Helden Mittelerdes scheint mir ein sehr gelungenes Gameplay zu haben und sich von optisch ähnlichen Spielen durchaus abzugrenzen. Der Spieler muss jede Runde neue essenzielle Entscheidungen fällen. Zufall steckt den Rahmen ab, z.B. welche Starthelden man erhält und wie sie zum Rest der gezogenen Helden passen, doch wie sich die Spieler an diese Bedingungen anpassen, bleibt ihnen überlassen. Letztlich gewinnt Strategie statt Glück, die außerdem immer neu ausgearbeitet werden muss.
In der einen Ecke des Feldes kann sich eine bestimmte Weise zu starten dramatisch mehr lohnen, als in einer anderen. So ist z.B. der gesamte Westen der Karte voller natürlicher Barrieren, und die Provinzen sind viel kleiner, als im Osten – hier startete ich beide Male, die ich gespielt habe, und beide Male (als einziger) mit meinen beiden Helden in unmittelbarer Nähe. Das war einmal Erestor / Großork, und im zweiten Spiel Saruman / Theoden der Korrumpierte. Wie ich später begriffen habe, war dies eine Risiko-Strategie, die einmal sehr schön aufging (im ersten Spiel erlangte ich Platz 2 von 4, und hey meine erste Runde
) und im zweiten Spiel gnadenlos scheiterte (ich verkam zu einem lokalen Ärgernis, während die übrigen Spieler weiter östlich ihre gewaltigen Schlachten austrugen. Null Punkte für mich
)
Kurz gesagt: Es geht in Helden Mittelerdes um ein durchdachtes Macro, während das konkrete Geplänkel stark vom Würfel gesteuert wird.
Alle Helden und Fähigkeiten erscheinen mir ziemlich feelingreich. Die Beliebtheit einer Fähigkeit, oder Skillung (ja, es gibt mehrere Skill Trees) variiert dramatisch: Belagerungshammer oder Banner sind Fähigkeiten, die einen Helden extrem vielseitig machen können, egal wie schwach er ist. Der Palantir dagegen scheint nur sehr selten eingesetzt zu werden. Aber der springende Punkt ist: Keine Fähigkeiten, keine Möglichkeiten doppeln sich. Für alles gibt es den idealen Einsatzbereich, sei er nun massenweise anzutreffen oder in einem von zehn Spielen.
Wesentliche Kritikpunkte:
- Zufälligkeiten im Gewinn neuer Helden minimieren. Immer wieder ärgerlich, wenn Spieler A Gwaihir bekommt und Spieler B einen kleinen Goblin.
Aber so etwas entscheidet weniger, als man meinen könnte, da Helden die meiste Zeit über andere Dinge tun, als zu kämpfen.
- Das Punktesystem belohnt militärische Expansion, aber nur selten die siegreiche Verteidigung.
- Die Karte und sämtliche Fähigkeiten im Spiel können einen spielmechanischen Feinschliff vertragen. Ich rede nicht von trivialem Balancing wie „A stärken, B schwächen“. Sondern ein gründliches, systematisches Erwägen aller Faktoren des Gameplay, ihrer möglichen Synergien und ihrer möglichen Probleme. Beispielsweise meinte Cirdan selber, es sei nicht wirklich fair, dass man sich im Nordosten der Karte so rasend schnell ausbreiten kann.
- Wenn es dazu kommt, dass Smaug den Erebor besetzt und ein Spieler dort seine Hauptstadt eingerichtet hat, dann sollte Smaug jede Runde die Stadt attackieren statt sie vor Feinden zu bewachen. Man stelle sich vor, Smaug kommt im Film an und verspricht den Zwergen sie ab heute gegen Sold zu beschützen. Also bitte