Im Westen stand die Sonne nun so tief, dass die Stadt in ein goldgelbes Licht getaucht wurde. Der Himmel war klar und weit und breit war keine einzige Wolke zu sehen, die Nacht würde also sternenklar werden.
Auf dem Marktplatz standen nun viele Tische und Bänke, die Platz für mehrere Tausend Menschen boten. In der gesamten Stadt war Volksfeststimmung, sodass der Krieg schien an diesem Abend, weit weg zu sein schien. An den Zugangswegen hatte Marwan Haradrim postiert, die dafür sorgen sollten, dass niemand eine Waffe zu Fest mitbrachte.
Qúsay saß an einer großen Tafel, unweit des großen Feuers, auf dem das Kamel noch immer gebraten wurde. Rechts von ihm saßen Marwan, Dirar und Thjodbjörg, links von ihm waren noch zwei Plätze für Elphir und Hilgorn frei. Qúsay unterhielt sich gerade mit Dirar als die beiden Gondorer den Marktplatz betraten. Qúsay winkte sie herbei, und stand auf um die beiden zu begrüßen: „Es freut mich das ihr kommen konntet, Sadiq.“
„Sadiq?“, stutze Elphir, der das Wort noch nie gehört hatte.
„Freund“, antwortete Qúsay mit einem Lächeln. „Setzt euch.“ Fuhr er fort und wies mit seiner Hand auf die freien Plätze neben ihm.
Schließlich wurde das riesige Bankett angerichtet: Vor allem gebratene Lämmer, ganz oder zerteilt, aber auch Pasteten aus Linsen und Bohnen, Hühner, Tauben und Fisch, gebraten oder gekocht, wurden aufgetischt, dazu wurde gekochter Weizen und Fladenbrote gereicht. Die Krönung des Mahls war das gebratene Kamel, dessen Fleisch auf einem Reisbett mit Datteln, Käse, Honig und Joghurt serviert wurde. Als Getränke wurde süßer Wein, den die Haradrim vor dem Trinken mit Wasser verdünnten, serviert, aber auch Bier aus einer städtischen Brauerei wurde ausgeschenkt.
Bevor das Bankett jedoch eröffnet wurde, lies Qúsay den beiden Gondorern, Kaffee, Buttermilch und Datteln als Zeichen der Gastfreundschaft anbieten. Dann erhob sich Marwan, der als faktischer Stadtherr eine kleine Rede begann:
„Ehrenwerte Gäste, Volk von Linhir, Krieger Harads und Gondors. Wir feiern heute sowohl unseren Sieg in der letzten Nacht als auch unseren Bund mit Gondor, ohne den dieser Sieg wohl nicht möglich gewesen wäre.“ Reihum gab es dafür Applaus. Dann holte Marwan einen Schlüssel hervor und sprach weiter: „Die Stadt Linhir ist eine Stadt Gondors, und wir Haradrim erheben weder Anspruch auf die Stadt, noch auf ihre Ländereien. Darum übergebe ich, Marwan, Sohn von Yusuf, Befehlshaber über die Garnison Linhirs, und Stadtherr, die Stadt wieder ihrem rechtmäßigen Herrn.“ Mit diesen Worten überreichte Marwan den Schlüssel an Elphir. „Möge die Stadt Linhir unter der Herrschaft Gondors wieder zu dem aufblühen, was sie einst war“, fuhr Marwan fort und wieder gab es Applaus, vor allem aus den Reihen der einfachen gondorischen Bevölkerung der Stadt.
„Eine letzte Amtshandlung als Stadtherr lasse ich mir aber nicht nehmen: Hiermit erkläre ich das Bankett für eröffnet.“
„Gut gesprochen“, sagte Qúsay zu Marwan nachdem er sich wieder gesetzt hatte. Dann winkte er zwei Diener her, die das Kamelfleisch verteilen sollten, beginnend mit den Gondorern.
„Dies nennen wir Mansaf“, erklärte Qúsay den Gondorern, die ihren Teller mir Kamelfleisch, Reis und Datteln, etwas skeptisch beäugten. „Ein traditionelles Gericht der nomadischen Wüstenbewohner Harads, normalerweise wird Hammel verwendet, aber Kamel ist für besondere Anlässe ebenso üblich.“
„Aha“, kam es von Elphir, der vorgab zu verstehen, dann beugte er sich leicht zu Hilgorn, und fragte flüsternd: „Was ist ein Kamel?“ Der Gefragte zuckte jedoch nur mit den Schultern.
Qúsay der dies nicht hörte, fuhr mit seiner Erklärung fort und deutete auf die fast papierdünnen Fladenbrote: „Die flachen Brote nennen wir Khubz, werden sie um gekochtes Fleisch gewickelt nennt man das Gericht Tharid. Von Tharid gibt es in ganz Harad verschiedene Varianten, die sich zumeist auf verschiedene Gewürze oder andere Fleischsorten beschränken.“ Dann zeigte er auf einen Berg von runden Bällchen: „Diese Bällchen sind Falafel, sie werden aus Bohnen- oder Kichererbsenbrei geformt und in Öl gekocht. Und zu guter Letzt, die Nachspeisen dort“, dabei zeigte er auf einen Tisch, der etwas weiter entfernt stand, „sind zum einen Ma’amoul, ein süßes Gebäck, das mit Datteln gefüllt wird, und zum anderen ein süßer Pudding aus Reis, den wir Muhallabia nennen. Nun denn bi-l-hanaʾ wa-sh-shifaʾ!“ Auf die wieder fragenden Blicke der beiden Gondorer fügte er hinzu: „So wünschen wir einander einen guten Hunger, eine gute Mahlzeit.“
Etwa eine Stunde nach Sonnenuntergang verabschiedete sich schließlich Qúsay, mit dem Hinweis, dass man morgen in aller Frühe nach Dol Amroth aufbrechen wolle und er dann ausgeruht sein sollte.
„Wir treffen uns dann morgen früh am nordwestlichen Stadttor“, sagte Qúsay und ging mit Thjodbjörg und Dirar zurück zu Marwans Residenz.
Elphir, Hilgorn, Qúsay, Thjodbjörg, Dirar und Marwan zu Marwans Residenz.
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