Imrahil, Elphir, Erchirion, Hilgorn, Lothíriel, Valion, Valirë und Lóminith vom Hafen"Edrahil hat
was getan?" rief Imrahil ungläubig.
"Er hat den Fürsten von Umbar gestürzt," wiederholte Lothíriel mit einem vergnügten Lächeln.
"Nun, für ungefähr eine Woche," warf Valion ein. "Aber er hat es geschafft, das stimmt."
"Unglaublich," murmelte Imrahil. "Ich dachte nicht, dass er so erfolgreich sein würde. Aber warum nur blieb er zurück als ihr abreistet? Ich könnte seinen Rat wirklich gut gebrauchen."
"Er ließ sich nicht überzeugen mitzukommen," erklärte Valion.
"Er sagte, dass seine Arbeit noch nicht getan sei," fügte Lothíriel hinzu.
"Hmm," machte Imrahil nachdenklich. "Also gut, ich vertraue seinem Urteil. Ich bin mir sicher, er wird seine Gründe dafür haben. Bitte, berichtet weiter."
Valion und Lothíriel wechselten sich damit ab, dem Fürsten von ihren Abenteuern zu erzählen. Die meiste Zeit hörte Imrahil schweigend zu und stellte nur selten eine Zwischenfrage. Als sie vom Sturz Hasaels berichtet hatten hatte er sie zum ersten Mal vollständig unterbrochen. Aufmerksam ließ er sich Tol Thelyn beschreiben und nickte zufrieden, als Valion den Bericht damit beendete, wie der günstige Wind sie bis in Sichtweite Dol Amroths getragen hatte.
Als er geendet hatte erhob sich Imrahil und winkte einen Schreiber herbei. "Valion und Valirë vom Ethir, hiermit erkenne ich als Truchsess Gondors und Fürst von Dol Amroth euren Auftrag, meine Tochter Lothíriel aus der Gefangenschaft zu befreien und wohlbehalten nach Hause zu bringen... als erfüllt an. Ihr habt euch mein Vertrauen und meinen Respekt verdient. Und ich muss sagen, dass die Reise euch hat wachsen lassen. Ihr seid nun bereit, euer Erbe anzutreten. Lasst es bekannt werden, dass die Titel, die euch zustehen, nun offiziell verliehen sind. Valion, Amlans Sohn: Erhebe dich als Erbe von Haus Cirgon und als rechtmäßiger Lehensfürst Gondors. Valirë, meine Tochter, erhebe dich als Herrin von Belegarth und Hohe Dame von Dol Amroth, dem Haus, dem du nun angehörst."
Geehrt standen die Zwillinge auf, während der Schreiber Imrahils Worte sorgfältig notierte. "Ich danke Euch, mein Fürst und Lehnsherr," sagte Valion respektvoll.
Kurz darauf standen die Zwillinge mit Lothíriel und Erchirion in einem der Nebenräume des Palastes und blickten durch ein großes Fenster auf die Stadt hinab.
"Es tut gut, endlich zu Hause zu sein," sagte Lothíriel glücklich. Sie hatte das Kleid, das sie seit ihrer Flucht aus Minûlîths Anwesen getragen hatte, gegen ein frisches, hellgrünes Kleid ausgetauscht. Auch Valirë und Valion hatten sich umgezogen. Auf Valions Brust prangte das Siegel vom Ethir und seine Schwerter hingen an dem neuen Gürtel, den er trug. Valirë trug leichte Reitkleidung in verschiedenen Grüntönen und hatte das Haar zu einem breiten Zopf geflochten. Erchirion hielt sie im Arm und sie flüsterte ihm leise Dinge zu, die ihn zum Lachen brachten. Valion grinste zufrieden. Alles war gut.
Imrahil kam herein und trat neben ihn. "Valion," sagte der Fürst mit einem nachdenklichen Unterton in der Stimme. "Du hast in deinem Bericht etwas Wichtiges ausgelassen - oder besser, jemanden." Lóminîth, die ein säuerliches Gesicht machte, kam hinter Imrahil zum Vorschein. "Möchtest du mir deine Verlobte nicht vorstellen?"
"Verzeiht, Fürst," sagte Valion betroffen. Er hatte Lóminîth tatsächlich vergessen. Peinlich berührt blickte er zu Boden eher er den Blick Imrahils suchte.
"Es war Edrahils Idee," begann er. "Ein Bündnis zwischen Umbar und Dol Amroth, gefestigt durch eine Vermählung."
"So wie ich das sehe herrschen in Umbar jetzt wieder unsere Feinde," stellte Imrahil fest.
"Das wussten wir ja zu diesem Zeitpunkt nicht," beteuerte Valion. Ein Seitenblick auf seine Verlobte zeigte ihm, dass ihre Geduld beinahe am Ende war. Also sprach er schnell weiter: "Edrahil überzeugte mich, mich mit einer der mit uns verbündeten Adeligen Umbars zu verloben. Sie ist absolut vertrauenswürdig und außerdem hat sie ihr Zuhause verloren als wir aus Umbar fliehen mussten. Deshalb habe ich sie mitgebracht."
"Nur deshalb?" hakte Lóminîth mit spürbarer Verärgerung nach.
Es war Lothíriel, die Valion rettete. "Ihr streitet doch nicht etwa, an diesem wunderbaren Tag?" mischte sie sich und legte ihrem Vater und Lóminîth jeweils eine Hand auf die Schultern. "Vater, du kannst Lómi vertrauen. Sie hat ein gutes Herz, ebenso wie ihre Schwester. Und du, Lómi, sei nicht zu hart mit Valion. Es ist das erste Mal, dass er wirklich Verantwortung übernehmen muss."
Das entlockte Lóminîth tatsächlich ein Lächeln, und sie umarmte Lothíriel für einen kurzen Moment. "Vermutlich hast du recht."
"Nun, meine Tochter hatte schon immer einen aufgeweckten und scharfen Verstand," gestand Imrahil ein. "Ich werde auf ihr Urteil vertrauen. Willkommen in Dol Amroth, Lóminîth."
"Ich danke Euch, Fürst Imrahil," erwiderte Lóminîth und knickste anmutig.
Eine halbe Stunde später hatte Imrahil seine engsten Berater in seinem Solar zusammengerufen. Valion stand neben Erchirion und fühlte sich etwas unbehaglich, doch er versuchte, es nicht zu zeigen.
"Der Sturz Hasaels und der aufkommende Krieg in Harad werden uns einiges an Zeit erkaufen," sagte Hilgorn gerade. "Ich schätze, dass wir es für die nächste Zeit hauptsächlich mit den Truppen Mordors zu tun haben werden."
"Umbars Flotte stellt momentan keinerlei Bedrohung dar," berichtete Amros von Edhellond, der Tirn Aear und Oberbefehlshaber der Flotte. "Sie werden alle Mühe haben, ihren Hafen überhaupt verteidigen zu können mit dem, was ihnen verblieben ist."
"Unsere Augen müssen sich nun auf den Ethir richten," sagte Imrahil und warf Valion einen nachdenklichen Blick zu. "Valion hat mit seinem unbedachten Handeln explizit gegen die Bedingungen verstoßen, die Sauron uns nach der Schlacht bei Linhir auferlegt hat."
"Sein geflügelter Bote sagte, dass er darüber hinweg sehen würde," erinnerte sich Valion.
"Das Wort eines Ringgeists ist nichts wert," sagte Amrodin, der Edrahil als Herr der Spione vertrat. Dabei fiel Valion ein, dass er dem Mann noch Edrahils versiegelten Brief übergeben musste. Er nahm sich vor, es direkt im Anschluss an den Kriegsrat zu tun.
"Wir wissen nicht, wie Sauron darauf reagieren wird," fuhr Amrodin fort. "Meine Leute in Linhir berichten, dass an der Front eine trügerische Ruhe herrscht. Für den Augenblick scheint sich die Aufmerksamkeit des Auges auf andere Lande zu richten."
"Gibt es Neuigkeiten von Damrod?" fragte Imrahil, doch Amrodin schüttelte den Kopf. "Nichts neues, mein Fürst. Wenn die Orks das Versteck der Waldläufer gefunden hätten wüssten wir davon. Ich nehme an, sie halten sich weiterhin versteckt und beschränken sich auf kleinere Überfalle. Die Antwort Damrods zu Eurem Befehl, Qúsay betreffend, war deutlich:
Wir werden tun, was im Rahmen unsere Möglichkeiten machbar ist."
Elphir nahm das Wort und sagte: "Aus Rohan erreichen uns Nachrichten von einem großen Feldzug der Menschen und Elben gegen Dol Guldur, und von deren Erfolg. Ich denke, wir wissen, was Saurons Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat: der Fall seiner nördlichsten Festung."
"Wir werden sehen, wohin das führt," befand Imrahil. "In naher Zukunft würde ich gerne Valion mit einer kleinen Garnison nach Belegarth entsenden, um den Ethir zu sichern. Wenn wir die Kontrolle über die Anduin-Mündungen zurückerlangen können wir sicher stellen, dass die Haradrim oder sonst jemand den Fluss nicht benutzen kann um Truppen zwischen uns und Damrods Streitmacht hindurchzuschmuggeln."
"Ihr ehrt mich, mein Fürst," sagte Valion, der sich noch daran gewöhnen musste, dass Imrahil ihm mit Vertrauen begegnete.
"Nur nichts überstürzen, mein Junge," fuhr Imrahil fort. "Bis du aufbrichst werden noch einige Wochen vergehen. Wir müssen behutsam agieren und dürfen Mordor nicht sorglos provozieren. Für den Augenblick befehle ich dir, etwas Ruhe zu finden und dich mit deiner Verlobten in Dol Amroth einzuleben."
"Mit seiner Verlobten?" wiederholten einige Stimmen, für die die Tatsache, dass Valion tatsächlich eine solche Bindung eingegangen war, eine Sensation darstellte.
"Mit Verlaub, mein Fürst," sagte Hilgorn. "Ist die Identität dieser Frau überprüft worden? Seid Ihr sicher, dass sie keine Spionin Umbars ist?"
"Edrahil hat das eingefädelt," beschwichtige Imrahil. "Ich vertraue seinem Urteil, und das solltet ihr alle auch. Der Kriegsrat ist hiermit beendet - ihr kennt eure Aufgaben."
Damit waren sie entlassen.