Sie wusste nicht, wie lange sie so vor sich hin lebte. Immer wieder war Brianna bei ihr und wechselte ihre Verbände, doch auch sie kam nicht mehr so häufig wie am Anfang. Stundenlang lag sie oft alleine im Zimmer, ihren eigenen Ängsten und Einbildungen ausgeliefert.
Eines Nachts wachte sie verschwitzt und zitternd auf. Sie hatte wieder einen dieser Träume gehabt. Doch dieses Mal war er realistischer gewesen. Sie hatte wirkliche Stimmen gehört, hatte Menschen schreien gehört, während ein großer Drache sich über sie beugte und langsam immer größer wurde und sie alle auslachte. Sie selber konnte nur regungslos daneben stehen. Sie hatte versucht sich zu bewegen, doch ihr gesamter Körper hatte versagt.
Schwer atmend setzte sie sich langsam auf.
Plötzlich ertönte wieder ein Schrei, kurz darauf von einem weiteren gefolgt. Rhia sprang auf und rannte zur Tür, blieb dann noch einmal kurz stehen und drehte sich um. Es wäre Selbstmord in eine unbekannte Stadt zu rennen, ohne sich darauf vorzubereiten. Schließlich fand sie ihr Schwert und ihre anderen Dinge in ein paar Leinen eingewickelt unter dem Bett liegen, auf dem sie die ganze Zeit gelegen hatte.
Sie nahm das Schwert in die hand und spürte sofort eine gewisse Sicherheit.
Leise öffnete sie die Tür und huschte durch das Zimmer und öffnete eine weitere Tür. Vor ihr war ein Vorratsraum. Sie schloss die Tür wieder und ging zu einer anderen, die sich dann auch als Haustür herausstellte.
Vorsichtig öffnete sie die Tür und lies sie knarrend hinter sich zu fallen.
Um sie herum waren große Häuser, teils aus Holz, teils aus Stein. Die Architektur kam ihr merkwürdig vertraut vor. Sie ging zu einem der Häuser und strich sanft mit der Hand darüber. Der Stein fühlte sich kalt an, doch er war sehr gut bearbeitet worden.
Lächelnd trat sie zurück und suchte einen freien Platz zwischen den Häusern – den eigentlich Grund, warum sie das Haus verlassen hatte, war ihr vor Aufregung entfallen. Sie rannte eine Straße lang, bog in eine kleine Abzweigung ein und rannte weiter, ständig auf der Suche nach einem Ort, wo sie den Himmel sehen konnte. Plötzlich war vor ihr alles offen, kein Haus versperrte mehr die Sicht.
Zögernd lief sie in die Mitte des Platzes und sah nach oben. Es war wahr.
Den letzten Beweis lieferten die Sternbilder. Es war wahr, sie war in ihrem Ziel angekommen. All die Tage hatte sie in einem Haus gelegen und nicht gewusst, wo sie war. Doch die Häuser und die Sternbilder, das waren Beweis genug: Sie hatte es geschafft Thal zu erreichen.
Plötzlich hörte sie hinter sich das leise Geräusch eines Schuhes, der auf Pflaster trat. Sie wirbelte aus ihren Gedanken gerissen herum und erstarrte. Vor ihr standen vier Männer. Alle vier hatten lange Kapuzen an und eine Kapuze vor ihrem Gesicht. Zwei trugen einen großen Sack und eine trug eine weitere leblose Person auf dem Rücken.
Der vierte trat langsam auf sie zu.
„So sieht man sich wieder...“, sprach er ruhig und genoss merklich die Situation aus. „Du bist also auch hier in Thal... Eigentlich wollte ich mir hier nur eine neue Existenz aufbauen, aber nun... find†™ ich auch noch das wonach es mich am meisten giert: Rache für den Verlust meiner Truppe. Nun stirb.“
Im nächsten Moment zog er ein Schwert und hieb auf Rhia ein. Reflexartig zog sie das ihre und parierte den Schlag. Sie kannte den Mann vor ihr, seine Stimme würde ihr für immer im Gedächtnis bleiben. Dagnir...
Auch den nächsten Schlag konnte sie noch ohne Probleme parieren, danach erhöhten sie beide das Tempo. Schneller als ein normales Auge es sehen könnte schlugen sie aufeinander ein. Auch Rhia blieb nun nicht nur in der Verteidigung, sondern griff selbst Dagnir an. Er hatte mitgeholfen ihr früheres Leben zu zerstören.
Sie wurde auch von Rache getrieben.
Keiner von beiden lies dem Gegner eine Sekunde Zeit zum Luft holen, unentwegt schlugen sie aufeinander ein. Plötzlich erschienen die drei anderen Menschen hinter Rhia. Trotz des Kampfes hatte sie ihr Kommen gespürt. Sie wirbelte herum und erschlug den einen, bevor er sich wehren konnte. Doch die anderen zwei und Dagnir hatten sie nun umzingelt. Verzweifelt blickte sie sich nach einer Rettungsmöglichkeit um. Auf einmal erkannte sie, dass sie direkt neben einem Haus standen, dessen Dach niedriger war, als die Dächer der übrigen Gebäude. Während sich ihre Gegner in dem sicheren Sieg wiegten ging sie leicht in die Knie und drückte sich ab. Sie flog durch die Luft, doch ein plötzlicher beißender Schmerz in ihrem Bein lies sie alles vergessen. Verkrümmt hielt sie ihr Bein fest umklammert, verfehlte das Dach und landete hart auf dem Boden.
Alles um sie herum verschwamm, nur noch der Schmerz in ihrem Bein war präsent. Der Sturz... der weiße Knochen, der aus dem Bein herausgeragt hatte... die Tage und Wochen, die sie ohne richtige Behandlung so ausgeharrt hatte... Alles war wieder da.
Hilflos lag sie da, genau wie damals. Sie spürte wie Dagnir näher kam und sich über sie beugte. „Das wirst du bereuen... Nehmt sie auch mit!“ Den zweiten Teil befahl er seinen zwei verbleibenden Kumpanen.
Grob hob einer von ihnen sie auf. Sie sah alles, wie durch einen Nebel. Häuser rauschten an ihr vorbei. Irgendwann blieben sie kurz stehen und betraten dann einen kleinen Turm mit einer Wendeltreppe.
Danach kamen sie wieder ins freie und sie wurde an ein Seil gebunden und langsam eine Mauer heruntergelassen und dann weiter getragen.
Irgendwann, es kam ihr wie Stunden vor machten ihre Entführer halt und lehnten sie an einen Baum. Schlaff fiel ihr Kopf zur Seite. Der pochende Schmerz in ihrem Bein verstummte langsam, doch ihr ganzer Körper fühlte sich noch immer leblos an. Nach kurzer Zeit kniete sich Dagnir vor ihr nieder, packte sie an der Kehle und zog sie am Baum nach oben.
„Du glaubst nicht, was wir durchgemacht haben... wir sind die letzten, die noch überlebt haben und müssen seitdem unser Lebensunterhalt durch kleine Beutezüge verdienen. Dein Tod wird nichts daran ändern, nur wird er mir Genugtuung verschaffen.“
Plötzlich erkannte Rhia eine kleine Klinge, die sich langsam ihrem Hals näherte. Kurz vor ihrem Hals hielt sie inne und Dagnir sagte lächelnd „Buh“ und schnellte mit der Klinge nach vorne. Gleichzeitig erwachten Rhias Lebensgeister wieder. Ihre Arme flogen schneller als Dagnirs Klinge nach oben und packten seinen Arm. Überrascht lies dieser sofort das Messer fallen und Rhia konnte sich befreien. Die beiden Kameraden von Dagnir hatten den Kampf sofort bemerkt und warfen sich sofort auf Rhia, doch sie war schneller. Sie schnellte nach vorne, genau zwischen ihnen durch und packte ein auf dem Boden liegendes Holzstück. Bevor sich die beiden umdrehen konnten schlug sie dem ersten mit voller Kraft auf den Hinterkopf. Ihre Waffe zersprang, doch der Getroffene viel taumelnd zu Boden. Rasch schaute sie sich nach einer anderen Waffe um und entdeckte nicht weit entfernt ihr Schwert liegen. Sie hechtete darauf zu, doch plötzlich stand Dagnir mit vor Zorn flackernden Augen vor ihr. „Du wagst es nicht...“
„Doch, das tue ich“ schrie Rhia ihn an. Plötzlich verstummte alles. Dagnir schaute sie verblüfft an und sie selbst tastete verwirrt an ihrer Kehle. Wie lange hatte ich schon nichts mehr gesagt? All die Jahre konnte ich nichts sagen und jetzt... warum jetzt? Doch Dagnir fing sich wieder und lies ihr keine Zeit für weitere Überlegungen. „Du kannst also doch sprechen, doch das wird nichts ändern...“
Er sprang auf sie zu und schlug mit bloßer Faust zu. Rhia war immer noch zu verwirrt, um schnell genug auszuweichen und wurde an der Schulter getroffen. Sie taumelte leicht zurück, dann stürzte sie sich schreiend auf Dagnir. Dieser erwartete sie bereits mit einem bösen Lächeln und wollte zurückschlagen, doch kurz bevor sie bei ihm war bremste sie ab und sprang um ihn herum. Sie landete hinter ihm auf dem Gras und packte ihr Schwert. Während Dagnir sich umdreht sprang sie wieder auf die Beine und schlug zu. Doch ihr Gegner war ebenfalls sehr schnell und wich rechtzeitig zurück.
Er selbst zog nun auch sein Schwert und seine beiden Freunde kamen nun auch mit gezogenen Schwertern zu Hilfe. In einem Block näherten sie sich Rhia und schlugen zu, sobald sie in Reichweite war. Immer weiter musste sie deshalb zurückweichen, bis plötzlich hinter ihr ein großer Fels auftauchte. Sie bemerkte ihn zu spät und konnte nicht wieder zurückweichen. Verzweifelt schlug sie auf den Mann links neben Dagnir mit voller Wucht ein. Er unterschätzte ihre Kraft und wollte lässig ihr Schwert abwehren. Mit einem Schlag entwaffnete sie ihn und danach verlor sie keine Sekunde und stach ihm in die Brust. Noch während er mit weit aufgerissenen Augen in sich zusammen fiel parierte Rhia den nächsten Schlag.
Sie sprang zurückkniete sich kurz an die Felswand und schnellte dann wieder nach vorne, über die Köpfe ihrer beiden Gegner. Noch im Flug schlug sie auf Dagnir ein. Geistesgegenwärtig riss dieser sein Schwert hoch und das Schwert rutschte ab und traf stattdessen seinen einzig verbliebenen Verbündeten.
Dieser schrie auf, taumelte ein paar Schritte und fiel dann auch zu Boden, während er seine Hände an eine Wunde an seiner rechten Schulter presste, aus der immer mehr Blut quoll. Rhia beachtete ihn nicht weiter, rollte sich ab und drehte sich wieder zu Dagnir und griff ihn an. Wie zuvor in der Stadt schlugen sie in einer übermenschlichen Geschwindigkeit aufeinander ein. Doch dieses Mal war sie ihm überlegen. Durch ihre Übungen im Düsterwald war sie den weichen Untergrund gewohnt und wusste genau, wie stark der Boden federn würde. Dagnir hingegen konnte den Boden nicht zu seinem Vorteil nutzen. Der nächste Tag dämmerte bereits, als sich Dagnir eine kurze Konzentrationsschwäche erlaubte. Rhia packte sofort die Gelegenheit am Schopf und trennte mit einem gezielten Schlag die Schwerthand Dagnirs ab.
Überrascht schrie er auf und starrte ungläubig auf seine Hand, die nun vor ihm auf dem Boden lag und immer noch das Schwert umklammerte. Danach schaute er Rhia an. „Du mögest mich besiegt haben, doch töten wirst du mich niemals...“ Wie aus dem nichts holte er einen kleinen Dolch hervor und stach ihn sich ins Herz, bevor Rhia ihn daran hindern konnte.
Starr stand Rhia vor dem Leichnam ihres Widersachers.
All die Zeit hatte sie diesen Augenblick herbeigesehnt und nun war er da. Nun war er da. Sie wusste nicht, wie sie sich fühlte. Sie hatte an dem Tag drei Menschen getötet und einen verwundet... dafür hat sie es geschafft endlich ihren größten Feind zu vernichten. Und sie hatte auch ihre Stimme wieder gefunden.
Plötzlich hörte sie ein Stöhnen hinter sich. Sie drehte sich um und lief zu dem Mann, der hinter ihr mit einer Wunde an der Schulter lag.
Als sie bei ihm angekommen war betrachtete sie sein Gesicht. Er hatte einen dichten Vollbart, war relativ bleich und einige Narben zeugten von einer sehr harten Vergangenheit. Sie kniete sich neben ihn und schaute auf die Wunde, die er an der Schulter hatte. Sie war nicht sonderlich tief, aber tief genug, sodass der Blutverlust sehr groß gewesen sein musste, den er hatte, während sie mit Dagnir gekämpft hatte.
Er öffnete die Augen und starrte sie an. Sie erkannte verwundert, dass seine Augen nicht den gleichen Hass, wie die Augen von Dagnir ausstrahlten. Sie waren nur voll von Furcht. Vorsichtig öffnete er den Mund und bewegte ein paar Mal lautlos die Lippen, bis er einen Ton raus bekam. „B...B...Bitte... lasst mich leben...“
Rhia schaute ihm in die Augen. Sie wusste nicht, ob es richtig war, doch sie konnte diesen Mann nicht töten. Vielleicht hätte er ein ganz anderes Leben gehabt, wenn er nur wo anders gelebt hätte. Wahrscheinlich wäre er ein friedlicher Bürger geworden...
Sie stand auf, ging zu Dagnir, riss ihm ein Stück seiner Kleidung ab und kehrte zu dem Verwundeten wieder zurück. Vorsichtig wickelte sie den Stoff um die Wunde.
„Ich wer... werde nicht viel mehr tun. D... Du musst alleine klar kom...“
Sie schluckte. Es machte sich bemerkbar, dass sie so lange nicht mehr geredet hatte. „Ich töte di... nicht. Du... musst alla... überleben.“
Danach wandte sie sich von ihm ab und ging zu dem kleinen Lager der Banditen. Die leblose Person, die sie aus der Stadt getragen hatten lag immer noch mit gefesselten Händen auf der Wiese.
Vorsichtig knotete sie die Fesseln auf und schulterte sich die Person auf.
Sie wusste noch ungefähr aus welcher Richtung sie gekommen waren und zudem zeigten die ersten dünnen Rauchsäulen die Richtung in der Thal lag.
Als sie an einem Bauernhof vorbei kam legte sie vorsichtig den Verwundeten Mann vor die Tür und klopfte laut an. Danach rannte sie in Richtung Thal.
Die Tore waren in der Zwischenzeit offen und sie gesellte sich zu den Händlern, die rege in die Stadt kamen.
Als sie mitten in der Stadt stand merkte sie erst, wie wenig sie sich hier auskannte.
Vor Jahrzehnten hatte sie hier ihre ersten Jahre verbracht, doch damals hatte alles auf sie noch imposanter gewirkt, als jetzt. Wo hatte Brianna nur ihre Behausung?
Sie lief den gesamten Morgen orientierungslos in der Stadt herum, beobachtete Händler bei ihren Gesprächen, wich Wägen aus und entkam aufdringlichen Verkäufern, die ihr ihre Waren verkaufen wollten.
Gegen Mittag kam sie in eine der Nebenstraßen und hörte plötzlich eine bekannte Stimme hinter sich. „Ja, ich verkaufe Tränke, aber nur wenn ich die Kräuter dafür habe. Und ich habe keine ganze Apotheke bei mir dabei, kommt nachher einfach in meinen Laden, ja? Da...“ Sie verstummte, als die Frau schließlich Rhia entdeckte, die aufrecht wieder die Straße betrat. „Entschuldigt mich...“ hörte Rhia sie noch sagen, dann ging Brianna schnellen Schrittes auf sie zu. „Was machst du. Hier, wie...?“
„Es geht mir gut“, antwortete Rhia vorsichtig. „Es gab... ein paar Zwischen...fälle.
Brianna schaute sie überrascht an. „Du... sprichst... ich denke wir haben viel zu bereden...“
Rhia folgte Brianna aus der Stadt heraus. „Du warst noch nie bei mir zu Hause“ erklärte ihr Brianna. „Ich hatte dich in einer verlassenen Wohnung in der Stadt untergebracht an der ich regelmäßig vorbei komme. Weil niemand sie benötigt und ich nicht immer meine gesamten Kräuter in die Stadt tragen will, wenn ich hier Mal etwas verkaufe hatte ich die Wohnung schon seit langem benutzt. Solange sie nicht anders benötigt wird hat man es mir erlaubt.“
Wie es sich herausstellte wohnte sie wirklich nicht sehr nah an Thal. Es war shcon lange Nachmittag, als sie schließlich anhielten und ein kleines abgelegenes Haus betraten.
Brianna bot Rhia einen Platz auf einer hölzernen Bank an, nahm eine kleine Kanne mit Wasser und stellte zwei kleine Becher auf den Tisch, füllte beide mit Wasser auf und schob einen zu Rhia hin.
„Ich denke nach allem, was ich getan habe, darf ich deine Geschichte erfahren. Was hast du alles durchgemacht? Was passierte, bevor du hierher gekommen bist? Was war heute Nacht?“
Rhia fing stockend an zu erzählen, was sie noch wusste. Sie erzählte ihr, dass sie als Tochter eines Kaufmanns in Thal geboren wurde, doch schon in frühen Jahren immer auf Reisen durch ganz Mittelerde mit ihm gezogen war. So hatte sie kaum Zeit in Thal verbracht. Danach war sie mit ihrem Vater in einen Ort weit im Osten gezogen und ...
Sie hatte im Laufe ihre Erzählungen immer seltener stocken müssen. Langsam lernte sie wieder mit der Sprache umzugehen. Doch hier musste sie stocken und Tränen traten ihr in die Augen. Schluchzend verbarg sie ihr Gesicht in ihren Händen.
Sie hörte, wie Brianna aufstand und sich neben sie setzte. Vorsichtig legte sie ihre Hände auf die Schultern von Rhia. „Schhhhh...“ machte sie leise. „Ganz ruhig, du hast heute schon viel erzählt, mehr als du in den letzten Wochen zu mir gesagt hast. Ich sehe dir an, dass du viel Leid auf deiner Reise erfahren hast, du musst mir nicht alles erzählen, manche Dinge müssen Menschen für sich behalten.“
Rhia schaute mit immer noch tränenden Augen auf und flüsterte „Ich habe ihn verloren, ihn den einen, den ich liebte, er ist im Kampf um mich gefallen...“
„Ich glaube es ist besser, wenn du erst einmal schläfst. Ich habe leider nur wenig Schlafmöglichkeiten, doch es wird sich etwas finden.“
Nach kurzer Zeit hatte Brianna ihr eine improvisierte Schlafgelegenheit gebastelt, auf die sich Rhia mit einem leisen „Danke“ legte und fast augenblicklich einschlief.
Am nächsten Morgen wachte Rhia auf, als Brianna leise durch das Zimmer schlich. Als sie merkte, dass ihr Gast aufgewacht war sagte sie: „Guten Morgen Rhia, ich wollte dich nicht aufwecken, ich muss nur heute früh raus. Ich brauche eine Kräutersorte, die ihre größte Wirkung entfaltet, wenn sie zu dieser Zeit gepflückt wird.“
„Kann ich helfen?“
„Das glaube ich kaum“, lachte sie. „Du kennst dich nicht so gut aus, ich kann es dir zeigen, wenn du willst, aber ein andermal. Wenn du unbedingt helfen willst, dann richte uns ein kleines Frühstück, bis ich wieder da bin. Aber überanstreng dich nicht – du bist immer noch verletzt, ich werde dich dann nachher noch einmal untersuchen.
Rhia nickte und stand vorsichtig auf, während Brianna das haus verlies.
Als sie wiederkam hatte Rhia ein kleines Frühstück gerichtet und die beiden Frauen aßen gemeinsam. Danach erzählte Rhia noch die Geschichte, ab ihrer Ankunft im Düsterwald.
In den nächsten Jahren machte Brianna sie mit ihrem Geschäft vertraut und Rhia half mit, so gut sie konnte. Im Laufe der Zeit machte sie fast sämtliche Geschäfte in Bree, da sie dank ihrer frühen Ausbildung ein äußerst gutes Geschick im Handeln um den Preis hatte. Das Schwert hatte sie seitdem nicht mehr angerührt, es lag fast immer unter ihrem Bett, dass sie schon bald in Briannas Haus bekommen hatte.
Zudem schaffte sie es sehr schnell ihre lange Stummphase zu überwinden und kam wieder gut in die Sprache herein. Ihre lange Reise hatte sie während ihres Aufenthaltes im Düsterwald so gut verdrängt, dass sie zwar immer noch da war, aber Rhia meistens sie vergessen konnte und ein fröhliches Leben führen konnte. Wenn jemand ihre Vergangenheit ansprach oder sie sich so daran erinnerte hatte sie immer einen plötzlichen Stimmungsumschwung, wurde ganz leise und zog sich in ihr Zimmer zurück. Ihre Wunde im Bein sah nach außen hin vollkommen verheilt aus, aber in regelmäßigen Abständen wurde sie von plötzlichen brennenden Schmerzanfällen geplagt, die dann im Laufe des Tages noch einen pochenden Schmerz hinterlassen. Brianna hatte versucht so gut es geht diese Schmerzen zu besiegen, doch bei dieser Wunde hatten selbst ihre Künste versagt. Der größte Erfolg war ein Trank, den Rhia immer sofort nehmen musste, wenn der Schmerz kam, womit dann der pochende Nachschmerz abgeschwächt wurde.
Nachdem sie vier Jahre so bei Brianna gelebt hatte ging sie zum ersten mal wieder zurück in den Düsterwald. Dort traf sie Landon und auch ihren Begleiter wieder. Er hatte es geschafft die Spinnen zu verjagen, doch hatte gedacht, dass sie von ihnen getötet worden war, weil er sie nicht finden konnte.
Aus Freude über das Widersehen und dass sie nun endlich ihre Stummheit überwunden hatte schenkten die Elben ihr zudem ein paar speziell gefertigte Schuhe, die so gesponnen waren, dass sie keinerlei Spuren hinterließen und durch nichts, außer durch Gewalt kaputt gehen können. Zudem schenkten sie ihr eines ihrer Gewänder. Die Gewänder waren zwar nicht so gut, wie die aus Lorien, doch auch sie konnten einen vor ungeübten Blicken tarnen, dienten aber eigentlich nur der Bekleidung. Auch sie konnten nicht durch Natureinwirkungen zerstört werden.
Von den Elben wird sei weiterhin mit dem Namen Elua angeredet, während die Menschen sie mit ihrem anderen Namen, Rhia, rufen.