Die Schlacht im Wettergebirge
Die Worte des Hügelmenschen sollten sich als wahr erweisen. Der Hexenkönig hatte tatsächlich ein Heer gegen die Elben geschickt, wie Mauritius und seine Elben bald herausfinden sollten...
El-Murazor schrieb:
Die kleine Schar war mehrere Stunden lang der großen Oststraße gefolgt und in einiger Entfernung begannen sich schon die Wetterberge gegen den grauen Horizont abzuzeichnen.
Unter den Soldaten herrschte ein bedrücktes Schweigen, niemand sprach ein Wort. Jeder marschierte in düsteren Gedanken versunken vor sich hin. Auch Mauritius hatte sein ohnehin schon ernstes Gesicht verzogen und einen unzufriedenen Gesichtsausdruck aufgesetzt.
Weitere zwei Stunden später waren die Wetterberge in greifbare Nähe gerückt und Mauritius ließ halten. „Warum halten wir schon? Es ist doch noch lange nicht dunkel?“, fragte Gwoldor und brach damit das Schweigen. Mauritius wartete einen Augenblick mit seiner Antwort, doch dann sagte er: „Wenn wir weitergehen, können sie uns von den Bergen aus sehen. Wir warten bis zum Einbruch der Dunkelheit“. Die Soldaten errichteten ein kleines Lager am Rande der Straße und stellten Posten auf.
Nebel zog auf und es wurde unheimlich still, kein Vogel sang, sogar der Wind war eingeschlafen. Man hörte nicht einmal mehr, wenn ein Soldat gegen einen Stein stieß, denn der Nebel verschluckte jeden Laut.
Mauritius stand auf und zog den Mantel fester um sich. Landor, ein anderer Hauptmann und erfahrener Krieger kam zu ihm. Die beiden konnten einander kaum erkennen, obwohl sie nur drei Fuß auseinander standen.
„Mir gefällt das hier nicht, das ist eine Falle, ein Werk des Feindes. Wir können hier nicht bleiben, wir müssen weiter oder zurück. Im Falle eines Angriffs haben wir hier am Straßenrand keine Deckung.“ Der Halbelb nickte und so leise, dass es durch den Nebel kaum zu vernehmen war, sprach er: „Wir kommen bereits zu spät.“
Gwoldor hörte dies und kam noch näher zu Landor und Mauritius heran. „Wir kommen zu spät? Woher weißt du das?“ „Das Land hier ist verlassen, wir hätten längst auf Widerstand treffen müssen. Auch wenn sie unser Hauptheer vernichten wollen, können sie keinen Hinterhalt aufbauen, ohne uns vorher zu vernichten. Ab hier haben sie keine Chance mehr. uns ohne eine große Schlacht zu vernichten. Ich glaube die Adler haben Recht, Angmars Heer zieht bereits gegen Fornost, wir kommen zu spät.“
„Wenn wir der Oststraße folgen, kommen wir an den Mooren vorbei, da haben sie doch den perfekten Hinterhalt, oder nicht? Wir können uns dort nicht flexibel verteidigen. Ist es nicht wahrscheinlicher, dass sie dort zuschlagen?“, ließ sich Landor vernehmen.
Gwoldor wollte ihm schon zustimmen, doch Mauritius kam ihm zuvor. „Sie wissen genauso gut wie wir, dass in den Mooren für uns kein Durchkommen ist und wir den Weg nicht gehen können. Der direkte Weg nach Fornost führt über die Wetterberge nach Norden. Wir hätten gar nicht bis hier kommen dürfen, der Feind hätte uns an der Brücke bereits aufhalten müssen, daraus kann ich nur eins schließen:
Alle Soldaten sind in die Schlacht gegen Fornost gezogen. Ich vermute allerdings, dass sie die Wetterberge noch besetzt halten, um Armeen aus Bruchtal oder Gondor zurückzuhalten. An der Brücke hätten sie zwar uns aufhalten können, doch dann wäre der Weg für eine Armee aus Gondor frei gewesen, deshalb warten sie darauf, dass wir das Gebirge betreten. Wir können uns den Umweg durch Bree nicht leisten, wir müssen durchs Gebirge gehen. Und mir wird klar, dass wir uns beeilen müssen. Deshalb gehst du, Landor, die Straße zurück, unserem Heer entgegen, und nimmst zehn Soldaten mit. Wir werden bei Nacht weiter vordringen und die Lage auskundschaften. Sag den anderen, dass sie sich beeilen sollen und mit einer Schlacht in den Bergen rechnen sollen.“
Landor brach mit den Soldaten auf und Mauritius wartete auf den Anbruch der Dunkelheit. Ein eisiger Wind kam auf und die Nebelschwaden lichteten sich. Die Elben brachen auf und marschierten vorsichtig weiter hinter ihrem Anführer her. Am Fuße des Gebirges machten sie wieder halt.
Mauritius war vor vielen Jahren schon einmal in Fornost gewesen und kannte auch das Wettergebirge.
Er gab den Befehl zum Weitergehen und in einem kleinen Bogen um einen Felsvorsprung herum begannen sie mit dem Aufstieg.
Kurz vor Erreichen der ersten Anhöhe erschienen wie aus dem nichts zwei Menschen aus Rhudaur, ein kurzes Surren war zu hören, dann ein doppelter Aufschlag und dann war es wieder still. Die beiden Menschen lagen von Pfeilen durchbohrt am Boden.
Die Elben erreichten die Anhöhe und blickten in ein kleines Tal. Im Tal wimmelte es von Orks und Menschen. Gwoldor kroch zu seinem Hauptmann heran: „Wie gut, dass wir den Bogen gemacht haben, auf dem Südhang wimmelt es nur so von Spähern.“ „Ja, sie erwarten uns von Süden aus, deshalb haben wir hier im östlichen Teil leichtes Spiel. Im Westen wird es nicht anders als im Süden sein, doch mir wird klar, was wir tun müssen:
Dort im Norden ist eine Felswand, die man vom Tal aus nicht erklimmen kann. Wenn wir bis dorthin kommen, können wir sie mit unseren Pfeilen erreichen und haben selbst aber Deckung. Sie werden überrascht sein und ihre Kräfte nach Norden hin bündeln….“ „und unsere Armee fällt ihnen in den Rücken“ beendete Gwoldor den Satz. Ein Leuchten war in seine Augen getreten und gemeinsam kletterten sie weiter nach Norden.
Es dauerte bis zum Morgengrauen, da sie mit äußerster Vorsicht vorgehen mussten, bis sie die Felswand erreicht hatten. Mauritius war nicht mit ihnen gekommen, er hatte sich ins Tal hinein geschlichen und stand unten an der knapp zehn Meter hohen Felswand, während die Elben über ihm Position bezogen.
Die Soldaten spannten die Bögen und die Pfeile schnellten von den Sehnen. Die Feinde waren zuerst starr vor Schreck, doch nach der zweiten Salve wurden Befehle gebrüllt und Soldaten Angmars rannten zur Felswand. Zahlenmäßig waren sie zehnfach überlegen.
Mauritius sah die Feinde auf sich zukommen. Orks und wilde Menschen, Schwerter und andere Waffen gezückt. Mitten unter ihnen marschierte ein großer Mann, der ein Banner trug, auf dem eine eiserne Krone abgebildet war.
Jetzt waren sie nur noch zehn Meter entfernt, doch die erste Reihe der Feinde stürzte, wie durch ein unsichtbares Seil aufgehalten, zu Boden. Die Pfeile der Elben taten ihre Wirkung.
Mauritius zog sein Schwert und weißes Licht erhellte das Tal. Geblendet kamen die Feinde zum Stehen und ein weiterer Pfeilhagel erreichte sein Ziel. Ein großer schwarzer Ork jedoch rannte auf Mauritius zu und zückte ein mit Zacken versehenes Breitschwert.
Er war knapp zwei Meter groß und damit größer als der Elb. Mit einem tierischen Krächzen drang er auf den Elben ein. Mauritius parierte den Hieb unter Aufwand aller seiner Kräfte, das Schwert seines Feindes zersplitterte, doch der Zusammenprall der beiden Körper schlug beide zu Boden. Der Elb erhob sich benommen, doch der Orkhauptmann war schneller. Er griff mit seinen eisernen Händen zur Kehle des Elben, Mauritius drückte es die Luft ab und verzweifelt versuchte er, sich zu befreien, doch das war aussichtslos. Schon begann das Tal, vor seinen Augen zu flimmern, als er plötzlich wieder einen Luftzug nehmen konnte. Ein Pfeil von Gwoldor hatte die rechte Schulter des Feindes durchbohrt.
Mauritius gelang es, den Moment auszunutzen, und er konnte sich befreien. Er versetzte seinem Feind einen Fußtritt, der ihn in die Knie zwang, dann holte er mit dem leuchtenden Schwert aus. Funkensprühend zerbarst der Helm und mit gespaltenem Schädel sank der Hauptmann zu Boden. Doch die Übermacht der Feinde war trotz allem erdrückend...
Rabi schrieb:
Das Hauptheer ging auf seinem Weg nach Fornost, angeführt von Glorfindel, als ihnen plötzlich wie aus dem nichts ein Elb entgegenkam. Glorfindel streckte einen Arm in die Luft und mit einem mächtigen Wort, das durch die gesamte Ebene hallte, blieb das Heer stehen. Marauder versuchte etwas zu sehen, denn er stand mitten im Heer und konnte über die anderen, etwas größeren, elbischen Krieger nichts erkennen. Deshalb versuchte er, irgendwie zwischen den Kriegern hindurch etwas zu erblicken und er konnte Glorfindels goldenes Haar erkennen, und wie er mit jemand anderem redete. Dann drehte sich Glorfindel um, und der andere Elb ging in die Reihen, um mit in die Schlacht zu ziehen. Marauder brachte sich schnell wieder in Position, damit sein Heerführer nicht sehen würde, dass er nicht diszipliniert dastand. Dieses Mal war Glorfindels Stimme nicht so laut, aber doch so durchdringend, dass sie jeder hören konnte. "Hinter diesem Hügel befinden sich einige Orks. Das... ist ein Außenposten Angmars. Zwar bin ich mir nicht sicher, was sich alles hinter diesem Hügel befindet. Vielleicht auch Trolle....Hügelmenschen. .. oder Grabunholde. Doch WIR müssen auf alles gefasst sein. ALSO... seid ihr bereit, in den Krieg zu ziehen?"
Statt mit einem lauten, einklängigen Wort zu antworten, bereiteten die Krieger ihre Waffen vor und stellten ihre Füße nahe nebeneinander. Das bedeutete, dass sie bereit waren, in diese Schlacht zu ziehen und Orks zu töten. Glorfindel ging die ersten paar Schritte, und gleich darauf reagierten die Elben und folgten ihm. Mit ihren guten Augen konnten sie schon ziemlich weit weg die Späher auf dem Hügel entdecken, die jedoch keine große Gefahr darstellten. Mit gezielten Schüssen der Bogenschützen wurden sie gleich ausgeschaltet. Und dann gingen sie weiter. Es war morgen und es war ein leicht durchsichtiger Nebel über das Land gezogen. Die ersten paar Elben gingen auf den Hügel und waren oben angekommen. Die hinteren Reihen bliesen in ihre Hörner.
Sobald die vorderen zehn Reihen den Hügel hinunter stürmten, verschwanden sie aus dem Sichtfeld von Marauder, denn er stand irgendwo in der zwanzigsten Reihe. Hinten im Gebirge fing das Licht plötzlich an, durch den Nebel zu stechen. Während er den Hügel erklomm, blendete nun das Licht seine Verbündeten und er konnte nur noch leichte Umrisse von ihnen wahrnehmen. Sein Puls stieg, sein Herz fing immer schneller an zu schlagen. Er sah zwar noch nicht einmal einen Ork oder irgendeine andere Kreatur, doch er wusste... dies wäre seine erste Schlacht. Es wäre das erste mal, dass er Orks töten würde. Bestien aus purer Bosheit. Feige, kleine Kreaturen. Abschaum, wie sie auch genannt wurden. Marauder hatte sein Schwert schon aus der Scheide gezogen und sein Schild vor sich gerissen und fing langsam an zu zittern. Er war nervös. Nie zuvor hatte sein Herz so stark und schnell geschlagen. Es kam ihm vor, als würde es jeden Augenblick aus seinem Brustkorb herausgesprengt werden. Doch dann, auf der Spitze des Hügels, war es fast so, als würden sein Puls und sein Herz aufhören, zu schlagen. Es war so still, er hörte nichts und es war wunderschön, das Gebirge im Morgengrauen zu erblicken. So hell, glänzend... einfach überragend. Doch dann senkte er seinen Blick, nachdem er von seinem Hintermann einen Stoß bekommen hatte, zum Tal hinunter.
Und das war das Grauen. Sein Herz begann wieder, schnell und stark zu schlagen, und er konnte schon sehen, wie das schwarze Blut des Abschaums spritzte und den Boden bedeckte. Er hörte das Gekreische und Gequietsche der sterbenden Orks. Es schmerzte ihn in seinem Kopf, doch er fand Gefallen daran, wie diese Kreaturen starben. Es geschah ihnen recht. Doch nun war keine Zeit mehr, darüber nachzudenken. Er musste nun zeigen, was er bei den Elben gelernt hatte, er konnte hinunter in die Schlacht ziehen. Vielleicht würde er als Held gefeiert werden, doch vielleicht würde er auch die Nerven verlieren und zu fliehen versuchen. Und als Feigling beschimpft werden, oder vielleicht sogar des Hochverrates angeklagt werden und zum Tode verurteilt? Doch daran wollte Marauder schon gar nicht denken. Und dann hatte er auch keine Zeit mehr dafür. Denn er ging ja die ganze Zeit, als er über die Folgen dieser Entscheidung, in die Schlacht zu ziehen, nachdachte, den Hügel hinab, und war in das dunkle, stinkende Tal hinab gefallen. Er warf noch einen Blick nach oben, zu dem wunderbaren Gebirge und schaute dann vor sich, wo schon ein Ork krächzend auf ihn zusprang und ihm mit seinem Schwert den Schädel zertrümmern wollte. Marauder konnte gerade noch seinen Schild hochreißen, und mit einem wuchtigen Hieb durchstach er dem Ork seinen Bauch. Das schwarze Blut spritze heraus und ihm genau ins Gesicht. Doch zum Wegwischen war keine Zeit, schon sprangen von der rechten Seite zwei weitere Orks auf ihn zu. Er fuhr herum und schlitzte beiden die Kehle durch. Was für ein Gefühl, diese widerlichen Gestalten zu zerstückeln. Wie wunderbar. Ich kann nun guten Gewissens sagen, ich habe Orks getötet, schwelgte Marauder während des Kampfs in seinen Gedanken.
Es waren zahlreiche Orks. Marauder metzelte sie nun schon ohne große Schwierigkeiten und mit einem nicht mehr ganz so hohen Puls wie am Anfang nieder. Seine Rüstung war voller Blut und auch sein Gesicht voller Spritzer. Den Gestank der toten Orks verbannte er einfach aus seinem Kopf, er ignorierte ihn. Es war zwar widerlich, aber daran denken durfte er schon gar nicht.
Er bemerkte gar nicht, wo er hinging, er kämpfte sich einfach durch die Massen und plötzlich kam ein Mensch auf ihn zu. Marauder rief: "Ihr, schnell... Kommt zu mir herüber! Die Orks werden euch sonst zerfetzen!”
Doch plötzlich holte der Mensch, anstatt zu ihm zu laufen, zum Schlag aus, den Marauder gerade noch mit seinem Schwert parieren konnte. Er stieß ihm sein Schild in den Magen und schlitze ihm anschließend die Beine auf, so dass er zu Boden ging.
"Was macht ihr, ich wollte euch helfen? Warum attackiert ihr mich?"
Der Mensch antwortete nicht und versuchte wiederum, mit seiner Holzkeule auf Marauder einzuschlagen. Doch diesmal verschonte ihn der Krieger nicht, er stach ihm mit seinem Schwert mitten durch den Hals. Das Geschrei des Menschen verstummte langsam. Nachdem er ihn getötet hatte, fielen ihm auch wieder die Worte von Glorfindel ein.
"Was auch immer sich hinter diesem Hügel befinden mag. Orks, Hügelmenschen, Trolle." Dies waren sicher diese Hügelmenschen, gedanklich zurückgebliebene Menschen.
Marauder kämpfte sich weiter durch, als er plötzlich einen Krieger nur noch wenige Meter von ihm weg fand. Der Krieger stach durch sein weiß schimmerndes Schwert sehr hervor und er trug auch kein elbisches Gewand. Marauder hatte so eine Kleidung noch nie gesehen. Deshalb wusste er jetzt auch nicht, ob er ihn angreifen sollte oder nicht, obwohl er sich schon wunderte, dass dieser Krieger die Orks tötete, und zwar gekonnt und schnell. Doch es wunderte ihn, dass der Krieger die Hügelmenschen nur zurückstieß und nicht tötete, warum sollte er das tun, welchen guten Grund hatte er dazu?
Trotzdem entschied sich Marauder, auch unter Einsatz seines Lebens, ihm zu helfen. Denn der unbekannte Krieger war alleine an eine Wand gedrängt worden von dutzenden von Orks. Obwohl er geschickt mit seinen Waffen umging, konnte ihn Marauder nicht alleine dort weiterkämpfen lassen, jeder Mann war sein Leben wert. Marauder kämpfte sich durch. Der Unbekannte hatte einmal einen unachtsamen Moment und schon war hinter ihm ein Ork, der ihm sein Schwert in den Rücken stechen wollte. Doch Marauder warf seinen Schild zu Boden und machte einen kleinen Sprung hinüber, schlug auf das Schwert des Orks, gab ihm einen Kinnhaken und drehte sich anschließend einmal herum und hackte dem Ork den Kopf ab. Ohne sich zu kennen, drehte sich die beiden mit den Rücken zueinander und stützten sich aneinander ab. Kurz versuchte Marauder, ein Wort mit dem Unbekannten zu wechseln, doch das gelang ihm nicht, da er und der andere Krieger sich zu viel mit den heranstürmenden Orks befassen mussten.
Nach etlichen Stunden hatten sich die beiden von der Wand entfernen können. Marauder hatte seinen Schild wieder vom Boden aufgenommen. Und dann war die Schlacht kurz vor ihrem Ende. Die beiden waren zwar noch immer alleine in den Orkmassen, doch nur noch vielleicht knappe zehn Meter weit waren Orks zu sehen. Der Rest waren Elben, die die Orks von der anderen Seite attackierten, und es dauerte noch einige Zeit, bis der restliche Abschaum besiegt war. Nun hatten sie Ruhe. Auch nun sprachen die beiden kein Wort miteinander, sie waren zu erschöpft und mussten sich zuerst einmal das Blut von der Rüstung und der Haut waschen.
Nachdem Marauder zu seinem Zelt zurückgekehrt war, ruhte er sich erstmal eine Weile von der Schlacht aus, wie die anderen Krieger auch. Als er wieder aufwachte, war es auch schon Abend, und die Sonne tauchte das Land in ein weiches, schimmerndes Rot. Marauder bereitete sich an einem etwas abgelegenen Fleckchen ein Lagerfeuer vor. Er holte Holz, das er auf einen Haufen zusammenwarf, erlegte einen Eber, welchen er dann selbst häutete und auf einen Spieß spießte. Dann stellte er sich zwei Stützen auf, wo er den Eber dann mit einem Stock über dem Feuer braten konnte. Und er freute sich schon auf sein Mahl. Er rollte sich noch einen Steinbrocken her, auf dem er schön sitzen konnte wie auf einem Stuhl und drehte den Eber noch ein paar Mal über dem Feuer. Einige Minuten später nahm er seinen kleinen Dolch aus seinem Stiefel und schnitt sich ein Stück Fleisch aus dem Eber heraus. Den Dolch steckte er wieder weg, hielt das Stück Fleisch mit beiden Händen und nahm einen mächtigen Bissen vom Fleisch. Es war unglaublich lecker, nach einer erfolgreichen Schlacht war frisch gebratenes Fleisch doch das Beste. In dem Moment, als Marauder schluckte, klopfte ihm plötzlich jemand auf die Schulter, hektisch rollte sich Marauder zu Boden und zückte seinen Dolch. Mit vollem Mund hörte sich seine Stimme nicht sehr bedrohlich an, doch er schrie: "Haut ab, oder ich töte euch!".
Marauder konnte ein leichtes Grunzen wahrnehmen, das von der Person, die ihm gerade auf die Schulter geklopft hatte, kam. Anscheinend fand er es recht amüsant, wie Marauder versuchte, ihm mit vollem Mund zu drohen. Und er sagte zu ihm: "Spart euch die Drohungen, wäre ich ein Feind, wärt ihr schon tot." Marauder konnte nun erkennen, wer es war, er hatte zwar noch nie seine Stimme gehört, doch vom Aussehen her erkannte er, dass es der Krieger war, mit dem er an der Felswand gegen die zahlreichen Orks gekämpft hatte.
"Da habt ihr Recht." Marauder setzte sich wieder auf und schluckte sein Stück Fleisch, das er noch immer im Mund hatte, hinunter. "Nehmt euch doch etwas.", bot ihm Marauder an und fragte gleich darauf, ohne dass der Krieger antworten konnte: "Oder seid ihr nicht hungrig, nach dieser Schlacht?". Der noch immer unbekannte Krieger setzte sich neben Marauder auf den Boden und starrte einen Augenblick lang in das Feuer, das sich in seinen leicht glasigen Augen widerspiegelte.
Die Augen, das war das erste, was Marauder auffiel. Sie erinnerten ihn sofort an einen Brunnen, einen Quell uralter Erinnerung. Die Sterne spiegelten sich in den Augen und in ihnen schien ein weiches Licht zu leuchten.
"Gerne nehme ich mir ein Stück vom Fleisch, könntet ihr mir eine Klinge leihen?" Marauder zog sich seine Fetzen ein wenig vom Bein bis zum Knie hinauf und zog sich aus seinem Stiefel wieder sein kleines Messer. Er schmiss es mit einer geschickten Bewegung seines Handgelenks in die Luft, wo sich das Messer einmal drehte und fing es bei der Klinge wieder auf. "Nehmt. Lasst es euch schmecken." Der Krieger schnitt sich ein Stück aus dem Rücken des Ebers und hielt es mit einer Hand fest, mit der Anderen wischte er das Messer an einem weißen Tuch ab und gab es Marauder zurück, der es wieder in seinen Stiefel steckte. Beide machten nun eine kurze Redepause und bissen ein paar Mal von ihrem Stück Fleisch ab. Es war sehr saftig und man konnte sie schmatzen hören. Der Krieger nahm das letzte Stück Fleisch in den Mund und schluckte es hinunter, während sich Marauder wieder etwas vom Eber herunter schnitt.
"Ihr seid ein guter Krieger, doch... würdet ihr mir euren Namen nennen?", fragte der Krieger Marauder mit leiser Stimme. Marauder schmatzte noch ein paar Mal kräftig und antwortete dann mit halb vollem Mund: "Ich bin Marauder, ein Krieger Bruchtals, und wer seid ihr?".
Ein bisschen dachte der andere Krieger darüber nach. Ein Krieger Bruchtals, er sah aber nicht aus wie ein Elb, und verhielt sich auch gar nicht so. Doch zuerst würde er die Gegenfrage beantworten: "Ihr könnt mich Mauritius nennen."
Wieder setzte eine kleine Pause ein. Mauritius wollte anscheinend mit seiner Frage wegen Bruchtal noch ein wenig warten. Doch nicht nur er wartete darauf, dass der andere wieder etwas fragen würde. Denn auch Marauder war sehr interessiert an etwas, und zwar an der Klinge Mauritius', warum leuchtete sie so grell weiß? Noch nie hatte er so eine Klinge gesehen.
Mauritius jedoch stellte zuerst eine andere Frage: "So, Marauder, ihr habt gut gekämpft, war es eure erste Schlacht?“ Der Mensch war von dieser Frage überrascht, woher wusste der Elb davon? Es ärgerte ihn, war das so deutlich aufgefallen? Langsam antwortete er: „Woher wisst ihr das?“
Ein Lächeln spielte um die Lippen des Elben. „ Ich habe meine Erfahrungen in unzähligen Schlachten gesammelt. Ihr kämpft wie ein erfahrener Krieger, doch die Anspannung ist noch nicht von euch gewichen, ansonsten hätte ich euch vorhin nicht so erschreckt.“ Daraufhin schwiegen beide eine Weile, jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend.
Das Schweigen der beiden wurde von einem anderem Krieger, einem Elb, unterbrochen: „Wir haben nicht sehr viel Zeit, uns auszuruhen, wir müssen weiter nach Arthedain. Die Numenorer haben uns um Hilfe gerufen, da Angmars Truppen Fornost schon gefährlich nahe sind. Also, macht euch bereit, morgen früh aufzustehen. Wir reisen bei Sonnenaufgang. Wer nicht bereit ist, auf den wird nicht gewartet. Doch wir brauchen jeden Krieger. Also versucht, bereit für die Reise zu sein."
Marauder antwortete mit einem kurzen „Ja“ und wandte seinen Blick dann wieder schnell zu Mauritius, und da sie nun ein wenig von ihrem Gespräch abgekommen waren, dachte sich Marauder, dass er einfach mal drauflos fragen würde: "Mauritius, ich habe eine Frage."
Mauritius war anscheinend ein wenig erleichtert, er atmete einmal tief durch. Und lauschte dann den Worten von Marauder: „Was hat eure Klinge zu bedeuten? Warum leuchtet sie so grell... weiß? Was ist das für ein Material, oder hat es andere Gründe?“
Mauritius senkte seinen Kopf ein wenig, und strich mit seinem Fuß ein wenig am Boden herum. Das Licht in seinen Augen schien für einen Augenblick zu verblassen, doch nach kurzer Zeit ging sein ernster Gesichtsausdruck in ein leichtes Grinsen über, und dann hob er seinen Kopf wieder und blickte Marauder in die Augen. "Das waren aber viele Fragen auf einmal. Viele wollten schon wissen, warum meine Klinge leuchtet. Doch dieses möchte ich nicht gerne verraten." Marauder ließ es sich nicht anmerken, dass er leicht enttäuscht über diese Aussage war, er wollte so gerne wissen, warum diese Klinge leuchtete, sie war ein wunderbarer Anblick. Mauritius wartete auf eine Reaktion von Marauder, die auch prompt kam. Er schloss seine Augen und nickte ein paar Mal mit verständnisvoller Mine. "Und nun hätte ich auch eine Frage an euch, Marauder. Ich hoffe ihr könnt sie mir beantworten. Doch ich würde auch verstehen wenn nicht."
Nun war Marauder sehr interessiert was er zu sagen hatte, und hörte ganz genau zu.
"Ihr hattet doch vorhin erwähnt, als ihr mir euren Namen sagtet, dass ihr ein Krieger Bruchtals wärt? Doch ihr seid kein Elb, oder irre ich mich?" Auch aus einem guten Grund, denn mit einem Elb hatte Marauder so gut wie keine Ähnlichkeit und das konnte man ihm auch gut ansehen.
"Nun, ich kann euch diese Frage beantworten, aber ich möchte nicht.", antwortete ihm Marauder mit einem leicht lächerlichen Unterton. Beide fingen dann leicht zu lachen an. Bis Mauritius sich nicht mehr richtig halten konnte. Er verstand die Anspielung und musste laut lachen.
"Mir gefällt euer Humor. Und vor allem, dass ihr nach einer Schlacht wie dieser einen habt. Doch übertreibt es nicht, manche verstehen keinen Spaß und könnten euch dann mit einer Klinge bedrohen." Marauder schmiss den Knochen, den er gerade abgenagt hatte in das Feuer und antwortete ihm dann rasch: "Keine Angst, ich weiß mich schon zu wehren. Und nun kommen wir zu eurer Frage zurück. Nein, ich bin kein Elb, das habt ihr gut erkannt. Ich bin ein Mensch, doch ich weiß nichts von meiner Herkunft. Außer das, was mir Herr Elrond mitgeteilt hat. Doch dies ist wirklich nichts, was euch interessieren könnte. Ich bin eben ein guter Krieger, mit enormer Kraft." Mauritius schnaubte ein paar Mal, er fand es recht komisch, wie sich Marauder selbst als unglaublich starken Menschen darstellte. Doch er würde ihm dieses Selbstvertrauen nicht wegnehmen wollen, immerhin hatte er gut gekämpft.
Es wurde immer dunkler. Das Feuer erlosch schon langsam und das Flackern des Lichts der Flammen in den Gesichtern von Mauritius und Marauder wurde immer stärker, da langsam Wind aufzog. Marauder erhob sich von seinem Stein und blickte zu Mauritius hinunter. "Ich werde mich nun in mein Zelt schlafen legen. Habt ihr eine Unterkunft?", fragte ihn Marauder auch noch mit einer ziemlich vertrauten Stimme. Mauritus nickte nur leicht und erhob sich ebenfalls, er streckte Marauder die Hand hin. Worauf er auch gleich reagierte und ihm die Hand gab. "Ich hoffe, wir werden in Arthedain auch zusammen kämpfen. Erholt euch gut."
Mauritius ließ die Hand von Marauder los und ging auf geradem Weg auf den Berg zu, nicht zu den Zelten.
Marauder blieb noch eine Weilte stehen und trat sein Feuer aus. Es war nur noch eine leichte Glut übrig, die er von selbst ausgehen ließ. Dann machte auch er sich auf zu seinem Zelt, wo er sich seine Stiefel auszog und sich dann hineinbegab. Er dachte noch einmal über den heutigen Tag nach. Die Schlacht, die er hinter sich gebracht hatte. Seine erste Schlacht. Und er hatte nicht das geringste schlechte Gewissen, dass er so viele Menschen und Orks getötet hatte. Denn sie hatten es verdient. Denn wer konnte sagen, wie viele Leben sie schon ausgelöscht hatten. Und während Marauder über diese Sachen nachdachte, schlief er auch langsam ein.
El-Murazor schrieb:
Nach der Unterhaltung, als sich Marauder schlafen gelegt hatte, ging Mauritius gedankenverloren den nördlichsten Hügel hinauf. Am höchsten Punkt angekommen warf er einen langen Blick nach Norden, jenen Norden, in dem er schon so oft gekämpft hatte.
Ein kaltes Schaudern lief über seinen Rücken, als er an all die Schlachten dachte, in denen er schon gekämpft hatte.
Sein Leben zog vor seinen Augen vorüber und er dachte an seine Eltern, deren Tod schon so lange zurücklag. Er dachte an seinen Schwur, sah sich in Gedanken vor sich und zog sein Schwert. Dieses Schwert war das Ergebnis des Schwurs, das weiße Licht leuchtete ihm entgegen und schnell steckte er es zurück, um keinen Feind aufmerksam zu machen.
Wie viele Orks und andere Kreaturen waren schon durch dieses Schwert gefallen? Wie viele von seiner Hand? Und vor allem wofür? Er hatte seine Rache nie ausüben können, alles was er getan hatte, war, die Handlanger des Bösen zu bekämpfen und zu vernichten. Doch was hatte es gebracht? Morgoth war verbannt und nicht endgültig bezwungen, Sauron nur verschwunden. Im Norden war ein neuer Schatten gewachsen, der jetzt die freien Völker bedrohte.
Der Schatten schien sich immer zu erholen, immer neu zu erstehen und die Welt zu quälen, in manchen Jahren mehr, in manchen weniger stark.
Er sah in die Nacht hinaus, kein Stern war am Himmel zu sehen. Er dachte an die Worte seiner Frau: „Licht gibt es ohne Schatten, Schatten aber nicht.“
Was bedeutete dies? War der Schatten notwendig? Vielleicht unbesiegbar? Würde es jemals einen Tag geben, an dem das Licht ewig leuchten würde?
„Der Schatten begleitet dich, wo auch immer du dich aufhältst“ hatte Galadriel ihm einmal gesagt. „Tritt mit deinem Fuß auf den Boden und unter der Sohle ist es dunkel….“
Er dachte wieder an seine Familie, die in Lorien weilte, und Sehnsucht stieg in ihm auf. Wie wenig Zeit hatte er bisher mit ihnen verbracht und wie viele Jahre hatte er im Krieg verbracht? Wie viel wertvolle Zeit hatte er verschwendet, indem er das Böse jagte und in der Welt umherzog?
So lange lebte er jetzt schon, so lange führte er diesen Krieg, nicht mehr aus Rache, so viel wurde ihm klar. Er hatte seine Bestimmung gefunden, er musste einfach kämpfen, für alle, die es nicht mehr konnten und um allen zu helfen, die seine Hilfe so dringend benötigten, wie die Menschen in Arthedain.
Und dennoch, er konnte das in ihm aufkeimende Gefühl nicht unterdrücken. Auch seine Familie brauchte ihn, ohne Marauder und Gwoldor wäre er vielleicht jetzt schon tot, würde sie vielleicht nie wieder sehen.
Unruhe ergriff ihn, er wusste, dass er sich diesen Gedanken nicht widmen sollte, dass er selber Ruhe brauchte, doch er fand sie nicht. Er würde nie Ruhe finden, nicht solange er seine Bestimmung nicht erfüllt hatte. Er musste sie erfüllen, er musste einfach. Ruckartig machte er kehrt und wollte schon zurückgehen, als er eine Gestalt gewahrte, die auf ihn zukam.
Es war Glorfindel, er hatte ihn hinaufsteigen sehen und war ihm langsam nachgegangen. Neben ihm blieb er stehen und sprach in unvermittelt an: „Warum bist du hier oben, Mauritius? Wieso kommst du nicht zu den Anderen?“ Unschlüssig was er sagen sollte verharrte Mauritius in Schweigen.
„Du hast das Richtige getan, glaub mir“, hörte er Glorfindel sagen und merkte jetzt erst, dass der Elb ihn aufmerksam ansah. „Inwiefern?“, war seine Antwort, doch er erkannte, dass der Andere seine Gedanken durchschaut hatte und wusste was ihn beschäftigte. „Du hast gut gekämpft, ohne dich hätten wir hier nicht so einfach den Sieg davon getragen. Die Niederlage hier ist ein harter Schlag für Angmar, denn nun sind sie aus dem Süden nicht mehr sicher. Wenn es Angmar nicht gelingt, Fornost einzunehmen, haben sie den Krieg verloren, denn Gondor wird kommen.“
„Ihre Niederlage hier zeigt, dass der richtige Schlag nur umso heftiger werden wird. Fornost wird fallen, wir können sie nicht retten, unser Heer wird das gleiche Schicksal erleiden wie Fornost. Und was ist dann mit Lorien und Bruchtal? Wie lange wird es dauern, bis die Armeen Angmars dort einfallen?“ Glorfindel trat jetzt direkt an ihn heran und sah ihm in die Augen.
„Du willst doch nicht etwa aufgeben, oder?“
In Mauritius Augen blitzte es zornig auf: „Ich gebe nicht auf, das weißt du. Ich werde nach Fornost gehen, so hoffnungslos es auch ist, und solange ich lebe, verteidige ich es. Aber am liebsten würde ich alle verfügbaren Soldaten zusammenziehen und nach Carn Dûm marschieren, sie direkt in ihrem Herzen angreifen.“
„Wir haben weder die Stärke noch die Zeit, einen solchen Angriff zu führen, und ohne uns ist Fornost verloren. Und du hast heute wirklich gut gekämpft, denn mit deiner Ablenkung hast du es geschafft, einen Zweiflankenangriff herbeizuführen und ihnen gleichzeitig den einzigen Rückzugsweg verbaut. Aber es sind leider sind einige entkommen. Du hast zusammen mit Marauder gekämpft?“
Ein Lächeln spielte um Mauritius‘ Lippen: „Ja, er erinnert mich sehr an mich selbst. Ich war damals genauso jung und unerfahren. Aber er hat eine gute Ausbildung genossen“, warf er mit einem Seitenblick auf Glorfindel ein. „Ich habe Ausschnitte aus deinem Kampfstil bemerkt, trotzdem muss man auf ihn aufpassen, denn es besteht für alle, die nach Fornost gehen, wenig Hoffnung auf Rückkehr.“ Falten traten auf das Gesicht des Elben: „Ja, wir haben seinen Eltern versprochen, auf ihn aufzupassen. Doch zuallererst müssen wir nach Fornost gelangen, dann sehen wir weiter.“
Zusammen machten sich die beiden auf den Rückweg ins Lager und für den Rest des Weges sprach keiner der beiden ein Wort.