liebe hier…", dröhnte die Stimme des Schattens. "...Jeder hasst dich… Du bist nicht dafür gemacht, in einer Welt zu leben, in der du auf Liebe und Geborgenheit hoffen kannst… Du bist dafür geschaffen die Welt zu zerstören! Du bist meins!".
Octavia wollte nur weg. Doch sie konnte nicht. Sie war wie angewurzelt und starrte nur in die roten Augen der dunklen Kreatur. Die Umgebung um sie herum wurde dunkler und ein stärkerer Wind blies durch Octavias Haare.
"Wer zur Hölle bist du?", wagte sie sich schließlich zu fragen. Daraufhin lachte der Schatten laut. Jeder einzelne Ton dröhnte in ihrem Kopf und ließ sie fast schon Schmerzen verspüren.
"Ich bin der, für den du schon immer bestimmt warst… Ich bin deine letzte Hoffnung…", entgegnete der Schatten nur. "...Ich bin der dunkle Feind der Welt… Morgoth!".
Octavia riss schon förmlich ihre Augen auf, als sie die Antwort hörte. Melkor persönlich sollte dort vor ihr stehen? Sie dachte immer nur dass all die Erzählungen und Schriften nichts anderes als Geschichten waren. Aber es konnte nicht echt sein. Es musste wieder ein Alptraum sein.
"Das ist nicht echt…", redete sich Octavia immer wieder ein. Doch sie blieb an diesem Ort verharren. Auch wenn sie es nicht wollte.
"Das ist die Realität!", erwiderte Melkor nur bestimmend. "Dein Vater war schon mein Diener, Kiana ist mir schon lange verfallen… Du bist doch auch nicht abgeneigt!".
"Lass mich in Ruhe!", rief Octavia nur.
"Als dein geliebter Deloth ermordet wurde, hast du dir doch alles gewünscht um deine Rache zu bekommen und das gleiche mit Kiana!", sagte Melkor nur mit seiner dröhnenden Stimme. "Durch mich hast du doch erst deine Kräfte und deine Macht erhalten!".
"Die habe ich -leider-  durch meinen Vater erhalten… Nicht durch… dich…", entgegnete Octavia gereizt. Wieder lachte der schwarze Schatten laut auf. Octavia versuchte sich nur irgendwie die Ohren zu zuhalten. Es brachte  nichts.
"Verschwinde!", schrie sie Melkor an. Dann versuchte sie nur wegzulaufen. Das Lachen begleitete sie trotzdem und egal wohin sie lief, hörte sie es. Die junge Maia stolperte und rutschte einen Abhang herunter. Stöhnend richtete sie sich auf und musste leider feststellen, dass der schwarze Schatten wieder vor ihr stand. Diesmal hatte er andere Gestalten in dunklen Kutten und Rüstungen an seiner Seite. Er streckte seine Hand in Richtung Octavia aus.
"Du gehörst mir wie all die anderen!", sagte Melkor. Octavia versuchte wieder in die andere Richtung zu gehen, doch sie konnte nicht. Der Schatten hielt nur seine Hand ihr entgegen und das sorgte dafür dass sie sich nicht mehr bewegen konnte. So sehr sie sich dagegen wehrte bringe es nichts.
"Nein...Nein…", flehte sie schon fast.
"Es gibt kein Leben im Nichts… Nur… Den Tod!".

Als Octavia aufwachte, atmete sie tief ein, als wäre sie lange unter Wasser gewesen und schnappte nach Luft nachdem sie wieder aufgetaucht war. Ihr ganzer Körper war nass geschwitzt und ihr Herz raste.
"Pssst", hörte sie nur die Stimme Kianas neben sich. "Es ist alles gut… Es war nur ein schlechter Traum!".
Als Octavia zur Seite sah, erblickte sie Kiana, die am Bettrand saß und ihr über den Rücken streichelte.
Es war also wirklich nur ein Traum. Zum Glück. Aber was hatte das zu bedeuten? Er hatte sich so echt angefühlt.
"Was machst du hier?", fragte sie erschöpft und schnell atmend.
"Ich hörte dich schreien  und habe dann nach dir gesehen…"  antwortete Kiana ruhig. "...Ich hab mir schon Sorgen gemacht…".
Octavia legte sich wieder auf die Seite und richtete das Kissen wieder ordentlich unter ihrem Kopf. Über ihre Wangen kullerten einige Tränen, die sie nicht mehr zurückhalten konnte. Es machte sie traurig so etwas zu träumen. Es machte sie traurig, dass alle sie nun hassten.Draußen regnete und gewitterte es noch immer. Der Wind heulte durch die leere Festung. Kiana strich ihr Octavia die feuchten Haarsträhnen aus dem Gesicht und streichelte ihren Kopf.
"Willst du darüber sprechen?", fragte Kiana. Octavia schüttelte nur den Kopf und starrte in die leere, während sie die Tränen weiter über ihr Gesicht laufen ließ. Die junge Frau wollte nicht dass Kiana sie weinen sah. Nicht schon wieder. Inzwischen hatte sie sich etwas beruhigt und atmete langsamer. Die junge Frau bemerkte nur wie Kiana selbst in das Bett kletterte und sich hinter ihr legte. Octavia war leicht verwundert, ließ es aber einfach über sich ergehen, auch als Kiana einen Arm um sie legte. Es beruhigte sie sogar weiter. Sie empfand es zwar als seltsam, da sie noch vor kurzem Kiana tot sehen wollte, doch gleichzeitig fühlte es sich gut an. Kiana war die einzige die ihr blieb. So dauerte es auch nicht lange bis sie wieder einschlief, obwohl sie lieber wach geblieben wäre um einen weiteren Albtraum zu verhindern….




Octavia und Kiana in Minas-Alagos auf Tolfalas…


Titel: Minas-Alagos auf Tolfalas (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 10. Aug 2021, 15:46
Minas-Alagos auf Tolfalas (Gondor)


Octavia und Kiana in Minas-Alagos…


Als Octavia am nächsten Tag aufwachte, stellte sie fest, dass Kiana schon lange gegangen sein musste. Der erste Blick ging sofort zu ihrer Tasche, in der sich die schwarze Krone befand. Zu ihrem Glück war diese aber noch samt Inhalt an ihrem Platz. Auch an den folgenden Tage ließ sich Octavia überhaupt nichts von ihrem Traum anmerken. Für sie war es schon schlimm genug, dass Kiana davon Wind bekam und sie weinen sah. Glücklicherweise beruhigte sich ihr Schlaf nach diesem Alptraum allmählich, sodass sie an den anderen Tagen deutlich besser schlief und die Laune der jungen Maia nach langer Zeit wieder gut war. Dennoch ging Octavia ihrer Halbschwester die meiste Zeit aus dem Weg. Umgekehrt schien Kiana ebenfalls das gleiche zu tun. Warum auch immer. Vielleicht war es ihr selbst unangenehm oder die Situation überforderte sie. Nur selten begegneten sich die beiden Frauen, was für Octavia mehr als erleichternd war.
Gerade ging Octavia in der großen Festung spazieren. Die junge Frau befand sich draußen auf der breit gebauten Mauer und genoss den atemberaubenden Anblick auf die ganze Insel, samt dem Meer drumherum. Dabei saugte sie die warmen Sonnenstrahlen auf, die ihre Haut erreichten. Trotz des Windes, der ihr braunes langes Haar immer wieder aufwirbelte, war die Temperatur sehr angenehm.
Die junge Frau dachte an das Buch, das ihr Thurion  Vater geschrieben hatte. Tatsächlich sprach er in den vorher fehlenden Seiten davon, dass das schmerzvollste was ihm passierte, der Tod seines erstgeborene Sohnes Aranion war. Danach schrieb er nur noch von Rache und Vergeltung für den Tod seiner Frau Anarya Vaneryen und seinem Sohn. Scheinbar quälte ihm der Gedanke, dass er  auf einem Feldzug war, während seine Familie starb. Wenn sie die Worte Thurions richtig deutete, wurde dadurch selbst der mächtige und ach so schreckliche Thurion gebrochen, sodass er viele Gräueltaten verübte. An einer Stelle erwähnt er eine Frau. Eine Elbin. Was es mit ihr auf sich hatte wurde aus den Schriftstücken nicht ersichtlich.
Der für Octavia aber wichtigere Part war das Ende des Buches. Ihr Vater erwähnte die Begegnung mit ihrer Mutter Yávien. Besonders aber die Stelle, an der Thurion später von seiner Tochter erfährt. Sie erinnerte sich an die Worte:

...Davos Schneewert versuchte mich schon eine ganze Weile von diesem Krieg abzubringen. Ebenso wie Thir Stark, der mir ewige Treue versprach, aber nun zögerte mich mit seinen Männern aus Angmar zu unterstützen. Beide sind gute Männer. Sie begleiteten mich schon über sehr viele Jahre. Womöglich kann man es ihnen nicht verübeln. Es wirkt alles aussichtslos und beide wollten einen Krieg verhindern.
Ich kann mich aber nicht geschlagen geben. Nicht nachdem Imrahil meinen Sohn ermorden ließ und Anarya kurz darauf verstarb. Er nahm mir meine Familie und meine Krone!
Ich zog mit den verbliebenen Königstreuen in den Norden, um die Armeen des Schwans zu besiegen, die Thir Stark unter Druck setzen wollen. Hier im Lager erreichte mich Davos, der noch einmal versuchte an einem Frieden zu appellieren. Er übergab mir ein Schriftstück. Es war von Yávien selbst und Thir Stark unterzeichnet. Ich kenne ihre Schrift. Sehr viel Zeit ist vergangen, seit ich etwas von ihr hörte oder sie sah. Yávien brachte wieder Licht in mein dunkles vergiftete Herz. Vorher gelang es nur Anarya mich aus den Fängen der Dunkelheit zu befreien. Doch die Bindung zu Yávien war größer.
In diesem Brief sprach sie von der Geburt ihrer Tochter. Octavia. Meine Tochter.
Ich sollte wohl das Lager aufbrechen um den Krieg zu beenden und sofort zu Yávien reisen. Aber nein! Ich kann das nicht. Ich weiß wer ich bin. Ich weiß was ich getan habe. Wenn ich die Krone nicht zurückhole, wird meine Tochter auf ewig gebrandmarkt sein. Sie wird die Tochter von Thurion des Schrecklichen bleiben, der Maia, der der Dunkelheit verfiel und Leid in Die Welt brachte. Niemand würde das gute sehen, was ich getan habe, als Anarya zu mir nach Angmar kam, als ich meine Krone niederlegte, und was ich an ihrer Seite getan habe.
Nein! Ich muss diesen Krieg für meine Tochter gewinnen. Sonst ist sie auf ewig verdammt…


Weiter wurde das Buch nicht geschrieben. Octavia vermutete, dass er  danach in die Schlacht zog und daraufhin fiel. Somit war sein Vorhaben gescheitert ein besseres Leben für seine Tochter aufzubauen. Immerhin musste sie sich vierzehn Jahre lang verstecken, bis Kiana Minas-Tirith vollständig zerstörte. Nach der Offenbarung, dass ihr Vater Thurion war, wurde sie dann von vielen gemieden und verachtet. Immer wieder durfte sie sich Kommentare darüber gefallen lassen, die Tochter Thurions zu sein. Auch als sie inzwischen achtzehneinhalb Jahre alt war. Sie war also verdammt. Sogar in diesem Sinne, dass sie diese Maiakräfte besaß und das Gefühl hatte, selbst verrückt zu sein, sodass sie anderen -und auch sich selber- Leid zu fügte. Selbst Melkor, der dunkle Vala in Person, schien in ihrem Kopf zu spucken. Und sonst schien sie ja nicht viel besser als ihr Vater zu sein. Das sagten ihr alle anderen immer wieder und das Geschehene in der Mine bewies es.
Aber hier auf Tolfalas war sie weit weg von all den anderen. Von ihrem Bruder Kael, Thirak, Indro und Phelan. Sie war weit weg von all dem Leid das sie verursachte und den Menschen, die sie sowieso nur wieder verletzen würde. Auf der einen Seite war sie sehr erleichtert darüber und im Endeffekt wollten die anderen doch, dass Octavia möglichst entfernt von Menschen bleibt. So konnte sie nicht wieder irgendwelche Probleme verursachen. Thirak sagte vor ihrem Aufbruch in den Süden noch, dass es manchmal die bessere Entscheidung war, am anderen Ende der Welt zu leben, so wie er es lange tat. Wenn sie länger darüber nachdachte wünschte sie sich schon etwas, dass Kael auf die Insel kam und all die Dinge die er sagte zurücknahm. Dass er sie einfach umarmte und sagte, dass sie seine Schwester war. Dass er sie liebte. Wahrscheinlich war das aber nur ein Wunschdenken. Sie hatten im Norden genug zu tun und keine Zeit in den Süden zu reisen. Und so wie sie ihren Bruder kannte, war er wie immer sehr pflichtbewusst und blieb an Thiraks Seite. Sie fragte sich nur, was passierte, wenn sie mit Kiana auf Kael und Thirak traf, wenn es darum ging wer Mittelerde am Ende beherrschen sollte.  Es war dringend etwas, worüber sie mit ihrer Halbschwester Kiana sprechen musste. Sie drückte einen lauten Seufzer tief aus ihrer Brust heraus. Es war schwer über all die Dinge nachzudenken.
Octavia wurde melancholisch. Die junge Frau stützte sich auf ihren Armen ab, lehnte sich über die Mauer und blickte in die Ferne. Auf dem Meer entdeckte sie etwas, was langsam größer wurde. Es waren Schiffe. Fünf in der Zahl. Als sie nah genug waren, versuchte Octavia ein  Wappen oder etwas ähnliches zu erkennen, doch sie fand keins. Die Schiffe segelten auch nicht zufällig an der Insel vorbei, sondern steuerten direkt darauf zu. Die junge Maia hatte zwar nicht viel Ahnung von der Schifffahrt, doch selbst sie erkannte dass es sich um Kriegsschiffe handelte.
Wer ist das und was wollen die hier?, fragte sich Octavia. Es konnte auf jeden Fall nichts gutes bedeuten. Waren sie etwa schon aufgeflogen und die neuen Herren von Gondor suchten nach ihnen?
Sie musste so schnell es ging Kiana findet und ihr von ihrer Entdeckung erzählen, noch bevor die Fremden die Insel erreichen konnten. Doch wo sollte sie nur nach ihrer Halbschwester suchen. Die Festung war groß und sie hatte Kiana an diesem Tag noch zu keinem Zeitpunkt angetroffen.

Verzweifelt suchte Octavia nach Kiana, doch sie fand ihre Halbschwester nicht. Wo war sie nur?
Als sie beschloss im Thronsaal nach ihr zu sehen, bemerkte sie, dass die Schiffe angelegt hatten und tatsächlich bewaffnete Personen die Insel betraten. Noch immer konnte sie kein Banner erkennen. Auch nicht, als die Soldaten sich auf dem Weg zur Festung machten. Das einzige was sie erkannte war, dass sie dunklen Rüstungen trugen.
Kiana wo bist du nur… fragte sie sich selbst verzweifelt. Wenn sie tatsächlich schon so schnell aufgefallen waren, konnten sie nicht hier bleiben. Auch nicht, wenn sie die Soldaten besiegen sollten. Es war zu gefährlich und die Herren von Gondor würden das ganz sicher nicht einfach so hinnehmen.
So schnell sie konnte huschte sie in die Burg zurück, um den Thronsaal zu erreichen.

Leider musste Octavia feststellen, dass der Thronsaal leer war. Auch hier war  Kiana nicht. Auch nicht im alten Planungsraum, in dem ein großer Tisch stand, der die Form der Karte von Mittelerde hatte. Als sich schließlich die großen dunklen Türen des Saals öffneten, betrat einzelner Mann den Raum. Das Quietschen der Türen ließ sie fast schon zusammenzucken.
Die gesamte Kleidung des Mannes war schwarz, genauso wie der lederne Brustpanzer. Sein Helm, der auch aus dunklem Stahl gefertigt war, bedeckte sein ganzes Gesicht und besaß nur  Öffnungen für die Augen. Eine schmale Öffnung verlief vertikal an der Nasenregion hinunter. Das einzige was farblich war, war ein Halstuch in Blutrot, welches er um seinen Hals gebunden hatte.  Es war von Runen verziert, die der junge Maia nichts sagten.
Den Helm hatte sie schon mehrere male gesehen. In Minas-Tirith bei den Ostlingwachen von Kiana. Doch diese spezielle Rüstung des Mannes sagte ihr nichts.
Octavia war wie versteinert, als der Mann dort stehen blieb und sie musterte. Das schwere Atmen des Mannes war laut zu hören. Er nahm schließlich seinen Helm ab und sah weiter argwöhnisch zu Octavia. Sie fühlte sich mit der Situation weniger komfortabel. Ihre rechte Hand wanderte zu dem Griff ihres Schwertes und war bereit es notfalls einzusetzen.
"Auch wenn du jetzt verändert aussiehst, erkenne ich dein Gesicht…", erhob er plötzlich seine Stimme. Er sprach zwar Westron, doch man konnte deutlich heraushören, dass das nicht seine Muttersprache war. "...Du warst bei dem Turnier dabei und hast versucht die Königin zu töten… Und nun bist du wieder hier…".
Octavia spürte förmlich die Wut, die der Mann ausstrahlte. Sein Schnauben nach zu urteilen ging sie davon aus, dass er nicht lange auf eine Antwort wartete um sie anzugreifen.
"Wo ist Kiana Vaneryen?", fragte er schon deutlich lauter.
"Ich… Ich…", stotterte Octavia nur überfordert heraus.
"Antworte!", schrie er. "Was hast du mit ihr gemacht?!".
"Hey, beruhige dich erstmal…", entgegnete die junge Frau, während sie gestikulierend versuchte zu zeigen, dass von ihr keine Gefahr ausging. "...Kiana ist hier irgendwo in der Festung… Ich habe ganz sicher nichts mit ihr gemacht, auch wenn ich es wollte…".
Sie merkte selbst ziemlich schnell, dass das wohl nicht die beste Wortwahl war. Ihr Gegenüber schäumte schon vor Wut.
"Ostlinge! Hier her!", rief er sehr laut in einem befehlenden Ton. Octavia hatte Glück dass sie Ostron sprach, was ihr Deloth damals beibrachte. So konnte sie ihn verstehen.
Sofort stürmten weitere bewaffnete Männer hinein. Diese Rüstungen erkannte Octavia sofort. Es waren die typischen schwarz-goldenen Rüstungen der Ostlinge. Genau wie Deloth immer erzählt hatte. Auch ein weiter Mann kam herein. Er war schlank und hatte halblanges dunkles Haar. Seine Kleidung war ebenfalls schwarz, aber seine goldenen Rüstungsteile unterscheiden sich deutlich von denen der Ostlinge.
"Was ist denn los, Staub?", sagte er nur ruhig und wirkte dabei etwas arrogant. "Es gibt doch keinen Grund hier herumzuschreien…Oh...".
Octavia erkannte diese Stimme. Dieser von sich eingenommene Tonfall und diese Überheblichkeit ä, gepaart mit Leichtsinn. Diese Stimme  konnte nur einem Mann gehören: Loki!
"Wen haben wir denn da?", sprach er Octavia direkt an. "Eine hübsche junge Frau einsam in der Festung Minas-Alagos auf Tolfalas… Nicht das was wir erwartet hatten, aber trotzdem ein sehr angenehmes Treffen… Mit einem sehr schönen Anblick!".
Die junge Maia verdrehte nur ihre Augen. Wenn sie etwas nicht vermisste, waren es die überheblichen schleimigen Sprüche von Loki, der sie scheinbar noch nicht einmal erkannte.
"Entschuldigt meinen Freund hier…", sagte er, während er sich an den Ostlinghauptmann vorbei drückte und direkt auf die junge Frau zu ging. "...Ich bin Loki von Umbar! Und ihr seid?".
Dabei machte eine Verbeugung und wollte Octavias Hand nehmn, um diese aus Höflichkeit zu küssen. Sie selbst zog nur ihre Hand weg.
"Du weißt wer ich bin...", entgegnete sie schnell und genervt. "...Lassen wir die Spielchen Loki, in Ordnung?".
Durch seine weit aufgerissenen Augen wurde ihr klar, dass er sie erst jetzt erkannte. Sein Gesicht drückte eine Art von Überraschung und zugleich Freude aus. Scheinbar konnte er sich nur nicht ganz dazu entscheiden, was er zuerst zeigen wollte.
"Nun ja… Das freut mich sehr dich endlich wieder zu sehen, auch wenn es nicht das war was wir erwartet haben…  Du siehst so verändert aus, Octavia!", entgegnete er lachend und kratzte sich dabei unsicher am Hinterkopf. Sie wusste natürlich dass er auf ihre Kleidung und die Schminke anspielte. Dass Loki das sofort auffiel war ihr fast schon klar. So wie sie ihn kennenlernte, war er ein oberflächlicher Mann, der sich gerne in den Mittelpunkt rückte. Besonders dann, wenn andere Menschen drumherum waren. "...Aber was machst du hier und wo sind die anderen?".
"Nun..", fing sie an und räusperte sich, damit ihre Stimme nicht versagte. "...Ich habe Dinge getan, die man nicht zurücknehmen kann… Lass uns nicht darüber sprechen…".
"Wie du wünschst…", erwiderte er fast schon unterwürfig argwöhnisch. Octavia bemerkte den Blick des Mitleids den er ihr zuwarf. Allerdings reagierte sie nicht darauf. "Es war übrigens eine kluge Idee von dir im Namen von Kiana einen Brief zu schreiben!".
"Der Brief kam nicht von ihr…", ertönte die Stimme Kianas durch den Saal. "Er kam von mir!".
Sofort gingen der Ostlinghauptmann und auch die anderen Ostlinge auf die Knie. Als hätte sich nie etwas verändert. Octavia  seufzte und war sehr erleichtert, dass ihre Halbschwester nun endlich auftauchte. Sie versteckte sich ja schon genug. Octavia warf Kiana nur einen vorwurfsvollen Blick zu, die aber nur ein Lächeln entgegnete.
"Es freut mich dich wiederzusehen, Grauer Staub…", sagte sie lächelnd. "...Es freut mich euch alle endlich wiederzusehen!".
"Kiana…", erwiderte Loki nur freudig gekünstelt. Octavia fiel sofort auf, dass er immer wieder zu ihr und Kiana abwechselnd hin und  her sah. Vermutlich wollte er es einfach nicht wahrhaben.
"Aber was macht sie hier?!", fragte der Mann, der scheinbar nur Grauer Staub hieß, und zeigte dabei auf Octavia.
"Das wollte ich auch gerade fragen…", sagte Loki. "...Ich meine ihr wolltet euch noch vor nicht allzu langer Zeit umbringen und jetzt steht ihr hier zusammen vor mir… Was hab ich verpasst?".
"Wir sind Schwestern! Sollte das nicht Grund genug sein, dass wir uns nicht töten wollen, sondern uns lieben und beschützen?", entgegnete Kiana und wimmelte ihn damit ab. "Wir beide haben eine schwere Bürde zu tragen, also arbeiten wir zusammen!".
Loki gab nur ein Geräusch von sich. Wahrscheinlich war er eher wenig zufrieden mit dieser Aussage und wollte mehr hören.
"Dennoch hattet ihr euch zuvor dazu entschieden euch töten zu wollen!", entgegnete er kurz darauf und versuchte eine Erklärung zu erhalten. "Versteht mich nicht falsch! Ich begrüße es sehr, euch Seite an Seite zu sehen. Es ist nur sehr… Befremdlich… Vermutlich einfach ungewohnt…".
"Ich sehe es etwas anders!", erhob Grauer Staub plötzlich im gebrochenen Westron  seine Stimme, bevor jemand anders etwas dazu sagen konnte. "...Diese Frau hat versucht euch umzubringen, meine Königin. Ich kann es nicht zulassen dass sie so nah an eurer Seite ist!".
Octavia spürte worauf es hinaus lief. Der Hauptmann der Ostlinge war sicher davon überzeugt, dass sie Kiana noch töten wollte. Vielleicht war das auch tief in ihrem Innern auch noch so. Sie konnte nicht vergessen was Kiana getan hatte.  Dennoch war es jetzt anders. Octavia fühlte mit Kiana. Entwickelte in gewisser Weise Gefühle für Kiana. Liebe. Auch wenn sie sich dagegen wehrte. Gleichzeitig war Kiana die einzige die Octavia verstehen konnte. Sie hatte das gleiche Blut in sich und trug die gleiche Bürde.
"Was meinst du warum Kiana noch lebendig ist?", spuckte Kiana flapsig heraus. "Wenn ich sie töten wollte, hätte ich das ganz sicher schon getan…".
"Seht ihr… Wir können ihr nicht vertrauen… Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie es wiede versucht!", wandte sich Grauer Staub an seine Herrin.
"Staub…", entgegnete Loki lachend, der dann einen ernsten Blick des Hauptmannes zugeworfen bekam.
"Wenn sie mich umbringen wollte, hätte sie dazu genug Möglichkeiten gehabt!", antwortete Kiana. "Wir waren so oft alleine, haben sogar nebeneinander geschlafen…".
"Aber meine Königin…", wollte er gerade sagen, da wurde er direkt von Kiana unterbrochen.
"Du vertraust  deiner Königin noch, richtig", sagte sie und sprach dabei nun auf Ostron. Octavia sprach die Sprache zum Glück ebenfalls, sodass sie jedes Wort verstehen konnte.
"Das tue ich von ganzem Herzen!", erwiderte er nur, während er seine Hand auf seine Brust legte und sich etwas verneigte.
"Dann musst du mir in dieser Hinsicht auch vertrauen… Und… Ihr!", sagte Kiana. Octavia erkannte dass der Ostling Namens Grauer Staub alles andere als begeistert war, stimmte seiner Herrin aber mit einem Kopfnicken zu.
"Bringt die restlichen Dinge von den Schiffen!", befahl Kiana direkt. "Später möchte ich euch ALLE im Ratssaal sprechen!".
Dabei war deutlich zu hören, dass sie das Wort alle stark betonte. Das bedeutete wohl auch, dass Octavia dabei sein sollte. Als sie zu Kiana sah, warf diese ihr nur ein liebevolles Lächeln zu und verschwand aus dem Thronsaal. Die Ostlingwachen und Grauer Staub folgten ihr sofort. Octavia sah ihr noch eine Zeit lang nach, bis sie Loki bemerkte, der inzwischen bei ihr stand.
"Schön dich wiederzusehen!", sagte er nur ruhig und wirkte dabei etwas verlegen. "Ich hatte schon Sorge dir sei etwas zugestoßen…".
"Schien dir ja äußerst wichtig zu sein, wenn du nie nach mir gesucht hast …", entgegnete Octavia nur zynisch und verließ ebenfalls den Raum. Sie hatte ganz sicher keine Lust mit ihm zu sprechen. Zumindest noch nicht.

Später am Tag fand sie sich in dem Raum ein, den Kiana den Ratssaal nannte. Wie ein Saal sah er nicht für Octavia aus. Immerhin war er klein und befand sich neben den Thronsaal. Es war der Raum, in dem der Tisch, der die Form von Mittelerde besaß, stand. Drum herum standen auch schon drei -so wie Octavia vermutete- Anführer der Schwarzen Ostlinge, ein ihr unbekannter Mann, Grauer Staub, Loki und Kiana selbst. Somit war Octavia die letzte die dazustieß, so wie es doch so oft war. Die Blicke die sie erntete -besonders von Kiana- ließ sie fast schon schmunzeln, denn die junge Maia dachte sofort an die frühere Zeit mit Kael und Phelan zurück.
"Gut, dann können wir ja anfangen!", erhob Kiana schließlich ihre Stimme. Octavia ging währenddessen auf die Seite von Kiana und lehnte sich etwas hinter ihr an die Wand. Die junge Frau wollte vielmehr zuhören, als selbst am Gespräch teilnehmen.
"Mordor steht natürlich noch voll und ganz hinter der Königin!", fing Grauer Staub an. "Die meisten Ostlinge aus der Armee und aus Minas-Tirith waren dorthin gezogen und haben  nicht aufgehört euren Willen zu vollziehen! Die Verräter aus Gondor wagten bis jetzt keinen Angriff!".
"Wie viele Männer haben wir noch zur Verfügung?", wollte Kiana wissen.
"Genug um Minas-Tirith in einem Hinterhalt zu stürmen, meine Königin!", schoss es sofort aus Grauer Staub heraus.
"Wie viele?", fragte sie noch einmal etwas energischer nach. Bevor Grauer Staub allerdings etwas sagen konnte, ergriff Loki das Wort: "Genau genommen etwas mehr als fünftausend, wenn man die zweihundert abzieht, die hierher gekommen sind…".
"Fünftausend?!", dabei hörte Octavia deutlich das Entsetzen aus ihrer Halbschwester Kiana heraus. Für sie selbst war eine Zahl von fünftausend viel. Immerhin mehr, als sie jemals angeführt hatte. Aber sie hörte weiter zu und sagte nichts.
"Das sind ja noch nicht einmal genug um ganz Mordor abzusichern…", fügte Kiana noch hinzu und rieb sich verzweifelt die Schläfen.
"Viele starben schon bei den Aufständen, als es bekannt war, dass du abgestürzt bist… Weitere verloren ihr Leben irgendwie das Reich zusammenzuhalten oder bei der Flucht nach Mordor!", erklärte Loki ruhig. "Von den Männern ist es auch in etwa ausgeglichen: Von den fünftausend sind die eine Hälfte Schwarze Ostlinge und die andere aus den Garnisonen von Mordor!".
Octavia beobachtete, wie Kiana scheinbar keine Luft bekam und sich mit ihren Armen abstützte, um so über den Tisch zu lehnen. Sie selbst seufzte nur, wenn sie über alle die schon gefallen waren, während des Krieges den Kiana führte.
"Ich kam mit zwanzigtausend von Umbar nach Gondor… Ich habe es geschafft, dass die Menschen der befreiten Städte in Harad und Umbar die gleiche Ausbildung machen könnten, um für die Befreiung der Welt zu kämpfen…", sagte Kiana mehr als getroffen. "...Und nun sind noch etwa zweitausendfünfhundert übrig?".
"Ja.. ", antwortete Loki nur kurz und andächtig.
"Das ist eine totale Katastrophe!", rief Kiana etwas lauter und fuchtelte mit den Armen herum. Die Stimme war leicht brüchig und ihre Augen glasig. So hatte Octavia Kiana bis jetzt noch gar nicht erlebt.
"Aber wir sind entschlossen für euch zu sterben, wenn es sein muss, meine Königin!", warf Grauer Staub wieder hinein.
"Grauer Staub, das macht doch überhaupt keinen Sinn…", entgegnete Loki. "...Es sind schon genug gestorben und sich dann zu opfern hilft uns hier nicht weiter, um das Reich wieder zu vereinen und Kiana auf den Thron zurück zu setzen!".
Da war wohl Octavia Stichwort. Das wollte sie ja schon eine Zeitlang von ihrer Halbschwester wissen: Wer sollte herrschen und wie?
Da sie nun an diesem Punkt angekommen waren, trat Octavia von der Wand weg und ging mit vorsichtigen Schritten auf den Tisch zu, sodass natürlich alle Blicke auf sie ruhen blieben.
"Es tut mir leid wenn ich euch alle unterbrechen muss…", fing sie etwas holprig an. "...Grauer… Staub… Hat in gewisser Hinsicht recht: Mit Entschlossenheit kann man ganz sicher Kriege gewinnen. Ich spreche da aus Erfahrung. In Arnor hatte es ganz gut geklappt…".
Eigentlich hasste sie es, beim sprechen die volle Aufmerksamkeit auf sich gerichtet zu haben. Besonders bei fremden Menschen, die sie überhaupt noch gar nicht einschätzen konnte. Klar war sie stets vorlaut, aber ihr war bewusst, dass alle Anwesenden wohl Kiana auf den Thron haben wollten. Sie machte eine kurze Sprechpause, während die anderen gespannt in ihre Richtung sahen.
"...Allerdings hat es mich am Ende auch meine Stellung gekostet und viele Menschenleben, die ich lieber lebendig gesehen hätte…", sagte sie dann weiter.
"Auf was willst du hinaus?", fragte Loki interessiert und vorsichtig.
"Für mich klingt es eher so, als sollten wir das ganze Vorhaben sein lassen…", warf Kiana verärgert dazwischen.
Octavia verdrehte nur ihre Augen. Sie hatte die arrogante Art ihrer Halbschwester schon fast verdrängt, da sie so liebevoll die letzte Zeit zu ihr war.
"Das habe ich nicht gesagt. Nur dass es ja wohl einen Grund hat, warum es alles so gekommen ist wie es war…", versuchte sie zu erklären. "...Niemand will unterdrückt werden und unter ständiger Beobachtung leben!".
"Die Menschen wollten es nicht anders. Einige haben sich von Tag eins aufgelehnt, nachdem die Hauptstadt des Reiches in Schutt und Asche lag!", erwiderte Kiana Kiana direkt.
"Da war doch schon das Problem!", entgegnete Octavia lauter. "Du hast all die Menschen getötet und du hast ihre Heimat zerstört… Was erwartest du da? Dass sie dich für ihre Sünden um Vergebung bitten?".
"Es…war… nötig!", erwiderte Kiana nur und es wirkte, als riss sie sich zusammen, um nicht wütend zu werden.
Octavia schlug dagegen die Hände schon wütend auf den Tisch.
"Es war alles andere als nötig!", schrie sie durch den Raum. "Ich bin mir sicher, dass es mit dir als Königin wieder genau das gleiche ist!". Ihr viel es noch immer schwer darüber zu sprechen und sie hatte das Gefühl der ganze Hass kam wieder in ihr hoch. Gleichzeitig spürte sie die Tränen, die sich in ihren Augen bildeten.
"Ach und du hast viel besser gehandelt als Sernereth, die Blutkönigin, die ihr eigenes Volk in den Tod getrieben hat, um ihre eigene Macht zu behalten und Kämpfe in einer Arena austragen ließ um die Menschen dann zu essen?", fauchte Kiana plötzlich äußerst provokant zurück. Sie konnte nun wohl ihre eigene Fassung kaum wahren.
Octavia reichte es. Sie hatte das alles getan, damit die anderen überleben konnten. Die junge Maia sprang schon fast Kiana entgegen und es ging alles sehr schnell: Sie wurde von Kianas Kräften zurück geschleudert, konnte sich aber noch auf den Beinen halten. Octavia nutzte selbst ihre innere Macht und schleuderte Kiana eine Art rote Kugel aus Blitzen entgegen, die sie aber irgendwie abwehren konnte. Es war ein kurzer Austausch aus roten und violetten Blitzen die aus beiden Richtungen umher flogen. Dann sprang Octavia wieder mit ausgestreckter Hand auf Kiana zu, drückte ihr eine Druckwelle entgegen  und brachte sie damit etwas zum taumeln, sodass Octavia den Hals ihrer Halbschwester packen konnte. Kiana setzte allerdings ihre Kräfte ein, um Octavia etwas auf Abstand zu halten und schaffte es sogar sie rücklings gegen den Tisch herunter zu drücken.
Octavia spürte die Hände von Kiana um ihrem Hals und irgendwie wurde sie von der kleineren Frau auf den Tisch gedrückt. Ihre Kräfte schienen etwas stärker zu sein, oder sie wusste einfach wie sie sie gezielt einsetzen konnte. Ohne Wut.
"Und was soll das Werden", sagte Kiana etwas außer Puste. "Wir machen wieder genau da weiter, wo wir vorher aufgehört haben und töten uns gegenseitig?".
"Das wäre eine Möglichkeit!", entgegnete Octavia nur wütend mit hochgezogenen Augenbrauen und einem gezwungenen Lächeln. Sie wollte sich keinesfalls anmerken lassen, dass sie sich von Kiana überwältigt fühlte und  versuchte sich aus ihrem Griff zu befreien. Die junge Frau bemerkte, dass ihre Lippe aufgeplatzt war und blutete.
Die anderen Anwesenden waren schon in Deckung gegangen, außer Loki der leicht geduckt versuchte Worte zu finden.
"Vielleicht sollten wir uns alle erst einmal beruhigen…", rief er aufgeregt. "...Sicher kann man über die Herrschaft Mittelerdes noch einmal später sprechen!".
Octavia versuchte irgendwie ihren Hals aus Kianas Händen zu befreien , doch es funktionierte nicht. Genauso wenig wollte sie diesen von Kiana loslassen.
"Später ist es vielleicht zu spät…", ächzte sie hervor. Dann spürte sie, wie der Griff von Kiana lockerer wurde und sie von ihr abließ. Auch Octavia entfernte daraufhin ihre Hände von ihrer Halbschwester und rieb sich ihren eigenen Hals.
"Ach darum geht es dir…", fing Kiana plötzlich wieder ganz ruhig und gefasst an. "Du hast Angst, dass es zum Krieg mit Angmar kommt und all deine Lieben sterben, nicht wahr?".
"Ich möchte einen Krieg verhindern…", entgegnete die junge Maia noch immer am Hals reibend. "...Und wenn du es anders machst als zuvor… Wenn WIR es anders machen… Dann haben wir wirklich eine Chance eine bessere Welt zu erschaffen!"
"Du klingst schon fast wie ich… Ich denke du liegst richtig...", merkte Kiana an. Obwohl Octavia gerne widersprochen hätte wie Kiana zu klingen, blieb ihr da nichts anderes übrig als zuzustimmen. Sie hatte ja recht, wenn sie auch nach einer besseren Welt strebte.
"Ich kann dir das gleiche Angebot wie bei unserem ersten Aufeinandertreffen machen: Ich werde die Königin sein, aber werde niemals Kinder bekommen können, also kannst du meine Erbin sein!", schlug Kiana vor. "Zusätzlich wirst du als Prinzessin des Reiches auch meine rechte Hand sein und die gleichen Befugnisse wie ich haben. Das Mitspracherecht wird dadurch gesichert, dass wir sowieso einen königlichen Rat Gründen! Abgesehen davon, werde ich dich adoptieren und legitimieren, sodass du zum Hause Vaneryen gehörst, was du durch unseren gemeinsamen Vater Thurion und dem Blute in gewisser Weise auch tust. Auch wenn es eher der Name meiner Mutter ist, müssen wir zeigen, dass wir eine Familie sind!".
Octavia war über das verbesserte Angebot von Kiana erstaunt und überrascht. Es klang ja fast zu perfekt um wahr zu sein. Auf den Königstitel konnte sie ohnehin verzichten, solange sie mitbestimmen konnte, was im Reich passieren sollte. Wahrscheinlich war doch die Familientradition wichtig und Kiana sah sich als ältere Schwester im recht.  Gleichzeitig wunderte sie sich darüber, dass Kiana nach ihren kurzen Kampf dennoch dazu bereit war.
"Wer soll diese  königlichen Rat beiwohnen?", erwiderte Octavia zögerlich.
"Hm", machte Kiana. "Grauer Staub und Loki… Und…".
"Und mein Bruder Kael, Phelan Belatan und Thirak!", beendete Octavia den Satz ihrer Halbschwester schnell. Sie schien davon eher nicht begeistert zu sein und tat sich sichtlich schwer da zuzustimmen.
"Ja, natürlich...  Thirak…", entgegnete Kiana gezwungen mit einem unechten Lachen. "...Solange sie das Knie beugen!'
Octavia hielt eine Zeitlang inne. Nie in ihrem Leben hatte sie damit gerechnet wirklich ein Angebot von Kiana Vaneryen anzunehmen. Gut, sie hatte auch nie damit gerechnet, mit ihr gemeinsame Sache zu machen und unter einem Dach zu leben. Sie schloss die Augen und atmete tief ein, um einen Seufzer tief aus ihrer Brust heraus zu drücken. Dann sah sie zu Loki, der sie nur mit einem schiefen, aber sanften, Lächeln musterte.
Ich muss echt verrückt geworden sein, dachte sie sich noch.
"Gut, ich werde deinen Vorschlag annehmen…", sagte sie etwas zögernd. "...Nur mit dem Namen… Ich weiß nicht recht…".
"Das hat keine Eile!", sagte Kiana, die doch wieder sehr sanft und fürsorglich klang. Octavia bemerkte die Hand, die ihre Halbschwester ihr versöhnlich entgegen hielt. Die junge Maia nahm die Hand an und erwiderte das Nicken Kianas.
"Meine Königin, wir haben doch gerade gesehen, dass man ihr nicht trauen kann… Sie ist eine ständige Bedrohung!", hetzte Grauer Staub weiter.
"Grauer Staub… Wie ich gerade gesagt habe, ist sie genauso befugt wie ich. Also ist sie auch deine Befehlshaberin!!", entgegnete Kiana. "Es erfüllt mich mit Stolz, dass du nach allem noch immer zu mir hältst, aber Octavia ist meine Schwester… Mein Fleisch und Blut, also solltest du sie auch so respektieren!".
Octavia sah nur, dass es ihm alles andere als gefiel. Doch er schien voreret zu gehorchen, nickte ihr zu und senkte danach den Kopf. Sie konnte sich aber denken, dass er sie ganz sicher unter Beobachtung hielt und nur auf einen Fehler wartete. Die junge Frau musterte ihn eine Weile und dachte dabei an den verstorbenen Deloth, der ja ebenfalls mal ein Schwarzer Ostling war.
"Grauer Staub… Was ist das übrigens für ein schrecklicher Name?", merkte Octavia nebenbei an und wandte sich dabei direkt an Grauer Staub.
"Die früheren Meister aus Ammu-Khand haben uns diese Namen gegeben, damit jeder weiß, dass wir nichts anders als Sklaven sind. Wir haben diese Namen behalten, damit wir die Befreiung durch Kiana Vaneryen ehren! Denn jeder weiß, dass wir zwar Sklaven waren, aber von der Königin befreit wurden!", antwortete Grauer Staub zunächst argwöhnisch, dann stolz.
"Der Mann, den ich über alles liebte, war auch ein Schwarzer Ostling. Er wusste nicht genau wo er herkam, da er ziemlich früh von seiner Mutter weggenommen wurde und ein Soldatensklave. Genau wie du in Ammu-Khand…", erzählte die junge Frau. "...Er behielt seinen Namen wohl auch eine Zeitlang, bis er merkte, dass ihm die ehemaligen Sklaventreiber sinnbildlich überall hin folgten und man sich immer an das alte erinnert… Als er einer der sehr wenigen war, die desertierten, nahm er seinen alten Namen wieder an. Deloth war sein Name. Er wollte etwas Neues schaffen… Etwas besseres…  Wie ist dein wahrer Name?".
"Mein… Name…", sagte Grauer Staub und Octavia hatte den Eindruck, dass er etwas betroffen wirkte und die dunkelsten Ecken in seinem Gedächtnis absuchte. "Mein Name war ... Mhargóz!".
"Dann werde ich dich ab sofort so nennen!", antwortete sie direkt.
"Nein, wir haben die beleidigenden Namen behalten um…", wollte er gerade wiederholen, da wurde er von Kiana unterbrochen: "Ich finde Octavia hat recht! Wir wollen etwas Neues schaffen und nicht an alten Dingen festhalten. Ihr solltet alle eure Geburtsnamen annehmen, denn ihr seid Menschen und keine Monster!".
Er nickte wieder. Octavia spürte, dass ihm die Geschichte von ihr bewegte. Vielleicht hatte er auch schon einmal eine Geliebte. Wer wusste es schon. Er würde es ihr ganz sicher nicht erzählen. Dennoch war sie etwas zufrieden und setzte sich auf den Tisch. So konnte sie direkt etwas durchsetzen.
"Dann ist nur die Frage wie wir das anstellen sollen…", sagte Loki.
"Erst einmal brauchen wir mehr Soldaten…", erwiderte Kiana.
"Meine Herrin, ich werde unverzüglich einen Boten nach Mordor entsenden. Ubd ebenfalls nach Umbar! Vielleicht haben wir Glück und die Stadt ist noch in eurer Hand!", sagte der Mann, der keine Rüstung der Ostlinge trug. Er hatte langes dunkles Haar und einen großen Bart. Genau wie Kiana, sah auch Octavia ihn fragend an.
"Mit Verlaub, ich bin Gimilzăr und ich war ein Kommandant der dunklen Garde…" stellte er sich mit seiner kräftigen Stimme vor. "...Loki nahm mich vor einiger Zeit auf, als meine Männer in einem Hinterhalt gerieten und ich als einziger überlebte…".
Octavia fragte sich was das alles zu bedeuten hatte. Die dunkle Garde? Wer oder was war das?
"Die dunkle Garde?", wiederholte Kiana. "Anhänger Melkors, richtig?".
"Aye, so ist es!", antwortete der Mann Namens Gimilzăr. "Noch sind wir als Söldner aktiv!".
Octavia horchte sofort auf, als sie den Namen Melkor hörte. Direkt kam ihr der Traum in den Sinn.
"Gut, mir gefällt eurer Ehrgeiz! Aber euch muss bewusst sein, dass ICH Melkor bereits besiegt habe!”, sagte Kiana, während sie ihr silbernes Haar richtete.
"Oh ja, nach dieser Vorstellungen gerade eben... Dieser Macht... Kann ich mir das denken!", drückte er etwas seltsam aus. Als hätte er etwas erregendes gesehen. Octavia sah ihn nur von der Seite an.
“Entsendet die Boten und dann ruht euch aus! Ihr habt eine lange Reise hinter euch!", sagte Kiana noch. Dann ging sie recht zügig aus dem Planungsraum hinaus. Octavia sah ihr eine kurze Weile nach, bevor Kiana aus ihrem SIchtfeld verschwand. Schließlich entschied sie sich auch woanders hinzugehen. Sie musste sich einfach sammeln und das gerade Geschehene verarbeiten..

Octavia und Kiana verbleiben in Minas-Alagos....
Titel: Minas-Alagos auf Tolfalas (Gondor)
Beitrag von: Darkayah am 20. Aug 2021, 13:24
Minas-Alagos auf Tolfalas  (Gondor)

Octavia und Kiana in Minas-Alagos…


Octavia ging zuerst in ihr Zimmer, entschied sich dann aber doch schnell dazu doch aus dem Innern Burg zu gehen, damit sie etwas frische Luft schnappen konnte. Die kurze Auseinandersetzung mit Kiana machte sie müde. Generell wenn sie ihre Kräfte einsetzte, fühlte sie sich danach erschöpft. Der einzig Moment in dem das nicht so war, war der, als sie die schwarze Krone auf ihrem Kopf trug. Ob es bei Kiana auch so war und sie danach erschöpft war? Vielleicht sollte Octavia ihre Halbschwester fragen. Besonders, weil sie ihre Kräfte scheinbar kontrollierter einsetzen konnte. Octavia stand auf der Mauer und sah in die Ferne. Mittlerweile war die Sonne von vielen Wolken bedeckt und der Wind ließ die junge Frau fast schon frösteln.
Sie wickelte sich in ihren roten Umhang ein und beobachtete dabei das Getümmel in und vor der Festung. Die Soldaten Kianas trugen etliche Dinge hinein. Das meiste war in Kisten verpackt oder in Stoff eingewickelt, somit konnte sie nicht direkt erkennen was sie hinein brachten. Es war ein ungewohnter Anblick, denn die letzten Tage war die Festung auf Tolfalas so gut wie leer und nun tummelten sich dort an die zweihundert Männer.
Für die junge Maia fühlte sich das alles seltsam an. Sie war mitten unter ihren damaligen Feinden und lebt mit ihnen zusammen, um gemeinsame Sache zu machen. Hätte das ihr jemand vor einigen Wochen erzählt, hätten sie es vermutlich nicht geglaubt und wäre vor Lachen fast gestorben. Doch nun war es so.
Ich muss die gute Sache daran sehen, sagte sie zu sich selbst, Kiana versteht mich und sie will auch eine Welt ohne Leid!
Octavia seufzte laut. Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete sie Loki, der zu ihr auf die Mauer kam und sich neben sie stellte. Weder sprach er ein Wort, noch sah er sie an. Darüber war sie sehr froh, denn sie war noch gar nicht in der Stimmung zu sprechen. Er sah nur in die gleiche Richtung wie sie. Einfach in die Ferne in Richtung Gondor. Sie erkannte einen schwarzen Punkt am Himmel, der mit der Zeit immer größer wurde. War es ein Vogel? Nein. Es war etwas größeres. Ein lauter grausamer Schrei sorgte dafür, dass Octavia kurz zusammenzuckte. Das war schon das zweite mal, dass sie diese Töne hörte. Dieser Schrei gehörte Ancalagon, der schwarzen Drache Kianad, der die Stadt Minas-Tirith zerstörte und auf dem Octavia später zusammen mit Thirak nach Carn-dûm flüchtete.
Der Anblick war majestätisch und furchteinflößend zugleich. Die junge Maia wusste wozu der Drache fähig war, deshalb fühlte sie sich alles andere als wohl, als sie ihm beim Umkreisen der Festung hinterher sah.
"Kiana könnte mit ihm zusammen vermutlich wieder Minas-Tirith zerstören und sich so die Herrschaft von Gondor und später auch von Mittelerde sichern…", fing Loki plötzlich an, der ebenfalls das geflügelte Ungeheuer beobachtete. "...Wahrscheinlich will sie wirklich einen anderen Weg mit dir einschlagen!".
Octavia antwortete ihm zunächst nicht. Sie war sich noch unsicher was das anging. Dafür kannte sie Kiana viel zu wenig um wirklich von einer veränderten Person zu sprechen. Vielleicht spielte sie nur etwas vor, damit Octavia ihr glaubte und in Wirklichkeit wollte sie nur wieder zu ihrer Tyrannenherrschaft zurückkehren. Vielleicht änderte sie sich wirklich.
"Es ist kaum zu glauben, dass es jemanden gelungen ist den Drachen zu treffen und Kiana zum Abstürzen zu bringen!", sagte Loki weiter. "Es ist genauso unglaublich, dich nun ausgerechnet hier mit ihr wiederzusehen! Ich habe dich vermisst…".
Octavia schnaubte daraufhin, während sie dabei die Augen verdrehte und musste grinsen. Nicht weil sie es so schön fand, sondern vielmehr, weil sie die Aussage Lokis lächerlich fand. Wäre sie ihm wirklich wichtig gewesen, wäre er damals niemals zu Kiana zurückgegangen oder hätte nach Kianas  Fall nach Octavia gesucht. Gleichzeitig war ihr bewusst, dass er vermutlich nur wieder mit ihr anbandeln wollte. Wie es doch so viele Männer versuchten.
"Warum lachst du?", wollte Loki daraufhin wissen.
"So wichtig war ich dir also, dass du nicht nach mir gesucht hast, auch nachdem Kiana abgestürzt war!", entgegnete sie nur ernst. Loki antwortete zunächst nichts, was sie sich irgendwie nur bestätigt fühlen ließ. Octavia zog nur eine Augenbraue hoch, als sie ihn in die Augen sah und wandte sich dann wieder dem Meer zu. Der Wind wehte weiter ihr braunes Haar auf, sodass sie versuchte es aus ihrem Gesicht zu streifen.
"Das ist gemein von dir! Ich habe mir so oft Sorgen um dich gemacht und habe versucht euch über jede Unternehmung von Kiana zu unterrichten...", sagte er schließlich. "...Als Kiana in den  Norden zog, packte ich meine Sachen und wollte zu dir. Es war mir zu viel… Aber dann stürzte sie ab und überall brachen Rebellionen aus, sodass ich fliehen musste!".
Octavia antwortete nicht. Davon wusste sie ja nichts. Aber vielleicht erzählte er es auch nur so, um sie zu überzeugen. Ihr war es aber irgendwie auch egal. Was spielte das nun für eine Rolle. Die junge Maia sah nur weiter in die Ferne. Wahrscheinlich hoffte sie viel mehr, dass ihr Bruder auftauchte und sie endlich wieder in seine Arme nahm. Aber so verhasst wie er in Carn-dûm wirkte, wird es wohl nie wieder so sein. Sie seufzte nur laut. Dabei vergaß sie schon fast dass Loki noch neben ihr stand.
"Mich würde interessieren, warum du hier bist…", wechselte er plötzlich das Thema. "...Ausgerechnet bei Kiana! Und warum bist du nicht bei den anderen?".
"Müssen wir wirklich darüber sprechen?", entgegnete sie nur genervt. Sie wollte lieber über alles mögliche sprechen als darüber.
"Nun ja… Damals hättest du alles dafür getan, um Kael, Phelan und Thirak zu beschützen… Jetzt bist du meilenweit von ihnen entfernt!", sagte Loki.
"Du nervst…", erwiderte Octavia ziemlich schnell. Aber ihr war fast schon klar, dass er ganz sicher nicht locker lassen würde.
"Ich mache mir nur Sorgen, Octavia!", behauptete er. "Sorgen um dich und das was du eigentlich wolltest… Also ich finde es sehr gut, dich versöhnlich an Kianas Seite zu sehen, aber… Mir fällt es nur schwer das zu glauben!".
"Du brauchst dir keine…", wollte sie zuerst aufgebracht sagen, stoppte dann aber abrupt und seufzte erneut. Die junge Frau gab sich geschlagen. Vermutlich war es einfacher die Wahrheit zu sagen. Es war ja nun mal so, dass sie nun von allen gehasst wurde. Loki würde das ja früher oder später sowieso herausfinden.
"Nachdem Kiana in den Norden kam, sind wir in die alten Minen der Ered-Luin geflüchtet… Es war dort schwierig und ich tat alles, damit alle überleben konnten… Das war aber nicht genug. Selbst als Kael und Thirak uns herausholten, habe ich viele in einen sinnlosen Tod geschickt… Ich habe alles zerstört! Freundschaften, Liebe und… Meine Familie…", erzählte sie ihm schließlich bedrückt. "...Als Strafe wurde ich dann aus dem Norden verbannt, weshalb ich nach Gondor ging. Hier traf ich dann durch einen Zufall auf Kiana!".
An Lokis Reaktion und Gesichtsausdruck erkannte sie mehr als deutlich, dass er wohl mit allem anderen gerechnet hatte. Gleichzeitig wusste er wohl nicht was er sagen sollte, denn er antwortete ihr nicht.
"Das ist… Alles andere als gut…", erwiderte er dann doch nur getroffen. "Sieh nur! Da wurde wohl noch eine Fahne gehisst!".
Octavia sah in die Richtung, in die Loki zeigte. Am höchsten Turm der Festung wehte neben dem schwarzen Banner, das den roten Drachen abbildete, ein blutrotes Banner, welches einen schwarzen Wolf zeigte. Der jungen Maia war sofort bewusst, dass es ihr eigenes Banner war, das sie sich auswählte und damit an das ihres Vaters Thurion lehnte.
"Kiana macht wohl ernst!", rief Loki lachend. Octavia blieb dagegen ernst. Sie war noch sehr misstrauisch.
"Ich traue der ganzen Sache noch nicht! Ich bin mir mit Kiana noch nicht sicher…" erwiderte Octavia. "...Ich werde sie noch im Auge behalten!".
"Und ob du das tun wirst!", entgegnete Loki weiter lachend. Sein breites Grinsen verwandelte auch Octavias Lippen in einem, obwohl sie sich dagegen wehrte. Die junge Maia hasste ihn dafür, dass er stets gute Laune verbreitete, nervig, quirlig und eingebildet war. Am meisten aber dafür, dass er sie damit ansteckte. Das war schon bei ihrem ersten Aufeinandertreffen so.
Obwohl sie solche Männer stets verachtete und alles andere als anziehend fand, gefiel ihr genau das an Loki. Dazu sah er auch noch sehr gut aus, war schlank und nicht zu groß. Sie beobachtete ihn eine Weile, der noch immer lächelnd in Octavias grüne Augen sah, dann aber seinen Blick verlegen auf das weite Meer lenkte. Die junge Frau musste sich eingestehen, dass sie den Mann aus Umbar auch vermisst hatte. Vor ihm zugeben wollte sie das natürlich nicht. Warum auch? So gab er sich vielleicht etwas mehr Mühe um um ihre Aufmerksamkeit zu kämpfen.
Sie biss sich auf die Unterlippe und lehnte sich wieder über die Mauer, um ebenfalls auf das Meer zu sehen. Die junge Maia bemerkte den Arm Lokis, den er vorsichtig um sie legte und daraufhin seufzte. Insgeheim genoss sie die Berührung natürlich, aber zugeben wollte sie auch das nicht. Wenn sie so darüber nachdachte, war auch schon sehr viel Zeit vergangen, als sie sich das letzte mal auf einen Mann einließ. Der letzte war Robben Rogwyne und das war schon mehrere Monate her. Was wohl aus ihm geworden war?
Bevor sie sich darüber weiter Gedanken machen konnte, spürte sie schon die ersten Regentropfen auf ihrem Gesicht tröpfeln. Als sie junge Frau nach oben sah, waren die dunklen Wolken bereits über der Festung angekommen. Die letzten Tage regnete es immer mal wieder. Besonders am späten Nachmittag.
"Lass uns lieber reingehen, bevor es nachher noch anfängt zu regnen!", schlug Loki vor, während er selbst besorgt in den Himmel schaute. Octavia stimmte ihm mit einem Kopfnicken zu. Ihr war ohnehin schon kalt genug.
Kurz bevor sie die Burg erreichten, ergoss sich der  Himmel über die gesamte Insel Tolfalas. Begleitet von Donnergrollen, lieferten sich die geladenen Blitze zwischen den Wolken einen Kampf. Der Eine war größer und heller als der Andere. Octavia und Loki nahmen die Beine in die Hand, um irgendwie in das Trockene zu gelangen. Beide waren schon nass, als sie endlich kichernd die Burg erreichten.

In den Gängen kam Octavia nicht mehr aus dem Lachen heraus. Sie wusste noch nicht einmal warum genau. Vielleicht lag es nur daran, weil sie vor dem Regen flüchteten, als wäre ihr Leben bedroht gewesen oder aber weil es sie an ihr erstes Aufeinandertreffen mit Loki erinnerte. Damals als sie ihn überwältigte und gefangen nahm, regnete es plötzlich auch und sie mussten sich in einer Höhle im Wald verstecken. Eines war auf jeden Fall klar: Die junge Maia fühlte sich schon seit langer Zeit nicht mehr so befreit wie zu diesem Zeitpunkt.
Sie lehnte sich an die Wand und versuchte Luft zu holen. Loki schien das gleiche zu tun und sah sie dabei an. Immer wieder kreuzten sich ihre Blicke, auch wenn Octavia stets versuchte wieder woanders hinzusehen. Wollte sie es wieder so enden lassen wie bei ihrem ersten Treffen? Ganz sicher nicht! Doch ihr fiel es sehr schwer ihm zu widerstehen. Octavia wusste nicht genau warum sie es tat, aber sie stürmte schon fast auf Loki zu und küsste ihn wie wild.
Was mache ich hier eigentlich, fragte sie sich währenddessen selbst und stoppte. Dabei sah sie nach unten auf den Boden, während sie ihr Arme noch um Lokis Körper hatte. "Ist alles in Ordnung?", fragte er sanft und besorgt nach. "Hab ich was falsch gemacht?".
Sie schüttelte nur den Kopf. Natürlich hatte er aus ihrer Sicht nichts falsch gemacht. Es waren viel mehr ihre Gefühle, die sie überrumpelten. Sie wusste überhaupt nicht,  ob das alles gut war, was sie tat. Ob es nun mit Kiana war oder in diesem Moment mit Loki. Vielleicht würde sie sowieso wieder von Kiana enttäuscht werden und sie dann später Loki verletzen. Was brachte das alles hier?
Octavia hob ihren Kopf an und sah in seine blauen Augen. Mit der rechten Hand streichelte er das Gesicht der jungen Frau, bis er einen Finger unter ihr Kinn legte und ihren Kopf damit weiter nach oben drückte. Das Verlangen in Octavia war zu diesem Zeitpunkt viel größer, als das sie widerstehen konnte. Selbst ihre Gedanken und ihre innere Stimme verblassten. Der ganze Körper der jungen Frau bebte und wollte den Mann der vor ihr stand, mit jedem Winkel ihres Leibes spüren.
Sei's drum, dachte sie sich nur, Mehr falsch machen als jetzt kann ich sowieso nicht!
Dann fiel sie Loki um den Hals und küsste ihn wieder. Dabei presste sie sich ganz dicht an ihn heran und wollte am liebsten gar nicht mehr los von ihm. Erst als sie Schritte hörten, ließen sie erschrocken und schwer atmend voneinander ab. Octavia aber, wollte alles andere als aufhören.
"Los komm!", sagte sie nur hastig, während sie Loki an die Hand nahm, und zog ihn die Gänge der Burg entlang, bis sie ihr Zimmer erreichten. Als der Mann aus Umbar das Zimmer betrat, verschloss Octavia ziemlich schnell die Tür. Sie wollte genau da weitermachen, wo sie vorhin noch aufgehört hatten.
Zügig befreite sie sich von ihren schwarzen Stiefeln, gefolgt von ihren schwarzen -doch eng sitzenden- Hosen aus dünnem Stoff und dem schwarz-roten Kleid, welches ihr bis zu den Knien ging und ebenfalls eng anliegenden war. Die Kleidung die Kiana ihr schenkte erwies sich schon fast als Hindernis, denn so einfach bekam Octavia diese nicht aus. Als sie es endlich geschafft hatte, half sie Loki hektisch aus seiner Kleidung und küsste ihn immer wieder dabei.
Sie nahm beide seiner Hände  in ihre und zog ihn so mit sich auf ihr Bett, um sich so ihrem Verlangen voll und ganz hinzugeben.

So plötzlich das alles passiert war, so plötzlich war es auch schon wieder vorbei. Octavia spürte förmlich, wie sich der Druck, der sich in ihr angestaut hatte, etwas löste und sie entspannen ließ.
Die junge Maia hatte das Gefühl des Glücks und der Zuneigung schon so sehr vermisst. Die dunklen Seiten überschatteten die letzten Wochen. Doch nun fühlte sie sich endlich wieder besser. Befreit von all den Sorgen, die sie verfolgten. Auch wenn es ihr bewusst war, dass es wohl nicht auf Dauer anhalten würde, genoss sie den Moment. Den Moment einfach an nichts außer der Zweisamkeit denken zu müssen.
Sie lag noch eine ganze Weile auf der Seite, schob ihre Hände unter ihrem Kopf, und beobachtete Loki, der Rücklings an die Decke starrte. Er wirkte auch mehr als zufrieden und hatte ein Lächeln auf den Lippen. Dennoch schwiegen beide eine Zeitlang.
"Wo kommst du eigentlich genau her?", unterbrach Octavia die Stille, während sie seinen Arm mit ihrem Zeigefinger entlang strich. "Ich weiß so wenig über dich, aber du so viel über mich!".
"Ach, das ist alles ganz unspektakulär…", versuchte er sie nur abzuwimmeln. "Und außerdem weiß ich ja nicht so viel von dir…".
"Du weißt wo ich herkomme, wer meine Mutter und mein Vater waren, du kennst meinen Halbbruder Kael, meine Halbschwester Kiana…", entgegnete Octavia ziemlich schnell.
"Nun gut..", sagte Loki seufzend und stützte seinen Kopf auf seinen Arm. "Ich weiß nicht, wo ich genau herkomme… Ich weiß noch nicht einmal wer meine Mutter, geschweige denn mein Vater war… Ich kenne nicht mal ihre Namen!".
Octavia machte es sich auf dem Bett bequemer, blieb aber auf der Seite liegen und hörte Loki weiter zu.
"Immer wenn ich mich versuche daran zu erinnern, habe ich nur so eine Dunkelheit im Kopf, die es mir nicht möglich macht. Irgendetwas sagt mir, dass es da etwas böses gibt. Vielleicht ist es auch besser so, das nicht zu wissen…", erzählte er. "...Irgendwann bin ich also aus meiner Heimat, an die ich mich nicht erinnere, in Umbar gelandet. Da war ich noch ein Kind. Ziemlich jung also. Dort habe ich auf der Straße gelebt und mit anderen Straßenkindern die Reisenden und Händler beklaut. Da habe ich auch meine erste Morderfahrung gemacht… Der erste war ein Junge. Kaum älter als ich...".
Die junge Maia horchte auf. Dass er schon als Kind jemanden töten musste empfand sie als tragisch. Sie tötete zwar auch schon den ersten Menschen mit vierzehn, aber ihr gegenüber war wenigstens kein Kind mehr. Auch wenn die ganze Geschichte eher düster und bedrückend war, weckte sie Octavias Neugier. Er erzählte weiter: "Dann irgendwann landete ich bei der dunklen -oder auch schwarzen- Garde. Das sind die Kämpfer der Priester von Melkor, die seine Rückkehr erwarten und sich ihm anschließen wollen im letzten Krieg. Soweit kam es dann nie für mich, weil ich dann ja auf Kiana traf und sie später Melkor besiegte.".
Octavia dachte etwas über seine Worte nach. Auch Kiana, Indro und Thirak sprachen immer davon, dass Melkor besiegt wurde. Warum aber erschien er ihr immer in ihren Träumen, die dann noch so echt wirkten? Und warum hörte auch Kiana noch diese Stimme, wenn Melkor doch besiegt wurde? Viele Gedanken konnte sie sich nicht dazu machen. Sie widmete sich wieder Lonis Geschichte. Die junge Frau ging immer davon aus, dass er sich schon länger an Kianas Seite befand und vielleicht sogar eher ein Adeliger war. So wie er sich manchmal verhielt.
"Ich hab dich immer für einen eitlen Adeligen gehalten…", entgegnete Octavia mit hochgezogenen Augenbrauen. Loki lachte auf: "Ich bin ein Krieger, durch und durch! Was denkst du denn, warum ich so gut kämpfen kann?".
"Ich hab dich doch besiegt!", entgegnete sie nur. "Und das nicht nur einmal!"
Damit spielte sie natürlich auf das was vorher passiert war an und ärgerte ihn damit. Loki erhob sich daraufhin und beugte sie über Octavia, um sie zu kitzeln.
"Du hast mich nur besiegt…", fing er an, "...Weil du mir den Kopf verdehst!".
Die junge Maia versuchte sich verzweifelt gegen das Kitzeln zu wehren, doch sie bekam ihn einfach nicht runter. Dann aber gelang es ihr ihn irgendwie auf die Seite zu bekommen. Sein Lachen verwandelte sich aber ganz schnell in einen Aufschrei, als hätte er Schmerzen. Sofort ließ Octavia erschrocken von ihm ab und betrachtete Loki argwöhnisch. Der Mann aus Umbar Griff sich hinter den Rücken und holte eine Tasche hervor.
"Da lag wohl noch etwas im Bett! Was ist denn da drin?", sagte er während er die Tasche aufmachte.
"Nein, nicht anfassen!", rief sie noch panisch, doch bevor sie nach der Tasche greifen konnte, fiel die schwarze Krone heraus und landete zwischen ihnen im Bett.
"Oh…", machte er nur und bewegte sich kein Stück. "Was macht die Krone denn hier bei dir?".
"Weil sie bei mir ist, seitdem Thirak und Kael sie aus Gondor nach Arnor gebracht haben…", antwortete sie nur und stopfte die Krone wieder in die Tasche.
"Warum hast du sie dann noch, wenn Kiana die Königin sein soll?", fragte er verwundert nach.
"Kiana darf sie nicht bekommen… Du darfst ihr nichts davon erzählen, in Ordnung?", entgegnete Octavia direkt und ernst.
"Mir ist es egal! Also in Ordnung!", stimmte er ihr zu.
"Du musst es mir versprechen!", forderte sie ihn auf und nahm seine Hände in ihre. "Bitte!".
"Hiermit schwöre ich feierlich dass ich ,Loki von Umbar, Octavia Sagittas Geheimnis auf ewig behüten werde!", entgegnete er nur lächelnd. Sie empfand daran überhaupt nichts witzig, da es für sie bitterer Ernst war. Ein lauter Seufzer drang aus ihr heraus. Auch wenn ihr bewusst war, dass das nicht der einzige Grund war, nannte sie nur diesen: "Und außerdem… Ist sie meine Absicherung die anderen wiederzusehen…".
Loki seufzte daraufhin ebenfalls und sah sie mit einem schiefen Lächeln liebevoll an. Er machte eine Geste sie in den Armen nehmen zu wollen und sie willigte ein, in dem sie sich in seine Arme legte.

Sie verbrachten noch eine Zeitlang miteinander, bis Octavia sich dazu entschloss ihr Zimmer zu verlassen. Zügig zog sie sich wieder ihre Kleidung an, band ihr braunes Haar zu einem hohen Zopf zusammen und verstaute noch die Tasche, welche die Krone beinhaltete in einem Schrank unter diversen anderen Kleidungsstücken. Diesmal wollte die junge Frau sichergehen, dass nicht wieder jemand die Krone durch Zufall fand. Loki lag noch in ihrem Bett und wollte schon gar nicht mehr aufstehen. Sie duldete ihn dort und bot ihm an, dass er ruhig da bleiben konnte, auch wenn sie ging. Ohne auch nur eine wirkliche Antwort abzuwarten verließ sie das Zimmer. 

Octavia betrat den Thronsaal der, abgesehen von vier Ostlingwachen, leer zu sein schien. Zwei von ihnen standen direkt an der Tür und die anderen beiden in der  Nähe des Throns. Jeder von ihnen salutierte sofort, als Octavia den Saal betrat, was die junge Maia fast schon erschrecken ließ. Für sie war all das noch neu. Bei den Rebellen hatte sich nie jemand für Gepflogenheiten der Soldaten interessiert. Den Ostlingen schien dies umso wichtiger zu sein.
Inzwischen regnete es nicht mehr und das grelle Mondlicht erhellte den dunklen Thronsaal, der sonst nur durch schwaches Fackellicht beleuchtet war, durch die Öffnungen weiter oben im Mauerwerk. Die junge Maia betrachtete noch einmal den Thron, der in den Felsen geschlagen war.  Ob sie sich wirklich dazu entscheiden würde für immer an einem Ort zu verharren, um über ein Volk zu regieren? Octavia war sich mehr als unsicher bei dieser Frage. Immerhin ging dies das letzte mal alles andere als gut aus. Sie war schon als Kind gezwungen eingesperrt zu sein und auch in den Minen war sie gezwungen dort zu bleiben. Als Königin über ein ganzes Reich zu herrschen bedeutete ebenfalls immer präsent für das Volk zu sein und auf dem Thron zu sitzen. Das war für sie das gleiche. Aber wer sollte es sonst machen? Auf andere vertraute sie keines Falls. Und außerdem, wenn alles wirklich gut ging und Kiana darauf bestand als Königin über das Land zu regieren, dann konnte Octavia ja wohl hin und wieder Unternehmungen woanders hin machen. Sie ließ von dem Thron ab und lief weiter  in den Planungsraum, der sich direkt nebenan befand.

Der Raum mit dem großen Tisch, der die Form von Mittelerde besaß, hatte am anderen Ende eine große Öffnung mit einer Art Balkon. An dieser Öffnung, ganz am Rand, stand Kiana und lehnte am Rahmen. Ihr silbernes Haar leuchtete durch den weißen Mondschein, wodurch so noch hübscher wirkte, als sie ohnehin schon war. Das war wohl was die beiden Halbschwestern teilten. Beide waren sehr schön anzusehen. Kiana schien Octavia gar nicht zu bemerken, denn sie sah weiter in die Ferne.
Mit langsamen Schritten ging Octavia auf Kiana zu, bis sie fast hinter ihr stand. Auch dann rührte sie sich nicht. Für einen Moment überlegte Octavia ob sie etwas sagen sollte. Vielleicht etwas aufmunterndes, weil sie das Gefühl nicht los wurde, dass ihre Halbschwester bedrückt war.
"Was machst du denn hier? Solltestdu nicht schon schlafen?", fragte Kiana schließlich ruhig. Aus ihrer Stimme konnte sie deutlich heraushören, dass sie innerlich mit etwas beschäftigt war.
"Ich konnte nicht schlafen und brauchte etwas Bewegung…", antwortete Octavia und trat direkt neben die Maia mit dem Silberhaar. Von dort aus sah sie direkt den großen Vollmond, der über der Festung am Himmel hing.
"Ach , das geht mir ähnlich…", sagte Kiana betrübt. Octavia war sich nicht sicher, ob sie weite nachhaken sollte,oder nicht. Kiana wirkte traurig. Am liebsten wäre Octavia einfach wieder gegangen. Vor allem weil sie alles andere als gut im aufmuntern war. Sie hasste es, wenn andere Leute um sie herum traurig waren. Das gab ihr ein Gefühl von Beklemmung, denn sie war dann selbst damit überfordert und wusste nicht wie sie darauf reagieren sollte.
"Warum… Denn?", fragte sie schließlich  zögerlich nach. Eigentlich war es für die junge Maia klar, dass Kiana nicht schlafen konnte, wenn sie schon so viele Leben auf dem gewissen hatte.
"Ich musste nur daran denken, dass ich niemanden habe der mich liebt. Alle sind von mir gegangen… Es gibt keine Liebe hier für mich...", erwiderte Kiana und sah dabei weiter auf das Meer. Das war eine Sache, mit der Octavia nicht rechnete. Sie konnte sich eher vorstellen, dass Kiana ihren Thron und ihre Herrschaft vermisste. Dass sie ausgerechnet über liebe nachdachte. Gleichzeitig machte sie Kianas letzter Satz stutzig. Diese Worte hörte sie bereits in ihrem Traum. Es waren die Worte, die er schwarze Schatten  -Melkor- ihr sagte.
"Nun ja, Grauer Staub… Also Mhargóz ist doch hier… So wie es mir scheint liebt er dich über alles!", fasste sich Octavia an ihr Herz und versuchte ihre Halbschwester nun doch aufzumuntern.
"Das ist eine andere Liebe!", entgegnete Kiana sofort. "Er ist mir treu, weil ich ihn und seine Brüder vor den Tyrannen gerettet habe… Und sonst gibt es keinen in der Welt da draußen… Nicht einmal meine eigene Familie… Da hast du etwas mehr Glück!".
Octavia horchte auf, nachdem Kiana das sagte. Ihr ging es nicht viel besser. Immerhin wurde sie von vielen Freunden nun gehasst und verachtet. Selbst ihr Bruder Kael und Phelan Belatan, der die Sagitta Geschwister wie seine Kinder behandelte, sahen in ihr nur noch ein Monster. Sie schwieg aber noch.
"Du hast deinen Bruder, viele Menschen im Norden die dich lieben, du hast Thirak… Selbst Loki liebt dich…", sagte Kiana weiter.
"Hör auf zu phantasieren!", platzte es direkt aus Octavia heraus."Loki liebt mich nicht! Dafür ist er gar nicht der Typ!".
"Und ob…", sagte Kiana lachend, klang trotzdem verzweifelt. "Jeder Blinde sieht doch wie er dir verfallen ist! Du hättest Die Zeit in Minas-Tirith sehen sollen… Er hat ständig von dir geredet und versucht dich zu beschützen!".
Octavia sah für einen Moment von Kiana weg und beobachtete den Mond. Das war etwas wovor sie sich die ganze Zeit fürchtete. Wenn sich jemand in sie verliebte, war sie sowieso dazu verdammt diese Person zu verletzen. Selbst damals bei Robben versuchte sie alles seine  und auch ihre eigenen Gefühle zu unterdrücken. Die junge Maia legte ihren braunen langen Zopf über die Schulter und seufzte.
"Du hast wohl vergessen was ich dir gesagt habe: Bei mir sieht es nicht besser aus…", fing sie an. "Mein Bruder hasst mich. Der Mann der uns unser ganzen Leben begleitete, Phelan, hasst mich. Für ihn bin ich nur noch ein Monster, dass genauso wie unser Vater Thurion und du Verderben in das Land bringt! Und der Mann, der mir das Kämpfen beibrachte, mich aufnahm, obwohl alle anderen mich verstoßen haben, hat sich von mir abgekehrt…".
Sie wusste gar nicht warum sie sich plötzlich so öffnete. Vielleicht war es doch Mitleid mit Kiana, oder weil sie in gewisser Weise so ehrlich war.
"Von vielen anderen wie Robben Rogwyne wurde ich nur benutzt, weil ich für deren Krieg hilfreich zu sein schien...Selbst bei Thirak, der noch am Tag meiner Abreise so gütig zu mir war, erkannte ich eine gewisse Abneigung…", sagte Octavia weiter. "Der einzige Mann der mich wirklich geliebt hat und den ich liebte, ist tot… Er ist nicht im Krieg gegen deine Armeen gefallen… Er ist durch die, die dich mit uns bekämpften, hingerichtet worden!".
Sie spürte wieder diese gewisse Wut und Traurigkeit in sich. Der Tag des Todes von Deleoth war für sie das schlimmste was je passierte. Selbst der Angriff Kianas auf Minas-Tirith wirkte für sie dagegen winzig. Octavia ging einige Schritte zurück und lehnte sich rückwärts an den Tisch. Sie bemerkte nur, wie Kiana auf sie zu ging.
"Jedesmal, wenn ich das Verlangen nach Liebe und Zuneigung eines anderen Mannes bekomme -besonders wenn ich mich dann noch darauf einlasse- habe ich das Gefühl ich mache etwas falsch… Dass ich Deloth hintergehen würde… Er hat es einfach nicht verdient vergessen zu werden!", sagte sie traurig und versuchte gegen die Tränen anzukämpfen, die sich in ihren Augen sammelten. Als sie hoch in Kianas Gesicht sah, fielen ihr sofort die Tränen auf, die ihrer Halbschwester bereits aus den violetten Augen über die Wangen kullerten. Octavia war etwas verwirrt. Immerhin hatte Kiana nichts mit Deloth zu tun.
"Ich habe auch eine Person, die ich noch vor kurzem liebte…", fing Kiana plötzlich an. "... Ich weiß noch nicht einmal, ob sie jetzt überhaupt noch lebt oder ob sie irgendwo dort draußen herum irrt…".
Noch immer war Octavia überrascht und inzwischen überschwemmten auch schon ihre Tränen ihre grünen Augen und liefen über ihre Wangen. Kiana nahm sie dann nur an die Hand und führte sie wieder auf den Balkon. Sie zeigte auf eine Stelle. Neben dem Mond funkelten die hellen Sterne am Nachthimmel und an der Stelle, auf die Kiana zeigte, leuchtete ein roter Stern. Klar und deutlich. Noch nie zuvor hatte Octavia so etwas  gesehen oder zumindest darauf geachtet.
"Kurz nachdem der Mann, der mich von ganzem Herzen liebte und auch meine Liebe verdient hätte, gestorben war, tauchte plötzlich dieser rote Stern am Himmel auf, als der Schatten über Carn-dûm verschwand", erzählte Kiana irgendwie traurig und gleichzeitig stolz. "Immer wenn ich mich einsam fühle, setze ich mich an einem klaren Sternenhimmel nach draußen, oder an ein Fenster, und beobachte diesen Stern… Dabei stelle ich mir einfach vor, dass Faramir noch bei mir ist…".
Octavia sah noch eine Weile in den faszinierenden Sternenhimmel. Als Deloth starb hatte sie tausend Gedanken. Keiner aber galt den Sternen. Dabei war es ein anmutiger Anblick und eine schöne Vorstellung Kianas. Auch wenn es für sie eher kitschig und absurd klang sich Deloth dort vorzustellen, war es ein erleichternder Gedanke. Als Octavia zu ihrer Halbschwester blickte, kreuzten sich ihre Blicke im gleichen Moment.
"Ich werde jetzt versuchen zu schlafen…", sagte Kiana liebevoll. "...Das solltest du jetzt lieber auch tun. Schlaf gut, kleine Octavia!".
Dabei streichelte Kiana ihr über die Wand und dann den Arm. Dann verschwand sie aus dem Raum. Octavia seufzte. Die junge Maia sah noch einmal in den Himmel und beobachtete den roten Stern. Es war alles einfacher, als sie Kiana noch hasste. Da hatte sie definitiv kein Mitleid mit ihr. Und jetzt tat sie ihr Leid. Octavia fragte sie nur, wen sie liebte. Wahrscheinlich würde sie das niemals erfahren. Ein lautes Gähnen, was sie nicht mehr zurückhalten konnte, stieß ihr hervor. Es war inzwischen schon spät und der Tag lang.
Schließlich entschied sie sich auch dazu, zurück in ihr Zimmer zu gehen, um zu schlafen.

Octavia mit Kiana in Minas-Alagos auf Tolfalas…