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Autor Thema: Am Hafen  (Gelesen 26179 mal)

Vexor

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Re:Am Hafen
« Antwort #15 am: 30. Dez 2011, 01:01 »
Celebithiel vom Lazarett


Die letzten Tage waren verrückt gewesen. Die Anschläge auf Oronêl hatten Celebithiel kaum schlafen lassen und so wälzte sie sich oft in ihrem Bett und wachte schweißgebadet auf.
Überall sah sie einen Schatten, ein verborgenes Messer, weswegen sie die Einsamkeit suchte.
Wer könnte es auf den Ring abgesehen haben?
Woher könnte man es erfahren haben?
Es muss jemand sein, der Ahnung vom Schmieden der Ringe hat!
….Saruman?!


Irritiert schüttelte sie den Kopf und rieb sich das Gesicht. Es war finstere Nacht, als sie durch das Fenster hinaus auf das Meer blickte und ihr fahles, müdes Antlitz erblickte.
Das ist Unsinn Celebithiel, wie sollte er nach Dol Amroth kommen. Wie könnte er davon erfahren haben…

Sie entschied sich einen Spaziergang zu machen, um die Müdigkeit aus ihren Beinen und ihren Geist zu verbannen.
Celebithiel hatte die rotblonden Haare zu einem freudlosen Pferdeschwanz gebunden und ein nachtblaues Kleid übergezogen, als sie durch die gepflasterten Straßen der Schwanenstadt schlenderte.
Wie friedlich die Stadt in den frühen Morgenstunden ist. Jungfräulich und sorglos. Wie ein Neugeborenes, das noch nicht den verpesteten Atem unserer Welt gerochen hat…
Ihre Füße trugen sie zum Hafen, wie so oft in den letzten Tagen. Das salzige Meer hatte nichts von seiner Verlockung, seiner Anziehungskraft verloren. Aber diesmal zog sie es nicht zum Wasser. Diesmal nahm sie die steinerne Treppe, die an den Klippen entlang zum Leuchtturm führte, der an der höchsten Stelle der Stadt thronte und über jene zu wachen schien.

Der Himmel hatte einen zarten Rosaton angenommen und die Wellen schlugen mit brachialer Gewalt gegen die Steilküste, die sich metertief unter Celebithiel erstreckte.
Ein paar Möwen kreisten neben ihr, wie zum Hohn über einen Elben, der die Lüfte erobern wollte, bevor sie sich in die Tiefe stürzten, um zu jagen.
Frei, wie ein Vogel. Frei von Angst und Not. Wäre das nicht schön?...Nein! Was wären wir ohne Angst und Sorge? Ist es nicht das, was unser Leben ausmacht? Wodurch wir uns definieren. Zeige mir ein Wesen voller Glück und ohne Zweifel und ich zeige dir ein Wesen, das selbst den größten Zweifel hegt…den letzten Zweifel…die letzte Sorge; nämlich all dies wieder zu verlieren.
Nur ein rissiges Seil trennte die Elben nun noch vor dem sicheren Tod in den Gewässern dieser Welt. Die Spitze des Leuchtturms und das kleine Plateau, welches um ihn angelegt war, war nicht mal eine Armlänge breit. Celebithiel musste sich mit dem Rücken zur Wand drücken, um nicht abzurutschen.
Erst als sie das innere des Leuchtturms betrat merkte, wie schnell ihr Herz raste und wie ihr der Schweiß von der Stirn tropfte.

Vielleicht sind die Vögel doch nicht frei…vielleicht spüren sie ebenfalls das Adrenalin?!
Mit diesen Gedanken ließ sie sich niedersinken und erblickte wie eine gleißende Sonne über den östlichen Ausläufern des Meeres aufstieg und die Welt in eine absolute Friedlichkeit tauchte.
„Wunderschön..“, flüsterte Celebithiel und eine Träne, die der Schönheit der Natur gebührte, kullerte über ihre Wange.
„Ich wusste nicht, dass Celebithiel, die silbergekrönte Elbenmaid, zum Fliegen geschaffen wurde?“.

Einen Moment dachte Celebithiel, dass die Sonne mit ihr sprechen würde, aber dann erkannte sie die Stimme. Erinnerte sich an die Freude, aber auch an den Schmerz, der damit verbunden war.
„Antien…aber wie…woher?!“
Sie sprang hastiger auf, als sie es gewollt hatte, und fiel dem dunkelhaarigen Elben um die Arme, während sie ihn freundschaftlich küsste.
„ Es freut mich auch dir wieder in die unergründlichen blauen Augen zu sehen Celebithiel, aber es ist keine frohe Kunde, die uns wieder zusammengeführt hat. Unser aller Herrin Galadriel schickt mich und Faendir…“
„Saruman!“, entfuhr es Celebithiel ohne, dass sie wusste woher sie die Gewissheit nahm.
Als Antien nickte blickten die ozeanblauen Augen zu der gleißenden Sonne, die in der relativ kurzen Zeit ein beträchtliches Stück zurückgelegt hatte. Doch irgendetwas war anders und Celebithiel erkannte schwarze Flecken auf ihr.

Was wären wir nur ohne Ängste und Zweifel…


Celebithiel, Amrûn, Faendir und Antien in die Stadt
« Letzte Änderung: 15. Feb 2016, 14:05 von Fine »


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Eandril

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Abreise
« Antwort #16 am: 3. Nov 2012, 13:58 »
Edrahil, Imrahil, Hilgorn, Elphir, Lóthiriel und Chatara vom Palast


Die Sonne schob sich gerade über den dünnen Morgennebel, als Edrahil den Hafen erreichte. Chatara erwartete ihn bereits, eskortiert von drei Soldaten und, wie er gelinde überrascht feststellte, von Hilgorn, dem frischgebackenen Oberbefehlshaber der südlichen Streitkräfte von Dol Amroth.

Am Fuß der Laufplanke, die zum Schiff hinaufführte, hatten sich Imrahil und seine in der Stadt anwesenden Kinder, Elphir, Erchirion und Lóthiriel versammelt um Edrahil zu verabschieden, wie es schien. Zuerst erreichte er Hilgorn, der ihn ungestüm in die Arme schloss und meinte: "Mögen die Valar auf eurem gefährlichen Weg über euch wachen, Edrahil. Diese Stadt verdankt euch viel, ebenso wie ich. Ohne eure Fähigkeiten hätte wir diesen Angriff nie abschlagen können, und ich wäre nie zum Oberbefehlshaber ernannt worden. Ich danke euch, und ich wünschte, ich könnte mehr für euch tun."

"Diese Stadt verdankt nicht nur mir viel, sondern auch euch, Hilgorn. Ohne euren Einsatz am Tor wären wir womöglich trotz meiner Pläne besiegt worden, und ihr habt euch euren Titel und all eure Ehre selbst verdient. Und wenn ihr etwas für mich tun wollt, so verteidigt den Fürsten, seine Familie und sein Volk gut, bis ich wiederkehre. Mögen die Valar auch über euch wachen."

Dann stand er Chatara gegenüber, die ihn mit unbewegter Miene musterte. "Das war ja rührend. Ihr habt also eure Ziele nun erreicht, und schenkt mir euer Vertrauen. Denkt ihr, das ist klug?", fragte sie, ihn unverwandt weiter anstarrend.

"Nein, ist es nicht," antwortete Edrahil, "und ich tue es auch nicht. Ich vertraue euch nicht mehr als bei unserer ersten Begegnung, ich denke nur, dass eure Worte es wert sind, angehört zu werden. Deshalb werden wir auch nicht alleine reisen. An Bord des Schiffes erwartet uns einer meiner besten Leute, der uns begleiten wird. Mehr braucht ihr nicht zu wissen.", schloss er, und dachte bei sich, wie weise es sich erweisen könnte, Galban mitzunehmen.
Chatara lächelte ihn wölfisch an und erwiderte: "Ihr seid klüger, als ich dachte. Wohin wird uns das Schiff bringen?"
"Wie gesagt, das braucht ihr nicht zu wissen. Ihr werdet es früh genug erfahren, und im übrigen werdet ihr bis zu unserer Ankunft in eurer Kabine bleiben.
Ohne ein weiteres Wort wandte er sich um, und ging weiter auf das Schiff und den wartenden Fürsten zu, doch er merkte, wie Chatara ihm folgte.

"Edrahil," begrüßte Imrahil ihn, "wollt ihr wirklich selber gehen? Die Stadt - Ich - könnte euch hier brauchen."

"Es tut mir Leid, mein Fürst, aber es muss sein. Doch ihr habt eure Söhne an eurer Seite und viele andere gute Männer, Hilgorn, meinen Stellvertreter Amrodin, Amros von Edhellond, Ardamir von Belfalas und noch andere. Und ihr selbst seit der beste von allen, der Truchsess von Gondor und Fürst von Dol Amroth. Ihr werdet dieses Land beschützen, wie ihr es immer getan habt.", erwiderte Edrahil, verneigte sich und sagte noch: "Wünscht mir Glück, das ich Erfolg habe und die Feinde Gondors gespalten und uneins werden."

Imrahil nickte nur und Edrahil wandte sich ab und stand nun Prinzessin Lóthiriel gegenüber, die sagte: "Auch ich möchte euch danken. Ihr habt mich sicher von Tolfalas hierher geleitet, und diese Stadt und damit auch mein Leben. Ich wünsche euch Glück, und werde für eure sichere und erfolgreiche Heimkehr beten." Sie beugte sich vor und küsste ihn leicht auf die linke Wange, wandte sich dann ab und blickte in Richtung der See.

Edrahil machte unwillkürlich eine Bewegung in ihre Richtung, doch besann sich eines besseren.

Es schickt sich nicht! Sie ist die Tochter des Fürsten, und ich der Sohn eines Fischers. Ich habe nicht das Recht, mich um ihre Gefühle zu sorgen.

Also bestiegt er stattdessen die Planke zum Schiff, und hörte, als er beinahe das Deck erreicht hatte, Chataras verschwörerisch klingende Stimme hinter sich: "Sie ist doch ein süßes Ding, nicht wahr, Edrahil?" Er wandte sich abrupt um und stand ihr praktisch Nase und Nase gegenüber. "Sie ist die Tochter des Fürsten, die Prinzessin von Dol Amroth, und es steht euch nicht zu so über sie zu sprechen, noch in diesem verschwörerischen Ton mit mir zu sprechen, als wären wir mehr als eine Zweckgemeinschaft und als würde ich euch auch nur im entferntesten trauen. Beherzigt das, und es wird keine weiteren Schwierigkeiten zwischen uns geben."
Er drehte sich wieder um und bestieg das Schiff, das ihn auf seine Mission nach Harad bringen würde.


Edrahil und Chatara nach Umbar...
Imrahil, Elphir und Hilgorn zurück zum Palast
« Letzte Änderung: 24. Mai 2017, 15:18 von Fine »

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

--Cirdan--

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Endlich an Land
« Antwort #17 am: 6. Jan 2016, 22:15 »
Endlich an Land

Merian, Angbor, Odjana und ihre Begleiter auf einem Handelsschiff aus der Bucht von Belfalas

Wunderschön und mächtig ragte die gigantische Festung Dol Amroth vor ihnen auf. Die Dächer der weißen Türme reflektierten die Strahlen der Sonne, die Merian an Bord des Schiffes angenehm in die Augen stachen.
Ein Kriegsschiff aus der Flotte Dol Amroth segelte ihnen entgegen und befahl den Stopp. Die Kapitäne erkannten sich jedoch schnell und ihrem Schiff wurde die Durchfahrt in den Hafen der Schwanenstadt erlaubt.

„Wir werden dort rechts anlegen“, verkündete ihr Steuermann, „nahe des Turmes der Lóthiriel.“
Merian blickte in die Gesichter der Männer Umbars, die ebenfalls an Bord standen und den Blick auf die prächtige Stadt und das Treiben im Hafen warfen. Sie sahen ängstlich aus, denn ihnen war bewusst, dass sie sich hier für ihre Taten verantworten müssten. Nur Odjana wirkte keinesfalls eingeschüchtert. Sie schaute interessiert und aufgeweckt und bei den Worten des Steuermannes sah Merian kurz ein Funkeln in den Augen der Frau. „Lóthiriels Turm?“, fragte Odjana nach. „Sehr wohl“, rief der bärtige Mann am Steuerrad, „Imrahils Tochter liebt den Blick auf die See und den Hafen. Ihr Vater lies zu ihrem zehnten Geburtstag den Aussichtsturm errichten. An nicht wenigen schönen Sommertagen kann man Lóthiriel auf dem Turm stehen sehen, wie sie Ausschau hält, als warte sie auf ein Schiff, das sie weit hinaus auf die See und in neue Lande trägt.“   
Merian wollte sich grade zu Odjana stellen und sie auf ihre möglichen Pläne ansprechen, als ihm Angbor von hinten auf die Schulter klopfte. „Das wird eine Überraschung geben!“, freute sich Angbor, „ich bin auf das Gesicht des Fürsten gespannt. Begleitet ihr mich in die Ratshallen um Bericht zu erstatten Kriegsveteran Merian?“ „Nennt mich nicht so“, schüttelte Merian Angbors Hand von seiner Schulter, „aber begleiten werde ich euch natürlich gerne.“

Als sie angelegt und das Schiff verlassen hatten, übergab Angbor die Gefangenen aus Umbar an die Stadtwache von Dol Amroth. Einer der Soldaten packte nach Odjana, die sich mächtig wehrte: „Herr! Der Mann tut mir weh!“, rief sie zu Angbor herüber. Merian verdrehte die Augen und sprach zu ihr: „Was hast Du erwartet? Einen königlichen Empfang?“ „Immerhin habe ich dich und nicht wenig andere vom Ertrinken gerettet“, argumentierte Odjana, „und in Linhir habe ich die Menschen aus ihren Gefängnissen befreit.“
„Lasst die Frau los“, befahl Angbor“, Du wirst dich nicht von meiner Seite bewegen Odjana, bis über dich entschieden ist. Alle Anderen werden in die Kaserne gebracht und bewacht.“ Abschließend ordnete Angbor an den Palantir im Laderaum des Schiffes an Bord und verdeckt zu halten.
Auf dem Weg zum Palast unterhielt sich Angbor noch einige schnelle Worte mit dem Kommandanten des Hafens und ließ sich über die neusten Entwicklungen und des Eintreffens des Prinzen Elphir in Begleitung vom Südländer Qúsay berichten.


Merian und Angbor mit Odjana zum Platz der tausend Schwanenfedern


Link korrigiert
« Letzte Änderung: 26. Aug 2016, 14:13 von Fine »

kolibri8

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Re: Am Hafen
« Antwort #18 am: 13. Feb 2016, 11:03 »
Qúsay und Dirar vom Fürstenpalast.

Nach einem kurzen Stopp am Stall, in dem sie ihre Pferde holten, ritten Qúsay und Dirar hinunter zum Hafen. Ein Gondorer, namens Túon begleitete sie, als Gesandter Imrahils. Als solcher trug er Urkunden bei sich, die Qúsay als Herr über Harondor und Vasall Gondors auswiesen, sowie Dokumente für den neuen Bürgermeister von Linhir, dessen Wahl mittlerweile stattgefunden haben müsste, sofern Túrin Elphirs Befehle richtig ausgeführt hatte.

Am Hafen wurden sie bereits von einem prächtigen Schiff aus weißem Holz erwartet, der Bugsteven hatte die Form einen Schwanenkopfes und das Banner mit dem weißen Schwan wehte an der Spitze des höchsten Mastes. Der Kapitän des Schiffes erwartete sie schon und brachte sie zügig und recht Wortkarg an Bord.

Qúsay, Dirar und Túon mit dem Schiff nach Linhir.
« Letzte Änderung: 30. Mär 2018, 10:01 von Fine »
RPG:
1. Char Alfward bei Dol Guldur.
2. Char Qúsay in Aín Sefra.

Das Wiki zum RPG. Schaut mal ruhig vorbei ;).

Neu im RPG und Probleme mit dem Namen? Schickt mir einfach 'ne PM ;).

Geschichtsfragen? Hier gibt's Antworten.

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Die Entführung der Prinzessin
« Antwort #19 am: 16. Feb 2016, 14:38 »
Die Entführung der Prinzessin

Merian aus der Stadt
Elune vom Palast

Merian erinnerte sich an lange Gespräche mit Odjana in Linhir und einen Brief, den er nur durch pures Schicksal zu lesen bekam. Welch Worte wählte fremder Fürst im weiten Land? Welch Plan hatte Suladan geschmiedet um das Hause Dol Amroths zu brechen? Merian erinnerte sich an gelesene Worte, die die treusten Diener Suladans dazu aufriefen die Kinder des Fürsten Imrahil zu entführen und nach Harad zu bringen. Doch konnte Odjana tatsächlich glauben, sie könnte Lóthiriel oder einen der Söhne des Statthalter Gondors direkt aus Dol Amroth entführen? Wahnsinnig wäre es. Dennoch lief es Merian kalt den Rücken herunter, als er darüber nachdachte.

Seine Schritte führten ihn zurück in den Hafen und  vorbei an dem Handelsschiff mit dem er hergekommen war. Einige Männer waren grade dabei, wohl auf Imrahils Befehl, den riesigen Palantír von Bord zu hieven. Angrenzend an die Kaianlagen stand der Turm der  Lóthiriel, den sowohl Merian als auch Odjana schon bei ihrer Ankunft in der Schwanenstadt betrachtet hatten. Eine hölzerne Tür in Wasserrichtung schien der einzige Eingang zu sein. Vorsichtig drückte Merian gegen die Tür, die langsam aufschwang. Merian trat in einen großen leeren Raum. An der Wand erkannte er eine Wendeltreppe die hinauf zu höheren Ebenen führte. Leise Stimmen vernahm der Steinmetz von oben und blieb zu nächst wie angewurzelt stehen und lauschte einige Zeit.

Er hörte drei Frauen, die sich unterhielten. Nach Kurzem stellte sich eine Stimme als die Odjanas heraus und eine Andere war die Stimme von Elune, der jungen meist weiß gekleideten Frau, der er schon in Linhir begegnet war. Die letzte Person konnte nur Lóthiriel, schloss Merian. Die drei Frauen unterhielten sich anregend, aber nicht streitend. Sie blickten wahrscheinlich aus den Fenstern des Turmes auf das Meer hinaus und verfolgten mit ihren Blicken ein Schiff am Horizont. Merian hörte Lóthiriel vom wegsegelnden Qúsay berichten, ihrem Ehemann der im Osten wichtige Angelegenheiten zu klären hatte. „Und Euch verlangt es nicht nach Osten?“, hörte Merian die Stimme Odjanas. Lóthiriel widersprach: „Auch meine Interessen sind östlich von hier. Mein Vater überschrieb mir das Fürstentum Tolfalas, meine geliebte Insel die ich schon bald wieder besuchen will.“
Merian wagte es nicht sich im Erdgeschoss zu bewegen, während er lauschend das Gespräch im oberen Teil des Turmes verfolgte. „Warum wartet ihr? Warum zögert ihr aufzubrechen in euer Land?“, hörte er jetzt wieder Odjana sprechen und kurz danach mischte sich Elune ein: „Meine Herrin und Freundin Lóthiriel, überhastet nichts. Tolfalas einen Besuch abzusuchen ist sicher nicht verkehrt, aber wäre Edrahil jetzt hier, würde er sicherlich davon abraten.“
„Ist er aber nicht“, entgegnete Lóthiriel als wolle sie sofort aufbrechen. „Euer Vater wird es euch nicht erlauben“, erklärte Elune.
„Wir brechen sofort auf“, schlug Odjana vor, „ihr seid die Tochter des Statthalters. Ihr fordert ein Schiff und segelt zu eurem Fürstentum. Noch bevor euch euer Vater  widersprechen kann, sitzt ihr längst auf eurem Thron auf Tolfalas.“
Merian vernahm Zustimmung bei Lóthiriel und Widerworte von Elune: „Ihr wart schon immer so leichtsinnig meine Herrin!“ Schritte auf der Treppe hörte Merian und stolperte daraufhin rückwärts aus dem Turm heraus. Die drei Frauen kamen den Turm herunter und traten hinaus auf die Straße des Hafens. Merian versteckte sich hinter einer Häuserecke, noch immer unschlüssig, was er tun sollte. Er beobachtete, wie Odjana etwas aus ihrem Umhang holte und mit Lóthiriel und Elune auf eine baldige Überfahrt anstieß.

Der Steinmetz faste einen Entschluss. Er wusste verhindern das Lóthiriel nach Tolfalas segelte, denn dort war sie bei weitem nicht sicher vor den Plänen der Haradrim und Odjanas. Er musste Angbor oder Golasgil oder Imrahil und Elphir informieren, aber er würde wohl kaum alleine in die Zitadelle gelassen und er hatte keine Ahnung, wo sich Angbor aufhielt.  Neben einem Karren auf dem in diesem Moment der Palantir abtransportiert wurde, stand ein Botenjunge der Zitadelle. Merian ging schnellen Schrittes auf den Jungen zu um ihn um Hilfe zu bitten.
Merian stockte der Atem, als er das Kind erkannte. Sein Kind, seinen Sohn. Merian lief, so schnell es sein noch immer schmerzendes Knie zuließ. Sein Sohn erschreckte, erkannte seinen Vater jedoch schnell und Beide schlossen sich fest in die Arme. Merian entglitten einige Tränen, während er die Wärme seines Kindes spürte. Sein Sohn hatte viele Fragen, die Merian versuchte in Kürze zu beantworten. Er blickte allerdings auch immer wieder in den Hafen und verfolgte beiläufig wie Lóthiriel mit einem Schiffkapitän der Flotte Dol Amroths sprach. Merian musste seinen Sohn in seinen Berichten wie es ihm ergangen war unterbrechen, obwohl es ihn sehr interessierte und er es liebte die Stimme seines Sohnes zu hören. „Kannst Du mir helfen? Jetzt gleich?“, fragte Merian, „ich befürchte Suladan plant Imrahils Tochter Lóthiriel zu entführen.“ Merian überlegte auch von Odjana zu erzählen, aber er fand es besser, wenn sein Sohn nicht wusste wie gut er diese Frau kannte.
„Die Pläne sind bekannt“, entgegnete Merians Sohn, „ich hörte wie sie in der Zitadelle darüber sprachen. Frau Lóthiriel wird rund um die Uhr von der in weiß gekleideten Kämpferin begleitet.“ „Elune heißt sie, ich weis“, entgegnete Merian, „aber dennoch. Eile bitte hinauf zur Zitadelle und finde jemandem mit Einfluss der dir Gehör schenkt.“
Merians Sohn blickte seinen Vater noch einmal lange an, dann lief er.

Merian hingegen wandte sich wieder zum Hafen. Odjana konnte er nirgends erblicken, aber Elune erkannte er auf einem Schiff des weißen Schwanes an Deck hingekniet. Er umrundete das halbe Hafenbecken und als er vor dem Zweimaster stand bemerkte er Lóthiriel, wie sie auf den Planken des Schiffes lag. Elune tupfte ihr das Gesicht und der Kapitän sah besorgt nach umstehender möglicher Hilfe. Als Merian das Schiff betreten wollte wurde er aufgehalten, was ihn nicht verwunderte. Mit seinen schmutzigen Lumpen und den Stiefeln des alten Fischers von Tolfalas musste er ebenso wie ein bemitleidender Fischer -oder Steinmetz- aussehen.
„Elune“, rief Merian vom Anlegesteg die junge Frau auf dem Schiff  jetzt direkt an, „ihr kennt mich aus Linhir. Lasst mich helfen. Ich muss euch etwas Wichtiges sagen und euch warnen!“
„Ihr!“, rief Elune aus als sie Merian erkannte und erhob sich ruckartig von der immer noch am Boden liegenden Lóthiriel, „ihr seid ein Sympathisant der Korsaren von Umbar.“
Merian erschreckte: „Nein, Fürst Imrahil hat mich freigesprochen als ich ihm meine Geschichte erzählte. Nicht ich bin der Korsar, sondern Odjana. Wo ist sie?“
Elune ließ nicht mit sich reden und der Kapitän ließ Merian festnehmen und an seinen Schiffsmast binden. Eine befremdliche Situation, die schnell zur Gefahr werden sollte.

Odjana kehrte aus der Stadt zurück und mit ihr die Korsaren. Merian hätte erwartet, dass sie in Dol Amroth sofort erkannt und aufgehalten werden würden. Jedoch wimmelte die Stadt vor fremden Personen, vor allem Kriegsflüchtige aus den unterschiedlichsten Regionen Mittelerdes, die hier in der Stadt des Widerstandes, wie sie genannt wurde, Schutz suchten oder sich zusammen taten.
Odjana und ihre Männer setzten Fuß auf das Schiff und erst jetzt erkannten Elune und der Kapitän die finsteren Gesellen. Trotz Merians warnenden Rufen wurden die Beiden und die paar wenigen Mann Besatzung auf dem Schiff überwältigt, entwaffnet und von Bord gestoßen. Die Seile zu den Stegen wurden gekappt wodurch sich das Schiff langsam vom Land entfernte.
Die Wachen am Hafen hatten die Situation bemerkt. Hörner wurden geblasen und die Besatzung eines im Hafen liegenden Kriegsschiffes machte sich zum Ablegen bereit. Einige Männer spannten ihre Bögen und legten Pfeile auf die Sehnen, was Merians Ängste nicht minderte, da er noch immer ungeschützt und bewegungsunfähig angebunden an dem Schiffsmast dastand.
Er beobachtete die Korsaren, die versuchten eilig Segel zu hissen oder mit Rudern das Schiff aus dem Hafen zu steuern. Odjana unterdes kniete vor Lóthiriel und flößte aus einem kleinen Fläschchen der Prinzessin Dol Amroths eine Flüssigkeit ein. Lóthiriel erwachte daraufhin erschreckt und wurde von Odjana dolchführend zum Heck des Schiffes getrieben. Odjana rief laut in den Hafen hinein und drohte den Soldaten Dol Amroths ihr nicht zu folgen, denn sonst würde es Lóthiriel schlimm ergehen.
Als das Schiff den Hafen längst verlassen hatte, nachdem die Soldaten am Hafen unsicher gezögert hatten, erkannte Merian seinen  Sohn sowie Fürst Imrahil, der auf einem Pferd in den Hafen geritten kam. Welchen Befehl dieser jedoch gab, konnte Merian nicht erahnen. Er hatte ohnehin jetzt ganz andere Sorgen; Gefangen auf einem von Korsaren entführtem Schiff.


Merian, Odjana, Lothíriel und die Korsaren in die Bucht von Belfalas


« Letzte Änderung: 30. Mär 2018, 09:48 von Fine »

Fine

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Abreise mit besten Wünschen
« Antwort #20 am: 6. Okt 2016, 18:17 »
Valion und Valirë vom Palast des Fürsten


Die Súlrohír war eines der kleineren Schiffe der Flotte Dol Amroths und besaß zwei Masten mit hellblauen Segeln, auf denen der Silberne Schwan der Prinzen prangte. Ihr Kapitän, ein alter Seefahrer namens Veantur, behauptete, sie sei das schnellste Schiff südlich von Mithlond, doch Valion bezweifelte das. Es war zwar in guten Zustand und hatte an der Zweiten Schlacht um Dol Amroth teilgenommen, aber es war von älterer Bauart und hatte schon viele Seemeilen hinter sich. Die Mannschaft bestand aus fünfzehn Männern und Frauen vom Ethir, die den Zwillingen treu ergeben waren und sich nicht davon abbringen gelassen hatten, Valion und Valirë sicher zum Start ihrer gefährlichen Mission nach Umbar zu bringen. Sie verluden ihre Habseligkeiten unter Deck und machten sich für die Abfahrt bereit.

Zu ihrer Überraschung fanden sie kurze Zeit später, als alles bereit zum Aufbruch war, Elphir und Erchirion am Kai stehend vor. Imrahils Erbe war in Begleitung seiner Frau Tírneth von Anfalas. Er winkte Valion und Valirë zu sich hinüber.
"Macht keine Dummheiten, ihr beiden," sagte Elphir lächelnd.
"Wie mein Prinz befiehlt", gab Valirë spielerisch zurück.
Tírneth, Golasgils Tochter, hatten die Zwillinge während ihrer Zeit in Anfalas kennengelernt. Auch sie war eine gute Freundin geworden. "Passt auf euch auf, hört ihr?" verlangte sie. "Ihr müsst Lothíriel retten!"
"Natürlich, meine Dame," sagte Valion galant. "Ihr werdet sehen, in ein paar Tagen sind wir mit der Prinzessin wieder zurück."
"Ich bewundere deine Zuversicht," sagte Erchirion. "Sieh' zu, dass du mir meine zukünftige Frau wohlbehalten wiederbringst, Valion."
"Das erwähntest du bereits," erinnerte Valion den Prinzen.
Valirë sagte: "Ich kann gut auf mich selbst aufpassen, Verlobter." Sie spuckte das Wort verächtlich aus, und jeder der Anwesenden wusste, dass es die Wahrheit war. Mit Valirë war nicht zu spaßen.

Die Zwillinge betraten den Steg, der ihr Schiff mit dem Festland verband und waren im Begriff, ihre Reise zu beginnen, als eine neue Stimme den Abschied von Dol Amroth durchschnitt:
"Valirë! Edle Valirë! So wartet doch einen Augenblick!"
Es war Amros von Edhellond, der Kommandant der Flotte Gondors. Imrahil hatte ihn erst kürzlich zum Tirn Aear, dem Wächter der Meere ernannt, ein Titel der ihm auch ganz offiziell den Oberbefehl über alle Schiffe und Kapitäne verlieh, die zwischen Dol Amroth, Anfalas, Linhir und Tolfalas kreuzten. Und ganz offenbar zeigte das, was Valirë mit ihm angestellt hatte um ein Schiff für die geheime Fahrt zum Ethir zu erhalten, weiterhin Wirkung.
Keuchend und außer Atem kam Amros am Kai zum Stehen. "Was gibt es, Wächter der Meere?" fragte Valirë gleichmütig.
"Ich... ich wollte mich von Euch verabschieden, edle Dame," stieß Amros hervor. Sein Gesicht war rot von der Anstrengung, doch offensichtlich nicht ausschließlich davon.
"Nun, dies habt Ihr hiermit getan. Gibt es sonst noch etwas, das Ihr sagen möchtet?" gab Valirë zurück. Erchirion beobachte sie neugierig.
"Nun, ich... ich wünsche Euch viel Erfolg auf Eurer Mission... und hoffe, Ihr kehrt unversehrt wieder!" sagte Amros. "Das hoffen wir in Dol Amroth alle, schätze ich..."
Valirë schenkte dem Mann ein kleines Lächeln. "Das werde ich, nur keine Sorge. Wir sehen uns bestimmt bald wieder, Kommandant." Sie winkte ihm anmutig zu und betrat das Schiff.
Auch Valion nahm nun Abschied von den Prinzen Dol Amroths und ging an Bord der Súlrohír, begleitet von den besten Wünschen seiner Freunde.

Im Kommandodeck fanden sie Kapitän Veantur vor, gebeugt über einen großen Tisch mit Seekarten darauf. Der Alte brummelte vor sich hin, sichtlich aufgeregt und voller Vorfreude auf die Fahrt.
"Ah, da seid ihr ja, meine Herrschaften!" rief er, als er die Zwillinge bemerkte. "Kommt, kommt, die Winde stehen gut und der Segen Uínens ist mit uns. Die Reise kann beginnen!"
Er zeigte Valion und Valirë die Route, die zu nehmen plante. "Wir werden uns zunächst in südlicher Richtung von Dol Amroth entfernen und diesen Kurs für eine gute Strecke beibehalten, um die günstige Windrichtung zu nutzen. Außerdem vermeiden wir damit das Gebiet rings um Tolfalas, wo sich immer noch einige dieser verdammten Korsarenschiffe herumtreiben sollen. Wir gehen dem Ärger also am besten direkt aus dem Weg und nähern uns unseren Ziel dennoch auf schnellem Wege."
Er zeigte auf die Seekarten. "Direkt westlich von Umbar wenden wir uns dann hart nach Backbord, also nach Osten, auf die Stadt zu. Natürlich werden wir nicht einfach so mirnichts, dirnichts in den Hafen Umbars einlaufen können - wir fahren unter der Flagge des Prinzen, denkt dran - deshalb werde ich euch irgendwo in der Nähe ungesehen mit dem Beiboot absetzen, vielleicht in der Nähe des großen Leuchtturms am Eingang zur großen Bucht von Umbar. Die restliche Strecke schafft ihr dann auch alleine."
Valion nickte. "Sobald wir in Umbar sind, müsst Ihr euch bereithalten, Kapitän. Es kann sein, dass wir... ziemlich hastig aufbrechen müssen."
"Ha! Kein Aufbruch ist zu schnell für dieses Schätzchen," lachte er und strich geradezu zärtlich über die Holzwand des Schiffes. "Sie ist eine Schönheit, nicht wahr? Keiner kann mit ihr mithalten, nicht einmal die Windläufer der Elben! Und schon gar nicht diese Wracks, die die Korsaren Kriegsschiffe nennen! Ha ha! Das hier ist eben noch echte Schiffbaukunst in der Tradition Númenors, nicht dieser moderne Unsinn. Sie wird euch nicht enttäuschen, da habt ihr mein Wort als Seemann!"
"Das ist gut," sagte Valirë. "Dann wollen wir hoffen, dass uns der Wind weiterhin gewogen bleibt. Gib den Befehl zum Ablegen, Kapitän!"

Und genau das tat er. "Leinen los, Freunde!" rief er der Besatzung zu.
Die Súlrohir setzte sich in Bewegung. Am Bug des Schiffes war ein grüner Zweig befestigt worden, als Gedenken an Uinen, die Gemahlin Osses. Das Schiff verließ den Hafen, umrundete den Felsen auf dem Dol Amroth stand und schlug einen direkten Kurs nach Süden ein. Als sie westlich der Stadt vorbeikamen erschallte von der Spitze des Turms zum Abschied ein Klang von Posaunen, der ihnen noch einige Momente lang nachhallte.
Nun hatte die Reise wahrlich begonnen.


Valion, Valirë und Veantur mit der Súlrohír in die Bucht von Belfalas
« Letzte Änderung: 24. Sep 2017, 16:44 von Fine »
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Eandril

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Re: Am Hafen
« Antwort #21 am: 18. Jan 2017, 18:19 »
Hilgorn aus der Stadt
Valion und Valirë aus der Bucht von Belfalas


Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als Hilgorn am Kai das für die Landung der Súlrohír geräumt worden war, ungeduldig auf die Ankunft des Schiffes wartete. Nicht nur war das Ergebnis, mit dem die Zwillinge vom Ethir zurückkehrten vermutlich entscheidend für die Zukunft Gondors, sondern auch für seine eigene. In der Freude über die Rückkehr von Imrahils geliebter Tochter würde sich vielleicht eine Gelegenheit für Hilgorn ergeben, erneut das Thema der Hochzeit mit Faniel anzusprechen...
Er schob den Gedanken beiseite, als ein Raunen durch die Menge ging, die sich etwas abseits des Kais versammelt hatte, zurückgehalten durch seine Soldaten. Von Nordwesten näherte sich das Schiff mit den blauen Segeln, an dessen Mast die Flagge Dol Amroths und erstaunlicherweise ein kleines gelbes Banner wehten. Hilgorn atmete tief durch, und legte instinktiv die Hand auf den Schwertgriff, obwohl er keinen Kampf erwartete, während das Schiff den Eingang des Hafens passierte.
"Nun", sagte er leise zu sich selbst. "Dann wollen wir sehen ob diese Zwillinge etwas anderes können als Saufen und Streiche spielen." Er wusste, er war etwas ungerecht, denn er selbst hatte vor dem Krieg ebenfalls einen Hang zum Unsinn besessen - wenn auch nur selten. Und die Rückeroberung des Ethir war eine beachtliche Leistung gewesen, aber die Befreiung Lóthiriels aus der Hauptstadt der Korsaren, war etwas ganz anderes. "Wir werden sehen", murmelte er, als das Schiff sanft gegen die Kaimauer stieß.

~~~

Valion stand in voller Rüstung am Bug des Schiffes, eine wehende Flagge an der Spitze des Speeres, den er unter Deck aufgetrieben hatte. Die Súlrohír umrundete den Felsen, auf dem Dol Amroth stand, und durchquerte das große Seetor, das im Notfall mit einer schweren Kette geschlossen werden konnte. Am Kai, den man ihnen zugewiesen hatte, hatte sich bereits eine beträchtliche Menschenmenge gebildet.
Perfekt, dachte er. Er hielt nach Fürst Imrahil Ausschau, doch konnte er den Prinzen nirgendwo entdecken. Valion hatte mit seiner Schwester gewettet, ob Imrahil sie direkt am Hafen oder erst im Fürstenpalast in Empfang nehmen würde, und war ein bisschen enttäuscht, dass er diese Wette offenbar verloren hatte. Er war sich sicher gewesen, dass Imrahil seine einzige Tochter persönlich abholen würde, doch offenbar hatte er sich getäuscht.

Das Schiff stieß sanft gegen die Mauer des Kais und sofort begann die Besatzung, den Hafenarbeitern Seile zuzuwerfen, die die Súlrohír am Ufer fest vertäuten. Valion verließ seinen Posten - er war gesehen worden, da war er sich sicher - und drückte den Speer einem von Veanturs Leuten in die Hand ehe er zur Steuerbordseite des Schiffes eilte, wo gerade die Rampe ausgelegt wurde, die Zugang zum Hafen bot. Er ließ es sich nicht nehmen, als erster einen Fuß ans Festland zu setzen. Und als hinter ihm Valirë auftauchte, die Lothíriel über die Rampe begleitete, brach die Menge endgültig in lauten Jubel aus.

~~~

Als Lothíriel an der Seite Valirës anmutig die Rampe hinunter geschritten kam, stieß Hilgorn den angehaltenen Atem erleichtert aus. "Schickt nach dem Fürsten", sagte er über die Schulter zu Balvorn, der hinter ihm stand. "Sagt ihm, seine Tochter ist zurück." Dann trat er vor, und bot Lothíriel seine Hand an, als die Fürstentochter gerade den ersten Fuß von der Planke auf das Festland setzte. "Willkommen zuhause, Herrin", sagte er lächelnd, und die Prinzessin erwiderte das Lächeln.
"General Hilgorn, wie schön euch zu sehen. Ist mein Vater nicht da?" Sie sah sich suchend um, und Hilgorn antwortete: "Er wird gleich hier sein. Viele hielten ein Scheitern der Aufgabe für möglich, und ich denke, er wollte sich den Schock ersparen, wärt ihr nicht an Bord gewesen." Hinter Lothíriel und Valirë schritt nun eine dritte Frau die Planke hinunter, die Hilgorn unbekannt war. Sie war eine ausgesprochene Schönheit, und bewegte sich mit einer selbstverständlichen Anmut, die auf eine adlige Abstammung hinwies.
Hilgorn hätte beinahe die Augen verdreht - es passte zu Valions Ruf, dass der junge Herr vom Ethir selbst auf einer Rettungsmission Zeit fand, eine schöne Frau zu verführen. Allerdings konnte er nicht umhin sich zu fragen, woher sie stammte. Er war niemals in Umbar gewesen, doch nach einer Korsarin sah sie nicht aus...
"Und seid ebenfalls willkommen in Dol Amroth, Valion und Valirë vom Ethir. Wie ich sehe, habt ihr eure Aufgabe erfüllt", sagte er laut.

~~~~

"Das haben wir in der Tat," gab Valion zurück, der äußerst zufrieden mit sich war. "Ich weiß, dass viele Zweifel daran hegten, ob Lothíriel wirklich gerettet werden könne. Aber wir haben es geschafft und kehren nun, nach vielen Abenteuern heim."
Er konnte sehen, wie viele der Frauen in der Menge ihm bewundernde Blicke zuwarfen, und dass seine Schwester ähnliche Aufmerksamkeit von der männlichen Bevölkerung genoss. Und während dies Valion früher genug gewesen wäre, um glücklich zu sein, ertappte er sich jetzt dabei, wie er den Blick auf Lóminîth richtete, die darum bemüht war, dass sich ihr Staunen über die Schwanenstadt nicht auf ihrem Gesichtsausdruck widerspiegelte. Ich hoffe, sie kommt zurecht, dachte Valion, doch schon wurde seine Aufmerksamkeit auf die Gasse gelenkt, die sich in der Menge gebildet hatte. Hindurch schritten Imrahil, Fürst von Dol Amroth und Truchsess des freien Gondors, dicht gefolgt von seinem ältesten Sohn und Erben Elphir und von Erchirion, der lächelnd Valirës Blick suchte.
Imrahil sagte kein Wort als Lothíriel ihm mit Tränen in den Augen in den Arm fiel. Valion musste zugeben, dass diese Wiedervereinigung durchaus bewegend war.
"Endllich bist du zurück, meine Tochter," flüsterte Imrahil leise.
Lothíriel nickte und wischte sich die Tränen ab. "Ja, ich bin zurück," antwortete sie und blickte zu den Zwillingen hinüber. Imrahil folgte ihrem Blick und Valion und Valirë kamen heran, die unausgesprochene Einladung annehmen. Imrahil hielt seine Tochter weiterhin im Arm als er sagte: "Gut gemacht. Ich ... danke euch. Wir werden später eingehend darüber sprechen, was geschehen ist. Doch dies ist ein glücklicher Moment, und wir wollen ihn nicht verschwenden."
"Hallo, Flinkklinge," sagte Erchirion mit einem schiefen Lächeln zu Valirë. Es war ein Spitzname, den sie von Amrothos erhalten hatte als sie zum ersten Mal ein Schwert in der Hand gehalten hatte. Der Name war hängengeblieben.
"Hallo, Verlobter," gab sie zurück und ließ tatsächlich zu, dass er sie umarmte. "Schön, dass es dir gutgeht."

~~~

"Leute von Dol Amroth!", rief Imrahil schließlich mit tragender Stimme, den Arm noch immer um seine Tochter gelegt. "Meine Tochter ist aus der Gefangenschaft in Umbar zurückgekehrt!" Die Menge brach erneut in Jubel aus, und der Fürst legte eine kleine Pause ein. Die Menschen der Stadt liebten ihre Prinzessin, das war schon immer so gewesen.
Hilgorn fühlte durch seine Rüstung einen sachten Hieb gegen seinen Oberarm. "Meine kleine Schwester ist zurück", hörte er über den Jubel der Menge Elphir sagen, dessen Frau Tírneth ein Stück entfernt zusammen mit Faniel stand und ihnen zuwinkte. "Ich kann es kaum glauben, Hilgorn."
"Die Tage seit ihrer Entführung waren auf jeden Fall dunkler als zuvor", erwiderte Hilgorn, und gab leise zu: "Ich hatte meine Zweifel, ob dein Vater die richtigen Leute ausgesandt hatte."
"Ich auch", erwiderte Elphir leise. "Die Zwillinge waren immer eher eine Plage - erst recht mit Erchirion zusammen. Aber anscheinend hat er etwas in ihnen gesehen, was wir nicht sehen konnten, und damit recht behalten."
Passend dazu fuhr in diesem Moment Imrahil fort, nachdem die Menge sich ein wenig beruhigt hatte: "Der Dank für die Befreiung meiner Tochter gebührt den Zwillingen vom Ethir: Valion und Valirë Cirgon! Ehrt sie!", donnerte der Fürst, und die Menge brach erneut in Jubel aus. Einige begannen sogar, die Namen der Zwillinge zu skandieren, und während Hilgorn den Blick aufmerksam über die Menge und die Gesichter der beiden, die die Aufmerksamkeit zu genießen schienen, schweifen ließ, fragte er sich, ob sie in Umbar möglicherweise etwas über den alten Edrahil in Erfahrung gebracht hatten.
Bevor er jedoch weiter darüber nachdenken konnte, beruhigte sich die Menge erneut etwas, und Valion nutzte den Moment. "Dieser Triumph gehört nicht nur mir und meiner Schwester," sagte er laut. "Auch euer Meister der Spione, Edrahil von Belfalas, war maßgeblich an unserem Erfolg beteiligt. Und noch immer kämpft er im Süden für die Sicherheit Gondors. Er soll nicht unerwähnt bleiben. Ein Hoch auf Meister Edrahil!" rief er, und die Menschen nahmen seinen Ruf auf.
Hilgorn bedeutete seinen Männern, den Ruf ebenfalls aufzunehmen und dachte bei sich, dass seine Einschätzung von Valion möglicherweise ein wenig ungerecht gewesen war. Zumindest hätte er nicht erwartet, dass dieser seinen Moment des Ruhmes selbst mit einem Abwesenden teilen würde.

Hilgorn, Valion, Valirë und alle anderen wichtigen Personen zum Palast
« Letzte Änderung: 24. Mai 2017, 15:28 von Fine »

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

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Aufbruch nach Westen
« Antwort #22 am: 23. Sep 2017, 15:44 »
Valion, Valirë, Lóminîth und Erchirion vom Palast des Fürsten


Valion stand neben seiner Zwillingsschwester Valirë am Rand des langen Kais, der sich in die Hafenbucht der Schwanenstadt hinein erstreckte, und fühlte sich sehr an seinen Aufbruch nach Umbar vor einigen Monaten erinnert. Erneut brachen die Zwillinge im Auftrag des Fürsten per Schiff auf, und erneut war es die Súlrohír und ihr Kapitän, Veantur, die sie an ihr Ziel bringen würden. Doch diesmal würden sie nicht nach Süden, sondern nach Westen fahren. Diesmal hieß das Ziel Anfalas, und nicht Umbar.
Als der alte Seefahrer sie entdeckt hatte, war er freudestrahlend über die breite Planke getreten, die das Schiff mit dem Hafen verband und hatte sie lautstark begrüßt. "Wenn das nicht meine ganz besonderen Fahrgäste sind," sagte er und schlug Valion kameradschaftlich auf die Schulter. "Meine Hübsche und ich waren fleißig," fuhr er fort und deutete mit dem Daumen hinter sich auf das zweimastige Schiff mit den blauen Segeln, auf denen der Schwan von Dol Amroth prangte. "Und wie ich hörte, habt ihr euren Landgang ebenfalls gut genutzt. Soll eine wichtige Schlacht im Norden gegeben haben, am Fuße der Berge."
"Die gab es, Veantur," bestätigte Valion, der sich von der guten Laune des alten Gondorers anstecken ließ. "Aber sorge dich nicht. Wir hatten alles im Griff."
"Ha! Habe keinen Augenblick daran gezweifelt," lachte der Seefahrer. "Es braucht schon mehr als ein paar lausige Orks, um die Reihen Gondors zu brechen - ob nun zu Land, oder zur See."
Wie er den Zwillingen nun allzu bereitwillig erzählte, war Veantur seit ihrer Rückkehr nach Dol Amroth bereits zweimal zur Insel der Turmherren gefahren, um Nachrichten und Hilfsgüter abzuliefern. Valion war erfreut zu hören, dass der Wiederaufbau inzwischen größtenteils abgeschlossen war, und dass von Umbar noch immer keine direkte Gefahr für Tol Thelyn auszugehen schien. "Wie es aussieht, werden wir so bald keine schwarzen Segel am Horizont fürchten müssen," kommentierte Veantur.
Die gondorische Flotte besaß uneingeschränkte Kontrolle über die Bucht von Belfalas und das Mündungsgebiet des Anduin, und einige wagemutige Kapitäne sprachen bereits davon, einen Angriff über den Seeweg auf den großen Hafen Pelargir zu planen, der noch immer von den Ringgeistern beherrscht wurde. Imrahil hatte allen Vorschlägen dieser Art bislang rasch den Wind aus den Segeln genommen - zu unsicher war die Lage an Land, wo es an der östlichen Front entlang des Flusses Gilrain seit einigen Tagen immer wieder zu kleineren Gefechten mit den Streitkräften Mordors gekommen war. Linhir, der wichtigste Grenzposten Gondors, war noch frei von Kämpfen, doch nun, da General Hilgorn mit einer starken Verstärkungsarmee dorthin unterwegs war, würde es wahrscheinlich nicht lange dauern, bis sich das änderte. Noch hielt Gondor die Front aufrecht, doch Valion wusste nicht, wie lange das noch so bleiben würde. Deshalb war es umso wichtiger, dass er seine neue Mission so rasch wie möglich erfolgreich abschloss. Gondor konnte es sich nicht leisten, die wichtige Unterstützung der kriegsfernen Gebiete im Westen zu verlieren - nicht jetzt, wo der Krieg wieder offen geführt wurde. Wenn es wirklich Verräter und Separatisten in Anfalas und den Pinnath Gelin gab, würde Valions Gruppe sie finden und mit der offiziellen Ermächtigung des Fürsten von Dol Amroth und amtierenden Truchsessen von Gondor ihres Amtes entheben. Erchirion, der zweitälteste Sohn Imrahils, war ein wichtiger Teil davon, denn waren zwar auch Valion und seine Schwester Adelige des Reiches, und hatten Titel mit einigem Gewicht, doch Erchirions Prinzentitel würde ihren Worten und Taten die endgültige Legitimität verleihen.

Valions Verlobte, die schwarzhaarige Lóminîth, stand etwas abseits nahe der hohen Mauern, die den Hafen umgaben, und sprach in eindringlichem Ton mit einer der jungen Zofen, die ihr auf Schritt und Tritt zu folgen schienen und die sie teilweise von der Straße geholt hatte. Als Valion neugierig näher kam, konnte er den Rest der Unterhaltung mitanhören.
"Du wirst mich in meiner Abwesenheit am Hofe des Fürsten vertreten und wirst in meinem Namen sprechen, Váneth," erklärte Lóminîth gerade. "Hast du verstanden, was das bedeutet?"
"Ja, Herrin," antwortete Váneth, deren hellbraune Haare zu einer komplizierten Hochsteckfrisur aufgetürmt waren. "Ich verstehe die Verantwortung, die Ihr auf meine Schultern legt, und fühle mich geehrt."
"Gut, gut. Du wirst tägliche Berichte von allem, was geschieht und was dir zu Ohren kommt, anfertigen, und mir alles einmal pro Woche zuschicken. Und vergiss nicht, dass du jetzt nicht mehr Váneth, das Mädchen aus dem Armenviertel bist. Du bist die lange verschollene Erbin von Haus Bereneth aus Ithilien."
Váneth nickte. "Ich kenne meine Titel und meinen Anspruch, Herrin."
"Und du weißt, für wen du dich damit zum Ziel machst," fügte Lominîth hinzu.
"Ich werde Euren Worten diesbezüglich ganz genau Folge leisten, Herrin."
"Sehr gut. Informiere mich darüber, wenn du deine Wahl getroffen hast. Denke daran, dass ein wichtigerer Titel auch mehr Einfluss bedeutet, wähle dein Ziel also sorgfältig aus. Und vergiss nicht: Nicht jeder Mann, der viel Einfluss besitzt, weiß diesen auch sinnvoll zu nutzen."
Váneth nickte und schien noch etwas sagen zu wollen, doch als sie Valion herankommen sah, senkte sie den Blick und schwieg. Ihr blausilbernes Kleid wiegte im Wind, der vom Meer herwehte, leicht hin und her.
"Geh jetzt," befahl Lóminîth. "Du wirst deine Sache gut machen."
Das Mädchen drehte sich um und verschwand in Richtung der Oberstadt.
"Du hast sie ja ziemlich gut abgerichtet," kommentierte Valion mit einem schiefen Grinsen. "Gibt es denn wirklich genug ausgestorbene Adelshäuser und vakante Titel, die du an deine Mädchen verteilen kannst?"
Seine Verlobte schien den leisen Spott inzwischen gewohnt zu sein, weshalb sie nicht darauf einging. "Ich kümmere mich gut um sie," stellte sie klar. "Dank mir haben sie die Möglichkeit, ihr Leben noch einmal neu anzufangen."
Valion hob abwehrend die Hände. "Ich sagte ja nicht, dass etwas dagegen hätte, was du da tust."
Es hatte eine Weile gedauert, bis sich Lóminîth mit dem Gedanken angefreundet hatte, Dol Amroth zu verlassen. Doch am Ende hatte sie eingesehen, dass es ihrem Ansehen und ihrer Vertrauenswürdigkeit in Imrahils Augen sehr gut tun würde, wenn sie keine Einwände erhob. "Ich bin sehr darauf gespannt, deine Mutter kennenzulernen," sagte sie. "Sie muss eine beeindruckende Frau sein, wenn sie dich und deine Schwester ihr Leben lang ertragen hat, ohne dem Wahnsinn zu verfallen."
Und das war Míleth von Nan Faerrim auch. Sie war schon immer diejenige gewesen, die es geschafft hatte, die Wahrheit aus den Zwillingen herauszuholen, wenn sie wieder einmal einen unmöglichen Streich gespielt hatten und die einen so strengen Ton anschlagen konnte, dass Valion und Valirë für einige Zeit nicht einmal mehr daran dachten, sich auf die Kosten anderer einen Spaß zu machen. Doch sie war auch stets liebevoll mit ihren Kindern umgegangen und hatte ihnen viele Wünsche erfüllt. Valion stellte fest, dass er sie vermisste. Seit dem Tod ihres Mannes lebte Míleth wieder bei ihrer Familie in Anfalas, in einem kleinen Tal in der Nähe des südwestlichsten Ausläufers des Weißen Gebirges, das den Namen Nan Faerrim trug. Und dort wartete sie nun darauf, dass ihr ihre Kinder ihre Verlobten vorstellten.

Sie bestiegen das Schiff, nachdem die Mannschaft die Vorbereitungen für die Abfahrt abgeschlossen hatte. Erchirion hatte Valirës Hand genommen. Valions Schwester war in ihre Reitkleidung aus festem Leder gehüllt und trug das große Elbenschwert in der rechten Hand, das das Erbstück ihres Hauses war. Erchirion trug die Farben Dol Amroths - Blau und Silber - und war mit Schwert und Schild bewaffnet. Auch Valion hatte seine Rüstung angelegt und seine beiden Schwerter hingen fest an seinem Gürtel. Und Lóminîth trug ein rotschwarzes Kleid mit langen, weiten Ärmeln und darüber einen weinroten Umhang, der sie vor dem Wind schützen sollte. Denn der Wind wurde immer stärker, als sich das Schiff schließlich vom Kai Dol Amroths löste und Fahrt aufnahm.
Bringen wir es hinter uns, dachte Valion, der neben seiner Verlobten an der Reling stand und auf das Meer hinausblickte, das sich nun vor ihnen ausbreitete. Zu ihrer Rechten konnte er den Hafen von Edhellond in der Ferne erkennen, und zur Linken ragten die Türme Dol Amroths in den von der Mittagssonne erhellten Himmel hinauf. Wir finden heraus, was in Anfalas vor sich geht, und setzen den Separatisten ein Ende. Und dann schließe ich mich Hilgorn und seinen Leuten an der Front an. Es wird Zeit, dass Gondor in die Offensive geht. Wenn Verdandis Bericht stimmt, dann leiden die Menschen in den besetzten Gebieten noch mehr, als wir auch nur hätten erahnen können. Wir müssen das so schnell wie möglich beenden. Er hoffte, dass ihn dieser Auftrag nicht allzu lange aufhalten würde. Entschlossen ballte er die Hände zu Fäusten, öffnete sie jedoch wieder, als sich schmale Finger dazwischen schoben. Lóminîth hatte seine Hand genommen und schenkte ihm ein seltenes, echtes Lächeln.
"Eigentlich bin ich ganz froh, den Intrigen und dem Gerede am Hof für einige Zeit den Rücken kehren zu können," sagte sie.
"Du gibst also zu, dass du in Intrigen verstrickt bist, meine Schöne?" Valion grinste.
"Welche Frau ist das nicht?" gab sie schlagfertig zurück. "Du kannst froh sein, dass ich auf deiner Seite bin, Valion."
"Oh, glaub mir... das bin ich."


Valion, Valirë, Lóminîth, Erchirion und Veantur an Bord der Súlrohír nach Anfalas
« Letzte Änderung: 16. Okt 2017, 17:07 von Fine »
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An Bord der Rache von Edhellond
« Antwort #23 am: 14. Jul 2018, 23:55 »
Aus der Sicht Valirës

"Ihr langweilt mich, Schiffsmeister."
"Sagt nicht so etwas, Teuerste. Es gibt noch so viele wundersame Dinge, die ich Euch über dieses Schiff erzählen könnte."
"Aber ich weiß bereits alles, was es über die Rache von Edhellond zu wissen gibt. Dass Euer Urgroßvater, der große Piratenjäger Faerion von Edhellond, sie einem grausamen Korsarenkapitän abluchste und ihr schwarzen Segel gegen hellblaue austauschte. Und dass sie seitdem zu einem der gefürchtesten Schiffe im gesamten südlichen Meer geworden ist, das die Korsaren noch bis in ihre Albträume verfolgt."
"Oh," machte Amros. "Ihr habt tatsächlich zugehört."
"Natürlich habe ich das," entgegnete Valirë und erhob sich träge vom Bett. Während Amros von Edhellond an Ort und Stelle liegenblieb und weiter auf sie einredete, schnappte sie sich seinen Umhang und bedeckte sich notdürftig damit. Die Kapitänskabine der Rache von Edhellond war luxuriös ausgestattet und sehr geräumig. Der leichte Seegang, der im Hafen von Dol Amroth die Schiffe bewegte, verstärkte das leichte Gefühl von Übelkeit, das Valirë jedesmal verspürte, wenn sie Dinge tat, die sie selbst vor ihrem Zwillingsbruder geheim hielt.
"Lieblichste Valirë," versuchte es Amros erneut. "Wollt Ihr denn wirklich schon gehen?"
"Ja, will ich," gab sie zurück. "Ich hatte gehofft, dass Ihr mir im Kampf gegen die Eintönigkeit Abhilfe schaffen könntet. Und habe mich zu spät daran erinnert, dass Ihr in dieser Hinsicht auch früher schon nicht viel zu bieten hattet. Von... anderen Bereichen gar nicht erst zu sprechen."
Amros hatte den Anstand, beschämt zu erröten, als er verstand, wovon sie sprach. Kleinlaut schwieg er, während Valirë ihre Kleider zusammensuchte und sich anzog. Dann verließ sie die Kajüte und betrat das große Deck des Kriegsschiffes, das von Amros zum Flaggschiff der Seemacht Gondors gemacht worden war.
Solange die Rache von Edhellond im Hafen ankerte, war der Großteil der Besatzung an Land unterwegs. Valirë wusste allerdings aus erster Hand, dass das Schiff schon bald nach Tolfalas aufbrechen würde, mit einem Zwischenstopp in Linhir. Kurz fragte sie sich, wie der Krieg an den Grenzen wohl lief, doch rasch schob sie Gedanken daran beiseite. Sich die aufregenden Kämpfe vorzustellen erinnerte sie nur immer wieder daran, wie sehr sie sich in Dol Amroth als Gefangene des Prinzenhofes vorkam. Seit ihrer Rückkehr aus Anfalas an Erchirions Seite hatte Fürst Imrahil es sich in den Kopf gesetzt, seine neue Tochter zu einer anmutigen Hofdame von Dol Amroth zu machen. Valirë blickte zu Imrahil auf und hatte ihn ohne Vorbehalte als Vater akzeptiert, doch für diese Entscheidung hasste sie ihn. Sie wollte über die Ebenen von Belfalas reiten und sich in waghalsigen Wettstreiten mit anderen Abenteurern messen, nicht das Getuschel des Hofstaates ertragen. Sie wollte Blut von ihrer Klinge tropfen sehen. Und da Gondors Blut in diesen Tagen kostbar war, konnte sie es sich nicht erlauben, ihre Kampfeslust an den Menschen von Dol Amroth auszulassen.

"Segel in Sicht!" brüllte einer der wenigen Seeleute, die im Augenblick noch an Bord des Flaggschiffes waren. Als Valirë rasch zum Heck der Rache geeilt war, kam das neu eingetroffene Schiff gerade in Sicht, als es in die scharf eingeschnittene Bucht zwischen Edhellond und dem Fels, auf dem Dol Amroth stand, einbog. Es war eines der leichteren Schiffe der Flotte des Schwanenprinzen, das zwar nicht die stärkste Bewaffnung aufweisen konnte, doch diesen Nachteil durch höhere Geschwindigkeit wettmachte. Das hellblaue Segel blähte sich im günstigen Wind und zeigte stolz den silbernen Schwan, der zentral darauf prangte.
Valirë sah zu, wie das kleinere Schiff zielsicher in den Hafen einlief und neben der Rache vertäut wurde. Da Amros' Flaggschiff um ein gutes Stück höher als der Neuankömmling war, konnte sie von oben auf das benachbarte Deck herabblicken. Und entdeckte dort unten eine ihr nur allzu gut bekannte Gestalt. Kurz entschlossen packte sie eines der Taue, die vom Hauptmast der Rache herabhingen und warf es auf das untere Deck herab. Die feste, lederne Hose und die Handschuhe, die sie trug, verhinderten Verletzungen, als Valirë mit Schwung an dem dicken Seil herabrutschte und mit einem Knall auf den Planken des kleineren Schiffes landete.
"Sieh mal einer an, wer endlich den Weg nach Hause gefunden hat," sagte sie und stemmte spielerisch die Hände in die Hüften.
Amrothos, jüngster Sohn des Fürsten von Dol Amroth, wich überrascht einen Schritt zurück, ehe er Valirë erkannte. Und dann begann er zu ihrer Verwunderung, schallend zu lachen.
"Was ist so komisch?" wollte sie wissen.
"Wir haben gerade von dir gesprochen," mischte sich eine neue Stimme ein. Ein junges blondes Mädchen - Valirë schätzte sie auf sechzehn oder siebzehn - in einem grünen Kleid war neben Amrothos aufgetaucht und musterte Valirë mit neugierigem Blick. "Amrothos sagt, dass es keine Frau in Gondor gibt, die dir an Wildheit gleichkommt."
"So so, sagt er das?" Valirë legte den Kopf leicht schief und wartete darauf, dass der junge Prinz sich beruhigte.
"Nun, es war eine äußerst lange Reise über den Seeweg von den Anfurten von Mithlond," meinte Amrothos. "Ich hatte viel Zeit, Geschichten über Dol Amroth und seine berühmtesten Persönlichkeiten zu erzählen. Und in dieser Aufzählung durften natürlich die Zwillinge vom Ethir nicht fehlen. Wo ist dein nichtsnutziger Bruder? Sag nicht, er wartet am Kai mit einem Sack Mehl auf mich... schon wieder."
"Ha! Das war eines unserer Meisterstücke!" lachte Valirë. "Noch drei Monate später riefen sie dich den bemehlten Prinzen, erinnerst du dich?"
"Nur allzu gut," gab Amrothos zerknirscht zu. "Du hast meine Frage nicht beantwortet... schon wieder."
"Valion jagt einen Verräter Gondors... irgendwo im Schwarzgrundtal. Und wenn er ihn erwisch hat - was nicht allzu lange dauern sollte - greift er diesem Jungspund bei Linhir unter die Arme. General Hilgorn war der Name, wenn ich mich nicht täusche."
"Hilgorn von der Stadtwache? Ein guter Mann. Mein Vater muss ihn befördert haben, während ich... fort war."
"Wer ist denn deine kleine Freundin, Amrothos?" wollte Valirë wissen.
"Ich heiße Irwyne und komme aus Rohan," stellte sich das Mädchen artig vor. Sie machte einen durchaus annehmbaren Knicks.
"Ich hoffe, du erwartest nicht von mir, dass ich diese Geste erwidere," sagte Valirë.
"Irwyne, das ist die berüchtigte Valirë vom Ethir, wie du dir ja bereits denken konntest," stellte Amrothos sie vor.
Eine neue Stimme ertönte hinter ihnen. "Wieso seid ihr beiden noch nicht von Bord gegangen? Der Kapitän und seine Mannschaft sind alle schon fort."
Valirë drehte sich um und fand eine Frau vor sich stehen, wie sie sie noch nie in ihrem Leben erblickt hatte. Braunes Haar und feine Züge besaß sie, doch waren es die Augen, die Valirë wie in einem Bann gefangen hielten. Grau wie der Himmel an einem stürmischen Tag schienen sie eine endlose Tiefe aufzuweisen, in der man sich verlieren konnte. Alt und gleichzeitig jung war das Antlitz der Frau und Valirë erkannte, dass sie einer vom Sternenvolk gegenüber stand. Elben waren in jenen Tagen in Dol Amroth keine Seltenheit mehr, doch unter den Kriegern, die sich die Erben Lenwes nannten, waren nur wenige Frauen gewesen. Und darüber hinaus verspürte Valirë eine ihr unerklärliche Verbundenheit zu der Unbekannten, die sie merkwürdigerweise an ihre Mutter Míleth denken ließ, die nun über das Tal von Nan Faerrim herrschte.
"Wir wurden... aufgehalten," sagte Amrothos entschuldigend, und trat verlegen von einem Bein aufs andere. "Valirë, dies ist Mithrellas vom Goldenen Wald, Tochter des Oronêl und... Ahnherrin der Fürsten von Dol Amroth."
Normalerweise hätte Valirë anhand eines solch langatmigen, hochfahrenden Titels einen schlechten Scherz gemacht, doch Mithrellas' Gegenwart bewirkte, dass sie zum ersten Mal seit vielen Tagen nicht wusste, was sie sagen sollte.
Ein peinlicher Augenblick der Stille trat an. Die Elbin musterte Valirë eindringlich und ihr Gesichtsausdruck blieb neutral. Als ihre grauen Augen jedoch den zartrosanen Kussabdruck an Valirës Hals streiften, den Amros' Lippen dort hinterlassen hatten, glaubte Valirë darin eine Spur von Missbilligung zu entdecken, und ein Gefühl von bislang ungekanntem Schuldbewusstsein stieg in der Gondorerin auf.
Es war Amrothos, der sie rettete. "Mithrellas, dies ist Valirë vom Ethir - eine von Gondors berüchtigsten Kriegerinnen. Sie hat einen wahrlich gefürchteten Ruf."
Die linke Augenbraue der Elbin wanderte um ein Winziges nach oben. Ihr Blick schien Valirë zu durchbohren, doch dann machte Mithrellas einen Schritt vorwärts und legte unvermittelt einen Arm um die verdutzte Valirë.
"Du suchst Aufregung, Tochter des Steinlandes," wisperte die Elbin in ihr Ohr. "Dafür verdamme ich dich nicht. Doch vergiss nicht, woher du kommst. Ich erkenne meine Nachfahren, so zahlreich sie in diesen Tagen auch geworden sein mögen. Und ich weiß, dass mehr in dir steckt."
Mithrellas ließ sie los und nickte Valirë freundlich zu. "Es freut mich, die Bekanntschaft zu machen, Valirë. Ich kehre nun an Imrahils Hof zurück, und erwarte, dass wir uns dort bald wiedersehen werden."
Sie ließ Valirë stehen und ging anmutig von Bord.
"Also, so etwas habe ich noch nie gesehen," sagte Amrothos, zu gleichen Teilen ratlos und belustigt. "Valirë vom Ethir ist sprachlos. Ich wünschte, ich könnte diesen Moment irgendwie festhalten, damit ich ihn dir immer wieder schön unter die Nase reiben kann."
Da fand Valirë ihre Sprache wieder und sagte: "Ach, halt bloß den Mund, Amrothos. Sonst stopfe ich ihn dir mit meiner Faust... schon wieder."
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Unter Arrest
« Antwort #24 am: 11. Jan 2019, 14:31 »
Ardóneth, Valion, Rinheryn, Damrod, Thandor, Gilvorn, Lothíriel, Areneth und Glóradan von der Bucht von Belfalas


Trotz der Ankunft in Dol Amroth blieb Valion unfreiwillig weiterhin dort, wo er auch während der gesamten Überfahrt von Tolfalas gewesen war: Eingesperrt in der Brigg der Rache von Edhellond. Lothíriel hatte ihm mitteilen lassen, dass sie erst mit ihrem Vater sprechen würde, ehe Valion die Zelle verlassen durfte.
In den Stunden, die er dorts bereits verbracht hatte, hatte er viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Und er war zu dem Schluss gekommen, dass er das Richtige getan hatte, als er sich seiner Eskorte in Anfalas entzogen hatte. Es stimmte zwar, dass er damit das Gesetz Gondors gebrochen hatte, doch der Erfolg der Gefangennahme Gilvorns würde ihm in Imrahils Augen doch sicherlich recht geben, oder nicht?
Er hasste es, eingesperrt zu sein. Andere würden Imrahil nun eine Version der Ereignisse erzählen, ehe Valion die Gelegenheit bekommen würde, seine Sicht der Dinge darzulegen. Und er fürchtete, dass der Fürst ihm trotz seiner kürzlichen Verdienste in Umbar und in der Schlacht in Morthond nicht unbedingt wohlgesonnen sein würde.
Frustriert lehnte er sich mit dem Rücken gegen die dicke Außenwand des Schiffes, als er aus den Augenwinkeln einen schlanken Schatten vor den Gittern seiner Zelle bemerkte.
"Lóminîth?" fragte er überrascht.
"Valion! Ist alles in Ordnung mit dir, bist du verletzt?" fragte seine Verlobte mit untypischer Sorge in der sonst so kühlen Stimme.
"Es geht mir gut," antwortete er. "Aber es würde mir noch deutlich besser gehen, wenn ich hier raus käme. Ein gutes Abendessen mit einem edlen Tropfen Wein dazu wäre jetzt genau das Richtige."
Ihm fiel auf, dass auch Lóminîth während der Heimreise aus Anfalas unter Aufsicht der Eskorte Nengwens, der Herrin der Pinnath Gelin gestanden hatte. "Haben sie dich etwa gehen lassen?" fragte er verwundert.
"Ich stehe unter Hausarrest," antwortete die dunkelhaarige Frau. "Aber ich musste dich einfach sehen. Es ist zu lange her, und ich..." Ihre Stimme wurde leise, kaum hörbar. "...ich habe dich vermisst."
Valion traute seinen Ohren kaum. Hier stand Lóminîth, eine in Umbar aufgewachsene, berechnende Frau, die ohne mit der Wimper zu zucken zu Werkzeugen wie Intrigen und Mord griff, und führte sich auf, wie ein Mädchen, das nur halb so alt war wie sie. Und zu seiner eigenen Überraschung... berührten ihn ihre Worte.
"Ich habe dich auch vermisst, Lómi," antwortete er sanft. In seinem Herzen erkannte er, dass dieser Satz der Wahrheit entsprach. Ein großer Teil von ihm war froh, dass es Lóminîth gut ging, und dass sie jetzt in diesem Augenblick bei ihm war. "Sie werden dein Fehlen bald bemerken," sagte er besorgt.
"Vaneth und die anderen sorgen für eine ausreichende Ablenkung," sagte Lóminîth, nun wieder ganz sie selbst. "Wir haben genug Zeit. Erzähl mir, was auf deiner Jagd nach Gilvorn geschehen ist. Und lasse nichts aus."
Valion grinste. Dann fasste er rasch die vergangenen Wochen zusammen. Lóminîth erfuhr von seinem hastigen Ritt durch Anfalas und Morthond, bis über die Pfade der Toten nach Rohan hinein. Sie machte große Augen als sie von der Schlacht in Anorien hörte, und schlug besorgt die Hände vor das Gesicht, als Valion von den Kämpfen in Minas Tirith erzählte.
"Du hast wahrlich mehr Glück als Verstand," sagte sie tadelnd, als Valion vom Überfall der Waldläufer auf Balkazîrs Streitmacht in den Wäldern Ithiliens berichtete.
"Ich habe das Glück, du den Verstand," hielt Valion dagegen. "Deshalb passen wir auch so gut zusammen."
Lóminîth gab ein Schnauben von sich. "Jetzt müssen wir erst einmal dafür sorgen, dass der Fürst uns für unsere Taten nicht aufhängen lässt."
"Wir werden das schon hinbekommen, Lómi. Gemeinsam kriegen wir das hin."
Sie blickte ihn an. Zweifel stand in ihren dunklen, beinahe schwarzen Augen. Doch langsam, ganz langsam schwanden sie. "Wenn du es sagst..."
Valion war aufgestanden und an das Gitter heran getreten. Er ergriff Lóminîths schlanke, feingliedrige Hände und schweigend standen sie einige Minuten einfach dort, getrennt von einer Barriere aus gehärtetem Stahl. Dann überwanden sie die Barriere mit ihren Lippen und küssten sich - so gut es ging.
Lóminîth löste sich nur widerwillig von ihm. Doch über ihnen auf dem Deck waren Schritte zu hören geworden. "Bleib stark," wisperte seine Verlobte Valion noch zu, dann verschmolz sie mit den Schatten und war verschwunden.
Ein Wächter in schwerer Rüstung kam polternd die Treppen vom Hauptdeck hinab. Er schloss Valions Zelle auf und gab ihm zu verstehen, dass er mitkommen sollte. "Der Fürst will dich seh'n," brummte der Mann. "Bevor die Sonne untergegangen ist, will er sein Urteil gefällt haben, heißt es."
Valion folgte dem Gondorer auf das Deck der Rache hinaus. Es musste Mittag sein, denn die Sonne schien hoch über den Türmen Dol Amroths auf ihn herab. Von Rinheryn oder den Waldläufern fehlte jede Spur. Einige Hafenarbeiter warfen Valion neugierige Blicke zu, während er von dem Wächter durch den Hafen geführt und in die Stadt hinauf gebracht wurde.


Valion zum Palast des Fürsten
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Eandril

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Re: Am Hafen
« Antwort #25 am: 1. Jun 2019, 12:04 »
Oronêl aus dem Palast des Fürsten

Schon bald nach der Verhandlung hatte Oronêl sich von Amrothos verabschiedet und war ein wenig ziellos durch die Stadt geirrt. Er hatte die Menschen von Dol Amroth beobachtet, ihre zur Schau getragene Hoffnung und die darunterliegende, unterschwellige Verzweiflung erkannt. Und mit jedem Augenblick, den er unter ihnen verbracht hatte, hatte der Zweifel mehr an ihm zu nagen begonnen. Hier war ein Volk, für das es keinen Ausweg gab, dass sich der Dunkelheit entgegenstellen und kämpfen oder sterben musste und würde. Welcher Elb konnte dabei beiseite stehen, und sie ihrem Schicksal überlassen, ohne selbst zu handeln? Und doch... Er glaubte nicht, dass er es tun konnte. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, fürchtete er sich davor, dieses Volk scheitern und sterben zu sehen, und nicht nur diese Menschen. Alle Menschen in Mittelerde, die er kennen und lieben gelernt hatte. Oronêl glaubte nicht daran, dass er einen weitere Tod wie den Mírwens, Foraths oder Amrûns ertragen konnte... also war es besser, zu gehen.
Wie von diesem Gedankengang geleitet, führten ihn seine Füße hinunter zum Hafen von Dol Amroth. Nicht von hier fuhren traditionell die Schiffe der Elben nach Westen ab, sondern von Edhellond, auf der anderen Seite der Bucht aus, doch etwas zog Oronêl zum Wasser hin. Nur wenige Schiffe lagen im Hafen, nur einige Handelsschiffe sowie zwei Kriegsschiffe aus der Flotte Dol Amroths, die offenbar während einer Schlacht oder eines Sturms beschädigt worden waren. Dazwischen fiel das kleinere, schlanke Schiff mit dem silbernen Segel deutlich auf.
Oronêl schlenderte langsam das Pier entlang auf das Elbenschiff zu. Was tat ein Schiff aus Lindon hier in Dol Amroth? Waren noch weitere Elben von dort nach Gondor gesegelt, um sich dem Kampf anzuschließen? Oder war es nur hier, um ihn in Versuchung zu führen? Mit zögerlichen Schritten betrat er die ausgelegte Planke, und folgte ihr auf das sanft schaukelnde Deck.

Aus der Sicht Aratinnuíre’s:

Ein Hauch von Lebensfreude überkam die Elbe als sie spürte wie die sanften Wellen verspielt gegen den Rumpf des Schiffes schnellten und es in Schwingung hielten. Schon immer hat sie das Meer geliebt, seine Weite, seine Freiheit, seine zeitenüberwindende Schönheit.
Ihr Blick haftete am westlichen Horizont, ihrem Ziel. Nur auf Bitten Cirdan’s, ihres Verwandten, hatte sie diesen Umweg angetreten um Kunde aus dem Norden in die Schwanenstadt zu bringen. Dies erledigten all jene, die mit ihr gesegelt sind, denn in die Geschicke dieses Krieges hat sie noch nie direkt eingegriffen.

Die weißen Häuser die in den steilaufragenden Klippen erbaut wurden und vom Hafen bis hinauf zum Palast reichten, beeindruckten Aratinnuíre nur wenig. Früher hätte sie einen solch wunderbaren Anblick genossen, doch seit die letzten Soldaten Lothloriens ihr außer der Nachricht über den Fall Amrûn’s auch sein Hab und Gut brachten, hegte sie kaum noch erfreuliche Gedanken. Sie hatte nur noch das Verlangen nach Westen zu gehen und doch hielt sie noch irgendetwas fest oder schmälerte ihren Verlust. Erst jetzt, seit sie den Hafen von Mithlond verlassen hatte wurde dieses Verlangen unerträglich.
Unbekümmert nahm sie den Elben wahr der das Schiff betreten hatte und sich auf dem Schiff umsah. Sein Blick fokussierte sie.

„Kennen wir einander?“ sprach er sie an.
Die Elbe musterte ihn von oben bis unten und entgegnete in einem freundlichen Ton: „Wir haben uns noch nie gesehen.“
Ein kurzes Schweigen erfüllte den Raum zwischen ihnen.
„Ihr segelt nach Westen. Habe ich recht?“ Sie nickte zaghaft.
„Aber wieso seid ihr dann hierhergekommen?“
„Wir bringen Nachrichten aus dem Norden. Es war der Wunsch von Cirdan. Die Flotte der Elben hat an Größe etwas eingebüßt.“
„Was für ein…“, seine Stimme begann leicht zu zittern „eigenartiger Zufall“.
„Weil ihr ein Schiff sucht, dass euch nach Aman bringt?“, schloss sie rück.
„Ja… und auch nein“
Aratinnuíre war verwirrt, aber diese Reaktion kam ihr bekannt vor.
„Seit Tagen, ja sogar seit Wochen oder Monaten ringe ich mit mir und dieser Entscheidung und jetzt wird sie mir so einfach abgenommen. Das Schicksal ist scheinbar unmissverständlich.“
„Es ist ein seltenes Geschenk, dass sich das Schicksal einem so offenbart. Immerfort machen wir Pläne. Sie sind zahlreich und reichen über wenige oder über viele Jahre. Wie oft geben wir einander Versprechungen und können sie dann nicht halten, weil es uns anders ‚bestimmt‘ ist.“
Der Elb wirkte ein wenig bedrückt und Aratinnuíre erkannte die Angst in ihm seine Heimat für immer hinter sich zu lassen.
Sie setzte fort: „Aber unser Volk hat die Gnade der Unsterblichkeit erfahren und so ist es uns gewiss, dass wir jedes Versprechen irgendwann einlösen können. Ich gehe reinen Gewissens. Meine letzte Schuld liegt bei dem, den ich Liebe und zu ihm werde ich ab morgen gehen um sie einzulösen.“
„Was habt ihr im versprochen?“
„Dass wir gemeinsam nach Aman gehen um dort für immer vereint zu sein. Aber er musste noch einiges Erledigen hier in Mittelerde. Er fiel in Lothlorien und ging mir voraus.“
„Dann fiel er in meiner Heimat, an meiner Seite“, antwortete der Elb und die beklemmende Traurigkeit dieses Ereignisses überkam ihn.
„Dann kanntet ihr ihn wahrscheinlich, er war Amrûn, Sohn des Gilwe.“
Die Überraschung war ihm in das Gesicht geschrieben: „Amrûn war mein Freund. Er und Celebithiel holten mich in diese Welt zurück. Zum ersten Mal sah ich sie hier in Dol Amroth. In Lothlorien rettete er mir das Leben bevor er seines gab.“
Aratinnuíre biss die Zähne zusammen um ihre Tränen zu unterdrücken.
„Ihr seid Aratinnuíre. Ich bin Oronêl“, er wartete vergebens auf ein Nicken. Er ging ein paar Schritte auf sie zu und stellte sich neben sie an die Brüstung des Schiffes. Der Blick war auf den westlichen Horizont gerichtet.

„Hier hat alles angefangen, hier wird alles enden. Als wäre dies nicht schon Bestimmung genug seid auch ihr noch hier um eure letzte Reise anzutreten. Es gibt für mich keinen Zweifel mehr“, sagte er abschließend.

Oronêl

In der Nacht hatte Oronêl keine Ruhe gefunden. Rastlos war er durch die stillen Hallen des Palastes gewandert, durch die Gärten hinab zur Stadt, hinauf auf die Mauern über dem Tor, von wo er auf den Platz hinab blickte, wo Celebithiel und er gegen den Nazgûl gekämpft hatten.
Er stand vor der Tür von Irwynes Zimmer, lauschte auf ihren ruhigen, gleichmäßigen Atem, und nahm Abschied. Er öffnete die Tür nicht, sondern flüsterte schließlich, an das Holz der Tür gelehnt: "Leb wohl, Siniel." Er fragte sich, ob sie die Worte irgendwie gespürt hatte, ob sie sich im Schlaf geregt hatte. Und er kam zu dem Entschluss, dass es nicht wichtig war. Er hatte ihr alles gesagt, was er sagen musste, und er wusste, dass sie es eines Tages verstehen würde.
In den Gärten, in einem Rund aus süß duftenden Blumen, traf er auf Mithrellas. Seine Tochter sprach kein Wort, sondern blickte ihm nur ins Gesicht, und legte dann eine Hand auf seine Wange. "Tue, was richtig ist", sagte sie leise, bevor sie sich abwandte, und davoneilte, ein Schatten in der Nacht.

Aus der Sicht Aratinnuíre’s:

Oronêl saß auf einer steinernen Bank am Hafen der Schwanenstadt. Sein Gepäck lag in einem Lederbeutel zu seinen Füßen. Die ersten gelben Sonnenstrahlen fielen von Osten her in die Bucht.
Aratinnuíre hatte ihn bereits aus der Ferne gesehen. Sie hatte die gestrige Nacht kaum Ruhe. Zu groß war ihre Neugier auf Oronêl, der ihr vielleicht mehr über die letzten Tage und Stunden Amrûns erzählen konnte. Sie balancierte über den Holzsteg vom Schiff, am Ende hielt sie kurz inne. Der Schritt kostete sie Überwindung, doch sie atmete tief ein tat den Schritt und so spürte sie unter ihren bloßen Füßen ein letztes Mal den kühlen Steinboden.
„Guten Morgen!“ begrüßte der Elb sie leicht trübselig „Ich bin gleich bei euch an Bord.“
Ohne eine Antwort zu geben setzte sie sich neben Oronêl.
„Möchtest du wirklich mitkommen?“, fragte sie.
„Ja!“, sagte er bestimmt „Was ich gestern gesagt habe, meinte ich ernst.“
„Ich sehe in dir denselben Zweifel den ich einst in den Augen Amrûns sah. Dass er hier blieb in Mittelerde, es geschah durch mein zutun. Wir haben es dem Schicksal überlassen indem jeder von uns seinen Wunsch auf einen Zettel schrieb und nur einer von ihnen gezogen wurde. Es war letztlich meiner den er in seinen Händen auffaltete und laut ‚Mittelerde‘ vorlas. Vielleicht war es dumm von mir, aber andererseits wäre er dann niemals dir begegnet und hätte Hoffnung zurück in dein Herz gebracht und vielleicht noch in die Herzen vieler anderer.“
Einen Augenblick schweifte sie im Gedanken an jenen Tag zurück als sie Amrûn in Mithlond verabschiedete.
„Was ich dir damit sagen möchte: Das Schicksal kann dir ein Ende aufzeigen aber genauso auch einen Neuanfang. Die Entscheidung darüber triffst du selbst.“
Ihre Hand legte sie auf seinen Handrücken und drehte sie langsam um, um ihm etwas in die Hand zu legen. Behutsam nahm er eine Kette an sich mit einem bernsteinfarbenen Amulett. Ein sanftes Licht strahlte von ihm ab und warf einen orangen Schein auf ihre Gesichter.

„Dies ist eine Gemme der Noldor und in ihr scheint das vergessene Licht Laurelins, dem Vater der Sonne. Ich weiß, dass dein Haus weder Freude an Geschenken der Noldor hat noch habt ihr je das Licht der Bäume gesehen, aber es bring Mut und Entschlossenheit in die Herzen jener die es bei sich tragen. Wo auch immer du sein magst, in dieser Zeit tust du gut es zu haben.“
Sein Blick verzehrte sich nach dem Schimmern des Amuletts: „Nicht die Noldor machten mir dieses atemberaubende Geschenk, sondern ihr aus dem hohen Hause der Teleri und Amrûn. Stets werde ich es in Ehren halten.“
Aratinnuíre hatte ein ehrliches Lächeln auf ihren Lippen.
„Ich werde dich nun alleine lassen. Tausend Fragen habe ich an dich, aber sie sind jetzt nicht wichtig. Gewiss ist, dass ich dich kennen lerne. Entweder auf dieser Reise oder durch die Geschichten die mir Amrûn erzählen wird. Wir werden in gut einer Stunde aufbrechen.“

Oronêl

Oronêl atmete tief durch. Dann hänge er sich da Amulett um den Hals, wo es neben Calenwens Andenken zu liegen kam, und schloss die Augen.
Bilder blitzten vor seinem inneren Auge auf. Zwei hohe, schneebedeckte Berge, zwischen denen eine weiße Stadt lag. Durch die Lücke zwischen den Bergen schien Licht. Eine goldene Stadt, inmitten einer grünen Ebene. Und schließlich dunkle, schattige Hallen - doch sie strahlten nichts böses aus, sondern ein Gefühl der Ruhe, des Friedens, der Geborgenheit.
Vor ihm stand Amrûn, das blutige Schwert in der Hand, auf dem Schlachtfeld an der Furt des Nimrodel. Dieses Mal nickte Oronêl nicht bloß dankbar, sondern sagte: "Ich danke dir. Du hast mein Leben gerettet."
Und wozu? Obwohl Amrûns Lippen sich nicht bewegten, hörte Oronêl seine Stimme. Willst du den gleichen Weg einschlagen, von dem du mich abbringen wolltest? In Amrûns Stimme schwang trotz seiner Worte kein Vorwurf, keine Enttäuschung mit - sondern Mitleid.
"Ich... weiß es nicht", erwiderte Oronêl, und mit einem Mal fühlte er sich, als wäre eine gewaltige Last von ihm genommen worden. Es war in Ordnung, nicht zu wissen, was man tun sollte. "Spreche ich wirklich mit dir?", fragte er. Die Frage schien Amrûn zu belustigen. Was ist wirklich, mein Freund? Vielleicht genügt es dir zu wissen, dass ich mich an alles erinnere, was uns zwischen Dol Amroth und Lórien geschehen ist. Und ich ahne, dass du mein Amulett trägst.
"Aratinnuíre hat es mir gegeben. Sie hat... einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen."
Ich weiß. Eine tiefe Sehnsucht schwang in Amrûns Stimme mit. Mein größtes Bedauern ist, dass ich diese Reise nicht mit ihr antreten kann. Doch ich bedaure nicht, mich in meiner letzten Schlacht dem Feind gestellt zu haben.
Oronêl schwieg, doch etwas in ihm veränderte sich. Bedauern gab es immer, und er konnte diese Entscheidung niemals treffen, ohne zu bedauern, was er nicht getan hatte. Doch der Punkt dieser Entscheidung lag bereits hinter ihm -  er war nicht mit Calenwen gesegelt. Und was waren ein paar Monate, Jahre, im Leben eines Elben? Sie würde warten.
Amrûn, der ihn aufmerksam beobachtet hatte, lächelte, bevor ihn in rascher Folge zwei schwarz gefiederte Bolzen in die Brust trafen. Wir können nicht jeden Tod verhindern. Er gehört zum Leben dazu, bei Elben wie auch den Menschen, nur auf eine andere Art. Uns ist es nur überlassen zu entscheiden, was wir mit unserer Zeit anfangen wollen.
Amrûn verschwand, und weitere Bilder wechselten sich in rascher Folge ab. Irwyne eilte zwischen Zelten entlang, einen Stapel weißer Verbände in den Armen. Kerry ritt über eine dunkle Ebene, verfolgt von Schatten. Amrothos stand in glänzender Rüstung an der Spitze einer Armee, vor ihm ein Meer aus Dunkelheit. Finelleth saß in einer schwach erleuchteten Halle, angespannt, abwartend. Celebithiel berührte mit einem Lächeln das Amulett um ihren Hals. Mithrellas legte ihre Hand auf seine Wange und wisperte Tue was richtig ist.

Oronêl öffnete die Augen, und kehrte zurück ins sonnenbeschienene Dol Amroth. Ein tiefer Frieden breitete sich in ihm aus, und er wusste, was er zu tun hatte.

Aus der Sicht Aratinnuíre’s:

Aratinnuíre stand am Heck des Schiffes und winkte Oronêl zu. Jetzt erst verstand sie, dass ihre Reise hierher kein Zufall war. Ein Bote von Galadriel überbrachte ihr vor der Abreise von Mithlond das Schwert Amrûns um es mit auf die Reise zu nehmen. Es war jenes Schwert, das Amrûn einst von Gil-Galad erhielt und von da an trug er es bis zu seinem Tod und nicht länger. Es war nicht gedacht es zurück zu seinem Besitzer zu bringen, es war nun bei seinem neuen Besitzer.

Oronêl

Die Finger seiner linken Hand strichen über den Schwertgriff, um den sich einst Amrûns Hand geschlossen hatte, und mit der Rechten erwiderte er Aratinnuíres Winken. Langsam glitt das schlanke Elbenschiff aus dem Hafen, in Richtung Westen, und mit sich nahm es Oronêls Unsicherheit und Verzweiflung. Leben vor dem Tod, dachte er bei sich. Im Grunde war es das, was ihm alle versucht hatten, zu sagen - Kerry vor allen anderen. Sie hatte Recht gehabt, doch er hatte es nicht verstehen wollen. Bis jetzt.
Er hörte Amrothos' schnelle Schritte hinter sich, und als der Prinz neben ihm stand, wirkte er ein wenig außer Atem. "Ich dachte, ich würde zu spät kommen", sagte er. "Mithrellas erzählte mir von dem Schiff, und dass du hier sein würdest, und da dachte ich..." Sein Blick fiel auf das sich entfernende silberne Segel. "Ist es das?"
Oronêl musste über die ungläubige Hoffnung in seiner Stimme lachen. "Ja, das ist es." Amrothos blickte ihn an. "Aber dann... dann hast du..."
"Ich habe meine Entscheidung getroffen", erwiderte Oronêl. "Schmerz und Trauer gehören zum Leben dazu. Und bevor ich meine letzte Reise antrete, werde ich noch ein wenig Leben - und wenn ich währenddessen etwas dazu beitragen kann, die Dunkelheit aus Mittelerde zu vertreiben, umso besser. Schließlich leben meine Freunde hier." Amrothos blickte ihn stumm an, bevor er ihn abrupt in eine heftige Umarmung zog. Oronêl lächelte, und ließ es über sich ergehen.
"Wo ist Irwyne?", fragte er schließlich. "Sie hat sich geweigert, mit mir zu kommen. Ich glaube, sie ist wirklich wütend auf dich."
"Nicht völlig zu unrecht", gestand sich Oronêl ein. "Ich glaube, ich sollte mit ihr sprechen - vielleicht solltest du mitkommen, damit sie mich nicht beim ersten Anblick erdolcht."
Amrothos grinste breit. "Ich kann nicht versprechen, dass es mir gelingen würde, sie davon abzuhalten. Aber ich werde dich begleiten, Ahnherr."
"Wenn du mich so nennst fühle ich mich so alt, wie ich bin", seufzte Oronêl, und legte die Hand wieder auf den Schwertgriff. "Und danach könnte ich ein wenig Übung gebrauchen. Es wäre eine Schande, wenn ich mit dieser Waffe im Kampf nichts anfangen könnte." Er hatte das Gefühl, dass er Amrûns letztes Geschenk schon bald brauchen würde.

Oronêl zum Palast des Fürsten



Aratinnuíre by Thorondor the Eagle
« Letzte Änderung: 1. Jul 2019, 08:49 von Fine »

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

Eandril

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Re: Am Hafen
« Antwort #26 am: 2. Jul 2020, 10:14 »
Aragorn, Gandalf, Irwyne, Amrothos, Narissa und Aerien vom Meer

Im Hafen von Dol Amroth herrschte zu dieser späten Stunde nicht viel Betrieb. Tatsächlich war die Falchíril das einzige Schiff, das gerade an- oder ablegte, und auf den Docks und den nahen Straßen schienen außer der ein oder anderen Stadtwache nicht viele Menschen unterwegs zu sein. Wenige Fackeln und Lampen brannten entlang der Kais, und auch die Sterne spendeten nur ein schwaches Licht. Nachdem Gandalf den Kapitän der Falchíril für die Überfahrt bezahlt hatte, setzte er sich an die Spitze und kletterte als erster auf das steinerne Dock hinauf - die Falchíril war so klein, dass das Deck ein gutes Stück tiefer lag. Aragorn folgte als zweiter, während Narissa Aerien nicht ganz uneigennützig den Vortritt überließ. Den Schluss bildeten Amrothos und Irwyne.
"Es ist spät", sagte Aragorn leise, als sich alle auf dem Dock versammelt hatten. "Ich weiß nicht, ob es weise wäre, jetzt zum Palast hinaufzugehen, doch..."
"Bitte verzeiht, Herr", unterbrach Amrothos ihn ebenso leise. "Ich denke nicht, dass mein Vater euch die Stunde, zu der ihr eintrefft, übel nehmen würde." Im schwachen Licht glaubte Narissa ein Lächeln auf den Lippen des Prinzen zu sehen. "Tatsächlich glaube ich, dass es kaum etwas gibt, was er euch verübeln würde."
"Prinz Amrothos hat Recht. Fürst Imrahil mag zunächst ein wenig ungehalten auf die späte Störung reagieren, doch wenn er den Grund dafür erfährt, dürfte er... Verständnis zeigen." Gandalf lächelte ein wenig verstohlen, als Narissa versuchte, möglichst unauffällig ein Gähnen zu unterdrücken. Sie hätte auf dem Schiff ein wenig schlafen sollen, doch jetzt wollte sie auf jeden Fall beim ersten Treffen mit dem Fürsten dabei sein.
Aragorn nickte langsam unter seiner Kapuze. "Gut. Gehen wir also zum Palast."

Aragorn, Gandalf, Irwyne, Amrothos, Narissa und Aerien in die Stadt
« Letzte Änderung: 18. Mär 2021, 10:42 von Fine »

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

Eandril

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Re: Am Hafen
« Antwort #27 am: 18. Mär 2021, 10:18 »
Narissa, Valion, Aerien, Lóminîth, Imrahil, Hilgorn und Thorongil vom Palast des Fürsten

Der Hafen von Dol Amroth war schon am frühen Morgen erfüllt vom Geschrei der Möwen, den geschäftigen Rufen der Matrosen und Kapitäne, und dem Flattern der blausilbernen Fahnen und Segel. Narissa gähnte herzhaft, während sie Thorongil und Minulîth das Pier entlang zu dem Schiff folgte, dass sie nach Umbar bringen würde. Aerien und sie hatten wenig geschlafen, immerhin war es ihre letzte gemeinsame Nacht für längere Zeit gewesen, daher war Narissa noch nicht ganz wach. Allmählich begann die kühle, salzige Morgenluft allerdings ihre Lebensgeister wieder zu wecken.
"Hast du auch an alles gedacht?", fragte Aerien neben ihr. Ihre Stimme klang gezwungen ruhig, die Besorgnis darin kaum zu überhören. "Alles sorgfältig verstaut?"
Narissa unterdrückte den Impuls, die Augen zu verdrehen, und drückte stattdessen sanft Aeriens Hand. "Ich habe meine Dolche - alle fünf - die Rüstung die der Fürst mir aufgedrängt hat, Proviant ist wohl genug an Bord des Schiffes, und ich habe sogar an Ersatzkleidung gedacht." Letzteres hatte sich als etwas schwierig zu beschaffen herausgestellt, da sich im Palast beinahe ausschließlich Kleider gefunden hatten.
"Ah, hier sind wir", stellte Thorongil in diesem Augenblick fest, und blieb stehen. Noch fest am Kai vertäut lag ein schlankes Schiff mit einem einzelnen Mast und einer schwanenförmigen Galionsfigur. Auf dem Bug war mit weißen Buchstaben der Name aufgemalt: Falthaleth.
Am Fuß der Leitplanke wartete eine kleine Gruppe Menschen. Hilgorn, der einäugige General von Dol Amroth, war in ein Gespräch mit einem anderen Mann vertieft, der ihm bis auf den vollen schwarzen Bart sehr ähnlich sah. Ein Stück entfernt von ihnen entfernt warteten Valion und Lóminîth - Minûlîths Schwester wirkte nicht sehr berührt von der Tatsache, dass ihr Verlobter sie verlassen würde um auf eine gefährliche Fahrt mit ungewissem Ausgang aufzubrechen. Jedenfalls wirkte Lóminîth sehr viel gelassener als Aerien.
Als sie sich näherten, unterbrach Hilgorn sein Gespräch und begrüßte sie mit einem Lächeln. "Ich fürchte, ihr werdet auf der Fahrt die unliebsame Gesellschaft meines Bruders in Kauf nehmen müssen", sagte er an Narissa und Thorongil gewandt, doch sein Tonfall war scherzhaft. Der andere Mann - Hilgorns Bruder - schnaubte verächtlich, und verbeugte dann höflich. "Aldar Thoron, bester Kapitän in der Flotte Dol Amroths, zu euren Diensten." In verschwörerischem Tonfall fügte er hinzu: "Unter uns... von uns beiden bin ich der mit Abstand interessantere Bruder. Ihr werdet keinen Grund haben, euch zu beklagen."
"Mit Sicherheit nicht", erwiderte Narissa, der Aldar auf Anhieb sympathischer war als Hilgorn selbst. Sie nickte in Richtung der Falthaleth. "Ihr habt ein sehr schönes Schiff."
Ein strahlendes Lächeln ging über das Gesicht des Kapitäns. "Nicht wahr? Sie ist eine Augenweide. Ich..." Neben ihm ächzte Hilgorn leise. "Nein, bitte. Du wirst auf der Reise genug Zeit haben, dein Seemannsgarn zu erzählen, aber nicht jetzt, sonst werdet ihr niemals aufbrechen."
"Meinetwegen", gab Aldar zurück, und richtete seinen Blick auf einen Punkt weiter das Pier entlang in Richtung Stadt. "Wenn mich nicht alles täuscht kommt dort Fürst Imrahil - Zeit für Verabschiedungen, wir brechen in wenigen Minuten auf."

Narissa warf einen Blick zur Seite zu Aerien, und zog sie dann kurzentschlossen einige Meter zur Seite, halb hinter einen hohen Stapel Kisten und Seile.
"Hör mal", begann sie, und nahm Aeriens Hände in ihre. "Du weißt, dass ich fast nichts lieber täte, als bei dir zu bleiben. Aber... manchmal können wir uns unseren Weg nicht aussuchen. Das wissen wir beide."
"Ja", erwiderte Aerien leise, und lehnte ihre Stirn gegen Narissas. "Das macht es nicht viel leichter." Ihre Stimme zitterte ein wenig, und auch Narissa musste sich heftig zusammenreißen.
"Wir haben so viel gemeinsam überstanden. Wir werden auch ein paar Wochen allein überstehen. Immerhin... werden wir beide nicht ganz allein sein. Ich habe Thorongil. Und Valion scheint auch ganz in Ordnung zu sein. Und du hast Aragorn, und Amrothos und Irwyne. Und Minûlîth und Túor."
Aerien atmete tief durch. "Denk an dein Versprechen", sagte sie, und Narissa nickte stumm.
Dann griff sie unter ihre Kleidung, und zog das Medaillon hervor, dass sie nun schon so lange trug. Sie betrachtete einen Augenblick das Silber mit dem eingeprägten Baum, das in der Morgensonne schimmerte, zog dann entschlossen die Kette über den Kopf und hielt es Aerien hin. "Hier", sagte sie. "Bewahr es für mich auf, bis ich wiederkomme."
Aerien zögerten einen Augenblick, und schloss dann ihre Hand um das Medaillon, bevor sie ihrerseits ihre Halskette mit dem fünfzackigen Anhänger über den Kopf zog. "Und du nimm dies, bis du zurückkommst, damit du an mich denkst." Narissa lächelte. "Ich brauche nichts, um an dich zu denken", sagte sie, nahm die Kette aber trotzdem und hängte sie sich um den Hals. Sie wusste, was Aerien diese Kette bedeutete - nicht weniger, als ihr selbst das Medaillon bedeutete, das Aerien nun trug.
Sie schloss kurz die Augen, und legte die Hand auf den Anhänger auf ihrer Brust. "Lass uns den Abschied nicht zu lange aufschieben", sagte sie schließlich, und gab Aerien einen Kuss. "Auf wiedersehen, Aerien... Sternchen."
Aeriens Stimme klang ebenso belegt wie Narissas, als sie erwiderte: "Auf Wiedersehen, 'Rissa, und... möge es bald sein. Möge... möge der Segen der Valar deinen Weg begleiten."

Als sie zu den anderen zurückkehrten, sagte Imrahil, der inzwischen eingetroffen war: "Ah, nun sind wir vollständig." Er wandte sich Narissa und Valion zu. "Als Truchsess von Gondor erteile ich euch den Auftrag, nach Harad zu gehen und alles in eurer Macht stehende zu tun, den Fürsten Qúsay in seinem Krieg gegen Mordors Getreue zu unterstützen, und schließlich zu unserer Hilfe nach Norden zu führen." Er blickte zuerst Valion, dann Narissa direkte in die Augen. "Ich denke, die Wichtigkeit eures Unterfangens muss nicht weiter betont werden. Die Gedanken Gondors sind mit euch, und möge das Licht der Sonne und Sterne euren Weg bescheinen."
Da Narissa kein Wort herausbrachte, nickte sie nur stumm, wandte sich dann abrupt um und stieg die Leitplanke hinauf an Bord der Falthaleth. Oben angekommen lehnte sie sich auf die Reling und blickte hinab, doch sie konnte nichts anderes sehen als Aerien, die ebenso stumm zu ihr hinauf blickte. Neben sich sah sie aus dem Augenwinkel zuerst Valion, dann Thorongil und zuletzt Kapitän Aldar die Planke hinaufsteigen. Bereits im Gehen rief der Kapitän die ersten Befehle. Taue wurden gelöst, die Planke eingezogen, und mit einem Mal entfernte sich die Kaimauer langsam, und Aerien wurde langsam kleiner in der Entfernung. Narissa verspürte für einen kurzen Augenblick den überwältigenden Drang, über Bord zu springen und an Land zu schwimmen, doch sie umklammerte die Reling so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten und verharrte regungslos.
Noch während sich die Falthaleth langsam aus dem Hafen bewegte, hatten Lóminîth und Imrahil die Anlegestelle bereits wieder verlassen, doch Aerien verharrte ebenso regungslos wie Narissa. Gerade als sich das Schiff in den Wind zu drehen begann und der Hafen allmählich aus dem Sichtfeld geriet, sah Narissa noch, wie Hilgorn zu Aerien trat, und ihr eine Hand auf die Schulter legte. Im gleichen Augenblick spürte sie ebenfalls eine Hand auf der Schulter, als der Wind das Segel der Falthaleth ergriff und da Schiff immer mehr Fahrt aufnahm. Während die Hafenmauer hinter ihnen verschwand, sagte Valion, die Hand immer noch auf Narissas Schulter: "Mach dir keine Sorgen. Hilgorn ist ein guter Kerl, er wird schon darauf achten, dass Aerien nichts passiert. Ganz davon abgesehen scheint sie ja auch gut auf sich selbst aufpassen zu können."
Als Narissa schwieg ergänzte er ein wenig leiser: "Es ist schwer für euch, sich zu trennen, nicht wahr?"
"Ich... ja", sagte Narissa nach einem Augenblick schlicht. "Mir ist noch fast nichts in meinem Leben schwerer gefallen, denn... immer wenn wir uns getrennt haben, oder getrennt wurden, ist irgendetwas schlechtes geschehen. Oder jedenfalls habe ich das Gefühl. Und... ich weiß nicht. Aber du weißt sicher selbst, wie schwer der Abschied fällt." Narissas letzte Worte schienen Valion ein wenig unangenehm zu sein, denn er räusperte sich und blickte scheinbar ein wenig verlegen zur Seite.
"Nun ja. Für die einen ist es schwerer, für die anderen leichter. Weder Lóminîth noch ich sind..." Valion unterbrach sich, und schüttelte nur den Kopf, bevor er das Thema wechselte: "Wir haben noch nicht viel Gelegenheit gehabt, unsere Geschichten von Umbar auszutauschen. Vielleicht sollten wir unsere Erfahrungen sammeln und vergleichen - und vielleicht den ein oder anderen Plan schmieden, hm? Ein wenig Ablenkung."
Narissa blickte auf die grauen Wellen hinaus, hinter denen in immer weitere Entfernung die Küste von Belfalas dahinzog. Dann straffte sie sich innerlich, richtete sich auf und sagte: "Ja, das würde mir gefallen, denke ich. Also... fang an."

Narissa, Valion, Aldar und Thorongil in die Bucht von Belfalas
Aerien zur Bibliothek des Túron
Hilgorn in die Stadt
« Letzte Änderung: 23. Apr 2021, 12:57 von Fine »

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva