Ich zerpflück jetzt einfach mal Vexors Post, weil der am längsten ist bzw auf die meisten Punkte eingeht, bietet eine gewisse Rahmenstruktur. Also nicht gegen dich gerichtet
Allein an dem Wort Gerecht scheiden sich ja schon die Geister. (nicht zu verwechseln mit richtig und falsch!!)
Eine falsche Handlung kann unter gewissen Umständen gerecht/richtig sein. (Musterbeispiel: Tyrannenmord).
Aber das ist auch die Frage ist es nun gerecht ein Menschenleben zu beenden, damit hunderte aus der Tyrannei befreit werden?
Rein ethisch betrachtet: Nein. Mord ist falsch und kann nicht gerecht sein. Betrachtet man weitere Komponenten kann man auf das Ergebnis kommen: Ja. Das kleine Übel wird durch das Wohl der Hunderten getilgt.
Du differenzierst hier Begriffe, die zusammengehören, vermischst aber dafür welche, die getrennt werden müssen
So bedeutet sowohl "richtig" als auch "gerecht" (man sieht schon die etymologische Ähnlichkeit) oder auch "gut" alles so ziemlich das gleiche - etwas, das von einem bestimmten Ethiksystem als eben "richtig", "gerecht", "gut" oder wie auch immer man das Kind nennen möchte, bezeichnet wird.
Und genau DA ist der Punkt, wo du nicht richtig differenzierst: Das, was du als "Ethik" bezeichnest, ist die kantianische Prinzipienethik, die aber eben nicht alles und auch nicht die "einzig wahre" ist, auch wenn sie weit verbreitet, anerkannt und vielfach zitiert ist. Es gibt daneben aber auch noch zahlreiche weitere, ganz zu schweigen von diversen Variationen - die stärkste andere Strömung dürfte wohl der Utilitarismus sein - und nach DIESEM ist Tyrannenmord gerechtfertigt, gerecht, richtig, gut, ja sogar moralische PFLICHT, was der Teil ist, den du am Schluss hinzufügst - das Leid vieler überwiegt das des einen.
(Hieraus ist keinerlei Wertung der verschiedenen Systeme meinerseits abzuleiten, das soll bloß eine Darstellung sein.)
Also muss der Mensch ungerecht sein, sonst geht er im System vor die Hunde.
In gewissen Bereichen natürlich. Sei ein Haifisch, oder du wirst gefressen. Aber das ist ja schon in gewisser Weise evolutionsbedingt. Nur ist das Wort ungerecht, so wie du es in dem Kontext gebrauchst leider falsch. Ich verweise noch einmal an den Tyrannenmord, den ich oben erwähnt habe.
Eine gewisse Portion Egoismus ist notwendig zum Überleben, das ist ohne Frage richtig - aber das gilt nur so lange, wie man sich an gewisse Grenzen hält, sonst kann keine Gesellschaft bestehen. Und die Gesellschaft ist das Erfolgsrezept des Menschen, ohne würde er in der Natur nicht bestehen können.
Aber um mal wieder zu deiner eigentlichen Frage zurück zukommen:
Ich hätte mal eine philosophische Frage an euch: Glaubt ihr an die Möglichkeit einer gerechten Welt? oder Anders: Kann die Welt überhaupt gerecht sein?
Wenn man etwas glaubt, muss es ja nicht heißen, dass es möglich sein wird. Rein prinzipiell glaube ich daran, dass es dieses Utopia - manche mögen es Paradies nennen- geben wird. Ob das allerdings jemals jemand erleben wird, da bin ich mehr als skeptisch.
Da spricht ein Optimist
Aber ich glaube es ist auch gar nicht so sehr die Frage, ob es eine gerechte Welt geben kann, sondern was man selbst tut, um diesem Ideal näher zu kommen.
Unter dem Motto: "Was du nicht willst das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu"
...und hier wieder ein Kantianer, auch wenn der kategorische Imperativ noch etwas präziser ist als die "goldene Regel", die du da zitierst (Stichwort z.B. Masochisten
)
Damit erübrigt sich auch die Debatte. Glauben kann man viel, es sind die Taten, die Umsetzung dessen, was einen Menschen auszeichnet.
Dann ist also jede philosophische Diskussion von vornerein obsolet?
Finde ich nicht, es ist gut und richtig, über solche Dinge zu diskutieren, um evtl zu (persönlicher) Erkenntnis zu kommen.
Ganz davon abgesehen, dass es zumindest mir auch Spaß macht^^
Wissers Beispiel ist bezüglich der Ethiksysteme auch sehr anschaulich, weil es eben die Kollisionspunkte aufzeigt - jede Fraktion hat einen guten Grund, aber welcher ist der stärkste? Das ist nämlich genau die Frage des "richtigen" Ethiksystems und damit auch die nach der Definition der Gerechtigkeit.
Ich persönlich kann weder die spezielle noch die allgemeine Frage ohne weiteres beantworten.