Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Isengart
Die Tunnel von Isengard
Fine:
Sie verbanden Rilmirs oberflächliche Wunden notdürftig mit einigen Stofffetzen, die sie von dem zerschlissenen Umhang des toten Dunländers abrissen. Der Waldläufer wirkte anfangs noch immer etwas desorientiert, doch mit der Zeit gewann er mehr und mehr die für ihn typische Besonnenheit zurück.
"Diese Waffe kommt mir bekannt vor," sagte Rilmir, nachdem Kerry mit seinen Verletzungen fertig war. "Wo habe ich sie nur schon einmal gesehen?"
"Sie gehörte Oronêl," erklärte Kerry.
Rilmir zog die linke Augenbraue interessiert in die Höhe. "Also hast du sie ihm gestohlen? Nun, das passt zu der Kerry, die ich kenne."
"Wie bitte?" empörte sich Kerry. "Was denkst du von mir, Dúnadan - ich habe Hatholdôr nicht gestohlen. Die Axt war ein Geschenk."
"Wieso würde Oronêl dir seine Axt schenken? Ich meine mich zu erinnern, dass sie ein altes Erbstück seines Hauses ist."
Bei diesen Worten blickte Gwŷra mit einem Leuchten in den Augen von der Leiche auf, die sie untersucht hatte. Sie sagte jedoch kein Wort.
"Pff," machte Kerry. "Versteh einer diesen alten Griesgram. Jedenfalls hat er mir seine Axt gegeben, ehe er nach Dol Amroth ging, um in den Westen zu fahren."
"Ich verstehe," sagte Rilmir und wirkte tatsächlich so, als könne er Oronêls Beweggründe nachvollziehen. Kerry musste sich zurückhalten, um nicht sauer auf den Waldläufer zu werden. Sie schüttelte den Kopf, um alle negativen Gedanken loszuwerden und schließlich gelang es ihr, sich auf die Wichtigkeit ihrer Situation zu konzentrieren.
"Wir müssen Aéd befreien," stellte sie klar. "Wenn wir Glück haben, passt einer dieser Schlüssel." Sie hob den Schlüsselbund empor, den Rilmir bei der Leiche des Folterknechts gefunden hatte.
Gwŷra murmelte etwas Unverständliches, doch auf Kerrys Nachfrage hin erklärte sie sich bereit, ihnen den Weg zurück zu Aéds Zelle zu zeigen. Rilmir zerrte den Toten in eine der dunkleren Ecken der Folterkammer und sie löschten die Fackeln im Raum, ehe sie sich auf den Rückweg machten.
Erneut ging Gwŷra raschen Schrittes voran. Merkwürdigerweise kam es Kerry so vor, als würde das Mädchen aus Enedwaith sie dieses Mal auf einem etwas anderen Weg durch das Labyrinth aus Höhlengängen zu den Zellen führen, in die Yvens Leute sie eingesperrt hatten. Vielleicht gibt es mehr als eine Route, dachte Kerry. Jedenfalls kamen sie nun öfter als auf dem Hinweg durch größere Gewölbe, in denen teilweise zerstörte Holzkonstruktionen zu sehen waren. In den weitläufigeren Höhlen war der Boden oft mit einer schlammigen Schicht aus dunklem Wasser bedeckt, welches einen unangenehmen Geruch von sich gab. Die dritte Kaverne besaß eine breite Öffnung nach oben hin, durch die ein schwaches, rötliches Licht herein fiel.
"Die Sonne geht auf," merkte Rilmir an. "Wir müssen dicht unter der Oberfläche sein, wo auch immer wir hier sind."
Der Dúnadan schien von seinen Verletzungen nicht eingeschränkt zu sein. Er hatte sich mit einer der erloschenen Fackel als improvisierte Waffe ausgerüstet und wirkte, als könnte er es mit jedem Dunländer oder gar mit Yven selbst aufnehmen. Kerry war froh, dass Rilmir bei ihr war, wenngleich sich ihre Sorge um Aéd dadurch nicht gemindert hatte.
Sie kamen in eine besonders große Höhle, die durch ihre langgezogene Öffnung am oberen Rand mehr wie eine tiefe Schlucht wirkte. Das noch schwache Licht der Morgensonne leuchtete über den oberen Rand der Kanten der Schlucht in die Tiefe hinein. Gwŷra war auf dem mit morschen Holzplatten ausgelegten Pfad stehen geblieben und blickte aufmerksam auf die andere Seite der Schlucht hinüber, die sich nach unten hin verbreiterte. Aus der Tiefe war das Geräusch von fließendem Wasser zu hören und der Abgrund war auf der Höhe des Weges, dem die Gruppe durch die Höhle folgte, bereits viel zu breit, um auch nur daran zu denken, es mit einem Sprung zu versuchen.
"Seht," flüsterte Gwŷra und zeigte auf die andere Seite der Schlucht. Dort war eine breite Holzplattform errichtet worden, auf die mehrere Höhlengänge mündeten. Eine große hölzerne Rampe führte in einem Bogen aufwärts und verschwand hinter einer der Biegungen der Schlucht. Auf der Plattform stand ein mit zwei Pferden bespannter Wagen, bei dem mehrere Dunländer standen und ihn mit schwer gefüllten Säcken beluden. Noch während Rilmir, Kerry und Gwŷra versuchten, den Blicken der Schergen Yvens hinter dem hölzernen Geländer auf ihrer Seite der Schlucht zu entgehen, sahen sie, wie der letzte Sack geradezu achtlos auf die Ladefläche des Wagens geworfen wurde und sich das Gefährt dann in Bewegung setzte. Mit erstaunlicher Geschwindigkeit fuhr der Wagen die hölzerne Rampe hinauf, die dabei ein bedrohliches Knirschen von sich gab. Gefolgt von den ungefähr zwei Dutzend Dunländern verschwand der Wagen hinter der Biegung.
"Sie bringen ihre Ladung wahrscheinlich an die Oberfläche," vermutete Rilmir. "Ich habe ein mieses Gefühl bei der Sache."
"Wir sollten zu Aéd gehen," drängte Kerry. "Um die Dunländer können wir uns später Gedanken machen."
"Kommt," sagte Gwŷra. "Es ist nicht mehr weit." Und schon eilte sie wieder los. Rilmir und Kerry beeilten sich, ihr in den nächstgelegenen Höhlengang zu folgen.
Als Gwŷra um eine weitere Ecke in den Gang mit den Zellen auf beiden Seiten bog, stand die Gruppe ohne Vorwarnung einem mit Fackel und Schwert bewaffneten Dunländer gegenüber. Kerry riss erschrocken die Augen auf. Sie hatte ihre Vorsicht aufgrund ihrer Sorge um Aéd unbewusst beinahe gänzlich aufgegeben gehabt und kaum noch erwartet, in den bislang so leer und verlassen wirkendem Höhlensystem tatsächlich noch auf Wachen zu treffen. Zu ihrem Glück war der Dunländer ebenso überrascht wie sein Gegenüber. Rilmir erholte sich als Erster von seinem Schock und schleuderte dem feindlichen Krieger seine Fackel entgegen, welche den Mann mit einem Volltreffer zu Boden schickte. Als Gwŷra ein Messer zückte, das sie irgendwo unterwegs gefunden haben musste, sprang der Waldläufer vor und hielt ihre zustoßende Hand gerade noch rechtzeitig fest.
"Nicht," raunte er ihr zu. "Lebendig wird er uns von größerem Nutzen sein."
Gwŷra starrte den Dúnadan an, ein unheilvolles Leuchten in den Augen. "Du wagst es, mir meine Rache zu verweigern?" grollte sie.
"Rache führt nur zu weiterem Blutvergießen. Ein niemals enden wollender Kreislauf der Zerstörung," sagte Rilmir mit Bedacht. "Dieser Dunländer kann uns vielleicht sagen, wo genau wir sind und was sein Anführer im Schilde führt."
"Er ist bewusstlos," stellte Kerry fest. "Gut gezielt, Rilmir... vielleicht etwas zu gut."
"Dann sollten wir weiter nach Aéd suchen und zurückkehren, wenn unser Freund hier erwacht ist," sagte der Waldläufer und schob Gwŷra sanft aber bestimmt von dem Dunländer weg. Anfänglich sträubte sie sich, doch dann schien sich ihre Aufmerksamkeit auf die Zellen im Höhlengang vor ihr zu richten. "Beim Blutmond..." wisperte Gwŷra unheilvoll.
Kerry ließ Rilmir stehen und eilte den Gang entlang, den Schlüssel in der Hand. Gwŷras kryptische Worte hatten ihre Sorge noch verstärkt. Und als sie vor Aéds Zelle stehen blieb, setzte ihr Herz einen Schlag aus. Der Wolfskönig war fort.
"Sie müssen ihn weggeschafft haben, während wir in der Folterkammer waren," sagte Gwŷra und klang dabei erstaunlich mitfühlend.
Kerry dachte an die schweren Säcke, die die Dunländer auf den Pferdewagen geladen hatten. Da müssen Gefangene drin gewesen sein, wurde es ihr klar.
Rilmir kniete noch immer bei dem bewusstlosen Dunländer und versuchte den Mann zu wecken. Kerry wusste nicht, was sie tun sollte. Der Schlüsselbund fiel ihr aus der Hand, für den Augenblick nutzlos geworden. Sie wussten noch immer nicht, wo sie sich befanden, und hatten Aéd aus den Augen verloren.
Kerry rannte los, ohne weiter darüber nachzudenken. Rilmir rief ihr nach, doch sie blieb nicht stehen. Sie sprintete zurück zu der Schlucht, in der sie den Wagen der Dunländer gesehen hatte. Inzwischen war das Tageslicht dort deutlich heller geworden. Doch die nach oben offene Höhle war nun ebenso verlassen wie es der Rest des Tunnelsystems zu sein schien. Verzweiflung ergriff Besitz von Kerry. Aéd! Wohin bringen sie dich nur?
Fine:
Kerry war letztendlich nichts anderes zu tun übrig geblieben, als zu Rilmir und Gwŷra bei den Gefängniszellen zurückzukehren. Sie ließ die Schultern hängen, als sie den Gang betrat, in dem man sie gefangen gehalten hatte.
"Kopf hoch, Kerry," sagte Rilmir, der neben dem von ihm betäubten Dunländer kniete und versuchte, den Mann aus seiner unfreiwilligen Umnachtung zu wecken. "Sobald wir einen Weg aus diesem Höhlenlabyrinth gefunden haben, können wir uns auf Spurensuche begeben. Wenn wir an der Oberfläche Reittiere finden können, sollten wir diese Dunländer bald eingeholt haben. Doch eins nach dem anderen. Zuerst sollten wir unseren Freund hier befragen."
Die Worte des Dúnadan sorgten tatsächlich dafür, dass Kerry wieder etwas hoffnungsvoller dreinblickte. Dennoch gefiel ihr die Situation, in der sie sich befand, nicht im Geringsten. Sie hatte vorgehabt, auf dem Weg nach Eregion so viel Zeit wie möglich mit Aéd zu verbringen, doch daraus war bislang nichts geworden. Nur der vergleichsweise kurze Ritt von Edoras bis zu den Furten des Isen war ihr bislang vergönnt gewesen. Aéd war noch immer in Gefangenschaft und mit jeder Minute, die verstrich, wuchs die Distanz zwischen ihnen. Kerrys Verzweiflung schwand, doch sie wurde durch Wut ersetzt.
"Was, wenn er uns keine Antworten geben kann?" wollte sie wissen und stellte sich neben Rilmir.
"Nur die Ruhe," erwiderte der Waldläufer und versetzte dem Dunländer einen saftigen Klaps auf die Wange. Die Lider des Mannes flatterten und er öffnete desorientiert die Augen.
"Was zum..." murmelte er undeutlich.
"Ruhig bleiben, Freund," sagte Rilmir gelassen, während er den Dunländer mit einer Hand am Boden hielt. "Ich weiß, dir brummt der Schädel, aber es wäre wichtig, wenn du dich für einen Augenblick konzentrieren könntest."
"Wer...?" stöhnte der dunländische Krieger.
"Das tut jetzt erst einmal nichts zur Sache. Weißt du, wen Yven hier unten gefangen gehalten hat?"
"Den... falschen Wolfskönig," brachte der Dunländer mühsam hervor. "Und... sein kleines Forgoil-Weib... und die... Tochter des Häuptlings vom... von einem der Stämme im Westen... denke ich."
Kerry rührte sich, doch Rilmir gab ihr mit einem Blick zu verstehen, sich jetzt nicht einzumischen. Verärgert warf sie einen Blick zu Gwŷra hinüber, die eine der Fackeln aus ihrer Wandhalterung genommen hatte und geradezu verträumt in die Flamme starrte, während sie im Gang auf und ab ging.
"Gut, gut," sagte Rilmir. "Und wohin haben sie den Wolfskönig gebracht?"
"Ich... weiß es nicht," murmelte der Dunländer.
Der Dúnadan gab ein enttäuschtes Seufzen von sich. "Ich hatte gehofft, du würdest vernünftig sein, mein Freund." Er hielt Kerry die leere Hand hin und sie verstand. Rasch zog sie Hathôldor hervor und drückte Rilmir die Axt in die Hand.
"W-warte, warte," ächzte der Dunländer.
Rilmir hielt inne. Die Klinge Hathôldors verharrte über dem Gesicht seines Gefangenen, der noch immer gewisse Schwierigkeiten bei der Orientierung zu haben schien. "Heute kamen Befehle, vom Kriegshäuptling..."
"Befehle? Von Yven?" bohrte Rilmir nach.
"Yven, ja... der Kriegshäuptling. Er schart die... Unzufriedenen der Stämme um sich und... erhält Unterstützung aus Enedwaith."
Das erregte Gwŷras Aufmerksamkeit und sie kam herbei, um auf den Dunländer herab zu starren. "Damit wird es schon bald vorbei sein, du unwürdiger Wurm," drohte die Dunkelhaarige. "Wisse, dass durch mich nun eine Macht freigesetzt wurde, wie die Welt sie seit der ersten Mondfinsternis nicht gekannt hat. Schon bald wird-"
"Danke, Gwŷra, das genügt für den Augenblick," unterbrach Rilmir Gwŷra sanft, aber bestimmt. "Viel wichtiger wäre nun die Antwort auf die Frage, wohin Yven den Wolfskönig bringen lässt, mein Freund." Die Axt näherte sich wieder dem Gesicht des Dunländers, dessen Augen sich erschrocken weiteten.
"Zum... zum Juwel der Kette," flüsterte der Dunländer widerstrebend.
"Was soll das denn sein?" verlangte Kerry zu wissen und wünschte sich nicht zum letzten Mal, Ardóneth wäre bei ihr. Er hatte einige Jahre in Dunland gelebt und hätte sicherlich gewusst, wovon der Gefangene da sprach.
Zum Glück hatte Gwŷra sich noch nicht wieder ihrer Fackel gewidmet. "Er spricht vom Sitz des Herrn jenes Volkes, das man als Stamm der Kette kennt. Sie leben im Westen Dunlands, wo sich die Ströme Isen und Kirt kreuzen. Dorthin bringen sie den Wolfskönig, um ihm sein Herz herauszuschneiden." Sie sagte die Worte in einem Ton, als handele es sich um etwas völlig Belangloses.
"WAS?" rief Kerry entsetzt.
"Er sagt die Wahrheit," meinte Rilmir, der den Dunländer genau beobachtete. "Warum soll dem Wolfskönig das Herz herausgeschnitten werden?" fragte er geduldig weiter.
"Das... Ritual der Inneren Wahrheit," hustete der Gefangene. "Yven... will selbst Wolfskönig werden. Dazu braucht er... das Ritual. Mehr weiß ich nicht, ich schwöre es..."
"Gwŷra, stimmt das?" fragte Kerry alarmiert.
"Beim Blutmond, ich habe davon gehört," antwortete Gwŷra geheimnisvoll. "Wenn der Wolf von einem würdigen Jäger erlegt und dieser sein Herz herausschneidet, hat der siegreiche Jäger das Recht, das Erbe des Stammesherrschers anzutreten. Ein Wolfskönig, der sich erlegen lässt, ist schwach und der Krone nicht würdig."
"Ziemlich barbarisch," merkte Rilmir an und erhob sich. "Eine Frage noch, Freund. Wie kommen wir am schnellsten an die Oberfläche?"
"...Dort," stieß der Dunländer hervor und erhob mühsam den Arm, um auf einen der Eingänge in einen Seitengang zu zeigen. "Folgt den... Symbolen der Weißen Hand..." Ermattet ließ er die Hand wieder sinken.
"Das war hilfreich. Meinen Dank," sagte der Dúnadan. Dann schickte er den Dunländer mit einem raschen Hieb mit Hathôldors Griff zurück in die Bewusstlosigkeit.
Sie beschlossen rasch, keine Zeit zu verlieren. Gwŷra erleichterte den gefallenen Dunländer um sein Messer und steckte es sich an den Gürtel. Rilmir eilte voraus, Hathôldor kampfbereit in der Hand halten. Kerry hatte Gwŷras Fackel übernommen und sorgte für ausreichend Licht. So bahnten sie sich ihren Weg durch das Gewirr von Gängen, immer auf der Suche nach den krude an die Wände gezeichneten Symbolen der Weißen Hand - ein eindeutiges Zeichen dafür, in wessen Diensten Yven und seine Krieger noch immer standen.
Kerry verstand nicht, weshalb Saruman noch immer solche Macht über die Lande jenseits des Nebelgebirges ausüben konnte. Der Zauberer hatte am Erebor einen Rückschlag erlitten und hatte nach den Ereignissen im Düsterwald die Waldelben als Verbündete verloren. Gerüchte gingen um, dass Sarumans Hauptheer nun in Dol Guldur von einer Ork-Streitmacht aus Mordor belagert und der Zauberer persönlich zu den Eingeschlossenen gehörte. Wie konnte er also noch immer eine solche Kontrolle über die Dunländer und die Menschen von Enedwaith und Bree ausüben? Kerry fand keine Antwort darauf. Doch sie machte sich Sorgen - nicht nur um Aéd, auch wenn ihm natürlich ihre Hauptsorge galt. Aber darüber hinaus fragte sie sich, ob Dunland wohl erneut am Rande eines blutigen Kriegs stand, und ob sich Sarumans Schatten inzwischen auch bis nach Eregion ausgebreitet hatte, wo die Elben der Manarîn versuchten, sich eine neue, friedliche Heimat aufzubauen.
Endlich gelangten sie in einen Gang, der stetig aufwärts führte. Die Fackel in Kerrys Hand verlosch, doch inzwischen konnten sie bereits die ersten Vorboten des Tageslichts sehen. Kerry wäre am liebsten in vollem Laufe losgesprintet, doch Rilmir hielt sie zurück. Wenn dies der Ausgang der Höhlen war, würden weitere Wachen nicht weit sein.
Der Waldläufer pirschte vorwärts, eine Hand an den Stein des Höhlenganges gelegt. Dann verschwand er mit einem schnellen Schritt im blendenden Licht, das vom Eingang herein strömte. Mehrere Sekunden vergingen, dann hörten Kerry und Gwŷra, die voller Anspannung abgewartet hatten, den entwarnenden Ruf des Dúnadan.
"Kommt, die Luft ist rein hier draußen. Allerdings nicht ganz so rein, wie man wohl meinen sollte..."
Diese etwas merkwürdige Aussage ließ Kerry umso neugieriger werden. Sie eilte hinaus und fand sich inmitten einer beinahe runden, felsigen Ebene wieder, die von einer zerfallenen Mauer umgeben war. Die Umgebung war durchzogen von tiefen Gruben und Löchern, die wohl zum Höhlensystem unter ihren Füßen hinab führten und Kerry daran erinnerten, wie sie hin und wieder ein Stück des Himmels über sich gesehen hatten, während sie sich ihren Weg durch die unterirdischen Gänge gesucht hatten.
Dann zog etwas im Zentrum der Ebene ihren Blick unweigerlich auf sich. Einer gewaltigen Nadel gleich ragte dort ein Turm aus schwarzem Stein in den Himmel. Kerry musste den Kopf in den Nacken legen, um zur Spitze hinauf zu schauen, wo vier klauenartige Zacken wie eine Krone auf dem Turm thronten.
"Wo sind wir hier?" fragte sie sich.
"Dies ist ein dunkler, geplagter Ort," murmelte Gwŷra unheilvoll. "Großes Übel ist hier am Werke, in Vergangenheit und Zukunft. Rauch steigt auf von diesem Tal, allezeit."
"Nicht sehr hilfreich, Gwŷra," bemerkte Kerry. Der Turm erinnerte sie an etwas, das sie einst gewusst hatte, doch woran?
"Mir schwant bei diesem Anblick nichts Gutes," sagte Rilmir. "Ich war selbst noch nie so weit im Süden, aber wenn ich mich nicht irre, könnte es sich bei diesem Bauwerk um den Orthanc-Turm handeln."
"Den Orthanc..." entfuhr es Kerry. "Dann sind wir..."
"In Isengard," beendete Rilmir den Satz. "Ich fürchte, es ist wieder den Anhängern Sarumans in die Hände gefallen."
Kerry, Rilmir und Gwyra zum Fuß des Orthancs
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