Für einen Moment brach sie aus ihrer ruhigen Starre, die Ostlinge bei einem solch niederträchtigen Werk zu beobachten machte sie einfach nur zornig! Instinktiv sprang sie innerlich mehrere Jahre zurück, zu einer Zeit wo sie von Thal nur äußerste Vorstellungen hatte und friedlich auf dem Land lebte, zu einer Zeit wo sie sich ein Verhalten nicht vorstellen konnte - bis sie mit eigenen Augen mit ansehen musste, wie die Ostlinge nicht nur bewaffnete Feinde hinterhältig angriffen, sondern auch Unbewaffnete freudig hinrichteten.
Mit einem wütenden Knurren zog sie ihr Schwert und ging den anlaufenden Feinden ein paar Schritte entgegen.. Kein gefährliches Lächeln war in Salias Gesicht geschrieben, keine Kampfesfreude regte sich in ihr und sie hatte diesmal absolut keinen Bedarf an taktischen Spielchen oder ähnlichem, diesmal war es ihr vollkommen ernst! Sie wollte ihre Gegner nur noch tot sehen! Noch bevor ihre Gegner wieder zum Stillstand gekommen waren hieb sie ihr Schwert über den Kopf des Ersten. Er riss seine Waffe in die Luft und parierte den Schlag ohne große Probleme, doch noch während das Geräusch kreuzenden Stahles zu hören war trat sie ihrem Gegner erst gegen sein Knie und riss dann ihre Waffe kräftig zur Seite. Der Ostling strauchelte und fiel fluchend zu Boden, doch sie achtete nicht weiter auf ihn und rannte direkt auf einen seiner Kameraden zu, der noch immer ein paar Schritte hinter ihm stand.
Wild und rücksichtslos ließ sie ihr Schwert durch die Lüfte auf den Feind niederschlagen, den sie immer weiter nach hinten drängte, doch dieser parierte Schlag für Schlag ohne ausschweifende Bewegungen, sondern lediglich mit kurzen, fließenden Richtungsänderungen der Klinge. Nach ein paar Metern stampfte er kräftig auf und parierte die Schläge im Stand! Schlag für Schlag wurde Salia wütender und verstärkte die Schlagfolge - Von der Stärke und der Geschwindigkeit, doch den Ostling schien es nicht zu kümmern, im Gegenteil: Mit einem kurzen, lauten Ausruf schlug er ihr Schwert zur Seite und setzte zum Gegenangriff über, sein erster Schlag kam hoch und langsam und Salia hatte keine Schwierigkeiten ihr Schwert zur Parade heben zu können, doch als sich die Schwerter berührten und der Gegner gleich zu einem weiteren Angriff ansetzte spürte sie ihren Schwertarm zittern und schmerzhaft aufpochen, doch bevor sie darauf reagieren konnte musste sie erneut harte Schläge abwehren. Mit jedem Schlag fiel es ihr schwerer den Schmerzen nicht nachzugeben oder überhaupt ihren Arm an die richtige Stelle zu bekommen und der Gegner griff immer weiter und immer schneller an.
Gerade als sie sich sicher war bald die Kraft zu verlieren zischte der Ostling in seiner Heimatsprache: "Langweilig!"
Er lachte laut aus und ließ seine Muskeln spielen. "Das war ja einfacher als diesen kleinen Jungen auszuweiden...er hatte immerhin gezappelt und geweint...Ihr dagegen werd..." Der Ostling beendete diesen Satz nicht mehr. Er hatte seine Augen weit aufgerissen und entsetzt den Mund geöffnet, doch nur ein leeres Röcheln entwich ihm. Salias Schwert steckte tief in seinem Bauch und hatte ihn beidseitig durchbohrt. Sie drückte es bis zum Griff in den Ostling und schubste ihn anschließend von sich weg. Es war ein seltsames Gefühl, doch für einen kurzen Augenblick erfreute sie sich an dem Leid ihres Feindes, sie liebte es ihn zuckend und blutspuckend zu Boden fallen zu sehen und die blutige Spitze ihres Schwertes aus seinem Rücken treten zu sehen.
Schon kurz darauf war dieses Gefühl abgeklungen und sie fühlte sich schmutzig, doch ein zorniger Aufschrei brachte sie wieder zur Besinnung: "Elendes Miststück, das wirst du mir büßen!" Der Ostling, den sie zu Boden geworfen hatte stand mit gezogener Waffe hinter ihr, allen Anschein nach hatte er bis vor kurzem den Auftritt seines Kameraden genossen und war nur bereit sich zu rächen - für seine "Niederlage" und seinen Kameraden.
Salias Zorn war mittlerweile auf ein Mindestmaß herabgesunken, der kurze Moment der Genugtuung und Rache hatte sie wieder beruhigt und das (Wieder-)Auftreten ihres Feindes ließ sie auch wieder ihre Schmerzen vergessen und ihre Kräfte mobilisieren.
"Kommt doch her, wenn ihr eich traut", sagte sie audruckslos und hob ihre Hände. Jetzt im Nachhinein kam es ihr verrückt vor, wahrscheinlich war es es sogar, unbewaffnet einen wütenden und schwerst ausgerüsteten Todfeind so herauszufordern, doch ihr blieb kaum eine andere Möglichkeit: Ihre Waffe steckte tief in ihrem letzten Gegner und schmerzhaft musste sie sich auch eingestehen dass sie in einem Kampf mit Waffen nicht mehr lange aushalten würde, zu lange hatte sie sie verschmäht und ignoriert, zu lange hatte sie nur ihren Fäusten vertraut und zu groß waren die körperlichen Unterschiede zwischen den beiden Kämpfern. So konnte sie nur den Weg nach vorne wagen und der Dummheit der Feinde vertrauen: Wenn sie nur wütend genug wären würden sie sicher Fehler machen, Fehler, die sie für sich nutzen kann.
Ihre Taktik schien erstaunlich schnell zu wirken, der Ostling rannte mit hoch erhobenem Schwert auf sie zu...zu hoch erhobenem: Bevor er einen Schlag ansetzen konnte war sie unter Arm und Schwert hindurch gelaufen und hatte ihren Feind im Sprung an den Helm gegriffen. Beide stürzten angesichts dieser Attacke zu Boden und das Schwert ihres Gegners fiel klirrend ungefähr einen halben Meter neben sie. Sie versuchte sich zu der Waffe zu robben, doch der Ostling zog sie an den Beinen zurück. Sie trat wild um sich und schaffte es genug Raum zu gewinnen um die Waffe ergreifen zu können. Sie drehte sich auf den Rücken, während der Gegner sie noch immer mit einer Hand fest im Griff hatte. Er sah seine Chance gekommen und stürzte sich mit ausgestreckten Armen auf sie. Ein böses Lächeln kehrte in ihr Gesichts zurück, diesmal war es für sie schon fast zu einfach. "Ich hab dich gewarnt", sagte sie noch, bevor sie ihm die Waffe mehrmals in den Oberkörper rammte.
Sie richtete sich wieder auf und sah sich um: Agarwaen hatte ihren letzten Gegner gerade enthauptet und stand schwer atmend an einer Mauer gelehnt und Rohnon hatte seinen seinen Gegner niedergeschlagen und erstochen und hielt nach weiteren Ostlingen ausschau.
Ohne Gegner in der Nähe erlosch auch ihre Wut vollends und sie war nun weitesgehend wieder in ihrer ruhigen, konzentrierten Starre, auch wenn sie nun von der eigenartigen Mischung zwischen der wiedergewonnenen gewohnten Arroganz und den Zweifeln an ihrer Waffenfertigkeit gekreuzt wurde. Ihr Arm pochte zwar noch immer auf, doch sie wusste dass es bis zum Erebor nicht mehr weit war und sie nur noch ein paar Minuten aushalten müsste, bis sie ihn entspannen könnte. Langsam trabte sie zu ihrem ersten Opfer, zog ihr Schwert heraus und säuberte es an der Rüstung des Feindes. Es war schwierig, da auch sie fast durchgängig durchtränkt war und Salia schaffte es kaum erkennenswerte Fortschritte zu erzielen, doch stattdessen fand sie neben der Leiche einen aufgeweichten Zettel, der in den Runen und Schriften des Ostens beschrieben war.
An ausgewählte Regimente unseres stolzen Heeres,
Sobald die Stadt genommen ist haben die Soldaten der Untergruppen 34 bis 41 augenblicklich die nordwestliche Mauer der Stadt zu bewachen, der Hauptpukt dabei liegt an dem Seitentor 5 Minuten Laufweg westlich der Toranlage.
Darunter konnte man noch schwach die Liste mit Wachwechseln, Zuständigkeiten und Oberbefehlshabern erkennen, doch dies war irrelevant. Salia musste sich ein Auflachen verkneifen, sie hatte schonmal einen solchen Brief gefunden, der alle ihre Fragen auflöste und nun wieder...warum die Ostlinge sich nur keine einfachen Befehle merken konnten?
Sie ballte das Papier in ihrer Faust zu einer Kugel und ließ es zu Boden fallen. Sie hatte schon öfter von Thals Seitentoren gehört, doch für sie waren sie bisher wie die Seitentore im Erebor: Versteckt und getarnt. Sie überlegte kurz wo das Tor der Beschreibung nach sein müsste und wie sie da hinkommen könnte. Nachdem sie eine Route gefunden hatte sagte sie: "Eine gute Neuigkeit, nun sind es nur noch drei Ostlinge bis zum Berg! Kommt mit, noch können wir es gut schaffen!"
Rohnon hatte sein Waffe schon weggesteckt und war ein paar Schritte zu ihr hingegangen, aber Agarwaen stand noch immer an der Wand gelehnt.
"Agarwaen?"