Die Dämmerung hatte eingesetzt, als Eddy endlich aus seinem Dienst für diesen Tag entlassen wurde. Noch lange nach der Schlacht hatte er die Belagerungsmaschinen den Hügel hinauf in den Innenhof Dol Guldurs ziehen müssen. Erschöpft und völlig geschockt der Schreckensbilder, die er den Tag auf dem Schlachtfeld gesehen hatte, machte sich Eddy auf den Weg zu seinem Schlafplatz. Stundenlang lag Eddy wach unter freiem Himmel, beobachtete die Sterne und drehte sich von einer Seite auf die Andere. Immer wieder sah er vor seinem inneren Auge seinen Kameraden in seinen Armen sterben oder spürte erneut wie er sein Schwert in den Rücken des Ostlings stach. Nie wieder würden sie erwachen. Kurz vor Mitternacht erst fielen seine Augen endlich zu, doch nur kurz darauf wurde Ed wieder wachgerüttelt.
Fred, der die letzten Tage in einer anderen Katapultstellung stationiert gewesen war, kniete neben ihm. Das Bein des ehemaligen Kellners eines inzwischen geschlossenen Gasthauses in Bree blutete stark. Eddy war sofort wieder hellwach und kam seinem Freund zur Hilfe. Ed stützte ihn beim Auftreten, wobei er versuchte Freds seit Tharbad verletzte Schulter nicht zu berühren.
Sarumans Orks lachten, als Eddy und Fred im Lager ankamen und nach einem heilkundigen Dúnadan des Nordens fragten. „Es ist keiner da. Sie entzünden ein Feuer des Sieges in der Festung“, grölten die Orks gut gelaunt ihres Sieges in Dol Guldur wegen, „aber nehmt dies und trinkt es aus, dann wird es euch besser gehen.“
„Trink das nicht Fred“, schlug Eddy das Angebot aus, „das ist schwarze Medizin.“
Verzweifelt, wohin Eddy mit seinem verletzten Kameraden gehen sollte, wendeten sich die beiden Breeländer wieder ab und mühten sich im Licht des Mondes in Richtung des Heerlagers der Freien Völker. Auf halben Weg erschreckten sie beide plötzlich. Es knallte mehrfach am Himmel über Dol Guldur. Rot und in anderen Farben entbrannte der Himmel über der Festung unter ohrenbetäubenden Lärm. „Die Rache Mordors“, stotterte Fred und wollte sich zu Boden werfen. Eddy hielt ihn davon ab. „Bleibe stehen und sieh es dir an“, riet er, „es ist ein Feuerwerk und ich glaube nicht von Sauron, sondern von Saruman. Siehe da!.“ Ed zeigte über die Turmspitze Dol Guldurs, wo jetzt mehrere weiße Raketen aufstiegen und eine große weiße Hand am Himmel formten. Weitere Feuerwerkskörper wurden abgeschossen und bestrahlten die ganze Lichtung um die Festung. Im Hintergrund konnte Ed die Orks und Uruks johlen hören. Sie feierten ihren Sieg.
Die Elben und Menschen hatten ein großes Krankenlager, das in der Nacht von einigen elbischen Laternen beleuchtet wurde. Viele Verletzte lagen hier unter freiem Himmel oder den großen Zelten. Viele schliefen, einige keuchten allerdings auch oder husteten dauerhaft, aufgeweckt durch das Feuerwerk. Langsam gingen sie durch die Reihen der Verwundeten. Eddy sah im leichten Schein so manche üble Kopfverletzung oder offene Wunde an allen möglichen Körperstellen. Kurz hatte er seinen Blick auf einen Krieger Rohans fallen lassen, der seinen Arm verloren hatte. Schnell schaute Ed wieder weg. Er konnte sich diesen Mann nicht ansehen. Sein eigener Arm füllte sich mit einmal komisch taub an und seine Finger nahmen keine Berührung mehr wahr. Was würde ich tun, hätte ich im Kampf einen Arm oder nur eine Hand verloren?, überlegte Ed, vorausgesetzt ich würde überleben. Nie wieder kann dieser Rohirrim ein normales Leben führen. Zu viel geopfert hatte er für diesen Krieg Sarumans gegen Sauron.
Eddy fiel ein junges Mädchen auf, das im Lager nach irgendwas zu suchen schien. Ein paar Jahre jünger als Ed musste sie sein, aber dennoch wirkte sie nicht fehl an diesem Platz der Heilkundigen. Ed und Fred humpelten zu ihr und baten um Hilfe. Das Mädchen schickte sie in ein Zelt und kam kurz danach mit neuem Verbandszeug wieder. „Ich bin Irwyne und das ist König Bard II. von Thal“, flüsterte sie schnell und zeigte dabei erst auf sich und danach auf einen kränklichen Mann im Bett, „ich verbinde noch schnell seine Wunde neu, dann komme ich zu euch.“
Ed ließ Fred auf einem Stuhl nieder und betrachtete das verletzte Bein seines Kameraden.
Eine tiefe Wunde hatten Freds Feinde hinterlassen. „Du kannst einiges einstecken“, versuchte Eddy erfolglos seinen Freund aufzumuntern. „Flüstert bitte“, ermahnte das junge Mädchen sofort und erstaunte Eddy dadurch abermals mit ihrem erwachsenen Auftreten.
Sie reinigte Freds Wunde und legte auch ihm einen Verband an. „Ihr könnt die Nacht hierbleiben“, bot Irwyne ihnen an, „aber habt bitte ein Auge auf Bard. Ich bin so müde, ich gehe jetzt schlafen.“ Damit verabschiedete sie sich und ließ die beiden Breeländer mit dem König aus dem fernen Norden alleine.
Nur kurz darauf vernahmen sie Worte von Bard, die er im Schlaf vor sich her murmelte: „Du bist Saruman. Ich schulde dir mein Leben. Aus der Gefangenschaft Mordors hast du mich befreit und ich werde mich vollständig erholen.“
„Bard von Thal“, sagte Eddy gedankenversunken, „ich habe schon einmal von Feuerwerkskrachern aus Thal gehört, die im Breeland hoch gehandelt wurden. Ob das Feuerwerk mit Thal und ihrem König zu tun hatte?“
In einer Ecke des Zeltes nahmen die beiden Breeländer mit einmal eine Bewegung war. Ein Elb mit braunen Haaren saß dort im Schatten auf dem Boden, die Beine vor seinem Körper gekreuzt. Er blickte sie nicht an, sondern schaute verträumt auf eine weiße Schwanenfeder, die er langsam in der Hand drehte. Dennoch hatte er sich bewusst bewegt um die Aufmerksamkeit zu erlangen und sprach nun verträumte Worte:
„Raketen sah man hell verglühn
In tausend Sternen blau und grün
Und gingen unter Donnerschlägen
Hernieder wie ein Blumenregen.“
Der Elb machte eine Pause und erklärte daraufhin: „Mit Thal und ihrem König hatte das Feuerwerk nichts zu tun. Es kam komplett von Saruman, der wieder einmal zeigte, dass er Mithrandir sichtlich versucht nachzueifern.“
Ed und Fred verstanden wenig und wussten nicht, was sie von dem geheimnisvollen Elben halten sollten. Sie gingen nicht weiter darauf ein und suchten sich im Zelt ein Platz zum Schlafen. „Gute Nacht“, wünschte Fred und Eddy antwortete: „Schlafe schön Fred und auch Ihr, Herr Elb.“ „Ich schlafe nicht, ich ruhe nur“, erklärte er Elb und die Breeländer sahen sich verunsichert an.
„Ich bin so froh, dass ich dich vorhin gefunden habe“, flüsterte Fred als sie nebeneinander lagen, „ich hatte nach der Schlacht die Orientierung verloren und wusste überhaupt nicht mehr wohin ich gehen sollte. Dann traf ich auf eine Horde Orks, die mich für einen Späher der Feinde hielten und ich musste fliehen. Die halbe Nacht bin ich umhergeirrt, bis ich unser Lager wieder fand.“ Ob Fred noch weiter erzählte, konnte Eddy nicht sagen, denn ihn überkam rasch die Müdigkeit und er schlief ein.