Sie folgten Mablung durch die Straßen Fornosts. Die Häuser und Gebäude türmten sich zu beiden Seiten immer höher hinauf.
"Wir kommen ins alte Adelsviertel," sagte Rilmir andächtig. "Hier lebten die Edlen und Mächtigen Arnors. Ah, der vergangene Glanz des Nördlichen Königreiches!"
Er blieb stehen und schloss für einen Moment die Augen.
"Königsland, im grünen Norden
Gold'ne Schätze tief verborgen
Sahst du lange Jahre Frieden
Wurdest doch geteilt von Kriegen.
Tapf're Streiter dienten dir
Hohe Herren wohnten hier
Edle Damen, starke Wälle
Das Licht des Westens strahlte helle
Der Winter ist zu dir gekommen
Deinen Glanz hat er genommen
Kämpftest mutig bis zum End'
Um Fornost, wo jetzt Schatten sind.
Tief ist der Fall Arnors!"
Der Dúnadan senkte den Kopf und ging langsam weiter. Auch die übrigen Mitglieder des Sternenbundes setzten sich wieder in Bewegung. Mablung, der weiter vorausgegangen war, winkte ihnen zu und bedeutete ihnen, sich zu beeilen.
"Der Schmerz über den Untergang des nördlichen Königreiches ist auch nach all den Jahren bei den Erben dieses Landes noch immer nicht geschwunden," sagte Gandalf leise. "Ich verstehe nun besser, wie Saruman sie ködern konnte. Der Aussicht, den alten Glanz Arnors wiederherzustellen muss äußerst schwer zu widerstehen gewesen sein. Es war zu viel für den jungen Helluin."
"Es ist doch schon so lange her," wunderte sich Kerry, die Rilmirs Gesang sonderbar berührt hatte. Dennoch konnte sie nicht verstehen, wieso die Dúnedain einem Verräter folgen würden.
"Die Erben Númenors sind langlebig, Kerry," erklärte der Zauberer. "Und ihr Gedächtnis reicht über Generationen zurück. Die Dúnedain haben schon immer oft zurückgeblickt auf das, was vergangen ist. Selbst als Arnor noch Bestand hatte, trauerten sie dem Untergang von Westernis, der Insel von der sie einst kamen nach. So sind sie nun einmal."
"Wir können viel von unserer Vergangenheit lernen, Mithrandir," äußerte sich Belen, der vom Ende der Gruppe aufgeschlossen hatte. "Wir machen die meisten Fehler nur einmal."
"Das ist auch gut so, mein lieber Belen," antwortete Gandalf.
"Ihr solltet euch angewöhnen, mich als Aravorn II. anzusprechen," stellte Belen richtig. "Ich bin der Träger des Elendilmirs des Nordens und der rechtmäßige Erbe Isildurs." Er zeigte auf den Stern, den er auf der Stirn trug.
"Überhöhe dich in deinem Stolz nicht," sagte Gandalf scharf. "Du bist der bessere Anführer, doch dein Anspruch wiegt nicht stärker als der Helluins. Und der Junge ist gewiß nicht jenseits aller Rettung. Noch besteht Hoffnung, dass er seine Fehler erkennt."
"Das bezweifle ich," erwiderte Belen.
"Wir werden sehen," meinte der Zauberer. "Und auch über den Verbleib Aragorns ist uns nichts bekannt. Vielleicht kehrt er eines Tages zu uns zurück."
"Ich war dort, Mithrandir," sagte Belen mit fester Stimme. "Ich war dort, als die Heere des Westens von Saurons stählerner Faust zermalmt wurden. Ich war dort, als Aragorn uns ins Verderben führte. Nur wenige sind entkommen. Aragorn war nicht darunter. Er ist gefallen oder geriet in Gefangenschaft."
Der Waldläufer warf ihnen einen letzten düsteren Blick zu, dann setzte er sich zu Mablung an die Spitze der Gruppe.
Sie durchquerten noch immer das alte Adelsviertel Fornosts. Die großen Häuser und Anwesen standen weitestgehend leer, denn sie waren zu groß und zu zerstört, um sie gegen die Kälte der Nächte ausreichend zu beheizen. Die Menschen, die nach Fornost gekommen waren hatten sich vor allem in den kleineren Häusern in der Nähe des Großen Tores einquartiert.
"Wer ist dieser... Aragorn, von dem ihr gesprochen habt?" wollte Kerry wissen.
Gandalf sah sie einen Moment lang mit traurigem Blick an. "Er war der Anführer der Dúnedain und der Erbe des Thrones von Gondor. Und vor allem war er mir ein sehr guter Freund. Doch er riskierte alles, um den Schatten Saurons von der Welt zu nehmen - und verlor. Aber es war nicht sein Versagen, nicht seine Schuld, dass es dazu kam dass er nun tot oder verschollen ist."
Der Zauberer hielt inne und stützte sich schwer auf seinen Stab.
"Was meinst du damit, Gandalf? Ich verstehe nicht!" fragte Kerry verwirrt.
"...es war meine Schuld," antwortete Gandalf leise.
Mehr wollte er dazu nicht sagen. Kerry folgte den Dúnedain, die sich vor einem eisenbeschlagenen Tor versammelten. Mablung zog einen großen Schlüssel hervor und begann, es zu öffnen.
"Wo habt Ihr den Schlüssel her?" wollte Belen wissen. "Lange Jahre haben wir versucht, alle Türen in Fornost zu öffnen um verborgene Schätze unseres Volkes zu bergen und in Sicherheit zu bringen. Doch dieses Tor blieb uns stets verschlossen, denn der Schlüssel wurde nie gefunden!"
"Oh, der?" sagte Mablung. "Er stammt aus Gondor, aus der Weißen Stadt. Vermutlich kam er mit Earnur aus dem Norden dorthin, als dieser Arnor in der Stunde seiner größten Not zu Hilfe kam."
"Earnur kam zu spät," erwiderte Belen. "Er konnte nur noch den Sieg des Hexenkönigs zunichte machen. Doch das Nordreich war bereits gefallen."
"Das stimmt wohl," antwortete der Dúnadan des Südens. "Doch seid froh, dass er überhaupt kam. Denn sonst stünden wir nun im Zentrum des finsteren Reiches von Angmar und wären von Feinden umgeben. Der Schlüssel fand sich in den Archiven von Minas Tirith. Earnur oder einer seiner Gefolgsleute müssen ihn hier in Fornost gefunden und diese Tür damit verschlossen haben."
"Was ist denn da drinnen?" wollte Kerry wissen, die ungeduldig wurde.
"Kein Gold oder Schätze," sagte Mablung. "Sondern etwas viel Besseres. Ihr werdet es gleich sehen."
Gandalf, Belen, Rilmir, Mablung und Kerry mit dem Sternenbund Innere der alten Halle (http://modding-union.com/index.php/topic,33995.msg429769.html#msg429769)