Helluin wachte auf. Alles drehte sich noch in seinem Kopf und er musst sich erst einmal orientieren. Sein Mund war ausgetrocknet. Er beschloss aufzustehen und nach etwas Wasser zu suchen. Leise öffnete er die Tür seiner Unterkunft und schaute auf den Gang hinaus, in weiten Abständen flackerten Fackeln stumm vor sich hin und spendeten ein wenig Licht. Er folgte ihnen. Der Gang mündete in einer Gabelung die er nicht kannte. Er überlegte kurz, beschloss dann aber seinem Gefühl zu folgen.
Schließlich erreichte er die letzte Fackel, der weiterführende Weg war nicht beleuchtet. Das Gestein war hier noch nicht behauen worden, also musste es das vorläufige Ende der Zwergensiedlung sein. Als er sich umdrehte um den Weg zurückzugehen, hörte er plötzlich ein Flüstern.
Was war das? Seitlich zu dem Gang öffnete sich ein Höhleneingang aus dem die Stimme wohl gekommen war. Er ging hinein.
Es offenbarte sich dem Dúnadan eine kleine Seitenhöhle, erleuchtet wurde sie lediglich von dem roten Schein der draußen hängenden Fackel. Es schien sich um eine Vorratskammer zu handeln. Erloschene Lampen lagen hier beieinander, Hämmer, Meißel, Kleidungsstücke und einige Stühle. Dem gegenüber lag ein kleiner Haufen nicht erkennbarer Gegenstände. Etwas lag dabei, es bereitet ihm Unbehagen. Helluin ging darauf zu, mit zittriger Hand langte er nach einem grauen Stück Stoff. Noch ehe er es völlig aufgebreitet hatte, erkannte er das Zeichen: die weiße Hand.
Saruman Dieser innerliche Aufschrei verfolgte ihn.
„Saruman“, flüsterte er, seine Hände ballten sich zu Fäusten.
„Ja“, bekam er plötzlich zur Antwort. Von Panik ergriffen drehte er sich um und stolperte rückwärts über den Müll. Der Blick des Zauberers starrte ihn gebannt an.
„Wie, wie“, Helluin stotterte „Wie kommst du hierher?“
„Ich bin einer der Istari, ja sogar der mächtigste unter ihnen. Denkst du es ist kein leichtes für mich hierher zu kommen?“
„Was willst du? Wieso jetzt?“
„Junger Dúnadan, auch wenn du mich verlassen hast, so lebt unser Plan doch weiter. Ich bin hier um dich daran zu erinnern.“
„Ich gehorche dir nicht mehr, Kerry und die Herrin der Quelle haben mich von dir befreit.“
„Sie haben nicht die Macht dazu. Sie haben es vielleicht geschafft, dass du meine Stimme für kurze Zeit nicht mehr hören kannst. Ansonst hättest du die letzten Tage genutzt um dich des wahren Erben Isildurs ein für alle Mal zu entledigen.“
„Aragorn?“
Der Zauberer nickte, sein scharfer Blick hatte den jungen Mann nach wie vor fixiert.
„Nein, niemals würde ich das tun. Niemals! Hörst du?“
Saruman grinste listig: „Bald schon werden wir uns wieder sehen Helluin. Du bist auf dem Weg zu mir!“
Helluin war alleine. Sein ganzer Körper bebte vor Angst und er hechelte vor lauter Aufregung. Er schloss die Augen.
Saruman hat keine Macht mehr über mich. Er hat keine Macht… redete sich der junge Mann selbst ein.
Nach ein paar Minuten öffnete er die Augen wieder. Er warf den Stofffetzen wieder zurück zu den anderen Sachen, da sah er den Kopf einer kleinen Puppe. Er zog sie heraus. Sie war aus Stoff und vermutlich mit Stroh gefüllt. Das Gesicht war schon ausgebleicht und nur noch schemenhaft erkennbar, die Kleidung glich jenen der Rohirrim aus Aldburg. Ihr Haar war blond.
Helluin musste lächeln als er sie ansah und setzte sich dabei auf den Boden. Die Beine zog er zu sich.
Kerry, wie immer beschützt du mich vor Saruman. Ich danke dir. Meine Kerry. Danach fiel er ein einen traumlosen Schlaf.
„Da ist er ja unser junger Freund“, weckte ihn unsanft die brummige Stimme eines Zwerges.
Die Augenlider klebten Helluin noch zusammen, sodass es ihm schwer fiel die Herkunft der Stimme auszumachen.
„Wir haben schon überall nach dir gesucht.“
Helluin erkannte in seinem Gegenüber einen der Zwerge des vorhergehenden Abends. Er hatte eine Pike geschultert.
„Aber wie ich sehe bist du ja in guter Gesellschaft“, legte er nach und musste wieder Lachen.
Der Dúnadan verstand nicht ganz bis er schließlich die Stoffpuppe in seiner Hand sah. Vor lauter Peinlichkeit warf er sie zurück zu dem übrigen Krimskrams. Der Zwerg musste dabei wiederum lachen.
„Ich, ich war auf der Suche nach Wasser und hab mich wohl verirrt“, entgegnete der Waldläufer und fühlte dabei wie sein Gesicht errötete.
Der Zwerg reichte ihm seinen Wasserschlauch um seinen Durst zu stillen.
„Komm mit, ich bringe dich nach oben. Den Plunder kannst du gerne haben. Hin und wieder finden wir in den Stollen Dinge aus der vorherigen Belagerung. Die Menschen haben es wohl hier vergessen oder zurückgelassen.“
Helluin schüttelte den Kopf und tat es mit einem Handwinken ab, was den Zwerg wieder zum Grinsen brachte.
Sie gingen den langen Gang retour zu den Quartieren wo sich Helluin kurz frisch machte und seine Sachen holte. Dann gingen sie weiter zum Thronsaal. Ihnen waren einige Zwerge über den Weg gelaufen.
„Wieviele Zwerge wohnen eigentlich hier?“, fragte der Dúnadan neugierig.
„Mit Gimli sind wir nun 438. Ich hoffe er bleibt hier, denn jede Hand ist jetzt von Nöten. Von alleine bearbeitet sich der Stein leider nicht.“
„Sag das nicht“, empfing sie die Stimme Gimli`s „Gandalf erzählte einst von Geschöpfen tief unter den Bergen. Sie tragen keine Namen und nagen unentwegt an den Wurzeln dieser Welt.“
Ein Schauder lief ihnen über den Rücken.
„Na wollen wir hoffen, dass wir Ihnen nicht begegnen. Hier Gimli, deinen Gast haben wir unten beim Eingang zu den Stollen gefunden.“
Gimli sah ihn ungläubig an.
„Im Dunkel der Nacht oder dieses Heimes habe ich mich wohl verirrt“, entgegnete Helluin unschludig.
„Und das Zwergenbier tat wohl sein Übriges“, scherzte sein Weggefährte.
Der andere Zwerg verschwand nun wieder, Gimli und Helluin waren alleine.
„Geht es dir gut?“, fragte der Zwerg.
„Ja, danke.“
„Siehst nämlich nicht so aus.“
Sie schwiegen für einen kurzen Moment.
„Ich denke es ist an der Zeit aufzubrechen ehe mich die Vergangenheit einholt, Gimli.“
„Dem ist wohl so, obwohl meine Freunde es sicherlich bedauern.“
„So wie ich auch.“
Wieder ein kurzes Schweigen bis Helluin fortsetzte: „Wenn ich nicht wüsste, dass du hier eine wichtige Aufgabe für Aragorn und die freien Völker überhast, würde ich dich bitten mitzukommen. In den Ered Luin, so hört man, gibt es Zwergensiedlungen die euch vielleicht hierher folgen würden.“
„Ohne nachzudenken würde ich mitkommen. Aber wie du sagst, ich werde hier gebraucht.“
„Danke für deinen Beistand“, verabschiedete sich Helluin und legte seine Hand auf Gimli’s Schulter.
„Machs gut, Junge.“
Der Dúnadan drehte sich um und wollte gerade gehen.
„Ach Helluin“, rief ihm Gimli hinterher und als sich Helluin zu ihm drehte deutete er auf das Emblem an der Wand, das kantige Blatt umgeben von dem großen U bzw. V: „Thorin hat dies entworfen, damit unser Volk nie vergisst wie wir hierhergekommen sind. Das Blatt steht für die Waldelben die uns Schutz und Unterkunft gaben und das Hufeisen für die Rohirrim die uns eine neue Heimat gaben. Wir ehren dies, aber es ist nicht bestimmend für unsere Zukunft.“
Helluin lächelte ihm dankend zu.
Mit diesem Rat verließ Helluin die Silberne Feste. Die Rohirrim geleiteten ihn vor die Tore der Hornburg und übergaben ihm sein Pferd und seine Waffen.
Helluin nach Dunland...