Drei Tage hatte Arevan, den man auch den Fädenzieher nannte, damit verbracht, zum Wind zu flüstern und Rituale für die Ankunft seines Meisters vorzubereiten. Inzwischen zogen sich über die Plattform zahllose rote, weiße und grüne Runen, die zusammen ein verwirrendes Gemisch ergaben, doch klar strukturiert in ihrer Funktionsweise. Es dauerte nicht lange bis dann die Herolde der anderen Elemente auf der Plattform erschienen. Modeus nickte zufrieden:
"Ihr werdet eindeutig eurem Ruf gerecht, Fädenzieher."
Arevan neigte sein Haupt etwas und antwortete auch sogleich:
"Vielen Dank. Es ehrt mich das von euch zu hören. Nun dürfte ja bald der letzte Herold erscheinen."
Modeus dachte sich, dass dem vielstimmigen Arevan ein Sarkasmus anhaftete, wohl zumindest wenn man den stillen Vasiroth betrachtete. Bereits jetzt waren seine Augen verengt zu einem feindseligen, wachsamen Blick auf die blaue Runensäule, die letzte, die noch nicht aktiv war. Jeder Herold wusste, wer nun kommen würde, und das der Herold des Feuers dabei wachsam blieb war klar, wo Feuer und Wasser selbst in Friedenszeiten ein nett gesagt angespanntes Verhältnis hatten.
Nach einiger Zeit des stillen Wartens war es nun soweit. Die blaue Runensäule leuchtete hell und es vergingen nur Sekunden bis die Kälte einzog und ein Blizzard über die Plattform fegte. Arevan, in weiser Voraussicht, war offensichtlich schon darauf eingestellt. Um ihn herum zogen Winde auf, die sich dem Blizzard entgegenstemmten und so den Fädenzieher unberührt ließen. Modeus selbst verharrte still und reglos, ließ den Blizzard an sich vorüberziehen. Den Herold des Feuers traf es wohl am schlimmsten. Der Schnee der ihn berührte, verdampfte und kleine Wasserpfützen begannen, den Boden zu bedecken. Er zischelte dabei, seinen Blick nun erst recht feindselig haltend. Doch, genau so schnell wie der Blizzard gekommen war so verschwand er auch wieder und stattdessen stand vor der blauen Runensäule die Gestalt einer Frau oder besser gesagt, die Gestalt machte den Anschein weiblich zu sein. Sie trug ein glanzvolles, blaues Kleid als Robe und sie selbst war weiß wie frisch gefallener Schnee. Eiskristalle bedeckten Schultern und Handgelenke des Wesens, als wären sie eine Form von Schmuck. Schließlich sprach die Gestalt:
"Ich richte euch meine Grüße aus. Ich bin Neninya, Heroldin des eisigen Throns, und gekommen um meiner Herrin den Weg in diese Ebene zu ebnen."
Die Worte ließen einem einen kalten Schauer über den Rücken fahren, mit solcher Kälte, aber gleichzeitig auch Arroganz sowie eines freundlichen Tons schien der Elementar zu sprechen. Modeus war verwundert über die Dreistigkeit dieser Aktion, doch vergaß er das für diesen Moment und sprach mit ruhiger Stimme:
"Seid gegrüßt, Heroldin des Wassers. Es steht alles bereit damit ihr mit euren Ritualen beginnen könnt. Ich schätze ihr wurdet unterwiesen?"
"Wäre ich Herold meiner Herrin wenn nicht, werter Erdpriester?"
Ein Lächeln kam über das Gesicht der Heroldin. Der Herold der Erde wusste, dass dieses Lächeln genau so reizend wie tückisch war und nicht mehr als eine symbolische Geste war, dessen genauem Zweck man sich nie genau bewusst war. Vasiroth mischte sich dann in das Gespräch:
"Erstaunlich, meiner Art sagt man Ungestümheit und Arroganz nach. Dabei gibt es wohl doch eher ein anderes Element, dass diese Punkte weitaus besser ausfüllt als ich es jemals könnte."
Die Heroldin lächelte wieder und entgegnete mit einem freundlich sarkastischen Ton: "Verzeiht, aber ich spreche für gewöhnlich nicht mit primitiven Tieren. Man redet zwar auf sie ein, aber verstehen tun sie einen trotzdem nicht."
Vasiroths Miene verfinsterte sich weiter. Er schleifte über den Boden direkt zur Heroldin. "Vielleicht sollte ich euch einige Jahrhunderte in die Folterkammern des infernalen Throns sperren. Vielleicht lernt ihr dann so etwas wie Zurückhaltung."
"Kommt ruhig, aber ich garantiere nicht dafür das ihr bald zwei Arme aus purem Feuer formen müsst, und dazu vielleicht auch noch einen Kopf."
entgegnete Neninya kühl.
Vasiroth hob bereits drohend seine flammende Klaue, während sich ein bläulicher Schimmer in einer Hand der Heroldin sammelte, die dazu lächelte. Arevan sprach dann zu Modeus: "Keine Sorge, ich bekomme das in den Griff. Als Gastgeber müsst ihr allerdings eure Worte an sie richten."
Modeus blickte zu Arevan und nickte kurz. Der Herold der Winde hob beide Hände und bewegte etwas die Finger, was an einen Puppenspieler erinnerte. An seinen Fingerspitzen konnte man leicht etwas silbriges schimmern sehen. Der gleiche Schimmer erschien nun ebenso um die Gelenke der Herolde, grade als beide eine Bewegung machen wollten stoppten sie abrupt. Modeus war sich im Klaren, warum Arevan den Titel "Fädenzieher" trug, doch damit beschäftigte er sich nicht lange. Er stellte sich zwischen die beiden streitenden Herolde und sprach mit seiner ruhigen Stimme erneut:
"Herolde, haltet euch im Zaum. Eure Aufgabe ist es nicht, alte Feindschaften hier auszutragen, sondern eure Meister in diese Ebene zu holen. Ich bezweifle, dass diese das sonderlich begrüßen würden. Wenn ihr also nicht vom Ewigen persönlich entfernt werden wollt, so beruhigt euch. Ansonsten lebt mit den Konsequenzen die sicher nicht gnadenvoll für euch ausfallen würden."
Vasiroth und Neninya starrten kurz Modeus an. Die Heroldin des Wassers ist die erste die nickt, kurz darauf tat Vasiroth dasselbe. Arevan sank seine Hände und der silberne Schimmer, der wie Fäden wirkte, verschwand.
"Ihr habt recht, meine Herrin würde dieses Verhalten nicht gutheißen. Ich werde mich umgehend meinen Pflichten widmen."
sprach Neninya mit ruhiger Stimme.
"Ja, der Herr des infernalen Throns würde mich persönlich hinrichten für solch eine fehlerhafte Diplomatie. Entschuldigt meinen....Ausbruch."
entschuldigte sich wiederum Vasiroth. Eine gewisse Unsicherheit war in seiner Stimme, was nicht wunderte. Modeus konnte sich vorstellen das sein Meister nicht grade zur gnadenvollen Sorte gehörte. Während Neninya schon in ihre Rituale vertieft war begleitete Modeus die anderen Herolde zurück in ihre Gemächer. Doch blieb in seinem Hinterkopf die Vorsicht, wohl wissend das dies nicht der einzige Konflikt gewesen sein dürfte.
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