Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Dol Amroth

Die Verteidigungs- und Maueranlagen

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Eandril:
Durch die Öffnung des Tores begannen wie monströse Ameisen in schwarz, grau und braun gekleidete Gestalten zu strömen. Die Masse der Orks prallte auf die schrecklich dünne Linie der Verteidiger, die sich unter dem Druck der Feinde nach hinten zu biegen begann. Lediglich in der Mitte, wo der Fürst stand, wichen die Soldaten keinen Schritt zurück. Oronêl sah, wie der Fürst sein Schwert hob, und einige Bogenschützen, die hinter der Front standen, schossen in die Menge der Orks, doch obwohl jeder Schuss traf, ließ der Strom der Feinde nicht um das geringste nach.
Wie können wir diesem Ansturm nur standhalten?
Während er weiterlief, fiel Oronêl ein in eine prächtige Rüstung gekleideter Mann, sich nur unter großer Mühe gegen die Orks verteidigen konnte. Oronêl stockte, als er bemerkte, dass an eben jener Stelle die Linie der Verteidiger zu brechen drohte.... Was sollte er tun? Sollte er zum Fürsten laufen, wie er es eigentlich vorgehabt hatte, oder den Soldaten hier helfen?
Das würde bedeuten, unter Leuten zu kämpfen, von denen ich nichts weiß... Aber wenn die Linie bricht, sind wir alle verloren!
Gerade als er sich entschieden hatte und nun auf die gefährdete Stell zueilte, merkte er, dass er zu lange gezögert hatte: Der Mann neben dem, der Oronêl zuerst aufgefallen war, fiel, und die Lücke konnte nicht schnell genug geschlossen werden! Schon drängte der erste Ork durch die Lücke und wollte einen Soldaten von hinten anfallen, da traf Oronêl einen schnellen Entschluss, zog seinen Dolch und schleuderte ihn auf den Ork.
Der Dolch beschrieb einen wunderbaren Bogen durch die Luft und hielt genau auf den Ork zu... doch leider drehte er sich einmal um sich selbst und traf den Ork lediglich mit dem Griff am hässlichen Schädel. Dieser schien keinen ernsthaften Schaden genommen zu haben, sondern drehte sich lediglich leicht irritiert in Oronêls Richtung um.
"Verdammt!" knurrte Oronêl im Laufen, und packte seine Axt fester. "Aber wenigstens getroffen!" Dann war er auch schon heran, und Hatholdôr fuhr auf den Kopf des Orks nieder, der doch etwas benommen schien. Der Ork, der glücklicherweise seinen Kameraden den Weg durch die Lücke versperrt hatte, sackte zusammen, und Oronêl sprang in die Lücke, und konnte sie so schließen. Als er seinen Kopf kurz nach links drehte, blickte er in ein in bartloses, von einem Helm eingerahmtes Gesicht mit meergrauen Augen, die ihn erstaunt ansahen.
"Wer bist du?" rief der andere über den Schlachtenlärm hinweg. "Oronêl von Lórinand, und du?" antwortete Oronêl. "Amrothos, Sohn Imrahils von Dol Amroth!" erwiderte der andere, doch da die nächste Feindeswelle heran brandete wandte Oronêl sich wieder ab und ließ seine Axt kreisen.
Das muss der Sohn des Fürsten sein... Wieso kämpft er in vorderster Linie? Ich werde versuchen, ihn zu schützen, und diesmal wird es mir gelingen!
                                                                                                                                                                     
Um ihn herum herrschte ein unbeschreibliches Gemetzel. Einer nach dem anderen fielen seine Soldaten, die den Waffen der Orks ohne Rüstungen nahezu schutzlos ausgeliefert waren, diesen zum Opfer. Sein Herr Amdír war verschwunden, wahrscheinlich auch schon tot. Er war der letzte, der letzte Krieger Lórinands! Die Orks würden bezahlen! Hatholdôr fällte Ork um Ork, und Oronêl schrie vor Zorn und Schmerz.
                                                                                                                                                                     
Nein, er war nicht auf dem Feld vor dem schwarzen Tor, sondern in Dol Amroth, über dreitausend Jahre später, doch die Feinde waren immer noch dieselben! Konnte denn keiner dem Schatten jemals entkommen? Doch diesmal schrie er nicht, sondern tötete lautlos, wie auch der namenlose Soldat auf seiner rechten Seite, der einen getöteten, ebenso namenlosen Menschen ersetzt hatte, und Amrothos, der Fürstensohn, auf seiner linken Seite. Die Menschen stemmten sich mit lautloser Verbissenheit gegen ihren Untergang und Oronêl konnte nicht umhin, sie dafür zu bewundern.
Wie lange kämpfte er hier schon? Seine Arme wurden schwer, und die Orks nahmen kein Ende. Plötzlich stand ein Ork vor ihm, das hässlich gezahnte Schwert zum Schlag erhoben, und er hatte seine Axt sinken lassen!
Das ist also das Ende...
Von links fuhr eine blutbesudelte Klinge durch sein Blickfeld, blockte den Hieb des Orks ab und schickte ihn dann mit einem Stich zu Boden. Oronêl wandte den Kopf, und blickte erneut in das diesmal grimmige Gesicht Amrothos'. Jetzt hatte er sein Leben gerettet, dabei hatte er ihn doch beschützen wollen...
Frische Kraft durchströmte Oronêl. Er hatte eine Schuld zu begleichen, und dafür musste er kämpfen! Doch gerade als er sich wieder aufraffte, durchbohrte ein hoher, kalter Laut seinen Schädel, und im Torbogen erschien eine in schwarze Gewänder gehüllte Gestalt auf einem schwarzen Pferd. Der Nazgûl kam!

Vexor:
Kampf oder Flucht?

Celebithiel bewegte sich nicht, sondern schloss ruhig ihre Augen und Dunkelheit umhüllte sie. Dort stand sie in mitten eines schwarzen Raumes. Neblige Schatten zogen ihre monotonen Kreise um sie. In ständiges, leises Geflüster verfallen.
Ihre Hände umklammerten das Schwert Glorfindels so fest, dass ihre Knöchel geisterweiß unter der Haut hervortraten.
Ihr Magen verkrampfte sich bei den Gedanken an die tosende Menge an Orks und Haradrim, die auf sie warteten da draußen; nur einen Atemhauch entfernt.
Wo ist dein Kampfesmut geblieben Celebithiel? Wo ist die Schlächterin aus alten Zeiten, die durch das Nebelgebirge zog auf der Suche nach Rache und Vergeltung? Sag mir wo sie ist!
Eine gute Frage, wo ist sie? Vielleicht ist sie in Orthanc gestorben zusammen mit der Fratze des Mundes. Vielleicht ist sie zusammen mit Gandalf in einen tiefen Schlaf gefallen. Vielleicht ist mit Glorfindel nach Aldburg gezogen. Oder…? Oder…vielleicht ruht sie noch immer in dir. Ist nun beflügelt von Narya und der Liebe zu deinen Liebsten. Entfache deinen Kampfesmut Celebithiel. Kämpfe, denn die Flucht wird dir keine Erlösung bringen!

Im Schatten regte sich etwas. Vorbei an den flüsternden Schatten. Durch die Dunkelheit hindurch regte sich etwas. Ein goldener Schimmer, der in der Elbe ein seltsam warmes Gefühl weckte.
Amrûn…nun gut so kämpfen Telperion und Laurelin Seite an Seite. Mögen die Lichter des ersten Zeitalters die Heerscharen Saurons das Fürchten lehren!
Schlagartig öffnete Celebithiel die Augen und als sie wahrhaftig Amrûn erkannte, wie er als erster auf die Massen des Feindes zustürmte war jeder Zweifel verflogen. Dem einstimmend reckte sie ihr Schwert in die Höhe und rannte dem Elb hinterher. Hinein in die tosende Dunkelheit.

Mit einer agilen Drehung streckte die Elbe gleich drei ihrer Angreifer nieder. Auge um Auge war sie nun mit den Wesen der Dunkelheit. Dennoch schien es als würden die Orks teilweise zurückweichen vor dem Glanz, den die beiden Erstgeborenen ausstrahlten.
Dennoch schien ihr Unterfangen uferlos zu sein. Jeder gefallene Gegner wurde fast wie durch Zauberhand ersetzt, während ihre eigenen Reihen seltsam leer wurden.
Celebithiel hatte gerade in die leeren Augen eines dunkelhäutigen Menschen geblickt, als ein Kälteschauer ihren Körper durchfuhr, der nicht vom eisigen Regen und dem heulen des Windes herrührte.

Etwas bahnte sich seinen Weg durch die feindlichen Heerscharen. Ein Schatten gehüllt in Dunkelheit und Verzweiflung. Der Nazgûl trottete langsam durch die Reihen seiner Untergegebenen. Das pechschwarze Pferd schnaubte bedrohlich und seine Nüstern stießen Luft, giftig wie Galle aus.
Unbeachtet seiner eigenen gefallen trampelte der Schwarze Reiter über die Leichname von Orks und Haradrim. Der Úlairi hatte sich an die Spitze des Heeres direkt unter den hohen Torbogen gestellt.
Die wackeren Verteidiger wichen zurück, aber der Nazgûl bot seinen eigenen Truppen einhalt, sie sollten sich hinter ihn postieren.
Ein Stimme kälter als Eis und schwärzer als die dunkelste Finsternis hallte durch die unteren Bereiche der Stadt.

„ Ihr Narren! Sauron schickt den Verteidigern Dol Amroths seine durchlauchtesten Grüße. Ihr seht hoffentlich jetzt schon eure Niederlage ein! Noch mögt ihr voll naiver Hoffnung und falschen Stolzes sein, die euch eingepflanzt worden sind, wie ein Geschwür. Noch mögt ihr denken ihr könntet dem dunklen Herrscher Widerstand leisten. Doch da irrt ihr euch! Das einzige, was zutrifft ist die Hoffnung, die ich euch geben kann. Gebt euren Widerstand auf und lasst mich und meine Truppen in Dol Amroth einziehen. Schont eure Kinder, Frauen und Männer vor dem qualvollen Schicksal des Todes. Gebt euch freiwillig in die Hände Saurons und er wird auch das Leben schenken.
Anderenfalls werden meine Truppen die Schwanenstadt niederrennen und jeden töten, der sich innerhalb der Stadt befinden. Egal ob Kind, Frau oder Greis!“

Eine unerträgliche Stille breitete sich aus und Celebithiel fixierte die Gesichter der Männer und Frauen, die teilweise verängstigt, teilweise trotzig den Worten des Schwarzen Reiters gehorcht hatten und es erfüllte sie mit unergründliche Stolz, als sie erkannte, dass keiner von ihnen bereit schien den Forderungen des Feindes nachgeben zu wollen. So wagte sie einen Schritt nach vorn. Hinaus aus der grauen Masse, hinaus aus dem Schutz der Gruppe. Sie allein stand nun dem Nazgûl gegenüber und ihre Stimme ertönte nun und sie war erfüllt von Wärme und Zuversicht, bereit die Kälte und Verzweiflung, die der Schwarze Reiter gesät hatte, zu vertreiben.

„ Du nennst uns Narr, du einer der Úlairi?!“, Celebithiel schnaubte verächtlich, während die gesichtslose Kapuzengestalt den Kopf zu ihr wandte.
„ Du, der ein Leben als fleischlose Hülle fristen muss. Der sich in den Dienst, Saurons des Verräters und Verfluchten gestellt hast? Richte deinem Meister aus, dass wir seine Forderung dankend ablehnen. Die Stadt wird verteidigt werden, bis das letzte freie Lebewesen seinen Odem ausgeatmet hat.
Deine verfaulten Klauen werden sich nicht in das letzte freie Herz Mittelerdes krallen und sich in verzweifelter Sehnsucht nach Leben und Liebe daran laben!“
Wieder diese unerträgliche Stille, in der sich der Nazgûl und die Elbe gegenüberstanden. Celebithiel hatte das Gefühl, dass es so leise geworden war, dass jeder in der Stadt ihren Herzschlag hören konnte, der in ihrer Brust raste.
Plötzlich scharrten die blutverschmierten Hufe des Pferdes über den gepflasterten Steinboden und ein höhnisches Flüstern antwortete der Elben und der Stadt.

„ Dann hast du gerade dein Leben und das der Stadtbewohner verwirkt, Elbenweib.“
Den Worten folgte ein markerschütterndes Kreischen und der Schwarze Reiter schwang sich von seinem Ross und es knirschte laut, als die metallene Rüstung auf dem Boden auftraf.
Mit gehobenem Schwert ging er auf Celebithiel zu, die den ersten Schlag des Nazgûl parierte.

Um sie herum brachen die zwei Wellen ebenfalls aufeinander. Die Schergen Saurons waren ihrem Heerführer gefolgt und auf die Verteidiger zugeströmt, die nun um die beiden herum wieder zu kämpfen begannen.

Eandril:
Als der Nazgûl sich näherte, erstarb das Kampfgetümmel, und selbst der Regen hörte plötzlich auf. Totenstille senkte sich über den Torplatz, und nur das Schnauben des schwarzen Pferdes war zu hören. Plötzlich ertönte eine Stimme, und Oronêl fühlte sich, als triebe jemand tausend messerscharfe Eiszapfen durch seine Stirn. Neben ihm stöhnte Amrothos auf und krümmte sich zusammen.

„ Ihr Narren! Sauron schickt den Verteidigern Dol Amroths seine durchlauchtesten Grüße. Ihr seht hoffentlich jetzt schon eure Niederlage ein! Noch mögt ihr voll naiver Hoffnung und falschen Stolzes sein, die euch eingepflanzt worden sind, wie ein Geschwür. Noch mögt ihr denken ihr könntet dem dunklen Herrscher Widerstand leisten. Doch da irrt ihr euch! Das einzige, was zutrifft ist die Hoffnung, die ich euch geben kann. Gebt euren Widerstand auf und lasst mich und meine Truppen in Dol Amroth einziehen. Schont eure Kinder, Frauen und Männer vor dem qualvollen Schicksal des Todes. Gebt euch freiwillig in die Hände Saurons und er wird auch das Leben schenken. Anderenfalls werden meine Truppen die Schwanenstadt niederrennen und jeden töten, der sich innerhalb der Stadt befinden. Egal ob Kind, Frau oder Greis!“, sagte der Nazgûl, und ließ dabei seinen Blick über die Linie der Verteidiger schweifen. Jedenfalls vermutete Oronêl, dass es so war, denn einen Körper besaßen diese Monster ja nicht, und ob sie überhaupt sehen konnte, wusste er auch nicht.
 
Doch obwohl in diesem Augenblick die Hoffnung für alle Menschen in dieser Stadt verloren schien, schien niemand den Worten des Nazgûl gehorchen zu wollen. Die Menschen waren wirklich erstaunliche Geschöpfe! Er konnte nicht glauben, dass er sie so unterschätzt hatte. Neben ihm richtete sich Amrothos auf und schien sich für den letzten Kampf vorzubereiten.
Er hat ihnen ihre Leben angeboten und will dafür ihre Freiheit. Und sie lehnen ab... ich hätte nicht gedacht, dass die Menschen so standhaft sind, und ihnen ihre Freiheit so viel bedeutet.
So viel Standhaftigkeit hatte er bisher nur selten erlebt...
                                                                                                                                                                     
"Amdír, das ist Wahnsinn!", beschwor Oronêl seinen Freund. "Saurons Orks werden unsere ungerüsteten Krieger in Stücke hacken! Sie werden alle fallen, und wir beide mit ihnen!"
Sie befanden sich in Amdírs Haus in Lórinand. Kurz zuvor hatte Amdír seinen Vertrauten mitgeteilt, dass er sich mit einer Schar Krieger dem Heer des Letzten Bündnisses anschließen würde. Das hatte blankes Entsetzen unter den Elben hervorgerufen, und Oronêl bemühte sich, Amdír umzustimmen.

"Orks hier in den Wälder bekämpfen ist eine Sache. Hier sind wir zuhause, wir können aus dem Hinterhalt angreifen und können uns zurückziehen, wenn es zu gefährlich für uns wird. Im Wald sind wir ihnen überlegen!", fuhr Oronêl verzweifelt fort. "Doch in einer offenen Schlacht... da gibt es keinen Hinterhalt! Keinen Überraschungsangriff aus dem Hinterhalt! Keinen Rückzug! Niemals werden wir dort überleben, das ist nicht nur Wahnsinn, sondern auch verantwortungslos!"

Bei diesen Worten zuckte Amdír zusammen, doch er antwortete ruhig: "Wenn du es so siehst, mein Freund, dann werde ich alleine gehen. Doch ich werde gehen, egal was du sagst! Denn gegen Sauron in die Schlacht zu ziehen, ihn sogar anzugreifen, ist das größte Wagnis dieses Zeitalters, und wenn es scheitert, dann wird es auch für uns keine Rettung mehr geben, nur die Flucht in den Westen, oder die Unterwerfung! Und wir werden uns niemals unterwerfen, denn wir sind die Erstgeborenen! Also bin ich entschlossen, dem Bündnis alle Hilfe zu geben, die ich aufbringen kann, und wenn es nur ein einziger Elb ist!"
                                                                                                                                                                     
Als Oronêl sich mit Gewalt von seinen Erinnerungen losriss, stand die Frau, die er auf der Mauer neben dem Fürsten gesehen hatte, vor dem Nazgûl. Oronêl traute seinen Augen nicht! So viel Mut!
"Richte deinem Meister aus, dass wir seine Forderung dankend ablehnen. Die Stadt wird verteidigt werden, bis das letzte freie Lebewesen seinen Odem ausgeatmet hat.
Deine verfaulten Klauen werden sich nicht in das letzte freie Herz Mittelerdes krallen und sich in verzweifelter Sehnsucht nach Leben und Liebe daran laben!“, rief die Frau, und ihre Stimme verriet sie. Sie war eine Elbe! Oronêl war erleichtert, denn er war nicht mehr allein unter den Menschen, die ihn nur immer wieder überraschten. Nach diesen Worten senkte sich wieder eine unerträgliche Stille über den Platz. Sie durfte nicht sterben! Aber er konnte nicht alle hier auf diesem Platz beschützen... egal, er musste es versuchen!

Nun kann ich beweisen, dass ich eben so viel wert bin wie Amdír, oder diese Elbe, oder all diese Menschen hier auf dem Platz!
Er trat einen Schritt vor, aus der Schlachtreihe heraus, dem Feind entgegen, und hob seine Axt. Der Kopf des Nazgûl fuhr herum, und Oronêl fühlte, wie ein tödlicher, eisiger Blick ihn durchbohrte, doch er blieb stehen. Plötzlich fühlte er, wie links von ihm auch Amrothos einen Schritt vortrat, und sein Schwert hob. Er nickte ihm zu. Nach und nach trat die ganze Schlachtreihe der Menschen einen Schritt auf die Feinde zu und hob die Waffen.

Der Nazgûl ließ erneut seinen Blick über den Platz schweifen, dann sah er wieder die Elbenfrau an. Die Hufe des Pferdes scharrten über das Pflaster, und der Nazgûl sprach mit einem höhnischen Flüstern: "Dann hast du gerade dein Leben und das der Stadtbewohner verwirkt, Elbenweib." Nach diesen Worten schwang der Nazgûl sich mit einem grausamen Schrei vom Pferd, und schlug mit seinem Schwert auf die Elbenfrau ein, die den Hieb parierte.

In diesem Augenblick stürmte auch die Masse der Gegner wieder auf sie zu, doch sie trafen diesmal auf eine Reihe Menschen, die nichts mehr zu verlieren hatten, und denen einen standhafte Elbenfrau gerade neuen Mut geschenkt hatte. Obwohl der Angriff mit großer Wucht geführt wurde, geriet er schon bald ins Stocken.

Oronêl kämpfte wie wild. Kein Ork oder Haradrim, der vor ihm auftauchte, kam mit dem Leben davon. Doch auch er selbst trug allmählich Wunden davon, zwar meist nur Kratzer, aber langsam machten sie sich bemerkbar. Er würde trotzdem bis zum Sieg oder seinem Tod weiterkämpfen, dass war er dem Mut dieser Menschen schuldig... und natürlich seinem Stolz. Plötzlich bemerkte er wie er erneut einen Schritt nach vorne machte, und das konnte nicht der erste gewesen sein! Der Torbogen war ein Stückchen näher gerückt, das bedeutete, die Feinde wichen vor ihm zurück. Und nicht vor ihm allein, denn er spürte immer noch Amrothos auf seiner linken und einen Soldaten auf seiner rechten Seite. Sie drängten den Feind aus der Stadt!

Kann ein Sieg möglich sein?
Wieder einmal spürte er frische Kräfte, diesmal nicht aus Stolz oder Trotz, wie vorher, sondern aus Hoffnung. Und die war ungleich intensiver, als die Gefühle vorher. Überhaupt, so ein intensives positives Gefühl hatte er noch nie, bis auf zweimal, gespürt. "Tol Calad!", rief er, einen Schlachtruf, den er seit der Schlacht auf der Dagorlad nicht mehr in den Mund genommen hatte, und schlug einem Ork mit einem Hieb den Kopf von den Schultern. Amrothos nahm den Ruf auf, machte der Junge ihm eigentlich alles nach, und wie zuvor das Vortreten breitete er sich entlang der Schlachtreihe aus.

Thorondor the Eagle:
Amrûn kommt vom Hafen...

So alleine stehst du da; Rührst dich nicht und blickst dem Tode ins Gesicht; Nein! Nicht dem Tode, nur dem Feind… Celebithiel, schöne Elbenmaid, Tochter des Mondes und Begleiterin der Sterne… Den Valar sei gedankt, dass sie mir genug Kraft gaben um hier an deiner Seite zu kämpfen. Ein letztes Mal? Nein, nur ein weiters Mal.

Es war nur ein lauer Atemhauch der Elbe der ihn im Genick traf, als er lautlos an ihr vorbei lief. Das Schwert hielt Amrûn mit aller Kraft in die Höhe um sogleich auf den ersten Feind einzuhacken, der durch das Tor trat.
Die Funken sprühten als die Klingen aufeinander prallten. Die Feinde schreckten momentan zurück, doch scheinbar nicht um zu fliehen sondern nur um Anlauf zu nehmen. Im Nu drängte die Masse durch den schmalen Torbogen und trieben den Elben ein Stück zurück.

Gezielt führte er seine Klinge, wirbelte leichtfüßig umher und versuchte so seine Feinde zu töten oder zumindest ihre Angriffe abzuwehren. Jene, die eine Verteidigungslinie um das Torhaus gebildet hatten, taten es ihm gleich, doch dieser Ansturm war kaum aufzuhalten. Immer wieder hob er sein Schwert, schwang es von rechts nach links, von links nach unten und von unten wieder nach oben um einem Ork die Kehle durchzuschneiden. Das schwarze Blut besprühte seinen Körper. Es war dicker als das Wasser das vom Himmel herunter prasselte und so blieb es auf der silbernen Rüstung Dol Amroths hängen und beschmutze den weißen Schwan auf dem Brustpanzer.

Es war wie ein Wunder, dass der Andrang plötzlich ein Ende fand.

War dies schon alles? Zieht sich der Feind schon zurück? Aber wozu hätte er sich die Mühe gemacht das Tor zu brechen?

Plötzlich sah Amrûn den Grund. Der schwarze Reiter schritt hochmütig durch das Tor. Aus Angst diese Stimme zu hören, hielt sich der Elb sofort die Ohren zu. Die verbündeten Soldaten liefen zerstreut vom Torhaus weg und rissen Amrûn dabei um. Mit dem Rücken voraus krachte er auf den matschigen Boden immer noch krampfartig die Hände an die Ohren gepresst. Er konnte kein einziges Wort hören, aber er sah es an den Menschen. Alle standen da wie gelähmt, in ihnen saß eine existenzgefährdende Furcht die man nur aus ihren Augen lesen konnte.

Plötzlich stellte sich dem Reiter jemand entgegen. Amrûn sah die rotblonden Strähnen unter dem Helm heraushängen, doch auch ohne dieses markante Zeichen hätte er seine treue Weggefährtin erkannt.

Der Elb schloss seine Augen und nahm nur noch die wärmende, rötliche Aura Celebithiels vor sich wahr. Er sah den letzten Sonnenuntergang vor sich, den er in Mithlond mit seiner geliebten Aratinnuíre verbrachte. Er stellte sich ihre zarten, kirschroten Lippen vor, wie sie sanft Worte formten: „Trage Mut in deinem Herzen, er wird überspringen und so werden auch die anderen mutig sein“

Amrûn schaute wieder auf das Schlachtfeld und der geborgene Moment verschwand aus seiner Vorstellung. Mit einem Satz stand er auf und nahm sein Schwert in die linke Hand. „Dann werde auch ich mutig sein!“, sagte er zu sich selbst. Auf einmal ging alles so schnell, der Nazgul kreuzte die Klinge mit Celebithiel. Der Schwall von Orks und Südländern setzte sich fort und drängte den Elben weiter zurück.

Vexor:
Ein goldenes Feld lag vor Celebithiels ozeanblauen Augen. Millionen von goldgelben Ähren lagen vor ihr wie ein frisch geknüpfter Teppich. Einzig der feuerrote Klatschmohn durchzog die Landschaft wie ein Arsenal von Farbtupfern. Auf gewisse Weise seltsam fremd und dennoch dem Feld eine Ästhetik verleihend, welche die Elbe fast zu Tränen rührte.
Sie selbst wirkte wie eine fleischliche Inkarnation dieses Feldes. Ihr rotblondes Haar legte sich spielerisch um ihren Busen. Das schlichte karmesinrote Kleid reichte ihr bis knapp unterhalb der Waden.
Aus einem unerklärlichen Grund lächelte Celebithiel und ihre nackten Füße streichelten das Gras, bevor sie eintauchte in das Meer aus Gold und Rot, behütet von einem wolkenlosen azurblauen Himmelszelt.
Der Weizen umschlang ihre schlanke, weibliche Taille und ein wohliges Gefühl der Geborgenheit breitete sich in der Elbe aus, während ihre Handflächen und Fingerspitzen spielerisch über den Ährenspitzen schwebten, die von der leichten Brise wellenartig hin und her schaukelten.

So stand sie nun gehüllt in reinstes Gold und Rot, die Augen weit aufgerissen, um nicht eine Sekunde der Schönheit, die sich ihr offenbarte, zu verpassen.
Etwas legte seine starken Arme um ihre Taille und legte seine Hand auf seine Brust. Der Griff war fest, ohne zu schmerzen und eine Wärme und Geborgenheit ging von dem Körper aus, der sich an sie schmiegte. Heißer Atem stieß ihr in den Nacken, der Celebithiel eine leichte Gänsehaut verpasste.

„ Mein Liebste“, flüsterten die Worte und streichelten das Herz der Elbe. Behutsam drehte sie sich um, ständig in Sorge ein unüberlegter Schritt ihrerseits könnte dieses Idyll zerbrechen.
Und wahrlich ihr Herz machte einen Hüpfer, als sie die smaragdgrünen Augen Glorfindels betrachtete, der in ein weißes Gewand aus leichter Seide gehüllt war.
Ihre Augen schlossen sich und sie stellte sich ein wenig auf die Zehenspitzen, um ihren Verlobten zu küssen, doch als sie die Augen öffnete war er verschwunden. Sie war in ihren Vorhaben gescheitert, nie mehr die Augen zu schließen, um die Schönheit dieses Augenblickes zu wahren.
Pechschwarze Wolken zogen nun rasend schnell über den Himmel. Es blitzte und donnerte.
Vor sich erblickte die Elbe das weiße Gewand Glorfindels, das plötzlich vom Wind mitgerissen wurde und nun seltsam schwebend einige Meter von ihr entfernt in der Luft verharrte.
Ein markerschütternder Schrei und das Gewand färbte sich pechschwarz und füllte sich mit etwas, weder lebendig noch tot.
Die goldenen Ähren und der feuerrote Mohn leuchteten nun nicht mehr, sondern waren verblüht und verdorrt. Celebithiel schluckte und der Boden vor ihren Füßen riss auf, als die schwarze Gestalt einen Schritt auf sie zu machte und sie fiel.


Klirr
Wieder hatte die Elbe den Schlag des Nazgûl pariert. Seine gezackte Morgulklinge war auf sie herabgesegelt, aber die Klinge Glorfindels hatte sich fast von selbst bewegt, um dem giftigen Schwert auszuweichen.
Ein Rasseln ging von dem Schwarzen Reiter aus, als er zu sprechen begann.
„ Diese Klinge war nicht immer in euren Besitz Elbenweib!“.
Celebithiel war sich fast sicher, dass sie so etwas wie Panik in der rasselnden Stimme des Nazgûl vernehmen konnte.

Der Regen ließ allmählich nach, aber die beiden Heere trieften vor Nässe und die Kälte bohrte sich gnadenlos durch Rüstung, Stoff und Haut tief hinein in die Knochen. Auch die Kutte des Schwarzen Reiters triefte vor Nässe, aber es schien den Schwarzen Reiter nicht zu kümmern.
„Nein gehörte sie nicht…da habt Ihr recht. Es war die Klinge meines Verlobten!“
Ein behänder Schritt nach vorne und ein Versuch die Deckung des Nazgûl zu durchbrechen scheiterten und so umkreisten sich die beiden Kontrahenten wieder, während um sie herum das Schlachtgetümmel wütete.
„ Liebe sie ist so vergänglich wie das Leben. Kein Wunder, dass ihr Elben, Menschen und Zwerge den großen Meister unterlegen seid und sterben werdet, wenn ihr euch an solch lächerliche Hoffnungen klammert…“
„ Und dennoch war es diese Klinge, die euch an Furten der Lautwasser in die Schranken wies.“

Den Worten der Elbe folgte ein markerschütterndes Fauchen und ein kräftiger Hieb der Morgulklinge, die Celebithiel straucheln ließ.
Der Schwarze Reiter schien wie in Rage und schlug auf Celebithiel ein, der nichts anderes übrig blieb als zu parieren und auf ihre Deckung zu achten.
Er drängte sie immer weiter zurück bis in einen Augenblick der Unachtsamkeit die Morgulklinge Celebithiels linken Unterarm streifte. Das Schwert des Nazgûl durchtrennte den leichten Lederstoff mühelos und ein scharfes Brennen durchzuckte ihren linken Arm. Ihr stockte der Atme, sie strauchelte und fiel.


Sie fiel durch Zeit und Raum. Durch den glühend heißen Mittelpunkt der Erde hindurch, bis sie unsanft auf den Boden aufschlug. Sie verspürte kaum Schmerzen, aber es wurde ihr Klamm ums Herz, als sie ihre Umgebung betrachtete.
Sie befand sich in einem höhlenartigen Komplex. Aschfahlene Wände auf denen getrocknetes Blut klebte. Der Boden war rissig und stieß giftige Schwefeldämpfe aus.
Dennoch triumphierte der Mut in Celebithiels Herzen und so machte sie sich auf einen Weg aus dem Labyrinth aus Gängen zu finden.
Ihre Suche schien von Erfolg gekrönt, als sie am Ende des Höhlenganges eine schlichte Holztür erblickte. Mit pochenden Herzen stieß sie sie auf und betrat einen kreisrunden Saal, der mit anthrazitfarbenem Marmorboden ausgelegt war. Die Decke bildete eine riesige Kuppel, die ein Loch hatte, von dem Celebithiel einen rußverhangenen Himmel erblicken konnte.

Plötzlich flackerten Kerzen in den kreisrunden Säulengängen und ein Anblick des Elends offenbarte sich Celebithiel.
Ein dutzend Leichen baumelten, wie bizarre Marionetten von der Decke hinab. Sie erblickte alle Menschen, die sie liebte und die ihr etwas bedeuteten; Galadriel und Celeborn, Gandalf, Amrûn, Antien, ihre Eltern, Elladan und Elrohir, Glorfindel….ihre Gesicht seltsam entzerrt und leer.
Nur ein höhnisches Lachen durchdrang die Totenstille. Die schiefe Fratze des Mundes blickte auf sie herab, fast auf das Hundertfache vergrößert.
Erschrocken und laut aufstöhnend wich Celebithiel zurück, doch hinter ihr war nun keine schlichte Holztür mehr, die in die Höhle zurückführte und erneut schwebte das pechschwarze Gewand auf sie zu.


Ein Schmerz durchbohrte Celebithiel als sie auf den Kopfsteinpflaster aufschlug. Das Schwert entglitt ihrer Hand und alle Viere von sich gebreitet lag sie auf den Boden und beobachtete wie die schwarze Kuttengestalt das Schwert zum Anschlag erhob und dann auf einmal inne hielt.
Es kam der Elbe so vor als würde die Zeit stehen bleiben, doch das fortfahrende Kampfgetümmel belehrte sie eines besseren, obwohl ihr pochender Herzschlag ihre Ohren betäubte.
Der Schrei des Nazgûl war ohrenbetäubend und klang seltsam gequält, wie er so reglos dastand und nichts unternahm, außer auf die wehrlose Celebithiel hinabzublicken.
„ Was sind das dort für Schmuckstücke, die ihr um euren Hals tragt, Elbenweib?“
Einen Moment verstand Celebithiel kein Sterbenswörtchen, bis ihre ozeanblauen Augen das Medaillon Galadriels und Narya betrachteten, die aus dem Brustharnisch hervorgerutscht waren und im blassen Sonnenlicht, das die Wolkendecke durchbrach, funkelten.
Ein Lächeln huschte über Celebithiels Lippen, als sie leise flüsterte:
„Schmuckstücke deines Untergangs!“.

Sie griff agil nach der Klinge Glorfindels und rammte es dem völlig perplexen Nazgûl in die rechte Brusthälfte. Etwas erglühte heiß, um den Hals der Elbe und sie erkannte, dass es Narya war. Das Glühen schien sich auf die Klinge Celebithiels auszubreiten.
Jene war sich nicht sicher. Es war weniger als Fleisch, aber mehr als reiner Stoff, den die Jahrtausende alte Klinge da durchbohrte. Es war die reine Boshaftigkeit und Finsternis.
Wieder der kreischende Ton und der Schwarze Reiter taumelte zurück, sich die rechte Brust haltend und bevor sich Celebithiel richtig umsehen konnte war er in den Massen seiner eigenen Heerscharen verschwunden.

Sauron weiß es nun. Er weiß, dass der Elbenring des Feuers in Dol Amroth weilt…
Dies waren die letzten Worte bevor sie Dunkelheit umfing.


Reines Gold und feuerroter Klatschmohn umgaben Celebithiel nun, die im weichen Gras lag und in den Himmel starrte.
Neben sich Glorfindel, der ihre Hand fest hielt.
„ Wie lange können wir hier verharren?“, flüsterte die Elbe fast ängstlich, dadurch wieder den vollkommenen Augenblick zu zerstören.
Die smaragdgrünen Augen lächelten zurück und leise flüsterte er, bevor er ihr einen weichen Kuss auf die Lippen gab: „Solange du willst meine Liebste.“



....Celebithiel dank Amrûn ins Lazarett

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