Qúsay von der HauptstraßeMarwans Haus war ein prachtvolles Exemplar eines gondorischen Herrenhauses. Der ursprüngliche Eigentümer muss ein reicher Kaufmann gewesen sein. Eine hübsche, junge Sklavin, ihres blonden Haares und ihrer hellen Haut nach zu Urteilen aus dem Norden stammend, begrüßte ihn und führte ihn die Treppe hinauf in ein mit einem Kamin beheizten großen Speisesaal. Er sah sich um, die Fenster und die meisten Türen waren geschlossen. Die Sklavin wollte gerade die letzte Tür, durch die sie gerade gekommen waren, schließen. Qúsay drehte sich um und sagte: „Warte, lass’ die Tür offen.“ Sie blickte zu Marwan, der einfach nur nickte. Sie senkte ihren Kopf und verließ den Raum.
Marwan saß bereits zu Tisch, stand aber auf um Qúsay zu begrüßen. Dann nahm er wieder Platz und deutete Qúsay an, sich ihm gegenüber zu setzen. Qúsay tat, wie ihm geheißen und sezte sich. Schon betraten einige Sklaven den Raum und brachten Fladenbrot, Hammelfleisch, Datteln und Reis. Qúsay wurde als Gast nach Sitte der Haradrim als erstes bedient, nahm sich Fleisch und Brot und wartete bis sich Marwan ebenfalls genommen hatte. Bevor Qúsay sprechen konnte nahm bereits Marwan das Wort in den Mund: „Immer noch das alte Problem?“ Qúsay starrte ihn an, er wusste nicht was Marwan meinte. „Die Tür“, fügte dieser hinzu. „Ach das meinst du“, antwortete Qúsay. „Wie soll das auch besser werden. Außerdem ist es immer gut, wenn man einen Fluchtweg offen hat.“ Marwan winkte ab. „Das redest du dir doch nur ein.“ „Vielleicht – ich denke nicht, dass wir das jetzt weiter diskutieren sollten. Nun denn wie…“
Schritte unterbrachen ihn. Die blonde Sklavin hatte den Raum betreten und trug einen Krug verdünnten Wein herein. „Rede ruhig weiter, die verstehen unsere Sprache nicht!“ sagte Marwan. Er bemerkte wie Qúsay sie anstarrte. „Sie gefällt dir, hm?“ Er wandte sich an die Sklavin und sprach in feinstem Westron. „Thjódbjörg, bereite dem Herrn Qúsay, ein Zimmer zur Nacht, er wird bei uns übernachten.“ Sie nickte und wollte bereits gehen. „Und er wünscht dass ihr ihm heute Nacht Gesellschaft leistet.“ Thjódbjörg blickte zu Boden und antwortete leise: „Ja, Herr.“, und verließ den Saal. „Das war nicht nötig, Marwan“, sagte Qúsay. „Doch, das war es. Es wäre um die viel gerühmte Gastfreundschaft Marwans geschehen, wenn sich herumsprechen würde, dass er einem seiner ältesten und besten Freunde nicht einmal eine seiner Sklavinnen anbieten würde…Du kannst sie im Übrigen behalten.“ „Danke.“, sagte Qúsay nickend, „ nun denn, wie sieht es aus?“
„Nun viele, der hier stationierten Kommandeure, sind auf unsere Seite, ich denke wenn es zu einer Entscheidung kommt werden wir etwa dreieinhalbtausend Mann aufbieten können, und etwa Zehntausend wenn wir in Harad sind.“
„Was ist mit den Gondorern?“
„Eine Arme von etwa Dreitausend Mann marschiert von Dol Amroth aus in unsere Richtung. Ich habe den anderen Kommandeuren geraten sie in der Stadt zu erwarten. Aber sie hören auf mich, von daher ist das noch nicht in Stein gemeißelt.“
„Gut. Dann werden wir ihnen eine Nachricht zusenden müssen. Das ist die perfekte Gelegenheit unser Vorhaben durchzuziehen.“
„Aber, Qúsay, wie willst du den Gondorern eine Nachricht zukommen lassen ohne dass es auffällt.“
„Du hast doch immer noch meinen Jagdfalken, oder?
„Ja, aber…“
„Ist er hier?
„Ja schon, aber du weißt, dass er nicht dazu geeignet ist Briefe auszutragen. Als wir das, das letzte Mal ausprobiert haben, hat er Dawud das Gesicht verkratzt.“
„Ich will ihn ja auch nicht als Brieftaube verwenden. Aber wenn ich auf der Beizjagd bin und mir mein gondorischer Sklave abhaut. Ist das doch einfach nur Pech.“
Marwan grinste. „Das ist ein guter Plan, aber er hat einen Haken: Du hast keinen gondorischen Sklaven.“
„Noch nicht.“
Einen Moment lang schwiegen sie. Dann sah sich Qúsay das Essen an. „Nun jetzt sollten wir aber mal anfangen zu essen, es wäre doch schade das gute Essen verkommen zu lassen.“
Nach einer Stunde, die Qúsay und Marwan natürlich nicht nur mit Essen sondern auch mit anderen Gesprächsthemen zugebracht hatten, ging Qúsay auf sein Zimmer auf dem ihn Thjódbjörg bereits auf ihn wartete. Da das Fenster offen war, und der Raum auch an sich geräumig, schloss er die Tür hinter sich und legte seinen Schwertgurt ab. Die Sklavin saß ängstlich auf seinem Bett, nur noch mit ihrem Unterkleid bekleidet und starrte mit einem leeren Blick nach unten. Als sie Qúsay bemerkte stand sie auf und wollte sich auch ihres Unterkleides entledigen, wurde aber von Qúsay gestoppt. Er versuchte ihr in die Augen zu blicken sie weichte seinen Blicken jedoch immer wieder aus.
„Sieh mich an!“ sagte Qúsay mit einer ruhigen Stimme. „Sieh mich an. Hörst du ich werde nichts mit dir machen, was du nichts willst. Du hast nichts zu befürchten. In Ordnung?“
Sie sah ihn kurz an, nickte und senkte dann wieder den Kopf. „Komm setz dich.“ Er ließ sie sich auf die Bettkante setzen, dann öffnete er die Tür und winkte einen Sklaven, der auf dem Flur ging, herbei. „Bring uns doch bitte eine Krug Wein…“ er hielt kurz inne, blickte zu Thjódbjörg und fügte noch hinzu: „unverdünnt.“ Der Sklave nickte und ging. Nach ein paar Minuten kam dieser mit einem Krug Wein und zwei Bechern zurück. Qúsay nahm Becher und Krug, stellte die Becher auf einen kleinen Tisch und schank Wein in die Becher ein. „So nachdem du mir Wein gebracht hast, ist es nur billig dir ebenfalls Wein anzubieten.“ Sagte er und reichte Thjódbjörg einen Becher mir Wein. Sie lächelte kurz und nahm den Becher an. „Thjódbjörg? Ja?“ Sie nickte. „Gut, sag wo kommst du her?“ Sie antwortete, aber so leise das Qúsay sie nicht verstand. „hm?“ Sie nahm einen Schluck und sagte dann, „Thal.“
„Thal, aha, aus dem Norden, und war es schön da?“
Sie nickte. „Ja, bis…“ Ihre Stimme versagte wieder.
„bis Saurons Armee kam“, beendete er ihren Satz, „nun da haben wir auch schon etwas gemeinsam. In Harad war es auch schön bis Saurons Armee kam.“
Sie starrte ihn fragend an. „Ja, ich bin nicht unbedingt ein Freund Saurons. Sagens wir es so, wenn Sauron alle seine Feinde persönlich kennen würde, hätte ich milde ausgedrückt ein Problem. Aber er kennt nicht alle seine Feinde, und das ist auch gut so. Auch wenn in naher Zukunft die Zeit gekommen sein wird, in der ich und die Haradrim die auf meiner Seite stehen sich offen gegen ihn stellen werden. Aber das muss gut vorbereitet werden.“
Er blickte sie an. „Nun leg dich schlafen.“
Thjódbjörg stand auf und ging zur Tür.
„Was ist los?“, fragte Qúsay verwundert.
„Ich soll doch schlafen gehen“
„Ja, aber hier ist doch ein Bett“, sagte er auf das Bett deutend, „Du brachst nicht auf dein Zimmer zu gehen.“
„Aber das ist doch euer Bett.“
Qúsay winkte ab. „Nein ich bin sicher dieser Stuhl dort ist genauso bequem für mich. Ich habe die letzen Tage nur im Sattel gesessen und geschlafen, damit bin ich schlimmeres gewohnt.“
Er nahm den Stuhl in der Ecke und stellte ihn neben das Bett, in das nun Thjódbjörg kroch. Dann setzte er sich auf den Stuhl, zog seine Stiefel aus und legte seine Beine so auf das Bett, dass sie Thjódbjörg nicht stören würden.
Am nächsten Morgen saßen Qúsay und Marwan zusammen beim Frühstück.
„Nun es war recht still in deinem Zimmer gestern Nacht, Qúsay. War etwas nicht in Ordnung?“
„Nein alles in Ordnung!“ antwortete Qúsay. Auf Marwans fragenden Blick erwiderte er schließlich: „Du weißt für den Beischlaf braucht es immer Zwei, und du weißt auch dass es nur halb so erfüllend ist, wenn nur eine Hälfte will. Oder?“
Marwan blickte überlegend umher, sichtlich bemüht etwas zu finden um das Thema zu wechseln. „Was unsere Beredung gestern Abend angeht hast du Glück. Wir haben heute Nacht einige Gondorer gefangen genommen.“
„Was? Wie?“
„Wie es scheint hatten sie die wahnwitzige Idee einige gefangene Frauen zu befreien. Die Überlebenden sind jetzt im Kerker bis nächste Woche die Sklavenhändler aus Umbar kommen.“
„Das heißt nächste Woche findet ein Sklavenmarkt statt?“
Marwan nickte.
„Gut dann haben wir ab nächster Woche eine Boten, ich meine natürlich Jagdgehilfen.“