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Autor Thema: Qafsah  (Gelesen 17423 mal)

Eandril

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Re: Qafsah
« Antwort #15 am: 9. Nov 2024, 19:35 »
Edrahil, Qúsay und das Heer von Vor der Stadt...

Mit den ersten Sonnenstrahlen hatte sich das große Tor von Qafsah geöffnet. Kein Gegenangriff erfolgte durch den offenen Torbogen, und so zog Qúsay an der Spitze seines Heeres in die Stadt ein.
Die große Straße, die vom Tor in nördlicher Richtung auf den Palast zuführte, war von den überlebenden Verteidigern gesäumt, die ihre Waffen zu Boden warfen sobald die Spitze von Qúsays Heer sie erreichte.
"Scheint, als hätte dieser Statthalter Wort gehalten", sagte Erchirion, aus dem Sattel zu Edrahil, der neben ihm ritt, hingebeugt. Edrahil nickte nur stumm, und lies den Blick aufmerksam schweifen. Die Häuser sahen nicht viel anders aus als in Ain Salah, doch noch mehr als dort fehlte hier jeglicher Einfluss númenorischer Bauweise. Hinter Fenstern und auf Balkonen beobachteten die Bewohner schweigsam den Einzug der siegreichen Belagerer, doch Edrahil konnte auf ihren Gesichtern erstaunlich wenig Feindseligkeit entdecken. Ein wenig verwunderte ihn das, denn kein Stadtbewohner sah gerne ein feindliches Heer durch seine Straßen ziehen. Doch auch keine Freude zeigte sich auf den Gesichtern, und kein Laut des Jubels war zu hören, weder für Qúsay noch für König Músab von Kerma, der neben ihm ritt - stattdessen lag eine unbehagliche Stille über Qafsah. Die Bewohner der Stadt wirkten wie in Schockstarre. Valirë drängte ihr Pferd zwischen Edrahil und ihren Verlobten. "Ich kann Valion nirgendwo entdecken." Ihre Stimme klang besorgter, als Edrahil sie jemals gehört hatte. "Er sollte doch mitbekommen haben, dass die Stadt gefallen ist."
Edrahil zuckte mit den Schultern. "Bei Valion vom Ethir weiß man nie so genau...", sagte er leichthin, doch insgeheim teilte er Valirës Bedenken. Wenn Valion noch lebte, konnte er den Einzug des Heeres eigentlich kaum übersehen haben, und hätte keinen Grund, sich zu verbergen. Es sei denn, er war gefangen genommen, und Amenzu hatte beschlossen, ihn fürs erste als Faustpfand zu behalten.
"Ich bin sicher, Valion geht es gut", ergänzte Erchirion, doch auch aus seiner Stimme hörte Edrahil den besorgten Unterton heraus. "So leicht lässt er sich nicht unterkriegen."
Valirë wirkte nicht unbedingt beruhigt, doch in diesem Moment kam der Palast von Qafsah in Sicht - oder vielmehr das, was von ihm übrig war. Sowohl Valirë als auch Erchirion zogen erschrocken die Luft ein, und der gesamte Heerzug geriet für einen Augenblick ins Stocken. Beim Anblick des Palastes wurde Edrahil klar, warum eine derartig drückende Stille über der Stadt lag.

Die westliche Hälfte des Palastes sah aus, als wäre sie von einer gewaltigen Hand gepackt und auseinander gerissen worden. Vom Feuer geschwärzte Steine waren in alle Richtungen davon geschleudert worden, und übersäten gepflasterten Vorplatz. Das Dach war eingesackt und die Mauern verdreht und zertrümmert. Mehrere Rauchsäulen stiegen noch immer von der Ruine auf und an einigen Stellen flackerten noch immer Flammen zwischen den Trümmern. Selbst im Vorplatz klaffte ein breiter Riss, als ob ein Gewölbe darunter eingestürzt war. Die östliche Hälfte des Gebäudes stand zwar noch, doch auch dort waren Fenster gesplittert, einige Dächer eingestürzt und an einigen Stellen stieg ebenfalls Rauch auf.
"Was für eine Macht kann solche Zerstörung anrichten?", fragte Erchirion leise, und Edrahil wusste, dass der Prinz ebenso wie er an Dol Amroth dachte.
"Kermisches Feuer", antwortete ein Mann, der sich mit einem Mal aus der Menge am Straßenrand gelöst und dem Heerzug angeschlossen hatte. Edrahil hatte ihn bereits an der Stimme erkannt, bevor Eayan die Kapuze abgeworfen hatte. Das Gesicht des Schattenfalken war blasser als gewöhnlich und unter dem Mantel glaubte Edrahil einen Verband um seine Schulter zu erkennen, doch seine Miene war beherrscht wie immer. "Kermisch?", fragte Valirë mit einem misstrauischen Blick nach vorne, wo der König selbigen Landes an der Spitze des Zuges ritt.
Eayan schüttelte den Kopf. "Ich glaube nicht, dass König Músab etwas damit zu tun hat. Ich vermute eher, dass Sûladan es über lange Zeit gesammelt hat und damit vorhatte, Qúsays Heer zu vernichten." Er verzog das Gesicht zu einem schiefen Lächeln. "Er wird kaum damit gerechnet haben, dass es stattdessen seinen Palast in Schutt und Asche legt."
Edrahil lenkte das Gespräch zurück auf die wesentlichen Dinge, während die vordersten Reihen den offenen Platz vor dem Palast erreichten. "Was ist mit Valion? Oder Narissa?" Er beherrschte seine Stimme dieses Mal nur mit einiger Mühe, denn die Sorge, die er verspürte, war untypisch heftig für ihn. Über Eayans Gesicht wanderte ebenfalls ein Schatten der Besorgnis. "Valion ist nicht bei euch? Ich habe ihn nicht gesehen." Valirë zuckte bei seinen Worten im Sattel zusammen. "Edrahil..."
Eayan sprach weiter. "Was Narissa angeht..." Er seufzte leise. "Sie ist am Leben und im Augenblick in Sicherheit, aber... sie wird etwas Zeit brauchen."

Ein Raunen ging durch Qúsays Heer, und Edrahil richtete den Blick wieder nach vorne. Er bemühte sich, die Mischung aus Sorge und Erleichterung, die Eayans Worte ausgelöst hatte, niederzukämpfen und sich stattdessen auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Vor der Ruine des Palastes knieten zwei Menschen auf dem harten Pflaster - der Statthalter Amenzu und neben ihm der junge Sohn Sûladans.
"Malik Qúsay, Fürst von Umbar, und Músab, König von Kerma. Ich heiße euch willkommen in Qafsah und lege euch die Stadt und all ihre Bewohner zu Füßen", hallte Amenzus Stimme über den Platz.
Qúsay glitt vom Rücken seines Pferdes, und bedeutete den Knienden mit einer Geste, sich zu erheben. Dann begann er zu sprechen: "Sûladan, der Fürst von Qafsah und so genannte Sultan von Harad ist tot! Am heutigen Tage endet seine Herrschaft über Qafsah und ganz Harad für immer. Nie wieder werden die Feinde der Menschen die Herrschaft über auch nur einen Fußbreit von Harad erlangen. Vom heutigen Tag an steht Qafsah unter dem Schutz des Maliks von Harad. Jedem Bewohner der Stadt, der mir in Treue und Verbundenheit folgt, wird die Gefolgschaft Sûladans vergeben sein."
Edrahil warf einen Blick zu König Músab, dessen Gesicht bei Qúsays Worten beinahe unmerklich zuckte. Offenbar war der König nicht ganz damit einverstanden, dass Qúsay Qafsah so offen als Teil des Malikats bezeichnete. Er seufzte leise. "Ein Machtgerangel um Qafsah ist genau das, was wir jetzt nicht brauchen können..."
"Ich werde versuchen, mich in die Verhandlungen einzuschalten", erwiderte Erchirion leise. "Als Vertreter Gondors könnte ich ein neutraler Vermittler sein."
"Nicht ganz neutral, bedenkt man, dass Qúsay mit deiner Schwester verlobt ist", gab Valirë zu bedenken. Ihr Blick schweifte noch immer unruhig über die Menge, als hoffte sie, ihren Zwillingsbruder irgendwo zu entdecken.
"Es ist trotzdem eine gute Idee", meinte Edrahil. "Wir könnten einen Beobachter bei diesen Verhandlungen gut brauchen." Er ließ sich vorsichtig vom Rücken seines Pferdes gleiten, wobei er darauf achtete, zuerst mit dem rechten Bein aufzukommen. Er blickte Eayan an. "Narissa. Wo ist sie?"
Eayan wirkte beinahe unbehaglich, aber vielleicht machte ihm auch nur seine Verletzung zu schaffen. "In Sicherheit, wie ich sagte. Aber..." Edrahil blickte ihm fest in die Augen. "Es ist mir gleich, ob sie Zeit braucht und was geschehen ist. Ich muss mit ihr sprechen." Eayan erwiderte seinen Blick stumm, bevor er knapp nickte. "Also schön. Aber vielleicht zeigst du dann ein wenig mehr Einfühlsamkeit als üblicherweise..."

Oronêl - Edrahil - Hilgorn -Narissa - Milva

Fine

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Der Qore stellt Bedingungen
« Antwort #16 am: 10. Nov 2024, 12:12 »
Aus der Sicht Valirës

Valirë beobachtete mit untypischem Unbehagen, wie Edrahil mit dem geheimnisvollen Eayan den Platz verließ, auf dem die Prozession dem Statthalter von Qafsah begegnet war. Die beiden Männer bogen in einer der vielen engen Seitengassen ab und waren rasch verschwunden.
Erchirion stupste sie kaum merklich an. "Augen nach vorne," raunte der Prinz Valirë zu. "Jetzt liegt es an uns, die Verhandlungen zu begleiten und einen neuen Krieg zu verhindern."

Sie mussten nicht allzu lange auf ihren Moment warten. Amenzu al-Irat, der Statthalter Qafsahs, lud die beiden Könige in den Palast Sûladans ein - oder zumindest in den Teil, der noch intakt war. Dort angekommen dauerte es nicht lange, bis ein reichliches Gelage aufgetischt worden war, beinahe so, als hätte nicht wenige Stunden zuvor noch eine tödliche Belagerung rings um die Stadt geherrscht. Valirë wurde klar, dass der Sultan in seinen Vorratskammern eine große Menge an Verpflegung gebunkert haben musste, welche er seiner leidenden Bevölkerung vorenthalten hatte. Obwohl sie diese Tatsache verärgerte war Valirë doch dankbar für die Mahlzeit, denn seit dem Ende der Schlacht hatte sie nichts zu Essen bekommen. Dafür war bislang gar keine Zeit gewesen.

Wieder und wieder spürte sie heiß die Sorge um ihren Zwillingsbruder aufsteigen. Dass Valion noch immer nicht aufgetaucht war, ließ Valirë Böses ahnen. Wäre er unter den Gefallen gewesen, hätte man ihn sicherlich längst gefunden. Die Belagerung hatte vergleichsweise wenige Opfer gefordert, vor allem im Vergleich zu der verlustreichen Erstürmung von Umbar, die Qúsays Streitmacht viele Männer gekostet hatte.
Wo kann er nur sein? fragte Valirë sich und leerte rasch ihren Teller, ohne den exquisiten Geschmack der Speisen richtig genießen zu können. Sie ballte die Hände zu Fäusten, dann öffnete sie sie wieder. Wären sie doch nur zusammen geblieben - dann wäre Valion sicherlich jetzt frohen Mutes an ihrer Seite, würde ein paar dumme Sprücke klopfen und sich den Bauch vollschlagen.
"Wir finden ihn," sagte Erchirion und erstaunlicherweise gelang es ihm, Valirë damit ein wenig Trost zu spenden. "Edrahil wird ihn schon aufspüren. Sicherlich hat er sich nur in den kleinen Gässchen der Stadt verlaufen und ist in irgend einem Hinterhof gelandet, aus dem er nicht mehr herausfindet."
Valirë wollte eine schlagfertige Antwort geben, doch ehe sie dazu kam, hob König Músab von Kerma die Hand.

"Nun, da alle gestärkt sind," sprach der König, "sollten wir zum Wesentlichen kommen."
"Ich stimme zu," sagte Qúsay, der am gegenüberliegenden Kopfende des Tisches saß, sodass die beiden Heerführer einander über die Länge des Tisches hinweg anblickten.
"Ich denke, wir sind uns einig, dass das Sultanat Harad ab heute der Vergangenheit angehören sollte," fuhr Músab im bedächtigem Tonfall fort. "Und ich bin unter gewissen Bedingungen gewillt, die Herrschaft des jungen Isqah Sûladanid anzuerkennen, jedoch muss er sich mit dem Rang als Fürst zufriedengeben."
Der Statthalter nickte eifrig. "Mehr verlangen wir nicht, o Qore."
Musab nickte knapp, und sein Blick kreuzte sich mit Qúsay. "Ebenfalls akzeptiere ich die Ernennung von Meister Amenzu als Regent des jungen Fürsten."
Qúsay, der dem Blick des kermischen Königs standgehalten hatte, wirkte wachsam. "Und wie lauten die Bedingungen?" fragte er.
"Ihr alle habt meine Streitmacht mit eigenen Augen gesehen," sagte König Músab. "Es liegt an mir zu entscheiden, in welche Richtung sie ich führe. Und sie scheint mir bitter notwendig, nun da das Malikat Harad einen solchen Gebietszuwachs erhalten soll."
"Umbar steht mir durch das Geburtsrecht zu," hielt Qusay dagegen, "und die Stämme zwischen Ain Salah und Qafsah haben sich mir freiwillig angeschlossen. Qafsah hat sich mir ergeben. Ich gedenke, das neue Fürstentum zu einem Vasall meines Reiches zu machen."
"Und welche Garantien erhalte ich im Gegenzug dafür, dass ich eine solche Bedrohung an meiner Nordgrenze erstehen lasse?" wollte der Herrscher Kermas wissen, nun bereits etwas verärgert.
Qúsay ließ sich einen Augenblick Zeit mit seiner Antwort. "Tindouf sollte sich überzeugen lassen, die Ketten des Sultanats abzuwerfen und sich Kerma anzuschließen," sagte er schließlich. "Sicherlich verfügt Ihr über Diplomaten, die dies bewerkstelligen können. Was die Garantieren betrifft..."
Ehe Qúsay weitersprechen konnte, unterbrach Músab ihn. "Ich fordere Geiseln," stellte der König klar. "Dies ist meine Bedingung für einen Nichtangriffspakt."
"Geiseln welcher Art?" wollte Qúsay wissen.
"Euren Mentor, Marwan," sagte Musab, ehe er den Blick in die Runde schweifen ließ, "Eure rechte Hand, Dírar... und Eure Verlobte."

Schlagartig wurde es totenstill in der Festhalle. Erchirion fand als Erster die Sprache wieder. "Ihr verlangt, dass sich meine Schwester in Eure Hand begibt?"
"Im Gegenzug biete ich Euch die Unterstützung meines Heeres im Kampf gegen Mordor an," sagte Músab ruhig. Er wusste wohl, dass er den Gondorern damit ein Angebot gemacht hatte, dass diese kaum ablehnen konnten. "Vorausgesetzt natürlich, der geschätzte Malik befiehlt seinen Kriegern ebenfalls, nach Norden gegen Sauron zu ziehen."
Qúsay hatte die Augen zusammengekniffen, doch dann nickte er langsam. "Ich akzeptiere," sagte er mit gedämpfter Stimme. Dann warf er einen Blick auf Dírar, der ebenfalls nickte.
Erchirion schüttelte etwas hilflos den Kopf, und blickte Valirë voller Sorge an. "Lothíriel ist doch erst vor so kurzer Zeit befreit worden," sagte er. "Vater wird dem niemals zustimmen, selbst entgegen aller Vernunft, und dann wird ein neuer Krieg ausbrechen..."

Da wusste Valirë auf einmal, was sie zu tun hatte. Es schmerzte, Valion so im Stich zu lassen, doch sie vertraute darauf, dass Edrahil ihren Zwillingsbruder retten würde. Sie erhob sich und spürte, wie sich alle Augen auf sie richteten. "Es gibt mehr als eine Prinzessin von Dol Amroth," sagte sie mit fester Stimme. "Lothíriel ist weit entfernt von Euch, König Músab. Doch... ich bin genau hier, im selben Raum. Ich werde Eure Geisel, sofern Ihr Euer Wort haltet und mit uns gegen Mordor zieht."
Erchirion hatte es offenbar erneut die Sprache verschlagen. "Vertrau' mir," wisperte Valirë ihm zu.
"Ich akzeptiere," sagte König Músab. "Und stelle fest... dass wir uns hiermit einig sind."
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