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El-Murazors Fortsetzung

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El-Murazor:
Einleitung:

Die Sonne war bereits untergegangen. Es herrschte kein Wind, nichts durchbrach die unheimliche Stille. Der Himmel war tiefschwarz, kein einziger Stern war zu erkennen, die dicken schwarzen Wolken schluckten jedwedes Licht. Sogar der Erdboden war schwarz, nur hin und wieder spendete ein Riss in der Erde ein rötliches Glühen. In diesem gespenstischen Schein bot sich dem Betrachter ein unheimlicher Anblick von bizarren Felsformationen, Relikten von früheren Vulkanausbrüchen.

Die gesamte Ebene war von unzähligen Schluchten, Rissen und kleineren Wüsten durchzogen, durch die kaum ein Durchkommen war.

Im Süden der Ebene erhob sich ein riesiges schwarzes Gebirge mit drei Gipfeln. Der größte von ihnen war mit Schnee und Eis bedeckt und bildete das Grundmassiv des Gebirges. Aus seinen Flanken ragten die beiden anderen kegelförmigen Gipfel hervor. Zu Füßen der Berge war ein großer See gelegen mit tiefschwarzen, öligen Wasser.

Die Rückseite der Berge fiel steil ab ins Meer, wo die Brandung mit ungeheurer Gewalt langsam begann sich das Land zurückzuholen.

Im Osten und Westen wurde die dunkle Ebene von steilen Klippen eingegrenzt, die bis zu 500 Fuß tief ins Meer abfielen.

Das gesamte Gebiet war immer noch vulkanisch aktiv, aus unzähligen Spalten strömte Magma an die Oberfläche, formte neues Land und pechschwarzer Rauch entströmte ihnen. Leben existierte hier nicht, nur in der Nähe des Sees gab es einige wenige Sträucher, die den widrigen Lebensbedingungen trotzen konnten.

Das Erscheinungsbild änderte sich, sobald man nach Norden kam. Der Boden aus Vulkangestein ging langsam ansteigend in Erdboden über, auf dem Bäume und Sträucher in unzähliger Anzahl wuchsen und gediehen.

Ein weiteres, aber kleineres, Gebirge erhob sich sanft aus der Ebene, die Bergspitzen ragten grau und ruhig aus den waldbedeckten Berghängen.
Am nordöstlichen Rand gab es eine schmale Felsspalte, die den Blick auf die nördliche Hälfte der Insel freigab.

Dieses Land hatte er sich ausgesucht, um sich zu verbergen. Es passte zu ihm und seinem Geschmack:
Am Fuße der drei Vulkane, in einer großen Höhle hielt er inne. Noch vor kurzen hatte er in Ketten gelegen, gefesselt mit Angainor, der Kette die Aule eigens für diesen Zweck geschaffen hatte. Gorgumoth, Manwes Hund, hatte ihn Jahre lang bewacht, doch jetzt war es ihm gelungen zu entkommen.

Zwei Zeitalter hatte er auf diesen Moment hingearbeitet, sich gezwungen die Geduld zu bewahren und einfach zu warten. Jetzt war der Zeitpunkt endlich gekommen. Er war wieder frei, auch wenn er noch keine äußere Gestalt besaß, sein Geist war noch der alte, genauso mächtig wie früher. Und wie nie zuvor glühte in ihm ein Zorn, ein Zorn über die erlittene Niederlage, über die Schmach und den Aufenthalt in der zeitlosen Leere. Seinen Körper hatten sie gebrochen, nicht aber seinen Willen. Ein einziger Gedanke nahm den ganzen Platz in seinem Kopf ein:
Er wollte Rache, schlicht und einfach Rache. Doch dieses Mal würde er anders vorgehen, im Hintergrund, im Verborgenen.

Sein dunkler Blick schweifte über die Landschaft und zum ersten Mal nach so langer Zeit empfand er Freude, Vorfreude. Die Städte der Elben im Norden der Insel machten ihm keine Sorgen. Sie würden leicht zu erobern sein. Er musste einfach darauf hoffen, dass sein Ausbruch unbemerkt blieb. Zuerst einmal musste er seine Diener wieder um sich scheren, deshalb war er hier. Dies war der Ort, die Insel war die letzte zwischen Valinor und Mittelerde. Sie war auf Bitten der Elben von Illuvatar verschont geblieben und nicht wie Numenor in den Abgrund gestürzt. Doch eine Tatsache hatten die Elben nicht bedacht, eine Kleinigkeit, die er ausnutzen würde. Und bald war es soweit. Und ob von Natur oder durch seine  finsteren Gedanken ausgelöst, kam Wind auf, der die Luft mit Asche füllte...

El-Murazor:
Die weiße Stadt

Zur gleichen Zeit standen die Gefährten auf der Stadtmauer von Minas Tirith und sahen zum Himmel hinauf, wo das ungetrübte Licht der Sterne auf sie herabfunkelte. Ein wenig hinter ihnen stand ein weiterer Elb, in seinen grauen Mantel gehüllt. Er war als Bote von Elrond in die Stadt gekommen und hatte Kunde von ihrem bevorstehenden Besuch gebracht. Er war groß gewachsen und trug leichte Elbenschuhe, leichte Hosen und einen Mantel aus Lorien. Die Kapuze bedeckte sein dunkles, langes Haar. Die Sterne spiegelten sich in seinen braunen Augen oder sie schienen aus ihnen herauszuleuchten.

Sam konnte seinen Blick nicht von der Gestalt wenden.
Um die Lippen des Elben spielte sich ein Lächeln und er trat zu den anderen heran. Aragorn bemerkte seine Annäherung erst im letzten Augenblick: „Willkommen Gwoldor, gesell dich zu uns!“ „Vielen Dank, Elessar“ war die Antwort, doch dann wandte er sich ruckartig ab und blickte nach Westen. „Was ist denn dort?“, fragte Pippin verwundert, als Gwoldor seinen Blick nicht abwandte. „Etwas Schreckliches ist geschehen, ich kann es fühlen. Es ist als wäre...“ „ ... ein alte Wunde wieder aufgebrochen“, vollendete Gandalf den Satz und sah den Elben scharf an.

Die Hobbits regten sich unruhig und Pippin konnte sich nicht zurückhalten: „Etwas Schreckliches? Aber was denn? E...er ist doch besiegt oder nicht?“, jetzt stand Angst in seinem Gesicht. „Besiegt? Nein, geschwächt würde ich sagen. Er wird nie wieder so mächtig werden wie er war!“, sagte Gandalf doch er stockte als er ein Murmeln neben sich vernahm. „ Jedenfalls nicht ohne Hilfe...“, lies sich leise der Elb vernehmen.

Jetzt wandte sich der Zauberer direkt zu ihm und die beiden tauschten einen langen Blick. Keiner zwinkerte und auch keiner der anderen traute sich die Stille zu durchbrechen. Dann, wie verabredet drehten sich die beiden um und verließen zusammen die Mauer.

„Was in Durins Namen hatte das denn zu bedeuten?“, fragte Gimli und sprach damit die Gedanken der anderen aus. Keiner antwortete und so verließen sie alle die Mauer und gingen nachdenklich zu ihren Schlafgemächern.

Der Zauberer jedoch stieg gemeinsam mit dem Elben auf den Weißen Turm. Oben angelangt fragte er direkt heraus: „Wer bist du wirklich?“ Diese Frage schien dem Boten ungelegen zu sein, doch er antwortete: „Woher wisst ihr davon? Ich bin Mauritius, ich habe euch während des gesamten Krieges über begleitet.“

Gandalf schwieg eine Weile, dann lächelte er. „Nur einer, der im Segensreich gewohnt hat, vermag derartige Dinge zu spüren und wahrzunehmen. Ihr seid also der Krieger, der in der letzten Schlacht gekämpft hat? Das hätte ich wahrlich nicht gedacht...“, sprach er langsam, doch er brach seinen Satz unvermittelt ab und blickte in die Ferne.

„Ja, ich war dort, vor zwei Zeitaltern, ich kämpfte in Eonwes Heer, an seiner Seite gegen ihn. Ich hatte ihn vorher noch nie gesehen, doch ich hatte geschworen ihn zu vernichten. Doch nicht wegen der Silmaril, denn er war es, denn meine Eltern erschlug als er die Bäume zerstörte.“ Ein grimmiger Ausdruck war auf sein Gesicht getreten, der gar nicht zu seinem Aussehen passte, es machte ihn bedrohlich, mächtiger.

Gandalf nickte wissend: „Ich weiß was euch widerfahren ist, von Galadriel hab ich deine Geschichte gehört, doch auch Rache macht sie nicht wieder lebendig.“ Sofort blitzten die Augen des Elben auf vor Zorn, doch seine Stimme war kalt und bestimmt: „Seit diesem Tag habe ich ihn verfolgt, noch bevor Feanor nach Mittelerde kam, war ich dort und jagte seine Anhänger. Ein Zeitalter lang kämpfte ich gegen ihn und seine Kreaturen und dann, als die Zeit endlich dar war, als man wieder einmal die Gelegenheit hatte das Böse für IMMER zu vernichten, zögerte man.“

„ Er ist gefangen, er wird nicht mehr frei werden“, warf der weiße Zauberer ein, doch kaum hatte er geendet lachte der Elb kurz und hämisch auf: „ Wenn das so ist, frage ich mich warum Manwe selbst seine Rückkehr prophezeit und die Dagor Dagorath? Er wird zurückkommen!“

Ein langes Schweigen folgte auf diese Worte, doch dann sah der Elb Gandalf unvermittelt ins Gesicht. „ Das Böse ist durch Saurons Fall stärker geworden, nicht schwächer. Wir müssen wachsam sein!“

Mit diesen Worten verließ er den Turm, doch der Zauberer stand noch lange Zeit regungslos da und sein Blick wandte in die Dunkelheit hinaus. Fragen quälten ihn, warum hatte Galadriel nichts von Mauritius gesagt, warum war er nie offen aufgetreten, warum war es niemandem aufgefallen, dass ein solcher Krieger unter ihnen weilte? In seinen Gedanken erkannte er die Zeichen der Zeit: Sauron war besiegt, aber etwas neues Böses erstanden, das fühlte er. Dazu trat einer der größten Krieger des ersten Zeitalters wieder auf, dies alles musste etwas bedeuten. Die Ereignisse schienen einen Zusammenhang zu haben, doch die Ursache dieser Verbindung war ihm unbekannt.
Müde setzte er sich hin, doch er wusste, dass er diese Nacht keinen Schlaf würde finden können.

In seinem Schlafgemach lag Aragorn auf seinem Bett, doch er konnte nicht schlafen. In Gedanken war er immer noch bei dem Boten aus Bruchtal. Das erste Mal hatte er ihn in Lorien gesehen, ja er konnte sich sogar daran erinnern, mit ihm zusammen mal an den Flanken des Düsterwalds gekämpft zu haben. Er hatte gut gekämpft, auf eine Weise wie er sie noch nie gesehen hatte. Jäh traten ihm die Bilder von damals wieder vor Augen, doch seine Gedanken wurden von einem lauten Pochen an der Tür unterbrochen.

Er trat zur Tür und öffnete. Vor ihm stand der Elb, der es sichtlich eilig zu haben schien. „Verzeih, Elessar, doch ich wollte dich persönlich in Kenntnis setzen: Ich muss fort. Im Hafen liegt ein Schiff vor Anker, das mich in meine Heimat bringen wird. Richte dies bitte Elrond aus, sobald er kommt.“ Jetzt doch leicht verwirrt antwortete der König ihm: „In Ordnung, ich werde es ausrichten, doch was bewegt euch? Ich hab mich eben  an unseren Kampf im Düsterwald erinnert, vor so langer Zeit...“, er unterbrach sich, denn der Elb fing an zu lachen.

„Für dich mag die Zeit lange sein Elessar, doch für mich sind die Jahre nicht von Bedeutung. Aber ihr habt Recht, an diesem Tag lernten wir uns kennen, doch inzwischen haben wir noch in vielen Schlachten gekämpft, in mehr als du glaubst.“ Als er die Überraschung in seinen Augen sah fügte er hinzu: „Ich war bei Haldirs Galadhrim und habe auch vor der weißen Stadt gekämpft, sowie am schwarzen Tor. Ich habe mich schon lange nicht mehr als der gezeigt der ich bin, doch die Zeit wird bald kommen.“ Mit diesen Worten gab er Aragorn zum Abschied die Hand und verlies die Stadt.

Am nächsten Morgen traf Aragorn auf Gandalf, der auf seinen Stab gestützt auf einem Stein saß. Die Falten in seinem Gesicht waren tiefer geworden, ein dunkler Schatten lag unter seinen Augen und er wirkte müde.

„Meine Aufgabe ist erfüllt, doch ich glaube ich werde mich bald einer neuen widmen müssen. Mauritius hat uns verlassen?“, fragte er seinen Freund, doch der war nicht in der Lage zu antworten. „Mauritius? Der Elb war...?“ Und in diesem Moment ging ihm ein Licht auf. „Ja, er ist der Krieger aus der alten Welt. Seit diesen Tagen kämpft er gegen das Böse und er wird jetzt auf die große Insel zurückkehren. Nach Morgoths Fall hat er sich dort niedergelassen. Die Insel liegt auf Höhe von Numenor, doch wesentlich weiter südlich. Sie ist die einzige Insel zwischen Mittelerde und Valinor die nicht zerstört wurde. Auf ihr leben alle freien Völker und sie ist ungefähr dreimal so groß wie Numenor war. Dort hat er den Schatten gespürt und dorthin wird er jetzt gehen.“

„Aber warum hat er sich nie gezeigt? Warum hat er nie gesagt wer er ist?“ Der Zauberer lies sich Zeit mit der Antwort: „Ich bin mir nicht ganz sicher, doch ich vermute er wollte seinen Feind immer im Ungewissen lassen wo er sich aufhält. Und er hat sich nicht vor allen verborgen, alle Elbenfürsten wussten von seiner Herkunft, doch sie achteten seinen Willen.“

Daraufhin schwieg er eine Weile und auch Aragorn sagte nichts. „Wir müssen abwarten was die Zukunft bringt und mein Herz sagt mir, dass wir schon sehr bald wissen werden, was uns erwartet.“, sagte Gandalf. „Doch du hast dich jetzt um dein eigenes Volk zu kümmern.“ Der Mensch nickte und gemeinsam gingen sie in den großen Thronsaal um etwas zu essen.

Während des Essens setzten sie auch Eomer in Kenntnis, der die Nachricht ungläubig auffasste. Gandalf jedoch sagte: „Ihr werdet schon sehr bald vor eine schwere Wahl gestellt: Entweder ihr bleibt hier und schafft hier ein neues Reich, oder ihr kommt mit mir und kämpft weiter. Mauritius wird einen Rat einberufen, den größten den es je gab.“ „Wo soll dieser Rat denn stattfinden?“, fragte Eomer verdutzt. „In Minas Sidh, der größten Stadt unserer Zeit. Ich spüre dasselbe wie Mauritius und ich glaube nicht, dass ich mich irre. Uns steht ein neuer Kampf bevor und wieder einmal steht auch Mittelerde auf dem Spiel.“

El-Murazor:
Ankunft auf der Insel

Nach langer, beunruhigender Schifffahrt kam die Insel endlich in Sicht. Sein Land, vor langer Zeit hatte er es entdeckt, nachdem er auf der Überfahrt nach Valinor von einem Sturm abgetrieben worden war. Auf einer Landzunge im Norden stand ein weißer Turm, auf dessen Dach ein großes Feuer entzündet worden war. Sein Leuchten wies ihm den Weg in den großen Hafen. Der Hafen lag in einer Bucht, die durch eine Enge ins Meer führte. Die Enge wurde durch zwei große Kalksteinfelsen begrenzt. Am anderen Ende der Bucht lag der Kai, der aus grauem Stein gehauen war. Dahinter erhob sich eine Stadt, die in die Klippen hinein gehauen war. Die Klippen verliefen wie ein Halbkreis, eine gewundene Straße führte von den Hafengebäuden durch die Stadt über die Klippe in die Ebene hinein.

Dem Betrachter bot sich jedes Mal ein überwältigender Anblick, denn die Straße führte durch einen großen Wald hindurch auf das Gebirge zu, dessen schneebedeckte Gipfel bereits vom Meer aus sichtbar waren und ein beeindruckendes Panorama schufen. Am Fuße des Gebirges lag die Hauptstadt Minas Sidh, die Stadt des Friedens. Jedes Mal, wenn er sie erblickte, fühlte Mauritius sich von Stolz erfüllt, denn sie war der Beweis dafür, dass ein Leben in Frieden möglich war.

„Der König kehrt zurück!“, ertönte von den Wachen des Tores und Trompeten erlangen. Ein Lächeln glitt über sein Gesicht, als er auf dem Rücken seines Pferdes das Tor passierte. Hinter dem Tor lag ein großer Platz, in dessen Mitte eine Statue auf einem Podest stand, sein eigenes Standbild. Es war ein Geschenk Thrains gewesen und hatte den Ehrenplatz hinter dem Tor erhalten.

Freude kam in ihm auf, endlich war er wieder zu Hause. Eine Menschenmasse bildete sich und sie ließen Willkommensrufe hören. Dann jedoch kam ihm ein Elb entgegen. Er trug ein silbergraues Gewand, mit einem goldenen Gürtel, sein blondes Haar fiel zu beiden Seiten des Kopfes herunter.
„Mauritius, ihr seid ja schon zurück! Wir hatten dich erst in ein paar Monaten erwartet.“ Die beiden begrüßten sich mit einer freundlichen Umarmung. „Gwoldor mein alter Freund. Der Wind hat meine schnelle Heimkehr begünstigt.“, antwortete er, die letzten Worte mit Nachdruck gesprochen, sodass Gwoldor verstand und nicht weiter nachfragte. Gemeinsam gingen sie den langen Weg über die fünf Mauerringe nach oben.
„ Ist irgendetwas vorgefallen?“, fragte Mauritius den Elben. „Nein, wieso?“, war die Antwort, doch die bliebt aus und Mauritius blieb im obersten Ring stehen und blickte nach Süden zum grauen Gebirge.

„Seit etwa einem Monat schon herrscht dort ein Sturm und er schein nicht zu enden. Die Adler waren dort, sie meinten der Feuerberg spuckt wieder Rauch. Wir haben die freudige Nachricht von Saurons Niederlage vernommen“, sagte Gwoldor und blickte ihn an. „Endlich ist auch der letzte Schatten besiegt!“

„Hoffen wir es“, antwortete Mauritius, doch er merkte, dass der Elb ihn scharf ansah. „Ich erkläre alles später, wir müssen eine Sitzung einberufen und zwar schnell.“
Endlich passierten sie das Eingangstor zum Thronsaal, in dessen Mitte zehn Sitze um einen silbernen Tisch standen.
„Wenn die Mittagsonne sinkt, müssen alle hier sein. Es ist sehr wichtig.“ Gwoldor nickte und blickte zum Ende der Halle, wo sich zwei Frauen näherten.

Gwoldor eilte der einen entgegen und gemeinsam entfernten sich die beiden, die andere jedoch ging weiter und blieb direkt vor Mauritius stehen.
Sie war wunderschön, trug langes schwarzes Haar, das ihr offen bis auf den Rücken fiel. Ihre Augen jedoch waren saphirblau und es schien als funkelten die Sterne aus ihnen heraus, wie ein Brunnen uralter Erinnerung. Ihr Kleid war weiß, doch golden durchflochten und reich verziert. Sie war eine bezaubernde Erscheinung, man sagte sie würde sogar Luthien an Schönheit überstrahlen. Ihr Name war Doriel, sie war auf dieser Insel geboren worden, als erste Elbin und damit auch als erstes Kind auf dieser Insel überhaupt. Jetzt stand sie dem König der Insel gegenüber und ein seltsamer Glanz stand in ihren Augen.

„Mein Herr, ihr seid zurück!“, sagte sie und blickte ihm in die Augen. Mauritius umarmte sie fest, fühlte sich jedoch seltsam nervös. „Doriel, ich bin so froh dich wider zusehen. Jedes Mal wenn ich dich sehe bist du noch schöner geworden.“ Doch verlegen brach er ab. Sie lächelte jedoch: „Ich lebe in einem wunderschönen Reich, selbst Valinor ist nicht so schön.“ Jetzt musste auch er lächeln. „Es ist den einem glücklichen Zufall zu verdanken, das die Zeit hier kaum vergeht und unserer westlichen Lage, aber wir sind nicht so weit westlich wie Numenor es war. Man kann die Küste der unsterblichen Lande nicht erblicken und per Schiff wäre der Weg noch ziemlich weit.“ „Oder ist es eurem Ring zu verdanken?“, fragte die Elbin mit einem verschmitzten Lächeln. Wieder einmal war Mauritius überrumpelt, doch sie fing an zu Lachen: „Galadriel hat es mir gesagt, denn ihr Ring hat eine ähnliche Wirkung, wenn auch nicht so stark, aber wenn ihr wollt lasst uns lieber über das Leben hier sprechen!“ Mauritius hatte sich wieder gefasst und nickte stumm.

Die Elbin fuhr fort: „Wir haben hier alles was das Herz begehrt, warum sollten wir nach Valinor wollen? Auch die Zwerge und Menschen erfreuen sich eines äußerst langen Lebens.“, und sie ergriff seine Hand. „Komm mit auf den Turm, ich liebe diese Aussicht.“ Zusammen gingen sie auf den Turm, von dem man weit auf das Meer hinaus sehen konnte, doch die schwarzen Wolken im Süden störten die Idylle und dem Elben wurde wieder bewusst warum er hier war. Er musste wissen was los war, es lies ihm keine Ruhe...

Noch während die beiden dar standen, erschien ein großer Adler und landete auf der großen Terrasse des Thronsaals. Die beiden eilten nach unten und dort angekommen wandte sich Mauritius sofort an den Adler: „Meneldor, ich bin froh dich zu sehen, denn ich brauche dich dringend. Kannst du mich nach Süden tragen? Es ist seht wichtig!“ „Mauritius, ich bin eben hier um dir Botschaft aus dem Süden zu bringen. Doch dorthin tragen kann ich dich auch.“ „Dann lass uns keine Zeit verlieren, sag mir deine Botschaft während wir fliegen.“ Er kletterte behände auf den Rücken des Adlers und sie flogen Richtung Süden.

Unterwegs wurde ihm das geschäftige Treiben auf der Insel erst richtig gewahr. Überall transportierten Zwerge, Elben und Menschen Dinge in die sich im Bau befindende Stadt, südlich des Gebirges. Der König erkannte wie sehr sie während seiner Abwesenheit gewachsen war. Endlich rückte das Gebirge im Süden näher, in der Mitte befand sich eine Felsspalte, doch schon bald musste der Adler landen, denn er kam nicht mehr gegen den Sturm an. „Kannst du mit deinen Augen irgendetwas erkennen?“, fragte Mauritius den Adler. „Nicht mehr als du, doch der Berg speit wieder Feuer und Rauch!“ Quälende Gedanken schossen dem Elben durch den Kopf, denn jetzt spürte er, deutlicher denn je, die Anwesenheit einer bösen Macht, einer sehr starken Macht. Bald schon musste er die Augen schließen um sich vor der Asche zu schützen und er beschloss umzukehren.

Kurz vor Beginn der Versammlung, traf er wieder in der Stadt ein, doch diesmal war er von Asche überzogen und fühlte sich unbehaglich. Schnell eilte er in seine Gemächer um ein Bad zu nehmen und sich von seinen schmutzigen Kleidern zu befreien. Doch während das Wasser den Staub davon spülte, blieben seine Gedanken bei der Macht die er fühlte. Wer oder Was konnte es sein? War es Sauron, tobte er sich jetzt hier aus, nachdem er in Mittelerde versagt hatte? Und wie sollte er die Lage dem Rat erklären, wo er doch selber so wenig wusste?...

In der großen Halle hatten sich inzwischen die neun Vertreter ihrer Völker eingefunden. Für die Elben war Gwoldor der oberste Vertreter, bei den Zwergen Glor und bei den Menschen Pharon. Jedes Volk besaß drei Vertreter und jede Stimme war gleichberechtigt. Sie dienten als Berater des Königs Mauritius. Die Sitzungen wurden einberufen, wenn es unter den Völkern unterschiedliche Meinungen gab, oder wenn der König sie über das weitere Vorgehen und Pläne in Kenntnis setzen wollte.

Es war nicht ungewöhnlich, dass Mauritius sobald er aus Mittelerde wiedergekommen war Sitzungen einberief, doch dieses Mal spürten alle, dass etwas nicht stimmte. Irgendwie schien er sich anders zu verhalten, auf eine seltsame Art und Weise nervös. Doriel stellte Getränke und Obst auf den Tisch und trat dann zurück, als Mauritius den Raum betrat.

Schnellen Schrittes ging er auf seinen Platz, setzte sich jedoch nicht hin, sondern wandte unvermittelt das Wort an die Anwesenden:
„Meine lieben Brüder und Schwestern, ich heiße euch in dieser Halle willkommen und möchte mich für euer sofortiges Kommen bedanken. Der Anlass dieser Zusammenkunft ist höchst bedenklich und möchte in dieser Frage euren Rat und eure Meinung, denn nie habe ich sie dringender gebraucht.“
Er machte eine kurze Pause und die Anwesenden tauschten Blicke aus, aus denen sie lasen, dass alle von diesen Worten aufs höchste überrascht waren. Einige rutschten unruhig auf ihrem Sessel hin und her, andere starrten ihn weiter an, gespannt auf seine nächsten Worte.

„Wie ihr vernommen habt, ist es den freien Völkern Mittelerdes gelungen, Sauron endgültig zu besiegen und seinen Ring zu vernichten. In Gondor ist der König zurückgekehrt und in Rohan sitzt jetzt Eomer auf dem Thron, nachdem wir alle grausame Verluste im Krieg hinnehmen mussten. Dem Halbling Frodo ist es gelungen den Ring zu vernichten und damit das Böse aus Mittelerde zu verbannen. Trotz all dieser guten Dinge, fühle ich das Böse so stark wie zuvor, stärker sogar. Wir haben einen neuen Feind, es gibt einen neuen Schatten. Ich habe ihn zuerst in Minas Tirith vor drei Wochen gespürt, doch seit ich Fuß auf diese Insel gesetzt habe, vernehme ich ihn noch stärker. Eine seltsame Unruhe hat uns alle ergriffen, im Süden tobt ein Sturm, der schlimmer ist als alle die wir bisher erlebt haben. Der Berg speit wieder Feuer und Rauch und in dieser Frage brauche ich eure Hilfe.“

Wieder hielt der König inne und lies damit den Anwesenden Zeit. Dieses Mal erhob sich ein bestürztes Gemurmel und Gwoldor wandte sich an Mauritius: „Bist du dir sicher mit deinem Gefühl? Ich vernehme nichts dergleichen.“ „Ja, ich bin mir sicher. Ich irre mich nicht, das weiß ich. Irgendetwas ist geschehen.“

„Wer soll dieser neue Feind sein, von dem du sprichst?“, fragte Pharon. „Du sagtest doch das Sauron vernichtet sei und andere kann es nicht geben.“
„ Sauron ist nicht vernichtet. Er hat einen großen Teil seiner Macht eingebüßt und er wird Mittelerde nicht mehr quälen, doch es gibt ihn immer noch. Wir wissen nicht wohin er ist, seine Diener sind vernichtet und ich kann auch nicht glauben, dass Sauron wieder erstarkt ist nach so kurzer Zeit.“

Er nahm einen Schluck Wasser und sprach weiter, dieses Mal mit noch energischerer Stimme: „Das was mich am meisten besorgt, ist nicht die Tatsache, dass wir einen neuen Feind haben, sondern dass ich ihn hier noch stärker spüre als an jedem anderen Ort.“
Mauritius holte tief Luft: „Ich glaube er ist hier! Hier auf dieser Insel, verborgen im Süden.“
Totenstille trat ein, niemand redete, alle waren fassungslos und bestürzt. In einigen Gesichtern spiegelte sich Unglaube, in anderen Angst.

„Ich kann euch das nicht beweisen, ich selber habe keine Ahnung ob es stimmt und wie es möglich ist, dass er hier ist, doch ich weiß was mein Herz mir sagt.“ Seine Stimme war fest, doch jedem der Anwesenden wurde bewusst, dass ihr König genauso fühlte wie sie. Auch wenn er ruhig stand, so bemerkten sie doch ein flackern in seinen Augen.

„Selbst wenn Sauron hier ist hat er keine Diener, keine Hilfe. Was will er denn alleine tun? Soll er doch im Süden bleiben, warum sollte uns das betreffen?“, fragte Glor und sah sich in der Runde um. „Glor hat Recht, im Süden können keine Schiffe landen, niemand kann auf diese Insel, ohne das wir es merken.“, meinte der Mensch, doch er verstummte als Mauritius sich wieder aus seinem Sessel erhob

„Landschaften lassen sich ändern, verformen. Ein wenig Lava aus dem Berg und schon kann er sich einen Hafen formen. Wir können uns nicht darauf verlassen, das wäre zu riskant. Ich bitte euch daher um folgendes: Beendet den Bau so schnell wie möglich. Unsere Städte sind in alter Tradition wie Festungen gebaut, auch wenn wir glaubten sie nie gebrauchen zu müssen. Doch jetzt seid wachsam. Bewacht die Wege im Süden und ich werde unsere Soldaten nach Süden entsenden, nur als Vorsichtsmaßnahme.
Ich möchte keine Panik im Volk, doch wir brauchen Antworten. Ich entsende außerdem vier Schiffe nach Mittelerde, um die Elben, die es verlassen hierher zu bitten. Ich möchte auch die Könige von Gondor und Rohan hier haben um mit ihnen gemeinsam Rat zu halten. Ich hoffe, dass es mir mit ihrer Hilfe gelingt dieses Rätsel zu lösen.“

„Wann werden die Schiffe zurückkehren?“, fragte Glor nachdenklich. „ Zuerst einmal müssen wir alle zusammenrufen. Dann müssen sie noch Stellvertreter ernennen, falls sie sich überhaupt entscheiden zu kommen, denn nach dem Krieg brauchen ihre Völker ihre Könige mehr denn je. Es gilt viel aufzubauen und eine neue Ordnung zu erschaffen. Ich gehe aber davon aus, dass die Elben schon bald hier eintreffen können.“

Als er geendet hatte erhoben sich die Anwesenden und gemeinsam verließen sie den Saal, er König jedoch blieb alleine zurück und blickte aus dem Fenster in den Sonnenuntergang.
Wie ein glühender Ball versank sie im Meer und erzeugte wunderschöne Farben, die die Stadt in einen hellen Glanz tauchte.

In Gedanken versunken dauerte es eine Weile bis er Pharon gewahrte, der direkt hinter ihm stand und seine Gedanken nicht stören wollte. Langsam drehte er sich um und blickte ihm in die Augen. „ Pharon, mein Freund, sprecht nur immer frei heraus!“ Pharon wippte von einem Fuß auf den anderen und Mauritius vernahm nur zur deutlich, dass er nicht wusste wie er beginnen sollte. „Mein Herr, wenn die Könige hier angekommen sind und sich mit euch beraten haben, werden sie dann bleiben?“ Der Elb blickte ihn an und so sehr Pharon sich auch bemühte seine Gedanken zu verbergen, erkannte der Elb doch die wahren Sorgen seines Gegenübers. „ Ich habe nicht vor dich durch einen anderen zu ersetzen Pharon. Ich möchte mich mit den Königen beraten und das kann ich nicht in Minas Tirith, sie müssen hier sein, es sehen, nur dann ist mir ihr Urteil von Nutzen.“ Pharon war etwas beschämt, doch Mauritius Ton war freundlich gewesen und so fragte er frei heraus: „Wird es Krieg geben?“

Mauritius sah ihn an. „Ich weiß es nicht! Dies ist eine der Fragen die ich versuche aufzuklären, doch im Moment wissen wir noch nicht einmal mit wem wir überhaupt zu tun haben. Aber wenn du mich fragst, ja ich befürchte wir kommen nicht um einen weiteren Krieg herum.“
Schmerz spiegelte sich jetzt in seinen Augen wieder und Pharon verstand. Er verbeugte sich und verließ ebenfalls den Saal, sodass jetzt nur noch Mauritius anwesend war.

Langsam ging auch er zur Tür hinaus und trat auf einen großen Balkon hinaus. Der Balkon war nach Osten gerichtet, sodass sein Blick direkt auf den schneebedeckten Berg und den großen See an seinem Ufer fiel. Die Schönheit der Landschaft hatte ihn immer fasziniert, doch heute bemerkte er sich nicht einmal. Dies war seine Heimat, doch nachdem er solange gekämpft hatte, schien der Schatten in sein Reich eingefallen zu sein. Man ließ ihm keine Ruhe, keinen Frieden. Wut und Enttäuschung machten sich auf seinem Gesicht breit. „Mein ganzes Leben lang habe ich gekämpft und so viele meiner Freunde sind gestorben. Wofür? Jetzt hat der Schatten den einen Teil dieser Welt betreten, der noch in Frieden lebte.“ „Dann werden wir ihm hier begegnen und hier wird es enden!“, sagte eine Stimme direkt hinter ihm und Doriel legte ihm einen Arm um die Schultern. Mauritius sah ihr ins Gesicht und bemerkte auch in ihren Schönen Zügen die Sorge und Unruhe, die alle befallen hatte.

„Vielleicht wollte Sauron sich hier nur Verbergen, vielleicht...“, doch Mauritius unterbrach sie. „Sich verbergen? Dann hätte er auch in den Osten gehen können, wo er weilte nachdem er den Ring verloren hatte. Und ich verstehe nicht warum er hierher geht, wo wir ihn doch bemerken müssen. Wenn er wirklich seine Ruhe wollte, warum dann hierher kommen? Nein ich glaube er will, dass wir wissen wo er ist. Er will sich zeigen und das macht mir Sorgen, denn unvorbereitet würde er es nicht tun. Er hat einen Plan und ich erkenne ihn nicht.“
„Du wirst ihn erkennen, dass hast du immer geschafft.“, sagte Doriel und lächelte ihn an. Dieses Lächeln machte sie noch schöner und für den Moment den es dauerte glaubte er ihr.

Am nächsten Morgen, als die Schiffe den Hafen verließen, hatte das Wetter umgeschlagen. Es regnete in Strömen und dazu wehte ein böiger Wind aus Westen. Mauritius saß in seinem Zimmer an seinem Schreibtisch und las in einem uralten, dicken Buch, dessen Hülle aus Gold bestand. Langsam und bedächtig blätterte er die Seiten um, stets auf der Suche. Wonach er genau suchte wusste er nicht, doch er hatte das Gefühl hier vielleicht eine Antwort auf seine Befürchtungen zu finden. Das Buch hatte er selbst geschrieben, es beinhaltete seine gesamte Lebensgeschichte und außer ihm hatte es noch niemand gelesen. Endlich stoppte er bei einem Kapitel, dass die Arbeit seines Vaters in Aules Dienst beschrieb. Wie Sauron war er ein Majar in Aules Dienst gewesen, bis er von Morgoth ermordet worden war. Sein Vater hatte ihm viel aus den Schmieden erzählt und Mauritius auch viel gelehrt. Langsam las er das Kapitel, das aus einer längst vergangenen Zeit stammte. Erinnerungen durchströmten ihn, doch jedes Mal wenn er Saurons Namen las, spürte er einen Stich in der Magengegend. Schließlich hatte er geendet und blickte aus dem Fenster in den Regen.

Klarer denn je wurde ihm die Tatsache, dass Sauron nicht tot sein konnte. Doch so geschwächt wie er war, war er nicht in der Lage war einen solchen Sturm heraufzubeschwören. Doch der Sturm konnte auch Zufall sein, doch das erklärte nicht diese böse Aura, die man sogar in Mittelerde spüren konnte. Doch konnte Sauron als Schatten noch so eine Ausstrahlung besitzen? Plötzlich kam es Mauritius vor als würde er völlig überzogen reagieren. Doch dieses Gefühl verließ ihn so schnell wie es gekommen war und die Unruhe kam zurück.

El-Murazor:
Die Zwergenmine

Er stand auf und ging in den großen Saal. Dort traf er Gwoldor, der im Gespräch mit Glor war. Die beiden schienen unterschiedlicher Meinung zu sein, denn die Gebaren des Zwergs verrieten Frustration. Die beiden verstummten als er sich näherte und Glor wandte sich an ihn: „Mauritius, ich muss in einer wichtigen Angelegenheit um euren Rat bitten!“ Mauritius war etwas verblüfft, denn diese feine Ausdrucksweise entsprach sonst nicht der des Zwergs. Er musste den Rat wirklich dringend brauchen, deshalb sagte er: „Sprecht nur mein Freund.“ „ Wir vermissen seit gestern 13 Arbeiter aus einem Stollen im Südosten. Sie sind gestern Abend nicht wiedergekommen und wir konnten sie bis jetzt nicht finden. Die gesamte Mine ist eingestürzt und wir wissen nicht warum!“ „ Ihr habt wieder zu gierig und zu tief gegraben, das ist los“, sagte Gwoldor verdrossen.

Glor wollte wütend etwas entgegnen, doch Mauritius sagte: „Kannst du mich dahinführen? Ich möchte mir die Sache anschauen!“ Gwoldors Gesicht verriet nichts als Erstaunen, doch Glors Mine hellte sich deutlich auf. „Ja, natürlich kann ich euch dorthin führen!“ „ Gut wir nehmen mein Pferd und brechen sofort auf“, antwortete Mauritius und zusammen eilten nach unten. Sie saßen auf und folgten der Straße durch den Regen nach Osten. Unterwegs erkundigte sich der Elb weiter beim Zwerg, der sehr bedrückt und traurig wirkte. Er erfuhr, dass in dem Stollen Eisen abgebaut worden war und dass es keinerlei Anzeichen für den Einsturz gegeben habe. Mauritius fühlte sich unbehaglich und sprang sobald sie angekommen waren vom Pferd.

Überall wimmelte es von eifrigen Zwergen, die gemeinsam Schutt aus dem Stollen schafften und nach Überlebenden suchten. Mauritius wollte hinabsteigen, doch der Zwerg hielt ihn zurück: „Es ist sehr gefährlich!“ Der Elb jedoch wehrte ab und folgte der Treppe ins Berginnere. Tiefer und tiefer ging es in den Berg, die Luft wurde zusehends schlechter und die Fackeln spendeten immer weniger Licht. „ Hier ist es“, sagte der Zwerg leise und Mauritius und andere Zwerge drängten sich zu dem versperrten Eingang des Ganges. „ Dieser Gang verläuft doch parallel zu dem hier oder?“, fragte der Elb und die Zwerge nickten. „ Dann lasst uns eine Verbindung zwischen den beiden Gängen graben. Ich denke so kommen wir schneller ans Ziel.“ Die Zwerge stimmten zu und halfen dem Elben einen Weg zu graben. Bei dieser Arbeit waren die Zwerge wesentlich geübter als Mauritius und auch deutlich ausdauernder.

Endlich meldete einer, dass man kurz vor dem Durchbruch stände. Mauritius nahm eine Fackel und trat in den frei gewordenen Gang. Die Wände waren schwarz, vollkommen verbrannt. „Gebt mir eine Axt“, sagte Mauritius zu einem der Zwerge und trat weiter vor. Der Lichtschein reichte nur wenige Meter, doch er hörte Schritte. Langsam hob er die Axt, doch die Zwerge ließen erfreute Rufe hören, sie hofften auf einen Überlebenden. Plötzlich erkannten sie eine Figur im Lichtkegel, sie krümmte sich auf dem Boden und wimmerte. Mauritius und die Zwerge beugten sich über sie und waren zutiefst erschüttert. Die Haut des Zwerges war vollkommen verbrannt, die Kleidung vollständig versengt. „Was in Durins Namen... Wo sind die anderen?“, fragte Glor fassungslos. Der andere hustete und flüsterte mit ersterbender Stimme: „Alle tot...Feuer...verbrannt.“
„Feuer? Woher? Was..?“, doch Mauritius unterbrach ihn: „Es nützt nichts, er ist tot.“
Er blickte zu den Zwergen, vielen standen Tränen in den Augen. „Bringt ihn nach oben, wir suchen die anderen“, sagte Glor und folgte Mauritius weiter.
Plötzlich blieb der Elb stehen. Im Fackelschein erkannte er einen tiefen Abgrund am Boden. Die kleine Schar näherte sich und blickte hinab. „ War dieser Abgrund schon immer hier?“, fragte der Elb. „Nein, ich war vor zweit Tagen erst hier unten“, meldete sich ein Zwerg zu Wort. „Aber was.....?“, begann Mauritius, doch erschrocken hielt er inne. Tief im Abgrund erhellte ein rötliches Glühen die Wände. Ein ohrenbetäubendes Brüllen ertönte und der Feuerschein kam schnell näher. „Lauft!“, befahl Mauritius und jeder rannte so schnell er konnte zu den Treppen.

Am Fuße der Treppe wandte der Elb sich noch einmal um. Der gesamte Tunnel wurde von einer riesigen Wand aus Feuer ausgefüllt und ein glühend heißer Wind wehte ihm entgegen. Schnell rannte er die Treppe empor. Ein Stoß ließ ihn taumeln, Steine bröckelten von der Decke, die Treppenstufen bekamen Risse. Über ihm hörte er Angstschreie der Zwerge, die ebenfalls um ihr Leben liefen. Mit einem Donnern brach die Treppe zusammen. Mauritius stürzte und hielt sich an einem Vorsprung an der Wand fest. Unter seinen Füßen stürzten die Trümmer in die Tiefe, der gesamte Boden war von Feuer ausgefüllt, es schienen sogar die Steine Feuer gefangen zu haben. Ächzend zog Mauritius sich auf die unterste verbliebene Treppenstufe und lief weiter die Treppe empor. Die Luft war glühend heiß, sie brannte in der Lunge und seine Kehle war vollkommen ausgetrocknet. Stöhnend lief er weiter die gewundene Treppe empor. Die Stufen verschwammen vor seinen Augen, die Welt begann zu flackern. Er zwang sich immer weiter zu steigen, er musste das Ende erreichen.

Endlich tat sich vor ihm ein Gang auf. Er erkannte die Zwerge vor ihm, sie hockten zu Tode erschöpft auf der Erde und schnappten nach Luft. Mauritius erblickte einen riesigen, runden Stein, der von zwei Eisenstangen gehalten wurde. „Helft mir hiermit! Schnell!“ Er trat mit dem Fuß gegen die Eisenstange und versuchte sie zu lösen. Glor verstand was er vorhatte und hieb mit seinem kleinen Beil auf die Halterung ein. Der Feuerschein kam näher, es wurde unerträglich heiß. Schweiß perlte ihnen über das Gesicht um sofort zu trocknen. Ein weiteres Brüllen erschütterte den Gang und die Halterung des Steines brach. Langsam kam der Felsen ins Rollen und rollte auf die Treppe zu. Mit einem ohrenbetäubenden Donnern prallte der Felsen von den Stufen ab und wurde dabei immer schneller. „Lauft weiter!“, brüllte Mauritius in dem Versuch inbegriffen den Lärm zu übertönen.

Gemeinsam hasteten sie immer weiter den Gang empor. Endlich erblickten sie vor ihnen einen Lichtschein. Fünfhundert Fuß fehlten ihnen noch bis zur Oberfläche, 300 Fuß, noch 100 Fuß, dann jedoch erzitterte der Berg ein weiteres Mal. Keiner aus der kleinen Gruppe konnte sich auf den Beinen halten. Überall stürzten Steine von der Decke auf den Boden, zermalmten drei der Zwerge. Mauritius packte Glor und zusammen rannten sie ins Freie.

Draußen herrschte Chaos. Überall liefen Zwerge herum, rannten aus ihren Häusern auf die Straße um sich in Sicherheit zu bringen. Ein dumpfes Grollen war zu vernehmen und rießige Felsbrocken stürzten vom Gipfel des Berges herab, auf ihrem Weg alles zermalmend. „Räumt die Stadt!“, brüllte Glor. „Lauft nach Minas Amrun!“ Mauritius blickte zurück zum Eingang in die Mine. Innen war der Gang verschüttet, außer den beiden hatte keiner die Expedition überlebt.
„Kommt!“, sagte er zu Glor und die beiden gingen zusammen hinter den Zwergen in Richtung der Stadt, dessen Türme von der Abendsonne in ein rötliches Licht getaucht wurden, rot wie Feuer.

Am heutigen Abend herrschte gedrückte Stimmung in Minas Amrun. Die dort lebenden Menschen und Elben hatten die Zwerge bei sich aufgenommen und versorgten die Verletzten. Mauritius stand auf der Stadtmauer und blickte zu den Bergen, die jetzt wieder vollkommen ruhig dalagen. Er dachte an ihre Flucht, doch wovor waren sie eigentlich geflohen? Hinter den Bergen konnte man erkennen, wie dunkel der Himmel war, schwarz durch die Asche. Ein Vulkanausbruch? War die Lava bis in das Gebirge gedrungen? War das unheimliche Brüllen nur der Widerhall berstender Steine gewesen? Ein Echo, durch die Gänge verstärkt und verzerrt?

Zweifel kamen ihm, doch die andere Möglichkeit schien absurd. Wie sollte ein Drache hier her gekommen sein, hier auf diese Insel. Drachen gab es so gut wie keine mehr und wer konnte neue erschaffen? Jetzt schlich sich eine Übelkeit erregende Furcht in seine Eingeweide. „Nein!“, sagte er bestimmt. „Das ist unmöglich.“ Doch dieser Versuch sich selbst zu überzeugen konnte die Furcht nur wenig mindern und so merkte er kaum, das Glor zu ihm trat. Sein linker Arm war bandagiert, denn er hatte sich bei der Flucht zum Teil schwere Verbrennungen zugezogen. „Unmöglich“, wiederholte er. „Ich habe drei meiner Vorfahren in Moria verloren. Und was heute passiert ist...“!
Mauritius verstand, dass ihn sie selben Sorgen plagten und dass er dieselben Möglichkeiten in Betracht gezogen hatte. „Was glaubt ihr was es war Mauritius?“ Der Elb hatte diese Frage erwartet, doch er hatte keine wirkliche Antwort parat. Langsam drehte er sich zu dem Zwerg um. „Ich weiß es nicht, dass ist alles was ich sagen kann. Ich habe genauso viel gesehen wie ihr. Alles was ich gesehen habe war eine Wand aus Feuer, die immer höher stieg.“ Der Zwerg nickte stumm und sein Blick schweifte nach Süden. „Was mir aber heute klar geworden ist, ist die Tatsache, dass der Rat so schnell wie möglich abgehalten werden muss. Irgendetwas ist dort drüben“, sagte Mauritius und wies nach Süden. „Du hast dich jetzt um dein Volk zu kümmern und um die Leute die nicht wieder in ihre Häuser zurückkehren können!“ „Nicht zurückkehren“, wiederholte der Zwerg verbittert und der Elb fügte hinzu: „Ich weiß was du vorhattest, doch ich werde es nicht gestatten. Denk an Balin, er kehrte nach Moria zurück und fand den Tod. Bring sie in den umliegenden Minen unter.“ Glor nickte nur und verschwand von der Mauer.

Wenig später verlies auch Mauritius die Mauer und ging langsam die Straße entlang, die gewunden immer höher den Berg hinauf führte, bis zu einer kleineren Burg.

El-Murazor:
Der große Rat

Ein beständiger Wind aus Westen hatte ihre Überfahrt erleichtert, jetzt endlich kam die Küste in Sicht. Nestor war mit seinem Schiff nach Gondor gefahren, denn seine Aufgabe war es, dem König die Botschaft zu überbringen. In Pelagir gingen sie an Land und machten sich auf den Weg nach Minas Tirith. Vor dem Tor erwartete sie ein eindrucksvoller Anblick, denn die Zwerge hatten ein neues Tor geschmiedet und eingesetzt. Überall arbeiteten Leute daran die Schäden der Schlacht auszubessern.

Noch ehe sie das Tor passiert hatten kam ihnen ein Bataillon Soldaten entgegen. An ihrer Spitze ritt Aragorn persönlich. „Seid gegrüßt meine Freunde. Ich liege wohl richtig mit meiner Annahme, dass ihr Gesandte von Mauritius seid nicht wahr?“ Nestor war verblüfft darüber, wie genau der König bescheid wusste, doch er lies sich nichts anmerken. „Elessar, König von Gondor. Es ehrt mich in eurem Reich Gast zu sein. Ich bin Bote von Mauritius, der euch durch uns seinen Gruß entbieten möchte. Ich muss euch eine Botschaft ausrichten, die von größter Bedeutung ist.“ Aragorn lächelte: „Dann folgt mir in den Thronsaal, ihr werdet dort mit allem Nötigen verpflegt!“

Die Elben verbeugten sich und folgten ihm. Im Thronsaal wartete bereits eine große Tafel auf die Ankömmlinge. Aragorn stelle Nestor Gimli und Legolas vor und bat sie sich zu setzen. Nach dem Essen wandte sich Aragorn an Nestor. „So ihr spracht von einer wichtigen Botschaft. Ich habe sie bereits erwartet, nachdem Mauritius mir seine Befürchtungen mitteilte. Was genau lässt er euch ausrichten?“ „Mauritius beruft einen Rat ein, anlässlich der neuen Bedrohung. Alle Könige der Menschen, Elben und Zwerge werden nach Minas Sidh gebeten um dort an dem Rat teilzunehmen.“ Elessar nickte und antwortete: „Ich hatte die erwartet. Der Krieg hier ist vorüber, doch die Schäden sind noch nicht behoben. Es gibt hier viel für mich zu tun, deshalb ist es schwierig für mich an dem Rat teilzunehmen.“
Er hielt einen Moment inne, was Legolas nutzte: „Mein Volk befindet sich auf dem Weg nach Westen, die ist unsere letzte Station in Mittelerde. Wir werden an dem Rat teilnehmen!“ „Ich danke euch Legolas, Sohn des Thranduils. Ich verstehe eure Sorgen und Bedenken“, sagte er und blickte Aragorn an. „Aber ich hoffe trotzdem auf eure Teilname, denn dieser Rat hat über das Schicksal vieler zu entscheiden. Ich muss euch noch um etwas anderes bitten. König Eomer und König Dain müssen ebenfalls informiert werden. Ich bitte euch um frische Pferde und Verpflegung, damit meine Boten sich auf den Weg zu ihnen machen können.“ „Dies sei euch gewährt. Ich werde sogleich danach schicken.“ „Wenn die Elben gehen, werden die Zwerge nicht hier warten“, lies sich Gimli vernehmen. „Ich werde mitkommen, sowohl zum Rat, als auch zu Dain. Ich werde ihm die Botschaft selber ausrichten!“ „Ich danke euch Gimli, Gloinssohn“, antwortete Nestor. Aragorn fing an zu lächeln: „Dann ist es beschlossen, Legolas und Gimli werden mich im Rat vertreten.“

In den Grauen Antfurten lag bereits ein Schiff vor Anker, als die zwei Elbenschiffe in den Hafen einliefen. Auf dem Kai waren einige Elben zu erkennen, die das Schiff mit Kisten beluden. Alanor betrachtete das Schiff, das kleiner war als seins. Er vernahm die erstaunten Rufe, als die Elben seine Ankunft bemerkten. Eine Gestalt erkannte er jedoch sofort. Ganz in weiß gekleidet stand eine Elbin im Bug des Schiffes. Goldenes Haar wehte ihr um den Kopf und schon aus der Ferne spürte er die seltsame Aura die sie umgab. Es war Galadriel und diese Tatsache war es die ihn mehr als alles andere erfreute. Sie hier zu treffen hieß, dass sie rechtzeitig gekommen waren und dass kein langer Weg nötig war sie zu treffen.

„ Galadriel, es ehrt mich euch zu treffen. Ich bin Alanor, Gesandter in Mauritius Auftrag, ich möchte...“, doch Galadriel unterbrach ihn. Gegrüßt seid ihr Alanor, ich weiß bereits um den Rat und seinen Anlass bescheid.“ Als sie das verblüffte Gesicht Alanors bemerkte lächelte sie. „Ich habe Gandalf vor zwei Tagen getroffen, wir werden schon morgen nach Minas Sidh aufbrechen. Nun kommt, ich habe eine Mahlzeit vorbereiten lassen, ihr müsst Hunger haben. Dort werdet ihr auch Celeborn treffen, der sich ebenfalls entschieden hat dem Rat beizuwohnen!“

Während sich Nestor auf den Weg nach Edoras machte, ging Mauritius alleine durch den Wald, der sich im Süden von Minas Sidh erstreckte. Es war auffallend still, kein Vogel sang und es war nicht ein Windhauch zu spüren. Nicht einmal das Laub unter seinen Füßen raschelte während er seinen Weg fortsetzte. Nur vier Schritte weit entfernt bahnte sich ein kleiner Bach seinen Weg durch den Wald, doch die drückende Stille verschluckte jedwedes Plätschern. Doch all das bemerkte er gar nicht. Seine Gedanken waren wieder bei den Geschehnissen in der Mine. Wie viel Übel musste noch geschehen? Diese Frage drängte sich ihm auf und lenkte seine Gedanken auf eine andere Spur.

Damals in Doriath, während des Angriffs hatte er sie sich schon einmal gestellt. Damals, als alles was er gemacht hatte schief gegangen war. Kalt lief es ihm immer den Rücken hinunter, er wurde die Erinnerung einfach nicht los. Er war der Befehlshaber über das Bataillon gewesen, dass das Tor hatte bewachen sollen. Keiner von ihnen war zurückgekehrt. Er hätte ihnen den Befehl zum Rückzug geben sollen, dann wären sie noch am Leben. Doch aufgeben konnte er nicht. Er hatte eben noch nicht verloren und auch heute konnte er sich nicht zurückziehen. Krieg war immer seine Bestimmung gewesen, er hatte den Krieg  selbst dazu gemacht, doch damals... Das Tor war gefallen, genau wie seine Soldaten, die Stadt wurde zerstört und beinahe die Hoffnung mit ihr.

„Huummm! Das ist aber eine Überraschung dich in meinen Wäldern zu sehen.“, schreckte ihn eine Stimme aus seinen Gedanken auf. Beinahe hätte er sein Schwert gezogen, so überrascht war Mauritius so plötzlich angesprochen zu werden. „Borkenbrand! Mir wäre fast das Herz stehen geblieben“, antwortete er während sich sein Puls langsam wieder beruhigte. Sein Blick fand die dunkel braunen Augen des Ents, den er vorher überhaupt nicht gewahrt hatte. „Es ist selbst in unseren Maßstäben eine lange Zeit vergangen, seit ich dich zuletzt hier gesehen habe. Was führt dich in meine Wälder?“, fragte Borkenbrand. Die Borke an seinen Beinen war pechschwarz, während sie am übrigen Körper braun und moosbesetzt war. Noch bevor die Elben auf der Insel gelandet waren, hatte ihn ein Blitzschlag verletzt und auf Grund seiner Verletzung hatten die Elben ihm den Namen gegeben. „Ich bin hier weil ich Ruhe zum Nachdenken brauche“, erwiderte der Elb. „Zu viel ist in der letzten Zeit geschehen, zu viel dass ich nicht verstehe.“

„Ich hörte von eurem Triumph über den Schatten!“, antwortete der Ent. Wieder einmal musste Mauritius staunen, wie viel der Ent über die Geschehnisse wusste, die doch so weit entfernt geschahen. Andererseits stand er mit allen Tieren des Waldes in Kontakt und war wahrscheinlich so an sein Wissen gelangt. „Ich war selber am Nachdenken, als du in mein Haus kamst, ein Schatten liegt auf meinen Wäldern, die Bäume ziehen sich aus dem Süden zurück. Viele meiner Brüder sind dort gestorben, denn die Bäche sind vergiftet!“ Die Stimme des Ents war ruhig, doch ein drohendes Grummeln begleitete seine Worte. Auch die Gesten Borkenbrands waren viel schneller als sonst. Mauritius spürte die Unruhe und ihm kam ein Einfall: „Ich habe auch von den Vorkommnissen im Süden gehört. Deshalb habe ich einen großen Rat einberufen, an dem alle Völker teilnehmen sollen. Ich würde mich freuen wenn du auch anwesend wärst, mein Freund. Wir können deinen Rat und dein Wissen gut gebrauchen. Wenn der Mond voll am Himmel steht wird der Rat beginnen.“

„Homm, nicht so hastig. Bist du dir sicher so früh sich schon zu beraten? Ich habe noch nicht einmal meine Gedanken geordnet. Man braucht Zeit um die richtige Lösung zu finden!“ Jetzt musste Mauritius grinsen. „Zeit kann man sich nehmen, wenn man sie hat. Ich weiß selber nicht genau was ich denken soll. Aber ich würde mich sehr freuen dich im Rat zu sehen. Was wir dort beschließen geht uns alle etwas an. Wir müssen uns unserer Verantwortung stellen, jeder für sich und wir alle zusammen.“

In den Grauen Antfurten stachen an diesem Morgen zwei Schiffe in See mit Kurs nach Süd-Westen. Auf dem einen Schiff befanden sich fünf Hobbits noch im Tiefschlaf, doch auf dem anderen Schiff hielten Galadriel, Elrond, Gandalf und Celeborn stillen Rat. Keiner von ihnen bewegte sich, sie kommunizierten ohne Worte miteinander. Alanor steuerte das Schiff mit den Hobbits. Er betrachtete die Halblinge verwundert, denn von ihnen hatte er vor dem Ringkrieg noch nichts gehört geschweige denn sie gesehen. Ein kleines Völkchen, das an Tapferkeit mit jedem anderen mithalten konnte. Alanor dachte an seinen König Mauritius, daran wie tapfer er immer gekämpft hatte. Er selbst war deutlich besonnener als Mauritius, der zu weilen zu Überheblichkeit neigte.

Bis jetzt gaben ihm seine Erfolge Recht, doch er konnte seine Schwester Doriel verstehen, die sich sehr um den König sorgte. Irgendwann würde es nicht mehr gut gehen. Mauritius hatte ein viel zu großes Selbstvertrauen. Natürlich hatte er große Erfolge gehabt, doch die Soldaten würden ihm folgen, egal wohin und da sah Alanor die eigentlich Gefahr. Die Tatsache, dass so viele Elbenfürsten und auch Menschenkönige auf die Insel kommen würden beruhigte ihn. Doch nichtsdestotrotz bewunderte und schätzte er ihn. Doch Mauritius Loyalität hatte schon einmal beinahe zur Katastrophe geführt.

Doch jetzt war die Zukunft verhüllt und Alanor hoffte nur, dass der Rat eine Erklärung fand, denn Mauritius schien keine zu haben....

Zur selben Zeit brach auch Nestor zur Insel auf. Legolas, Gimli und Faramir begleiteten ihn. Faramir war am Vortag zufällig nach Minas Tirith gekommen und sich sofort bereit erklärt mitzukommen. Eomer und Aragorn hatten sich entschieden sich zuerst um ihr eigenes Volk zu kümmern. Trotzdem hoffte Nestor, das Mauritius zufrieden sein würde. Dain hatte ebenfalls nicht kommen können, doch da Faramir jetzt mitkam hatte man Gimli zum Vertreter der Zwerge gewählt. Gloin begleitete sie ebenfalls, doch Nestor wusste, dass Mauritius auf die Könige vertraut hatte. Doch jetzt würde es auch ohne sie gehen müssen. Sein Blick folgte dem Mast, um dessen Spitze ein Schwarm Möwen flog....

Das Ratszimmer bestand aus einem großen Tisch, der aus weißem Stein gemeißelt war und um den  zwanzig Stühle standen. Pharon blickte zweifelnd auf die leere Runde. „Woher will er wissen, dass man zwanzig Stühle braucht? Es macht doch alles keine Sinn.“ „Wer sagt denn, dass er weiß wie viele Vertreter kommen? Ich habe die Stühle hier hintragen lassen und wenn wir noch welche brauchen oder wenn es zu viele sind, kann man ja noch welche wegtragen oder neue hinzu“, sagte eine Stimme direkt hinter ihm. Erschrocken drehte Pharon sich um. Hinter ihm stand Doriel, die ihn lächelnd ansah. „Habe ich das laut gesagt?“, fragte der Mensch verlegen und die Elbin begann zu lachen. „Ja in der Tat, doch selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätte man aus eurem Gesicht lesen können was ihr denkt. Doch jetzt entschuldige mich, heute Abend werden sie ankommen, es muss alles perfekt sein.“

Staunend blickten die Hobbits auf den Horizont. Es hatte bereits angefangen zu dämmern, doch ein heller Schein erhellte den Himmel im Südwesten. „Was ist das für ein Licht?“, fragte Pippin neugierig. „Narthan!“, antwortete Alanor. Pippin jedoch blickte immer noch ratlos drein. „Narthan bedeutet Leuchtfeuer“, übersetzte Frodo leise. Auch er blickte zum Horizont. „Das Feuer weißt uns den Weg zum Hafen. Wir werden schon sehr bald dort einlaufen.“, fügte Alanor hinzu, dieses Mal in der gemeinsamen Sprache. „ Das Feuer leuchtet nur, wenn Schiffe erwartet werden. In zwei Stunden werdet ihr durch die Tore von Minas Sidh reiten.“

Im Hafen standen eine Schar Elben, die jeweils zwei Pferde am Zügel hielten. Zusammen ritten sie durch das große Tor von Minas Sidh. Dort begrüßte Mauritius sie und wies einige Elben an ihnen die Quartiere zu zeigen. Währenddessen traf auch das zweite Schiff ein. Mauritius war sehr erfreut über das Kommen so vieler Vertreter der freien Völker, doch Alanor meinte in seinem Gesicht eine unterschwellige Enttäuschung ausmachen zu können. Als Mauritius aus dem Empfangszimmer trat ab Alanor Nestor ein Zeichen und die beiden folgten ihm. „Mein Herr“, sagte Nestor. Mauritius blieb stehen und blickte sie an. „Es tut uns Leid, doch die Könige konnten nicht kommen. Wir haben alles versucht, doch...“, doch Mauritius unterbrach ihn: „Ich mache euch keinen Vorwurf, ich weiß ihr hab euer bestes getan und ihr habt viel erreicht. Ich hätte mir zwar gewünscht, dass sie gekommen wären, doch gerechnet hatte ich nicht damit. Mir ist zudem eine Möglichkeit eingefallen, wie wir trotzdem mit ihnen Rat halten können.“ Mit diesen Worten trat Mauritius aus dem Flur und die beiden Elben sahen sich an. Jedem war klar, was der jeweils andere dachte und gemeinsam begaben sie sich in ihre Zimmer.

Am nächsten Morgen weckte sie der Klang einer hellen Glocke. Kurze Zeit später vernahmen die Hobbits ein Klopfen an der Tür. Es war Alanor, er wünschte ihnen einen guten Morgen und sagte, dass er sie jetzt zum Ratszimmer führen würde. Als sie den Raum betraten standen dort bereits Mauritius, Galadriel, Gandalf und Celeborn, die sich leise unterhielten.
Nachdem alle Platz genommen hatten lies Mauritius zu allererst ein Frühstück auftragen. Während sie aßen stellte er sie einander vor. Danach wandte er direkt das Wort an alle zusammen:

„Wir haben uns hier heute versammelt, da ich in einer sehr wichtigen Frage euren Rat und eure Hilfe brauche. Doch wo soll ich anfangen...
Nach Morgoths Fall entdeckte ich auf der Überfahrt nach Valinor zufällig diese Insel. Mir gefiel dieses Land und ich überredete Vertreter aller Völker sich auf dieser Insel niederzulassen. Dies war nicht schwierig, denn der Krieg hatte das Land verheert und viele Städte lagen in Trümmern.“
Mauritius nahm eine große Papierrolle und breitete sie auf dem Tisch aus. Jetzt erkannten sie, dass es eine Karte der Insel war.

„Wie ihr erkennen könnt, teilt sich diese Insel in zwei Teile. Der Süden ist unbewohnbar, dort...“, doch er wurde unterbrochen. Die Erde begann zu erzittern. Erschrocken sprangen die Anwesenden auf, versuchten ins Freie zu gelangen. „Alle sofort raus hier!“ brüllte Mauritius über den Lärm hinweg.


Endlich war es so weit. Zufrieden betrachtete er seinen neuen Körper, ballte die Faust. Sein Körper schien ein einziges großes Feuer zu sein, eingesperrt in schwarzes Glas. Er streckte seine Hand aus und lies einen kleinen, erstarrten Lavabrocken in seine offene Hand fliegen. Sofort begann der Stein wieder zu glühen, erst dunkelrot, dann immer heller, bis er auf der Hand zerfloss. Morgoth genoss das Schauspiel in vollen Zügen, endlich hatte sein Geist wieder eine Hülle, eine durch die nie wieder jemand dringen würde. Doch dies war erst der erste Schritt, weitere würden folgen.

Er gewahrte seinen Diener, der sich hinter ihm befand, offenbar nicht in der Lage ihm in die Augen zu schauen. Doch diesen Gefallen würde er ihm nicht tun. Langsam drehte er sich um, die Lava spiegelte sich in seinen Augen, erzeugten den Anschein sie würden selbst aus ihr bestehen.
Der Schatten bebte bei diesem Anblick, doch sein Meister war gnadenlos. „Jetzt bist du an der Reihe.“
„Mein Gebieter, der Ring ist zerstört...“, doch ein kaltes Lachen unterbrach ihn. „Ja du warst so töricht ihn zu verlieren, doch du bist viel zu schwach um die wahre Tiefe der Zeit zu erkennen. Ich habe sie verstanden, mehr als jeder andere zuvor!“ Sauron verstand nicht, was er damit sagen wollte, doch er hatte viel zu viel Angst um zu fragen.

„Die Zeit ist gekommen!“, sagte er leise und mit diesen Worten schloss Morgoth die Augen.
Schwarzer Rauch strömte aus allen Spalten im Boden, strömte auf den Schatten zu, hüllte ihn ein. Um sie herum wurde es dunkel, nicht einmal der Schein der Lava war zu erkennen.

Morgoth fühlte die Höllenqualen seines Dieners, aber sein Versagen musste bestraft werden. Von jetzt an würde er nur noch seinem Willen gehorchen, hatte er seine Unfähigkeit doch zur Genüge bewiesen.
Langsam lichtete sich die Dunkelheit wieder. Eine schwarze Gestalt stand vor ihm, den Körper in einer stählernen Rüstung, die noch dunkel glühte. Staunend betrachtet Sauron das Werk seines Meisters. Er alleine hätte dies nicht vollbringen können, nicht ohne seinen Ring und der war zerstört. Trotzdem fühlte er sich schwach, ausgeliefert.

Morgoth hob seine Arme empor, streckte sie zum Himmel. Eine unglaubliche Aura der Macht hüllte sich um sie. Die schwarzen Rauchwolken am Himmel begannen zu rotieren, rote Blitze zuckten aus ihnen heraus. Der Boden erbebte, Lavafontänen  schossen aus dem Vulkankegel. Langsam spürte Sauron wie er stärker wurde, als ob die alte Macht zurückkehren würde...



Nach endlos langen Sekunden erreichten sie einen Platz mit einem großen Brunnen in der Mitte. Mauritius starrte fassungslos in den Himmel. Von überall her strömten die Wolken zusammen, konzentrierten sich in einem riesigen schwarzen Wolkenberg im Süden. Was immer auch geschehen war, es konnte nichts gutes sein.

Mauritius stieg auf die große Mauer, die den oberen Teil der Stadt vom unteren trenne. Dort stieß er einen schrillen Ruf aus, der zwischen den Häusern widerhallte, dann wandte er sich an den Elben der neben ihm stand: „Gwoldor, du wirst sofort mit Thorondur nach Süden aufbrechen! Er wartet unten im Hof!“ Sofort lief Gwoldor los, die Straße zum Haupttor entlang. „Hummm, habt ihr euch schon entschieden?“, fragte Borkenbrand als der Elb an ihm vorbeilief. Doch dieser war zu sehr in Eile um zu antworten, denn Thorondur wartete bereits am Ende des Platzes.

Wortlos stieg er auf und der Adler erhob sich in die Lüfte. Immer noch fassungslos standen die Ratsmitglieder beisammen und starrten nach Süden. „Das ist kein normaler Sturm!“, bemerkte Glor und die anderen stimmten ihm zu. Mauritius trat vor: „Kommt bitte wieder ins Haus, es gibt viel zu besprechen.“

Endlich landete der Adler vor Minas Alagos, dem Wachturm, der den Gebirgspass zwischen Norden und Süden bewachte. Noch befanden sie sich unterhalb des Passes, denn weiter hatte Thorondur nicht fliegen können. „Warte bitte hier!“, sagte der Elb und ging auf den großen Wachturm zu. Kaum hatte er die ersten zehn Schritte gemacht, kam ihm ein Mensch entgegen. Er war ein wahrer Riese und überragte Gwoldor um einen ganzen Kopf. Der Wind stürmte so heftig durch den Gebirgspass, dass man sich kaum verständigen konnte. Deshalb folgte Gwoldor dem Menschen ins Innere des Wachturms.

„Lass uns nach oben gehen, ich bin im Auftrag von Mauritius hier!“, sagte der Elb und die beiden liefen die lange Wendeltreppe empor. Oben angekommen, konnten sie nicht nach draußen gehen, denn der Wind war zu stark. Der Turm hatte eine Höhe von 4 Stockwerken und im obersten saßen neun weitere Menschen um einen kleinen Tisch herum. Gwoldor ging zum Fenster und sah in Richtung Vulkan, doch er wurde enttäuscht. Der Wind wirbelte so viel Asche auf, dass man noch nicht einmal den Beginn der Einöde erkennen konnte.
Der Elb drehte sich wieder um, ging zu den Menschen und setzte sich auf einen freien Stuhl. „Jetzt sagt mir, was habt ihr gesehen?“, fragte er.

Der große Mensch erhob sich und sagte: „Es war den ganzen Tag schon stürmisch, doch mit einem Mal hat der Wind die Richtung geändert und kam plötzlich aus Norden...“ Der Mensch sprach nicht weiter und der Elb hakte nach: „Der Wind hat sich gedreht? Ohne irgendein Anzeichen? Und ihr habt nichts anderes gesehen?“ Seine Stimme hatte jetzt einen strengeren Ton angenommen und auch sein Gesichtsausdruck war alles andere als freundlich. „Der Wind hat nicht nur gedreht, er kam plötzlich aus allen Richtungen. Von überall her kamen die Wolken. Zuerst war nur der südliche Bereich der Ebene unter einer schwarzen Wolkendecke, doch jetzt ist alles von ihr bedeckt. Und dann begann plötzlich der Boden zu beben und es wurde draußen dunkel. Und dann war es plötzlich vorüber, es wurde richtig still und der Wind kam wieder aus Süden. Ich kann mir nicht erklären was passiert ist.“, der Mensch setzte sich wieder. Gwoldor war in Gedanken versunken. Das Wetter änderte sich hier häufiger binnen Sekunden, doch was der Mensch dort beschrieb war unter normalen Bedingungen nicht möglich.

Ihm wurde klar, dass er sofort zurückkehren musste um dem Rat in Kenntnis zu setzen. Mit wenigen Worten verabschiedete er sich und kehrte zu Thorondur zurück. Die Zeit drängte...



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