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Autor Thema: Zuflucht der letzten Ents  (Gelesen 8410 mal)

Adamin

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Zuflucht der letzten Ents
« am: 23. Feb 2009, 23:03 »
Gwilwileth und Antien von Fangorn - Im Wald


Eruantien Temeleth und Gwilwileth-Dúlin folgten Gandalf dem Weißen durch das dichte Unterholz des Fangornwaldes. Der Zauberer blieb während ihrer Wanderschaft recht schweigsam und so hing Antien seinen eigenen Gedanken nach.

Der Elb atmete die schwere Luft, die scheinbar seit sehr langer Zeit unter dem dichten Blätterdach ruhte - vom restlichen Teil der Welt abgeschnitten. Er bewunderte die knorrigen Bäume um sich herum, die wie gewaltige Säulen ihren Weg säumten. Einige der besonders alten Baumriesen erinnerten ihn irgendwie an den alten Weidenmann. Vor allem hörte er manchmal ein tiefes Brummen und Summen, das ihm vertraut vorkam.

So wanderten sie den ganzen Tag hindurch und schlugen  bei Sonnenuntergang ein kleines Lager auf, um ihre müden Füße auszuruhen. Als sie sich zur Ruhe legten und die Stille der Nacht einkehrte, hörte Antien mit einem Mal wieder einen tiefen Brumm-Ton. Er war so leise, dass er allein durch einen Atemzug zu überdecken war, und doch konnte der Elb ihn ganz schwach wahrnehmen.
Antien lauschte dem Geräusch eine Zeit lang. Weder Tonlage noch –Stärke änderten sich, der Ton blieb immer gleich und schwang wie ein natürlicher Hauch durch den Wald. Der sonore Klang machte Antien seltsamerweise schläfrig und ihm fielen sogar die Augen zu, als sich plötzlich doch die Tonlage änderte und das Brummen nun noch tiefer klang. Fasziniert vergaß Antien die Müdigkeit und horchte wieder hellwach weiter. Viele Stunden vergingen, bevor der Ton sich erneut veränderte und nun höher als zu Beginn klang. Die Nacht schritt weiter, während Antien an einen Vertrauen erweckenden Stamm gelehnt ruhte, und der entspannenden Schwingung lauschte.

Bei Sonnenaufgang erhob Gandalf sich als erster und der Ton wich den Geräuschen des Morgens. Nach einem kleinen Frühstück setzte die Gruppe ihren Weg durch den Fangorn wieder fort.
Sie stiegen über lange Wurzeln und bahnten sich ihren Weg durch das Dickicht, als Antien den Klang aus der Nacht wieder vernahm. Er schien lauter zu werden, je tiefer sie in den Wald kamen. Seine Weggefährten schienen bisher nichts gemerkt zu haben, obwohl der Klang immer deutlicher zu hören war. Nach einiger Zeit sah sich Gwilwileth schließlich verwirrt um. „Antien, hört ihr das auch? Ein tiefer Summ-Ton geht durch den Wald... Bisher war doch alles still.“
„Es ist kein einzelner Summ-Ton. Der Klang ändert sich immer nach einigen Stunden...“, antwortete Antien, „Es ist fast wie... ein sehr langsames Lied?“

„Es ist ein altes Klagelied in der Sprache der Ents.“, sprach Gandalf und blieb stehen. „Sie besingen ihre Trauer über den Verlust vieler Freunde. Wenn ihr den Gesang schon vernehmt, dann sind wir nicht mehr weit entfernt...“
Der Zauberer ging mit großen Schritten weiter und die Elben hatten Mühe zu ihm aufzuholen, als sich plötzlich aus den Bäumen eine gewaltige Gestalt löste und auf sie zukam. Das Haupt des ungesehenen Beobachters reichte bis knapp  unter das Blätterdach, sein Haar schimmerte Grün und hing ihm schlaff in dicken Strähnen über das Gesicht. Er schien ganz in Rinde gekleidet zu sein, trug aber keine Schuhe. Seine großen Augen funkelten in einem sanften Braun, blickten nun jedoch seltsam müde auf die drei Wanderer herab.

Seine tiefe Stimme rollte durch den Wald: „Ihr kommt spät Gandalf... Und das von einem Ent gesagt zu bekommen ist nicht gerade ein Kompliment, wenn ich mich recht an die Sitten der Menschen erinnere...“
Gandalf verbeugte sich tief vor dem Hühnen. „Bitte verzeiht mir Flinkbaum. Viele Wesen Mittelerdes benötigen meinen Beistand in diesen dunklen Tagen und ich versuche zu jedem in der rechten Zeit zu kommen.“
Der Blick des Ents wurde etwas sanfter. Es verging ein Augenblick, bevor er zu einer Antwort ansetzte. „Wahrlich. Die Erde, das Wasser und die Luft tragen die Vorboten von schlechten Jahren mit sich... Doch lasst uns jetzt nicht darüber verzweifeln. Lasst mich euch zu Baumbarts Hügel begleiten. Es wird ihn freuen, euch zu sehen...“
« Letzte Änderung: 10. Feb 2016, 23:54 von Fine »

Adamin

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Re: Zuflucht der letzten Ents
« Antwort #1 am: 26. Feb 2009, 23:25 »
Flinkbaum ging mit ruhigen, aber bestimmten Schritten voran. Gandalf und Gwilwileth folgten ihm so gut sie konnten, da er durch seine Größe dennoch ein zügiges Tempo vorlegte. Auf sein Angebot, sie zu tragen war nur Antien eingegangen. Nun saß er oben auf Flinkbaums breiter Schulter und fühlte sich wohl wie ein Sperling auf einem Baumwipfel.

Obwohl der Ent sehr schweigsam war, machte er auf Antien den Eindruck als würde er ansonsten gerne und viel lachen. Die vielen Lachfältchen um Augen und Mund erinnerten ihn sehr an seinen alten Tom. Er nahm sich vor, mit Flinkbaum einige Lieder zu singen und die anderen Teile des Fangornwaldes zu erkunden.

So liefen sie einige Stunden unter den uralten Baumkronen und das tiefe Summen im Hintergrund schwoll immer weiter an. Sie erreichten eine Lichtung, in deren Mitte ein großer Hügel mit steilen Abhängen in den Himmel ragte. Flinkbaum ging zielstrebig an den wild verstreuten Findlingen vorbei und umrundete den Hügel. Antien konnte einen Fluss ausmachen, der sich ruhig gluckernd einen Weg durch den Wald bahnte. Er erinnerte sich, auf seiner Karte den Namen 'Onodló' über der Flusslinie gelesen zu haben. Das Wasser war so klar, dass er bis auf das Flussbett sehen konnte. Doch je näher sie kamen, desto mehr und mehr wurde es matter und von schwarzen Schlieren durchzogen.

Schließlich kam hinter einer letzten Böschung der Ursprung des sonoren Gesanges zum Vorschein:  Mehrere Ents standen in einem Kreis mitten im Fluss. Jeder von ihnen hatte dunkle Ascheflecken auf ihren Rinden und manchen fehlten die Haare. Als sie Flinkbaum bemerkten, drehten sie sich um und gaben den Blick auf ihre Mitte frei:

Im Onodló lag auf einer steinernen Liege ein uralter Ent. Sein Körper war vollständig mit Ruß und kohlefarbener Rinde bedeckt. Er hatte keinen linken Arm und das linke Bein sah im Vergleich zum anderen zu dünn aus. Von seinem Gesicht hingen die Überreste eines einstmals üppigen Bartes. Das Wasser umspülte den Ent und trug feine dunkle Ascheteilchen mit sich fort.

Bevor Antien sich versah, war Gandalf in den Fluss gesprungen und watete auf den aufgebahrten Ent zu. Als er sich geschwind näherte, öffneten sch die Augen des Liegenden. Sie schimmerten milchig, wie ein stiller Waldsee bei dichtem Nebel.
„Gandalf... Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns in dieser Welt noch einmal begegnen würden...“
Der Zauberer legte seine Hand behutsam auf die große Schulter. „Ruhig, mein Freund. Ich werde dir helfen.“ Er senkte den Kopf und wisperte einige Worte, die Antien nicht verstand. Der Ent schloss die Augen wieder und seufzte befreit, als würde eine Last von ihm genommen,  doch im gleichen Maße verkrampfte sich Gandalfs Hand und begann zu zittern.
„Diese Wunden können nicht verheilen...“, ertönte die tiefe Bass-Stimme des Aufgebahrten. „Sie wurden durch etwas weitaus Schlimmeres als Feuer oder Äxte gerissen... Bitte schone deine Kräfte. Ich werde so oder so bald zu unserer Mutter und Königin des Erdreichs zurückkehren...“
Gandalf blickte müde auf den Ent hinab. „Sauron wird für seine Frevel zur Rechenschaft gezogen. Sein Reich wird vergehen und die Gärten Mittelerdes werden wieder erblühen. Das verspreche ich dir, Baumbart...“

Antien kletterte vorsichtig von Flinkbaum herunter. Allmählich näherte er sich Gandalf und stellte sich im Fluss neben ihn.
„Ich habe den Namen †šBaumbart†™ schon einmal gehört. Tom sang mir vor vielen Jahren von einem Baumbart vor, dem er auf seinen Reisen begegnet ist...

Ein Kerl wie ein Baum, wie einer der Größten.
Sein Bart, so prächtig wie der Sommer.
Nur sein Name ging noch viel länger,
Drum nannte ich ihn, wie einer der Schönsten:
Baumbart vom fernen Walde.


Als der letzte Ton von Antiens Lippen verklang, ging ein dumpfes Brummen von Baumbart aus. Langsam öffnete er seine müden Augen und blickte den Elben verträumt an.
„Ich erinnere mich an dieses Lied... Und ich erinnere mich an deine Art, zu singen... Es müssen Jahrtausende vergangen sein seit jenem lauen Abend, an dem ich den Dichter dieses Liedes traf... Ich war damals noch jung und auf Wanderschaft, er hingegen war schon rüstigen Alters... Er wollte mir seinen Namen nicht verraten, obwohl er meinen wohl von den Elben erfahren hatte. Dafür habe ich aber von ihnen gehört, wie sie ihn nannten: Iarwain Ben-adar... Ich hielt es anfangs für einen ihrer Elben-Späße...“
Baumbart lachte leise. Es klang wie Kieselsteine, die über ein Holzbrett tanzten. Die Erinnerungen an längst vergangene Tage schienen ihm große Freude zu bereiten. Antien war erstaunt, dass dieses von Toms unzähligen Liedern tatsächlich von einem echten Baumbart handelte. Er war immer davon überzeugt gewesen, dass Tom sich den Namen für einen der Bäume des alten Waldes ausgedacht hatte.

Baumbarts Lachen wurde plötzlich zu einem Husten. Ohne zu überlegen, stützte Antien den schweren Kopf des Ents, löste seinen halbvollen Trinkschlauch vom Gürtel und gab Baumbart von Wasser der Weidenwinde zu trinken. Trotz seiner langen Reise verbreitete das Wasser noch immer den frischen Duft seiner Quelle.
Der liegende Ent trank in großen Schlücken und wurde zusehends ruhiger. Sein Atem ging wieder gleichmäßig und seine Gliedmaßen entspannten sich. Als der Schlauch leer war, öffnete Baumbart die Augen. Der weiße Nebel schien sich gelichtet zu haben und Antien war, als erblicke er hinter ihnen einen kühlen Brunnenschacht, angefüllt mit den Empfindungen einer unendlich langen Zeit und langem, bedächtigen Denkens – Auf ihrer Oberfläche jedoch schimmerte die Gegenwart, wie Sonnenlicht auf den oberen Blättern eines riesigen Baumes.

Auch die Stimme des Ents hat an Kraft gewonnen. „Ich danke dir, Sohn des Ben-adar... Die in dir schlummernde Magie hat eine große Last von meinem alten Herzen genommen. Jetzt weiß ich, dass das Schöne und Gute in Mittelerde überdauern wird... Meine Zeit in dieser Welt war lange und neigt sich dem Ende zu, doch nun gehe ich voll Hoffnung und Zuversicht.“

Antien lächelte. Nun konnte er Baumbarts Gefühle wieder verstehen. „Es freut mich, dass ich euch helfen konnte. Und es freut mich auch immer wieder, wenn ich neue Geschichten von meinem Ziehvater höre. Ich kenne ihn nur unter dem Namen Tom Bombadil, doch die Elben Mittelerdes scheinen wohl eine Vorliebe für eigene, und vor allem kompliziertere Namen zu haben.“
Baumbart blickte ihn gedankenversunken an. „Jedes Volk sucht sich einen eigenen Namen für die Dinge des Lebens... Dein Vater fand meinen entischen Namen viel zu lange. Er wollte nicht einmal lange genug still an einem Ort stehen, um ihn zu hören... Allerdings hat er großes Gefallen an einem Wanderlied auf Entisch gefunden. Er ließ nicht davon ab, bis ich es ihm komplett beigebracht hatte.“
„Ich habe einige sehr lange Lieder von Tom gelernt. Das längste nannte er immer †šBäumchen auf dem Wege†™. Es ging glaube ich...“

Der Elb begann mit seiner tiefsten Stimme ein langes, langsames Lied zu singen, das mehr aus Lauten, als aus Wörtern zu bestehen schien.

Vexor

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Re: Zuflucht der letzten Ents
« Antwort #2 am: 27. Feb 2009, 14:48 »
Gwilwileth stand nun abseits der Gruppe Ents, die sich nun um den schwer verletzten Baumbart, und Antien gestellt hat. Der sonore Gesang der Ents dröhnte ihr noch immer in den Ohren. Sie lehnte sich an einen Baum, der mit olivgrünem Moos bedeckt war. Die kühlende Nässe war unsagbar angenehm für Gwilwileth. So viel war in den letzten Wochen passiert, die ihr das Gemüt trüben ließen; Unzählige Bilder schossen ihr durch den Kopf ...Das Schlachtgetümmel....der Tod Maedhros...der Wortstreit mit Maethor...das Bündel des schwarzen Dieners...der Abschied der weißen Frau...der Abschied von Jutan...der Abschied von Nîdanadh...und nun auch noch das Elend, welches Saurons dunkle Diener an der Saat Yavannas angerichtet hatte.
Plötzlich regte sich Wut in Gwilwileth, wie heiße Lava stieg sie in ihr empor und verbrannte jedes andere Gefühl. Sie ballte ihre Fäuste und eine Ader in ihrem Gesicht fing an sich abzuzeichnen und pulsierte schnell und unkontrolliert.

Wie sehr sehne ich mich danach endlich Rache zu nehmen an den Mördern meiner Familie, meiner Freunde und an allem was mir lieb war.

Als Gwilwileth jedoch Antiens Lied vernahm legte sich die Wut und machte einem neuen Gefühl Platz – der Einsamkeit.
Sie fühlte sich so schrecklich allein, obwohl Antien so nah war. Sie war auf einem Floß auf einem weiten Ozean und obwohl sie schrie sah Antien, der auf einer blühenden Insel stand, sie nicht.

Ich bewundere Antien für seinen Mut. Ich hingegen empfinde viel zu viel Respekt und Scheu vor diesen weisen und ältesten Geschöpfen Mittelerdes. Noch nie zuvor sah ich einen der Onodrim und zugleich zum ältesten ihrer Art zu gehen, verdient meinen größten Respekt und meine tiefste Bewunderung.

Sie wandte ihre Augen wieder dem Schaubild zu und beobachtete, wie Baumbart sogar anfing zu lachen. Bei diesem Bild musste Gwilwileth lächeln. Stunden lang sah Gwilwileth Antien einfach nur zu, wie er dort kniete, neben dem Ondorim, und sang. Er sang mit goldener Stimme und alle ihre Sinne richteten sich nach dem wundervollen Gesang Antiens. Jene wohlklingenden Töne verabschiedete das gleißende Sonnenlicht, hieß die Dämmerung willkommen und führte den strahlenden Vollmond an seine altvordere Stelle.

Besonders ist dieser Elb...Jedoch wünsche ich mir auch so gerne etwas tun zu können für den Herr der Baumhirten...doch wie immer bin ich nutzlos und nur eine Last.

Beklommenheit machte sich in Gwilwileth breit und sie verließ den Schauplatz und folgte ein wenig dem Verlauf des Stromes, des Onodló, einem der ältesten Flussläufe der Welt. Schon bald fand sie einem Stein, der groß genug war, um sich auf ihn zu setzen.
Sie streifte die ledernen, silbern matten, Stiefel ab und stieg in das kristallklare Wasser, welches sich angefangen hatte vor dem Stein anzustauen und nun Gwilwileth bis zu den Knien ging. Ihr weißes Kleid, welches an Ärmeln und Kragen mit silbernen Stickereien verziert war erstrahlte im Mondlicht. Sie bückte sich und wusch ihr Gesicht.
Als sie damit geendet hatte, sah sie sich um. Das Mondlicht hatte die Lichtung um sie herum in ein besonderes Licht getaucht.
Von vielen Augen fühlte sie sich beobachtet, aber dies war ihr nicht unangenehm. Sie empfand sie mehr als schützende, als bedrohende Blicke. Die einzigen Geräusche, die sie nun noch vernahm war das sanfte wiegen der tausend Jahre alten Baumkrönen im Wind und das plätschern des Onodló.
Plötzlich verspürte sie eine tiefe Sehnsucht in ihrem Herzen, zu singen. Schon so lange hatte sie nicht mehr singen dürfen. Das letzte Mal in den Wäldern Lothloriens, wo sie Nîdanadh getroffen und lieben gelernt hatte. So sang sie nun mit voller Stimme und alle Bäume in ihrer Umgebung verstummten. Der Onodló schwieg und hörte der trauernden und verletzten Seele zu, die ihre Gefühle durch ein Lied Preis gab. Gwilwileth sang ein Lied, welches sie nicht kannte. Es war ihr Lied. sie sang es mit lauter Stimme und der Wind trug dieses Lied in jeden Winkel Mittelerdes. Das Lied erschallte in den tiefsten Winkeln Mittelerdes, vom Nest der Alder im Nebelgebirge bis hin zum tiefsten Verließ in Barad-Dûr. Auch, wenn nur wenige den Text verstanden, so war die Melodie doch für viele greifbar und ein paar Elben in den  Grauen Anfurten vernahmen deutlich Text und Melodie und schrieben sie nieder. Sie nannten es „ Die Ode der Elbenmaid an das Leid“.
Gwilwileth sang das Lied mehrere male, doch selber erinnerte sie sich kaum an den Text, obwohl er, wie ein Spiegel ihrer Seele war.

Wann der silberne Mond durch die Gesträuche scheint,
Und ein schlummerndes Licht über den Rasen streut,
Und die Nachtigall flötet,
Wand†™l ich traurig von Busch zu Busch.

Selig preis ich dich dann, flötende Nachtigall,
Weil dein Weibchen mit dir wohnet in einem Nest,
Ihrem singenden Garten,
Tausend trauliche Küsse gibt.

Überhüllt von Laub, girret ein Taubenpaar
Sein Entzücken mir vor; aber ich wende mich,
Suche dunklere Schatten,
Und die einsame Träne rinnt.

Wann, o lächelndes Bild, welches, wie Morgenrot
Durch die Seele mir strahlt, find ich auf Erden dich?
Und die einsame Träne
Bebt mir heißer die Wange herab.


Nachdem sie es einige Male gesungen hatte verstummte ihre Stimme und Dunkelheit umhüllte Gwilwileth. Sie stand da, aber die Stille kehrte nicht zurück, denn dort war eine Stimme, die die Schatten vertrieb. Sie war warm und freundlich, aber voller Bestimmtheit und reich an Macht. Sie war, wie ein milder Sommerabend, an dessen Himmel sich, aber schon dunkle Gewitterwolken abzeichnen.  Die Stimme sprach Gwilwileth direkt ab, aber Gwilwileth wagte es nicht sich umzudrehen, da sie viel zu viel Angst vor dem Gewitter hatte, sie wollte das Gefühl des warmen Sommerabends nicht verlieren, deshalb blieb sie einfach nur stehen.

„ Von Trauer sangst du, von Leid und Schmerz. Doch höre mir zu Gwilwileth-Dúlin , ich kenne deine Geschichte und das Leid, welches dir wiederfahren ist, und doch sollte nicht die Trauer das vorwiegende Gefühl in deinem Herzen sein, denn soviel Freude und Zuversicht hat in deinem Herzen noch Platz und sollte dort Einkehr halten.“

Sie vernahm die Worte, und langsam und behutsam drehte sich Gwilwileth um und sah eine weiße Gestalt vor sich, auf einen Stab gestützt.
„ Oh du weißer Zauberer, wie gerne würde ich dir glauben, doch sitz die Trauer, wie ein schwarze Spinne in meinem Herzen und spinnt ihr Netzt dort, wo Freude und Zuversicht sein sollten. Und jeder meiner Versuche sie zu vertreiben war zwecklos und so habe ich mich mit diesem Gefühl abgefunden und mit meinem Schicksal die ewig trauernde zu sein.“
„ Glaub mir Gwilwileth,  dieses Wesen haben wir alle in unseren Herzen. Selbst die weisesten unter uns sind oft nicht im Stande es los zu werden. Doch war deinerseits keine Bemühung sie loszuwerden, es war für dich das einfachere, bequemere Schicksal, die ewig trauernde zu sein.“
Gandalf hielt kurz inne, denn er merkte, dass diese Worte hart gewesen waren, aber Gwilwileth nickte bestätigend, als er sich entschuldigen wollte, deshalb fuhr er fort.

„ Dein Name Gwilwileth, der Schmetterling, strahlt allein schon so viel Freude aus. Dieser allein sollte in der Lage sein, die Schatten in deinen Herzen zu bändigen“, führte Gandalf weiter aus. Er nahm, die unsichere, Gwilwileth bei der Hand und führte sie zu dem Stein und setzte sich auf ihn. Wolken waren mittlerweilen aufgezogen und verdeckten den silbernen Mond.
Gwilwileth merkte nun, wie sehr sie es fror, nachdem sie die ganze Zeit im kalten Wasser des Onodló gestanden hatte. Sie schwieg und hoffte darauf, dass Gandalf fortfahren würde ihr Mut zu machen, jedoch schwieg Gandalf und starrte tief in den Wald hinein. So saßen die beiden nur eine Weile nebeneinander, bis Gwilwileth den Entschluss fasste Gandalf zu antworten. Die Worte auszusprechen fielen Gwilwileth zu Beginn schwer und sie fühlte sich voller Scham, wie ein gescholtenes Kind.
„ Gandalf, ja mein Name ist Gwilwileth-Dúlin, doch langsam verabscheue ich diesen Namen, der in Relation mit soviel Leid und Kummer steht. Ich möchte ja das Wesen in mir töten, aber in meinen Namen hat es sich zum Teil ebenfalls eingenistet. Ich...“
Gwilwileth verstummte, denn sie wusste nicht mehr was sie sagen sollte, denn Gandalf starrte immer noch in den tiefen Fangorn hinein. Als Gwilwileth schon die Hoffnung aufgegeben hatte,  nahm er Gwilwileth am Kinn und zwang sie somit ihm in die Augen zu schauen. Gwilwileth war überwältigt von der Intensität und der Willensstärke, die Gandalfs Augen ausstrahlten.
„ Es ist keine Lüge, was mir von dir berichtet wird Gwilwileth- Dúlin. Du bist eine gebrochene Frau und das sehe ich in deinen Augen. Viel Leid kann ich deinen Augen erkennen, das ist wahr, jedoch sehe ich eine Weisheit und Güte in deinen Augen, die viele der höchsten Elbenfürsten, vielleicht sogar einige der Maia nicht aufbringen können.
Doch diese beiden Eigenschaften werden verdeckt von einem Schleier, denn du dir selbst auferlegt hast. Viele haben mir von deinen Augen berichtet.
Elrond und Galadriel waren fasziniert über die Wirkung, die sie auf Fremde haben, denn nicht viele können dir lange in die Augen schauen. Auch ich, obwohl sie mich faszinieren, stoße hierbei an meine Grenzen.. Doch die schönste Geschichte wurde mir von deinem Vater erzählt Gwilwileth.“
Gwilwileth sah Gandalf verwundert an, woraufhin er erwiderte: „ Ja Gwilwileth ich kannte deinen Vater, ebenso wie deine Mutter. Oft besuchte ich ihn in Imladris und er erzählte mir von seiner Tochter, einer ungewöhnlichen Elbin mit rotem Haar und blauen Augen, die die Geschichte Mittelerdes erzählen. Und dasselbe sehe ich und sah auch Galadriel. Du bist etwas ganz besonders und deine Augen tragen die Geschichte Mittelerdes in sich. Du  kannst nur zu dieser großen Elbin werden, wenn du die Trauer aus deinen Herzen verbannst. Große Bürden hast du bereits getragen, doch noch mehr kannst du tragen, wenn du bereit bist den Schleier der Trauer aus deinem Geist zu verbannen.“
Gandalfs Stimme war nun sehr ernst und in seinen Augen sah Gwilwileth, dass es Gandalf nicht darum ging sie aufzumuntern, sondern er schöpfte Hoffnung aus ihren Augen. Zum ersten Mal nach einer langen Zeit erkannte Gwilwileth, dass sie doch nicht so nutzlos war, wie sie immer gedacht hatte.
„Ja ich will es.“ Mehr konnte Gwilwileth nicht sagen, mehr wollte sie auch nicht sagen, denn Gandalf hatte ihr so viel Vertrauen und Mut beschert, wie schon lange niemand mehr.
Ohne ein weiteres Wort bedeutete Gandalf Gwilwileth, dass sie sich wieder in die Mitte des kleinen Sees stellen solle, wo sie vorher schon gesungen hatte. Sie watete zur Mitte des Sees und obwohl sie nicht wusste, was sie tun sollte, schloss sie instinktiv die Augen, während Gandalf selbiges Tat und einfach nur da saß.
Zunächst fühlte Gwilwileth sich seltsam und befremdlich, wie sie so da stand, mit den Beinen bis zum Knie in Wasser getaucht. Doch mit der Zeit löste sich in Gwilwileth etwas. Eine Lawine aus Trauer und unterdrückten Gefühlen wurde losgetreten. Und plötzlich fing sie an zu weinen, bitterlich zu weinen, daraufhin schrie sie, vor Schmerz, Wut und Einsamkeit. Diese Emotionen wechselten sich ab.
Im Nachhinein konnte sich Gwilwileth nicht erinnern, wie lange sie geweint und geschrien hatte, doch es kam ihr, wie eine Ewigkeit vor. Als sie nicht mehr weinen und schreien konnte, öffnete Gandalf die Augen.
„ Ich gratuliere dir, du hast die Trauer und die Einsamkeit aus deinem Herzen verbannt. Nun kannst du eine neue Elbin werden, die von Bedeutung für das Schicksal Mittelerdes sein wird. Deshalb wirst du, sofern du das willst, nun einen neuen Namen bekommen.“
Während Gandalf dies sprach verzogen sich die Wolken wieder  und der Mond erhellte wieder den See und erleuchtete Gwilwileths Haupt.
„ Ab heute bist du Celebithiel, die silbergekrönte Tochter des Mondes.“
Celebithiel...Celebithiel ..Celebithiel
Immer wieder wiederholte sie diesen Namen, ihren neuen Namen. Ein Name, der unbehaftet war von Trauer und Schmerz, ein Name der noch rein war und dessen Geschichte sie nun schreiben würde. Tief in ihrem inneren war sie noch immer Gwilwileth, aber die dunklen Gedanken waren nun verschwunden und nun trat sie ihr neues Schicksal als Celebithiel an.
Celebithiel streifte sich die die silbernen Stiefel wieder über und ging zusammen mit Gandalf wieder zurück zu Baumbarts Hügel.†ƒ

« Letzte Änderung: 27. Feb 2009, 17:10 von Vexor »


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Re: Zuflucht der letzten Ents
« Antwort #3 am: 9. Mär 2009, 23:57 »
Ein bleicher Mond zog seine Bahnen über das dunkle Himmelszelt und verblasste im Licht eines neuen Tages. Die Sonne löste ihn ab und folgte nun ihrerseits ihrem unsichtbaren Pfad. Die Himmelskörper zeichneten ihre Linien, während Antien zu Füßen des Ältesten aller Ents saß und ein entisches Lied sang. Obwohl er inmitten der scheinbar endlosen Verse jedes Zeitgefühl verloren hatte, klang er noch genauso wie zu Beginn des Liedes.

Doch schließlich setzte er zur letzten Strophe an. Die Ents um ihn herum, die sich bisher rhythmisch im Wind gewogen und ihn an manchen Stellen mit ihren dröhnenden Stimmen begleitet hatten, wurden mit einem Mal still und beobachteten den Elben und Baumbart mit unergründbaren Augen.
Sie kannten das Lied seit ihrer weit zurückliegenden Jugend, auch wenn manche es nie ganz nachvollziehen konnten. Der Setzling aus dem Lied ist zu einem weisen alten Waldriesen herangewachsen und beschloss, fortan nicht mehr über die Erde, die Tiere oder die Sonne nachzudenken, sondern einfach den Fluss der Zeit auf seiner Heimat-Lichtung zu genießen.

Die letzten Bässe rollten über Antiens Lippen. Die letzten Klänge verloren sich in den tiefen des Waldes.
Dann war es still.

Es war keine Stille im eigentlichen Sinne, kein ruhigerer Moment im sonst so geschäftigen Treiben. Es war die Abwesenheit jeglichen Geräusches. Es war eine Stille, wie sie beim Einschlafen aufkommt, wenn man den letzten wachen Moment des Tages erlebt und der Geist mit leisen Schritten in die Welt der Träume eintritt.
Es war eine vollkommene Stille. Und kein Tier, Elb, Zauberer oder Ent auf der Lichtung fühlte sich im Stande sie zu beenden.
Alle bis auf einen, der schon lange genug im Stillen gelebt hat.

Alte Gliedmaßen ächzten, als Baumbart sich langsam aufrichtete und Antien tief in die Augen blickte.
- Borarum - Ich habe nie jemanden der kein Ent ist, so gut auf entisch singen hören. Du hast deinem Vater sehr aufmerksam gelauscht... Mir fällt kein Wort ein, mit dem ich dir meinen Dank richtig ausdrücken könnte. Du hast meine Schmerzen gelindert und mich ein letztes Mal an die schönen Dinge dieser Welt erinnert... Für mich gibt es nichts mehr hier, meine Reise ist zu Ende. Mein Segen wird von nun an mit dir sein und dich in allen Wäldern Mittelerdes willkommen heißen. Und ich möchte dir als Zeichen unserer Verbundenheit noch etwas geben...“
Mit diesen Worten griff Baumbart nach einem seiner zahlreichen Zehen und zog. Es knirschte wie trockenes lange gelagertes Holz , als sich der Zeh vom Fuß löste. Baumbart legte die Rute in Antiens Hände. Sie fühlte sich massiv und angenehm kühl an und war fast so lang wie der Unterarm des Elben.

Nachdem Antien die Gabe angenommen hatte, wandte Baumbart sich zum Rand der steinernen Liege und versuchte Aufzustehen. Sofort war Flinkbaum an seiner Seite und stützte ihn von links. So gestärkt richtete Baumbart sich auf und trat an das Ufer des Onodló. Gandalf wartete dort auf seinen alten Freund und senkte für einen Moment das Haupt. Baumbart blickte auch ihn lange an. „Leb wohl Gandalf. Es freut mich, dass ich dir dies selbst sagen kann. Dir wünsche ich alle Weisheit dieser Welt und die notwendige Kraft für deine bevorstehenden Aufgaben...“
„Wir werden uns in den Gärten deiner Herrin wiedersehen Baumbart. Ich bin mir sicher, dass sie sehr stolz auf dich und deine Taten ist. Du warst zu jeder Zeit der größte Beschützer ihrer Werke. Dein Name wird in Mittelerde nie in Vergessenheit geraten.“
Mit diesen Worten trat Gandalf an Baumbarts rechte Seite und stützte die Hand des Ents.

So flankiert drehte Baumbart sich seinem Hügel entgegen.
„Viele Sommer verbrachte ich an diesem Ort... Oft versank alles um mich herum und ich blieb hier zurück, allein im großen Strom der Zeit. Hier möge mein Körper nun der Ewigkeit entgegentreten...“
Und er begann in langsamen Schritten den Hügel zu erklimmen.

Flinkbaum und Gandalf wichen keinen Moment von seiner Seite. Hinter ihm folgten die hinterbliebenen Ents und die Zwei Elben. Keiner von ihnen sagte ein Wort.
Kurz vor der Spitze des Hügels blieb Baumbart stehen.
„Ich danke euch meine Freunde, aber den letzten Teil des Weges muss ich alleine gehen... Wie wir alle es irgendwann tun müssen.“
Vorsichtig traten seine Stützen zur Seite und ließen ihn allein stehen. Das linke Bein des Ents schien zuerst nachgeben zu wollen, aber einen Moment später hatte Baumbart wieder sein Gleichgewicht gefunden. Mit bedächtigen Schritten trat er auf ein flaches Plateau auf der höchsten Stelle des Hügels. Dann drehte er sich der untergehenden Sonne im Westen zu.

Antien war, als sah er eine einzelne Träne in den warmen Augen des Ents glitzern, doch bevor er es mit Sicherheit sagen konnte, straffte Baumbart die Schultern, hob die Brust an und entließ daraufhin einen tiefen langen Seufzer.

Es war kein Ruf, es war kein Wort. Es vergingen Sekunden. Es vergingen Minuten. Baumbart ließ einen Laut der Befreiung erklingen, der die Herzen aller ihn vernehmenden Lebewesen berührte. Es schien, als würde der Atem seines ganzen Lebens mit einem Mal aus ihm herausfließen. Das Seufzen lief durch den gesamten Wald und hallte an jedem Baum wider. Ungezählte Momente eingefrorener Zeit verstrichen, bis der Laut immer leiser wurde und schließlich in einem Flüstern verklang, in einem letzten Ausatmen.

"So verschied Baumbart, das Älteste Lebewesen Mittelerdes".
Sein Körper verblieb an der von ihm gewählten Stelle, wie es unter den Ents Brauch war. Sein Blick blieb nach Westen gerichtet. Seiner neuen Heimat entgegensehend.
« Letzte Änderung: 15. Mär 2009, 00:48 von Vexor »

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Re: Zuflucht der letzten Ents
« Antwort #4 am: 15. Mär 2009, 01:12 »
"So verschied Baumbart, das Älteste Lebewesen Mittelerdes..."
Gandalfs Worte hallten Celebithiel immer noch durch den Kopf, als sie ihren Blick über den Hügel streifen ließ. Viele der Ondorim hatten sich auf den Heimweg gemacht. Sie waren Müde von den vielen Kämpfen und sie sehnten sich nach Ruhe und Erholung. Baumbarts Schicksal blieb diese Nacht kein Einzelfall im Fangorn, dem ältesten aller Wälder.

Celebitihiel wischte sich eine kleine Träne aus dem Auge. Sie konnte nicht fassen, dass sie nach dem Ereignis mit Gandalf, immer noch in der Lage war zu weinen. Oft hatte sie geweint in den letzten Monaten, doch nun regte sich ein neues Gefühl in ihr, welches sie schon so lange nicht mehr gefühlt hatte, Zuversicht

Nachdem alle Ents, bis auf Flinkbaum, den Hügel verlassen hatte schlugen die beiden Elben und Gandalf ein kleines Nachtlager auf.
Der Morgen rückte näher, aber Celebithiel wurde immer mehr von der aufquellenden Müdigkeit betäubt. Sie ließ sich neben Antien nieder und lehnte ihren Kopf an seine Schulter.
Sie hatte ihr rotblondes Haar zu einem Zopf geflochten und ihn sich über die Schulter gelegt. Sie ließ ihren Blick durch die kleine Gruppe wandern.
Es sprach niemand mehr, denn jeder ging seinen Gedanken nach. Celebitihiel sah, wie Gandalf da saß und in die Leere starrte. In seinen Augen sah sie, wie ernst es ihm war, aber wie immer wurde sie aus seinem Blick nicht schlau und vermochte nicht seine Gedanken zu lesen. Flinkbaum hingegen war eingedöst und Antien blickte konzentriert in die Richtung, in der sich Baumbart aufgemacht hatte, um seine letzte Ruhestätte aufzusuchen. Langsam schloss Celebithiel ihre Augen und fing an mit ihren Haarzopf zu spielen.
Eine schier unendlich lange Zeit war es still, bis auf das Rascheln Jahrhunderte alten Laubes.

Plötzlich fing Antien an zu summen. Es war ein fröhliches, aber nachdenkliches Summen. Celebithiels gesamte Brust fing an durch das Summen zu vibrieren und sie ließ von dem Spiel mit ihrem Haar ab, aber hielt die Augen immer noch geschlossen. Zunächst horchte sie nur aufmerksam, doch mit der Zeit wurde sie unruhiger und sie fing an ab und zu eigene helle und klare Töne einfließen zu lassen. Antien ging darauf ein und legte nun manchmal Pausen ein, damit  Celebitihiel singen konnte.
Aus ihrem Summen, wurde Gesang, zuerst wortlos, dann aber vermischten sich die  Töne mit gesprochenen Wörtern. Celebithiel und Antien wechselten sich ab oder sangen gleichzeitig. Beide sangen sie absolut verschiedenes und dennoch entstand eine Einheit. Nie waren sie komplett synchron und doch waren sie unzertrennlich.
 Der Gesang der beiden Elben war belanglos, handelte von Ereignissen ihren Leben, von Beschreibungen verschiedenster Orte in Mittelerde und doch waren ihre beiden Zuhörer fasziniert. Gandalf und Flinkbaum waren stumm, aber sie lauschten die gesamte Zeit über den Gesang der beiden Elben.

Jedoch hielt es Celebithiel nicht lange durch und ihre Stimme wurde schwächer und fing an zu verebben, bis sie endlich ganz verstummte und die Müdigkeit sie übermannt hatte. Friedlich lächelnd schlief sie an Antiens Schulter ein.

Als Antien merkte, dass Celebithiel eingeschlafen war, nahm er behutsam ihren Kopf legte ihn auf seinen Schoß und deckte sie zu. Danach fuhr er mit seinem Gesang fort.
« Letzte Änderung: 15. Mär 2009, 01:26 von Vexor »


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Vexor

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Re: Zuflucht der letzten Ents
« Antwort #5 am: 15. Apr 2009, 01:15 »
„...und dann hat mein Vater mir erzählt, dass er der größte Elbenkrieger der Welt ist und, dass er schon viele Drachen getötet hat, welche tief im Osten geschlummert haben.“
Celebithiel machte eine kurze Pause und war dabei nur noch am grinsen.

„ Warte doch einen Augenblick Antien...also er steht daraufhin auf und geht zu einem kleinen Teich, stellt sich dort auf einen grauen Stein ...und verkündet laut Sieh mich an, ich bin unbesiegbar und werde dich vor allem Bösen beschützen. Gleich darauf gerät er ins Schwanken und fällt in den See, sodass das Wasser nur so spritzt.“
Einen Wimpernschlag war es ruhig in der kleinen Runde, aber plötzlich fangen alle herzlichst zum Lachen an.

Celebithiel saß im Schneidersitz da, an einem alten Kirschbaum gelehnt, ihr rotblondes Haar hing ihr lockig über die Brust und schloss mit Beginn der Hüfte ab. Neben ihr lag Antien im Gras, im Mund hatte er einen kleinen Zweig. Er blickte zufrieden lächelnd in den Himmel und lauschte den Geschichten Celebithiels.
Ihm gegenüber hockte Gandalf, ebenfalls im Schneidersitz, munter lachend. Er konnte sich kaum noch halten und hielt sich mit der rechten Hand den Bauch, während er mit der linken kleine Freudentränen wegzuwischen versuchte. Hinter ihm standFlinkbaum, dessen Lachen aufrichtig, jedoch wie dröhnende Trompeten klang

Die Sonne erhellte die kleine Lichtung und der Himmel war wolkenrein. Fangorn, welcher vom Winter so gut, wie unberührt geblieben war, spürte nun das Erwachen und die Ankunft des Frühlings. Es war Anfang April und vereinzelt erwachten die Laubbäume aus ihren Winterschlaf.
Wie der Kirschbaum, an dem Celebithiel lehnte, der nun anfing Blüten zu tragen und Knospen sprießen lies.

So waren die letzte Woche meistens verlaufen, seit dem dahinscheiden Baumbarts. Die kleine Gruppe hielt sich meist an dieser lieblichen Lichtung auf und erzählten Geschichten, sangen oder gingen einfach nur ihren Gedanken nach.
Sie waren sich alle näher gekommen und sie verband nun ein enges Band der Freundschaft. Selbst der sonst so rastlose Gandalf war geblieben und lauschte gern den Geschichten Celebithiels und Antiens. Ebenso Flinkbaum hatte seine Arbeit als Oberster der Baumhirten noch nicht angetreten, sondern verweilte bei den beiden Elben und den Istari und amüsierte sich über die angenehme Gesellschaft.
Jedoch merkten Celebithiel und Antien, wie Gandalf in den letzten Tagen unruhiger wurde und, dass er am Himmel Ausschau hielt und nun manchmal in den Fangorn verschwand und einige Stunden später mit unterschiedlichen Gesichtsausdrücken und Launen zurückkehrte. Mal war er in Gedanken vertieft und mürrisch, mal niedergeschlagen und traurig, oder ausgelassen und heiter.
Die Zeit schien einen großen Bogen um den Fangorn zu machen und Celebithiel hätte für immer hier bleiben können, doch holte sie die Realität, ebenfalls langsam ein; denn ihre Aufgabe wurde ihr immer bewusster und sie merkte auch, dass sie angefangen hatte sie zu verdrängen.
Als Gandalf wieder einmal von seinen Ausflügen in den Fangorn zurückkehrte hatte er Schattenfell und die beiden Pferde Antiens und Celebithiels im Schlepptau.

„ Nun meine Freunde, auch wenn die Zeit im Fangorn und die Gesellschaft Flinkbaums wunderschön waren und ich diese wundersamen Runden nur zu ungern auflösen möchte, so haben wir noch große Aufgaben vor uns, denn ich kann hier nicht länger friedlich sitzen, während in anderen Teilen Mittelerdes ein solches Leben nicht möglich ist. Jedoch möchte ich euch nicht zwingen mit mir zu kommen, wenn ihr nicht wollt.
Mein nächstes Ziel wird Rohan sein, denn die Unterdrückung Rohans durch die Schergen Saurons kann nicht toleriert werden. Antien...Celebithiel ihr beide seid mir gute Freunde und enge Vertraute geworden und deshalb schmerzt mich ein Abschied natürlich sehr.

Antien die Aufgabe, die dir der alte Tom gestellt hat, ist erledigt. Du hast sie gewissenvoll und gut erledigt, der alte Tom kann stolz auf dich sein.
Celebithiel deine Aufgabe ist noch nicht erledigt, jedoch steht es dir frei, wann und wie du sie erledigen möchtest. Ich habe dich in jener Nacht auf den richtigen Weg gebracht und dich von deinen Leiden erlöst. Ich glaube fest daran, dass du deinen Weg gehen möchtest.
Da mir die Zeit allmählich, wie Sand durch die Finger rinnt, muss ich jedoch gleich aufbrechen, aber ich möchte euch fragen, ob ihr mich begleiten wollt.
Ein alter Mann, wie ich es bin, hat nichts gegen gute Gesellschaft, wie ihr es seid einzuwenden, vor allem wenn es noch so gute Freunde sind.“

Damit endete Gandalf und blickte lächelnd zu Antien und Celebithiel. Antien richtete sich langsam auf und feixte. "Ich habe es euch doch schoneinmal gesagt, Väterchen. Ich bin hier, um euch zur Seite zu stehen. Solange eure Aufgabe nicht erfüllt ist, werde ich auch nicht weichen." Fröhlich schulterte er seinen Lederbeutel und schritt zu Gandalf.

Celebithiel, jedoch wandte ihren Blick ab und schritt weg von den beiden, zu Flinkbaum.
Sie ging zu dem alten Ent und wünschte ihm alles Gute und versprach ihm, ihn zu besuchen, sobald sie ihre Mission beendet hatte. Flinkbaum gab nur ein zufriedenes Brummen von sich.
Danach drehte sich Celebithiel um, über das ganze Gesicht strahlend und sagte laut:“ Worauf warten wir noch, meine Freunde?“
Somit legte sie sich ihre Tasche um und rannte zu Gandalf und Antien, welchen sie freudig umarmte.
Bevor sie aufbrachen, verabschiedeten sich die beiden ebenfalls von Flinkbaum und dann sattelten sie ihre Pferde und verließen die kleine Lichtung, wo die vier Freunde geworden waren.

Also sie schon zehn Minuten ritten, fragte Antien plötzlich, „ Gandalf wo genau geht es denn nun eigentlich hin? Ich möchte neue und fremde Orte sehen.“
Gandalf musste wieder lachen, bevor er ihm antwortete.“ Mein lieber Antien zuerst führe ich euch an die Grenze des Fangorn und an die Mauern von Isengart“, er sprach diesen Namen mit solcher Vorsicht und Verbissenheit aus, dass es Celebithiel schaudern ließ, „ danach werden wir in das Herz der Pferdemark reiten.“


Gandalf, Antien und Celebithiel zur östlichen Mauer Isengards
« Letzte Änderung: 11. Feb 2016, 00:35 von Fine »


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