Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Gortharia
Das Ordensversteck der schwarzen Rose
Vexor:
Fiora und weitere Ordensmitglieder vom Platz des goldenen Drachen
Die ersten Sommertage des Jahres 3022 rieselten dahin, und Fiora schritt durch die Straßen eines Gorthariass, auf dem ein aschener Himmel lastete und dunstiges Sonnenlicht auf die gepflasterte Straße filterte. Gedankenverloren spielte sie mit dem silbernen Emblem, welches um ihren schlanken Hals lag.
"Fiora, was du heute sehen wirst, darfst du niemandem erzählen", sagte ihre Großmutter. "Nicht einmal deinem Freund Tomás. Niemandem."
"Auch nicht Mama?" fragte Fiora mit gedämpfter Stimme.
Meine Großmutter seufzte hinter ihrem traurigen Lächeln, das sie wie ein Schatten durchs Leben verfolgte.
"Aber natürlich", antwortete sie gedrückt. "Vor ihr haben wir keine Geheimnisse. Ihr darfst du alles erzählen."
Kurz nach einem Krieg gegen die Korsaren hatte eine aufkeimende Cholera Fioras Großvater, Tante und offenbar auch ihren Vater dahingerafft. An ihren vierten Geburtstag beerdigten sie sie auf dem Friedhof des höchsten Hügel Ringlós. Das einzige woran sich Fiora noch erinnerte war , daß es den ganzen Tag und die ganze Nacht regnete und daß ihrer Mutter, als Fiora sie fragte, ob der Himmel weine, bei der Antwort die Stimme versagte. Sechs Jahre später war die Abwesenheit eines Vaters für sie noch immer eine Sinnestäuschung, eine schreiende Stille, die ich noch nicht mit Worten zum Verstummen zu bringen gelernt hatte. Fiora wuchs inmitten von Büchern auf und gewann auf zerbröselnden Seiten, deren Geruch ihr noch immer an den Händen haftet, unsichtbare Freunde. Als Kind lernte sie damit einzuschlafen, daß sie ihrem Vater im dämmrigen Zimmer die Ereignisse zwischen Morgen und Abend, ihre Abenteuer in der Schule erklärte und was sie an diesem Tag gelernt hatte. Sie konnte seine Stimme nicht hören und seine Berührung nicht fühlen, aber sein Licht und seine Wärme glühten in jedem Winkel des Anwesen, und mit der Zuversicht dessen, der ihre Jahre noch an den Fingern abzählen kann, dachte sie, wenn sie nur die Augen schlösse und mit ihm spräche, könnte er sie vernehmen, wo immer er auch sein mochte. Manchmal hörte ihr Fioras Mutter im Eßzimmer zu und weinte verstohlen.
Fiora erinnerte sich, daß sie in jener Junimorgendämmerung schreiend erwachte. Das Herz hämmerte ihr in der Brust, als wollte sich die Seele einen Weg bahnen und treppab stürmen. Erschrocken stürzte meine Großmutter ins Zimmer und nahm mich in die Arme, um mich zu trösten.
"Ich kann mich nicht mehr an sein Gesicht erinnern. Ich kann mich nicht mehr an Papas Gesicht erinnern", keuchte Fiora.
Meine Großmutter umarmte sie fest.
"Hab keine Angst, Fiora. Ich…ich“, aber ihre Stimme versagte
Sie schauten sich im Halbdunkel an und suchten nach Worten, die es nicht gab. Das war das erste Mal, daß Fiora merkte, daß ihre Großmutter alterte und ihre Augen, Augen aus Nebel und Verlust, immer in die Vergangenheit blickten. Sie stand auf und zog die Vorhänge zurück, um das laue Frühlicht hereinzulassen.
"Los, Fiora, zieh dich an. Ich möchte dir etwas zeigen", sagte sie.
"Jetzt? Um fünf Uhr früh?"
"Es gibt Dinge, die man nur im Dunkeln sehen kann", gab mein Großmuttermit einem rätselhaften Lächeln zu verstehen.
Noch dämmerten die Straßen matt in Dunst und Nachttau dahin, als Fiora unterwegs war. Flimmernd zeichneten die Fackeln der Straßen eine diesige Allee, während die Stadt sich reckte und streckte und ihr blasses Nachtgewand ablegte. Fiora folgte Cáha auf diesem engen Weg, eher Scharte als Straße, bis sich der Abglanz des großen Platzes hinter ihnen verlor. In schrägen Quentchen sickerte das helle Morgenlicht von Balkonen und Karniesen bis knapp über den Boden. Endlich blieb Cáha vor einem von Zeit und Feuchtigkeit schwarz gewordenen Portal stehen. Vor uns ragte etwas auf, was mir wie die verlassenen Überreste eines Palastes oder eines Museums aus Echos und Schatten vorkam.
Ein Männchen mit dem Gesicht eines Raubvogels und silbernem Haar öffnete ihnen die Tür. Unergründlich heftete sich sein durchdringender Blick auf Fiora.
"Guten Morgen, Isaar", verkündete Fiora mit gedämpfter Stimme.
„ Des Taues Glanz, erhellt den Morgen im Rosenkranz.“
Mit einem leichten Nicken bat uns Isaar herein. Bläuliches Halbdunkel hüllte alles ein, so daß die Konturen einer breiten Marmortreppe und eine Galerie mit Fresken voller Engels- und Fabelfiguren gerade eben angedeutet wurden. Sie folgten dem Aufseher durch einen prächtigen Gang und gelangten in einen riesigen, kreisförmigen Saal, wo sich eine regelrechte Kathedrale aus Dunkelheit zu einer von Lichtgarben erfüllten Kuppel öffnete. Ein Gewirr aus Gängen und von Büchern überquellenden Regalen erstreckte sich von der Basis zur Spitze und formte einen Bienenstock aus Tunneln, Treppen, Plattformen und Brücken, die eine gigantische Bibliothek von undurchschaubarer Geometrie erahnen ließen. Mit offenem Mund schaute Càha Fiora an. Sie lächelte und blinzelte ihr zu.
"Willkommen im Friedhof der Vergessenen Bücher, Cáha."
In den Gängen und Lichtungen der Bibliothek verstreut, zeichneten sich ein Dutzend Gestalten ab. Einige von ihnen wandten sich um und grüßten aus der Ferne, und Fiora erkannte bekannte und unbekannte Gesichter. Teilweise waren es Mitglieder des Ordens, den Fiora wieder ins Leben gerufen hatte, teilweise Gesichter der Gefangenen, die Fiora in der Nacht zuvor befreit hatte. Wie merkwürdig, wie verschwörerisch sahen diese Männer und Frauen auf einmal aus!
Fiora nickte in die Runde und auf einmal war leises Fußgetrappel zu hören, welches sich in den Reihen aus Büchern und Geschichten verlor.
Das runde Dutzend an Männern und Frauen stand nur vor ihr.
"Was ihr hier seht, Brüder und Schwestern, ist ein geheimer Ort, ein Mysterium. Jedes einzelne Buch hat eine Seele. Die Seele dessen, der es geschrieben hat, und die Seele derer, die es gelesen und erlebt und von ihm geträumt haben. Jedesmal, wenn ein Buch in andere Hände gelangt, jedesmal, wenn jemand den Blick über die Seiten gleiten läßt, wächst sein Geist und wird stark. Schon vor einigen Jahren, als ich zum ersten Mal hierherkam, war dieser Ort uralt. Vielleicht so alt wie die Stadt selbst. Niemand weiß mit Bestimmtheit, seit wann es ihn gibt oder wer ihn geschaffen hat. Hier leben für immer die Bücher, an die sich niemand mehr erinnert, die Bücher, die sich in der Zeit verloren haben, und hoffen, eines Tages einem neuen Leser in die Hände zu fallen.
Dieser Ort dient als Versteck unseres Ordens. Als Hauptquartier bei unserer Bemühung den König zu stürzen und Rhûn aus der Tyrannei Khamuls zu führen. Die Schwarze Rose ist so alt wie dieser Ort selbst und auch wenn der König denkt, er hätte den Orden zerschlagen. Hätte alle Mitglieder ausgerottet, so irrt er sich.
Ich überlebte als einziges Mitglied und werde ihre Tradition fortführen. Ihre Sitten-“
Ein raschen und ein dumpfer Aufschlag war zu hören. Irgendwer aus dem Haufen hatte ein Buch aus dem Regal fallen lassen. Fiora konnte im dunstigen Licht nicht genau erkennen wer es war, aber sie glaubte die Umrisse des Elben zu sehen, der sie bereits in der Nacht mit seltsamem Ausdruck gemustert hatte.
Unbeirrt fuhr Fiora in ihren Ausführungen fort und als sie geendet hatte forderte sie das Dutzend auf ihr zu folgen.
Fast eine halbe Stunde spazierten sie durch dieses Labyrinth, das nach altem Papier, Staub und Magie roch. Sachte fuhr sie mit der Hand über die Rücken der ausgestellten Bücher. Auf den verwaschenen Bänden erkannte sie Titel in Sprachen, die sie erkannte, und viele andere, die sie nicht einzuordnen vermochte. Sie lief durch gewundene Gänge und Galerien mit Hunderten, Tausenden von Bänden, die mehr über Fiora und die Anwesenden zu wissen schienen als sie über sie. Bald befiel Fiora der Gedanke, hinter dem Einband jedes einzelnen dieser Bücher tue sich ein unendliches, noch zu erforschendes Universum auf und jenseits dieser Mauern verschwendeten die Menschen ihr Leben an Banalitäten, zufrieden damit, kaum über ihren Nabel hinauszusehen.
Fioras Großmutter zog eine kleine Schatulle aus dem Regal und reichte es ihr mit zittriger Hand.
„Öffne es.“
Ihre Stimme klang brüchig, aber die Neugier war stärker als die Furcht, die langsam in ihr aufkeimte und sie öffnete die Schatulle. Dort in weinroten Samt eingehüllt lag ein silbernes Emblem auf dem ein verschnörkeltes S eingraviert war.
Der fragende Ausdruck auf Fioras Gesicht muss so markant gewesen sein, dass ihre Großmutter antwortete bevor die Frage über ihre Lippen gekommen war.
„ Dies ist ein Schmuckstuck, dass dein Vater dir hinterlassen hat. Es war sein Wunsch, dass du eines Tages erfahren solltest, wer er war…da…da…da du ihn nie kennenlernen konntest.
„Aber…aber…“
Ihre Großmutter schloss die Augen und eine Träne rann bebend ihre Wange hinab.
„ Ach Liebes….dein Vater ist nicht an der Cholera gestorben…dein Vater war ein Spielmann aus Thal.“
Die Ordensmitglieder blieben vor einem staubigen Wandteppich hängen, der vom diffusen Licht erhellt wurde.
„ Hier hinter ist das eigentliche Versteck des Ordens, denn diese Bibliothek ist königlicher Besitz. Nur ist mein werter Stiefvater zu dumm und naiv die Macht und Schönheit von Büchern zu würdigen. So dass er es öffentlich verpönte die Bibliothek aufzusuchen. Nur selten kommt hier jemand vorbei, aber trotzdem solltet ihr euch nicht zu oft hier oben aufhalten. Isaar bewacht diesen Ort zwar schon seit vielen Jahrzehnten im Dienste des Ordens, aber dennoch kann er nicht immer dafür sorgen uns zu warnen.“
Von manchen war ein Nicken zu vernehmen und so zog Fiora den Teppich beiseite und offenbarte eine Treppe, die hinab in ein Kellerabteil offenbarte, die einer Katakombe glich.
Gnomi:
Mallos' Start:
Stumm lief Mallos durch die großen Hallen. Er kannte sie schon lange, oft hatte er hier Ruhe gefunden. Die Bücher hatten eine sanfte Ausstrahlung, die ihn immer in seiner Zeit als Attentäter beruhigt und an glückliche Tage hatten denken lassen, obwohl er nicht wusste, woran dies lag – heute wusste er es. Bei seiner Masse an Schriften, die er geschrieben hatte, war es nur natürlich, dass er eine gewisse Liebe zu Orten hatte, wo sich Bücher und andere Schriften stapelten.
Sanft atmete er ein und genoss den Geruch von altem Pergament, dem Leder, das teilweise seit Jahrhunderten die Bücher umschloss und all den anderen Gerüchen, die ihm so lange gefehlt hatten. In Bruchtal hatte er zwar auch viel Zeit in den Bibliotheken verbracht, jedoch schafften es seine Artgenossen ihre Schriften so zu versiegeln, dass sie nicht so stark unter der Zeit litten. Nur fehlte ihnen dann auch der Geruch von Papier, den er bei den Menschen kennen und lieben gelernt hatte. Während er durch die Gänge strich, fuhr er vorsichtig mit den Händen über all die Blätter, Rollen und Bücher, die bis zur Decke gestapelt vor den Wänden lagerten. Niemand wusste, was hier für Schätze lagen, dessen war er sicher. Für die meisten waren das hier einfach alte Werke, Legenden oder unnütze Schriften. Doch er wusste, was für Schätze hier vergraben lagen – nicht nur weil er selbst viele der Blätter hier beschrieben hatte. Aus diesem Grund lief er immer weiter, er suchte ein paar ganz bestimmte Bücher.
Er erkannte viele der Überschriften, die den meisten Schriften standen, doch kaum einer gönnte er mehr als einen Moment der Aufmerksamkeit, bevor er weiter lief.
Schließlich – er wusste nicht, wie lange er schon durch die Gänge lief – hatte er gefunden, was er gesucht hatte.Vorsichtig zog er ein einzelnes Blatt aus einem großen Bündel heraus und setzte sich in eine Ecke und fing an zu lesen.
Es war zwar dunkel, doch kleine Beleuchtungen spendeten ihm genügend Licht, dass er die Zeilen entziffern konnte. Nach diesem Pergament hatte er früher schon lange gesucht gehabt, doch war dies in einem Bereich der Bibliothek, die ihm damals verboten war – und als er sich schließlich hatte frei bewegen können, hatte er sich dank der Gedächtniswäsche durch seinen König an nichts mehr erinnern können.
Auch wenn viele Teile des Briefes verdreckt oder anderweitig unleserlich waren, erfüllte es Mallos mit einer Zufriedenheit, dass er es gefunden hatte, wie er sie das letzte Mal beim Öffnen von Dûrmarths Grab empfunden hatte, obwohl dieses Mal auch ein bisschen Angst dabei war – obwohl er so lange gesucht hatte, wusste er nicht, ob er es wirklich lesen wollte. Doch er dachte nicht lange nach, setzte sich hin und begann zu lesen.
Dies sind die letzten Zeilen der Königssklaven Iriell und Araiôn.
Diese Schrift soll die Wahrheit beinhalten und nichts als die Wahrheit soll in ihr stehen. Dies ist der Wille des Königs, genauso wie es sein Wille ist, dass niemals und zu keiner Zeit dies an die Öffentlichkeit gelangen soll. Nur zukünftige Könige sollen dies lesen können, damit sie die Wahrheit erfahren, wieso die Königssklaven nach Osten gebracht wurden. Nie hat er seinem Sohn diese Schmach verziehen.
Lange Jahre war Prinz Ulfar im Osten gewesen und hatte dort viele Kämpfe durchstanden. Doch ein größerer Triumph blieb aus, größtenteils waren es nur kleine Scharmützel, selbst wenn diese hoch gelobt und oft besungen in unseren Hallen anders dargestellt wurden. Die meisten der Kämpfe war Prinz Ulfar auch nur in seinem Zelt gewesen, um sich dort an den Freuden des Leibes zu erfreuen.
Während sein Kommando anfangs nur ... musste, wurde es mit der Zeit problematischer, da immer ... Überfälle von feindlichen Stämmen auf unser Hoheitsgebiet ausgeführt wurden. Anstatt jedoch um zusätzliche Truppen zu bitten, missachtete er die Ratschläge seiner Generäle, da er zu stolz war, um sich einzugestehen, dass er zu wenig Truppen mitgebracht hatte. Während einem seiner vielen Gelage geschah schließlich das Unausweichliche: Sein Lager wurde überrannt, seine Soldaten alle getötet und er geriet in Gefangenschaft.
…Truppen, die dem König von Khand ergeben waren...massive Truppenverbände im Osten... Verhandlungen um die Freilassung des Prinzen. Dies waren die Ergebnisse:
...ngriffspackt zwischen den zwei Ländern für die nächsten... und zu jeder Zeit in der sie dem Auge dienten.
...Übergabe der beiden Königssklaven...
Mallos wollte nicht weiterlesen und selbst wenn er gewollt hätte – seine Augen füllten sich so schnell mit Tränen, dass er das Blatt achtlos zur Seite warf und schluchzend wegrannte. All die Jahre hatte er es geahnt – jetzt wusste er es sicher. Er hatte seine Eltern verloren... weil ein kleiner Mensch nicht seinen Stolz überwinden konnte und anstatt zu Kämpfen lieber seine Untertanen kämpfen lies und selbst nichts tat, als sich in weiblicher Gesellschaft aufzuhalten. Zum Glück hatte er nicht lange gelebt – noch bevor sein Vater gestorben war, hatte er einen tödlichen Unfall und sein jüngerer Bruder wurde König.
Mallos wünschte, dass der Prinz noch leben würde. Wie gern würde er jetzt sich an ihm rächen und ihm so viele Schmerzen wie möglich zufügen. Doch er wusste, dass dieser Mensch schon seit Jahrhunderten Tod war. Immerhin etwas.
Während Mallos durch die Hallen rannte kam er langsam wieder zu sich. Seine Suche war zwar erfolgreich gewesen, doch er wünschte, dass er sie nicht begonnen hätte. Vorsichtig trat er schließlich wieder in eine der vorderen Hallen, wo sie ursprünglich angekommen waren. Während er die Halle betrat hörte er neben den lauten Geräuschen der Menschen, die trampelnd durch den Raum liefen von der anderen Seite ein paar leise Bewegungen – ihre Gastgeberin und Retterin vom letzten Abend schien wieder da zu sein. Er erinnerte sich noch gut an sie – Fiora... es war richtig gewesen sie damals nicht zu töten und ihr verdankte er auch sein gesamtes Gedächtnis. Sie kam ihm zwar etwas komisch vor, doch er würde ihr helfen. Zum einen aus Dank für sein Gedächtnis und die Rettung, zum anderen, weil er selbst dem König so viel schaden wollte, wie er nur konnte.
Er gesellte sich unauffällig zu denjenigen, die am Vortag gerettet worden waren und zusammen gingen sie zu ihr.
"Was ihr hier seht, Brüder und Schwestern, ist ein geheimer Ort, ein Mysterium. Jedes einzelne Buch hat eine Seele. Die Seele dessen, der es geschrieben hat, und die Seele derer, die es gelesen und erlebt und von ihm geträumt haben.“, begann sie. Wie Recht sie hatte. Und viele haben eine elbische Seele. Doch davon weiß hier niemand etwas.
„Jedesmal, wenn ein Buch in andere Hände gelangt, jedesmal, wenn jemand den Blick über die Seiten gleiten läßt, wächst sein Geist und wird stark. Schon vor einigen Jahren, als ich zum ersten Mal hierherkam, war dieser Ort uralt.Vielleicht so alt wie die Stadt selbst. Niemand weiß mit Bestimmtheit, seit wann es ihn gibt oder wer ihn geschaffen hat. Hier leben für immer die Bücher, an die sich niemand mehr erinnert, die Bücher, die sich in der Zeit verloren haben, und hoffen, eines Tages einem neuen Leser in die Hände zu fallen.“
Womit du nur teilweise Recht hast. Ich war damals dabei, als dieser Ort gegründet wurde... damals, vor vielen Hundert Jahren. Und ich war auch dabei, als du das erste Mal hierher kamst. Der König lies mich schon am Anfang abwechselnd alle Neulinge im Palast bewachen, die deine Mutter mitgebracht hatte. Da liegt tatsächlich viel Zeit dazwischen. Viele der Werke hier sind jedoch auch froh nicht gelesen zu werden, denn sie bieten dem Leser nichts als Schmerz.
„Dieser Ort dient als Versteck unseres Ordens. Als Hauptquartier bei unserer Bemühung den König zu stürzen und Rhûn aus der Tyrannei Khamuls zu führen. Die Schwarze Rose ist so alt wie dieser Ort selbst und auch wenn der König denkt, er hätte den Orden zerschlagen. Hätte alle Mitglieder ausgerottet, so irrt er sich.“
Mallos seufzte – das Meiste vom letzten Teil war wohl jedem hier klar, doch es musste wohl gesagt werden. Er ließ kurz seinen Blick über das Regal neben sich fahren und stockte plötzlich. Wie automatisch griff seine Hand zu einem Buch und zog es mit zittrigen Fingern heraus. Hypnotisiert öffnete er es – und lies es sofort fallen.
Kurz stoppte Fiora mit ihrer Rede und schaute zu ihm herüber, doch fast sofort fuhr sie unbeirrt fort.
Er hörte kein weiteres Wort von dem was sie sagte, sondern starrte nur das Buch an. „Märchensammlungen – Geschichten für Kinder aus der alten Zeit“ stand auf dem Einband. Es war kein Buch, was zu den anderen großen Büchern passte, doch gehörte es hier hin, das wusste Mallos. Schon allein, weil der Autor – oder besser: Die Autorin – so viele Werke in dieser Bibliothek geschrieben hatte: Iriell, seine Mutter.
Während Fiora sie anschließend durch die Gänge führte, folgte Mallos der Gruppe, ohne wirklich geistig anwesend zu sein. Das war das Buch seiner Kindheit, dort waren fast alle Märchen aufgeschrieben, die er gehört hatte. Als sie losgelaufen waren, hatte er es unter seine Kleidung gesteckt. Wenn er Zeit hätte, würde er die Geschichten noch einmal lesen. Bis dahin würde niemand das Buch finden, dessen war er sicher. Selbst Fiora, die diese Bilbiothek anscheinend ziemlich gut kannte, wusste wahrscheinlich nicht um all ihrer Geheimnisse. Doch er kannte ein paar Verstecke, die niemand finden würde.
Schließlich blieben sie vor einem Wandvorhang stehen. Ah, dachte Mallos. Hier versteckt sich jetzt also die Schwarze Rose. Da haben wir wirklich alle Glück gehabt, denn diesen Ort kennt weder unser werter Herr König, noch irgendeiner seiner Diener, wenn sich nicht viel in den letzten Jahren geändert hat. Hier sollten wir tatsächlich sicher sein.
Der Reihe nach betraten sie die Treppe, die sich hinter dem Vorhang offenbare. Sie führte nicht weit unter die Erde, aber weit genug, dass man nirgends etwas von den Räumen dahinter bemerkte. Ein paar Fackeln lieferten gerade genügend Licht, dass man den gesamten Raum sehen konnte. Von ihm gingen noch ein paar einzelne Wege weg, die zu weiteren tiefer gelegten Räumen weggingen. Doch vorerst blieben sie in dem vordersten Raum. Während sie langsam zum Stehen kamen spähte Mallos zu einem Gang links von ihnen. Zweiter Gang nach links... dort müsste ein Raum sein, dessen Boden mit großen Pflastersteinen bedeckt ist. Mich würde wirklich interessieren, ob jemand von dem Orden schon Mal den vierten Stein von vorne und zweiten von links probiert hat hochzuheben.
Doch vorerst behielt er diese Frage für sich. Fiora klärte sie darüber auf, dass sie dieses Versteck niemandem je zeigen dürften und falls sie dies taten, dann würde sie persönlich dafür Sorge tragen, dass derjenige den nächsten Morgen nicht erleben würde. Zusätzlich wurde ihnen gezeigt, wo sie sich zum Schlafen legen konnten, denn niemand hatte in den letzten Tagen viel geschlafen. Den Rest würde sie ihnen am Nachmittag sagen, wenn sie etwas geschlafen hätten. Die meisten begaben sich daraufhin zu den angegebenen Orten und legten sich schlafen, doch Mallos war wach. Er hatte in den letzten Tagen genug geschlafen und wollte lieber den Ort hier genauer betrachten. Es war faszinierend, wie sich die Räume hier geändert hatten. Das letzte Mal, als er hier war, war noch alles voller Spinnweben gewesen, Steine lagen im Raum und teilweise war auch der Boden kaputt gewesen. Doch jetzt war alles sauber, der Boden war größtenteils ausgebessert und ein massiver Tisch stand in der Mitte des Raumes, drum herum einige Holzstühle. An den Seiten hingen einige Halter für Fackeln, wovon gerade einmal ein Bruchteil benutzt wurde. Wenn wirklich überall Fackeln brennen würden, dann würde es deutlich heller im Raum sein. Zusätzlich war am unteren Ende der Treppe noch eine dicke Holztür. Wenn man sie schließen würde, dann könnte man hier unten so laut werden, wie man wollte – durch den Wandteppich am oberen Ende würde so gut wie kein Laut dringen.
Er musste zugeben – er war beeindruckt, dass jemand diesen Raum gefunden hatte und auch wie gut er hergerichtet worden war. Der Orden war besser organisiert und ausgerüstet, als er gedacht hatte.
Vexor:
Klack, Klack, tönten Fioras Schritte durch die dunklen Gänge unter der Bibliothek.
Sie war ganz in einen knöchellangen, schwarzen Reiseumhang gehüllt und hatte sich die Kapuze tief ins Gesicht gezogen.
Der Seitengang, dem sie folgte war meterlang und nur die Kerze in Fioras Hand erhellte den Weg. Hier hinten war es bereits um einiges schäbiger, da den Gang nur wenige benutzen. An den Wänden bröckelten bereits die Steinplatten, oder Seitengänge waren komplett eingestürzt.
Das Gangsystem unter der Bibliothek zieht sich fast durch die gesamte Stadt. Einzig die Gänge direkt zum Palast und direkt in die Verließen sind verschüttet. Dies war das Werk des Königs, als er den Orden ausschalten wollte. Zum Glück hat er nie etwas von dem Gang, der aus der Stadt hinausführte erfahren.
Sie machte Halt und stand vor einer steinernen Sackgasse. Das spärliche Licht offenbarte nur wenig und beleuchtete die Szenerie auf bizarre Weise, als Fiora die Kerze auf den Boden stellt. Vorsichtig tastete sie über Mauer bis sie einen kleinen Schlitz entdeckte, wo gerade Mal zwei Finger hineinpassten.
Als sie die Finger wieder hinauszog war ein Rasseln zu hören und ein spaltgroßer Durchgang offenbarte sich, indem sich Fiora gerade so durchzwängen konnte.
Die feurige Morgenröte schmerzte ihr ein wenig in den Augen, als sie die Falltür von unten aufstieß und sich agil nach oben zog.
Ihr Blick schwankte noch links und vor sich erblickte sie die abweisenden Steinmauern Gortharias. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen.
Ach König wenn du wüsstest, wie leicht man in deiner Stadt ein und ausgehen kann.
Zu ihrer Rechten hörte sie Flügelrascheln und erblickte den großen Taubenschlag, den die Händler und Bauern nutzten, um mit anderen im In- und Ausland zu kommunizieren.
Ihre hellbraunen Augen suchten einen Augenblick die graue Taube mit den schwarzen Tupfern am Kopf.
„Ah da bist du ja“, flüsterte Fiora und streckte ihre Hand aus, woraufhin sich die Taube sofort dort niedersinken ließ.
Es war ein ganz schönes Stück Arbeit gewesen die Taube so zu dressieren, dass sie an diesen Taubenschlag nur von Fiora angefasst werden konnte, aber schlussendlich gelang es.
Behutsam nahm sie die Pergamentrolle aus der Halterung an ihrem Rücken und breitete sie aus.
„ Sehr geehrter Herr Neûs,
ich möchte mich für die Bestellung von zwanzig Rollen Pergament, drei Gänsekielen und Eisengallustinte bedanken. […]
Mit freundlichen Grüßen,
Letro von Chár“
Es dauerte nur einen Moment bis Fiora die Nachricht dechiffriert hatte, um die nötigen Informationen ihres Kontaktmanns zu erfahren.
Astana, Baghir, Naryn, Talas und Lethoria…wunderbar….
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Sie betrachtete die Taube noch ein wenig, bevor sie wieder die Falltür hinabstieg.
Erst nachdem sie den Mechanismus der Steinmauer wieder geschlossen hatte, nahm sie die Kerze und marschierte zurück zu der großen Halle, wo immer noch die befreiten Gefangenen weilten. Einige waren allerdings schon wach. Saßen stumm auf ihren Feldbetten, oder betrachteten den Raum.
Betrachteten die riesige Karte Rhûns, die auch Teile des Düsterwaldes, Mordors und des Dagorlandes abbildeten.
Als Fiora die schwere Holztür hinter sich schloss und mit einem filigranen, goldenen Schlüssel zusperrte drehten sich ein paar erschrocken um.
„Guten Morgen!“, sagte sie mit autoritärer, aber dennoch freundlicher Stimme, „ Ich hoffe ihr habt gut geschlafen!“
Ein Murmeln ging durch die Menge und die Wachen versuchten die noch schlafenden zu wecken und nach guten zehn Minuten saßen alle an der hölzernen Tafel, um Fiora mit wachen Augen und Ohren zu lauschen.
„Nur weil ihr euch gemeldet habt, um den Orden zu dienen, heißt es noch lange nicht, dass ihr auch fähig seid selbiges zu tun. Der alte Orden der Rose war nicht nur ein Orden voller Assassinen. Sie hatten überall Spione, Händler und Mägde in ihren Dienste, damit die Ordensstruktur und Mission funktionierte.“
Sie ging auf eine stämmig wirkende Frau zu, die einen ungefähr zehnjährigen Sohn auf dem Schoss hielt und blickte ihr in die Augen bevor sie fragte: „ Wie heißt du?“
„ Rilila, Tochter des Jenôls von Thal! Und das ist mein Sohn Hierur.“
Fioras Augenlied zuckte kurz, als sie den Namen Thal hörte, fuhr aber unbeirrt fort.
„ Was war deine Profession dort, Rilia?“
„ Ich war Köchin des Prinzen von Thal, Herrin“, stotterte sie und blickte Fiora ehrfürchtig an.
Jene musste lächeln und sagte fast belustigend: „Nenn mich niemals Herrin, das gilt für jeden von euch. Ich bin eure Ordensschwester oder Fiora, aber ganz sicher nicht eure Herrin. Das ist gut Rilia. Du wirst als Köchin im Palast dienen und uns mit den wichtigsten Informationen versorgen. In der Küche wird viel getratscht, lerne das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen. Und dein Sohn wird beim Stallmeister Kreos arbeiten. Jener braucht immer fähige junge Burschen und der König reitet mindestens einmal in der Woche zur Jagd aus.“
„Aber wie sollen wir das alles bewerkstelligen Fiora? Wie komme ich zum Beispiel in den Palast?“, erwiderte sie und Fiora erkannte eine Mischung aus Bewunderung und Furcht in ihrer Stimme.
„ Lass das meine Sorge sein Schwester“, entgegnete sie kühler als sie es gewollt hatte.
So machte es Fiora mit allen der restlichen zehn Menschen, die am Tisch weilten. Neben einem Goldschmied, einem Gerber und einen Kaufmann, fand sie sogar einen älteren Mann, der sich bereit erklärte als Priester im großen Tempel Saurons zu dienen.
Ebenso fand sie eine junge Frau und einen Mann mittleren Alters, die perfekte Kandidaten waren in die Assassinenlehre bei Fiora zu gehen.
Zu guter Letzt saß dort der Elb, der Fiora immer noch so seltsam vertraut vor kam.
„ Und was warst du Elbensohn vor deiner Gefangennahme?“, sprach Fiora, während ihre Augen versuchen seine Gedanken zu ergründen; versuchten zu erkennen, woher sie ihn kannte.
Gnomi:
„Nur die Augen sprechen die Wahrheit“, erinnerte sich Mallos als Fiora ihre Antwort gestellt hatte. Fioras Augen wirkten ein bisschen müde. „Sie war also auch die Nacht nicht wirklich lange im Bett.“
Zusätzlich waren sie nicht ruhig, sondern huschten immer wieder kurz über sein Gesicht. Doch jedes Mal, wenn sie ihm wieder in die Augen schaute schienen sie zu versuchen in ihn hinein zu blicken und zu versuchen etwas Verborgenes herauszufinden.
„Sie scheint also bemerkt zu haben, dass sie mich schon einmal gesehen hat… Aber noch weiß sie es nicht sicher, sucht aber weiter.“
„Meine He…“, begann er, doch als er sah, wie ihre Mundwinkel zuckten verbesserte er sich sofort. „Schwester Fiora. Ich war nur ein reisender Elb, der von Ort zu Ort zog, um Menschen und Elben gleichermaßen mit Geschichten verschiedenster Arten zu erfreuen und lange Abende mit Hilfe von Liedern kurz erscheinen zu lassen. Meine Aufgabe war es die Dunkelheit in der Nacht zu vertreiben und ein bisschen Licht in große Hallen und kleine Zimmer zu bringen. Ich war also ein Mensch der Worte – ein Poet.“
Fiora antwortete nicht sofort. „Sie ist sich unsicher, ob sie mir glauben soll. Sie sagt es nicht, doch ihre Augen versuchen eine Lüge zu finden, doch in meinen Augen erkennt sie nur die Wahrheit. Denn es stimmt. Zumindest war ich in den letzten Jahren nichts anderes.“
„Werter Elb.“, sagte sie schließlich. „Habt ihr jemals in Gortharia eure Kunst zum Besten gegeben?“
„Vor Jahrhunderten war der Barde oft meine Tarnung, sowohl hier in dieser Stadt, als auch in anderen Orten und Städten des Landes. Sie würde meine Lüge erkennen. Sie ist aufmerksam und sieht viel… für einen Menschen“
„Glaubt ihr wirklich, werte Schwester, dass es für einen Elb ratsam wäre in der Hauptstadt von Rhûn aufzutreten? In meinen Augen wäre es Selbstmord, wenn ich mich unter Menschen begeben würde.“ „Und doch tat ich es… doch ich war nicht nur Dichter… sondern hatte lange Jahre der Ausbildung hinter mir und wusste es zu verschleiern wer ich bin“
. „Zu wahr.“ antwortete Fiora zögernd, noch immer konnte sie keine Lüge feststellen – schließlich hatte er nicht gelogen. „Wartet hier bis ihr eine Aufgabe erhaltet. Euere bisherige Arbeit könnt ihr hier wohl nicht - “
„Fiora?“ unterbrach ein Mann sie leise. Es war der Mann, der meist über die Tür wachte. Isaar hieß er, zumindest wenn Mallos den Namen richtig verstanden hatte.
Er flüsterte etwas leise in ihr Ohr. Mallos konnte nichts verstehen, doch wenn sie Fioras blick richtig deutete ging es gerade um ihn. „Warte hier.“ Sagte sie knapp und eilten in eine andere Ecke des Raums, wo sie mit einem anderen der befreiten Gefangenen kurz redeten. Leider standen zu viele Leute im Weg, sodass Mallos nicht genau erkennen konnte worum es ging. Doch wenn er es richtig deutete, dann würde er es sowieso erfahren. Seufzend setzte er sich auf einen kleinen Hocker und wartete darauf, dass Fiora wieder kam.
Sie enttäuschte ihn auch nicht und nur wenige Augenblicke sah er sie wieder auf sich zukommen. „Elb. Sagt mir zuerst einmal euren Namen.“
„Namen sind Schall und Rauch. Sie sagen nichts über den Menschen aus, der sie trägt. Man kannte mich unter einigen Namen, doch in den letzten Jahrzehnten trug ich meist wieder meinen Geburtsnamen, welcher wahrscheinlich der ist, der euch interessiert: Mallos.“
„Dann werde ich euch auch so nennen.“ antwortete sie. „Mallos, ich habe deine Geschichte geglaubt. Doch muss ich an deiner Loyalität zweifeln. Verrate mir eins, bevor ich über dich urteile: Was sucht ein Poet, zudem noch ein Elb, nachts in den Straßen von Gortharia. Ich glaube kaum, dass du heute Nacht nur frische Luft schnuppern wolltest. Und versuche erst gar nicht deinen Ausflug abzustreiten.“
Innerlich fluchte Mallos.
Und fluchte anschließend gleich noch mal. „Wieso konnte ich nicht auf meine Gedanken aufpassen? Das hat sie bestimmt gesehen.“ Er wusste zu gut, wie es aussieht, wenn Menschen fluchen, es war einfach zu erkennen.
„Ich streite es nicht ab.“ Fing er zögernd an und fuhr mit festerer Stimme fort. „Doch ist es eine lange Geschichte, zu lange um sie jetzt vollständig zu erzählen. Ich werde daher versuchen sie auf das Notwendigste zusammenzufassen:
Ich war mein Spiel zu Ende spielen. Ich hatte einen Auftraggeber, der mir eine Zeit lang meinen Lebensunterhalt finanzierte. Ich wusste, dass er hier in Gortharia wohnt und war in der Nacht in seinen Gemächern und habe getan, was ich eigentlich schon vor Jahren getan hatte. Heute früh wird er sehen, dass ich ihm nicht mehr diene.“
„Wovon redest du?“
Fioras Augen waren nun nicht mehr neugierig und freundlich, sondern folgten jeder seiner Bewegungen, bereit um sich zu verteidigen oder auch ihn anzugreifen, falls er eine falsche Bewegung tat.
Langsam griff Mallos unter sein Hemd und zog ein Pergament heraus. „Ich ließ ein Pergament mit genau dem gleichen Inhalt in seinen Gemächern zurück.“ Er öffnete es und zeigte Fiora den Inhalt. Es war nicht viel, doch es war eindeutig.
„Ich erinnere mich wieder. Meinen Dienst bei euch sehe ich als beendet an. Cuillan“
Fiora starrte die Nachricht an. „So fein verarbeitetes Pergament… das gibt es nur an einem Ort.“
„Das stimmt.“ bestätigte Mallos sie. „Ich habe es auf ein Pergament aus dem Palast geschrieben.“
„Wem“, flüsterte sie. „habt ihr diese Nachricht hinterlassen? In wessen Gemächern seid ihr gewesen und wie seid ihr dorthin gekommen?“
„Ich bin ein Elb. Ich kann mich lautlos bewegen. Wenn ich nicht will, dass man mich hört, dann wird man mich nicht hören.“
„Wem habt ihr diese Nachricht überbracht?“, fragte Fiora erneut.
Mallos kniete sich auf den Boden und starrte zu Boden. „Dem König.“ sagte er gerade laut genug, dass sie ihn hören konnte. Eigentlich wollte ich es nicht sagen. Nur was hätte ich sagen sollen? Sie hätte jede Lüge erkannt. Vielleicht erkennt sie nun woher sie mich kennt, hoffentlich nicht. Wenn sie mich töten will, dann ist es nur gerecht, doch klug wäre es nicht. Unser Feind ist derselbe.
Gnomi:
Was für eine Ironie… hier knie ich, der beste Attentäter des Königs und warte auf das Urteil eines Menschen. Jahrhundertelang war ich ein Mörder, der nie auch nur einen kleinen Fehler gemacht hat… und jetzt wurde ich schon zum zweiten Mal dazu gebracht einen Fehler zu machen. Ich hätte sie nicht belügen sollen, aber was hätte sie getan, wenn sie die Wahrheit erfahren hätte? Sie darf es nicht erfahren!
Langsam hob er den Kopf und schaute Fiora an.
„Seit ihr uns befreit habt, habt ihr mich immer wieder angeschaut, als ob ihr mich kennen würdet.“, fuhr er leise fort. „Doch habt ihr es bis jetzt nicht herausgefunden… So wie ihr ausseht denke ich, dass ihr schon lange hier in Rhûn lebt, wahrscheinlich sogar schon lange in dieser Stadt. Wahrscheinlich ist es daher wahr… ihr kennt mich. Ich sagte euch bereits, dass ich dem König diente… doch das ist lange her. Ihr denkt, dass ihr schon lange in dieser Stadt wohnt? Ich lebte länger hier. Ihr glaubt, dass ihr diese Stadt kennt? Nur weil ihr seit vielleicht ein bis zwei Jahrzehnten hier wohnt? Ich kenne diese Stadt besser, weil ich sie mit erbaut habe. Ihr glaubt ihr habt einen Grund den König zu hassen? Ich hasse ihn mehr, ihr – „, Fiora unterbrach ihn mit einer kurzen Handbewegung. Schwer atmend merkte Mallos, dass er aufgestanden war und immer lauter geredet hatte. Um sie rum war alles still geworden und alle beobachten sie. „Lass uns dieses Gespräch woanders fortführen.“, sagte sie leise und drehte sich um. Still folgte er ihr in einen kleinen Nebenraum, es war zwar nur eine dünne Holztür, die diesen vom Hauptraum trennte, jedoch waren sie so nicht mehr im Mittelpunkt des Geschehens. Kaum hatte Fiora die Tür geschlossen, fuhr Mallos mit gedämpfter Stimme fort. „Ihr glaubt, dass ihr wisst, wie ihr den König bekämpfen könnt? Ihr glaubt, dass ihr durch eure Spione alles Wichtige über den König erfahren könnt? Das kann keiner, wenn dann kann ich euch ein paar Dinge sagen, die für euch wichtig wären. Im Gegensatz zu meinem Wissen über diese Stadt und den König seid ihr nur wie ein kleines Kind, das nicht weiß, wie gefährlich sein Spielzeug ist. Ihr wisst zu wenig über euren Feind, um ihn bekämpfen zu können.“
Eine kurze Pause folgte in der Fiora ihn weiter musterte, während er versuchte sich wieder etwas zu beruhigen.
„Wer seid ihr?“
„Wie ich sagte gibt es für mich viele Namen. Mallos habt ihr wahrscheinlich sogar schon Mal gehört, wenn ihr euch für die Königsgeschichte interessiert habt und das Wissen dieser Bibliothek genutzt habt.
Ein ehemaliger König tat alles, um meinen Namen vergessen zu machen, jedoch hab ich zu Großes dafür getan, ich war zu bekannt.“
Wer seid ihr?“, fragte Fiora erneut.
„Das Wesen auf Erden, das die Königslinie von Rhûn wohl am meisten hasst. Meine Eltern kamen zur Zeit des großen Krieges zwischen Angmar und Arnor nach Rhûn und hier wurde ich geboren.
Seither diente ich am Hof des Königsgeschlechts. Viele nannten mich den ‚Königssklaven’. Viele der alten Werke in diesem Gebäude sind von meinen Eltern oder mir gefertigt. Wahrscheinlich sind auch noch irgendwo Bilder von uns. Wahrscheinlich habt ihr so eins Mal gesehen und mich dann wiedererkannt. Auch wenn die normale Bevölkerung mich vergessen hat – die Könige wussten immer von mir und auch von meiner Bedeutung für das Reich. Doch ich hatte es geschafft zu fliehen. Seit langer Zeit bin ich nun zum ersten Mal wieder in Gortharia. Ich wollte mit meiner Vergangenheit abschließen und den König wissen lassen, dass er einen neuen Feind in seiner Stadt hat, den er wahrscheinlich nicht erwartet hätte.
Versteht ihr nun, warum ich für euch von Vorteil sein kann? Ich kenne diese Stadt besser, als je irgendein anderer sie kennen wird und die Könige Rhûns haben das Leben meiner Eltern und meins zerstört. Wenn ihr nicht mir vertrauen wollt… dann vertraut meinem Hass auf die Könige, denn dieser wird immer in mir brennen.
Und nun fällt euer Urteil! Wenn ihr mich für meinen Ausflug heute Nacht bestrafen wollt, so tut es. Ich werde euch nicht daran hindern… jedoch würde ich es euch nicht raten, da ihr dann Wissen über die Stadt wegwerfen würdet, wie ihr es euch nicht einmal in euren kühnsten Träumen erträumt hättet.“
Die ganze Zeit über war Mallos ruhiger geblieben, als er es anfangs war, als sie noch im großen Raum waren. Er wollte nicht, dass jeder alles mithörte – er traute keinem der anderen im großen Raum, bei Fiora war er sich jedoch sicher, dass sie ein gnadenloser Feind des Königs war, schließlich wusste er, was sie in ihrer Kindheit alles durchgemacht hatte.
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