Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Das Nebelgebirge

Moria

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Eandril:
Langsam und vorsichtig tasteten Oronêl und Haleth sich in südlicher Richtung vor, auf jedes verdächtige - oder überhaupt jedes - Geräusch lauschend. Der Tunnel dem sie folgten verlief fast ausschließlich schnurgerade in südlicher Richtung, zumindest hoffte Oronêl, dass er sich nicht in der Richtung getäuscht hatte, und besaß nur wenige Abzweigungen. Nach mehreren Stunden in vollständiger Dunkelheit glaubte Oronêl ein schwaches Licht vor ihnen wahrzunehmen, dass langsam immer kräftiger wurde, und schließlich kamen die unverkennbaren Laute der Orks dazu. Nicht lange danach stieß der Gang, dem sie gefolgt waren, plötzlich auf einen quer dazu verlaufenden Gang, dessen gegenüberliegende südliche Seite von teilweise eingestürzten Fenstern durchbrochen war.
Nachdem Oronêl vorsichtig einen Blick in beide Richtungen geworfen hatte, schlichen sie über den Gang zu einem der Fenster und spähten hindurch.
Der Gang, in dem Haleth und Oronêl sich nun befanden schien einer Galerie ähnlich entlang einer größeren Halle zu verlaufen, die teilweise von schwach brennenden Fackeln und Feuern erhellt wurde. Unten lagerte eine große Truppe Orks, und den Geräuschen und dem Licht, das aus der östlichen Tür der Halle drang, war dies hier nur die Vorhut. Die westliche Seite der Halle war teilweise eingestürzt, vor allem in der Mitte, wo sich vermutlich früher der Eingang befunden hatte. In die Trümmer schien jemand mehrere schmale Gänge geschlagen zu haben, durch die sehr schwaches, fahles Tageslicht hereinfiel.
"Sieh mal", hauchte Haleth Oronêl ins Ohr. "Sie tragen Sarumans Banner." Oronêl nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Tatsächlich waren an mehreren Stellen in der Halle schwarze Banner mit dem Zeichen der weißen Hand zu sehen, und Oronêl glaubte auch auf mehreren Orkrüstungen das gleiche Zeichen zu erkennen. Er dachte an Gûldraks Truppe zurück, bei denen die weiße Hand auffällig abwesend gewesen war. Irgendein unsichtbarer Konflikt zwischen Saruman und Mordor war hier im Gebirge weiterhin im Gange, und er wusste nicht, wem er dabei den Sieg wünschen sollte.
Während er von oben auf die Orks hinab blickte, wünschte Oronêl sich, Mathan wäre an seiner Seite. Auf Mathans Schwert könnte er sich immer verlassen.
"Was glaubst du, wie wir dort hindurch kommen?", wisperte Haleth, die ihr erbeutetes Orkschwert fest umklammerte. "Ich glaube kaum, dass wir uns durch so viele Orks unbeschadet hindurchkämpfen können."
"Und wir wissen nicht, wie die Situation draußen aussieht", fügte Oronêl ernst hinzu. Er spähte wieder durch das Fenster hinunter in die Halle. "Der Durchgang, der uns am nächsten ist, scheint zumindest auf dieser Seite unbewacht zu sein", stellte er fest.
"Vielleicht gibt es am Ende dieses Ganges eine Treppe, die uns nach unten bringt", schlug Haleth vor, und Oronêl stimmte zu.

Am westlichen Ende der Galerie befand sich eine nach oben und unten führende Treppe, die allerdings teilweise eingestürzt war. Die ersten zwei, drei Stufen waren noch ohne Probleme begehbar, doch danach verengte sich die Treppe durch die Trümmer immer stärker bis Oronêl, der vorangegangen war, vor einem schrägen, äußerst schmalen Spalt stehenblieb. Nur vielleicht einen halben Meter weiter öffnete sich der Spalt wieder und soviel Oronêl erkennen konnte, war die Treppe darunter fürs Erste frei.
"Glaubst du, du kommst dort hindurch?", fragte er Haleth im Flüsterton. Er glaubte, dass er mit etwas Mühe hindurch passen würde, doch bei Haleth war er sich nicht sicher. Haleth spähte an seiner Schulter vorbei nach vorne, und schien einen Augenblick zu überlegen. "Ich... denke schon", antwortete sie schließlich ein wenig unsicher. "Vielleicht wirst du mich ziehen müssen, aber..." Sie blickte über die Schulter zurück, bevor sie den Satz zu Ende brachte: "Lieber quetsche ich mich durch diesen Spalt als einen anderen Weg zu suchen."
"Also gut", meinte Oronêl, bevor er sich seitwärts in den Spalt drückte. Der Fels umschloss ihn, und für einen kurzen Augenblick schien der Spalt enger zu werden als er geglaubt hatte. Eine Welle von Panik überkam ihn, und der Gedanke, dass er für immer in dieser Finsternis bleiben und niemals Sonne und Sterne wiedersehen würde, doch mit einer letzten Anstrengung kam er auf der anderen Seite des Spalts wieder frei. Ein wenig zerschrammt und mit teilweise eingerissener Kleidung blickte er zurück, und bedeutete Haleth, nachzukommen. Sie folgte ihm, flach gegen den Stein gedrückt, doch plötzlich blieb sie stecken. Ihr linker Arm, der bereits die andere Seite erreicht hatte, tastete blind in Oronêls Richtung, und er griff zu und zog. Langsam bewegte sie sich, bis schließlich ein lautes Reißgeräusch ertönte, der Widerstand verschwand und Haleth auf die andere Seite taumelte. Ihr Haar war voller Steinstaub und sie war ebenso zerkratzt und ihre Kleidung eingerissen wie Oronêl, doch ihr fehlten zusätzlich der rechte Stiefel und ein guter Teil ihres Hosenbeins.
"Nach alldem stiehlt mir diese verfluchte Höhle auch noch meinen Stiefel", murmelte sie vor sich hin, bevor sie mit dem Arm im Spalt herumzutasten begann. Trotz der Umstände musste Oronêl über ihre Entrüstung lächeln, und nur kurze Zeit später zog Haleth mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck den verlorenen Stiefel zwischen den Felsen hervor. Nachdem sie ihn wieder angezogen hatte, legte Oronêl ihr kurz eine Hand auf die Schulter und fragte: "Alles in Ordnung? Können wir weiter?"
Haleth atmete tief durch, und nickte dann. "Keine andere Wahl als weiter. Ich schwöre dir, wenn ich hier heraus bin setze ich nie wieder einen Fuß in irgendeine Höhle...."
Der untere Abschnitt der Treppe stellte sich als problemlos heraus, und so erreichten sie nur einen Augenblick später die Eingangshalle von Moria. Vorsichtshalber duckten sie sich hinter einige Felstrümmer, die offenbar von den Orks beiseite geschafft worden waren als sie die Ausgänge in die zerstörten Tore geschlagen hatten. Die nächste Gruppe Orks lagerte nur einige Meter entfernt, doch sie waren zum Glück gerade mit sich selbst beschäftigt - offenbar war ein Streit unter ihnen ausgebrochen, und während sich die Streitenden schubsten und gegenseitig Hiebe versetzten, feuerten die übrigen sie an.
"Eine besser Ablenkung können wir uns nicht wünschen", flüsterte Haleth. Oronêl nickte. "Also los." In geduckter Haltung huschten sie über die freie Fläche in Richtung des Tunnels, der sie nach draußen bringen würde, anscheinend unbemerkt. Am äußeren Ende des Tunnels standen jedoch zwei Orks Wache. Oronêl blickte Haleth, die bereits ihr Orkschwert in der Hand hatte an, und versuchte ihr mit Handzeichen deutlich zu machen, den rechten der Orks lautlos zu töten, während er gleichzeitig den linken übernehmen würde. Offensichtlich hatte sie verstanden, denn sie packte das Schwert fester und nickte. Nebeneinander schlichen sie voran, und griffen schließlich gleichzeitig an. Haleth drückte mit einer flüssigen Bewegung den Kopf ihres Opfers nach vorne und rammte dem Ork im selben Atemzug das Schwert von hinten in den Nacken. Der Wächter konnte gerade mal ein ersticktes Gurgeln von sich geben, bevor sie ihn sanft und lautlos zu Boden gleiten ließ. Oronêl hatte weniger Glück - er hatte seinem Wächter den Dolch in den Rücken gerammt, doch offenbar sein Herz verfehlt. Bevor er es geschafft hatte, dem Ork die Hand auf den Mund zu drücken und die Kehle durchzuschneiden, stieß dieser ein schrilles Quieken aus, das abrupt verstummte. Hinter ihnen verstummten ebenso abrupt die Geräusche der Orks in der Halle, und Oronêl tauschte einen raschen Blick mit Haleth, bevor sie beide zu rennen begannen.

Oronêl und Haleth nach Eregion

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