Zweiter Teil: Die Sieben Schwestern
Anfang 3010 D.Z., QuafsahNarissa zerrte an der Hand ihrer Mutter, versuchte sie dazu zu bringen, schneller zu gehen. Sie wollte möglichst schnell zu den Weissagern vor der Stadt, denn es hieß, dass sie jeden Tag um diese Zeit die Zukunft eines Mädchen öffentlich vorhersagten... und da heute ihr Namenstag war, kam dafür ja wohl nur sie selbst in Frage.
Aber dazu musste sie die Weissager erst einmal rechtzeitig erreichen, und ihre Mutter machte das nicht gerade einfach.
"Jetzt komm schon!", quengelte sie, und zog wieder an der Hand ihrer Mutter.
Herlenna lächelte, allerdings irgendwie gequält, und erwiderte: "Ich komme doch schon, meine Kleine. Warum hast du es denn so eilig?"
Narissa blickte kurz zu Boden, und sagte dann: "Ich möchte einfach nur diese Weissager sehen, und nicht hier auf der Straße herumstehen."
Mutter nickte langsam, und irgendwie hatte Narissa das Gefühl, dass sie ihr kein Wort glaubte. Sie hatte ihrer Mutter nämlich nichts davon erzählt, dass sie ihr Schicksal vor allen anderen hervorsagen lassen wollte, denn dann wäre sie erst recht nicht mit ihr hingegangen.
Es war so schon schwierig genug gewesen, sie von diesem Ausflug zu überzeugen.
"Aber Mutter..." "Nein, habe ich gesagt. Diese sogenannten Weissager machen nur Ärger und erregen Aufsehen. Du weißt doch, dass wir kein großes Aufsehen erregen können."
Narissa verdrehte die Augen. Wie oft hatte sie das jetzt schon gehört? "Aber Yana war auch da, und sie haben überhaupt keinen Ärger gemacht." Yana war die Tochter des Händlers, der neben dem Halbmond seinen Laden hatte, und Narissas beste Freundin. "Und außerdem ist morgen mein Namenstag, da darf ich mir etwas wünschen, und ich wünsche mir, dass du mit mir zu diesen Weissagern gehst!" Sie verschränkte die Arme, und blickte ihre Mutter triumphierend an.
Herlenna seufzte und strich sich das Haar aus dem Gesicht. "Ich finde immer noch, dass es keine gute Idee ist. Außerdem hast du schon wieder die Läuse, da sollte man nicht unter Leute..." Ein Blick in Narissas Gesicht bewahrte sie davor, weiterzusprechen.
Es stimmte, nur zwei Tage zuvor hatten ihre Eltern ihr wieder den Kopf rasieren müssen. Die Läuse würde sie wohl niemals loswerden, denn wie oft ihre Mutter ihren Kopf auch mit den verschiedensten Mitteln behandelte, sie kehrten doch immer wieder, und dann musste sie sich wieder den Kopf rasieren lassen.
Zunächst war es Narissa unangenehm gewesen, als sie festgestellt hatte, dass es anderen Mädchen nicht so ging, doch mit der Zeit begann sie, die Aufmerksamkeit insgeheim zu genießen - gewissermaßen auch als kleine Rebellion gegen ihre Mutter, die immer predigte, so wenig Aufsehen wie möglich zu erregen.
"Lass sie doch, was kann dieser kleine Spaß denn schon für Schaden anrichten?", mischte sich Yaran, ihr Vater - nein, ihr Adoptivvater - ein. Der Blick, den ihre Mutter ihm daraufhin zuwarf, schien ihm gar nicht zu behagen, doch Narissa witterte ihre Chance. "Ja, was kann schon passieren? Yana war doch gestern auch dort, und es ist überhaupt nichts passiert."
Herlenna seufzte und meinte dann: "Na gut, meinetwegen. Weil doch morgen dein Namenstag ist."
Mittlerweile hatten Mutter und Tochter das Tor erreicht, und verließen Qafsah. Draußen schien es Narissa, als ob ihre Mutter einmal tief durchatmete, so als sei sie unmittelbar einer Gefahr entronnen, doch sie konnte sich keinen Reim darauf machen.
Bald schon hatten sie die Zelte der Weissager erreicht, vor denen eine kleine Bühne errichtet war. Auf der Bühne stand eine Frau, die ein wenig älter als Mutter zu sein schien, und sprach zu Menge.
Gerade als Narissa und ihre Mutter die Bühne erreichten, fragte sie: "Ist denn heute ein Mädchen unter euch, dass seinen Namenstag hat?" Sofort riss Narissa sich von der Hand ihrer Mutter los, und rief: "Ja, hier!"
Die Frau wandte sich zu ihr um, und lächelte ihr zu. Hinter sich hörte sie ihre Mutter aufkeuchen. "Du hast heute also Namenstag, mein Kind?", fragte die Weissagerin, und fuhr fort, als Narissa stürmisch nickte: "Na, dann komm mal hoch zu mir."
In diesem Moment fasste Herlenna sie an der Schulter und zischte: "Narissa, bleib hier!", doch sie entwand sich dem Griff und eilte die Stufen zur Bühne hinauf. Sie wusste, wenn sie wieder unten war, würde sie einiges zu hören kriegen, doch gerade jetzt, in diesem Moment, war es ihr gleichgültig.
"Und mein Kind, wie heißt du denn?" Narissa blickte der Frau in die Augen, und für einen kurzen Augenblick hatte sie das seltsame Gefühl, die Weissagerin wüsste bereits genau, wer sie war, und wie sie hieß. "Ich bin Narissa, Tochter der...", sagte sie, möglichst laut und deutlich, verstummte jedoch, als sie der flehende Blick ihrer Mutter traf. Sie biss sich auf die Zunge, und ihr kam wieder in den Sinn, was sie versprochen hatte: Kein Aufsehen erregen!
Für einen Moment war es still, doch dann sagte die Weissagerin leise: "Nun gut, dann komm mit mir.", legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie auf der Rückseite von der kleinen Bühne.
"Aber... ich dachte...", stammelte Narissa, und verrenkte sich den Hals, um nach ihrer Mutter zu sehen.
Sie erreichten eines der Zelte und betraten es. "Du dachtest, ich würde dir die Zukunft oben auf der Bühne vorhersagen, vor diesen ganzen Leuten? So war es doch, hm?" Sie setzte sich auf einen Kissen, und deutete Narissa, sich ihr gegenüber zu setzen. Aus dem Augenwinkel erkannte Narissa, wie sich vor dem Zelt zwei Gestalten postierten... Gestalten mit Lanzen. Langsam spürte sie, wie ihr die Angst die Kehle hoch kroch. Zögernd setzte sie sich.
Die Frau hatte ihren Blick bemerkt und lachte leise. "Du brauchst keine Angst zu haben, kleine Narissa, ich will dir nichts tun, im Gegenteil. Ich kenne dich schon sehr, sehr lange, auch wenn du es nicht weißt, und das letzte was ich will, ist dir zu schaden."
Das verstand Narissa nicht, doch vielleicht war es das, was eine echte Weissagerin auszeichnete: Sie kannten alle Menschen, weil sie alle Menschen in ihren Visionen sahen. Das musste es sein!
"Dann... dann habt ihr mich in einer Version gesehen?", fragte sie aufgeregt, die Angst vergessen.
Die Frau schüttelte langsam den Kopf. "Eigentlich nicht. Als ich sagte, ich kenne dich schon sehr lange, meinte ich eigentlich, dass ich dich seit deiner Geburt kenne. Deine Mutter wird es dir nie erzählt haben, denn sie hat nicht viel für uns über, aber ich war es, die dich auf die Welt geholt hat. Mein Name ist Elyana vom Bund der Sieben Schwestern, und du bist Narissa, Tochter der Herlenna... aber nicht des Yaran. Ah, das wusstest du schon, wie ich sehe, sonst würdest du nicht so ruhig bleiben."
Narissa blinzelte. Das war noch aufregender, als sie sich diesen Ausflug vorgestellt habe. Aber Moment: "Woher wisst ihr das? Ich meine, dass Yaran nicht mein wirklicher Vater ist?"
"Nun, es gibt Dinge... die ich weiß, und viele Dinge, die ich ahne und mir zusammenreimen kann. Aber eins ist sicher: Du bist etwas Besonders, Narissa, und deshalb wollte ich auch hier mit dir reden, allein."
Narissas Mund war vor Aufregung ganz trocken. "Ich bin... etwas Besonderes? Ihr meint, wie eine verschollene Prinzessin, oder so etwas?"
Für einen winzigen Augenblick schien Elyana überrascht, fing sich aber schnell wieder und erwiderte: "Im Grunde ist jeder Mensch etwas Besonderes." Als sie Narissas enttäuschten Blick bemerkte, fuhr sie rasch fort: "Aber du... nun, man könnte es so ausdrücken: Du bist ein wenig besonderer als die meisten anderen. Du bist wichtig."
Narissa strahlte, erinnerte sich dann aber daran, warum sie eigentlich hier war, und bat: "Könnt ihr mir etwas über mein Schicksal verraten, Elyana von den Sieben Schwestern?"
Elyana lächelte triumphierend, und erwiderte: "Ich kann und ich werde. Aber vorher wisse eines: Ich spüre, wie sich die Wellen heben. Eine Flut kommt, und ein großer Sturm. Beides wird über Harad hinwegfegen, und danach wird vieles anders sein als zuvor. Ich kann nicht alles sehen, doch du wirst eine wichtige Rolle spielen in dem was kommt. Dein Haar", schloss sie sehr abrupt.
Narissa blinzelte überrascht, und meinte: "Mein Haar? Was ist damit?" Sie fuhr sich unsicher über den Kopf, auf dem bereits wieder ein weicher Flaum zu fühlen war.
"Ja, Mädchen, dein Haar.", sagte Elyana ungeduldig. "Welche Farbe hat es, wenn du gerade nicht so verunstaltet bist wie jetzt?"
Narissa blickte sie gekränkt an, noch nie hatte ein Erwachsener das zu ihr gesagt, aber sie antwortet: "Nun... dunkel, denke ich." Aber mit einem Mal war sie sich unsicher.
Elyana lächelte sanft. "Nein. Dein Haar ist weiß, und war es schon von Geburt an. Ich habe es selbst gesehen, und auch jetzt kann man, wenn man genau hinschaut, die Farbe erkennen. Deine Eltern sind kluge Menschen, dass sie deine wahre Haarfarbe verbergen. Du darfst niemandem davon erzählen!"
"Und warum nicht?", fragte Narissa, ein wenig trotzig, denn Geheimnisse waren doch am schönsten, wenn man sie mit jemandem teilen konnte.
"Weil es gefährlich ist. Und bevor du jetzt sagst, dass ich wie deine Mutter klinge: Deine Mutter mag in einigen Dingen zu misstrauisch sein, aber in dies Punkt hat sie Recht. Nein, ich kann dir die wahren Gründe jetzt nicht verraten.", meinte sie, als Narissa den Mund zu eben dieser Frage geöffnet hatte. "Nur so viel: Leute mit deiner Haarfarbe sind selten, sehr selten, und was selten ist, ist zu diesen Zeiten nicht gerne gesehen. Es ist schon Menschen für geringeres Leid angetan worden."
"Aber...", setzte Narissa an, doch Elyana schnitt ihr das Wort ab. "Nichts aber. Du weißt, was du wissen musst, jedenfalls zu diesem Thema. Zum anderen kommen wir jetzt. Kennst du die Geschichte von den Sieben Schwestern?"
Narissa schüttelte den Kopf. "Dann werde ich sie dir erzählen..."
Einst, vor langer Zeit, herrschten sieben mächtige Wesen über die Welt. Sie waren Schwestern, die Töchter eines großen Gottes, des Königs außerhalb der Welt. Sie herrschten gut, gerecht und weise, und jedem Lebewesen, klein oder groß, ging es gut unter ihrer Herrschaft.
Doch eines Tages stieg ihr Bruder vom Himmel herab. Er war neidisch auf die Macht und Schönheit seiner Schwestern, doch er war nicht stark genug, sie ihnen zu nehmen. Also versteckte er sich, hoch im Norden der Welt, und er nahm Wesen, die schon auf der Welt wandelten, denn er selbst konnte kein Leben erschaffen, und verstümmelte und veränderte sie. So züchtete er sich schließlich eine Armee, die für ihn eine große Festung baute, verborgen vor den Blicken der Schwestern.
Tief in den Hallen dieser Festung setzte er seine Arbeit fort, und züchtete immer grauenhaftere und mächtigere Wesen heran. Eines Tages war alles bereit, und er brach mit seiner Armee aus seiner Festung hervor, nannte sich König der Welt, und überzog die Sieben Schwestern mit Krieg. Seit diesem abscheulichen Verrat ist sein Name aus der Welt getilgt, und niemand kann sich mehr an ihn erinnern.
Aber seine Armee war groß und für den Kampf gerichtet, und bei all ihrer Macht verfügten die Schwestern doch über keine bewaffneten Heere, denn unter ihrer Herrschaft hatte Frieden in der Welt geherrscht.
So wurden die Schwestern von der dunklen Armee ihres verräterischen Bruders immer weiter zurückgedrängt, und alle, die unter ihnen in Freiheit gelebt hatte, wurden getötet und versklavt.
Als die Lage der Schwestern immer verzweifelter wurden, und sich der Ring der Feinde immer enger um sie schloss, griffen sie schließlich zu ihrer letzten, verzweifelten Maßnahme: Sie boten all ihre Macht auf, und griffen vereint ihren Bruder an. Inzwischen waren sie ihm selbst zu siebt nicht mehr gewachsen, denn mit jedem Sieg seiner Heere war seine Kraft gewachsen, und mit jedem Land, das an ihn gefallen war, war ihre Macht geschwunden. Doch die Schwestern wussten das, und so gingen die den Kampf mit List an. Niemand weiß heute mehr, was während dieses Kampfes geschah, doch am Ende siegten die Schwestern, und stießen ihren Bruder aus der Welt.
Doch ihr Sieg hatte seinen Preis, denn sie mussten sicherstellen, dass der nie wiederkehrte. So verteilten sie sich am Himmelsgewölbe, und bewachten den Übergang zum Nichts außerhalb der Welt, damit ihr Bruder für immer dort blieb.
Zurück blieben leider die verbliebenen seiner Heere, und auch wenn sie sich nach der Verbannung ihres Meisters zerstreuten und versteckten, so sind sie doch noch immer da, und eine ständige Bedrohung für die Kinder der Sieben.
"Doch die Sieben Schwestern scheinen noch immer vom Himmel herab, ein Zeichen der Hoffnung, für alle, die ihnen immer noch dienen.", beendete Elyana die Geschichte.
"Das also sind die Sieben Schwestern, und ich und noch viele andere dienen ihnen. Wenn wir unsere Aufgabe gut erfüllen, werden sie eines Tages wieder auf die Welt herabsteigen, und sie vom Bösen säubern."
In Elyanas Augen brannte mit einem Mal ein Feuer, dass Narissa erschreckte, und sie wich unwillkürlich ein Stück zurück. Zum Glück schien Elyana es nicht bemerkt zu haben, und so fragte sie rascht: "Und was hat das alles mit mir zu tun?"
"Manchmal wählen die Schwestern einen Menschen aus, der Bösen entgegen treten soll. All diese Menschen zeichnen sich durch ein besonderes Merkmal aus... wie deine weißen Haare. Dir steht ein Kampf bevor, Narissa, ein Kampf gegen das Böse, das noch immer im Norden lauert... nur lauert es nicht mehr lange. Bald wird der Sturm losbrechen.
Und für dich wird bald die Zeit kommen, zu der du dich entscheiden musst. Denn du musst wissen, die Schwestern zwingen niemandem ihr Schicksal auf. Es wird ein Moment kommen, in dem du wählen kannst, ob du dem Bösen gegenüber treten, oder ein normales Leben führen willst. Diese Entscheidung ist endgültig, und lässt sich vielleicht mit einem Sprung aus großer Höhe vergleichen. Achte auf den Moment, und wenn er kommt, dann zögere nicht zu springen!
Wenn du es tust, wirst du alles verlassen, was du kennst: Zunächst deine Eltern, dann Qafsah, und zu guter Letzt sogar Harad. Was dann dein weiteres Schicksal ist, kann ich dir nicht sage, doch es kann sein, dass du eines Tages zurückkehren, und Rache nehmen wirst."
Elyana endete, und für einen Moment wusste Narissa nichts zu sagen.
"Rache? Wofür denn? Und an wem?", fragte sie dann.
"Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es vielleicht so sein wird.", antwortete Elyana. Sie blickte Narissa noch einen Augenblick nachdenklich an, und sagte schließlich: "Es ist alles gesagt. Geh, Narissa, Kind der Zeit. Bedenke noch eines: Nicht alles Böse sind Monster, oder man könnte auch sagen: Auch unter Menschen gibt es Monster."
Sie machte eine Handbewegung, und Narissa verließ schnellstmöglich das Zelt, vollkommen verwirrt. Anfang 3010 D.Z., QafsahDraußen vor dem Zelt erwartete ihre Mutter sie bereits. Als sie blinzelnd aus dem Halbdunkel des Zeltes trat, stürzte Herlenna auf sie zu, und schloss sie in die Arme.
"Tu so etwas nie wieder, hörst du?", sagte sie. Narissa war völlig perplex, es war doch nichts gefährliches geschehen - auch wenn sie ein wenig verwirrt von ihrer Begegnung mit Elyana war. Die Frau war ganz anders gewesen, als sie sich eine Weissagerin vorgestellt hatte.
"Was soll ich nie wieder tun?", fragte sie, und löste sich ungeduldig aus der Umarmung ihrer Mutter. "Du musst doch gesehen haben, wo ich war." Sie ließ dabei außer Acht, dass sie sich selbst beim Anblick der Männer, die das Zelt bewachten, gefürchtet hatte. Wo sie gerade an diese Männer dachte: Wo waren sie überhaupt hin? Narissa und Herlenna waren allein vor dem Zelt.
Bevor sie antwortete, warf Herlenna dem Zelt einen nervösen Blick zu, und bedeutete Narissa, ihr zu folgen. Sie gingen zurück in Richtung der Tore, und erst als sie außer Hörweite der Zelte der Weissager, vor denen sich noch andere Menschen versammelt hatten, waren, blieb sie stehen und fragte: "Was hat sie dir erzählt?" Also berichtete Narissa ihr, was Elyana gesagt hatte, so gut sie es konnte, denn ihre Erinnerungen waren merkwürdig verschwommen. Nur den Teil, in dem Elyana ihr gesagt hatte, sie sie etwas Besonderes, und etwas von einer Entscheidung und dem Kampf gegen das Böse, ließ sie aus. Irgendetwas sagte ihr, dass sie dies unbedingt geheim halten musste, auch wenn sie nicht wusste, warum.
Als sie geendet hatte, seufzte Herlenna, kniete sich vor sie hin und fasste sie an den Schultern. "Sie hat Recht, Yaran ist nicht dein leiblicher Vater. Aber das wusstest du bereits, nicht wahr?"
Narissa blickte zu Boden, und sah ihrer Mutter dann in die Augen. "Ja, ich wusste es. Aber was zählt das? Ihr habt es mir nie gesagt!" Plötzlich stiegen ihr Tränen in die Augen. "Und was ist mit meinen Haaren? Warum habt ihr mir nie die Wahrheit gesagt?"
Herlenna setzte sich, mit dem Rücken an eine Palme gelehnt, und zog Narissa an sich. "Du hast Recht, wir hätten dir schon vor einiger Zeit die Wahrheit sagen müssen. Aber was geschehen ist, ist geschehen, und wir können es nicht ändern. Eins solltest du dennoch wissen: Wir haben dir diese Dinge nicht erzählt, um dich zu schützen. Je weniger Leute Bescheid wissen, desto sicherer bist du, und ich bin mir sicher, dass Elyana dir etwas ähnliches erzählt hat. Hättest du immer schweigen können, die niemandem anvertrauen? Früher oder später hättest du mit jemandem gesprochen, oder es wäre dir herausgerutscht. Hättest du deine beste Freundin belügen können?"
Narissa zog trotzig die Nase hoch. "Ja. Ja, ich denke... ich denke schon." Plötzlich verschwand der Trotz, und sie wurde unsicher.
Herlenna blickte sie traurig an. "Du solltest so etwas nicht sagen. Lügen ist keine schöne Angelegenheit, und ich tue es nicht gerne. Lügen sind die Waffen des Schattens, und ich diene ihm nicht."
"Das will ich auch nicht... aber wenn man lügt, um etwas gutes zu tun?"
"Du bist klüger, als gut für dich ist, kleine Narissa. Aber du hast Recht, in Ausnahmefällen kann es etwas Gutes sein, nicht die Wahrheit zu sagen. Verstehst du, warum wir dir nichts gesagt haben?"
Narissa schwieg einen Moment und dachte nach. Dann erwiderte sie: "Ja, ich verstehe es. Und was macht es schon, wenn Yaran nicht mein leiblicher Vater ist? Er war immer wie ein Vater, und ich liebe ihn trotzdem wie meinen echten Vater."
Erleichterung machte sich auf Herlennas Gesicht breit, und sie sagte: "Ich hatte keine Ahnung, das du schon so vernünftig sein kannst. Aber du musst es ihm auch selber sagen, denn es quält ihn schon seit deiner Geburt, dass er nicht dein wirklicher Vater ist."
"Ja... aber ich würde meinen wirklichen Vater wirklich gerne kennen lernen." Noch in dem Augenblick, als sie das sagte, merkte Narissa, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Ein Schatten huschte über das Gesicht ihrer Mutter, und sie antwortete: "Nein. Nein, das würdest du nicht. Bitte, erwähne ihn nicht wieder."
Narissa wollte gerade widersprechen, doch ein Blick auf die Miene Herlennas sagte ihr, dass das keine gute Idee war. Also schwieg sie.
Nach einem Moment, den sie beide schweigend dagesessen hatten, erhob sich Herlenna schließlich und zog ihre Tochter mit hoch.
"Komm, wenn wir noch länger fortbleiben, wird dein Vater sich Sorgen machen."
Narissa nickte, und so machten sie sich auf den Weg.
Noch bevor sie die Stadt wieder betreten hatten, fragte sie: "Und was ist mit den sieben Schwestern, von denen Elyana mir erzählt hat? Ist die Geschichte wahr?"
"Nein, aber mit dieser Geschichte verhält es sich so wie mit fast allem, was Elyana erzählt: Sie hat einen wahren Kern, doch in ein Gewand aus Veränderungen und Lügen gekleidet, und mit der Zeit hat sie sich durch die Überlieferungen immer weiter gewandelt. Wenn du willst, werde ich dir irgendwann die Wahrheit über die erzählen, die Elyana die Sieben Schwestern nennt."
Sie erreichten das Tor, und betraten die Stadt, unbehelligt von den Wachen. Doch als sie die Straße an der der "Halbmond" lag, blieb Herlenna plötzlich stehen. Sie musste etwas seltsames gesehen haben, doch als Narissa neugierig um die Ecke spähen wollte, hielt ihre Mutter sie zurück, indem sie sie an der Schulter packte. Ihr Griff war hart wie ein Schraubstock, und Narissa keuchte vor Überraschung auf.
Dann wandte Herlenna sich zu ihre um, und streifte sich mit der freien Hand das Medaillon, dass sie immer um den Hals trug, über den Kopf. Sie hängte es Narissa um, und sagte: "Meine Kleine, du musst jetzt genau das tun, was ich dir sage."
Narissa nickte, die Augen weit aufgerissen. Irgendetwas war falsch, furchtbar falsch.
"Du verlässt die Stadt, auf dem selben Weg, wie wir gekommen sind. Aber wenn du durch das Tor gehst. Aber geh dann nicht nach links, sondern wende dich nach rechts. Geh immer geradeaus, und folge nicht der Mauer, wenn sie einen Bogen macht. Nach einiger Zeit wirst du zu einer Oase kommen, in der mehrere Zelte stehen. Dorthin gehst du, und fragst nach Níthrar. Zeig ihm das Medaillon, und gib ihm diesen Brief von mir." Herlenna griff in ihre Tasche, und gab Narissa ein zusammengerolltes Stück Papier. "Du bleibst dort, bis ich dich holen kommen, hast du verstanden?"
Narissa nickte, und Herlenna küsste sie zum Abschied auf die Stirn.
"Nun geh, und schau dich nicht um. Ich komme die bald holen."
Narissa wandte sich um, und ging. Sie schaute nicht zurück, obwohl es ihr unendlich schwer fiel.
Anfang 3010 D.Z., In der Nähe von QafsahUnbehelligt verließ Narissa die Stadt, und tat, wie Herlenna ihr geheißen hatte. Die Sonne brannte heiß herunter, und schon bald plagte sie der Durst, doch sie sah sich nicht um. Sie hatte es schließlich versprochen.
Schließlich, sie musste schon eine Meile gegangen sein, sie hinter einer nahen Düne einige Palmen erspähte. Das musste es sein, und tatsächlich, als sie die Düne schließlich heruntergestolpert war, sah sie ganz deutlich die Oase, die ihre Mutter erwähnt hatte, vor sich.
Um den von Palmen und niedrigen Büschen umstandenen Teich gruppierten sich mehrere Zelte, es mussten ungefähr ein halbes Dutzend sein. Bevor sie die Zelte allerdings erreichen konnte erhoben sich zwei Männer, mit Krummschwertern bewaffnet, aus dem Schatten der Palmen.
"Halt!", sagte der eine, und bedeutete ihr, stehen zu bleiben.
"Es ist doch nur ein kleiner Junge. Keine Gefahr.", meinte der andere beruhigend.
"Ich bin kein Junge!", fuhr Narissa empört dazwischen. "Ich bin ein Mädchen!"
Die Männer grinsten sich an, und der erste fragte, nun deutlich weniger unfreundlich: "Und was tust du hier, kleines Mädchen, so weit weg von zu Hause?"
"Ich..." Narissa stockte. Was hatte ihre Mutter gesagt, was sollte sie jetzt tun? Sie hatte sich so sehr darauf konzentriert, hier her zu kommen, dass sie ganz vergessen hatte, was als nächstes zu tun war!
"Nun?", fragte jetzt der andere. "Was ist jetzt?"
Da fiel es ihr wieder ein.
"Níthrar! Ich will zu Níthrar!", stieß sie hervor. Die Wächter blickten sich nachdenklich an, dann nickte der eine, und der andere pfiff dreimal. "Níthrar kommt. Aber ich hoffe für dich, dass du einen wichtigen Grund hast, ihn zu stören."
Aus einem der Zelte trat ein großgewachsener Mann, der ebenso wie die Wächter in weiße Gewänder gekleidet war. Er trat auf die Gruppe zu, doch als sein Blick auf Narissa, die ihn interessiert und ein wenig ängstlich anblickte, fiel, blieb er abrupt stehen.
"Ich weiß, wer du bist.", sagte er. Dann legte er mit schnellen Schritten den verbliebenen Abstand zwischen ihnen zurück und kniete vor ihr nieder, sodass ihre Gesichter auf einer Höhe waren.
"Du bist Herlennas Tochter, oder?", fragte er dann leise, und sah ihr fest in die Augen. Sie nickte nur, sprachlos, und zog das Medaillon ihrer Mutter unter ihren Gewändern hervor und legte es in Níthrars Hand. Beim Anblick des Medaillons erbleichte er. "Was ist passiert?"
Narissa wollte antworten, wollte ihm alles erzählen, denn sie spürte, dass er auf ihrer Seite war. Doch plötzlich zog sich ihre Brust zusammen, und sie brach in Tränen aus. Níthrar zog sie an sich, und sie ergab sich der tröstlichen Umarmung dieses Mannes, den sie noch nie zuvor gesehen hatte.
Dann hob er sie ohne erkennbare Anstrengung hoch, und trug sie in sein Zelt.
Als Narissa sich schließlich wieder beruhigt hatte, setzte er sich ihr gegenüber auf ein Kissen. Es erinnerte sie daran, wie Elyana vor ihr gesessen hatte - war das wirklich erst heute gewesen?
"Möchtest du mir erzählen, was geschehen ist?", fragte Níthrar, diesmal ganz sanft. Und diesmal gelang es ihr, ihm zu erzählen, wie sie und ihre Mutter auf dem Heimweg waren, wie ihre Mutter plötzlich stehen geblieben war, und sie mit dem Medaillon zu ihm geschickt hatte, und - der Brief! Sie hatte den Brief ganz vergessen. Sie zog die Rolle aus der Tasche und reichte sie ihm schüchtern.
"Das sollte ich euch geben, hat sie gesagt." Níthrar blickte die den Brief für einen Moment traurig an, wie er in ihrer Hand lag, und nahm ihn dann entgegen.
Allerdings las er ihn nicht, sondern fragte sie: "Hat deine Mutter mir jemals von mir erzählt?" Irgendwie erschien es ihr fast, als würde er sie um etwas bitten, als wollte er eine bestimmte Antwort hören.
"Nein.", antwortete Narissa. "Heute war das erste Mal."
Er seufzte leise, und meinte dann: "Dann will ich dir etwas von mir erzählen. Mein Name ist Níthrar, wie du ja weißt, und ich bin einer der ältesten Freunde deiner Mutter. Ich kannte sie schon, bevor sie nach Qafsah kam. Hat sie dir erzählt, woher sie kommt, und warum sie hier in Qafsah ist?"
Narissa schüttelte den Kopf. "Nein, ich dachte, sie wäre hier geboren, ebenso wie... Yaran."
"Weder deine Mutter noch ihr Mann wurden hier geboren, Narissa, auch wenn sie aus verschiedenen Gründen nach Qafsah kamen. Herlenna kam gemeinsam mit mir und diesen tapferen Männern, mit denen ich diese Oase teile, nach Qafsah, im Auftrag ihres Vaters. Er war beunruhigt, was die Lage in Harad anging, und so sandte er zu den wichtigsten Stämmen und in die größten Städte Leute, die ihm Bericht erstatten sollten, falls etwas ungewöhnliches geschehen sollte.
Eigentlich war Herlenna nicht für diese Aufgabe vorgesehen, und als sie sich freiwillig meldete, wollte er sie zunächst nicht gehen lassen. Letzten Endes bekam sie ihren Willen, doch er setzte sich insofern durch, dass ich und meine Männer sie begleiten und beschützen sollten."
Narissa nickte, schwieg aber. Dieser Tag wurde immer verrückter: Ihre Mutter sollte im Auftrag, aber dennoch gegen den Willen ihres eigenen Vaters nach Qafsah gekommen sein um genau was zu tun?
Sie biss sich auf die Lippen, und wollte sich wieder an Níthrar wenden, doch dieser war inzwischen in die Lektüre des Briefes vertieft, also schwieg sie weiterhin. Schließlich kam er zu einem Ende, und blickte sie wieder an.
"Weißt du, was darin steht?" Sie schüttelte den Kopf, doch sie war nicht imstande, etwas zu antworten, denn plötzliche Angst schnürte ihr die Kehle zu.
Níthrar sah sie traurig an, und sagte dann: "Sie schreibt, dass, wenn ich diesen Brief lese, sie in Gefangenschaft... oder tot ist." Bei diesen Worten blieb Narissa beinahe das Herz stehen. Nein, nein, das konnte nicht sein!
"Sie schreibt davon, wie sie gemeinsam mit Yaran im Hinterzimmer des Halbmondes geheime Treffen organisiert hat, bei denen der Widerstand gegen Suladan geplant wurde. Wenn ich diesen Brief in den Händen halte, wurden sie entdeckt und wahrscheinlich gefangen genommen. Sie bitte mich, mich um dich zu kümmern, und hier zu warten, bis sie dich holen kommt. Und sie sagt, dass sie mir verziehen hat."
Angesichts der vielen schrecklichen Geschehnisse, die auf Narissa einstürzten, erschien ihr plötzlich der letzte Teil am bedeutsamsten.
"Was hat sie dir verziehen?"
Níthrar blickte zu Boden, und sah sie dann wieder an, als ob eine gewaltige Last ihn niederdrücken würde.
"Es ist fast zehn Jahre her, dass ich das letzte Mal mit Herlenna gesprochen habe. Damals kam sie zu mir, schwanger, und erbat meine Hilfe. Ich wollte ihr helfen, ich habe ihr sogar angeboten, sie zu heiraten, doch sie sagte mir, sie würde Yaran heiraten. Ich... ich wurde wütend, und ich verwies sie aus dem Lager. Ich sagte ihr, sie sei hier nicht länger willkommen, und seitdem kam sie auch nie wieder."
"Aber... warum?", fragte Narissa.
"Du bist klug, du stellst die richtigen Fragen... und die richtigen Fragen sind meist die schmerzhaftesten.", sagte Níthrar, mehr zu sich selbst als zu ihr. "Ich kann es dir nicht sagen, zumindest noch nicht. Du könntest es noch nicht verstehen. Wichtiger sind jetzt auch andere Dinge. Ich..."
Er wurde unterbrochen, denn mit einem Mal wurde die Zeltplane zurückgeschlagen, und Elyana trat ins Innere des Zeltes. Níthrar fuhr wie gestochen hoch, und stieß hervor: "Du! Was willst du hier? Und wie bist du überhaupt hier hereingekommen?"
Elyana gestatte sich ein kleines triumphierendes Lächeln. "Mae govannen, Níthrar. Ich kann es vermeiden, gesehen zu werden. Mit Erfolg wie mir scheint."
"Ich kann diesem Treffen nichts gutes abgewinnen." presste Níthrar hinter zusammengebissenen Zähnen hervor. "Also, was willst du?"
Narissa blickte mit offenem Mund zwischen den beiden hin. Mae govannen? Was sollte das denn heißen?
"Was ich will, tut für den Augenblick nichts zur Sache. Aber was ich bringe, sollte euch interessieren." Elyana wandte sich an Narissa. "Es tut mir Leid Kind, aber Yaran wurde von Suladans Soldaten hingerichtet. Deine Mutter ist verschwunden, und der Halbmond niedergebrannt."
Es dauerte einen Augenblick, bis Narissa begriffen hatte, was Elyana eben gesagt hatte, doch dann fühlte sie sich, als ob sich der Boden aufgetan hätte, und sie in eine kalte, schwarze Tiefe stürzte. Sie wollte weinen, doch sie konnte nicht, denn offenbar waren ihre Tränen aufgebraucht.
Elyana blickte auf sie herab, mitleidig, und fuhr fort: "Suladans Schergen werden früher oder später hierher kommen. Du musst mit mir kommen."
"Nein!", fuhr Níthrar dazwischen. "Ihr werdet sie nicht bekommen, ihr werdet sie nicht für eure Zwecke einspannen wie all die anderen!"
"Es muss sein, du blinder Narr! Siehst du nicht, wessen Griff sich um Harad schließt? Es ist der Griff des Schattens, und Narissa wurde geboren, um ihn zu bekämpfen!"
"Ihr werdet sie nicht bekommen!", sagte Níthrar gefährlich leise. Plötzlich blitzte ein Dolch in seiner Hand, und er setzte ihn Elyana an die Kehle. "Verschwinde!"
In Elyanas Augen loderte nun wieder das Feuer, dass Narissa früher an diesem Tag im Zelt der Weissagerin gesehen hatte, doch sie wehrte sich nicht und erwiderte nur: "Nun gut, ich gehe. Aber eines Tages wird sie doch zu uns gehören, ganz egal was du tust, Narr." Dann wandte sie sich um, und verließ das Zelt.
Níthrar ließ den Dolch verschwinden, und wandte sich wieder Narissa zu, die die ganze Zeit still dagesessen hatte.
Er kauerte sich vor ihr nieder und nahm ihr Gesicht in beide Hände. "Es tut mir leid, dass du das mit ansehen musstest, aber deine Mutter hat mich gebeten, dich zu beschützen. Und es tut mir auch Leid um Yaran, denn ich weiß, dass du ihn wie einen Vater geliebt hast."
Narissa blinzelte, und nun kamen die Tränen doch. Und wieder fand sie Trost in Níthrars Umarmung. "In einem hat Elyana Recht: Wir müssen hier fort."
Mit einem Ruck befreite Narissa sich: "Fortgehen? Aber Mutter hat doch gesagt, wir sollen warten..."
Níthrar blickte sie mitleidig an, und ihr wurde klar, das es sein musste. Trotzdem, sie musste es weiter versuchen! "Wenn wir fortgehen, wird sie mich nicht finden, und..."
Doch Níthrar unterbrach sie. "Wenn wir hierbleiben, werden Suladans Männer uns alle töten. Willst du das?" Ein Teil von ihr wollte es, wollte hier bleiben und sterben, damit sie bei Yaran, und vielleicht auch ihrer Mutter sein konnte, doch ein anderer Teil wusste, dass die beiden das nicht gewollt hatten, und dieser Teil wollte leben. Sie schüttelte zaghaft den Kopf. "Nein.", fuhr er sanft fort. "Das willst du nicht. Wir werden auch nicht einfach so davon rennen, sondern wir werden an einen Ort gehen, an dem sie uns finden kann."
"Was ist das für ein Ort?", fragte Narissa.
"Es ist eine Insel, südlich von hier, an der westlichen Küste. Dort lebt dein Großvater, und dort werden wir sicher sein."
3010 D.Z, Auf dem Weg nach WestenRings um Narissa breitete die sie große haradische Wüste aus. Sie war zuvor noch nie so weit von Qafsah entfernt gewesen - genauer gesagt, hatte sie die unmittelbare Umgebung der Stadt noch nie verlassen. Sie saß hinter Níthrar auf seinem Pferd, der Rest der Gruppe auf Kamelen. Zu Anfang ihrer Reise hatte sie auch versucht, auf einem solchen Tier zu reiten, doch einerseits war ihr in der Höhe schwindelig geworden, und andererseits wurde ihr von dem ständigen Schaukeln speiübel. Also hatte Níthrar, der als einziger ein Pferd ritt, sie notgedrungen hinter sich gesetzt.
In der Woche, die sie jetzt schon unterwegs waren, waren sie nur wenigen Menschen begegnet, zumeinst Händlern, aber hin und wieder auch Kundschaftern der Wüstenstämme. Bei jeder dieser Begegnungen war das Misstrauen, dass die anderen ihrer Gruppe entgegen brachten, spürbar, selbst für Narissa. Einmal hatte sie Níthrar gefragt, warum alle, die ihnen begegneten, sie so misstrauisch ansahen, und er hatte geantwortet: "Das liegt nicht an uns persönlich, aber je weiter Suladans Macht wächst, und je fester er seinen Griff um dieses Land schließt, desto misstrauischer werden auch die Menschen." "Das verstehe ich nicht.", hatte Narissa geantwortet. "Nein, wie solltest du auch. Aber eines Tages, wenn du älter bist, und die Menschen besser kennengelernt hast, dann kannst und wirst du es verstehen."
Sie waren zumeist nur in der Abend- und Morgendämmerung unterwegs, denn tagsüber brannte die Sonne glühendheiß vom Himmel, so dass es beinahe unmöglich war, weiter zu reiten, und nachts wurde es klirrend kalt.
Zu diesen Zeiten schlugen sie ein provisorisches Lager auf, wenn sie Glück hatten, bei einer Oase, wenn nicht, dann im Schatten einer Düne. Dann verkrochen sie sich in den Zelten, bis sie weiterreisen konnten. Während der Zeit im Zelt überkam Narissa oft Heimweh, und Sehnsucht nach ihren Eltern. Zu diesen Zeiten glaubte sie kaum ertragen zu können, was geschehen war, und mehr als nur einmal wollte sie aus dem Zelt rennen, Níthrars Pferd stehlen, und zurück nach Qafsah reiten. Doch immer war Níthrar bei ihr, und er ließ es nicht zu. Stattdessen versuchte er sie zu trösten, und erzählte ihr Geschichten.
Diese Geschichten waren verschiedenster Art: Mal waren es Dinge, die er selbst erlebt haben wollte, mal erzählte er von Geschehnissen in der Geschichte Harads, die lange zurücklagen. Dabei hörte Narissa zum ersten Mal in ihrem Leben von der versunkenen Insel Númenor, weit im Westen, und dem Land der Seekönige im Norden: Gondor. Aber er erzählte auch von Umbar, und den Korsaren die dort lebten, und von den vielen Stämmen Harads, die in langen Jahren dem dunklen Herrscher dienten. Es war diese Punkt, an dem Narissa zweifelte, und als sie an diesem Abend ihr Lager aufgeschlagen hatten und sich in die Zelte zurück gezogen hatten, fragte sie Níthrar: "Wenn früher alle Menschen in Harad den Dunklen Herrscher angebetet und ihm gedient haben, warum kommt er dann nicht einfach, und fordert, dass sie es wieder tun? Warum muss Suladan für ihn die Stämme einen?"
Níthrar, der gerade gedankenverloren einen kurzen Dolch geschliffen hatte, blickte erstaunt auf, und erwiderte: "Das ist eine kluge Frage, Narissa, und ich kann dir keine sichere Antwort darauf geben. Ich kenne die Beweggründe des Dunklen Herrschers nicht, und ich weiß auch nur wenig über seine Pläne. Dennoch kann ich einiges vermuten. Du erinnerst dich doch noch daran, wie ich dir von Númenor erzählt habe, und seinem Untergang? Wie Sauron nach Mittelerde zurück floh, und Elendil und seine Söhne die Reiche im Exil gründeten?"
Narissa nickte. Diese Geschichte hatte ihr gefallen, obwohl sie so traurig war.
Níthrar fuhr fort: "Sehr gut. Für einige Zeit hatten die Elben und Menschen des Nordens Frieden, doch nicht lange darauf griff der Dunkle Herrscher sie erneut an. So schlossen sie das Letzte Bündnis von Elben und Menschen, und stellten sich dieser Bedrohung. Viele Schlachten wurden damals geschlagen, und viele edle und berühmte Elben und Menschen wurden getötet. Doch am Ende besiegte das Bündnis Sauron, und vernichtete ihn nahezu vollständig. Nur sein Geist entkam, und für lange Jahrtausende war er keine Bedrohung mehr.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Haradrim ihn als Gott verehrt und ihm gedient, doch mit den Jahren gerieten diese Bräuche immer mehr in Vergessenheit. Zwar führten sie noch oft Krieg gegen Gondor, doch schon bald nicht mehr im Namen Saurons, sondern nur um ihres eigenen Wohlstandes Willen. Jetzt ist der Dunkle Herrscher zurückgekehrt, doch alleine kann er Mittelerde nicht unterwerfen - er braucht Verbündete, zumindest vorerst. Deshalb hat er Suladan auf seine Seite gezogen und lässt ihn die Stämme Harads unter einer Führung einen."
Erst jetzt bemerkte Narissa, dass sie vor Spannung beinahe den Atem angehalten hatte. Das war noch interessanter, als alle Geschichten über Númenor! Sie holte Luft, und wollte Níthrar gerade fragen, ob er nicht mehr über das Letzte Bündnis erzählen könnte, oder über die Kriege der Haradrim mit Gondor in den Jahren danach, oder über das Verschwinden des Glauben an Sauron, oder... doch Níthrar, der die Gefahr erkannt hatte, hob die Hand und meinte: "Nein, ich denke, ich habe dir für heute genug erzählt. Du wirst alles früher oder später erfahren, aber nun brauche ich eine Pause."
"Aber...", setzte Narissa an, und Níthrar seufzte ergeben. "Na gut, aber nur eine Frage, in Ordnung?"
Narissa überlegte fieberhaft, und strich sich über das inzwischen gewachsene weiße Haar. Wofür sollte sie diese eine Frage verwenden? Dann fiel ihr etwas ein: "Die Sieben Schwestern! Kannst du mir noch etwas über sie erzählen?" Für einen kurzen Augenblick hatte sie das merkwürdige Gefühl, dass Níthrar ihrem Blick nervös auswich - aber warum sollte er das tun? Dann räusperte er sich, und begann: "Die Sieben Schwestern also... Nun, wie du weißt, brauchen die meisten Menschen etwas, an das sie glauben können. Ich weiß nicht, wann und wo der Glaube an die Sieben Schwestern entstanden ist, aber es ist sehr lange her - kurz nach Saurons Fall, oder sogar noch davor, vermute ich. Da du bereits mit einer vom Bund gesprochen hast, wirst du die Geschichte der Sieben Schwestern wohl bereits kennen. Unter den Menschen, die daran glaubten, bildete sich bald eine Gruppe, die sich der Bund der Sieben Schwestern nannte. Sie schwangen sich bald zu Führern dieser Religion auf, und auch wenn sich der Glaube an die Sieben Schwestern nie weit genug verbreitete, um wirklich wichtig in Harad zu werden, waren die Mitglieder des Bundes doch bedeutende Personen. Elyana, die dir bereits begegnet ist, ist ein Mitglied des Bundes... eine Schwester, wie sie sich selber nennen. Ich weiß nicht, ob es auch Brüder unter ihnen gibt, zumindest bin ich noch nie einem begegnet.
Ich bin mir sicher, du möchtest wissen, warum sie dich Kind der Zeit genannt hat, oder?"
Narissa nickte, eifrig. Sie musste wissen, warum diese Frau sie für so besonders hielt - und warum ihre Eltern sterben mussten... Bevor sie den Gedanken fortführen und in Tränen ausbrechen konnte, fuhr Níthrar fort.
"Jene, die an die Schwestern glauben, glauben auch, dass in Zeiten, in denen ihre Gläubigen in großer Gefahr sind, jemand geboren wird, der von den Schwestern auserwählt ist. Diese Personen sind ihrer Meinung nach immer durch besondere Merkmale gekennzeichnet: Sechs Finger an einer Hand, ein Feuermal, oder eben weiße Haare bei einem Kind. All das sind für sie Zeichen, dass es sich bei einer Person um ein Kind der Zeit, wie sie diese Auserwählten nennen, handelt. Sie sind ihr Leben lang auf der Suche nach einem der Auserwählten.
Natürlich ist nichts von alledem wahr. Was wahr ist, ist dass die Mitglieder des Bundes Menschen mit besonderen Merkmalen suchen, und diese in ihrer Verblendung für Auserwählte halten. Sie nehmen sie mit - oder versuchen es zumindest - und versuchen sie, für den Kampf gegen das Dunkel auszubilden. Dann schicken sie sie los, alleine, und von vornherein dem Untergang geweiht. Noch niemals hat es jemandem Gutes gebracht, vom Bund als Auserwählter erkannt zu werden."
"Ich hoffe du weißt, dass du dem armen Mädchen Lügen erzählst, Níthrar.", kam es vom Zelteingang.
Beide fuhren so schnell mit den Köpfen herum, dass Níthrars Halswirbel knackten, und dort, in der Öffnung des Zeltes, die Sterne hinter sich, stand Elyana, ein Schwert in der Hand.
3010 D.Z., Irgendwo in der Wüste von HaradNíthrar stieß einen Fluch in einer Sprache aus, die Narissa zwar nicht verstand - doch der Tonfall war eindeutig. Blitzschnell war er auf den Beinen und hatte auch plötzlich den Dolch in der Hand, den er vorhin noch geschärft hatte.
"DU! Was willst du hier? Und wie kommst du überhaupt hier her? Wie hast du uns gefunden?", stieß er hervor.
"So viele Fragen...", meinte Elyana. "Aber keine davon ist von Belang. Wie auch immer es geschehen sein mag, Suladans Schergen sind euch auf den Fersen. Sie wissen, wo ihr seid, und sie kommen."
Abermals stieß Níthrar einen Fluch aus, und griff nach seinem Schwert, dass an der Zeltwand lehnte. Bei der Erwähnung Suladans lief Narissa ein Schauer über den Rücken, und auf einmal packte sie die Angst
Sie musste an den Tag ihrer Flucht aus Qafsah denken, an Yaran und ihre Mutter, und Elyanas plötzliches Auftauchen in Níthrars Lager um sie zu warnen, genau wie jetzt. Vielleicht irrte Níthrar sich, und sie war doch nicht so schlecht?
Níthrar zog jetzt sein Schwert und wandte sich Narissa zu. "Bleib auf jeden Fall im Zelt, geh nicht nach draußen, bis ich oder einer meiner Leute dich holen kommen. Hast du verstanden?" Narissa nickte verängstigt, und sofort drehte er sich wieder zu Elyana um. "Weißt du wie viele es sind, wie sind sie ausgerüstet?" Elyana blickte ungeduldig und antwortete: "Ich weiß nur, dass es genug sind um euch Schwierigkeiten zu machen, und dass sie bald hier sein werden. Also wäre es vielleicht besser, wenn du deine Leute bereit machst." Níthrar blickte sie noch einen Moment zornig an, dann verließ er das Zelt.
Als sie mit Narissa allein war, ließ Elyana sich auf ein Knie herabsinken und blickte Narissa ins Gesicht. "Hab keine Angst, kleines Kind der Zeit. Die Schwestern werden dich vor allen beschützen, die dir Böses wollen - oder die dich nur für ihre eigenen Zwecke benutzen wollen."
Was meinte sie damit jetzt wieder, fragte Narissa sich. So wie es sich anhörte, sprach sie nicht nur von Suladan und seinen Dienern, sondern auch von - ja, von wem eigentlich? Außerdem war irgendetwas an Elyanas Augen merkwürdig... wieder schien dieses seltsame Feuer, dass sie bereits im Lager der Wahrsager und auch in Níthrars Lager bemerkt hatte. Doch bevor sie etwas sagen konnte, hatte Elyana sich schon wieder erhoben, und das Zelt verließ.
Eine merkwürdige Stille senkte sich über das Lager. Für einen Moment hörte sie noch, wie Níthrar draußen leise Befehle gab, auch wenn sie nicht verstehen konnte, was er sagte. Sie drückte sich in eine Ecke des Zeltes, bis ihr klar wurde, dass die Zeltwände sie keineswegs schützen würden, und sie also am denkbar ungünstigsten Ort war. Also verließ sie ihre Ecke und kroch leise, denn in der allgemeinen Stille erschien ihr jeder Laut zu viel, in die Mitte des Zeltes.
Kaum war sie dort angekommen, brach rund herum der Kampf los. Männer schrien, und Klingen schlugen klirrend gegeneinander.
Noch nie zuvor hatte Narissa einen solchen Kampf erlebt, auch wenn sie nur hörte, was vor sich geht. In Qafsah waren zwar Straßenschlägereien oder auch Schlägereien in Schenken nichts ungewöhnliches gewesen, doch das hier war anders. Hier kämpften Menschen, die sich töten wollten, nicht nur dem anderen eine Abreibung verpassen. Und das alles ihretwegen wie ihr plötzlich klar wurde. Bislang hatte sie nicht darüber nachgedacht, aber warum sollte Suladan sie verfolgen lassen, wenn nicht ihretwegen? Sie war Herlennas Tochter, und sie war die einzige aus Yarans Familie, die aus Qafsah entkommen war. Auf einmal stiegen ihr Tränen in die Augen, doch sie wischte sie trotzig weg. Sie würde nicht weinen, und sie würde sich nicht selbst bemitleiden!
In eben diesem Augenblick hörte sie Níthrar draußen rufen: "Verdammt, Elyana, was tust du?" Dann schlugen in unmittelbarer Nähe des Zeltes Klingen in rascher Folge aufeinander. Was war geschehen? Narissa wusste, sie musste es herausfinden, also schluckte sie ihre Angst herunter - oder versuchte es zumindest, denn sie fürchtete sich immer noch - und kroch zum Zelteingang. Dort schob sie die Plane ein kleines Stück zur Seite und blickte nach draußen.
Da es dunkel war, konnte sie nur wenig erkennen, doch direkt vor ihr kämpften zwei Gestalten miteinander, und voller Schrecken erkannte sie Elyana und Níthrar. Wieso kämpften sie miteinander, sie waren doch offensichtlich auf der selben Seite!
Nur für einen winzigen Augenblick wandte Níthrar den Blick zu Seite und sah sie, doch das genügte, um ihn abzulenken. Plötzlich hatte Elyana die Überhand, und drängte ihn mit schnellen Schwertschlägen zurück. Schon blutete er aus mehreren Wunden.
"Verflucht, Narissa, geh wieder hinein! Diese Verräter dürfen dich nicht bekommen!" Mit einem wuchtigen Schlag prellte Elyana ihm das Schwer aus der Hand, und setzte ihm die eigene Klinge an die Kehle.
"Wir sind keine Verräter. Wir sind nur gekommen, um uns das zu holen, was uns zusteht."
"Ihr seid Feinde des Dunklen Herrschers, ebenso wie wir, und doch bekämpft ihr uns! Begreift doch, genau das ist es, was es Suladan erleichtert, ganz Harad für den Dunklen Herrscher unter seiner Knute zu vereinen!", erwiderte Níthrar. "Es gibt mehr als nur einen Weg, ihn zu bekämpfen."
Elyana schüttelte bedauernd den Kopf, und immer noch brannte in ihren Augen das wahnsinnige Feuer. "Nein, es gibt nur einen einzigen Weg, den Weg der Sieben Schwestern. Das kannst du nicht verstehen, denn zu dir haben sie nie gesprochen. Dein Tod ist bedauerlich, doch es lässt sich nicht ändern, denn du bist blind für die Wahrheit."
Sie nahm das Schwert von Níthrars Hals, und holte aus, doch Narissa, die inzwischen ganz aus dem Zelt getreten war, handelte blitzschnell. Sie wusste nicht, warum sie es tat, doch in diesem Moment erschien es ihr das richtige. Sie packte eine Hand voll Sand, und schleuderte ihn Elyana ins Gesicht. Für einen winzigen Moment nur war sie geblendet, doch das genügte Níthrar.
Er ließ sich sofort fallen und entging so ihrem Schlag, packte Elyanas Füße und riss sie zu Boden. Dann zog er seinen Dolch, den er noch immer am Gürtel trug, und setzte ihn nun ihr an die Kehle.
"Danke.", sagte er nur, ohne sich Narissa zuzuwenden. Dann meinte er zu Elyana: "Wo sind deine Schwestern jetzt? Du hast verloren, sie es ein, und sie können dir nicht helfen. Narissa hat sich entschieden, und sie hat die Wahl für die Vernunft getroffen, nicht für den Wahnsinn der Schwestern."
Bevor Elyana antworten konnte, hörte Narissa ein merkwürdiges Zischen, und plötzlich spürte sie einen dumpfen Schlag in ihrer rechten Schulter, der sie zu Boden riss. Sofort war Níthrar bei ihr, und untersuchte den Pfeil, der dort steckte.
Nun traten ihr doch Tränen in die Augen, doch diesmal waren es keine Tränen der Angst, sondern des Schmerzes. Dann zog Níthrar den Pfeil mit einem Ruck heraus, und sie konnte einen Schmerzensschrei nicht unterdrücken. Er strich ihr über die Stirn und flüsterte: "Entschuldigung." Plötzlich kniete auch Elyana neben ihr, und Níthrar fuhr sie an: "Waren das auch deine Leute? So werdet ihr sie eher töten, als sie mitzunehmen!" Elyana schüttelte nur den Kopf. "Nein, das waren Suladans Leute. Sie kommen tatsächlich, doch ich hoffte, mit euch fertig zu sein, bevor sie das Lager erreichen."
Zum dritten Mal an diesem Abend fluchte Níthrar, doch diesmal dauerte es irgendwie länger, bis die Worte bei Narissa ankamen. "Ich..." brachte sie noch hervor, doch dann versagte ihre Stimme.
"Gift.", stieß Elyana hervor. "Bastarde. Es gibt nur einen Weg, sie zu retten, und der gefällt mir nicht. Nimm sie und dein Pferd, und reite zur Insel. Ich werde mit meinen und deinen Leuten hierbleiben und dir den Rücken freihalten."
Narissa hörte zwar die Worte, doch sie konnte sich keinen Reim darauf machen.
"Aber..."
"Nichts aber. Du hast es selbst gesagt: Tot nützt sie den Schwestern auch nichts, da sehe ich sie lieber in euren Händen. Aber vergiss nie, dass sie den Schwestern gehört, ganz gleich, was geschieht. Jetzt geh!"
Ohne ein weitere Wort hob Níthrar Narissa hoch, zumindest glaubte sie, dass es Níthrar war, denn allmählich verschwamm alles vor ihren Augen. Für einen Moment schien auch der Kampflärm verstummt zu sein, doch dann drehte sich alles, und ihr Bewusstsein erlosch.