Zu Valions Überraschung dauerte es nur wenige Stunden, bis es an der Türe klopfte und eine Gruppe von Bewaffneten sie in die große Halle von Arandol eskortierte. Vom Hofe von Dol Amroth, an dem er so wenig wie möglich teilgenommen hatte, war er es gewohnt gewesen, dass bei wichtigen Entscheidungen lange Wartezeiten zu erwarten waren. Unter Herrin Nengwens Herrschaft schien das allerdings in den Pinnath Gelin nicht der Fall zu sein.
Alles was in Arandol Rang und Namen besaß, hatte sich im hinteren Teil der Halle rings um den erhöhten Sitz versammelt, auf dem Nengwen Platz genommen hatte. Der aus dunklem Holz geschnitzte Thron stand auf der obersten von drei breiten Marmorstufen, die die gesamte hintere Breitseite der Halle einnahmen. An der Rückwand hingen noch immer dieselben Banner wie am Tag ihrer Gefangennahme: Das der Pinnath Gelin in der Mitte, flankiert vom Fisch von Anfalas und dem Weißen Baum Gondors. Doch nun, da man die großen Vorhänge vor den blau verglasten Fenstern geöffnet hatte, lag der Weiße Baum nicht länger im Schatten sondern erstrahlte im bläulichen Licht, das durch die Fenster herein fiel. Es war Mittag geworden.
Neben Nengwen stand ein ungefähr siebenjähriger Junge, bei dem es sich um ihren und Elatans Sohn Baradír handeln musste, wie Valion vermutete. Das Kind hatte dichtes, schwarzes Haar und machte eine bemüht ernst wirkende Miene.
Die Herrin von Arandol war umgeben von ihren wichtigsten Gefolgsleuten, darunter viele, die während Maegonds Machtübernahme eingesperrt worden waren, wie Valion später erfuhr. Man hatte sie befreit und ihnen ihre ursprünglichen Posten wiedergegeben, während die, die Maegond an ihrer Stelle eingesetzt hatte, sich nun selbst als Insassen des Gefängnisturmes der Burg wiederfanden.
Zu dritt traten sie nun vor die adelige Versammlung, auf der freien Fläche kurz vor Nengwens Stuhl, jenseits der untersten Stufe. Ein Ort, der normalerweise für Bittsteller vorgesehen war, wie Valion bemerkte. Als sie dort angekommen waren, erhob die Herrin der Burg die Hand, und das leise Getuschel im Raum erstarb.
“Willkommen,” begann sie mit fester Stimme. “Wir haben uns zu dieser Stunde hier versammelt, um eine dringliche Angelegenheit zu besprechen und um wichtige Entscheidungen zu fällen.” Sie wandte Valion den Blick zu und fuhr fort: “Bitte nennt Eure vollständigen Namen, damit wir beginnen können.”
Valirë war die Erste, die antwortete. “Ich bin Valirë von Haus Cirgon, Tochter der Míleth von Nan Faerrim und des Amlan vom Ethir, und stehe kurz davor, dem Haus Dol Amroth anzugehören.”
Nengwen nickte. Da sagte Valion: “Valion, Sohn des Amlan... Herr vom Ethir.” Es fühlte sich merkwürdig an, sich auf seinen Titel zu berufen, doch in der momentanen Situation erachtete er es als notwendig.
Alle Blicke richteten sich nun auf Lóminîth, die nicht länger blutbefleckt war. Sie hatte seit dem Betreten der großen Halle kein Wort gesagt und stand nahezu regungslos dort. Mehrere Sekunden vergingen, in denen sie schwieg und Nengwens strengem Blick mit einer Unerschütterlichkeit stand hielt, die Valion insgeheim beeindruckte.
“Dies ist meine Verlobte, Lómíril Serestar, von Tol Thelyn,” sagte Valion, als er das Schweigen nicht mehr aushielt.
Doch Nengwen war nicht so einfach zufrieden zu stellen. “Hat es ihr die Sprache verschlagen, oder kann sie nicht für sich selbst sprechen?”
Das genügte, um Lóminîth zum Sprechen zu bringen. “Also gut,” sagte sie so leise, dass es nur Valion, der neben ihr stand, hören konnte. Sie atmete tief durch und nahm eine herausfordernde Körperhaltung an. “Ich bin Lóminîth, Tochter des Azgarzîr und aus der edlen Linie Minluzîrs des Seefahrers.”
Für einen Augenblick herrschte absolute Stille in der Halle. Nengwen, die bislang auf ihrem Sitz leicht vorgebeugt gesessen hatte, setzte sich nun aufrecht hin. Ihre Miene spiegelte Nachdenklichkeit und ein klein wenig Anerkennung wieder. Dann verging der Moment, und alle Anwesenden begannen, wild durcheinander zu reden.
“Das sind Namen, die nach Umbar klingen!”
“Sie gehört zu den Korsaren!”
“Ist Gondor nun schon so tief gesunken, dass wir die Verräter des Südens um Hilfe anflehen müssen?”
“Ein Skandal! Ein Lehnsfürst Gondors heiratet ein Korsarenweib?”
“Legt sie in Ketten!”
“Kein Wunder, dass sie einen Mord begangen hat.”
“Ruhe!” Nengwens gebieterische Stimme brachte den Saal augenblicklich wieder zum Schweigen. Doch Valion war klar, dass sich ihre Lage durch die Enthüllung der wahren Identität seiner Verlobten nicht gerade verbessert hatte. Viele wütende Blicke wurden in seine Richtung geworfen und er war froh, dass Elatans Ehefrau so eine große Autorität besaß und ihre Leute gut im Griff hatte. “Nun, da uns allen klar ist, wer Ihr seid, können wir beginnen. Valion und Valirë vom Ethir, und Lóminîth von Haus Minluzîr, ihr werdet beschuldigt, den Mord an Maegond, Arachírs Sohn, von Haus Torchirion verübt zu haben. Wir sind heute hier, um die Umstände, Gründe und Ursachen dieser Tat zu besprechen und anschließend ein Urteil zu fällen. Ihr habt uns Eure Namen gesagt, und im Gegenzug werde ich nun jene aufrufen, um deren Rat ich heute bitten werde und die mich dabei unterstützen werden, besagte Entscheidungen zu fällen. Beginnen möchte ich mit Prinz Erchirion, Sohn des Imrahil von Dol Amroth.”
Bei diesen Worten erhob sich Erchirion, der auf einem Stuhl auf der zweitobersten Stufe gesessen hatte. Sein Blick war voller Sorge, doch er sagte kein Wort.
Nengwen rief nun der Reihe nach die übrigen Anwesenden auf, darunter den Burgvogt, ihren Hofschreiber, den Kommandant der kleinen Soldatengarnison, die den Pass von Cirith Minuial bewachten, sowie die Häupter der fünf kleinen Adelshäuser, die ihren Sitz in Arandol hatten. Alles in allem war niemand dabei, dessen Name außerhalb der Pinnath Gelin großes Gewicht hatte.
“Lange galt sie als verschollen, doch nun ist sie überraschend heimgekehrt: Magrochil von Haus Torchirion, Tochter des Arachír, Schwester des Ermordeten, die heute ihren Vater vertritt, der unpässlich ist.” Als sich Magrochil erhob, war Valion schockiert, wie viel Hass er in dem Blick des Mädchens las. Sie starrte Lóminîth unnachgiebig an und schien wie ausgewechselt zu sein. Es kam Valion so vor, als hätte sie bereits alle Taten ihres Bruders vergessen und war von dem Verlust härter getroffen worden, als sie es selbst erwartet hätte.”
“Zuletzt rufe ich Gilvorn von Lossarnach auf.” Auf Nengwens Aufruf folgte betretenes Schweigen und kurz darauf leises Gemurmel. Schließlich war es der Burgvogt, der sagte: “Herrin, der junge Gilvorn hat Arandol verlassen. In der Nacht des Mordes nahm er ein Pferd aus den Ställen und preschte durchs Ost-Tor davon, als würden ihn die Schatten Mordors persönlich verfolgen.”
“Warum wurde mir davon nichts berichtet?”
“Wir hielten es nicht für wichtig genug, um Euch damit zu belästigen.”
Valion hatte eine andere Theorie. Der Burgvogt war einer der wenigen gewesen, die ihren Posten auch unter Maegonds Herrschaft behalten hatten.
Vermutlich stehst du noch immer mit diesem Verräter im Bunde und wolltest sein Verschwinden so lang wie möglich geheim halten, damit er einen Vorsprung vor etwaigen Verfolgern hat.“Das ist bedauerlich,” stellte Nengwen streng fest. “Die Sorgfalt in diesen Hallen hat wohl in meiner Abwesenheit nachgelassen. Gilvorn wäre ein wichtiger Zeuge gewesen, denn er begleitete die Zwillinge vom Ethir auf ihrem Weg von Nan Faerrim bis hierher und schien in enger Verbindung zu Maegond zu stehen. Seine Flucht kann nichts Gutes bedeuten.”
Sie räusperte sich, ehe sie fortfuhr. “Zwar habe ich bereits von Prinz Erchirion gehört, wie es zu der Situation gekommen ist, in der wir uns heute befinden, doch ich möchte es noch einmal von Euch hören, Valion vom Ethir. Beginnt mit dem Auftrag, den der Fürst von Dol Amroth Euch gab, und lasst kein Detail aus.”
Unterstützt von seiner Zwillingsschwester berichtete Valion den Anwesenden von ihrer bisherigen Reise, was für einige erstaunte Zwischenbemerkungen aus der Menge sorgte. Als er eine halbe Stunde später geendet hatte, nickte Nengwen zufrieden. “Schickt nun die Dienerin herein, die die Bluttat als Erste entdeckte, damit sie uns ihren Fund beschreibe.”
Die Soldaten führten eine ältere Frau herein, die ihnen berichtete, wie sie die Leiche am frühen Morgen entdeckt und sofort die Wache alarmiert hatte. Man merkte der Dienerin dabei deutlich an, dass sie nicht sonderlich traurig über Maegonds Tod war, was ihr einige finstere Blicke von Magrochil einbrachte.
Als nächstes bat Nengwen Lóminîth, ihre Version der Ereignisse zu erzählen.
“Ich verbrachte zwei Tage in Maegonds Gemach, ohne dass er mich behelligte. Ich wurde oberflächlich durchsucht, doch den verborgenen Dolch an meinem Oberschenkel fand er nicht.” Dabei gab es mehrere empörte Zwischenrufe über die Verschlagenheit der Korsaren, die Lóminîth ignorierte. “Am dritten Abend versuchte er, Hand an mich zu legen. Als ich Widerstand leistete, bemerkte er den Dolch und ein Handgemenge entstand. Es gelang ihm nicht, mir die Klinge abzunehmen, weshalb er begann, mich zu würgen. Ich sah mich gezwungen, ihn zu erstechen. Es war Notwehr.”
Aufgebrachte Rufe übertönten alles, was sie noch hätte hinzufügen können, und dieses Mal hatte Nengwen einige Schwierigkeiten, wieder für Ruhe zu sorgen. “Wieso führtet Ihr einen verborgenen Dolch mit Euch?” wollte die Herrin der Burg wissen, als wieder Schweigen eingekehrt war.
“In meiner Heimat ist es für eine Frau meines Standes vollkommen normal, stets auf die eigene Sicherheit bedacht zu sein. Deshalb verstehe ich mich bis zu einem gewissen Maße auf Techniken der Selbstverteidigung und trage eine Waffe bei mir.”
“Ihr seid nun in Gondor. Hier sind solche Praktiken weder notwendig noch angebracht,” erwiderte Nengwen streng. “Ich kann jedoch zumindest teilweise nachvollziehen, wie es zu der Mordtat gekommen ist, sofern Ihr nicht gelogen habt. Steht Ihr zu Eurer Aussage, dass die Ermordung Maegonds nicht vorsätzlich war?”
Lóminîth blieb mehrere Sekunden stumm. Dann antwortete sie: “Ja.”
Valion, der sie inzwischen gut genug kannte, horchte auf. Das Zögern seiner Verlobten mochte auf Fremde als Unsicherheit wirken, doch Valion wusste, dass Lóminîth niemals unsicher war.
Sie hat abgewägt, ob sie zugeben soll, dass sie den Mord von Anfang an vorhatte, wurde es ihm klar.
Seit unserer Gefangennahme hat sie nur auf eine gute Gelegenheit gewartet um zuzuschlagen.“Auch wenn kein Vorsatz im Spiel war, steht die Tatsache, dass Ihr einen Adeligen Gondors umgebracht hat, außer Frage,” fuhr Nengwen fort. “Valion vom Ethir, gehe ich recht in der Annahme, dass es sich bei Lóminîth von Haus Minluzîr um Eure feststehende Verlobte handelt?”
Valion nickte. “Das ist richtig.”
“Dann tragt auch Ihr einen gewissen Anteil an den Taten Eurer zukünftigen Ehefrau. Ihr, Valirë vom Ethir, seid hingegen von allen Anschuldigungen befreit und könnt Euren Platz in der Mitte der Halle verlassen.”
Valirë machte einen Knicks und warf Valion einen besorgten Blick zu, ehe sie sich neben Erchirion einfand.
Nengwen erhob sich und der Rest der Anwesenden tat es ihr gleich. “Wir haben nun gehört, was es zu hören gibt, und müssen nun entscheiden, was zu tun ist. Wer möchte als Erstes sprechen?”
“Die Mörderin muss sterben!”
Alle Augen wandten sich Magrochil zu, die anklagend mit ausgestreckten Arm auf Lóminîth zeigte. “Ein Leben für ein Leben,” forderte das Mädchen mit unterdrücktem Hass in der Stimme.
“Ich rate zur Besonnenheit,” erwiderte Erchirion. “Euch muss klar sein, dass Lóminîth aus Notwehr gehandelt hat. Wir sind nicht hierher gekommen, um Morde zu verüben, sondern um die Verschwörer aufzuhalten, die beinahe für den Untergang Gondors gesorgt haben. Und, so schmerzhaft dies für Euch auch klingen mag: dieses Ziel haben wir erreicht, wenn auch nicht auf dem von uns geplantem Wege.”
Empörte Aufrufe antworteten auf die Worte des Prinzen. “Ist das etwa die Gerechtigkeit Dol Amroths?” fragte der Burgvogt. “Jene, die Euch unbequem sind, lasst Ihr von Attentätern aus Umbar umbringen?”
“Das sind unhaltbare Anschuldigungen,” erwiderte Erchirion verärgert.
“Eines steht außer Frage,” sagte das Oberhaupt eines der geringeren Adelshäuser. “Ein Gondorer von hohem Stand ist tot. Dies kann nicht ohne Folgen bleiben. Sicherlich seid Ihr derselben Meinung, Herrin.”
Nengwen nickte langsam. “Ein Mord von diesem Ausmaß darf nicht ungesühnt bleiben. Das ist richtig. Doch Maegond war ein Verräter. Dies ist nicht von der Hand zu weisen. Er hat hinter meinem Rücken vielerlei Verbrechen begangen und meine Leidenschaft schamlos ausgenutzt, um die Macht in Arandol an sich zu reißen. Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass es sich bei dem Mord tatsächlich - zumindest teilweise - um Notwehr gehandelt hat. Der Dolch war fehl am Platze und hätte niemals zum Einsatz kommen sollen. Aber wäre er nicht dort gewesen, hätte Valion vom Ethir nun eine tote Verlobte zu betrauern, und die Pinnath Gelin müssten noch immer Maegonds tyrannische Herrschaft erdulden.” Sie machte eine Pause und musterte die Anwesenden einen nach dem Anderen.
Als die Herrin von Arandol nach einer Minute noch nicht weitergesprochen hatte, begannen jene, die Vergeltung für den Mord forderten, eindringlich auf sie einzureden. Allen voran Magrochil, die wieder und wieder Lóminîths Tod verlangte. Valion blieb dabei nichts anderes übrig, als abzuwarten und auf das Beste zu hoffen. Er war überrascht, als er spürte, wie sich die Hand seiner Verlobten ihren Weg in seine bahnte. Ihr Griff war fest, doch als er ihn erwiderte, stellte er fest, dass Lóminîth, der man äußerlich nicht einen Funken von Furcht oder Zweifel anmerkte, zitterte. Ihre Finger vibrierten beinahe unmerklich, und doch spürte Valion das Zittern. Und er war froh darüber. Denn das war es, was seine Verlobte für ihn menschlich wirken ließ. Sie hatte Emotionen, doch sie zeigte sie nur jenen, denen sie absolut vertraute. Und dazu gehörte neben ihrer Schwester nun auch Valion.
Nengwen hob die Hand und alle Anwesenden setzten sich wieder. “Diese Angelegenheit hat sich als schwieriger als erwartet erwiesen,” sagte Nengwen. “Ich bin überzeugt, dass der Mord aufgrund einer Verkettung unglücklicher Ereignisse geschehen ist und dass kein bösartiger Vorsatz dahinter steckt. Und doch ist Gondor ein Land der Gesetze und kein Verbrecherhort wie Umbar.”
Bei diesen Worten regte sich Lóminîth, doch sie blieb stumm. Ihre Finger pressten sich fester in Valions Hand.
“Es war Imrahil von Dol Amroth, der Euch, Valion, hierher entsandte, und der Euch, Lóminîth, in Gondor willkommen hieß. Als amtierender Truchsess Gondors fällt es ihm zu, sich mit dieser Angelegenheit zu befassen. Deshalb überstelle ich Euch seiner Rechtsprechung, und der Rechtsprechung des ihm mit Rat und Tat beiseite stehenden Herrn der Pinnath Gelin, meinem Gatten Elatan.”
Das sorgte für Getuschel, aber keine empörten Aufschreie. Nur Magrochil wagte es, offen zu widersprechen. “Ihr schickt sie zurück nach Dol Amroth? Und lasst sie mit dem Mord davonkommen?”
“Du vergisst, wo dein Platz ist, Magrochil,” erwiderte Nengwen streng. “Ich bin überzeugt, dass Fürst Imrahil für Gerechtigkeit sorgen wird. Außerdem ist Elatan bei ihm, der von dieser Angelegenheit ebenfalls betroffen ist. Diese Entscheidung zu treffen liegt nicht länger bei mir.”
Sie erhob sich erneut, und die Anwesenden taten es ihr gleich. “Morgen früh werde ich eine bewaffnete Eskorte zusammenstellen, die sicher stellen wird, dass Valion vom Ethir und Lóminîth von Haus Minluzîr ohne Umwege in Dol Amroth ankommen um sich dem Urteil des Truchsessen zu stellen. Seinem Sohn Erchirion und Herrin Valirë steht es frei, in Arandol zu bleiben, sofern sie dies wünschen.”
“Ich gehe mit meinem Bruder zurück nach Dol Amroth,” stellte Valirë klar.
“Und ich werde zu meinem Vater zurückkehren und ihm von allem, was hier geschehen ist, berichten,” ergänzte Erchirion.
“Dann ist es beschlossen,” sagte Nengwen und klatschte zweimal in die Hände. “Ihr habt gehört, wie ich entschieden habe und könnt nun zu euren jeweiligen Aufgaben zurückkehren.”
Der Hofstaat löste sich auf. Magrochil warf Lóminîth einen letzten wütenden Blick zu, ehe sie aus der Halle stürmte und auch unter den übrigen Adeligen gab es noch immer einige, die Valion und seine Verlobte mit unverhüllter Abneigung betrachteten. Doch Valion war das egal. Er war zwar froh, dass man Lóminîth nicht hinrichten würde, doch er ärgerte sich darüber, dass er nun gezwungen war, nach Dol Amroth zurückzukehren. Vor dem Urteil Imrahils hatte er keine Angst, denn er war der Meinung, dass der Fürst spätestens nach Erchirions Bericht davon absehen würde, eine echte Strafe zu verhängen - zumindest hoffte Valion das. Anstatt einer Rückkehr nach Dol Amroth hätte sich Valion lieber an Gilvorns Spuren geheftet.
Der Bastard ist noch immer auf freiem Fuß. Wer weiß, was er als Nächstes für Unheil in Gondor anrichtet, nun da er nach Osten unterwegs ist. Ihm fiel ein, dass im Osten die Grenze lag, an der nun vermutlich bereits die ersten Kämpfe gegen die Streitkräfte Mordors ausgebrochen waren. Zwar stand Gilvorn nicht offen auf Seiten Saurons, doch Valion war sich sicher, dass der junge Jäger ehrlich gewesen war, als er Valion von seinen Beweggründen erzählt hatte. Es ging ihm um den Frieden in Lossarnach und um die Sicherheit seines Volkes, und er glaubte, dass beides erst dann sichergestellt sein würde, wenn Gondor und Mordor keinen Krieg mehr gegeneinander führten. Valion befürchtete, dass es Gilvorn gelingen könnte, die Bemühungen Dol Amroths, die östliche Front bei Linhir zu halten, ernsthaft zu sabotieren...
Valion, Valirë, Erchirion und Lóminîth nach Anfalas