Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Arnor
Fornost: Die alte Palastanlage
Eandril:
Oronêl hatte genug vom Tanzen, und so stand er nun erneut ein wenig vom Marmorplatz entfernt und unterhielt sich mit Mathans anderer Tochter, Faelivrin. Trotz ihrer Distanziertheit, die mittlerweile freilich ein wenig geschwunden war, erwies sie sich als angenehme Gesprächspartnerin, die Halarîn ähnelte aber auch deutliche Züge ihres Vaters aufwies. Ihre Andeutungen über ihr Königreich in den Neuen Landen waren interessant und für Oronêl ziemlich neu, auch wenn er natürlich davon gewusst hatte, dass Abkömmlinge der Elben, die sich nicht der großen Wanderung angeschlossen hatten, weiter im Osten lebten. Er wollte gerade eine genauere Frage zum Königreich Manarîn stellen, als Gandalf sich zu ihnen gesellte. Er neigte respektvoll das Haupt in Richtung Faelivrin, und sagte dann: "Habt ihr Kerry gesehen? Sie ist nun schon ziemlich lange fort..."
"Morilië braucht jetzt ein wenig Zeit für sich", meinte Faelivrin verständnisvoll. "Man bekommt nicht jeden Tag eine neue Familie."
"Ich weiß", sagte Gandalf, doch er wirkte abwesend und besorgt - und diese Tatsache sorgte dafür, dass Oronêl ein kalter Schauer über den Rücken lief. "Ich könnte nach ihr sehen", erbot er sich. "Ich müsste sie dabei nicht einmal stören, wenn sie allein sein will."
"Gut", erwiderte Gandalf. "Kein Grund, ihre Eltern jetzt schon damit zu belästigen... wahrscheinlich ist es nichts außer dem Misstrauen des Alters."
"Ich bin sofort zurück", sagte Oronêl, und eilte mit leichten Schritten in die Richtung, in die Kerry zuvor davon gegangen war.
Er ging unter den Obstbäumen des Gartens hindurch, und erreichte schließlich eines der Tore, die vom Garten zu den Gebäuden rings um den Palast geführt hatten. Mauer und Tor waren halb eingestürzt und mit Moos und Flechten überwachsen, doch selbst in der Dunkelheit erkannte Oronêl die Stellen, an denen Kerry das Moos beim Klettern aufgerissen hatte. Vom Fest hinter ihm wehten noch immer leise Musik, Gesprächsfetzen und Lachen heran während Oronêl leichtfüßig die im Weg liegenden Steine erkletterte, doch vor ihm lagen Dunkelheit und Stille der nächtlichen Stadt. Auf der anderen Seite erreichte er eine Straße, die quer zum Palast von Süden nach Norden verließ, und blickte sich suchend um. Von hier aus konnte Kerry in drei Richtungen gegangen sein: Nach Süden, weiter in die Stadt hinein, über die Straße hinweg zwischen die nahen Häuser, oder der Straße folgend nach Norden, wo ein breites Loch in der Mauer klaffte, durch das die Sterne schienen und der Mond sein silbernes Licht warf. Diese Richtung erschien Oronêl am wahrscheinlichsten, denn es wirkte wie ein guter Ort um alleine zu sein und die Aussicht zu genießen.
Er folgte der Straße, und bereits bevor er die Bresche in der Mauer ganz einsehen konnte, sah er etwas metallisches auf dem Boden im Mondlicht aufblinken. Er verlangsamte seinen Schritt, und verfluchte innerlich die Tatsache, dass er nicht daran gedacht hatte, wenigstens seinen Dolch mitzunehmen - denn inzwischen befürchtete er, dass irgendetwas hier nicht so war, wie es sein sollte.
Oronêl umrundete einen Haufen Schutt, der auf der Straße lag, und hatte nun die gesamte Mauerlücke im Blick. Doch entgegen seiner Hoffnung war dort keine Kerry zu sehen. Das musste natürlich nicht unbedingt etwas zu bedeuten haben, doch sein Blick wurde von etwas angezogen, das inmitten der Bresche auf dem Boden lag.
Vor ihm, zwischen den Steinen, lag Hatholdôr, die Axt aus Doriath, die seinem Vater gehört hatte - und die sich seit der Schlacht von Lórien in den Händen jenes Wesens befunden hatte, dass ihn in Mittelerde am meisten hasste: Laedor.
Oronêl beugte sich herunter, bemüht keinen Laut zu machen, obwohl sein Herz einen immer schnelleren Takt schlug, und hob die so vertraute Waffe auf. Wenn Hatholdôr hier war, dann war Laedor sicherlich auch nicht weit - er musste einen Grund dafür gehabt haben, die Axt an diese Stelle zu legen...
Die Erkenntnis traf Oronêl wie ein Hammerschlag, und seine Hände zitterten. Kerry war tatsächlich hier gewesen. Laedor hatte ihm keine Falle gestellt, zumindest nicht hier und jetzt, denn woher hätte er wissen sollen dass Oronêl an diesen Ort kommen würde? Dies hier war ein Hinweis, voller Hohn und Spott.
Ängstlich vor dem was er finden würde und doch entschlossen, trat er durch die Mauerlücke hinaus, und entdeckte sofort die Schrift auf der äußeren Seite der Mauer. Im Dunkeln wirkte das Blut, mit dem die Nachricht geschrieben war, eher Schwarz als Rot, während Oronêl las: Komm und hol dir dein Spielzeug zurück - Allein, sonst wird sie sterben.
Ein Hauch von Erleichterung durchfuhr ihn - Kerry war verschwunden, womöglich verletzt, aber noch am Leben. Dennoch zitterten seine Hände vor Zorn und Schuldgefühlen, als er mit dem Daumen einen Tropfen des noch feuchten Blutes aufnahm und daran roch. Es war kein menschliches Blut, doch elbisch roch es ebenfalls nicht wirklich. Für einen kurzen Moment fragte Oronêl sich, was aus Laedor geworden war, dessen Blut es sein musste, bevor der Gedanke von einem anderen verdrängt wurde: Warum Kerry? Ein unschuldiges Mädchen musste nun für alle Demütigungen und Kränkungen, die Laedor in seinem Leben erfahren zu haben glaubte, büßen. Oronêl packte seine Axt so fest, dass seine Finger schmerzten, und eilte dann los - zurück zum Fest, zurück zu Mathan und Halarîn.
Der Ausdruck auf Oronêls Gesicht, ganz abgesehen von der Waffe, die er in der Hand trug, war offenbar genug um das Lachen über irgendeinen Witz, den Halarîn gemacht hatte, von ihrem und Mathans Gesichtern zu wischen.
"Was ist geschehen?", fragte Mathan, als Oronêl sie keuchend erreichte. "Es ist Kerry, sie ist... fort", erwiderte er, und aus Halarîns Gesicht schwand jede Farbe. "Sie ist fort und es ist MEINE Schuld." Oronêl schleuderte seine Axt zu Boden, wo sie mit der Klinge zitternd in der Erde steckenblieb.
"Fort...?", fragte Halarîn langsam, und der Schock war ihr deutlich anzusehen. "Du meinst... fortgegangen? Warum?" Oronêl stützte die Hände auf die Knie, sah zu Boden und schüttelte den Kopf. Als er wieder aufblickte, sagte er: "Sie ist nicht fortgegangen, sie wurde entführt. Von ihm - Laedor." Inzwischen hatten sich einige Gäste um die drei Elben gebildet - darunter Finelleth, Gandalf, Ardóneth und Irwyne, auf deren Gesichtern sich ebenfalls der Schrecken über das gesagte zeigte - und bei der Erwähnung Laedors zog Finelleth scharf die Luft ein.
"Es tut mir Leid", sagte Oronêl spürte, wie ihn die Verzweiflung zu übermannen drohte. "Ich wollte niemals, dass es dazu kommt. Er hat mir eine Nachricht hinterlassen - ich soll ihm folgen. Allein, und ich werde es tun."
Mathan hatte bislang geschwiegen, doch nun sagte er: "Nein." Seiner Stimme war der mühsam beherrschte Zorn deutlich anzuhören, und für einen kurzen Augenblick stellte Oronêl sich vor, was Mathan mit Laedor anstellen würde, wenn er ihn in die Finger bekam. Die Vorstellung war äußerst wohltuend. "Du wirst nicht alleine gehen, sondern Halarîn und ich werden mitkommen." Er wechselte einen Blick mit seiner Frau, die blass war aber entschlossen nickte. "Dieser... Laedor... weiß nicht, was er getan hat", sagte sie langsam, und während ihm klar wurde, dass Halarîn für Laedor nicht weniger gefährlich war als ihr Mann, kam ihm ein anderer Gedanke. Laedor hatte gar nicht Kerry entführen wollen, sondern Irwyne. Komm und hol dir dein Spielzeug zurück - erst jetzt ergab dieser Satz Sinn. Doch indem Laedor die Mädchen verwechselt und Kerry entführt hatte, hatte er einen fatalen Fehler begangen - denn nun hatte nicht nur Oronêl Grund, ihn zu hassen, sondern auch Mathan und Halarîn.
Oronêl nickte langsam. Laedor hatte gefordert, dass er alleine kam, doch er wusste auch, dass keine Kraft in Mittelerde Mathan und Halarîn davon abhalten würde, ihn zu verfolgen und ihre Tochter zu retten.
Mit vor Zorn blitzenden Augen schloss Faelivrin sich ihren Eltern an: "Ich werde meine Schwester nicht in den Händen irgendeines Wahnsinnigen lassen. Ich komme mit euch, und Fanael, Angatar und Asea auch."
"Ich werde euch ebenfalls begleiten", sagte Finelleth, die einen Arm um Irwyne gelegt hatte, leise. "Ich kannte - kenne Kerry nicht lange, doch sie ist eine Freundin. Und niemand schadet ungestraft meinen Freunden."
"Ich komme auch mit", meinte der hochgewachsene Dúnadan, den Oronêl von der Verhandlung als Ardóneth erkannte. "Ich habe ihr versprochen, dass ich auf sie aufpasse." "Nein", widersprach Belen, der sich ebenfalls zu der Gruppe gesellt hatte. "Du hast einen Auftrag, der von höchster Wichtigkeit ist."
"Das ist Kerry ebenfalls", gab Ardóneth zurück, und verschränkte die Arme. "Ich muss ihr helfen." Hinter seiner entschlossenen Haltung erkannte Oronêl die Zerrissenheit des Mannes, und so legte er Ardóneth die Hand auf die Schulter und zog ihn einen Schritt von der Gruppe fort. "Ich habe gesehen, was Kerry dir bedeutet", sagte er leise und eindringlich. "Und ich verstehe, dass du dein Versprechen erfüllen willst, aber deine Aufgabe ist ebenfalls wichtig. Ich bin mir sicher, dass Kerry es verstehen würde, denn wenn du deinen Auftrag erfüllst, hilfst du deinen und ihren Freunden."
Ardóneth nickte langsam. Oronêl sah, dass er bereits selbst zu diesem Schluss gekommen war, und nur einen kleinen Schubs in die richtige Richtung gebraucht hatte.
"Ihr werdet sie in Sicherheit bringen", sagte der Dúnadan, und es war weniger eine Frage als eine Aufforderung. "Das verspreche ich", erwiderte Oronêl. Allein, weil ich mir ansonsten nie wieder in die Augen sehen kann.
Curanthor:
Schweigen legte sich über den Platz und die meisten Gäste verließen mit betroffenen Gesichtern den Garten. Mathan knetete mit den Fäusten, sein Zorn wallte unaufhörlich, drohte ihn zu verschlingen. Halarîn legte ihm immer wieder eine Hand auf die Schulter, ohne dass sie ihn beruhigen konnte.
Faelivrin war ein klein wenig besonnener und antwortete Ardóneth nach Oronêl: "Dieser Wicht hat keine Ahnung mit wem er sich angelegt hat. So war ich hier stehe, er darf die Macht das Hauses Manarîn voll auskosten, dafür werden wir sorgen." Sie blickte zu ihreren Eltern, besonders zu ihrem Vater. Kurz darauf wandte sie sich an Oronêl: "Wie meint Ihr das, dass es Eure Schuld sei? Was hat das mit meiner Nésa zu tun?", fragte Faelivrin und konnte einen vorwurfsvollen Ton nicht unterdrücken. Der Waldelb wirkte bedrückt und schien einen Moment zu zögern. "Laedor ist ein Verräter, mein persönlicher Erzfeind. Er will mein Leben zerstören...", er machte ein geqäultes Gesicht, "Ich gehe davon aus, dass er eigentlich Irwyne entführen wollte.", sein Blick ging zu dem jungen Mädchen, dass noch blasser wurde als zuvor. "Ihr beide seid aus Rohan und habt blonde Haare. Du bist mir wichtig und er will mir all das nehmen, das mir wichtig ist. Ich-"
"Diesmal hat er einen Fehler gemacht. Er hat die Falsche!", rief Mathan lauter als sonst, er mahlte mit den Zähnen und blickte rastlos umher. Nach einigen Moment wandte er sich ab und stapfte geräuschvoll davon. Adrienne wollte ihm folgen, doch Halarîn hielt sie mit einem warnenden Blick zurück. Betreten blickte die Gruppe sich an, es klirrte, woraufhin sie sich umblickten. Der Hauptmann hatte seine Schwerter von dem Tisch genommen und machte ein ganz und gar unelbisches Gesicht. Wortlos marschiert er an ihnen vorbei in den hinteren Teil des Gartens. Dabei zerschlug er jede Laterne, die in seiner Reichweite war.
"Ich habe ihn noch nie so außer sich erlebt, außer einmal...", murmelte Halarîn und nestelte an ihrem Kleid, "Als er dachte, ich wäre in der Schlacht gefallen."
"Besser niemand spricht mit ihm, er braucht Zeit für sich", fügte Gandalf mir einem besorgten Blick hinzu. Erneut schaltete sich Faelivrin ein, die ihrer erschütterten Mutter die Hand hielt: "Oronêl, habt ihr eine Vermutung, wohin dieser Laedor sie gebracht haben könnte?"
Zu ihrer Enttäuschung schüttelte dieser nur den Kopf und hob verzweifelt die Schultern. "Er könnte überall sein...", sagte er und deutete scheinbar nach draußen, "In Bree, in den Bergen oder einfach in der Wildniss um mich in eine Falle zu locken."
"Vielleicht sollten wir bei Tagesanbruch die Gegend absuchen, in der Kerry verschwunden ist. Selbst wenn er ein Elb ist, einen Menschen herumzuschleppen hinterlässt Spuren", warf Adrienne überraschend ein und sorgte für nachdenkliche Gesichter. "Das ist tatsächlich ein Versuch wert", stimmte Finelleth zu.
"Ich werde einige meiner Leute bei der Aufgabe helfen lassen" Alle wandten sich zu Belen, der bisher wenig gesagt hatte. "Mehr Augen können ein größeres Gebiet abdecken, immerhin ist das Ganze direkt vor unserer Nase passiert."
Gilbárd und Argóleth sagten ebenfalls ihre Unterstützung zu. Letztere legte seinem Sohn eine Hand auf die Schulter: "Wir werden schon Etwas finden."
Faelivrin bedankte sich bei ihnen und wandte den Kopf zu den dunkleren Teil des Gartens, aus dem man Holz splittern hörte zusammen mit einem Wutschrei. Ihr Blick ging zu ihrer Mutter, Halarîn schüttelte jedoch den Kopf und setzte sich selbst in Bewegung. Die Anderen blickte sich etwas ratlos an, was die Stimmung nicht verbesserte, einzig die drei Avari standen an den Tischen und aßen etwas. Da sie kaum ein Wort des Gesprochenen verstanden nahm es ihnen auch keiner übel.
Das Blut rauschte in seinen Ohren, trotzdem hörte er das Gespräch der Anderen. Er nahm es aber nur nebensächlich war. Mathan ging zwischen zwei Bäumen rastlos auf und ab, machte sich Vorwürfe, dass er nicht besser auf Kerry aufgepasst hatte. Seine Gefühle hatten ihn zu sehr geblendet, dabei war es der erste Abend seit einer langen Zeit, an den er und Halarîn beide überglücklich waren. Erneut stieg ihm Kerrys Gesicht vor seinem geistigen Auge auf, wobei sie mit den Sternen um die Wette strahlte, oder sie sich an ihn klammerte. Es sollte ihr unvergesslicher Abend sein. Erneut wallte Zorn in ihm auf. Er zog mit einem Sirren seine Schwerter und rammte sie in den Boden.
Warum musste gerade heute das passieren? Ist es einem nicht vergönnt auch nur einen kleinen Funken Glück im Leben zu haben? Entfernt erinnert ihn das an die Situation mit seiner Mutter, als sie eines Tages verschwand und niemand wusste wohin. Doch dieses Mal wusste er wer es war und sie würden auch herausfinden wohin Kerry entführt wurde. All sein angestauter Zorn entlud sich auf Laedor und er zog die Klingen aus dem Boden.
"Marad!", schrie Mathan und hieb auf die Äste eines Baumes ein. Holz knackte und splitterte, bis er seine Wut ausgelassen hatte. Keuchend stand er an dem kahlen Stamm des Apfelbaumes und wandte sich langsam um. Etwas beruhigt schob er seine Waffen zurück in die Scheiden und ging zurück zu den anderen. Auf halben Weg kam ihm Halarîn entgegen, die ihn wortlos in die Arme schloss. "Wir finden unserer Tochter, ganz bestimmt", flüsterte sie in sein Ohr und er nickte. Gemeinsam gingen sie zurück zu den Anderen, die gerade diskutierten, wie man am besten die Spuren eines Elben las. Bei ihrer Ankunft unterbrachen sie das Gespräch und blickte sie fragen an. Mathan fixierte Oronêl mit einem grimmigen Blick. "Dein Kampf ist nun auch meiner. Laedor hat einen Fehler gemacht für den er bezahlen wird. Er wird dafür büßen sich an meiner Familie vergriffen zu haben und was er einem Freund angetan hat." Er nickte Oronêl zu, "Er wird dafür leiden, das schwöre ich."
"Ich danke dir", sagte Oronêl leise, und bot Mathan den rechten Unterarm dar, den dieser zum Kriegergruß ergriff. "Und ich schwöre dir, ich werde nicht zulassen dass Kerry ein Opfer dieser Fehde wird. Nicht, solange ich noch einen Atemzug in mir habe."
Mathan packt etwas fester zu, als Bestätigung für den Schwur und nickte.
Halarîn machte sich große Sorgen um Kerry und war umso erleichtertete, dass nun zwei erfahrene Elben sie retten würden. Sie blickte sich um und merkte sich jedes einzelne Gesicht. Ihre jüngste Tochter hatte auch eine Menge Freunde, ohne dass es ihr wirklich bewusst war. "Ein Gutes hat das ganze Drama...", sagte sie nachdenklich und schaffte ein gequältes Lächeln, "Die Bande, die hier geschaffen wurden sind sehr stark. Ich hoffe, dass wir uns alle noch einmal wiedersehen, wenn das alles vorbei ist."
Ardóneth und Elrádan zum Versteck des Sternenbundes
Oronêls und Mathans Gruppe nach Arthedain
Verlinkung ergänzt
Thorondor the Eagle:
Elea vom Versteck des Sternenbundes
Als sie die alte Rüsthalle verließen, legte sich sogleich ein Schleier des kühlen Nebels auf Elea’s Haut. Genauso trüb wie das Wetter in dieser Winterzeit, war auch die Stimmung in der Stadt. Man spürte noch die Erleichterung nach dem Sieg über Saruman’s Armee, aber die Bürde die auf diesem Ort lag war wesentlich größer.
Die Dunádan bemerkte, dass viele der alten Herrenhäuser abgetragen wurden, vermutlich um kleinere zu bauen oder um Teile der Verteidigungsanlagen wieder zu errichten. Zwischen den eigentlich geschlossenen Häuserfronten klafften nun immer wieder Lücken auf.
Nach relativ kurzer Zeit erreichten sie bereits eine verfallene Mauer die einst den Palast gegen die Bevölkerung abschirmte. Die kleine Kammer für die Wachsoldaten war ebenfalls eingestürzt. Cánotar, der voraus ging, passierte sie ohne wirklich Notiz davon zu nehmen.
Am Ende eines größeren Platzes ragte die hohe, weiß-graue Fassade der alten Palastanlage auf. Ein blaues Banner flatterte im Wind. Eines der schweren Holztore war teilweise aus den Angeln gerissen, das andere war intakt und stand weit geöffnet. Als sie die große und weitläufige Halle, die früher wohl Empfängen gedient hat, betraten, überkam Elea ein unheimlicher, zugleich ehrfürchtiger Schauer. Hier saßen einst ihre Vorfahren auf dem Thron Arnor`s und später Arthedains, die wahren Erben Numenors. Sie blieb stehen und stellte sich vor wie Aragorn auf dem Thron am Ende des Saales saß, dann tauchte Belen in ihrer Vorstellung auf und schließlich Helluin. Sie stellte sich vor, dass er Güte und Weisheit ausstrahlte und sein Volk als gerechter Herrscher führen würde. Ein frommer Wunschtraum gestand sie sich schließlich ein.
„Kommst du?“, forderte sie Cánotar auf.
Die Bilder vor ihrem Kopf verschwanden augenblicklich, wortlos nahm sie den Marsch wieder auf. Ihr alter Bekannter führte sie durch einen schmalen Gang und zwei kleine Räume ehe sie in einen Garten hinaustraten. Es war ein Seitenausgang, der unter den seitlich verlaufenden Arkaden ins Freie führte.
„Warte hier!“, sagte ihr Cánotar, ging durch die Arkaden und bog schließlich ins Zentrum des Gartens ab.
Vor Elea offenbarten sich kahle Obstbäume die einen weißen Marmorplatz umrandeten. Überall entlang des Weges standen Blumentöpfe und leere Feuerkörbe. Asche war noch in ihnen. Als sie durch die Arkaden unter den freien Himmel schritt, stellte sie sich vor, wie schön es sein musste hier ein Fest zu feiern, so wie damals im Herrenhaus der Dunedain.
Die Kirschbäume standen in voller hellrosa Blüte und waren gerade dabei die ersten Blütenblätter abzuwerfen. Der Wind wehte sie durch den Garten und verlieh dem ganzen einen besonderen Zauber. Menschen und Elben tummelten sich auf dem Platz und unter den Arkaden, sie tranken genüsslich und unterhielten sich und da, auf der anderen Seite des Gartens, mitten unter ihnen stand Belen und Cánotar, nahe bei einem Feuerkorb. Er trug eine leichte silberne Rüstung über dunkelblauer Kleidung. Sein dunkles, halblanges Haar wehte im Wind.
Als er sie bemerkte, drehte er sich zu ihr: „Du wolltest mich sprechen?“ Und mit einem Mal wurde das bunte Bild vor Elea’s Augen grau und düster. Der Feuerkorb war da, auch Belen und Cánotar, aber die Bäume waren wieder kahl und hässlich, die Sonne verschwunden und das Lachen verstummt.
„Ja, das wollte ich.“
„Bitte, sprich. Meine Zeit ist knapp. Wie du sicherlich festgestellt hast, ist in der Stadt viel zu tun.“
„Wann darf ich diese Stadt verlassen?“
„Darüber werden wir noch entscheiden. Zuerst möchte ich, dass du mir alles erzählst was damals passiert ist, bevor Helluin zum Oberhaupt des Stammesrates gewählt wurde.“
„Ich habe keine Ahnung.“
„Welchen Beitrag hast du dazu geleistet und wer hat dich dazu angestiftet?“
„Ich einen Beitrag?“, fragte sie entgeistert.
„Helluin wird wohl kaum gegen deinen Willen seine Ernennung angetreten haben.“
Elea steckte ein großer Kloß im Hals, sie hatte diese Szenen in Bruchtal verdrängt. Es waren dunkle Zeiten in ihrer Aufgabe als Mutter.
„Was hast du zu deinem Sohn gesagt?“
„Ich habe nichts unternommen“, presste sie heraus „Nichts. Wir sind damals nach Haldar’s Tod nach Imladris geflohen, so wie es Gilraen getan hat. Helluin sollte dort vor dem Stammesrat sicher sein, aber sie wussten natürlich, dass wir dort waren.“
„Und dann? Seid ihr zurück?“, bedrängte er sie.
„Nein, nein“, die Mutter war den Tränen nahe „Ich habe Helluin ziehen lassen. Er wollte es und der Stammesrat auch. Was blieb mir denn für eine Wahl?“
„Du bist nicht mit ihm gekommen?“, fragte Belen erstaunt.
„Nein“, antwortete sie leise „und ich bereue es zutiefst.“
Elea ging ein paar Schritte weg von den beiden und versuchte ihre Tränen zu unterdrücken. Sie stand nun mit dem Rücken zu ihnen und starrte auf das kleine Wasserrinnsal im Marmorboden. Sie beruhigte sich: „Was ist dann mit ihm passiert?“
„Die Antwort auf diese Frage hätte ich mir von dir erhofft, denn wir wissen es nicht sicher. Wir wissen nicht, ob Saruman direkt ihn beeinflusste oder ob einige Ratsmitglieder ihn bekehrt haben.“
„Wenn ich dich gehen lasse, wohin willst du dann?“, wechselte nun Belen das Thema.
„Ihn suchen!“, antwortete sie.
„Und dann?“
„Ich möchte alles unternehmen um zu verhindern, dass er noch mehr Leid anrichtet. Vielleicht schaffe ich es Saruman’s Bann zu brechen.“
„Wir haben Saruman’s Macht gesehen, ohne die Hilfe von Gandalf oder einem seiner Gefährten wird es dir nicht gelingen.“
„Dann muss ich eben zuerst Gandalf finden“, entgegnete sie panisch „Irgendetwas muss ich doch tun.“
„Und wenn du es tatsächlich schaffst den Bann zu brechen. Glaubst du einer unserer Brüder und Schwestern hier würde ihm jemals vergeben? Er hat unser Volk verraten und ist dafür über Leichen gegangen.“
„Das hoffe ich sehr.“
„Aber du stimmst mir zu, dass er unter diesen Umständen niemals Herrscher über eines der Reiche sein, noch ein hohes Amt bekleiden könnte.“
Sie drehte sich um, um ihm aufrichtig in die Augen zu blicken: „Auch das werde ich um jeden Preis zu verhindern versuchen. Was ich will ist Ruhe, ein kleines Gehöft in den Wäldern von Arnor, wo wir als Familie unser Leben leben können. Er wird eine Frau finden und mir Enkelkinder schenken. Das ist alles.“
„Schwörst du mir das und auch die Treue zu mir?“, setzte er nun noch eins drauf.
„Ja“, antwortete sie „Ich schwöre dir die Treue, mit einer Bedingung. Niemals werde ich gegen meine eigene Familie ins Feld ziehen.“
„Mhhh, ich muss noch darüber nachdenken. Wir werden alles weitere sehen“, schloss er die Unterhaltung ab.
Die Dúnadan wandte sich ab und ging ein paar Schritte durch den Garten. Sie griff nach einem verdorrten Blatt an einem der Bäume, ohne Widerstand löste es sich von dem Ast. Belen’s Blick folgte ihr, dann wollte er gehen.
„Damals in Gondor“, begann Elea nun zu sprechen „jene die ich kannte, haben König Elessar vergöttert und jeden Tag auf seine Wiederkehr gehofft. Was wirst du tun, wenn Aragorn zurückkehrt? Wirst du ihm genauso den Prozess machen? Du warst einst mit ihm in Minas Tirith, hast Seite an Seite mit ihm gekämpft. Er war wie ein Bruder für uns.“
„Ja das habe ich“, sagte Belen sofort lauter „Ich habe mit Aragorn gekämpft und wir haben verloren. Er hat uns in den Untergang geführt, blind vor den niederschmetternden Tatsachen. Eine Rückkehr auf den Thron sollte ihm verwehrt sein.“
„Aber?“, fragte Elea.
„Aber dies wird nicht alleine meine Entscheidung sein“, seine Aufregung legte sich und wandelte sich in Bekümmernis „Unser Volk wird sich dieser Entscheidung stellen müssen.“
Mit diesen Worten schloss er endgültig ab und drehte sich um zum Gehen.
„Weise bist du geworden in den letzten Jahren und ein guter Anführer sollst du sein. Vielleicht führst du fort, was Aragorn begonnen hat“, sagte Elea überzeugt. Er antwortete nicht.
Elea in das Versteck des Sternenbundes
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