Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Arnor

Arthedain

(1/4) > >>

Melkor.:
Ardóneth und seine Gruppe aus Fornost


Reges Treiben herrschte nun im Quartier des Sternenbundes. Eine gute Stimmung drang durch die großen Hallen. Während Belen, Gandalf und das Elbenpaar sich unterhielten, war Ardóneth mit seinen Gefährten auf der Jagd. Die Wälder ringsum Fornosts waren bereits schon so ausgebeutet, das man erst einige Meilen weiter wieder Wild finden konnte. Nordöstlich Fornosts, (ungefähr 20 Meilen entfernt) fanden sie einen kleines Wäldchen. Die Blätter in den Baumkronen raschelten im Wind. Vorsichtig betraten sie den Wald. Zum einen wollten sie es verhindern, mögliche  Beutetiere aufschrecken, zum anderen möglichen Feindkontakt durch übereiltes Eindringen vermeiden.

Tiefer und tiefer drangen sie in den sich nun immer mehr verdichtenden Wald ein und schließlich spürten sie eine kleine Gruppe Rothirsche auf. Die Waldläufer versuchten sich nun möglichst gut zu verteilen um die Hirsche zu umzingeln zu können, oder abzufangen sollten sie fliehen. Doch bevor die Waldläufer sich positionieren konnten trat Kiárd auf einen alten morschen Ast. Ein lautes Knacksen durchdrang die Stille im Wald und ehe sie es sich versahen waren die Hirsche schon beinah entwischt. Ardóneth befahl jedoch den Hirschen zu folgen, schließlich war der Fleischvorrat fast vollkommen verzehrt. Sie jagten die  Hirsche bis zur Waldgrenze auf eine flaches, steiniges Feld hinaus. Dutzende Pfeile verschossen sie bei der Jagd. Doch in einen glücklichen Moment konnte Kilían, der bereits im Feld schon wartete, den Fehler seines Bruders wieder gut machen. Ein Pfeil flog genau auf die Hirschgruppe zu, und traf einen der zwei großen Böcke in den Rumpf. Dieser rannte noch einige Meter weiter, brach jedoch dann auf dem offenen Feld zusammen.

Gilbárd, der Stärkste der Gruppe nahm den Hirsch auf die Schulter und sie folgten einen Trampelpfad in die Richtung Fornost. Schon vom weiten war Rauch von Lagerfeuer zu sehen. " Da seht, dort hat jemand ein Feuer entfacht" bemerkte Kiárd. Dies war ungewöhnlich, da die Lande nördlich von Fornost ihnen auf dem Hinweg leer und verlassen vorgekommen waren. Als sie den kleinen Hügel überquerten endeckten sie nur ein kleines spärlich aufgebautes Lager. Dies wurde mit einem unvollständigen Palisadenwall geschützt. " Endlich eine Pause" stöhnte Gilbárd der den Hirsch den langen Weg über auf seinen Schultern trug.
Ardóneth konnte vom weiten einen Mann in einer Pelzbekleidung sehen der scheinbar das Tor bewachte.  Doch seine Erleichterung änderte sich schnell als ein Ork die Wache ins Lager schickte und dessen Position einnahm.

"Elrádan, Fórtorg und Avél kommen mit mir, der Rest bleibt hier" befahl Ardóneth und die Gruppe machte sich in das Lager auf. Schleichen war jedoch keine Alternative, denn bis es dämmern würde dauert es noch einige Stunden. So zogen sie ihre Schwerter und stürmten in das kleine Lager. Dort saßen drei Dunländer um ein Feuer. Die Dúnedain rannten den Dünländern entgegen und schließlich kam es zum Waffenwechsel.  Einer der Dunländer schlug Alarm und die restlichen Wachen eilten in das Lager. Die Waldläufer jedoch waren deutlich geschulter im Schwertkampf und konnten die Feinde überwältigen; jedoch konnte einer der Dunländer Fórtorg am Handgelenk verletzen. Dieser jedoch stach sein Schwert durch die Brust seines Gegners. "Verbindet seine Hand! Ich sehe mich in der zwischen Zeit etwas um," sagte Ardóneth.
Er betrat ein großes, geschlossenes Zelt.
Scheinbar das Zelt des Anführers. Es muss doch sicher irgendwo Befehle oder Pläne geben, dachte er während er sich im Zelt umsah. Fässer und Kisten standen vor dem Bett und auf einem kleinen Tisch stapelten sich Pergamente. Schließlich begann er, sich durch die zahlreichen Papiere und Briefe zu wühlen und alsbald fand er genau das was er suchte - einen Brief. Er konnte den Brief entnehmen dass das Lager hier ein Spähposten Sarumans war. Jedoch suchte er noch Pläne, blieb jedoch erfolglos. Er steckte den Brief in seine Tasche drehte sich um und blieb vor einer kleinen Ablage stehen. Dort fand er einen Angriffsplan auf Fornost. Diesen steckte er ebenfalls in seine Tasche und verließ das Zelt.

Avél fand im Lager zwei erbeute Hasen und einen Sack Äpfel. Sie packten die Beute ein und schlossen sich den restlichen Waldläufern an.
Gemeinsam machten sie sich auf den Rückweg nach Fornost, der sich noch einige Meilen durch das hügelige Gebiet nördlich der alten Hauptstadt hinzog.
Leise unterhielten sich die Waldläufer über das, was sie auf der Reise erlebt hatten.
"Die Anzeichen für einen baldigen Angriff häufen sich," sagte Fulthíen,
Ardóneth nickte. "Dieses Lager war ein Spähposten. Wahrscheinlich sollten sie die Lage auskundschaften um einer größeren Armee den Weg zu bereiten," überlegte er.
"Noch sind viele Diener Sarumans in der Stadt," wandte Fórtorg ein, dessen Handgelenk von einem einfachen Verband bedeckt war. "Wieso würde der Zauberer jetzt einen Angriff befehlen?"
"Vielleicht ahnt er, dass seine wichtigsten Feinde dort sind," äußerte sich Elrádan.
"Kommt, lasst uns die Beute zum Versteck bringen," sagte Ardóneth. Erschöpft setzten die Dúnedain ihren Rückweg fort.


Ardóneth und seine Gruppe zurück nach Fornost

Fine:
Kerry aus Fornost


Das erste, was Kerry spürte, als sie aus ihrer Bewusstlosigkeit zu erwachen begann, war ein heftiger, pulsierender Schmerz, der von ihrer Schläfe ausging. Der Schmerz kam und ging in kleinen Wellen und riss sie unangenehm aus ihrer Umnachtung. Sie stellte fest, dass sie fror. Die Kälte brachte sie vollständig zurück und sie öffnete vorsichtig die Augen. Sie befand sich inmitten einer felsigen Ebene, die von grünen Punkten durchsetzt war wo Bäume und größere Sträucher zwischen dem steinigen Boden hervorwuchsen. Die Sonne stand noch nicht sehr hoch am Himmel und Kerry schätzte, dass sie erst vor Kurzem aufgegangen sein musste. Ein kalter Wind zerzauste ihr die Haare. Kerry blickte an sich herunter und stellte fest, dass sie mit dem Rücken an einen breiten Baumstamm gefesselt war. Ein dickes Seil war um ihre Taille geschlungen und sie konnte ihre Arme nicht bewegen. Der Boden, auf dem sie saß, fühlte sich kalt an, doch nicht so kalt wie die Luft. Der Umhang, den Halarîn ihr gegeben hatte, lag noch immer um ihre Schultern. Sie bewegte probeweise ihre Beine und das elbische Kleid raschelte als sie die Knie anzog um sich etwas warmzuhalten. Sie kämpfte ein Weilchen gegen die Fesseln an bis sie feststellen musste, dass es zwecklos war. Das Seil bewegte sich kein bisschen.

Kerry blickte sich um und entdeckte ein Pferd, das an einen spitz hervorragenden Felsen gebunden war. Das dichte Fell des Tieres war in unterschiedlichen Brauntönen gescheckt. Es beachtete Kerry nicht und suchte zwischen den Felsen nach Gras. Kerry vermutete, dass ihr Entführer sie auf dem Rücken dieses Pferdes hierher geschafft hatte. Aber wieso?
Nur zögerlich kehrten die Erinnerungen an die vergangene Nacht zurück. Kerry verfluchte sich dafür, dass sie die Feier überhaupt verlassen hatte. Wäre ich nur dort geblieben, dachte sie bitterlich. Dann wäre ich jetzt nicht in dieser Lage.

Ein Rascheln über ihr riss Kerry aus ihren Gedanken. Gewandt sprang ihr Entführer aus der Baumkrone über ihr herab und landete direkt vor ihr.
"Gut geschlafen?" fragte er höhnisch und warf zwei Äpfel in ihren Schoß.
Kerry beschloss, dem Elb nicht die Genugtuung zu gönnen und in Tränen auszubrechen. "Gut genug," gab sie patzig zurück. "Wenn das mein Frühstück sein soll musst du mir die Arme losbinden."
"Oh, wo denkst du denn hin, kleines Rotkehlchen," antwortete er. "Ich werde nichts dergleichen tun. Das würde dich nur auf dumme Ideen bringen. Nein, der Knoten bleibt, wo er ist. Wusstest du, dass ich den von Freund Oronêl gelernt habe?" Er kam unangenehm nahe und hob einen der Äpfel auf. "Hier. Mach schön den Mund auf und iss. Wir wollen ja nicht, dass du mir tot vom Pferd fällst." Er führte den Apfel an Kerrys Mund, die zunächst den Kopf zur Seite drehte und trotzig schnaubte. "Du sträubst dich? Keine gute Idee," kommentierte ihr Entführer. "Du solltest lernen, Geschenke anzunehmen. Wenn Essen da ist, dann iss - altes Elbensprichwort. Jetzt sei ein braves Mädchen und iss. Das ist deine letzte Gelegenheit, sonst hungerst du für heute."
Kerry leistete noch einen kurzen Moment Widerstand, dann gab sie nach und ließ sich von dem Elb mit den beiden Äpfeln füttern. Sein widerliches Grinsen machte die Sache nicht leichter, und Kerry war froh, als es geschafft war.
"Wer bist du?" verlangte sie zu wissen. "Und warum tust du das?"
Der Elb war zu seinem Pferd hinüber gegangen und wühlte in einer der Satteltaschen. Er gab keine Antwort bis er gefunden hatte, wonach er gesucht hatte. Er kam wieder zu Kerry hinüber und hielt ihr ein altes Stück Pergament hin, auf der das Portrait einer Elbenfrau gezeichnet worden war. Kerry erkannte eine gewisse Ähnlichkeit zu Finelleth, doch konnte sie sich keinen Reim darauf machen.
"Das ist Mithrellas," erklärte er heiser. "Er versteckt sie vor mir. Ich kam nach Lórien zurück, um sie zu holen, aber er hatte sie fortgeschafft. Also nahm ich seine Spur auf... doch mein Meister hatte andere Aufgaben für mich."
"Wovon redest du?" unterbrach Kerry, doch ein Aufblitzen in seinen Augen verriet ihr, dass sie gut daran täte, ihn ausreden zu lassen.
"Hier im Norden hörte ich Gerüchte über Freund Oronêl... und dass er eine neue Begleiterin hat, jetzt, wo er Mithrellas vor der Welt verborgen hat. Ein Mädchen mit blonden Haaren, das ihn auf Schritt und Tritt begleitet. Aus Rohan, wie es heißt."
Kerry dachte: Irwyne. Er spricht von Irwyne. Er... er hat mich verwechselt! Doch sie blieb diesmal still.
"Also wartete ich ab. Während der Schlacht um Fornost führte ich den ersten Schlag gegen Oronêl. Aber das reicht noch nicht. Er muss all das Leid teilen, das ich erfahren habe."
"Oronêl? Was hat Oronêl damit zu tun?" wagte Kerry zu fragen.
"Er ist der Schlüssel," zischte der Elb. "Er hätte mir Mithrellas niemals freiwillig überlassen, obwohl ich einer seiner besten Schüler war. Er hat Schuld an all meinem Schmerz, und ich werde dafür sorgen, dass er ihn teilt. Ich habe es geschworen, so wahr ich Laedor, Taradans Sohn, heiße."
"Und du glaubst, Oronêl wird alleine kommen?" warf Kerry auftrumpfend ein, denn sie hatte sich an Mathans Versprechen erinnert. "Ich werde dich beschützen, selbst wenn ich dafür durch ganz Mittelerde reisen muss. Das schwöre ich, bei diesem Ring an deinem Finger." Der Nénharma-Ring steckte noch immer an ihrer linken Hand, und sie schöpfte neue Hoffnung. "Du weißt nicht, wen du da entführt hast, Laedor. Ich bin Ténawen Morilië von Haus Nénharma und meine Familie ist nicht weit weg. Sie werden kommen, um mich zu retten, und dann wirst du dir wünschen, du hättest niemals Hand an mich gelegt."
Laedor prallte überrascht zurück. "Was bist du..." stammelte er gründlich durcheinander. "Ein Mensch, und dennoch steckst du in elbischer Kleidung und trägst Eldar-Schmuck und einen elbischen Namen." Er raffte sich auf und Zorn spiegelte sich in seinem Gesicht. "Das ist eine Beleidigung für mein gesamtes Volk," knurrte er. "Du bist es nicht wert, dich zu den Elben zählen zu wollen. Einhundert Jahre sind nicht mehr als ein Wimpernschlag im Leben eines wahren Elben, doch in diesem Wimpernschlag wirst du fort sein." Er kam wieder nah heran und zog blitzschnell ein Messer hervor, dass er an Kerrys Wange legte. "Ich würde dich in kleine Stücke schneiden, wenn du mir unversehrt nicht von größerem Nutzen wärest, kleines Rotkehlchen. Nein, ich werde dich nicht Ténawen nennen. Du verdienst nicht einmal den Klang dieses Namens. Du bist nicht mehr als ein kleiner Vogel, der vielleicht für einige wenige Momente hübsch anzusehen ist, aber so schnell vergeht wie die Blätter im Herbst fallen."
"Sie werden kommen", gab Kerry standhaft zurück. "Du wirst es sehen. Alle werden sie kommen: Mathan, Halarîn, Faelivrin, Oronêl, Finelleth..."
"Bedeutungslos," unterbrach Laedor sie. "Bedeutungslos, sie alle. Nur Freund Oronêl ist von Wichtigkeit. Inzwischen hat er mein Geschenk bestimmt entdeckt, das ich für ihn zurückließ." Er richtete sich auf und blickte einen Moment voller unterdrücktem Zorn auf Kerry hinab. Dann wandte Laedor den Blick ab und schaute nach Norden. "Genug davon. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns." Er ging zu seinem Pferd hinüber und begann, einige Dinge, die in der Nähe herumlagen, in den Satteltaschen zu verstauen und sein kleines Lager abzubrechen.

Nur wenige Minuten dauerte es bis Kerry mit auf dem Rücken zusammen gebundenen Armen quer über dem Rücken des Pferdes lag und Laedor sich vor ihr in den Sattel schwang. Ihr Kopf hing auf einer Seite leicht herunter und ihr Bauch presste unangenehm gegen die dünne Decke, die sie vom Pferderücken trennte. Sie beschloss, die Hoffnung nicht aufzugeben. Amil und Ontáro werden kommen. Bestimmt sind sie schon auf dem Weg, dachte sie tapfer.
"Genieß die Zeit, die dir noch bleibt," spottete sie. "Deine Tage sind gezählt, rauco."
Laedor drehte sich im Sattel halb zu ihr um und verpasste ihr eine Ohrfeige. "Nimm diese Sprache nicht in den Mund. Du bist keine Elbin."
"Und du bist ein Feigling," gab sie zurück und versuchte, den brennenden Schmerz zu ignorieren bis er schließlich nachzulassen begann.
"Ich tue nur was getan werden muss," antwortete Laedor verbissen und verfiel in brütendes Schweigen. Er ging nicht mehr auf das, was Kerry sagte ein während er sein Pferd zur Höchstgeschwindigkeit antrieb. Kerry konnte aus ihrer liegenden Position nicht feststellen, in welche Himmelsrichtung sie ritt. Calenwens Medaillon, das noch immer um ihren Hals hing, schlug ihr leicht gegen die Wange und ihr kam eine Idee. Sie nahm das Medaillon zwischen die Zähne und zog und zerrte, bis die Kette ihr endlich über den Kopf rutschte. Sie holte tief Luft und spuckte das Medaillon so weit sie konnte von sich. Es landete im Gras - und Laedor schien nichts davon bemerkt zu haben.
Hoffentlich reicht ihnen das, um meine Spur zu finden, dachte Kerry und rief sich die liebevollen Gesichter ihrer Eltern in Erinnerung. Während Laedor sein Pferd in einer geraden Linie weiter in die Wildnis trieb hielt sich Kerry an der Hoffnung fest, dass Hilfe bereits auf dem Weg war...

Fine:
Das eintönige Land, durch das Laedor sie brachte, zog weiter und weiter an Kerry vorbei und bot kaum interessante Eindrücke. Felsen und Büsche wechselten sich ab, vereinzelte Bäume tauchten auf und verschwanden wieder. Hin und wieder kamen sie an kleinen Ruinen arnorischen Ursprungs vorbei, was Kerry immerhin zeigte, dass sie sich noch immer innerhalb der Grenzen des vergangenen nördlichen Königreiches befand. Doch noch immer hatte sie keinen Hinweis darauf bekommen, in welche Himmelsrichtung das Pferd galoppierte. Den Süden schloss sie allerdings aus, da sie das Gebiet zwischen Fornost und Bree bereits mehrfach bereits hatte und sich dort auskannte. Doch abgesehen vom Süden konnte Laedor in jede andere Richtung unterwegs sein. Kerry hoffte, dass der Hinweis, den sie hinterlassen hatte, Mathan und Oronêl auf ihre Spur bringen würde.
Einmal tauchte am Horizont ein bewohntes Dorf auf, von dem der Rauch mehrerer Schornsteine aufstieg. Kerry fragte sich, ob es von Kriegsflüchtlingen bewohnt oder vielleicht ein Dorf der Dúnedain war, und auf wessen Seite die Bewohner standen, Doch als Laedor einen Bogen um das Dorf machte schloss Kerry daraus, dass er dort wohl nicht willkommen war. Somit mussten dort wohl Feinde der Weißen Hand leben, wie Kerry schlussfolgerte.

Nur wenige Tage vergingen bis die Temperaturen begannen, merklich kälter zu werden, und schon bald fror Kerry trotz Halarîns Umhang, da sie noch immer das Kleid trug, das Irwyne ihr geliehen hatte. Ich hoffe, ich sehe sie wieder, und kann es ihr zurückgeben, dachte sie als Laedor sie wie gewöhnlich fesselte wenn er seinem Ross eine Verschnaufpause gönnte.
"Mir ist kalt," klagte sie als Laedor sie an einen großen Felsen band. "Ich werde mich erkälten, und dein schöner Plan wird zugrunde gehen, wenn ich erfroren bin."
Laedor betrachtete sie einen Moment mit einem seltsamen Blick. Ohne etwas zu sagen strich er beinahe sanft über ihren Arm. Seine Finger fühlten sich noch kälter als die Luft an. Er fuhr hinunter bis zu Kerrys Hand und tastete über ihren Daumen. Dann ließ er los und trottete zu seinem Pferd hinüber. Wortlos kramte er etwas dichtes, Pelziges hervor, das Laedor ihr über Schultern und Armen ausbreitete. Er verharrte, halb über sie gebeugt, und starrte sie einen langen Augenblick an. Dann fuhr seine Hand aus dem Schatten und versetzte ihr eine Ohrfeige, dass Kerry die Ohren klingelten.
"Bitte mich nie wieder um einen Gefallen," zischte er und sprang auf.
Kerry blinzelte voller Verwirrung. Was hatte das denn jetzt zu bedeuten? fragte sie sich. Doch sie fand keine Erklärung.

Sie versuchte zu schlafen, nachdem sie wieder auf dem Rücken von Laedors Pferd lag und die Sonne untergegangen war. Doch die Gedanken an ihre Familie und das ständige Auf und Ab des Rittes hielten sie davon ab. Sie stellte sich vor, wie Halarîn Tränen der Sorge vergoss und wie Mathan voller Zorn Dinge zerschlug. Zwar war sie erst so kurz Teil der Nénharma-Familie, doch Kerry - Morilië - fühlte sich ihnen bereits so verbunden, dass es sie geradezu körperlich schmerzte, so von ihnen getrennt zu sein. Sie vermisste Halarîns tröstliche Worte, ihre Späße und den melodischen Klang ihrer Stimme. Morilië vermisste Mathans Beschützerinstinkt, den Stolz in seinem Gesicht, wenn er sie ansah, und die Geborgenheit, die sie in seinem Arm gefunden hatte. Morilië vermisste Faelivrins schwesterliche Zuneigung, ihre beeindruckende Ausstrahlung und das Band, das sich so schnell zwischen ihnen gebildet hatte. Sie fühlte sich deutlich an die ersten Monate nach ihrer Flucht aus Rohan erinnert, in denen sie sich so allein wie noch nie gefühlt hatte. Erst als sie Rilmir getroffen hatte war sie wieder etwas zur Ruhe gekommen, doch wahren Frieden hatte sie erst bei ihrer neuen Familie gefunden.

Am nächsten Tag fiel der erste Schnee. Sie kamen durch einen kleinen, aber dichten Wald, in dessen Zentrum eine kleine, geradezu verwunschen wirkende Lichtung lag. Wieder band Laedor Kerry an einen der Bäume und verschwand für eine Weile. Wahrscheinlich suchte er etwas zu essen. Kerry blieb mit dem Pferd allein zurück.
"Wie heißt du überhaupt," fragte sie in Richtung des Tieres, das ihr den Kopf zuwendete aber keine Antwort gab. "Hätte ich mir ja denken können," sagte Kerry missmutig. "Dann gebe ich dir eben einen Namen. Ich werde dich "Pechsträhne" nennen - nein, halt: "Pechmähne". Das ist es. Pechmähne, hörst du?" Doch das Pferd schnaubte nur leise und sagte nichts.
Kerry seufzte leise und versuchte, den Pelzkragen tiefer über ihren Oberkörper zu ziehen. Einige Schneeflocken waren in ihrem Ausschnitt gelandet und drückten sich wie kalte Fingerspitzen auf ihre Haut. Sie mühte sich ab, die Fesseln zu lockern, doch wie zuvor musste sie feststellen, dass Laedors Knoten unerbittlich waren. Immerhin weiß ich jetzt, dass wir wohl nach Norden unterwegs sind, schlussfolgerte sie als der Schneefall dichter und die Flocken größer wurden.
"Sing für mich, kleines Rotkehlchen," flüsterte Laedors Stimme neben ihrem Ohr. "Sing ein Lied aus deiner Heimat."
"Für dich? Niemals," gab Kerry trotzig zurück.
"Wie ungezogen," meinte Laedor. "Haben dir deine Eltern nicht beigebracht, dass man eine freundliche Bitte nicht ohne guten Grund ablehnt? Moment - du hast ja gar keine Eltern mehr." Seine Stimme troff vor Gehässigkeit.
"Ich habe Eltern," stieß Kerry hervor. "Sie heißen Mathan und Halarîn Nénharma, und sie kommen, um mich zu retten. Ní am Ténawen Morilië Nénharma," sagte sie mit fester Stimme.
Eine weitere Ohrfeige ließ ihre Wange glühen. "Nimm die Sprache nicht in den Mund, du unwürdiges Geschöpf," zischte Laedor sichtlich aufgebracht. "Deine Art ist verkommen und mehr auf einer Stufen mit wildem Getier als mit den Erstgeborenen. Du bist allein - bis auf Oronêl wird niemand kommen. Dafür habe ich gesorgt. Deine Familie hat dich bereits im Stich gelassen."
"Du lügst," wehrte Kerry sich. "Sie sind unterwegs und haben uns bald eingeholt."
"In der Wildnis werden sie nur wenige Spuren finden," sagte Laedor mit einem selbstsicheren Grinsen. "Es ist dir vielleicht nicht aufgefallen, Rotkehlchen, aber es schneit. Der Schnee wird unsere frischen Spuren so schnell verdecken dass nichteinmal einer der Jagdhunde Húans sie finden könnte."
"Meine Eltern werden nicht aufgeben," antwortete Kerry standhaft. "Ich weiß, dass sie mich finden werden."
"Dann ist dein Verstand noch beschränkter, als ich angenommen hatte," sagte Laedor heiser und starrte sie für einen kurzen Moment an. "Und jetzt - sing." Schneller als sie es sehen konnte hatte er sein Messer hervorgezogen und an ihre Kehle gelegt. Sie spürte die kalte Klinge, die in ihre Haut ritzte. Kerry schloss die Augen. Sie stellte sich vor, dass sie an einem ganz anderen Ort war: im wieder aufgebauten Eregion, umgeben von ihrer Familie. Zarte Harfenkänge wehten durch den Raum, der von sanftem Sonnenlicht durchflutet war, und Morilië sang ein Ständchen für die Elben, in einer Sprache, die Mathan und Halarîn bislang unbekannt war, bevor sie auf Westron wechselte:

Sindon we bald, Sindon we strang, Eorlingas, Fram ond trum.
Sindon we bald, Sindon we strang, Eorlingas, Arë lang.

Wir sind standhaft, wir sind stark, Eorlingas, frei und treu.
Wir sind standhaft, wir sind stark, Eorlingas, aufrecht im Ruhm.
Laedor zog die Klinge weg und brachte Kerry damit in die Wirklichkeit zurück. "Ein Singvogel bist du also wirklich, Rotkehlchen. Du hast dir gerade dein Mittagessen verdient."
"Wie großzügig von dir," stieß Kerry hervor.
"Gewöhne dich nicht daran," sagte Laedor drohend. "Sobald Oronêl eingetroffen ist, wird es dir schlecht gehen. Ich werde ihn hilflos mitansehen lassen, wie ich sein Spielzeug langsam zerstöre. Oh, die Schmerzen, die ich ihm bereiten werde!"
"Dazu wird es nicht kommen," sagte Kerry tapfer. "Deine Pläne werden scheitern."
"Wir werden sehen, "Ténawen"," flüsterte Laedor bedrohlich. "Wir werden sehen..."
Dann schnellte sein Messer erneut hervor und hinterließ einen langen Schnitt an ihrem linken Unterschenkel, der durch ihre Sitzposition nicht vom Saum ihres Kleides bedeckt gewesen war. Kerry schrie auf und wollte die Wunde umklammern, doch ihre Fesseln verhinderten, dass sie die Arme bewegen konnte. Ungerührt riss Laedor einen breiten Streifen von Halarîns Umhang ab und wickelte ihn fest um die Wunde, ohne sich darum zu scheren, dass das Kerrys Schmerzen noch verstärkte. Sie brachte kein Wort mehr hervor und presste die Augen fest zusammen. Sie war entschlossen, ihm nicht die Genugtuung zu geben und zu weinen. Kerry biss die Zähne aufeinander und versuchte, den heißen Schmerz auszublenden. Gnädigerweise war der Schnitt nicht tief gewesen und begann nach einiger Zeit, endlich etwas weniger weh zu tun.

Laedor machte sie schließlich los und lud sie wieder auf Pechmähnes Rücken. Die Reise nach Norden ging weiter.


Kerry und Laedor nach Angmar

Deeman:
...von den Wetterbergen
Jäger und Gejagte
Irgendwo im nordöstlichen Teil Arthedains
Schnauben und grunzend bahnte sich der übrige Orktrupp seinen Weg nach Norden, in der Ferne konnte man schon die westlichen Ausläufer des Nebelgebirges erkennen. Die Meute hatte es sich zwischen einigen kargen Bäumen, welche in einer felsigen Kuhle eingebettet waren, bequem gemacht um zu rasten. Sogut wie alle von ihnen trugen Wunden davon und suchten etwas Erholung. "Wir sind bald da, Meister Saruman wird erfreut sein" sprach der bullige Uruk zu seinen Lakaien die freudig gackerten. "Sehr erfreut" befürwortete einer der kleinen Orks. "Niemand tritt die Größzügigkeit unseres Meisters mit Füßen". "Niemand!" gackerten alle. Plötzlich stieg dem Uruk ein bekannter Geruch in die Nase und der Anfürher erhob sich rasch. "Dieser Gestank...Mensch! Sie sind uns auf der Fährte!"

Ein Schatten machte sich plötzlich über die Orks breit, am oberen Abhang stand Gromnir dessen blutrotes Gesicht voller Zorn auf die Bestien herabblickte. "Falsch gedacht, ich hab euch bereits gefunden" sprach er ruhig, doch für die Orks war es einen Moment so als wären sie vom Blitz getroffen. "Wie konntest du uns unbemerkt einholen?" fragte der Anführer, seine Augen öffneten sich weit als würde er einen Geist sehen. Gromnir lachte leise und voller Verachtung, suchte dann den direkten Blickkontakt "Immer gegen die Windrichtung laufen" noch bevor irgendeine Antwort erfolgen konnte, flogen schon zwei Wurfäxte in die Meute. Die ersten beiden Orkköpfe wurden eingeschlagen. Der Uruk und zwei seiner Diener nahmen die Beine in die Hand und rannt los mit Richtung Norden. Zwei weitere Wesen stürzten sich auf den jungen Wolf. Mit schartigen Speeren traten sie dem Nebelwolf entgegen. In Gromnirs Auge funkelte es voller Bösgartigkeit und Zorn. Jeweils links und rechts griff er die oberen Speerenden und riss sie den Orks aus den Händen. Diese blinzelten einen Moment erstaunt. Beide wurden darauf am Hals ergriffen, die kalten Pranken drückten die Atemwege zu. Der Erste wurde mit dem Kopf zuerst an einen der Bäume geschleudert, das laute Knacken verdeutlichte dass das Genick gebrochen war, das Leid des zweiten Ork endete dagegen nicht so schnell. Während er das zappelnde Wesen in seiner Pranke fest im Griff hielt, zog er mit seiner anderen Hand sein Schwert und trennte mit einem gezielten Hieb den Kopf vom Körper. Danach griff er sich einen der Speere und spießt den Orkkopf auf, ein furchterregendes Mahnmal sollte hier nun entstehen. Der Boden war getränkt vom schwarzen Blut der Kreaturen.

Das Blut pulsierte heftig in Gromnirs Adern, die Muskeln im gesamten Körper waren angepsannt und sein Jagdinstinkt sowie Kampfeslust war geweckt. Er genoss es den finsteren Wesen das Leben zu nehmen. Die restlichen drei Orks waren bereits getürmt, konnte man sie jedoch noch in der Ferne sehen. Gromnir setzte ihnen nach. Neben seiner schieren Kraft war Gromnirs Stärke seine Ausdauer. Die kräftigen Beine stampften auf, mit jedem Schritt näherte er sich seiner Beute. Diese steuerten auf ein dunkles Wäldchen zu wo sie sich wohl verstecken wollten. Der Uruk rief seinen beiden Lakaien irgendwas zu worauf diese sich umwandten und auf Gromnir zusteuerten. Trotz gezogener Schwerter schienen sie von Furcht eingenommen zu sein. Gromnir nahm noch etwas mehr Anlauf und mit einem gewaltigen Sprung streckte er sein rechtes Bein aus auf die Brust des ersten Orkangreifers. Mit seiner puren Masse rammte Gromnir das Wesen in den Schnee. Keuchend und zappelnd versucht es sich zu befreien, doch dies sollte nicht lange weilen. Gromnir riss dem Ork das Schwert aus der Pranke, während er den Ersten in den Boden drückte, rammt er dem Zweiten das Schwert in das geöffnete Maul welcher brüllend zum Angriff heraneilte. In seinem Blutrausch gefangen, bemerkte Gromnir nicht dass er hier und dort ebenfalls ein paar Schnitte an Armen und Beinen abbekommen hatte. Doch das waren nicht seine ersten Wunden welcher er in einem Kampf davontrug und unterdrückte den Schmerz. Der letzte Lakai zappelte weiter am Boden herum. Gromnir beugte sich etwas herab und wandte das Wort an ihm: "Du dienst Saruman?". Die Frage wurde mit einem knappen Nicken beantwortet. "Wenn dir dein Leben lieb ist, wirst du ihm etwas ausrichten". "Werde...ausrichten, will leben!" bettelte der Ork. "Sag ihm: der Geist der Nebelwölfe lebt weiter! Der Blutbart wird kommen und Rache nehmen!" um dem Ausdruck zu verleihen erhöhte Gromnir nochmals den Druck auf den orkischen Brustkorb. "Lauf, Bestie!" worauf er den Ork aus seiner Lage befreite. Dieser nahm panisch Reißaus und rannte davon.
Gromnirs Blick legte sich auf das dunkle Wäldchen. Da war noch der Bogenschütze, der gerade zwischen den Bäumen verschwand. Der Nebelwolf nahm die Verfolgung auf. Durch einen dichten Nadelwald bahnte er sich seinen Weg, kein Vogelgesang ward zu hören, nicht mal das Rascheln von Blättern. Lediglich in der Ferne konnte man die schweren Schritte und das Schnaufen des großen Orks vernehmen. Doch dann ertönte ein Horn. Ein Orkhorn, erfasste Gromnir sofort in Gedanken. Kannte er den Klang nur zu gut von seiner Zeit am Nebelgebirge. Immer und immer wieder ertönte es. Je näher er den Stößen kam, desto deutlicher wurde es: hier hält sich wohl eine große Truppe auf. Vor ihm zerklüftete sich das Land wieder etwas, vor ihm befand sich eine Klippe. Vermutlich war der entflohene Uruk auf dem Weg hierher. Vielleicht war es eine Falle, grübelte Gromnir und ging in die Hocke, so versuchte er über die Klippe zu lugen.
Seine Vermutung war richtig. Eine große, gerüstete Orkarmee war hier unterwegs. Sogut wie alle waren schwer gerüstet und gehörten zu den größeren Orkexemplaren. Hier und dort wehte außerdem ein allzu bekanntes Banner: die weiße Hand.
Doch waren sie unterwegs Richtung Gebirge. Gromnir beschloss die Armee vorbeiziehen zu lassen...um dann die Verfolgung aufnehmen zu können.

Eandril:
Oronêls und Mathans Gruppe aus Fornosts Palast

Bereits früh am nächsten Morgen, die Sonne warf gerade erst ihre ersten schwachen Strahlen über den Horizont, stand Oronêl außerhalb der Palastmauern und betrachtete nachdenklich die Nachricht, die Laedor mit seinem eigenen Blut an die Wand geschrieben hatte. In diesen Augenblicken schwärmten Waldläufer von Fornost aus um die Umgebung nach Spuren des Entführers abzusuchen, doch Oronêl glaubte nicht an ihren Erfolg, weshalb er die Verfolger hier versammelt hatte. Neben Mathan und Halarîn waren das ihre Tochter Faelivrin mit ihren drei Leibwachen, sowie Finelleth. Sie war die einzige aus der Gemeinschaft die sich in Bruchtal gebildet hatte, die ihn begleiten würde, und Oronêl erinnerte sich an den Moment des Abschieds von den übrigen.

~~~~
"Ihr werdet sie sicher zurückbringen, nicht wahr?", fragte Irwyne, und nestelte nervös an ihrem Kleid herum. "Und ihr werdet selbst auch zurückkommen."
Oronêl nickte. "Ich habe dir versprochen, dass es auch für dich einen Tag geben wird. Und dieses Versprechen halte ich, ebenso wie jenes, für Kerry da zu sein wenn sie mich braucht."
"Bringt sie ja sicher nach Lindon, hört ihr?", sagte Finelleth an Orophin gewandt. "Natürlich", erwiderte dieser, und Gelmir ergänzte: "Wir alle werden uns dort wiedersehen, wenn eure Aufgabe erfüllt ist. In Lindon werden wir Abschied von Faronwe nehmen, und vielleicht eine kleine Zeit des Friedens genießen."
Sie hatten beschlossen, dass der Rest ihrer Gemeinschaft mit Gelmir nach Lindon gehen würde, sobald Mírwen kräftig genug für eine solche Reise war, denn der Weg nach Bruchtal war gefährlich und Lindon sicherer als Fornost. Nur Valandur würde einige Zeit hier bleiben, und bildete gemeinsam mit Súlien einen der Trupps, die in der Umgebung von Fornost nach Laedors Spuren suchen sollten.

~~~~
Oronêl wandte den Blick von der blutigen Schrift ab, und ließ ihn stattdessen über den Boden schweifen, von der Stelle an der er Hatholdôr gefunden hatte, bis zu dem Boden direkt vor seinen Füßen. Das niedrige und spärliche Heidekraut, dass hier wuchs, war nicht niedergedrückt oder offensichtlich geknickt, was bedeutete, dass Laedor seine Spuren sorgsam verborgen hatte. Einer Eingebung folgend kniete er nieder und zog zwei Büschel Heidekraut auseinander. Darunter kam ein schwacher Fußabdruck zum Vorschein.
"Er spielt ein Spiel mit uns...", sagte er leise, und Mathan, er nahebei stand, hatte es offenbar gehört. "Was meinst du?", fragte er, und Oronêl deutete auf den Fußabdruck. "Er hinterlässt mit Absicht Spuren, aber so, dass es schwer ist sie zu finden", erklärte er ruhig. Sein Zorn war nicht verschwunden, doch er hatte ihn unter Kontrolle und fokussierte ihn auf ein Ziel: Laedor finden. Und er sah Mathan an, dass sein Freund das ebenfalls tat. "Da er keine Hinweise hinterlassen hat, wohin er Kerry bringt, muss er dafür sorgen, dass ich seinen Spuren folge - und möglichst nur ich, und möglichst langsam."
"Dann sollten wir keine Zeit verschwenden", warf Halarîn ein, die ein merkwürdig großes Bündel trug. "Wohin kann er von hier gegangen sein?"
Oronêl trat an den Rand der Klippe, auf der dieser Teil der Stadt stand, und sagte: "Er wird hier heruntergeklettert sein. Es ist steil, aber es geht, selbst mit..."
"... einem bewusstlosen Mädchen", beendete Mathan den Satz grimmig. "Also los."

Nur wenig später waren die acht Elben am Fuß der Klippe angekommen, wo ein kühler Nordwind im hohen Gras raschelte. "Sucht den Boden nach Spuren ab", wies Oronêl seine Gefährten an. "Er muss nicht unbedingt an der selben Stelle heruntergekommen sein wie wir." Schweigend teilten sie sich auf, bis einer von Faelivrins Leibwächtern, es war Fanael, einen Ruf ausstieß. Wo er stand, war das Gras ein wenig niedergedrückt, als ob dort etwas - oder jemand - einen Augenblick gelegen hätte, und nur wenige Schritte entfernt begann die auf dem harten Boden kaum sichtbare Spur eines Pferdes.
"Er ist also zu Pferd", stellte Finelleth fest, und Mathan schüttelte den Kopf. "Das wird ihm nichts nützen, denn wir werden ebenso schnell wie er sein."
"Wir müssen", stimmte Oronêl ihm zu. "Lasst uns gehen." Die Elben verfielen in einen leichten Trab, schneller als ein Mensch ausdauernd rennen konnte, doch vielleicht nicht ganz so schnell wie ein Pferd. Oronêl hätte schneller laufen können, und den anderen ging es vermutlich ebenso, doch dann hätten sie die Spur des Pferdes nicht länger im Auge behalten können und sie vermutlich verloren.

Mit der Zeit wurde das Gelände felsiger und mit einzelnen Bäumen und Büschen bewachsen, und die Spur führte immer weiter geradewegs nach Norden. Sie passierten gerade einen Felsen, der spitz zwischen anderen Steinen hervorragte, als ein Ruf sie anhalten ließ. Einige Meter zur Seite standen Valandur, Súlien und Adrienne unter einem großen Baum, an dem sie ihre Pferde angebunden hatten. "Wir sind gleich weiter nach Norden geritten als die anderen", erklärte Valandur zur Begrüßung. Mathan zwinkerte Adrienne, die etwas verlegen wirkte, zu, sagte aber nichts. "Denn wir dachten uns, dass dieser Kerl das arme Mädchen vielleicht in diese Richtung verschleppt, und lagen offenbar richtig." Er deutete in Richtung des Baumes, und fuhr fort: "Dort sind Spuren von Fesseln an dem Baum, und die Überreste zweier Äpfel. "Dann sind wir auf der richtigen Spur", schloss Oronêl. "Danke, meine Freunde."
"Wir werden euch begleiten", sagte Valandur kurzentschlossen, und wechselte einen raschen Blick mit Súlien. "Ich habe fürs erste genug von Belen gesehen, und hier kann ich etwas sinnvolles tun."
Mathans Augenbrauen zogen sich bedrohlich zusammen. "Wir werden euch schon nicht aufhalten", kam Súlien seinem Einwand zuvor, während sie ihre Pferde heranführte, doch Mathan schien nicht zufrieden. "Und wenn ihr doch zu langsam seid..."
"... bleiben wir zurück, natürlich Hauptmann", beendete Súlien den Satz für ihn, und sprang auf ihr Pferd.
"Halarîn", sagte sie, und streckte die Hand aus. "Dieses Bündel, dass ihr bei euch tragt sieht sehr unbequem aus. Gebt es mir, mein Pferd hat Kraft genug."
"Danke, aber es geht", erwiderte Halarîn, während Mathans Fuß ungeduldig zuckte. "Es ist eher groß als schwer."
"Was trägst du da überhaupt mit dir herum?", fragte Finelleth neugierig, und Halarîn wirkte ein wenig verlegen. "Nun... ein wenig warme Kleidung, für Morilië. Im Norden kann es sehr kalt werden, selbst um diese Jahreszeit." Sie blickte sich herausfordernd um, doch niemandem war nach Lachen zumute.

Während des ganze Austauschs war Oronêl der Spur des Pferdes ein Stück nach Norden gefolgt, bis sein Blick von etwas glänzendem etwas abseits der Spur angezogen wurde. Mit zwei langen Schritten war er dort, und erkannte das Medaillon sofort wieder, das er aufhob. Calenwen hatte es ihm hinterlassen als sie fortgegangen war, und er hatte es Kerry gegeben, als diese dringend Trost gebraucht hatte. "Was hast du gefunden?", fragte Mathan, der mit dem Rest der Gruppe herangekommen war, und Oronêl zeigte ihm das Medaillon. "Ich hatte es Kerry gegeben. Laedor kennt es, ich glaube nicht, dass er es fortgeworfen hätte, denn wir brauchen keine weitere Spur im Augenblick. Wenn es also hier liegt..."
"Ist sie am Leben und in der Lage uns Spuren zu hinterlassen", schloss Mathan, und für einen winzigen Moment verdrängte Hoffnung den Zorn in seinen Augen. "Das allerdings wird Laedor nicht retten."
"Darauf zähle ich", erwiderte Oronêl. Obwohl er wusste, dass er Laedor genau das gab was er wollte, konnte er nicht anders handeln - alleine um Kerrys Willen. Er hängte sich das Medaillon um den Hals, und genoss für einen Augenblick das vertraute Gefühl. Kerry war am Leben, und sie waren Laedor auf der Spur - es konnte weitergehen.

Oronêls und Mathans Gruppe nach Angmar

Verlinkung ergänzt

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

Zur normalen Ansicht wechseln