Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Minas Tirith

Herrenhaus im fünften Ring

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Thorondor the Eagle:
Stunden vergingen bis sich der Riegel von der Tür zur Seite schob. Elea erschrak und kauerte sich noch enger in der Ecke zusammen.
„Herrin! Was ist los? Wovor fürchtet ihr euch so?“, fragte Doréal besorgt „Hat euch mein Vater erschreckt?“
Elea nickte.
„Er sagte mir, dass ihr im oberen Stock ward. Was wolltet ihr dort oben?“
„Nichts. Ich habe mich nur etwas umgesehen.“
„Hat euch die Neugier gepackt?“
„ Was ist das für eine merkwürdig große Bibliothek im Obergeschoss?“, fragte Elea.
„Die oberen beiden Stöcke dieses Hauses dienten dem B.E.Aë. als Versammlungsort von Minas Tirith. Von hier aus zogen sich die Fäden an alle Orte Gondors, Arnors und all unserer Verbündeten… damals!“
„Was bedeutet diese Abkürzung?“, fragte Elea nun neugieriger denn je.
„Habt ihr noch nie davon gehört, der Bachor Erthad Andúnië?“, fragte der Soldat.
Sie schüttelte den Kopf: „Erzählt mir davon!“
„Die ‚Erthad‘ wie man sie kurz nannte war eine der mächtigsten Handelsgilden der vergangenen Tage. Sie wurde damals in Andúnië auf Westernis begründet, daher der Name. Fünf Händlerfamilien schlossen sich zusammen um gemeinsam die Handelsrouten und Waren aller Welt zu erkunden. Sie schickten die ersten Handelsschiffe nach Mittelerde um an wertvolle Frachten zu kommen. Bald schon ließen sie sich in den größten Häfen Mittelerdes nieder, Lond Daer, Dol Amroth, Umbar auch in den grauen Anfurten wurden sie aufgenommen. Ihre Netze woben sich weiter und weiter in das Landesinnere zu neuen Völkern. Doch irgendwann als die Zeit des Misstrauens in Numenor überhand nahm, schlugen sich die Erthad auf die Seiten der Eldar, vielleicht um ihren Kontakt mit den Elben Valinors nicht zu verlieren oder vielleicht einfach aus Überzeugung. Doch von da an ging es bergab. Die Andúniër wurden gezwungen zu übersiedeln und viele weigerten sich. Die Fürsten der Handelshäuser gaben ihre Schiffe dem Volke frei und ließen zahlreiche Getreue der Eldar nach Mittelerde fliehen. Auch zwei der Händlerfamilien folgten ihnen nach Dol Amroth. Numenor wurde vom Meer verschlungen und das Ende der Gilde schien besiegelt, bis die beiden Exilreiche gegründet wurden in dessen Hauptstädte sich die beiden Händler niederließen. Von alter Macht beflügelt errichteten sie wieder ihre Handelsnetze über die Länder. Fornost, Annuminas, Tharbard, Minas Anor, Osgiliath… Die Erthad hatte überall seine Händler und Verbündeten. Erst die Macht Saurons gebot dem Handelsbündnis Einhalt. Arnor viel im Kampfe und mit ihr starben auch die Erben. Gondor überlebte und eine Zeit lang hatte die Erthad noch großen Einfluss auf den König, die Wirtschaft und das ganze Land, doch schließlich zerbrach auch noch der letzte Rest“, erzählte Doréal.
„Und wie kommt ihr hierher?“
„Generation für Generation wurde das höchste Amt der Erthad weiter gegeben. Bis es meinem Vater und schließlich meinem Bruder in die Hände fiel. Vier Jahre ist es her, dass er bei einem Angriff der Korsaren ums Leben kam und mit ihm der letzte Vertreter der Erthad. Für wenige Jahre wurde das Handwerk der Gilde von anderen weitergeführt, doch seit mein Vater der Trauer verfiel und dieses Haus nicht mehr verließ, zerfielen auch die letzten Überreste der Erthad.“
„Warum hast du nicht den Platz deines Bruders eingenommen?“
„Im Kampf liegt mein Geschick und nicht im Handel. Hätte ich seinen Platz eingenommen, wäre dasselbe Schicksal der Erthad eingetroffen.“
„Merkwürdig. Ich bin eine der Dunedain. Nachfahrin von jenen aus Andúnië, aber von der Erthad höre ich heute zum ersten Mal. Doch unser Reich liegt gut versteckt unter den Bäumen. Handel betreiben wir nur mit den Elben und Halblingen, denn sonst kennt uns kaum noch jemand.“
„Hier hat man euch nicht vergessen, schon gar nicht seit Aragorn hier aufgetaucht ist.“

Elea erhob sich und richtete sich zum ersten Mal zur ihrer vollen Größe auf. Sie streckte all ihre Glieder und freute sich, dass die Schmerzen langsam wieder abklangen. Sie setzte sich auf ihr Bett ehe sie ihr Gespräch mit Doréal fortsetzte.

Thorondor the Eagle:
„Ja unsere Namen sind nun in vielen Mündern, wobei Aragorn in Ehren gehalten wird ganz im Gegensatz zu mir ‚die abtrünnige Dienerin des dunklen Herrn‘. Worauf hab ich mich nur eingelassen?“, fragte sie mehr sich selbst.
„Es wird besser werden mit der Zeit, genauso wie eure Wunden. Glaubt mir“, antwortete Doréal.
„Aber ich will hier nicht sitzen und Löcher in die Luft starren. Ich werde hier meinen Teil beitragen, für Gondor und für Aragorn.“
„Wenn ihr auf die Straße geht seid ihr des Todes, Herrin.“
„Dann muss ich eben erneut eine Maske aufsetzen und verbergen was ich wirklich bin und wenn ich trotz allem entdeckt werde, stelle ich mich dem Tode gegenüber, aber wenigstens ungebeugt und unbesiegt. Und vielleicht setzt mein Ende ein Zeichen, ein Denkmal, für all jene die hinter offenen Fenstern lauern und auf den Sturm warten.“
„So denkt ihr?“, fragte er verblüfft.
„Ja. Nicht nur diese Wunden haben Narben an mir hinterlassen.“
„Was wollt ihr machen?“
„Die Getreuen des Königs brauchen eine Anführerin, eine starke, die sich nicht einschüchtern lässt und die niemals Angst davor hat ihren Mund zu öffnen und ihre Meinung zu sagen, selbst wenn ihr Leben davon abhinge.“
„Wollt ihr die übrig gebliebenen Getreuen davon überzeugen euch zu vertrauen?“
„Ich spreche nicht von mir lieber Doréal. Ich muss Ioreth befreien und natürlich Araloth!“
Ein überraschter und ängstlicher Blick traf Elea.
„Keine Sorge, ich verlange nicht, dass ihr mir helft. Ich bitte euch nur nichts zu verraten und mir nicht im Wege zu stehen.“
„Ihr sagt mir das einfach so… IHR sagt mir das einfach so?“, wiederholte er nochmals mit Nachdruck „Ihr bittet mich euch nicht zu helfen und im gleichen Atemzug euch nicht den Weg zu durchkreuzen. Für mich und für Herrn Herumor ist das ein und dasselbe. Auch im Nichtstun liegt Verrat.“
„Ihr habt Ioreth bei den Versammlungen gehört. Sie hat viele Fäden in der Hand, wir brauchen sie oder die Stadt des Königs wird untergehen. Ihr quartiert mich hier ein, ihr versorgt mich, versteckt mich vor Herumor… ich dachte ihr habt längst eine Seite gewählt.“
„Ihr seid jederzeit bereit euer Leben zu lassen für all das hier, verzeiht mir wenn ich das nicht bin. Ich habe mich entschieden, dass ich euch helfe, doch möchte ich meinen Kopf behalten und Verräter haben eine solche Ehre bekanntlich nicht.“
„Dann habe ich euch wohl falsch eingeschätzt, Doréal. Es tut mir Leid, dass ich euch in solche Gefahr gebracht habe. Ich werden morgen die wenigen Aufsuchen, denen ich noch vertraue und dort Obdach suchen, dann seid ihr aus dem Schneider.“

Der junge Soldat verließ das Zimmer. Elea starrte in die noch kleine, lodernde Flamme. Sie dachte nicht länger an Doréal’s Entscheidung, sondern daran wo sie hin gehen sollte und vor allem wie sie Ioreth und Araloth befreien konnte.

Thorondor the Eagle:
Draußen war es noch dunkel, als Elea sich den dunklen Mantel überstreifte um damit das Haus zu verlassen. Sie öffnete mit einem leisen Knarren die Türe ihres Zimmers und betrat den spärlich beleuchteten Flur.

Habe ich irgendetwas vergessen? Nein… ich hatte doch nichts hier. Mein Hab und Gut ist in meinem Haus, dort darf ich aber absolut nicht hingehen. Zu Dank bin ich ihm wohl verpflichtet und ich hätte es ihm gesagt, wäre er nicht so stürmisch aus dem Zimmer gelaufen… Danke Doréal.

„Wer ist da?“, zischte eine Stimme in Eleas Ohr und augenblicklich fuhr sie zusammen.
„Niemand“, antwortete sie „Ich bin schon wieder weg. Jetzt hab ihr euer Haus wieder ganz für euch allein.“
„Weiß mein Sohn, dass ihr geht?“, wisperte der Alte zurück.
„Ja!“
„Ich wusste es…“, nörgelte er leise.
„Was wollt ihr damit sagen?“
„Wie auch immer, es geht euch nichts mehr an.“
„Was geht mich nichts mehr an?“
„Nun geht schon… Ihr seid nicht die erste. Verschwindet“, fauchte er regelrecht.
„Die erste die hier hinaus geht und nicht mehr zurück kommt?“
„NICHT die erste die er liebt und fortschickt oder vertreibt, wie mans nimmt.“
„Die er liebt?“, fragte Elea schokiert.
„Ich bin hier der Blinde und sehe doch mehr als ihr. Natürlich liebt er euch, warum hat er euch sonst aufgenommen, gepflegt und bewirtet. Gestern habt ihr ihn ein eine verzwickte Lage gebracht. Ihr fordert, dass er sich zwischen euch und seinem Leben entscheidet.“
„Seinem Leben?“, fragte die Frau verwundert.
„Ja. Seinem Leben als Soldat. Er war nie ein Händler oder Gildenmeister… er war Soldat und auch wenn er nicht Sauron selbst dient, so dient er seinem Herren so wie es ihm beigebracht wurde.“
„Herumor ist nicht sein Herr.“
„Momentan gibt es keinen anderen. Wäre der König oder der Truchsess noch, würde er sich nicht anders verhalten.“
„Was ihr zu mir gesagt habt…“, sie setzte kurz ab „Es wird nichts ändern. Ich werde jetzt gehen und mir einen neuen Unterschlupf suchen. Wenn ihm so viel an seiner Berufung liegt, gefährde ich ihn ohnehin zu sehr.“
„Bei ihm werdet ihr jederzeit willkommen sein. Kommt zurück wenn ihr Doréal braucht.“
„Und ihr?“
„Ich werde hier sein und wie immer wird meine Meinung niemanden mehr interessieren.“

Elea presste sich gegen die Eingangstüre und verschwand in der Dunkelheit der Nacht. Die Straßen waren Totenstill. Die Bevölkerung hatte sich angsterfüllt in ihren Häusern verbarrikadiert und wartete sehnsüchtig auf die Morgendämmerung. In beinahe lautlosem Laufschritt lies Elea Straße für Straße hinter sich, bis sie vor der Eingangstür in der Spielmanngasse stand. Eine glimmende Fackel ließ die Nebentüre etwas zwielichtig erscheinen, doch zielstrebig klopfte die Frau an die Türe.


Elea zum Haus der Kurtisanen im dritten Ring

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