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Nordöstliche Grenze des Fangorns

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Vexor:
„ Die neue Überschrift lautet Aphadon“, vollkündete Celebithiel kurz und knapp. Sie sah zu Aphadon hinüber und erkannte, dass der Name ihn sofort zusagte und so kommentierte keiner der beiden mehr die Situation und sie schlossen sich wieder der Gruppe an.

Es schneite nun immer stärker und so fingen sie an Gandalf mit Decken zu umhüllen und setzten ihre Reise schnell fort. Es dauerte nur noch wenige Stunden bis sie die Grenzen des goldenen Waldes erreicht und überquert hatten.


Galadriel, Gandalf, Radagast, Amrûn, Antien, Aphadon, und Celebithiel zur Grenze Lóriens

Fine:
Oronêl und Kerry aus Rhovanion


Obwohl sie den Anduin seit vielen Meilen hinter sich gelassen hatte, war Kerry noch immer ziemlich ungehalten über die Art und Weise, wie sie den Fluss schlussendlich überquert hatten. Zwar hatte Rilmir ihr einst, während sie mit ihm zwei Jahre voller Abenteuer in Eriador verbracht hatte, das Schwimmen beigebracht, doch in den vergangenen, turbulenten Monaten hatte Kerry keinerlei Gelegenheit gehabt, ihre Schwimmfähigkeiten aufzufrischen. Es hatte nicht sonderlich geholfen, sie dazu ermutigen, als sie festgestellt hatte, dass das Wasser des Anduins tief und sehr kalt war, und sehr schnell dahin strömte. Oronêl hatte sich sogleich unerschrocken in die Fluten gewagt, doch Kerry hatte gezögert. Selbst als ihr das Wasser schon beinahe bis zur Brust gestanden hatte, hatte sie noch nicht den Mut gefunden, sich vom schlammigen Flussgrund abzustoßen und so richtig loszuschwimmen.
Oronêl hatte schließlich genug davon gehabt. Der Waldelb hatte etwas in der Richtung wie „Das dauert zu lange, Kerry, du weißt nicht, ob wir verfolgt werden,“ gesagt und ihr kurzerhand den Arm um die Hüfte gelegt und sie - mehr schlecht als recht - mit sich in den eiskalten Fluss gezerrt. Dabei war Kerry mehr als nur einmal vollständig unter Wasser geraten und sie waren nicht sonderlich schnell voran gekommen. Bis sie endlich das Westufer des breiten Stromes erreicht hatten, war es Kerry wie eine schiere Ewigkeit vorgekommen.
Ihr Gepäck, ihre Kleidung und insbesondere ihre Haare waren nass geworden, was ihrer beider Laune nicht gerade zuträglich gewesen war. Den weiteren Weg über die still und verlassen wirkende Ebene von Celebrant hatten sie in unangenehmem Schweigen verbracht.
Während sie am Nordufer des kleinen Flusses Limklar nach Westen marschiert waren, hatte Kerry sich dabei ertappt, wie sie immer wieder Blicke auf die andere Seite des Grenzflusses geworfen hatte. Der Limklar verlief am Boden einer nicht besonders tiefen, aber dafür recht breiten Schlucht, an dessen Südseite eine schier endlos wirkende Graslandschaft ihren Anfang nahm. Die fruchtbaren Felder Rohans lagen dort... Déorwyns einstige Heimat, die sie seit ihrer Flucht aus Hochborn vor vier Jahren nicht betreten hatte.
Kerry hatte sich oft gefragt, wie sie sich fühlen würde, wenn sie einst nach Rohan zurückkehren würde. Nun hatte sie feststellen müssen, dass die meisten Gedanken an ihre Heimat von ihrer schlechten Laune überdeckt wurden. Sie war sauer auf Oronêl, weil sie seinetwegen nass geworden war, weil er es so eilig hatte und damit die Reise zu einer Anstrengungssache machte, und vor allem, weil er vorhatte, Mittelerde - und damit all seine Einwohner - im Stich zu lassen. So war sie missmutig hinter dem Waldelb hergestapft, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Sie hatte gespürt, dass sie sich vielleicht etwas kindisch verhielt, doch sie hatte nicht anders gekonnt. Am liebsten hätte sie ihr Versprechen gebrochen, und eine erneute Diskussion über Oronêls Entscheidung begonnen, doch je weiter sie nach Westen kamen, desto weniger dachte sie daran. Mit jedem Schritt, den sie getan hatte, wurde ihr deutlicher und deutlicher bewusst, dass sie tatsächlich nach Rohan zurückkehren würde. Dorthin, wo sie einst alles verloren hatte.

Kerry stand im Schatten der mächtigen Bäume des Fangorn-Waldes, der hier zu beiden Seiten des Limklar wuchs und einen nicht sonderlich einladenden Eindruck machte. Ihr war noch immer kalt und sie spürte, dass sie sich eine ordentliche Erkältung eingefangen hatte. Das Atmen durch die Nase fiel ihr schwer und immer wieder musste sie niesen. Umso mehr beneidete sie Oronêl dafür, dass er ein Elb war - denn wie Irwyne Kerry einst erzählt hatte, mussten sich Elben für gewöhnlich mit Krankheiten nicht herumschlagen.
„Jetzt ist es also gleich soweit,“ murmelte sie mehr zu sich selbst als an Oronêl gewandt, als sie hinab zum Fluss blickte. Direkt bevor er im Schatten der Bäume verschwand, floss das Flusswasser um eine seichte Ansammlung von flachen Felsen hindurch, die eine gut zugängliche, natürliche Furt bildeten. Die Schlucht in der der Fluss dahinplätscherte, war hier nicht mehr als wenige Meter tief und beide Hänge waren so niedrig, dass man sie problemlos hinabgehen konnte, ohne klettern zu müssen.
„Lass uns hier eine kleine Pause einlegen, ehe wir den Limklar überqueren,“ sagte Oronêl, als hätte er Kerrys Worte gar nicht gehört. Seine Aufmerksamkeit schien sowieso kaum dem Fluss oder dem jenseits davon liegenden Land Rohan zu gelten. Stattdessen schienen Oronêls Blicke von den Bäumen Fangorns angezogen zu werden. Der Waldelb legte sein Gepäck an einem der gewaltigen Baumstämme nieder und strich bewundernd über die dicke Rinde. Rasch umrundete er den Baum, dabei den Blick in die Krone gerichtet haltend, ehe er vorsichtig ein zu Boden gefallenes Blatt aufhob und es sanft zwischen den Fingern dicht vor sein Gesicht hielt. Dann ließ er es fallen und wandte sich an Kerry.
„Was hast du vor?“ fragte sie, auch wenn sie schon ahnte, was er sagen würde.
„Warte hier auf mich, Kerry,“ antwortete er und bestätigte ihren Verdacht. „Es ist beinahe ein Zeitalter her, seitdem ich diese Gegend und insbesondere diesen Wald zuletzt bereiste. Ich muss ihn mir einfach ansehen, ehe ich...“
„Ehe du nie mehr die Möglichkeit dazu haben wirst,“ beendete Kerry den Satz für ihn, bemüht um einen möglichst neutralen Tonfall. Vollständig gelang es ihr nicht, wie ihr Oronêls wissender Blick deutlich zeigte.
„Ganz recht,“ sagte der Waldelb. „Also bleib bitte hier und hab ein Auge auf unsere Sachen. Es wird nicht lange dauern.“
Kerry blieb nichts anderes übrig, als sich zu Oronêls Gepäck unter den breiten Baum zu setzen, wo es wenigstens etwas trocken war. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und starrte trübsinnig nach Süden, wo Rohan lag, während Oronêl zwischen den wie wild wachsenden Büschen des Fangorn verschwand. Kerry fühlte sich auf ungute Art und Weise an den Alten Wald in Eriador erinnert, den sie einst gemeinsam mit Rilmir und Elronds Tochter Arwen durchquert hatte. Das dichte Blätterdach des Fangorn ließ kaum einen Sonnenstrahl hindurch und erzeugte selbst zur Mittagszeit eine eher finstere Atmosphäre zwischen den krummen Bäumen, die auf Kerry beinahe so wirkten, als wären sie mitten in der Bewegung erstarrt und könnten jederzeit wieder anfangen, ihre Äste frei zu bewegen.

Eine halbe Stunde verging, dann eine ganze, ohne dass Oronêl wieder auftauchte. Es wurde Nachmittag. Kerry nahm ein kärgliches Mittagessen zu sich, das aus feuchten Rationen bestand, die längst ihren eigentlichen Geschmack verloren hatten. Je länger sie wartete, desto ungehaltener wurde sie. Eine weitere Stunde verging, ohne dass Oronêl auftauchte. Dafür, dass er es vorhin so eilig hatte, lässt er sich jetzt aber mächtig Zeit dort drinnen, dachte Kerry verärgert. Ihre Kleidung und Haare wollten einfach nicht richtig trocknen und die Erkältung wurde nur noch schlimmer. Ihre Nase lief und es vergingen kaum fünf Minuten, in denen sie nicht von Niesanfällen geschüttelt wurde.
Schließlich hatte sie genug. Sie warf die Vorsicht in den Wind und beschloss, ein Feuer zu machen, um sich aufzuwärmen und zu trocknen. Darüber hinaus war sie sich sicher, dass es Oronêl anlocken würde, damit er sie für ihre Unvorsichtigkeit schimpfen konnte. Also suchte sie das Gras am Waldrand nach leicht brennbarem Holz ab, doch sie fand nichts als ein paar Äste, die viel zu feucht waren um damit ein anständiges Feuer in Gang zu bekommen. Obwohl es ihr dabei ein wenig mulmig zumute war, beschloss sie daher, im Wald nach Zunder und Reisig zu suchen. Und so betrat sie den Fangorn, den Blick stets auf den Waldboden geheftet.
Es dauerte nicht lange, bis sie ein hübsches Bündel am brennbarem Material beisammen hatte. Sie spürte, wie ihre Laune sich bereits ein wenig hob und begann, eine fröhliche Melodie zu summen, die sie als Kind einst von ihrem Onkel gelernt hatte. Da entdeckte sie unter einem etwas kleineren Baum ein großes Stück Rinde, das vor einiger Zeit abgefallen sein musste. Es würde sich perfekt als Herzstück ihres geplanten Lagerfeuers eignen, weshalb Kerry kurzerhand davor in die Hocke ging und das Rindenstück mit der freien Hand ergriff.
Noch während sie es dem Stapel Holz auf ihrem Arm hinzufügte, erhaschte sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung, doch es war zu spät: Etwas sehr großes und hartes legte sich um ihre Hüfte, und sie wurde in die Luft gehoben, wobei sie mit einem überraschten Aufschrei all ihr gesammeltes Holz fallen ließ. Sie starrte entsetzt an sich herab und erkannte, dass sie sich im Griff einer großen Hand befand, die beinahe wie ein Teil eines Baumes wirkte. Kerrys weit aufgerissene Augen folgten dem Verlauf der Hand, die an einem astähnlichen Arm saß, der wiederum Teil eines geradezu baumgleichen Körpers war. Und schon fand sie sich Auge in Auge mit einer so wunderlichen Kreatur wieder, wie sie Kerry noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Zwei tiefgrüne Augen, die in einem bemoosten, hölzernen Gesicht saßen, musterten Kerry gründlich und nachdenklich, während das Wesen mit einer tiefen Stimme einen grollenden Ton von sich gab. Beinahe klang es wie...
„Hmmmmh,“ machte der Baum. „Kleiner Holzdieb, hrrrrmm.“
Kerry war viel zu überrascht um darauf auch nur etwas zu erwidern. Das einzige, was ihr wieder und wieder durch den Kopf ging, war ein einziger Satz: Der Baum kann sprechen. Der kann wirklich sprechen.
„Wir Ents mögen kein Feuer, hrrrmm. Vielleicht sollte ich dich an einen Ast hängen, bis du getrocknet bist.“
„D-du bist ein Ent?“ entfuhr es Kerry, als sie ihre Sprache wieder gefunden hatte. „Bitte lass mich wieder runter, ja? Ich verspreche, niemals mehr ein Feuer anzuzünden. I-ich wusste ja nicht, d-dass es Ents wirklich gibt, ich...“
Ihr blieb der Rest des Satzes im Hals stecken, als sie spürte, wie sich der Griff des Ents um ihre Hüfte verstärkte. Die Baumkreatur schien beschlossen zu haben, Kerry einfach wie ein lästiges Insekt zu zerquetschen. Verzweifelt versuchte sie, mit den Händen die Umklammerung zu lösen, doch die Ent-Finger hielten sie fester als ein Schraubstock gefangen.
„Hrrrrmmmm,“ grollte der Ent. „Niemand betritt diesen Wald. Und niemand verlässt ihn wieder.“
Der Griff wurde noch enger und Kerry bekam Atemschwierigkeiten. Ihre Kleidung riss an mehreren Stellen ein, als die raue Haut des Ents fester zudrückte. „B-bitte nicht,“ stieß sie hervor.
„Ich würde vorschlagen, ihr macht dieses Mal eine Ausnahme, Freund Baumhirte,“ sagte Oronêls Stimme unter ihr.
Der Ent hielt tatsächlich inne. Kerry blickte nach unten und entdeckte Oronêl, dessen Gesichtsausdruck eine Mischung aus Sorge und Belustigung zeigte. Sie war noch nie froher gewesen, ihn zu sehen, egal was sie im Augenblick von seinen Taten hielt.
„Dieses Kind hatte die Absicht, Feuer zu entfachen, Waldsohn“, grummelte der Ent, doch sein Griff lockerte sich und langsam senkte er die Hand, die Kerry umklammert hielt, zum Waldboden hinab.
„Wie ich sehen kann, hast du sie ja noch rechtzeitig daran gehindert,“ erwiderte Oronêl. „Wie lange ist es jetzt her, dass wir uns zuletzt getroffen haben, Fichtenarm?“
„Hrrrmmm. Viele Jahreszeiten sind seither vergangen, selbst nach der Zeitrechnung der Ents.“ antwortete der Baumhirte.
„Ihr kennt euch?“ fragte Kerry ungläubig, als Fichtenarm sie auf dem Boden abgesetzt hatte.
„Im Zweiten Zeitalter gab es eine Zeit, in der ich die umliegenden Lande Lothlóriens bereiste. Bei einem Abstecher in diesen Wald lernte ich meinen alten Freund hier kennen.“
„Und nun hast du dich verabschiedet, bis diese Welt eine andere wird,“ ergänzte der Ent mit seiner merkwürdigen, langatmigen Sprechweise. Er schien also bereits darüber Bescheid zu wissen, dass Oronêl vorhatte, Mittelerde zu verlassen.
„Moment mal, bedeutet das etwa, du warst die ganze Zeit über in der Nähe und hättest auch schon viel früher einschreiten können?“ hakte Kerry nach.
„Möglich,“ erwiderte Oronel und legte den Kopf schief. „Ich sprach bereits vor einer Stunde mit Fichtenarm und beschloss dann, noch einen kleinen Spaziergang unter dem Blätterdach tiefer im Wald zu machen. Auf dem Rückweg habe ich gleich gesehen, dass ihr beiden euch kennengelernt hattet.“
Kerry warf dem Waldelb einen vernichtenden Blick zu, während sie gebührenden Abstand zu dem Ent wahrte. Ihre bissige Erwiderung behielt sie lieber für sich, solange Oronêls alter Freund in der Nähe war.
Ehe sie gingen, gab ihnen der Ent noch einige merkwürdig aussehende Früchte mit, die ihren Proviant ergänzen sollten. Kerry hoffte, dass sie rechtzeitig an einem rohirrischen Dorf oder einer Stadt vorbeikommen würden, ehe sie darauf zurückgreifen müssten.

Und so standen sie wenige Minuten später abreisefertig am Nordufer der Furt, die über den Limklar nach Rohan hinein führte. Oronêl ging wie immer voraus und war schon zur Hälfte hinüber, als er bemerkte, dass Kerry stehen geblieben war.
„Was ist, Kerry?“ fragte er und blickte sie über die Schulter an. „Komm schon. Das Wasser ist bei weitem nicht so tief wie am Anduin.“
„Das ist es nicht, Oronêl,“ gab sie mit leiser Stimme zurück. Sie war sich sicher, dass er sie dank seiner Elbenohren trotzdem deutlich verstehen konnte. „Wenn ich noch einen Schritt mache, überschreite ich die Grenze nach Rohan... meiner einstigen Heimat.“
Oronêl drehte sich vollständig zu ihr um und kam zu ihr ans Nordufer zurück. Der Waldelb nahm ihre Hand. „Ich verstehe,“ sagte er. „Du hast Angst, was dich hier erwarten wird, nicht wahr? Und das wird dir erst jetzt, wo es soweit ist, so richtig bewusst.“
Kerry nickte.
„Atme tief durch, Kerry,“ sagte Oronêl. „Im Gegensatz zu mir wohnt dein Volk noch in deiner Heimat, und als ich das letzte Mal hier war, ging es den Rohirrim vergleichsweise gut. Die Schrecken, die einst dein Dorf verwüstet haben, sind fort und alle Orks in Rohan verrotten längst unter der dichten Grasdecke. Also komm schon. Die Heimkehr wird dir nicht schwer fallen. Ich verspreche es.“
Kerry zögerte noch einen langen Augenblick. Vor ihrem inneren Auge sah sie erneut den Tod und die Zerstörung, die über Hochborn gekommen waren wie ein blutiger Sturm. Dann verbannte sie diese schmerzhaften Erinnerungen in einen dunklen Winkel ihres Verstandes und tat, wie Oronêl ihr geraten hatte. Sie nahm einen langen, tiefen Atemzug und tat dann, ohne Oronêls Hand loszulassen, einen zaghaften Schritt nach vorne.


Oronêl und Kerry nach Edoras

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