Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Arnor

Fornost: Die Mauern und das umliegende Gebiet

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Fine:
Halarîn, Adrienne und Kerry vom Versteck des Sternenbunds
Mathan und Ardóneth aus der Stadt


"Hallo," sagte Kerry, ungewöhnlich schüchtern auftretend. Sie blickte Mathan freundlich an, winkte ihm zu und trat dann zu Ardóneth, der den Seilzug beobachtete und zusah, wie Holzbalken in die Höhe getragen wurden.
Sie zögerten einen Augenblick, doch dann ergriff sie die Hand des Waldläufers und zog ihn ein Stück beiseite, weg von Halarîn, Mathan und Adrienne, denen sie ein entschuldigendes Lächeln schenkte. Sie würde später noch einmal mit ihnen reden, doch nun gab es eine wichtige Angelegenheit, die sie klären musste. Bevor sie mit Halarîn und Adrienne die Rüsthalle verlassen hatte, hatte sie sich umgezogen und die Ohrringe angelegt, die Ardóneth ihr vor dem Aufbruch nach Bree geschenkt hatte. Sie hatte ihre Haare so geflochten, dass ihre Ohren gut sichtbar waren.

"Hör zu, Ardan..." sagte sie, während sie weiter an seiner Hand zog und ihn in Richtung der Treppen lenkte, die auf die Mauer oberhalb des Tores führten.
"Ich möchte mich bei dir für mein Verhalten entschuldigen."
Sie kamen oben an und Kerry setzte sich auf eine der Zinnen, mit Blick über den Grünweg der von Fornost nach Süden führte.
"Es ging mir nicht allzu gut und du wolltest nach mir sehen, das ist mir jetzt klar geworden nachdem ich mit Gandalf und mit Halla gesprochen habe. Es tut mir Leid, dass ich dich weggeschickt habe...."
Ardóneth lehnte sich an die Zinne neben Kerry und blickte ihr verwundert ins Gesicht.
"Also, damit habe ich jetzt nicht gerechnet," sagte er. Eine kurze Pause trat ein, dann sprach der Dúnadan weiter: "Es freut mich, dass du die Ohrringe trägst, Kerry. Sie stehen dir sehr gut."
"Wirklich? Findest du?" fragte Kerry und spürte, wie ihre Wangen sich erwärmten. Sie hatte es sich selbst nicht richtig erklären können, warum sie die Ohrringe gerade jetzt angelegt hatte. Dazu würde sie sich noch Gedanken machen müssen...
"Ja, wirklich. Deswegen habe ich sie ja ausgesucht," antwortete Ardóneth. "Ich dachte mir schon, dass sie hübsch an dir aussehen würden. Nicht, dass du sie nötig hättest..."
Kerry wusste nicht recht, wie sie damit umgehen sollte. Auch sie hatte nicht mit solchen Worten gerechnet, auch wenn sie sich geschmeichelt fühlte.

"Also... heißt das, du nimmst die Entschuldigung an? Ich würde es verstehen, falls nicht... Mein Verhalten dir gegenüber war nicht in Ordnung, und es tut mir Leid."
Ardóneth zeigte ihr ein Lächeln. "Kerry, du vergisst, dass ich verheiratet war. Ich glaube, ich weiß, was mit dir los war." Der Waldläufer zwinkerte ihr zu. "Natürlich nehme ich die Entschuldigung an. Wie wäre es, wenn du mir zur Wiedergutmachung erzählst, was du und Rilmir in Bree gesehen habt?"
Kerry zögerte einen Augenblick. Ob Halla ihm irgendetwas verraten hat? Doch eigentlich konnte sie sich das nicht vorstellen. Nein, das würde sie nicht machen.
"Wir sind... naja, zuerst haben wir die Gruppe von Menschen verfolgt, die nach dem Tod ihres Anführers aus Fornost geflohen sind. Das war dein Werk, oder?"
Ardóneth nickte und bedeutete ihr, mit dem Bericht fortzufahren.
"Also, diese Gruppe hat sich in Bree versteckt, was bedeutete, dass wir uns in der Stadt nach ihnen umsehen mussten." Sie hielt einen Augenblick inne, fuhr dann jedoch hastig fort: "Wir fanden heraus, dass diesem schmierigen Statthalter dienten, diesem... Ich habe seinen Namen vergessen, tut mir Leid..." Sie lächelte peinlich berührt. "Der Dúnadan weiß ihn bestimmt noch. Oder Aldoc! Ja, richtig, also Aldoc und seinen Freund, den Thalier, die haben wir dort auch getroffen. Sie sind mit uns nach Fornost gekommen, wollen sich dem Sternenbund anschließen. Aber, zurück zu Bree: der Statthalter hat eine Rede gehalten und die Leute gegen die Dúnedain aufgehetzt. Aldoc glaubt, dass sie sogar am Angriff auf Fornost teilnehmen könnten. Also kamen wir so schnell wie möglich zurück, um davor zu warnen."
Sie machte eine kurze Pause und überlegte, ob sie etwas ausgelassen hatte.

"Ach ja," fiel es ihr ein. "Da war dieser Mann mit dem grünen Umhang. Er sah dir irgendwie ähnlich, Ardan. Er und seine Leibwächter trafen wir auf dem Rückweg nach Fornost. Der müsste sich auch irgendwo in der Stadt herumtreiben. Kennst du ihn vielleicht?"
Ardóneth seufzte leise. "Er ist mein Vater," beantwortete der Waldläufer die Frage. "Wir... haben uns längere Zeit nicht gesehen und auch nicht miteinander gesprochen. Weißt du, vor vielen Jahren wollte er mich gegen meinen Willen mit einer adeligen Frau verheiraten. Als ich mich geweigert habe gingen wir im Streit auseinander. Ich kehrte nach Norden zurück und er blieb in Gondor. Wir haben zwar miteinander gesprochen, aber ich schätze, es wird noch einige Zeit dauern, bis zwischen ihm und mir wieder alles wie früher sein wird..."
"Also mein Vater hat das mit mir zum Glück nicht versucht," sagte Kerry, die sich etwas zu entspannen begann. "Er war ja auch die meiste Zeit in Edoras, doch wenn er nach Hochborn kam oder ich ihn besuchte waren das immer schöne Tage."
Sie tauschten sich eine Weile über ihre Familien und Kindheit aus und erzählten einander Geschichten von früher, aus der Zeit vor dem Krieg. Eine halbe Stunde lang vergaß Kerry alles um sich herum und war frei von Sorgen und anderen Belastungen.

"Wie geht es dir gerade?" fragte Ardóneth sie schließlich. "Ich meine, wie geht es dir wirklich? Fühlst du dich bereit für das, was kommen wird?"
Kerry schüttelte den Kopf. "Ich werde wohl nie bereit für eine Schlacht sein," sagte sie. "Aber es geht mir gut, besser als in den letzten Tagen. Es hat gutgetan, mit Halla und mit dir zu reden. Und wenn ich mir so ansehe wie fleißig alle dabei sind, die Stadt zu befestigen und für den Kampf zu trainieren, habe ich Hoffnung, dass wir alles was kommen mag überstehen werden."
"Hoffnung zu haben ist gut und wichtig," sagte Ardóneth. "Aber wenn ich ehrlich bin, habe ich auch Angst. Wir wissen nicht genau, was da auf uns zukommt, nur dass es Orks aus dem Norden sind, dass es viele sind und dass sie Trolle und Warge dabei haben."
"T-Trolle?" stieß Kerry hervor. "Die gibt es also wirklich?"
Ardóneth nickte unbehaglich. "Tja, was dachtest du woher die Trollhöhen ihren Namen haben? Doch deswegen müssen wir uns umso mehr Mühe bei der Vorbereitung geben. Es ist gut, dass sich Mathan so gut auskennt. Wir haben die Mauern befestigt und die Tore verbarrikadiert. Außerdem bauen wir gerade an einer Balliste, die uns hoffentlich gegen die Trolle gute Dienste erweisen wird. Viel Zeit bleibt zwar nicht mehr, aber ich glaube, dass wir bald so gut vorbereitet sein werden wie es uns in unserer Lage möglich ist. Wir werden diese Stadt und ihre Bewohner vor Sarumans Dienern verteidigen, koste es was es wolle."
Kerry sprang von der Zinne auf den Wehrgang herunter. "Also gut," sagte sie entschlossen. "Dann lass' uns nicht länger herumstehen und reden, sondern mit anpacken. Ich habe heute schon genug Zeit damit verschwendet, mich mit mir selbst zu beschäftigen..."
Ardóneth folgte ihr zurück auf den Hof vor dem Tor, wo sie Mathan, Halarîn und auch Adrienne weiterhin bei der Arbeit vorfanden...

Curanthor:
Die Neuigkeiten aus Bree klangen nicht sonderlich gut. Mathan hatte Sorge, dass einige der Freiwilligen nicht kämpfen würde, da sie sonst gegen Ihresgleichen antreten würde. Seine Elbenaugen folgten Kerry und Ardóneth, als sie wieder zu ihnen stießen. "Schaut.", sagte Mathan und deutete zum Holzgestell, das soeben das letzte fehlende Teil erhielt. Die Seile wurden festgezurrt. Adrienne machte große Augen und umrundete die fertige Konstruktion.
"Ein Katapult," bestätigte Mathan und konnte seinen Stolz nicht verbergen," zwar nicht besonders hübsch, aber es ist zweckdienlich. Das sollte uns einen kleinen Vorteil verschaffen, immerhin rechnet damit keiner."
Halarîn lobte die Arbeiter, die zufrieden ihr Werk begutachteten. Die Männer waren allesamt Waldarbeiter und hatten wenig mit Konstruktionen zu tun, aber unter Mathans Anleitung sind sie über sich hinaus gewachsen.
"Schön und gut, aber was verschießt dieses Ding? Vielleicht unsere Nachttöpfe?", fragte Adanhad provokant.
Sie drehten sich zu ihm um, denn er war gerade erst schnaufend angekommen. Natürlich hatte er einen Bierkrug in der Hand, den er nach einem Blick Adriennes rasch versteckte.
Ardóneth begutachtete erstaunt die Konstruktion:"Hmm, Nachttöpfe werden bei der Masse an Orks nicht viel bringen,"... gab er ernst zurück, "aber wir haben einige Gesteinsbrocken übrig, die sollten noch beim Westtor rumliegen, wir müssten sie nur hierher bringen." schlug er vor.
Mathan nickte zustimmend, sogleich schickte er einen Trupp seiner Leute los, Adrienne und ihr Vater schlossen sich ihnen an.
Der Elb nahm sich den Waldläufer beiseite und ging mit ihm auf die andere Seite des Katapults.
"Wie sieht Eure Strategie aus? Wie werdet Ihr das östliche Tor verteidigen?", fragte er.
"Ich werde Elrádan den Befehl geben das er sich mit einigen um die Verteidigung des Osttores kümmern soll. Wir werden wohl die Bogenschützen auf der Mauer positionieren. Außerdem konnten wir die Balliste fertigstellen, jedoch haben wir nur wenige Bolzen. Das wird eine harte Schlacht, aber wir werden uns wacker Saruman entgegenstellen," sagte Ardóneth entschlossen.
Mathan nickte, hatte aber noch einen Vorschlag: "Haltet Feuerkörbe bereit und sobald Nachricht vom Feind eintrifft, werf ihr nasses Laub und kleine Äste hinein. Die Rauchentwicklung sollte die Männer auf den Mauern etwas vor Blicken schützen. Die Glut kann man dann später gegen Leitern verwenden. Achtet aber, dass Eure Männer ein feuchtes Tuch vor Nase und Mund tragen, der Rauch wird sehr beißend. Achja und stellt die Feuerkörbe zuerst unten auf und tragt sie später hoch, sonst kann der Feind durch den Feuerschein noch genauer treffen."
Er wusste nicht, ob er es zu kompliziert erklärt hatte, ging aber davon aus, dass es nicht so schwer zu verstehen war. Zwischenzeitlich traf die erste Lieferung Geschosse auf einem der wenigen Pferdewagen ein. Halarîn beaufsichtigte das Abladen und wählte passende Größen für das Katapult. Meist waren die Stücke so groß wie ein Kind.
"Ein guter Vorschlag, Ardóneth," lobte Mathan den Mann und drehte sich wieder zu ihm, "was denkt Ihr, wie stehen die Dinge für uns?"
Ardóneth seufzte "Dies wird keine leichte Schlacht; ich hoffe wir haben uns genug darauf vorbereitet. Wenn wir hier versagen wird ganz Eriador unter Sarumans Tyrannei leiden müssen. Belen ist ebenfalls siegessicher..."sagte er, "Wir müssen standhalten..."
"Man kann sich nie genug vorbereiten, aber wir haben unser Bestes getan", sagte Halarîn, die gerade dazugekommen war.
"Und dazu zählt auch, etwas Ruhe zu finden und das werden wir jetzt tun", ergänzte Mathan, "Es ist doch etwas spät geworden, wenn Ihr uns nun entschuldigt..."
Die Beiden verteilten noch die restlichen Aufgaben an die Anwesenden und Adrienne, die gerade mit ihrem Bruder das Katapult lud. Sie sah starrte die beiden Elben kurz an, nickte aber dann eifrig. Mathan hatte gar nicht mitbekommen, dass es so schnell schon so spät geworden war.
Ardóneth verabschiedte sich ebenfalls und begab sich in sein Quartier, um etwas zu schlafen. Nach und nach leerte sich der Platz am Tor, bis nur noch Adrienne und ihr Bruder am Katapult Wache standen. Das Südtor wurde geschlossen und sperrte die letzten Sonnenstrahlen aus.


Kerry in die Stadt
Ardóneth zum Versteck des Sternenbundes

Fine:
Gandalf, Belen, Rilmir, Ardóneth und Kerry mit dem Rest des Sternenbundes von der Rüsthalle der Könige


Als sie ans Tor kamen war der Nebel so dicht geworden, dass sie kaum zehn Meter weit sehen konnten. Obwohl es Mittag war drang kein Sonnenstrahl mehr hindurch.
"Der Feind naht!" riefen die Dúnedain und auf die Anweisungen der Anführer wurden Mauern und Tore bemannt. Am großen Tor, das seit dem Vormittag verschlossen und verbarrikadiert war, wurden die erfahrensten Krieger postiert. Entlang der Mauern teilten sich die übrigen Waldläufer auf, sodass ungefähr alle hundert Meter ein Mitglied des Sternenbundes Posten bezog und die Lücken dazwischen mit den Menschen Fornosts gefüllt waren. Viele ähnelten nun zumindest äußerlich echten Soldaten des alten Nordreiches Arnor, denn sie waren gehüllt in Rüstungen aus der Waffenkammer und trugen Schilde mit den Insignien des Nördlichen Königreiches darauf.

Große Anspannung war allen Anwesenden ins Gesicht geschrieben. Es wurde nur wenig gesprochen. Belen, der auf dem Wehrgang des Südtores stand, hielt den Blick grüblerisch geradeaus gerichtet und es sah nicht danach aus, als würde er eine motivierende Rede halten. Gandalf stand etwas abseits, gestützt auf seinen Stab. Kerry konnte nicht still sitzenbleiben sondern ging auf dem Mauerstück direkt östlich des Tores unruhig auf und ab. Das Schwert, das Mathan ihr ausgesucht hatte, hing an ihrer Seite, doch sie hoffte, es nicht benutzen zu müssen. Sie hatte auf dem Weg zum Tor kurz mit Halarîn gesprochen, doch die Aufregung und die Ruhe vor dem Sturm hatten Kerrys Gemüt in große Verwirrung gestürzt, die selbst Halarîn nicht auflösen konnte. Kerry fühlte sich wie ein kleines Tier, das in die Falle eines Jägers geraten ist und darauf wartet, dass dieser von seinem Streifzug zurückkehrt. Sie konnte nun nicht mehr entkommen.

Rufe unten am Tor rissen Kerry aus ihren Gedanken. Als sie den Blick auf die Fläche vor dem Tor wandte tauchte aus dem Nebel eine sich schnell bewegende Gestalt auf. Es war ein Reiter in einem grauen Umhang, der auf das Tor zu preschte und kurz davor stoppte. Der Mann blickte sich hastig um und rief: "Orks! Die Orks von Angmar kommen über Fornost!"
Wie um seine Worte zu bestätigen erschienen nun weitere Gestalten an der Grenze der Nebelwand: Orks, die auf großen Wölfen ritten. Offenbar hatten sie den Reiter verfolgt und als sie ihre Beute entdeckten stießen sie Rufe in ihrer Sprache aus und trieben ihre Reittiere auf den Mann zu. Doch ehe sie ihn erreichten schwirrten gut gezielte Pfeile von mehreren Sehnen und mit einem Jaulen fielen die Warg-Reiter.
"Öffnet das Tor!" befahl Belen, und die Torflügel wurden gerade so weit aufgestoßen, dass der Reiter sie passieren konnte. Hinter ihm wurde das Tor wieder fest versperrt. Zwei Waldläufer zerrten ihn die Treppe zum Torhaus hinauf.
"Valandur," stellte Belen fest und sein Blick verdunkelte sich. "Einer von Helluins Verrätern. Was tust du hier?"
"Euch vor der Armee warnen, die die Stadt in diesem Moment umschließt," gab Valandur zurück. "Sie werden jeden Augenblick angreifen!"

Von draußen erklang ein Hornstoß und Kerry vernahm viele erschrockene Rufe unter den Verteidigern, denn aus dem Nebel erschien nun ein Heer. Orks, so weit das Auge reichte, reihten sich vor den Mauern im Süden auf. Über ihren Köpfen wehte die Weiße Hand Sarumans. Doch noch machten sie keine Anstalten, die Mauern anzugreifen.
Aus dem Heer traten zwei Gestalten hervor, einer auf einem schwarzen Warg reitend, der andere lässig nebenher gehend. Zu Kerrys Erstaunen handelte es sich bei der zweiten Gestalt unverkennbar um einen Elben, der ihr sonderbar bekannt vorkam... doch woher, wusste sie nicht.
Die feindlichen Heerführer kamen ans Tor, doch Belen hielt die Bogenschützen zurück.
"Was wollt ihr?" rief er den beiden zu. Doch der Elb lächelte nur, während der zweite, ein großer Uruk, einen langen Augenblick nur seinen grimmigen Blick über die Verteidigungsanlagen schweifen ließ.
"Zieht ab," knurrte er schließlich. "Zieht ab, oder keiner von euch wird verschont werden. Verschwindet aus Fornost und aus dem gesamten Gebiet Arnors, und ihr behaltet euer erbärmliches Leben noch ein wenig länger."
Belens Antwort bestand daraus, dem Uruk einen Pfeil vor die Füße zu schießen. Dieser jedoch blieb unbeeindruckt, verweilte noch einen kurzen Moment und wandte sich dann ab. Zu zweit kehrten die feindlichen Heerführer in die Reihen der Ork-Armee zurück. Ein weiterer Hornstoß ertönte, und die Orks begannen, laute Kriegsschreie auszustoßen und ihre Waffen aneinander zu schlagen.
"Dann beginnt es jetzt," murmelte Gandalf. "Jetzt beginnt ihr Angriff."

"Schafft ihn mir aus den Augen," befahl Belen in Richtung Valandurs, der sich nicht vom Fleck gerührt hatte. "Auf den Turm mit ihm. Dort kann er am wenigsten Schaden anrichten." Zwei Dúnedain brachten Valandur weg.
Während schon die ersten Pfeile in beide Richtungen schwirrten ergriff Gandalf Kerrys Oberarm und raunte ihr zu: "Komm, Kerry, lass' uns etwas gegen diesen Nebel unternehmen. Du kannst mir dabei mehr behilflich sein als hier am Tor." Er ging eiligen Schrittes voran, die Mauer nach Osten entlang, und Kerry folgte ihm, während um sie herum das Chaos der Schlacht ausbrach...

Eandril:
Oronêls Gemeinschaft von den Wetterbergen...

Sie waren dem Heer einen ganzen Tag nach Westen gefolgt, und hatten auch in der Nacht nur eine kurze Pause einlegen können. In der Dunkelheit fühlte die Orks sich wohler als am Tag, auch wenn der unnatürlich dichte Nebel sie vor der Sonne schützte, also waren sie auch nach Sonnenuntergang einfach weitermarschiert, und auch am nächsten Morgen hatten sie kein Zeichen von Müdigkeit erkennen lassen.
Den Elben bereitete das hohe Tempo keine Schwierigkeiten, denn sie alle waren daran gewöhnt, schnell und ausdauernd zu wandern, doch bei Irwyne zollten der Schlafmangel und die dauerhafte Anstrengung ihren Tribut. Als dem Mädchen zum dritten Mal beim Gehen einfach die Augen zugefallen waren, hatte Oronêl wider besseres Wissen eine Pause angeordnet. Während sie rasteten entfernte sich die Armee weiter nach Westen, und mit ihr auch der Nebel - was Oronêl vollends davon überzeugte, dass er keineswegs natürlichen Ursprungs war. Während Irwyne unruhig schlief hielte die Elben Wache, und einmal glaubte Oronêl, den Schatten eines großen Vogels vor dem Mond zu sehen, der sofort wieder verschwunden war.
Angesichts des Nebels, der vermutlich auch während der Schlacht noch über dem Heer hängen und die Orks so vor der verhassten Sonne schützen würde, änderte Oronêl während der kurzen Rast seinen Angriffsplan. Eigentlich hatten die Elben nach Túrins Vorbild ihren Angriff möglichst lautstark gestalten wollen, um die Orks glauben zu lassen, dass ihnen ein größeres Heer in den Rücken fiele. Doch da die Orks nach Cúruons Einschätzung zu viele waren als dass ein solches Manöver erfolgreich sein könnte, hatte Oronêl beschlossen, ihnen so leise und heimlich wie möglich in den Rücken zu fallen, und größtmöglichen Schaden anzurichten bevor ihre Anwesenheit überhaupt bemerkt wurde.

Sie hatten nur zwei Stunden gerastet, und dennoch gelang es der Gemeinschaft erst im Laufe des nächsten Vormittags, die feindliche Armee wieder einzuholen, doch schließlich hielten die Orks vor ihnen abrupt an. Eine unwirkliche Stille legte sich über das Land, doch dann war von weiter vorne für einen Moment das Heulen von Wargen zu hören, das plötzlich abbrach.
"Auch wenn in diesem Nebel alles anders aussieht, glaube ich dass wir in den Wäldern direkt östlich von Fornost sind", flüsterte Cúruon Oronêl zu. "Gut", gab Oronêl ebenso leise zurück. "Teilt euch auf." Wie zuvor besprochen bildeten die Elben vier Paare. Cúruon und seine Tochter Mirwen würden gemeinsam kämpfen, ebenso wie Gelmir und Faronwe und Oronêl und Finelleth. Orophin und Glorwen sollten mit Irwyne in den Bäumen versteckt zurückbleiben, und den Orks aus dem Hinterhalt mit Pfeilen zusetzen.
"Möge das Glück der Valar mit euch allen sein." Oronêls Stimme war belegt, denn nach dem was er von dem feindlichen Heer gesehen hatte war das, was sie vor hatten Selbstmord. "Viel Glück, und... bitte kommt alle lebendig zurück", wisperte Irwyne, und Oronêl wandte sich ab. Er wollte nichts versprechen, was er vermutlich nicht halten könnte.
Während Glorwen und Orophin weiter nördlich im Wald zurückblieben, kamen die sechs Nahkämpfer im Süden in etwas lichtere Gebiete, in denen sie auch Spuren von gefällten Bäumen entdeckten. Von der anderen Seite des Heeres waren nun durch den Nebel gedämpfte Stimmen zu hören, und als sie verstummten, begann das gesamte Orkheer die Waffen aneinander zu schlagen und Kriegsschreie auszustoßen.
Inzwischen standen Oronêl und Finelleth geduckt hinter einem kleinen Brombeergebüsch, auf dessen anderer Seite sich direkt die letzten Reihen der Orks befanden, und Oronêl konnte sie riechen. Der Gestank erinnerte ihn an alle Schlachten, die er gekämpft hatte - in Lórien und Dol Amroth, auf der Dagorlad... Vor langer Zeit, im zweiten Zeitalter als Saurons Macht sich beinahe über ganz Mittelerde erstreckt hatte, hatte er mit Amdír beinahe so wie jetzt im Hinterhalt gelegen, und einen Trupp Orks aufgerieben. Leider handelte es sich heute nicht um einen kleinen Trupp, sondern um eine ganze Armee.
"Offensichtlich sind die Verhandlungen fehlgeschlagen", flüsterte Finelleth, und lockerte ihre Wurfmesser. Oronêl zuckte mit den Schultern, und erwiderte: "Hast du etwas anderes erwartet?" Er legte die Hand auf den Axtgriff, und Finelleth schüttelte den Kopf während sie konzentriert die feindliche Armee vor sich beobachtete. Und plötzlich, während er dem ersten Aufprall der Orks auf die Stadtmauern lauschte, wusste er es.

Finelleths Blick erinnerte ihn an Thranduil, wie er vor Sarumans Angriff auf Lórien über den Nimrodel auf die Armee der Orks geblickt hatte, und diese Erinnerung förderte eine weitere, fast vergessene zu Tage. Irgendwann im dritten Zeitalter war Thranduil nach Lórien gekommen, um seine Verwandten Amroth und Calenwen zu besuchen, und um mit Amroth über die immer größer werdende Zahl der Orks und anderer bösen Wesen im Nebelgebirge zu sprechen. Der Besuch war nur kurz gewesen, und erst jetzt erinnerte Oronêl sich, dass Thranduil bald wieder aufgebrochen war, weil er seine Frau und seine junge Tochter nicht zu lange allein lassen wollte. Von dieser Tochter hatte Oronêl nie wieder etwas gehört – bis heute.
"Ich weiß es", sagte Oronêl leise, mehr zu sich selbst, doch Finelleth hörte ihn trotz des Lärms den die Orks machten als sie in die Schlacht zogen, und wandte sich zu ihm um. "Was weißt du?"
"Ich weiß wer du bist." Jetzt ergab alles einen Sinn: Die Ähnlichkeit mit Calenwen, und Finelleths Unwillen, über ihre Familie zu sprechen. "Du bist Thranduils Tochter."
Finelleth wurde blass und ihre Augen weiteten sich. Dennoch wehrte sie ab: "Was? Woher nimmst du solche Ideen?" Eine Nebelschwade wirbelte vorbei, und für einen Augenblick glaubte Oronêl einen weißen Turm mit einem einsamen, schlaff herunterhängenden Banner, hinter den Reihen der Orks zu erkennen.
"Du siehst ihm ähnlich", sagte er nur, sah sie aber nicht an sondern beobachtete nur die Orks, die langsam auf die Stadt vorrückten. Neben sich hörte er Finelleth tief durchatmen, und dann sagte sie: "Ich will jetzt nicht über ihn sprechen." Oronêl nickte, und lauschte aufmerksam auf die Geräusche der Schlacht. Er hörte, wie Leitern auf die Mauern trafen, hörte Schreie und das Geräusch vieler Pfeile, die abgeschossen wurden und ein Ziel fanden. Er packte die Axt aus Rohan fester, und sagte schließlich als der Schlachtenlärm einen neuen Höhepunkt erreichte: "Also los."

Leise kamen sie hinter ihrer Deckung hervor, und begannen lautlos zu töten. Für den ersten Moment war es geradezu kinderleicht, denn über den Schlachtenlärm hinweg bemerkten nur die Orks in allernächster Nähe zu ihren Opfern, dass etwas nicht stimmte, und diese starben gleich darauf unter Oronêls und Finelleths Klingen. Von weiter links, wo Cúruon und Mírwen kämpften, glaubte Oronêl ebenfalls leise Kampfgeräusche zu hören. Er duckte sich unter dem unbeholfenen Schwerthieb eines Orks, den ein Schlag von Finelleth in seine Richtung hatte taumeln lassen, weg, und grub ihm aus der Drehung heraus  die Axt mit Wucht in den Schädel. Hinter sich sah er für einen Augenblick die Spur der Leichen, die er und Finelleth hinterlassen hatten, doch nur einen Atemzug darauf wendete sich ihr Glück. Ein von Finelleth getroffener Ork taumelte rückwärts, und stieß gegen einen deutlich größeren Uruk, der offenbar der Anführer dieser Schar war.
"He!", stieß der Uruk hervor, während er sich umwandte und sich plötzlich Oronêl und Finelleth, umgeben von Orkleichen gegenüber sah. Und im Gegensatz zu den anderen Orks, die sie sofort angegriffen hatten, machte er einen Schritt zurück, und stieß einen lauten Schrei in einer hässlichen, Oronêl unbekannten Sprache aus. Auch wenn Oronêl die Worte des Orks nicht verstehen konnte, war die Absicht doch klar. Finelleth schien es ebenfalls begriffen zu haben, denn sie stieß einen Flucht aus und schleuderte eines ihrer Wurfmesser genau in die Kehle des Uruks.
Doch es war zu spät, die Orks waren gewarnt und nun standen sie zu zweit einer ganzen Armee gegenüber - gerade als der Nebel begann, sich ein wenig zu lichten.

Curanthor:
Mathan lief in voller Rüstung bereits ungeduldig auf dem Wehrgängen auf und ab und positionierte seine Gruppe an den wichtigen Punkten. Auf den Aufgängen ständen die Feuerkörbe bereit und warteten darauf mit nassem Laub gefüttert zu werden. Er drehte sich zum Katapult, Adrienne, die die Mannschaft anführte nickte ihm zu, der alte Richtschütze dagegen streckte nur den ausgestreckten Daumen nach oben. Es war ein Wunder, dass sie ihn gefunden hatten, denn bis vor kurzem war keiner anwesend, der wusste wie man ein Katapult abfeuerte und auch traf.
Der Elb sah in die Gesichter der Menschen auf den Mauern, er stand rechts von Belen und der anderen Anführern. Viele der einfachen Leute war die Angst ins Gesicht geschrieben, als das feindliche Heer auftauchte. Selbst bei den kurzen Verhandlungen blieb es ungewöhnlich still. Halarîn tauchte neben ihm auf und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
"Ganz gleich was passiert, wir werden uns wiedersehen", flüsterte sie ihm in ihrer Sprache ins Ohr und drehte seinen Kopf zu ihr, "egal wo."
Sie küssten sich innig und blendeten alles aus, bis sie sich von ihm löste.
"Es ist lange her, dass ich diese Worte gehört habe", antwortete er und sie lächelte, doch es war keine Freude in ihrem Gesicht zu sehen.
Sie straffte sich und spannte ihren Bogen, nachdem Belen den Verräter wegschaffen ließ. Seine Elbenaugen erfassten Gandalf und Kerry, die über den östlichen Wehrgang im Nebel verschwanden. Halarîn folgte seinem Blick und setzte an den beiden zu folgen, doch er hob die Hand. Sie blickte für einen Moment beschämt zu Boden, raffte sich aber dann zusammen.

Mathan spürte die Anspannung der Menschen, selbst seine Hände zitterten leicht, denn die Feinde waren deutlich zahlreicher als sie. Von einem Moment zum anderen war die Anspannung weg, der Feind bewegte sich, der erste Sturmlauf. "So beginnt es also...", murmelte ein alter Krieger neben ihm. Der Elb folgte dem Keil, der sich aus der breiten Masse formte auf der Mauer. Natürlich steuerten sie das Tor an, doch auch einige Leitern machte er aus. Ein Pfeilhagel der Verteidiger verlangsamte den Angriff, doch die Orks hielten unbeirrt auf das Tor zu, bis die ersten Fallen zuschnappten.
Dutzende Feinde kreischten vor Schmerzen, als sie in die Fallgruben liefen und aufgespießt wurden. Wie eine Flut umliefen sie die angespitzen Pfähle, die eigentlich Reiter aufhalten sollten, trotzdem blieb hin und wieder ein unaufmerksamer Feind daran aufgespießt hängen.

Halarîn koordinierte einen Trupp Menschen mit langen Spießen auf die Mauern. Sie und Mathan blickten sich kurz an, bis die ersten Leitern an die Mauern gestellt wurden. Sogleich wurden sie von den Spießen umgestoßen.
"Bogenschützen!", ertönte der Warnruf mehrfach auf den Mauern und sogleich wurden Schilde zwischen die Zinnen gehoben. Mathan spähte zwischen dem Schild eines alten Gondorers und der Mauer. Seine Augen erkannte jeweils ein paar Dutzend Orks mit Bögen. Dumpf bohrte sich ein Pfeil in den Schild neben ihm und verfehlte den Arm des Trägers nur knapp. "Glück...", brummelte der Mann und verkeilte den Schild zwischen den Zinnen. "Darauf verlasse ich mich nicht nochmal.", sagte er und zog seinen Bogen. Seine Gattin wies nun ihre eigenen Bogenschützen auf die Orks mit den Bögen an und zwischen den beiden Parteien entbrannte eine verbissenes Duell mit Pfeilen und Sehnen.

Vereinzelt ertönten Schmerzensschreie auf der Mauer, einer der Männer wurde sogar nach hinten gerissen und fiel von dem Wehrgang. Hin und wieder fand ein Pfeil der Orks doch noch eine Lücke oder war so gezielt, dass er knapp über die Mauer flog. Mathan erkannte aus dem Augenwinkel, dass Adrienne zu dem gestürzten Mann lief.


Das Lärmen der Schlacht dröhnte in ihren Ohren und rief Erinnerungen wach. Feuer, Rauch und Schreie. Sie schüttelte sich, dies war nicht in Gondor. Adrienne konzentrierte sich und wartete mit der Katapultmannschaft auf den Angriffsbefehl. Sie beobachtete, wie die Verteidiger Pfeil um Pfeil abschossen und ständig Nachschub herbeigebracht wurde. Scheinbar funktionierten die Fallen, denn am Tor selbst war es ruhig. Oberhalb des Tores entdeckte sie Belen und Ardóneth, beide von Schilden abgeschirmt und Befehle rufend. Sie mochte die beiden nicht sonderlich, befand sie aber als fähige Anführer, trotzdem Belen ihren Bruder kurzfristig versetzt hatte.
Acharnor war damit auch nicht zufrieden gewesen, hat aber trotzdem auf dem westlichen Teil der Mauer Stellung bezogen. Zu ihrer Erleichterung war dort auch Mathan, der wie ein Luchs auf der Mauer hin- und herlief und die Menschen anleitete. Im selben Moment, als sie den Gedanken gerade zu Ende geführt hatte, wurde einer der Verteidiger getroffen und stürzte von der Mauer. Der Mann schrie auf und landete hart auf einem Stapel Holz, das vor das Tor vorgesehen war. Rainer machte Anstalten sich zu dem Mann zu begeben, doch sie hielt ihn davon ab. Er konnte auch ohne sie die Katapultmannschaft befehlen.

Ein Waldläufer, der einen Arm in der Schlinge trug erreichte den Verwundeten gleichzeitig mit ihr. "Das sieht übel aus...", kommentierte dieser und deutete auf den Pfeil, der in dem Helm steckte. Adrienne blickte den Mann mit schütterem Haar und grauen Bart fragend an. Er brach den Pfeil ab und zog die blutige Spitze vorsichtig heraus. "Normalerweise lässt man die Spitze wo sie ist, aber beim Helm... hoffen wir, dass es nicht der Kopf war", murmelte der Waldläufer.
Adrienne machte sich auf ein ekeleregendes Bild gefasst, als sie gemeinsam vorsichtig den Helm lösten. Mit einem atemlosen Keuchen sackte sie nach hinten, als der Helm polternd auf dem Boden fiel. Acharnor lächelte sie mit einem schiefen Grinsen an. "Na, Schwesterherz. War doch keine gute Idee in den Norden zu gehen", japste er und verzog das Gesicht vor Schmerz.
"Halt still du Narr!" fuhr ihn der alte Waldläufer an und wickelte den Kopf ihres Bruders in ein Halstuch ein.
Adrienne schnürte es den Hals zu, als sie sah, wie sich die Stelle an seinem linken Ohr sofort rot verfärbte. Ihr Bruder dagegen schien das sehr belustigend zu finden.
"Jetzt kann ich immer dein: "Hörst du schlecht?", mit einem: "Ja" beantworten.", gluckste Acharnor und hielt danach sofort den Mund. Scheinbar war es seine Art so mit Schmerzen umzugehen.

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