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Ost-in-Edhil

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Curanthor:
Nachdem die restlichen Gefährten die Schmiede verlassen hatten, blieben Mathan, Halarîn und Adrienne recht schweigsam. Sie blickten hin und wieder mit einer gewissen Sorge in den Augen zu Amarin, der noch immer schlief. Mathan hatte inzwischen in einer Kiste im den dunkleren Teil der Schmiede dutzende Fackeln gefunden. Sorgsam entzündete er sie und erhellte somit die finsteren Teile der untersten Etage. In der Zwischenzeit war Halarîn mit Adrienne kurz nach oben geeilt weil sie Etwas gehört hatten, kehrte aber nach einer kurzen Zeit wieder zurück. Etwas überrascht blickten sie sich um und lächelten darüber, dass es nun hier unten heller war als zuvor. Adrienne suchte sich sofort etwas Beschäftigung und beseitigte die dutzenden Leichen der Orks und Uruks. Ächzend zog sie die leblosen Körper in eine nicht genutzte Ecke, wobei sie immer darauf achtete, nicht ihre Hände zu sehr zu beschmutzen. In einer kurzen Pause blickte sie zu ihren Lehrer herüber, der gerade die letzten Fackeln an die Wände hängte. "Was sollen wir mit dem Haufen machen? Hier liegenlassen geht wohl schlecht", fragte die Gondorerin und packte einen weiteren Ork. Mühsam zog sie den Körper über den Boden und hievte ihn auf einen der Haufen, die sie bereits aufgestapelt hatte. Mathan dachte kurz nach, wurde aber von einem tiefen Seufzen abgelenkt. "Er wacht auf!", rief Halarîn erleichtert und legte das Buch zur Seite, in dem sie zuvor blätterte.
Die Drei versammelten sich um den alten Elben, der blinzelte und mühsam die Augen öffnete. Er räusperte sich dreimal, bis er hervorbrachte: "Wo bin ich?"
Mathan und Halarîn blickten sich kurz an, doch Adrienne antwortete schneller: "Noch immer in der Ringschmiede, es ist eine kleine Weile schon vergangen."
"Ah, jetzt erinnere ich mich wieder. Mathan...", Amarin richtete sein gesundes Auge auf seinen Sohn und blickte ihn lange an, "Schmeiß den Abfall aus meiner Schmiede, nutz dafür die zwei Öfen an der Nordwand."
Es war Adrienne, die nickte und sogleich aufsprang um die beiden Schmiedeöfen zu befeuern. Dafür nahm sie jeweils eine Schaufel aus den großen Schmiedefeuer, die noch immer warm glühten. Während sich das Mädchen nun um die Beseitigung der Leichen kümmerte, setzte sich Amarin stöhnend auf und griff nach seinem zerrisenen Tuch. Mathan schwieg und schob seine Glücksgefühle nach hinten, denn er spürte, dass sein Vater noch immer sehr durcheinander war. Dieser wickelte sich gerade das Tuch um den Kopf, verdeckte somit die rechte Gesichtshälfte und das zerstörte Auge. Die Haare ließ er in langen Strähnen über seine linke Schulter fallen und seufzte nun erneut tief. "So viel Zeit ist vergangen... der Schatten ist wirklich hartnäckig", sprach Amarin nun müde und ächzte erneut als er versuchte sich gerade aufzurichten, "Aber irgendwer muss ihn ja vertreiben, besonders wenn er meinen Geist so lange in einem Klammergriff hatte."
Halarîn warf ihrem Mann einen Seitenblick zu denn Mathan fühlte sich unwohl seinen eigenen Vater so schwach und gleichzeitig verwirrt zu sehen. Doch je länger dieser einen Monolog führte, umso klarer wurde er. Amarin nuschelte oft und wisperte stellenweise, ab und zu brach er mitten im Satz ab. Da es meist nur zusammenhangslose Gedanken waren, konnten sie ihm aber so oder so nicht folgen.
"Ioristion", sagte Halarîn vorsichtig und legte Amarin ein Hand auf die unverletzte Wange, "Dein Sohn ist hier."
Das Gerede Amarins verstummte sofort und er blickte sich erneut suchend um, mit der Frage, wo er denn sei. Mathan seufzte und Halarîn flüsterte ihm zu, dass sein Vater wohl größeren Schaden genommen hatte, als sie dachten.
"Das habe ich gehört!", rief Amarin plötzlich und schnaubte ungeduldig, "Kaum ist man etwas verwirrt, wird man direkt als krank abgestempelt."
Die Avari-Elbe lief rot an und entschuldigte sich sofort, was der alte Elb abwedelte, sein Blick fiel auf Adrienne, die gerade die ersten Orks in die Feuer warf. Der Gestank dabei blieb überraschenderweise aus, woraufhin Amarin grinste. "Eigentlich sollte das junge Ding sich nicht darum kümmern, aber gut... Wenigstens habe ich die zwei Öfen an das intakte Abzugssystem anschließen können, sonst wäre es unerträglich das zu tun."
"Vater...", begann Mathan und packte ihn an beide Schultern, "Geht es dir gut?"
Amarin seufzte erneut und sein Blick schien sich in der weiten Schmiede zu verlieren. Kurz herrschte eine kurze Stille, ehe der alte Elb anfing leise zu reden: "Ich war mir anfangs nicht sicher, aber jetzt denke ich...geht es mir besser." Das gesunde Auge fixierte Mathan und tatsächlich hoben sich etwas die Mundwinkel seines Vaters."Ich kann mir denken, dass du viele Fragen hast. Lass mich versuchen ein paar davon zu beantworten, immerhin hast du mich gerettet", sagte Amarin und nickte seinem Sohn zu, dabei fiel der Blick auf das Medallion aus der Eiswüste. Ein Ruck ging durch den Körper des Elben, der plötzlich die gepanzerte Hand auf Mathans Schulter legte. "Ringelendis, das ist der Name deine Mutter, sie hat mich gerettet aus dem flammenden Inferno. Nachdem die Stadt verloren war, spürte sie meine Not und eilte mir zur Hilfe. Hilf mit mal!", forderte Amarin seinen Sohn auf, der zögerlich dem Wunsch nachkam und dessen Armschützer und die Panzerhandschuhe abschnallte. Dabei sprach Amarin weiter: "Du fragst dich vielleicht, warum ich nicht zu dir gekommen bin. Das konnte ich nicht weil-"
"Vater, du musst dich nicht rechtfertigen. Ich weiß, dass du sehr gern mir geholfen hättest, aber es war dir unmöglich. Mutter hat dich offenbar zum eigenen Schutz hier eingesperrt, so wie ich das sehe... " Mathan blickte kurz zu der offenen stehenden Tür, "Der Saphir... und die Tatsache, dass du so lange in der Starre warst."
Sein Vater blickte ihn einen Moment an und Mathan meinte in dem sichtbaren Auge eine Träne glitzern zu sehen. Amarin lachte leise, es war zwar ein etwas freudloser Laut, doch man merkte, dass der alte Elb nun immer mehr von seiner alten Stärke zurückerlangte. "Ich sehe, dass du nicht auf den Kopf gefallen bist", sagte er schließlich und legte ihm die linke Hand an die Wange, "Deine Mutter und ich, wir haben gewusst, dass dieser Tag kommen wird. Irgendwann würde es dich hierherbringen oder in die Eiswüste, aber wir hätten nicht gedacht, dass du an beiden Orten auftauchen würdest."
Ehe Mathan fragen konnte, woher Amarin von der Eiswüste schlich sich ein Schmunzeln auf das Gesicht seines Vaters. Umständlich zog er ein Medallion unter der Lamellenrüstung hervor, das Mathan die Augen aufreißen ließ. Es war fast identisch mit dem, was er selbst besaß, nur war es aus Silber gefertigt, die Kette sogar aus Mithril.
"Woher habt Ihr das?", fragte Halarîn erstaunt und berührte das Schmuckstück, doch die erwartete Kälte blieb offenbar aus, denn sie runzelte die Stirn.
Amarin lachte, diesmal jedoch war ein ehrliches Lachen. "Nicht so förmlich, du bist ja schließlich Teil der Familie", antwortete er freundlich und hielt das Schmuckstück in den Schein der Flammen, "Das ist das Verlobungsgeschenk von Ringelendis. Die Kette besaß ich bereits, als wir uns trafen... aber ihr wollt ja wissen, woher ich von der Eiswüste bescheid weiß." Amarin ließ das Schmuckstück wieder unter seiner Rüstung verschwinden. "Als uns klar wurde, dass Ringelendis schwanger war, mussten wir auch damit rechnen, dass das jenes Kind wohl mit einer Bürde geboren werden würde."
"Welche Bürde?", fragte Halarîn sogleich voreilig und schüttelte sofort den Kopf, wobei sie rot anlief. Scheinbar war es ihr peinlich mit dem Vater von Mathan zu sprechen, was beide Männer schmunzeln ließ.
"Ich denke, das dürfte schon von selbst beantwortet sein", beantwortete Amarin dennoch die Frage und legte den Kopf schief, "Hast du dich denn nie gefragt was Ringelendis bedeutet."
"Ich bin nicht so gut in Sindarin", erwiderte Halarîn leise und blickte zu Boden.
"Na, kein Grund sich zu schämen. Es bedeutet-"
"Kalte Sternenfrau", unterbach Mathan seinen Vater und legte den Kopf schief, "Was bedeutet das genau? Darüber habe ich schon lange nachgedacht und ich kann mir darauf keinen Reim machen."
Amarin machte ein undeutbares Gesicht und schwieg, offenbar wollte er nicht weiter darüber sprechen und nickte zu der Ecke zu, die er bewohnte. Die beiden Elben verstanden und bugsierten den Elben vorsichtig zwischen die Regale hindurch ,die mit Büchern und Schriftrollen vollgestopft waren. Knapp an der Südwand stehend fanden sie ein Bett, auf das sie Amarin setzten, der sich mit dem Rücken gegen die Wand lehnte. Mathan fiel ein einzelner Hocker auf, der direkt daneben stand. Vor seinem inneren Auge entstand ein Bild: Wie seine Mutter auf diesem Hocker saß und mit sorgenvollem Gesicht auf Amarin hinabblickte, der matt lächelte und sagte, er würde schon klar kommen. Die Berührung Halarîns schreckte ihn aus den Gedanken und er blickte zu seinem Vater, der wohl gerade etwas gesagt hatte. "Ich werde noch etwas ruhen, es dürfte draußen schon Nacht sein. Und richte dem Mädchen meinen Dank aus, sie ist wirklich fleißig meine Schmiede zu säubern." Mit den Worten legte sich Amarin auf dem alten Lager nieder und schloss die Augen. Mathan erblickte noch einige Habseligkeiten seines Vater,die an der Wand lehnte, dabei auch einige seiner selbst entwickelten Waffen. Schließlich zog er sich mit Halarîn aus Gründen der Höflichkeit und Respekt zurück. Sie gingen zurück zu der Ringschmiede wo Adrienne erneut eine Pause machte. Halarîn überbrachte Amarins Dank, woraufhin die Gondorerin strahlte und ein zufriedenes Gesicht machte. "Es ist zwar eckelhaft, aber wenn es Amarin glücklich macht, wiegt es das wieder auf.", sagte sie nur und streckte sich, während sie sich an den Tisch mit den Ringformen lehnte, "Was genau meinte er mit 'meiner Schmiede'"
"Er war der Oberste Schmied und ein Freund Celebrimbors. Mit seiner Erfahrung hätte Amarin eigentlich selbst die Schmiede leiten können, doch er verzichtete darauf, da er Verantwortung nicht sonderlich mochte", antwortete Mathan leise und blickte rasch zu den Bereich, wo sein Vater schlief, "Er mag es nicht wenn man ihn über ihn redet, aber ich denke, dass ich verraten kann, dass er ein enorm fähiger Handwerker ist."
"Das dachte ich mir schon anhand seiner Waffen", merkte Halarîn an und blickte auf die Schwerter und Klingen, die noch immer auf dem Boden lagen.
"Lasst uns morgen weitersprechen und eine Weile ruhen" Der Vorschlag von Mathan kam den beiden Frauen sehr gelegen, besonders Adrienne gähnte freudig und bereitete sich ihr Nachtlage in der nähe des warmen Schmiedefeuers. Sie legte sich weitab von den restlichen Leichen nieder und Halarîn tat es ihr gleich. Mathan übernahm die erste Wache und überlegte nicht das Tor zu schließen, befürchtete aber, dass er es nicht mehr von Innen öffnen konnte. So nahm er sich einen der Arbeitsschemel und setzte sich in den Eingang, dabei blickte er zurück und sah, dass Adrienne den gewölbten Bauch seiner Frau betastete. Eine Weile hörte er die beiden noch miteinander sprechen, doch irgendwann war die Gondorerin eingeschlafen. Mathan saß die ganze Nacht dort und weckte niemanden zur Ablösung, da er so oder so nicht zur Ruhe kommen konnte. Ihm gingen dutzenden Gedanken durch den Kopf. Er hatte so viele Fragen an seinen Vater, doch er vergaß die Hälfte, sobald er ihm gegenüber stand. Amarin schien das nicht zu stören, auch nicht, dass er nicht sonderlich Freude ausstrahlte. Sein Vater hatte sich in der Zeit kaum verändert. Neben den ganzen Sorgen und Gedanken schwirrte ihm auch der Kopf um Faelivrin, den nächtlichen Besucher von ein paar Tagen und die Andeutung seiner Tochter, dass sich Etwas tun würde. Ob das damit zusammenhängt?, fragte er sich im Gedanken und seufzte. Vielleicht würde er das noch bald erfahren und fragte sich stattdessen, was Kerry wohl gerade tat und ob die Dunländer sie in Frieden ließen. Nach seinen Berechnungen müsste aber Faelivrin ihnen bald mit ihren Gefolge über den Weg laufen. Schließlich war sie etwas langsamer mit so vielen Elben, wenn auch nicht so langsam wie ein großer Tross Menschen. Mathan schüttelte schließlich den Kopf, der förmlich rauchte und zog eines der Bücher aus den Regal, die offenbar sein Vater gerettet hatte. Neugierig strich er über den Einband ohne Beschriftung und schlug die ersten paar Seiten auf. Dort fand der Elb zu seiner Überraschung die Handschrift seines Vaters wieder: "Sternenstahl und dessen Verarbeitung", stand in dicken Lettern als erste Überschrift. Neugierig begann er zu lesen und tat die ganze Nacht lang nichts Anderes, da das Thema hochinteressant war. Als er das Buch aus der Hand legte, hörte er bereits die Stimme seines Vaters, der offenbar bei Halarîn und Adrienne war. Mathan runzelte die Stirn, dass er so sehr im Buch versunken war, hatte er gar nicht realisiert. Mit einem Lächeln trat er zu den Dreien, die ihm freundlich grüßten, wobei Halarîn ihm einen Kuss auf die Wange drückte.

Curanthor:
Amarin blickte Mathan eine Weile lang an, woraufhin Halarîn mit Adrienne einen Blick tauschte. "Du siehst besser aus als gestern", sagte Mathan schließlich leise und blickte in das Auge seines Vaters, "Das freut mich."
"Ja, dank eurer Hilfe", begann Amarin und blickte zur Seite,"Ich kann mich nun auch viel besser an die Dinge erinnern, die waren und selbst in der Zeit geschehen sind, als ich hier unten war. Dabei muss ich richtig stellen, dass ich nicht eingeschlossen war."
Seine Worte ließen sie überrascht dreinblicken, was Amarin schmunzeln ließ. Mathan hob fragend eine Augenbraue und legte den Kopf schief.
"Sieh mich nicht so an, Sohn", forderte Amarin ihn auf und strich sich über die verbrannte Hälfte des Gesichts, "Selbst als mein Geist von dem Schatten getrübt war, so hatte er nie lange die volle Kontrolle über mich."
"Aber wie...", begann Adrienne, doch sie verstummte, offenbar wollte sie sich nicht einmischen. Das Mädchen hielt den Blick gesenkt und blickte dabei beschämt zu Boden. Die Elben sahen sich für einen Augenblick an, bis Halarîn ihr beruhigend eine Hand auf den Rücken legte.
"Der Schmerz, der mich seit jeher peinigt hielt meinen Geist wach. Als ich diese Nach schlief, habe ich mich daran erinnert kurz vor eurer Ankunft ebenfalls außerhalb dieser Hallen gewesen zu sein...", gestand Amarin nachdenklich und runzelte die Stirn, setzte sofort jedoch ein ausdrucksloses Gesicht auf. Scheinbar waren zu große Bewegungen zu schmerzhaft. Insgeheim fragte sich Mathan was das für Wunden waren, die sein Vater erlitten hatte, wenn sie selbst jetzt noch schmerzten. Er dachte ebenfalls darüber nach und erinnerte sich an den unbekannten Besucher in der Nacht.
"Ich glaube, dass ich dich gesehen habe. Du hast in der Nähe unseres Lagers umhergeschnüffelt", sagte Mathan halb fragend, halb fordernd.
Amarin zog kurz die Brauen zusammen und schüttelte schließlich den Kopf. Besorgt sprach er langsam: "Nein, aber ich habe euch beobachtet. Den Fremden hat mein verwirrter Geist nicht als wichtig erachtet, weil er keine Intentionen zeigte zu diesem Ort zu gelangen."
Adrienne fasste sich an den Kopf und entschuldigte sich, dass ihr das zu viel sei. Sie erhob sich und erklärte respektvoll, dass sie weiter aufräumen würde und begab sich sogleich an die Arbeit. Amarin blickte ihr dabei nachdenklich hinterher und wurde von der Frage Mathans offenbar aus den Gedanken gerissen: "Woher stammt die Verbrennung? Mir ist sie damals nie aufgefallen... stammt das etwa aus deiner letzten Schlacht?"
Mathan beobachtete die Reaktion seines Vaters genau um Anzeichen von Verwirrung oder Abwehr zu erkennen, doch der dunkelhaarige Elb seufzte nur schwer. So wirkte er nur alt, abgekämpft und müde, obwohl ein gewisses Feuer noch in dem Auge brannte. Für Mathan war sein Vater enorm schwer zu lesen.
"Nein, es ist eine sehr alte Wunde, doch darüber möchte ich jetzt nicht sprechen. Viel eher würde ich gerne über die letzten Ereignisse der vergangenen Zeit sprechen"
Halarîn und Mathan tauschten einen raschen Blick, da sie beide bisher nicht daran gedacht hatten und seinen Vater auch nicht mit Neugkeiten erschlagen wollten. Abwechselnd erzählten sie Amarin die ganze Geschichte der vergangenen Zeit, die er verpasst hatte. Überraschenderweise ahnte sein Vater einige Dinge, denn er war nicht geschockt, als er davon hörte, dass der Ringträger bei der Vernichtung des Einen gescheitert war. Ebenso war ihm der Krieg in Eriador nicht unbekannt, denn er zuckte kein einziges mal mit der Wimper. Auf eine vorsichtige Nachfragte erklärte Amarin, dass er in dem Zustand geistiger Umnachtung schon einige Dinge mitbekommen hatte, es aber nicht einordnen konnte. Durch die Erzählung der beiden Elben gelang es ihm besser, alles zu einem vollständigen Bild zusammenzufügen. Als sie schließlich von dem Kampf in Tharbad erzählten, hob Amarin eine Braue und blickte Mathan aufmerksam an, als dieser von seinem Kampf erzählte. "Den Stil mit vier Schwertern? Nun, der war eigentlich nicht solche Dinge gedacht aber scheinbar hat er seinen Zweck erfüllt", warf sein Vater ein, nachdem Mathan geendet hatte, "Außerdem hat sich das ja sowieso erledigt." Der Blick des Elben ging auf die zerbrochene Klinge, die auf dem Tisch bei der Ringschmiede lag. Das zweite, angebrochene Schwert lag neben den Bruchstücken, sowie die Gürtelung der Waffen samt Schwertscheiden.
"Wie ich sehe hat dir mein Meisterwerk gute Dienste geleistet", sagte Amarin, dabei den Blick weiterhin auf die Waffen gerichtet.
"Denkst du, es ist möglich es zu reparieren?", fragte Halarîn zaghaft und bemerkte, dass Mathan sich die Silmacil auf den Rücke geschnallt hatte. Offenbar war ihre Frage bereits beantwortet, noch bevor Amarin mit dem Kopf schüttelte.
"Sohn, du hast es bereits erkannt. Ein Teil deiner Reise hat hier geendet. Du bist einen Teil meines eigenen Weges gegangen. Den Weg des rastlosen Wanderers und auch wenn es dich weiterhin in die Ferne ziehen wird, so ist dein Ziel klar vor Augen. Die Ránceti waren nicht gedacht die auf ewig zu dienen. Ringelendis und ich wussten, dass du irgendwann die Silmacil finden wirst." Sein Vater machte ein wissendes Gesicht und deutete zu sein merkwürdiges Stabschwert, dass er neben sich am Boden liegen hatte, "Aber es war nicht gedacht, dass sich die beiden Waffen kreuzen sollten, das Ergebnis hast du ja gesehen."
"Und warum?", fragte Mathan sofort und runzelte die Stirn, denn eigentlich hatte er damit gerechnet, dass das angebrochene Schwert zuerst barst.
Ein Schmunzeln umspielte die Lippen seines Vaters, als dieser seine Waffe in die Hand nahm. Die lange Klinge und der überlange Griff erinnerten Mathan an eine Zeichnung, die er bereits schon einmal gesehen hatte, doch konnte er sich nicht genau daran erinnern. "Nun, dieses Prachtstück...", sein Vater grinste nun flüchtig, "Ist Etwas besonderes, aber das dachtes du dir bereits."
Mathan nickte stumm und schwieg, auch wenn ihm eine Frage auf der Zunge lag. Er wollte nicht seinen Vater bedrängen, denn sie hatten alle Zeit der Welt. Ein merkwürdiges Gefühl der Ruhe hatte sich eingestellt und die Anspannung der letzten Tage fiel von ihm ab. Sein Blick ging zu Adrienne, die nun mit einem Lappen die Blutspritzer auf dem Boden entfernte. Scheinbar war durch die ganzen Erzählungen mehr Zeit vergangen, als ihnen bewusst war. Nun verstand Mathan auch, warum sein Vater so oft spät nach Hause gekommen war: Hier unten vergaß man schnell die Zeit. Als er seinen Gedankengang seinem Vater mitteilte, lachte dieser herzlich und schüttelte den Kopf. Als er sich beruhigte hatte, sprach er amüsiert: "Nein mein Sohn, das war nicht der Grund. Vielleicht wirst du es herausfinden, denn alles werde ich dir nicht vor die Nase setzen. Wo ist denn der Reiz die Dinge zu entdecken, wenn ich alles verrate? Folge mir." Auf die Aufforderung hin, erhoben sie sich, wobei Halarîn sofort die Hand ihres Mannes nahm. Mathan lächelte und gab ihr einen Kuss, wobei er aus dem Augenwinkel den Blick seines Vaters bemerkte. Für einen kurzen Moment stockte ihm der Atem, denn das Gesicht Amarins war durchzogen von unendlicher Trauer. Als er sich von Halarîn löste, blickte Mathan seinen Vater an, doch er hatte ein kontrolliertes Gesicht aufgesetzt und tat so, als ob nicht sei. Sie gingen an Adrienne vorüber, wobei Amarin ihr gütig auf den Kopf tätschelte und sie für ihre harte Arbeit lobte.
"Wenn du willst, kannst du eine Weile bei mir bleiben und ich zeige dir ein paar Tricks", schlug der alte Elb mit einem Lächeln vor und blickte dabei zu Mathan, "Es sei denn, dein Lehrmeister hat etwas dagegen."
Mathan blieb etwas überrascht stehen und blickte seien Vater mit hochgezogenen Augenbrauen an. Es war selten, dass er jemals so direkt war, was ihn zum Überlegen brachte, doch den Blick seiner Schülerin konnte er nicht lange ignorieren. Schließlich zuckte er mit den Schultern, doch Adrienne zögerte. "Nun... ich... danke für das Angebot, aber das muss ich mir erst überlegen. Ich bn eine ganze Weile von meinem Bruder getrennt und mache mir Sorgen..."
"Ich verstehe", sagte Amarin sofort und streichelte ihr erneut über den Kopf, "Wenn du dich entschieden hast, meine Schmieden stehen dir jederzeit offen. Immerhin hast du gestern und heute hart gearbeitet."
Verdutzt blickten Mathan und Halarîn den alten Elben an, der sich inzwischen in Bewegung gesetzt hatte und die Treppe nach oben nahm. Auf ein Winken Amarins beeilten sie sich zu ihm aufzuschließen und folgten ihm durch die Schmiede hinaus ins Freie. Gemeinsam blickten sie sich um und konnten keine Bedrohung ausmachen. Inwzischen war es nach Mittag und die Sonne schien recht hell, dennoch kniff Amarin nicht die Augen zusammen, als er aus der Finsternis trat. "Es tut gut bei klarem Verstand in die Sonne zu treten", sagte er sofort und atmete tief ein.
Mathan streckte sich und sprach langsam: "Das erinnert mich an unsere gemeinsame Zeit..." Halarîn legte ihm beide Hände auf die Schultern und schmiegte sich an seinen Rücken. Sein Vater nickte dagegen nur nachdenklich und ein kurzer Ausdruck von trauer huschte über sein beherrschtes Gesicht. "Es ist lange her... damals hatte ich auch einen Grund zu kämpfen", sagte er schließlich und stieß seine eigentümliche Waffe in den Boden, "Doch jetzt weiß ich nicht wo mein Platz ist."
"Bei deiner Familie", antwortete Halarîn überraschend, woraufhin sich beide Männer zu ihr umdrehten, "Denn deine Enkelin wird mit ihrem Volk in diese Lande kommen und es wieder aufblühen lassen."
Das Funkeln, das Mathan zuvor aufgefallen war, glomm erneutin dem gesunden Auge seines Vaters auf. Amarin packte ihn überraschend an beide Schultern. "Ist das wahr?", fragte er ungläubig und blickte abwechselnd mit dem Auge hin und her.
Halarîn nickte eifrig und legte beide Handflächen aneinander und verneigte sich. "Niemals würde ich dich belügen, selbst nicht um dich aufzumuntern."
"Wie viele?", fragte Amarin sofort und ließ die Hände von Mathans Schultern sinken.
"Das weiß ich nicht, vielleicht mehrere hundert Dutzend", antwortete Mathan nachdenklich und beschrieb daraufhin seinem Vater die Ausmaße der Flotte der Manarîn. Dabei sah er das Feuer in dem Auge seines Vaters weiter anwachsen.
"Also ausgehend von deiner Beschreibung ist das deutlich mehr als "ein paar hundert", wenn allein die Vorhut sechshundert Elben misst..." Amarin marschierte den recht steilen Hügel hinauf, woraufhin Mathan und Halarîn zögerlich folgten. Dabei sprach der alte Elb unentwegt aufgeregt: "Wenn so viele kommen, dann weiß ich, wo mein Platz ist. Ich werde meine Enkelin untertstützen. Was sind das eigentlich für Elben?"
"Es waren Avari, aber jetzt sind es die Manarîn", antwortete Mathan und bemerkte, dass sein Vater kurz im Gehen stockte, jedoch weitermarschierte.
"Avari also... das kommt überraschend. Ich dachte unsere Brüder und Schwestern aus dem Osten würden sich nicht für unsere Belange interessieren." Die Stimme Amarins war schwer zu deuten, denn er schien etwas weniger aufgeregt, sondern eher nachdenklich. Auf Mathans Frage, ob er sich um Etwas sorgte, winkte dieser nur ab: "Nein, nein, immerhin ist meine liebliche Stieftochter ja auch eine Avari. Aus dem Stamm der Hwenti, wenn ich mich recht entsinne."
"J..Ja, das stimmt", sagte Halarîn zögerlich und schloss zu ihnen auf, "Woher kanntest du eigentlich meinen Vater?"
Amarin sah sie mit leichtenem Erstaunen im Blick an und runzelte die Stirn. "Habe ich das nie erzählt? Dein Vater und ich waren einst befreundet und da wir oft von unseren Kindern in unseren Briefen erzählten, dachten wir, dass es eine gute Idee sei euch bekannt zu machen. Auch wenn es zugegeben gezwungen geschah, so taten wir es auf Anweisung einer sehr weisen Elbe hin."
Mathan und Halarîn tauschten einen vielsagenden Blick und er hatte schon das Bild besagter Elbin mit silbernen Augen im Sinn. Mit gerunzelter Stirn blickte er kurz seinen Vater an und fragte sich, ob auch er den silbernen Schimmer in sich barg, immerhin schien er recht alt zu sein, wenn er den Fall Gondolins erlebt hatte. Grübelnd erreichte er die flache Kuppe des Hügels, der unter dem die Schmiede lag. Er war durch das Nachdenken etwas langsamer geworden, so hörte er erst später seinen Vater sprechen: "Hier stand noch ein riesiges Gebäude, umringt von mehreren Anderen."
Dabei deutete Amarin auf die umlegenen Hügel, die scheinbar die Überreste der Fundamente waren. Mathan blickte sich nachdenklich um und seufzte. Er hatte die Schmiede oft gesehen und war hier stellenweise sogar täglich ein und aus gegangen. Dennoch konnte er nicht mehr erkennen, wo einst der Eingang gelegen hatte, denn die Natur holte sich immer ihr Reich zurück. Ein frischer Nordwind kam auf und bließ ihnen die Haare aus den Gesichtern. Amarin drehte sich in den Wind und breitete die Arme aus, dabei nahm der Wind zu. "Wie ich das vermisst habe", sagte er dabei und seufzte tief. Mathan und Halarîn sahen ihm dabei zu, wobei sie einander an die Hände nahmen. Als sich sein Vater wieder zu ihnen umdrehte, bemerkte Mathan sofort, dass er Etwas entdeckt hatte, denn sein halb verdecktes Gesicht verhärtete sich. Zusammen mit seiner Frau drehte Mathan sich ebenfalls um und entdeckte mehrere kleine Punkte, die über die wellenartigen Hügel liefen. Sie waren schlank und bewegten sich geradewegs auf sie zu. Amarin lief zum Eingang der Schmiede, wo er seine Waffe gelassen hatte und riss sie ruckartig aus dem Boden.
"Das ist die Schmiede meines Freundes Celebrimbor und ich werde darin keine ungebetenen Gäste dulden, so wahr ich hier stehe. Die Geheimniss von Eregion werden stets nur in der Familie weitergegeben und das wird auch so bleiben", sprach sein Vater ernst und warf ihm dabei einen ernsten Blick zu, "Wirst du nicht deine Waffen ziehen?"
"Ich denke, wir sollten erst abwarten, wer dort läuft. Vielleicht ist die Schmiede gar nicht das Ziel, denn es waren schon seit langer Zeit keine Eindringlinge hier", wandte Mathan bedächtig ein und nahm Halarîn wieder an die Hand, "Dennoch werde ich dir im Fall des Falles zur Seite stehen, allein um meine Familie zu beschützen."

Curanthor:
Die drei Elben verharrten einen langen Augenblick und beobachteten, die schlanke Gestalt, die aber nach ein paar Momenten kehrt machte. Amarin ließ seine Waffe sinken und setzte sich seufzend in das weiche Grass. Mathan blickte einen kurzen Moment unschlüssig zu ihm hinab, ehe Halarîn ihm sanft in die Seite stieß. Sie nickte zu seinem Vater und sagte, dass sie mit Adrienne etwas plaudern ginge. Es war offensichtlich, dass sie Vater und Sohn eine Möglichkeit geben wollte, einige Dinge zu besprechen. Mathan erkannte das rasch und setzte sich schließlich ebenfalls neben Amarin und legte die Arme um die Beine. Dabei warf er seinem Vater einen langen Seitenblick zu, der aber nur nachdenklich in die Ferne starrte.
"Denkst du, dass ich überhaupt das Recht habe mich als deinen Vater zu bezeichnen?", fragte Amarin schließlich nach langem Schweigen und blickte Mathan an.
"Warum nicht? Du warst nicht in der Verfassung mir zu helfen..."
"Das meinte ich nicht", wehrte sein Vater ab und blickte auf die Stelle, wo Halarîn zuvor gestanden hatte, "Immerhin habe ich sie verletzt."
"Aber dafür konntest du auch nichts. So wie ich dich gefunden habe, war dir gar nicht klar wer vor dir stand", sagte Mathan beruhigend und legte den Kopf in den Nacken, "Es gibt so viele Dinge, die ich dich fragen möchte, aber ich weiß einfach nicht, wo ich anfangen soll..."
Amarin schien kurz zu stutzen, doch dann erhellte ein warmes Lächeln sein Gesicht. Er nickte kaum merklich und legte Mathan eine Hand auf die Schulter, während er sagte: "Ich weiß, dass du dich viel mit Dingen beschäftigst, die man auf dem ersten Blick nicht verstehen kann. So warst du schon immer, aber das ist auch nur natürlich. Du fragst dich, was mit deiner Mutter ist...das tue ich mich auch, denn eigentlich wollte sie mich holen kommen." Mathan senkte wieder den Kopf nach vorn, blickte seinen Vater wortlos an und nickte nach einem kurzen Moment. Er brauchte gar nicht zu fragen, denn Amarin begann von selbst zu erzählen, dabei wirkte er wacher und jünger als je zuvor: "Am besten ist es wohl, wenn ich dir die Geschichte von Anfang an erzähle. Damals wachte deine Mutter über einen eisigen Pass sehr hoch im Norden und ich war neugierig in meinen vergleichsweise jungen Jahren. So trafen wir uns das erste Mal, sie als Wächterin und ich als Noldor, der die Wunder der Schöpfung erblicken wollte."
Währen sein Vater erzählte blickte er durchgehend nach Westen und fuhr mit einem Finger immer wieder über die Stelle, wo das Medaillon lag. "Sie wollte wissen, warum ich gehen wollte, da ich aber ihre Kälte nicht ertragen konnte, gab ich ihr den Namen Irloê. Wie du sicher gemerkt hast, hat der Name keine besondere Bedeutung, aber für sie war es das erste Mal, dass man sie direkt angesprochen hat. Wir unterhielten uns sehr lange und irgendwann entschied sie sich, dass sie mir folgen wollte. In dem Moment hatte ich natürlich nicht gemerkt, dass deine Mutter damals auch andere Gründe hatte mit mir zu gehen und somit ihre Aufgabe vernachlässigte. Ich erfuhr erst später, dass ein kleiner Teil von ihr sich nach Zuneigung sehnte und durch unser Gespräch hatte sie das Gefühl gehabt, bemerkt und geschätzt zu werden. Da ich mich von ihrer Kälte nicht vertrieben ließ, bedeutete ihr es noch mehr, als mir anfangs klar war." Amarin lachte leise und schüttelte sachte den Kopf, während Mathan aufmerksam lauschte. "Ihre erste Frage war sehr direkt, und zwar ein: Bist du einer der Noldor. Natürlich stimmte das, aber ich hatte nicht den unseligen Schwur geleistet, also musste ich ihr erst mühsam erklären, dass ich aus eigenen Antrieb gehen wollte."
Mathan nutzte eine Atempause für eine kleine Zwischenfrage: "Und warum wolltest du gehen? So wie es klang, hattest doch scheinbar alles im Westen wovon man träumen konnte... "
"Ich war neugierig und wollte sehen, was die Valar erschaffen hatten, auch wenn meine Familie versuchte es mir zu erklären. Schließlich lernte ich von einer der Größten Geister der dortigen Bewohner. Wie du vielleicht geahnt hattest, war ich einer der Aulendur", eröffnete sein Vater und warf ihm seinen Seitenblick zu, "Hast du dich denn nie gefragt nach wen du benannt wurdest? Er war der bekanntesten der Aulendur, oder er ist es noch immer, denn ich denke nicht, dass Mahtan umgekommen ist."
Mathan starrte Amarin eine Weile lang an und schwieg, dabei bemerkte er, dass sein Vater auf eine heftigere Reaktion gehofft hatte. Doch für ihn war das eigentlich keine große Überraschung, denn das Talent seines Vaters war schon sehr wegweisend gewesen. Es überraschte zwar Mathan, dass einer seiner Familienmitglieder einen so großen Namen besaß, doch nach all den Geheimnissen, die seine Eltern umgaben konnte ihn nicht mehr viel überraschend. Mathan nickte langsam und lächelte nur als Antwort, das sein Vater sanft erwiderte.
"Ich sehe, du bist reifer als ich mir träumen ließ. Für mich wirst du aber immer mein kleiner Junge sein. Im guten Sinne natürlich, Mathan.", sprach sein Vater wieder mit dem Blick nach Westen, "Immerhin wirst du wohl deinen eigenen Weg jetzt gehen."
Mathan streckte seine Beine aus und wandte den Kopf in den Himmel, dabei fragte er: "Wie meinst du das? Ringelendis-... Mutter sprach davon, dass sie mich nun auf meinem Wege begleiten würde..."
"Ja, das wird sie auch, genau wie ich", antwortete Amarin und legte ihm die Hand auf die Brust, "Egal was mit uns geschehen mag, wir sind immer in deinem Herzen." Mathan blickte auf die Burst hinab und die große Hand seines Vaters, der inzwischen die Rüstung abgelegt hatte. Er lächelte und nickte schließlich. "Ja, du hast Recht. Ihr seid immer bei mir... nach all den Wochen unterwegs zu sein, habe ich kaum dazu Zeit gehabt über so etwas nachzudenken."
"Nun, das ist auch gut so", merkte sein Vater an und nahm seine Hand fort, "Zu viele Gedanken um ein Thema können einen verwirren."
"Ich verstehe. Kannst du mir vielleicht etwas mehr über Mutter erzählen? Ich würde gern mehr erfahren, warum sie so plötzlich verschwand", bat Mathan leise und sah, dass Amarin bei der Frage die Schulter sinken ließ, sie aber sofort wieder hob. Eigentlich rechnete er damit, dass sein Vater die Frage abwimmelte, doch schließlich antwortete er mit sanfter Stimme: "Mit der Frage habe ich schon fest gerechnet. Lass mich dir sofort eines sagen: Deine bezaubernde Mutter ist nicht wegen dir oder mir fortgegangen. Ich gebe zu, dass wir oft kleine Auseinandersetzungen hatten, aber es war nie so schlimm, dass wir uns nicht wiedersehen wollten. Das Gegenteil war der Fall: Sie musste fortgehen, jedes Mal mehr und länger, doch ich konnte ihr nicht folgen. Meine Verpflichtungen hielten mich hier, genau wie ein Versprechen an einen Freund... nun da dieser Freund nicht mehr ist, muss ich wenigstens sein Andenken bewahren. Als du mir sagtest, dass diese Lande wieder erblühen werden, war ich froh darüber, letztendlich doch noch einen Teil des Versprechens zu erfüllen."
"Und was ist dieses Versprechen?", fragte Mathan neugierig und drehte sich halb um, während er nach Norden blickte.
"Lass es nicht vergebens sein, erinnere an uns. Zeige ihnen, dass unser Volk zu mehr fähig ist, mein Freund", zitierte Amarin nun und legte Mathan eine Hand auf die Schulter, "Das sagte Celebrimbor zu mir, als wir uns das letzte Mal trafen."
"Es wird nicht vergebens sein, denn sein Beispiel, sich trotz einer erdrückenden Übermacht zum Kampf zu stellen, egal aus welchem Grund wird auch andere inspirieren", antwortete Mathan entschlossen und erhob sich langsam, "Du hast es gewusst, nicht wahr?" Sein Blick ging wieder nach Norden, wobei er den Kopf verdrehte. Amarin erhob sich ebenfalls und schwieg, doch das flüchtige Lächeln auf dem Gesicht sprach Bände. Vor ihnen wurde ein lautes, hohes Horn geblasen. Es klang deutlich anders, als die meisten Laute, die Mathan kannte. Es dauerte auch nicht lange, da erschienen mehrere schlanke Gestalten auf der Kuppe der Schmiede. Einige von ihnen schienen leichte Blessuren zu tragen, doch die meisten der Neuankömmlinge waren unversehrt. Halarîn trat kurz darauf neben Mathan und ergriff seine Hand, ehe sie etwas fragen konnte, erkannte sie die Fremden als Elben. Ihr Griff wurde fester, als sie erkannte, dass es Avari waren, die nun langsam auf sie zugingen. Mathan spürte die leichte Anspannung in der Luft, die argwöhnischen Blicke, die zu Amarin glitten, doch die Avari näherten sich friedlich. Etwa dreißig Elben standen ihnen gegenüber, welche leise tuschelten. Es war Amarin, der die Stille brach: "Willkommen in Eregion, mein Name ist Amarin, das ist mein Sohn Mathan Nénharma und seine Frau Halarîn."
Der Name von ihnen brachte das Getuschel zum Schweigen und ein hochgewachsener Elb mit langen roten Haaren trat aus der Gruppe hervor. Er trug einen Verband um den Kopf und ein Schwert hing an seiner Seite. Nach kurzen Zögern verneigte sich der Elb und sprach mit akzentschwerer Stimme: "Ich bin Fanathr, aus dem Stamm der Hwenti. Mein Gruß gilt besonders Euch, ehrenwerte Tochter unseres Stammes, aber auch meine beiden Brüder aus dem Volke der Noldor begrüße ich im Namen meiner Stammesmitglieder" Halarîn verneigte sich ebenfalls, was auch Mathan und Amarin nach kurzen Zögern taten. Die übrigen Hwenti neigte ebenfalls respektvoll die Häupter, während sie die drei Elben neugierig musterten.
"Ich denke wir haben viel zu bereden", sagte Amarin an Fanathr gewandt und erhielt ein zustimmendes Nicken.
"In der Tat, doch ich denke, dass wir genaueres mit den Rest meines Stammes besprechen. Sie müssten auch bald hier eintreffen."

Curanthor:
Nachdem die Hwenti in groben Auszügen ihre Reise aus dem Osten erzählt hatten, klärten Mathan und Halarîn die Neuankömmlinge über die momentante Situation auf. Dabei wurden dem Paar immer wieder Blick zugeworfen, bis einer der dreißig Avari anmerkte, dass Halarîns Name ihnen nicht unbekannt war. Mathan warf einen Blick zu Amarin, der mit Fanathr etwas abseits stand und ein ausführliches Gespräch führte. Zwar konnte er trotz seinen guten Ohren nicht viel verstehen, doch offensichtlich besprachen die beiden Männer, wie sie weiter vorgingen. Die meisten Avari hatten nur wenige Habseligkeiten dabei, einige wirkten sogar recht abgerissen, doch alle von ihren waren bewaffnet. Er legte Halarîn eine Hand auf die Schulter, die sich unter den Blicken etwas unwohl fühlte und sich nicht so recht traute mit den Mitgliedern ihres Stammes zu sprechen. So ähnlich erging es den Hwenti offensichtlich ebenfalls, denn sie standen in kleinen Gruppen und tuschelten, unschlüssig was sie tun sollten.
Schließlich trat Fanathr vor und verkündete in Hwenti (was Halarîn für Mathan übersetzte): "Wir werden hier auf den Rest warten, in der Zeit können wir das Land vorbereiten und uns womöglich hier niederlassen. Für's Erste wird dies aber ein großer Rastplatz. Amarin hier...", der Fanathr deutete auf Mahtans Vater, "Wird uns dabei helfen Fuß zu fassen und bietet uns für den Anfang Unterkunft in den Schmieden seines Volkes. Er bietet uns an, Werkzeuge und Waffen herzustellen, da die Lager noch voll sind." Leises Getuschel war zu hören, doch keiner erhob Einspruch gegen den Vorschlag, denn die meisten Elben nickten und sprachen sich dafür aus. Niemand schien interesse haben noch weiter zu wandern. Der Anführer der dreißig Elben wirkte zufrieden und fuhr fort: "Amarin wird uns helfen guten Baugrund zu finden, da er sich hier auskennt. Halarîn und Mathans Tochter mit dem Namen Faelivrin wird ebenfalls in kurzer Zeit zu uns stoßen." Die Worte Fanathr ließen diesmal einige Elben aufgeregt miteinander sprechen, erste Rufe wurden laut, Fragen wurden gestellt. "Ja, das heißt, dass unsere Brüder und Schwestern aus den unbekannten Landen zurückgekehrt sind", sagte der rothaarige Elb und löste damit ein erleichtert Ausatmen aus. Einige Hwenti blickten nun Halarîn an und auch Mathan wurden Blicke zugeworfen, die er nicht deuten konnte. Schließlich trat eine hellblonde Elbe vor und verneigte sich knapp, dabei sprach sie: "Tochter des vorherigen Stammesfürsten, Eure Anwesenheit erfüllt uns mit Stolz. Werde Ihr mit uns hier verweilen?"
Mathan und Halarîn tauschten einen raschen Blick, denn darüber hatten sie noch nicht direkt nachgedacht, jedoch wollten sie erstmal auf Faelivrin warten. Sie erklärten den Hwenti auch sogleich, dass sie nicht versichern konnten, das sie hier blieben. Auf ihre Worte hin nickte die Elbe und kehrte zu einer kleinen Gruppe zurück, wo sie sich wieder an den Gesprächen beteiligte.
"Sie legen nicht ganz so viel Wert auf Förmlichkeiten, nicht wahr?", fragte Mathan an seine Frau gewandt, die sofort grinsen musste.
"Ich dachte das wüsstes du, immerhin bin ich eigentlich eine von ihnen", antwortete Halarîn neckend und stupste ihm in die Seite.
Für Mathan war es überraschend, dass die Hwenti hier aufgetaucht waren, doch hatte er nicht verstanden warum sie ihre Heimat im Osten verlassen mussten. Trotz mehrmaligen Nachfragen hatten die Hwenti entweder abgewimmelt oder gesagt, dass die Versammlung das beantworten musste. Fanathr nickte Amarin zu und kam schließlich auf sie beide zu, während sein Vater zu den anderen Elben ging. Mathan sah, wie er einige Anweisungen gab und daraufhin ein paar Hwenti ausschwärmten.
"Ich habe gehört, dass ihr die Enkelin von der edlen Ivyn seid. Ist die Erste wohlauf?", fragte Fanathr höflich an Halarîn gewandt und nickte Mathan respektvoll zu.
"Ja, sie wird ebenfalls bald hier eintreffen. Faelivrin, meine Tocher, führt das Volk der Manarîn in das alte Elbenreich, auf dem wir uns befinden", erklärte Halarîn sogleich und konnte nicht ihren Stolz in der Stimme verbergen.
Fanathr nickte sachte und lächelte, dabei wirkte er aber weniger glücklich. Schließlich sagte er: "Wie ich sehe, haben sich die Elben unter ihrer Führung einen eigenen Namen gegeben."
"Ist das etwas ein Problem?", mischte sich Mathan ein und hob dabei skeptisch eine Braue. Der rothaarige Elb dagegen hob abwehrend und schüttelte den Kopf, während er sich entschuldige: "Ich wollte nicht unhöflich sein, nur ist das für Avari recht... ungewöhnlich, aber ich denke, dass man eine eigene Mentalität entwickelt wenn man so lange in fremden Landen lebt."
Das restliche Gespräch handelte hauptsächlich von den Manarîn, da Fanathr neugierigar war, als es zuvor den Anschein hatte. Erst am Ende der Unterhaltung rückte er damit heraus, dass er auf seine Zugesprochene wartete, die sich unter den Manarîn gefand. Noch bevor Mathan oder Halarîn weiterfragen konnten, entschuldigte sich der Elb und veschwand mit Amarin in der Schmiede. Offensichtlich wollte sein Vater dem Avari eine Führung geben. Als die beiden Elben den Eingang erreichten, kam ihnen Adrienne entgegen, die auch sogleich auf Mathan zuging. Ihr Gesicht zeigte deutliche Überraschung, während sie die Elbengruppen betrachtete. Selbige blickten ebenfalls die Gondorerin aus den Augenwinkel neugierig an, ohne dabei ihre Arbeit zu vernachlässigen. Die Hwenti ebneten den Boden und trugen nacheinander lange Holzbalken aus der Schmiede, die sie benutzten um den Eingang zu der Schmiede zu vergrößern und abzustützen. "Was machen all die Elben hier?", fragte Adrienne verwundert und sah weiter dabei zu, wie die Elben arbeiteten, "Sie sie gerade erst angekommen?"
Mathan nickte und wunderte sich ebenfalls, dass die Avari sofort an die Arbeit gingen ohne vorher zu rasten oder sich abzusprechen. "Sie sind vor einiger Zeit angekommen und wollen sich hier womöglich niederlassen. Zuerst machen sie eine Rast, die Schmiede dient dabei dank Amarin als erste Unterkunft", erklärte Halarîn sogleich und musterte die Hwenti. Mathan ahnte, dass sein Frau nach einem bekannten Gesicht hoffte, doch schien diese Hoffnung für's Erste vergeben. Nach einer kurzen Zeit, in der sie den arbeiteten Elben zusahen, schlug er vor in die Schmiede zu gehen und mit Amarin zu sprechen, was als nächstes geschehen würde. Sein Vorschlag wurde mit einem stummen Nicken angenommen und sogleich machten sich die drei auf den Weg. Dabei passierten sie den nun deutlich breiteren Eingang, den die Avari mit Holzbalken gerade abstützen. Auch im Inneren waren nun überall Fackeln angebracht, die die zuvor düsteren Räume erhellten. Zwei Elbenfrauen eilten an ihnen vorbei und brachten Eimer voller Schmutz aus der Schmiede. Mathan führte seine Frau und Adrienne über die hölzerne Brücke und durch den inneren Turm hinunter zu der Wendeltreppe, wo Amarin mit Fanathr stand, die miteinander sprachen. Als sie die beiden Elben erreichten, nickte der rothaarige Avar ihnen zu und eilte wieder nach oben. "Wo will er hin?", fragte Adrienne neugierig und blickte dem Elben nach.
"Er will Ausschau nach den Rest seines Volkes halten. Wir haben zuvor darüber gesprochen, dass ich erstmal keinen in die untere Etage lasse, außer euch drei. Zwar war er davon nicht begeistert, aber Fanathr ist klug genug um zu verstehen, dass dort unten lang gehütete Geheimnisse lagern." Amarin warf dabei Mathan einen raschen Blick zu und schmunzelte, während er sagte: "Vielleicht haben wir ein paar Aufgaben für euch... Mathan, was hältst du davon mit deinem alten Herrn den Hammer zu schwingen? Ich würde gerne etwas mit dir herstellen", fragte ihn sein Vater mit einem blitzen in dem gesunden Auge, was er sogleich mit einem Nicken annahm.
"Und was machen wir? „Adriennes Frage klang ein wenig eingeschnappt, sodass die drei Elben leise lachten. Amarin bot an, dass sie ihnen half und brachte damit ihr Gesicht zum Leuchten, während Halarîn nachdenklich über ihren Bauch strich. "Ich werde noch etwas mit den Angehörigen meines Stammes sprechen", erklärte sie und küsste Mathan auf die Wange, "Wir sehen uns später." Dieser nickte und folgte Amarin, der nun in den unteren Teil der Schmiede ging, gefolgt von Adrienne. Dort angekommen führte er sie in den Teil, den er bewohnte, wo er aus einem Regal ein Buch zog, das Mathan gut kannte. Ein Schmunzeln auf den Lippen seines Vaters ließ ihn grinsen, während er das Buch auf einen Arbeitstisch an der nördlichen Wand legte. Gleichzeitig wies er Adrienne an die Öfen zu heizen, was sie auch sogleich tat. Gemeinsam schleppten Amarin und Mathan einige Rohlingsformen aus einer Ecke zu der Nähe der Öfen und auch zwei Ambosse. So bereiteten Vater und Sohn mit Adriennes Hilfe alle nötigen Schritte zum Schmieden vor. Die Gondorerin beobachtete dabei jeden Schritt der Vorbereitung aufmerksam und fragte, was genau denn geschmiedet werden sollte. Amarin antwortete nicht, sondern deutete nur auf die Formen, die eine lange Klinge darstellte und die dazugehörigen Einzelteile. Mathan fragte schließlich ob er überhaupt noch Erz da hätte, was sein Vater zum Lachen brachte. "Sonst würde ich den Aufwand nicht machen", sagte er nachdem er sich beruhigt hatte und verschwand in die Ecke, wo sein Bett stand. Nach einigen Momenten, in denen Adrienne die Öfen erhitzt hatte, kehrte sein Vater wieder zurück. Er schob eine Lore, in der ein eigentümliches Erz glitzerte.
"Ist das...", begann Mathan und wurde still.
"Ja, das ist Sternenerz. Frag mich nicht woher es ist, das darf ich nicht erzählen", antwortete Amarin und legte die Klumpen in die großen, steinernen Kessel, die man in die Öfen schieben konnte.

Es verging eine ganze Zeit, in der Mathan und sein Vater sich dem Schmiedehandwerk widmeten. Selbst der Abend verging im Flug, während sie das Metall schmolzen und durch eine geheime Zutat Amarins säuberten. Dutzende Schritte, die Mathan bisher noch nicht kannte führte sein Vater aus, bevor das heiße Metall schließlich in die Form gegossen wurde. Dabei erkannte er, dass es die eigentümliche Waffe war, die sein Vater zuvor geführt hatte. Doch bei dieser Art war selbst der verlängerte Griff aus dem Metall, was Amarin mit einer höheren Stabilität begründete. Während sie so arbeiteten warf Mathan seinem Vater immer wieder Blicke zu, die sie beide verstanden. Es erinnerte sie an die Zeit, in der sie selbst in der Schmiede gearbeitet hatten, wo es noch deutlich belebter zuging. Hier unten war jedoch nur die beiden Elben Adrienne, im oberen Teil hingegen arbeiteten die Hwenti und richteten sich in den ungenutzten Räumen ein. Das Mädchen verstand zwar nach den ersten paar Minuten gar nichts mehr von dem Handwerk, half aber wo sie konnte. Gemeinsam schwangen Vater und Sohn den Schmiedehammer und fertigten die einzelnen Teile an, darunter den Handschutz in Form einer Klinge und den Knauf.

In der Nacht war es schließlich soweit, als Amarin vorsichtig das Werkstück der großen Klinge nach unzähligen Malen abhärten auf den Werktisch legte. Nebenbei schmolz er in den Öfen kleine Tiegel voller Metalle, darunter Gold, Silber und Platin. Mit einer kleinen Feile bewaffnet trat er an die Arbeitsplatte. Die Hitze der Öfen ließ sie schon lange schwitzen, sodass sich alle schon längst einen Zopf gemacht hatten.
"Ich denke, den Rest mache ich alleine, immerhin muss ich doch meine besten Tricks für mich behalten", sagte Amarin augenzwinkernd und begann überstehende Metallsplitter abzuschleifen, "Also ruht euch aus, oder schnappt etwas frische Luft."
"Ich lege mich schlafen", verkündete Adrienne sofort und verabschiedete sich gähnend. Mathan blieb noch eine Weile und sah dabei zu, wie sein Vater das geschmolzene Gold in kleine Formen goss, das Gleiche wiederholte er mit den restlichen Metallen. Auf einen Blick Amarins hin, legte er schließlich seine Schürze beiseite und machte sich auf, um draußen nach Halarîn zu sehen. In der oberen Etage angekommen, bemerkte er sofort eine erhöhte Betriebsamkeit: dutzende Elben liefen umher und verstauten Habseligkeiten, suchten sich einen Platz zum Ruhen oder standen in kleinen Gruppen und redeten aufgeregt miteinander. Einige der Hwenti blickte ihn im Vorbeilaufen schräg von der Seite an, doch niemand wandte das Wort an ihn. Als er den ursprünglich nicht gewollten Eingang in dem Turm erblickte, musste er kurz blinzeln, denn die Elben hatten ganze Arbeit geleistet: Fahles Mondlicht fiel durch den breiten Eingang in den Raum, die Decke war sorgfältig abgestützt und mit offenbar frisch verarbeiteten Holz vertäfelt. Zwei Krieger standen in der Öffnung Wache, während immer wieder Avari ein- und ausgingen. Als Mathan aus der Schmiede trat wurde er von dem Anblick dutzender Elben erschlagen. Der Hang und die umliegenden Hügel ware von dutzenden Zelten übersäht, zwischen denen sich immer wieder kleine Gruppen von Elben hindurchschlängelten. Vor dem Eingang stand eine größere Gruppe Avari, unter denen er auch sofort Halarîn erkannte. Scheinbar spürte sie seinen Blick, denn sie wandte sich sofort um und ging ihm entgegen. Dabei bemerkte Mathan, dass ihr der Rest der Gruppe mit einem kleinen Abstand folgte.
"Ich habe meine Familie gefunden... zumindest Einige von ihnen", erklärte sie freudstrahlend und warf sich ihm in die Arme, "Ein Wunder bei so vielen Avari."
"In der Tat...", brachte er nur stockend hervor, noch immer verunsichert über die große Anzahl der Neuankömmlinge. Dabei war er sich sicher, dass es noch mehr sein mussten, da der Geräuschpegel höher war als in einem Heerlager, so fühlte es sich zumindest für ihn an. Sein Blick glitt über die Elben, die in einen kleinen Abstand hinter seiner Frau standen und sie aufmerksam anblickten. Trotz der Dunkelheit, konnte er auch missbilligende Blicke ausmachen. Mathan seufzte leise, woraufhin sich Halarîn von ihm löste und begann jeden der Hwenti vorzustellen.

Fine:
Oronêl, Finelleth, Faelivrin und Kerry mit den Manarîn aus Dunland


Die um viele Elben angewachsene Reisegruppe hatte den Grenzfluss Eregions zu Dunland an der selben Furt überquert, die die von Mathan angeführte Gruppe bereits eine Woche zuvor verwendet hatte. Bald schon kamen die Ruinen der Ringschmiede vor ihnen in Sicht... und noch einige andere, unerwartete Dinge.
"Wo kommen all die Leute her?" fragte Kerry verwundert. Die nahezu vollständig zerstörte einstmalige Hauptstadt Eregions war nun mit einer großen Anzahl Elben bevölkert, die dort ihr Lager aufgeschlagen hatten. Im Zentrum des Lagers befand sich die Schmiede, bei der Mathan, Halarîn und Adrienne mit Amarin gewartet hatten während Oronêls Gruppe nach Dunland gereist war.
"So etwas hatte Ivyn bereits vermutet," sagte Faelivrin. "Wenn sie ihre Vorahnung nicht täuscht, sind das Hwenti - Avari-Elben von Mutters Stamm."
"Noch mehr Verwandte?" wunderte sich Kerry mit einer Mischung aus Überraschung und Verwunderung.
"So scheint es wohl. Komm, wir sollten uns ankündigen."

Während der Rest der Manarîn sich etwas zurückhaltend am Rand des Hwenti-Lager sammelte machte sich Faelivrin mit ihren wichtigsten Beratern auf die Suche nach den Anführern der Avari. Kerry folgte mit Finelleth und Oronêl, doch sie hielten etwas Abstand, um nicht allzu neugierig zu wirken. Schließlich fand Faelivrin einen Elben, der sich als Fanathr vorstellte und sie freundlich begrüßte. Kerry verstand jedoch nicht viel, da die Unterhaltung in der Sprache der Hwenti erfolgte, einem komplizierten Avarin-Dialekt. Doch allem Anschein nach wurden die Manarîn von den Hwenti freundlich begrüßt und als wiedergefundene Verwandte angesehen.
Ehe Kerry weiter zuhören konnte spürte sie eine Berührung an ihrem Bein und eine kleine Hand legte sich in ihre Linke. Es war Farelyë.
"Licht-Schwester," sagte sie gut gelaunt. "Da bist du wieder."
"Hallo, meine Kleine," erwiderte Kerry freudig überrascht. Sie blickte sich um, doch von Ivyn, die sich ihres Wissens nach um Farelyë gekümmert hatte, war nichts zu sehen. "Was machst du hier?"
"Hwenti sind hier. Ivyn hat es gesehen. Hat mir gezeigt, wie man Verborgenes sehen kann," erklärte das Elbenmädchen. "Ich habe sie auch gesehen, aber von weit weg. Wollte sie mir genauer anschauen, unter dem Licht der Sonne, nicht nur durch die Sterne."
"Wie meinst du das, Sonne und Sterne?" fragte Kerry verwundert, während sie an Farelyës Hand ging und sich ein wenig aus der Elbenmenge herausbewegte.
Farelyë zeigte auf ihr rechtes Auge. "Du siehst sie jetzt, so wie ich sie gerade sehe. Mit den äußeren Augen. Im Licht der Sonne. Aber Ivyn hat sie vorher gesehen. Durch die Sterne. Mit Geheim-Sicht."
"Du meinst, sie hat die Ankunft der Hwenti in einer Vision gesehen? Meine Nésa sagte, Ivin verfügt über eine ausgeprägte Vorahnung."
"Vorahnung. Ja. Silberne Augen der Ersten sehen weit, Licht-Schwester Morilyë."
"Oh," machte Kerry und kam im Schatten einer halb umgestürzten Säule zum Stehen, wo es ruhiger war. "Sag mal, Kleine... was siehst du, wenn du, hmm..." sie brach ab, doch Farelyë blickte sie neugierig an, so dass Kerry dazu ermutigt wurde, weiterzusprechen. "Was siehst du, wenn du mich... durch die Sterne betrachtest?"
Farelyës Gesicht nahm einen seltsamen Ausdruck an, in dem sich für einen kurzen Augenblick ihr wahres Alter zeigte. In diesem Moment erschien sie Kerry nicht wie das junge Mädchen, das sie körperlich noch immer war, sondern wie eine uralte, weise Herrin, die über unbegrenztes Wissen verfügte. Doch dann verging der Ausdruck und sie war wieder Farelyë, jung und voller ungestümer Energie. "Soll ich das wirklich machen, Morilyë? Ist nicht immer weise, sagt Ivyn."
"Wenn du... Ja, bitte sieh nach. Vielleicht mache ich dann in Zukunft weniger Fehler. Ich will in ein Abenteuer ziehen, verstehst du? Und darauf möchte ich gut vorbereitet sein. Dann müssen sich meine Eltern keine Sorgen um mich machen," sagte Kerry.
Farelyë nickte und legte die Fingerspitzen ihrer linken Hand zusammen und führte sie an Kerrys Stirn. Das Mädchen schloss die Augen und verharrte einige Sekunden in dieser Haltung, ehe sie die Hand wieder wegnahm.
Kerry wunderte sich. Sie hatte... mehr erwartet. Dass Farelyës Hand zu leuchten beginnen würde, oder dass sie ein Zeichen an Kerrys Stirn hinterlassen würde. Sie erinnerte sich daran, wie das Elbenmädchen im Verlies unter Carn Dûm einen kleinen, leuchtenden Stern erzeugt hatte. War das etwa schon alles? dachte sie ein wenig enttäuscht.
Farelyë hingegen betrachtete ihre Hand mit verzogenem Gesicht. "Nicht gut," sagte sie leise. "Hätte nicht schauen sollen."
"Wieso? Was hast du gesehen?" fragte Kerry neugierig.
"Leiden, Schmerz... und Tod," sagte Farelyë. "Auch andere Dinge, aber..."
"Tod?" flüsterte Kerry erschocken. "W-werde ich etwa..."
"Ja," sagte Farelyë ebenso leise. "Eines Tages. Aber was ich sah... war nicht dein Tod."
"Oh," machte Kerry. "Es... es tut mir Leid, dass ich dich darum gebeten habe. Es war dumm von mir."
Farelyë ergriff ihre Hand. "Es gab noch mehr zu sehen. Du bist gewachsen, Licht-Schwester, seitdem du mich im Eis-Norden gefunden hast. Du wirst weiter wachsen, stärker werden... aber du musst aufhören, die Schuld bei dir zu suchen. Du hast mich gefragt. Ich habe geschaut. War meine Schuld. Geh mit deinen Freunden! Ist wichtig, dass du mitkommst. Sie werden deine Hilfe brauchen."
"Du meinst Oronêl und Finelleth? Sie..."
"Ja. Angehörige eines mächtigen Hauses. Werden ihr Erbe verteidigen müssen..."
"Ich glaube, das reicht für heute, meine Liebe," sagte eine sanfte, volle Stimme. Es war Ivyn, die unbemerkt herangekommen war. Sie sprach in einem altmodischen Dialekt der Allgemeinsprache, dennoch konnte man sie gut verstehen. "Ich habe gespürt was du getan hast," sagte sie zu der kleinen Elbin, die ihrem Blick standhielt. "Doch nun ist es Zeit für etwas anderes. Deine Freundin Estora sucht nach dir. Du solltest zu ihr gehen."
Farelyë nickte und nahm Kerrys Hand. "Bis bald, Licht-Schwester."
"Bis bald, Kleine," sagte Kerry leise.
Ivyn musterte Kerry einen langen Augenblick. Dann sagte sie: "Lasse dich nicht von Farelyës Worten verunsichern. Sie versteht noch nicht alles, was sie in Eindrücken und Vorahnungen erblickt. Es stimmt, dass die Ersten manchmal Dinge sehen, die noch in der Zukunft liegen... aber man kann solche Visionen nicht vorsätzlich hervorrufen, wie Farelyë es bei dir versucht hat. Sie glaubt, sie kann sich einen Blick in das Schicksal Anderer erzwingen, aber so funktioniert es nicht. Als sie dich berührt hat, wurde ihr ein zufälliger Moment gezeigt, der womöglich eines Tages auf deinem Weg eintreten wird... aber nicht zwingend. Verstehst du?"
Kerry gab sich alle Mühe, Ivyns Worten zu folgen. "Du meinst, sie hat nur eine mögliche Zukunft gesehen?"
"So ist es. Es ist gut, dass sie dir keine Einzelheiten genannt hat. Sie muss noch viel über ihre Kräfte lernen, und vor allem darüber, wie sie sie mit anderen teilt. Sie sprach von Schmerz und Tod... und nun wirst du versuchen wollen, diese Leiden abzuwenden. Das ist nicht gut. Du solltest ohne eine solche Last in dein Abenteuer ziehen. Lass mich sie dir nehmen." Sie wartete keine Antwort ab sondern berührte mit einer schnellen Bewegung die Stelle an Kerrys Stirn, wo Farelyës Finger gelegen hatten. Kerry spürte keine Veränderung, konnte allerdings von diesem Augenblick an nicht mehr genau sagen, was ihr Farelyë über die Zukunft verraten hatte.
"Was..." stieß sie hervor, doch da legte sich eine Hand auf ihren Kopf und eine vertraute Stimme erklang neben ihr.
"Hier bist du also, kleine Morilië," sagte Halarîn und umarmte Kerry herzlich, während Ivyn sich freundlich lächelnd zurückzog und kurz darauf verschwunden war.
Kerry erwiderte die Umarmung. "Hallo, Amil." Sie hatte sich schon während der gesamten Reise von Aéds Dorf nach Eregion darüber Gedanken gemacht, wie sie es ihren Eltern beibringen sollte, dass sie mit Oronêl und Finelleth in ein neues Abenteuer aufbrechen wollte. Doch glücklicherweise kam Halarîn ihr zuvor.
"Faelivrin sagt, du hast große Pläne, meine Kleine."
"Ich... will mit ihnen gehen, und ihnen helfen, wie sie mir in Carn Dûm geholfen haben," erklärte Kerry.
"Das verstehe ich, Morilië. Dennoch wäre es mir lieber, du würdest hier bei mir und deiner Familie in Eregion bleiben... in Sicherheit. Die Manarîn und die Hwenti werden hier gemeinsam etwas Wunderbares schaffen."
"Das weiß ich, Mutter, und ich bin froh, hier eine neue Heimat zu finden, aber... ich habe das Gefühl, auf diesem neuen Abenteuer noch mehr neue Dinge lernen zu können und an den Herausforderungen zu wachsen. Ich werde Finelleth und Oronêl helfen... und dann hierher zurückkehren."
"Das hoffe ich," antwortete Halarîn. "Denn sonst verpasst du noch die Ankunft deines Geschwisterchens."
"Das würde ich mir nie entgehen lassen," sagte Kerry. Sie war froh, dass Halarîn ihr die Reise ins Waldlandreich nicht sofort verboten hatte. Allerdings war sie sich noch nicht darüber im Klaren, wie Mathans Meinung dazu aussehen würde.

"Wenn du dir sicher bist, dann solltest du gehen. Es wird lehrreich für dich sein, Ténawen. Und bitte, schau mich nicht so überrascht an. Dachtest du, ich würde dich hier wegsperren damit du nicht mehr in Gefahr geraten kannst?"
Kerry blinzelte überrascht als Reaktion auf Mathans Aussage und brachte nur "Also, ich..." hervor.
Mathan grinste. "Erwischt, Tochter." Er stand im Inneren der Schmiede und hatte sich leise mit Amarin unterhalten, als Kerry und Halarîn ihn aufgesucht hatten. Kerry hatte ihr Anliegen vorgetragen, aber mit einer solchen Antwort hatte sie nicht gerechnet. Ihr fiel auf, dass es in den Räumen, die die Jahrtausende seit der Zerstörung Eregions überdauert hatten, nun deutlich aufgeräumter aussah. Das Innere der Schmiede war mit elbischen Lampen gut beleuchtet und wirkte sehr heimatlich.
"Ontáro, ich... bin froh, dass du es so siehst," sagte Kerry dankbar.
"Und ich bin froh, dass du deine Angelegenheiten in Dunland abgeschlossen hast. Es wird dir gut tun, etwas Abstand zu bekommen."
Kerry blickte zu Boden. "Gibt es denn gar keine Geheimnisse mehr vor dir?"
Ihr elbischer Vater schien für einen Moment sehr nachdenklich und griff nach der Kette um seinen Hals. Ein Schatten huschte über Mathans Gesicht. Sein Blick huschte zu Halarîn hinüber und er schien etwas sagen zu wollen, doch dann blieb er stumm. Mathan warf einen schnellen Blick zur Schmiede, in der die Ringe zerstört worden waren. "Du weißt ja, zu welchen... Problemen Geheimnisse führen können," brach er das Schweigen schließlich.
"Ja, weiß ich," gab Kerry zurück und erinnerte sich an Maethors Ring, der beinahe Besitz von ihr ergriffen hatte.
"Gut, dass du deine Lektion gelernt hast," sagte Mathan. "Ich habe noch einiges zu erledigen. Gib mir Bescheid, ehe du abreist - ich werde mit meinem Vater hier sein, oder draußen bei Faelivrin."
Damit war das Gespräch beendet. Kerry verließ die Schmiede und suchte sich eine ruhige Ecke, um über die bevorstehende Reise nachzudenken - und über das, was sie seit ihrer Ankunft in Eregion erfahren hatte...

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