Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Isengart
Die Tunnel von Isengard
Vexor:
Gandalf, Amrûn und Celebithiel von den Toren Isengarts
„Ich bin hier“, hörte man die hohe, jedoch matte Stimme von Celebithiel.
Amrûn bemerkte nun einen schwachen weißen Lichtstrahl direkt vor ihm.
„Mithrandir, sei vorsichtig, sie dürfen uns nicht sehen“, forderte der Elb den Zauberer auf.
„Keine Sorge, die dort oben haben wichtigeres zu tun“, antwortete dieser dreist und er schien tatsächlich recht zu haben „Ich hoffe nur, dass wir hier unten nichts schlimmeres treffen. Seit Sarumans Verrat wurden hier zweifellos dunklere und böswilligere Geschöpfe als Orks und Uruks geschaffen.“
In diesem Tunnel unentdeckt zu bleiben schien fast unmöglich. Das Atmen klang wie ein lautes Röcheln und jeder Schritt hallte von den Wänden wider. Außerdem war es ungemein stickig und dichter Qualm aus den unterirdischen Schmieden und anderen Werkstätten drang ihnen entgegen.
Celebithiel nahm ein Tuch aus ihrer Tasche und legte es sich vor den Mund, damit sie problemlos atmen konnte.
„ Gandalf wie möchtest du eigentlich vorgehen?“, fragte Celebithiel und das Echo warf ihre Frage mehrmals zurück.
„ Wie meinst du das Celebithiel? Die Schlacht wird sich schon regeln, egal ob wir weiter eingreifen oder nicht. Das Heer des Mundes ist schwächer als ich gedacht habe. Anscheinend konnte er in seiner Paranoia doch nicht seine gesamten Streitkräfte sammeln können. Hoffen wir, dass uns keine Garnison in den Rücken fällt.“
„ Nein Mithrandir du verstehst mich falsch, darauf wollte ich nicht hinaus. Es geht mir speziell um den Mund. Welche Pläne hegst du für ihn?“, schnitte Celebithiels zarte Stimme durch die stickige Luft.
Gandalf räusperte sich kurz und schwieg für eine Weile, als würde er seine Worte gut abwägen.
„ Den Mund lass meine Sorge sein Celebithiel. Ich werde mich um ihn kümmern...und, “ er zögerte und sah Celebithiel tief in die Augen, da er ihre Antwort und ihren Einspruch schon spürte, „... und ich benötige deine Hilfe nicht!“.
Celebithiel blieb stehen und die Sprachlosigkeit war ihr ins Gesicht geschrieben. „ WAS?!“, schrie sie in einem Ton, der die Wände zum beben brachte. Du verweigerst mir die Möglichkeit meine Brüder zu rächen und die Mission zu erfüllen, die mir Galadriel aufgetragen hat?“.
Gandalf sah sie mitleidvoll an und mit ruhiger Stimme erklärte er ihr, dass die Macht des Mundes zu stark sei und Sauron die schwarze Magie des Mundes gestärkt hatte.
Auch wenn Celebithiel schwieg, verblieb sie die gesamte weiter Wanderung in stiller Resignation. Ihr rot blondes Haar hatte sich aus dem Strengen Knoten gelöst und hing nun schlaff herunter.
Ich werde den Mund trotzdem töten, auch wenn ich Gandalf versprochen habe ihm nicht zu helfen. Es ist meine Aufgabe, meine Verpflichtung, meine Erfüllung ihn zur Strecke zu bringen!
„ Seht nur Licht!“, rief Amrûn euphorisch und rannte los, jedoch gebot ihm Gandalf einhalt.
„ Stopp oder ihr rennt in eine Falle. Tückisch war Saruman schon, doch noch tückischer ist die Magie des Mundes. Ihr müsst verstehen kein wahrer Zauberer ist er, aber mit großer Macht hat ihn Sauron ausgestattet und so vermag er ebenfalls Magie anzuwenden, die um ein vielfaches verdorbener ist, als die Magie Sarumans“, sprach Gandalf ruhig und gelassen und tauchte die Spitze seines weißen Stabes gen dem Licht, welches den Tunnel erleuchte und just in dem selben Moment fielen mehrere Steine von der Decke und offenbarten die kahle Steinwand, die sich an Stelle des Lichtes auf tat.
„ Eine Sackgasse, dann müssen wir wohl doch die andere Richtung an der Wegkreuzung vorher einschlagen“, sprach Gandalf während seine traurigen blauen Augen die schweigende Celebithiel musterten.
Sie waren nur wenige Meter gegangen als sie plötzlich im Echo die krächzenden töne des Schwarzen Landes vernahmen. Sofort löschte Gandalf sein Licht und plötzlich war es nachtdunkel in dem Gang und nur der ferne Fackelschein der nahenden Orktruppe spendete spärliches und gedämpftes Licht. Sie versuchten sich so gut, wie möglich in dem Gang zu verstecken.
Das schwach ausgerüstete Ork-Bataillon , bestehend aus fünf Orks, hatten sie dank ihres Überraschungsmomentes schnell ausgeschaltet und waren den den Weg weiter bis zu der Weggabelung gegangen und schlugen einen anderen Pfad, als vorher ein.
Thorondor the Eagle:
Unheimliche Laute durchdrängten nun den dunklen Gang. Es musste das Getrampel der tausenden Soldaten sein die an der Oberfläche kämpften.
„Hört ihr die Pferdehufe? Wir müssen schon unter der Front der Rohirrim sein“, stellte Amrûn fest.
„Ja, die Verliese und Tunnel Isengarts sind weit verzweigt. Aber sorge dich nicht, wir werden schon einen Ausgang finden“, beruhigte ihn der Zauberer.
Sie gingen durch die Dunkelheit und der Weg schien kaum zu enden. Auf einmal erreichten sie eine größere Halle. Der rote Schein des Feuers warf sie in ein bedrohliches Bild.
Der Elb blickte hinauf und sah, wie drei Uruks entlang eines engen Stegs diese Grube überquerten.
„Wo gehen wir nun weiter, die Höhle hat vier Ausgänge?“ fragte Amrûn.
„Diese Frage ist wohl berechtigt. Die Zeit wird zu knapp sein um alle zu durchforsten“, sagter Gandalf.
Einen kurzen Augenblick schauten sie verwirrt die vier Ausgänge an und rätselten über deren Verlauf.
„Seht dort, eine Spitze des Orthancs. Gehen wir in diese Richtung“, flüsterte Celebithiel und deutete dabei auf den Gang links von ihnen.
„Ja, einen Versuch ist es durchaus wert. Lasst uns gehen, sobald wir im dunklen sind, werde ich wieder etwas Licht riskieren“, sagte Mithrandir und ging zielstrebig auf die linke Höhle zu.
Die beiden Elben folgten ihm, doch dann hörte Amrûn etwas rascheln, direkt hinter ihnen. Erschrocken warf er einen Blick zurück. Er spürte, dass sie verfolgt wurden aber er konnte niemanden sehen.
Er konzentrierte sich und fixierte seinen Blick auf den gegenüberliegenden Höhleneingang und für einen kleinen Moment sah er etwas aufblitzen, wie zwei Augen eines Raubtieres, das seine Beute fixiert hatte.
„Amrûn! Komm jetzt, sonst verlieren wir dich“, sagte Gandalf in befehlenden Ton.
„Seht, dort ist irgendetwas“
Mithrandir warf einen kurzen Blick durch die Halle: „Wenn dort etwas ist, dann hat es mehr Angst vor uns als wir vor ihm. Wir müssen weiter.“
Gandalf und Amrûn verschwanden in der Dunkelheit des Tunnels. Glücklicherweise schienen diese unterirdischen Gänge so gut wie verlassen zu sein. Jeder kampftüchtige Ork wurde wohl nach oben gerufen um den Rohirrim Einhalt zu gebieten. Am Ende erblickten sie fünf Uruk-Hai, die eine Pforte bewachten.
Ohne lange drüber nachzudenken, attackierten sie das kleine Bataillon und töteten sie. So wenigen waren die beiden Elben und der Zauberer durchaus gewachsen. Als Gandalf nun das Licht seines Stabes erhellte, sah man in den groben Felswänden bereits die klaren schwarzen Strukturen vom Fundament des Orthancs. Sie hatten einen Ausgang aus dem Tunnelsystem gefunden, ja sogar jenen der sie an ihr Ziel brachte.
Gandalf, Amrûn und Celebithiel zum Orthanc
Fine:
Kerry, Aéd, Domnall und Yven von den Furten des Isen
Kerry konnte nicht sagen, wie lange der Ritt im Finsteren gedauert hatte oder wie weit man sie gebracht hatte. Der aus dickem Stoff gefertigte Sack ließ ihr kaum genügend Luft zum Atmen und schon bald tanzten Lichtpunkte vor ihren Augen, selbst nachdem sie sie geschlossen hatte. Zweimal spürte sie, wie das Pferd unter ihr zum Stehen kam, doch die Pausen waren nie von langer Dauer. Beim dritten Halt schließlich packte man Kerry und riss sie grob aus dem Sattel. Jemand - vermutlich einer von Yvens Kriegern warf sich das Mädchen über die Schulter, als wöge sie kaum mehr als der Sack, der ihr noch immer die Sicht nahm, und trug sie fort. Sie war zu durcheinander, um sich zu wehren. Ihr Schwert hatte man ihr bereits an den Furten des Isen abgenommen und die ständige Dunkelheit und die Atemnot hatten Kerrys Sinne so sehr benebelt, dass an einem Kampf sowieso nicht zu denken gewesen wäre.
Ihr Träger blieb stehen und legte Kerry recht unsanft ab. Dann riss er den Sack von ihrem Kopf. Das flackender Licht einer Fackel in der Hand des Dunländers leuchtete mit blendender Helligkeit in Kerrys Augen und sie blinzelte angestrengt, um sich zu orientieren. Gitterstäbe aus eisenbeschlagenem Holz trennten sie von der schattenhaften Gestalt ihres Trägers, der soeben die Tür von Kerrys Zelle verschloss. Die Wände des Raumes, in dem sie sich befand, bestanden aus rohem Felsen und Kerry stellte fest, dass sie sich in einer Höhle befand. Genauer gesagt in einem recht breiten Höhlengang, der zu beiden Seiten mit ähnlichen Zellen versehen war wie jene, in der sich Kerry nun wiederfand.
Der Dunländer hängte seine Fackel in einen der dafür vorgesehenen Halterungen und verschwand. Seine Schritte hallten in dem Höhlengang noch einige Zeit nach, bis sich eine bedrückende Stille über das Verlies legte.
Wo bin ich hier bloß gelandet? dachte Kerry und fühlte sich unangenehm an ihre Gefangenschaft in Carn Dûm erinnert. Zwar war es hier, in der Höhle nicht so kalt wie in den orkischen Folterkammern unter der Stadt des Hexenkönigs, dennoch war Kerry froh, dass man ihr ihren grauen Umhang nicht abgenommen hatte. Sie wickelte den Stoff eng um ihre Schultern und begann, ihre Zelle zu erkunden. In Carn Dûm hatte sie nahezu totale Finsternis erdulden müssen. Hier hingegen gab es in regelmäßigen Abständen Fackeln, die etwas Licht spendeten. Kerry rüttelte an der Tür ihres Gefängnisses, doch selbstverständlich war diese fest verschlossen. Als sie zwischen den Gitterstäben hindurch schaute, entdeckte sie ein schweres eisernes Vorhängeschloss außerhalb des Türriegels - gerade außerhalb der Reichweite von Kerrys tastendem Arm.
Mitten in der Bewegung fiel ihr siedend heiß ein, dass sie allein war. Alle Gedanken an Flucht fielen von ihr ab und wurden durch Sorge um Aéd ersetzt. Sie war allein in ihrer Zelle, wie sie rasch feststellte. Die Zelle zu ihrer Rechten war ebenfalls leer, doch auf der anderen Seite des Ganges, keine zwei Meter von Kerrys Position entfernt erspähte sie eine Gestalt, die an der Felswand lehnte. Es war Aéd, da war Kerry sich sicher.
"Aéd!" wisperte sie vorsichtig. Als keine Reaktion erfolgte, wiederholte sie den Namen, diesmal jedoch etwas lauter.
"Er ist bewusstlos," sagte eine Stimme zu Kerrys Linken. Erschrocken fuhr sie herum. In der Zelle nebenan stand jemand. Im unregelmäßigen Licht der Fackel war die Gestalt nur undeutlich zu erkennen, bis sie an die hölzerne Absperrung trat, die die beiden Zellen voneinander trennte.
"Wer bist du?" fragte Kerry mit einer Mischung aus Furcht und Neugierde.
Ihr Gegenüber war eine junge Frau mit ungewöhnlich langem, tiefschwarzen Haar. Die Spitze ihrer Haarpracht reichte beinahe bis zu ihren Unterschenkeln herab. Wie ein schimmernder schwarzer Wasserfall fielen die Haare ihr über den Nacken und bedeckten den Rücken, aber nicht die Schultern des Mädchens. Sie musste ungefähr in Kerrys Alter sein. Dunkle Augen, die im Licht der Flammen unheilvoll aufleuchteten, musterten Kerry eindringlich. Das Gesicht war mit einem abschätzigen Ausdruck bedeckt. Dicke, dunkle Farbstriche unter den Augen betonten das ungewöhnliche Aussehen noch. Auf den Wangen waren links und rechts eine rote Rune gemalt worden. Um den Hals lag eine Kette aus spitzen Zähnen und am Körper trug die junge Frau Jagdkleidung aus grobem Leder. Die Füße steckten in hohen Stiefeln. Kerry fand, die Unbekannte sah aus, als hätte sie noch nie eine größere Stadt von innen gesehen und wäre in den Wäldern zuhause.
"Wer ich bin?" wiederholte die Fremde leise. Sie blickte an Kerry vorbei und raunte: "Wenn du meinen Namen hörst, wirst du von einem schrecklichen Fluch befallen werden, der alles dahinraffen wird, was dir jemals lieb und teuer gewesen sein wird. Du wirst dir wünschen, diesen Tag niemals erlebt zu haben. Beim Blutmond!" Sie machte eine seltsame Bewegung mit der linken Hand und legte drei Finger auf ihr rechtes Auge. Das linke Auge starrte Kerry abwartend an.
Anstatt eingeschüchtert zu sein bestand Kerrys Reaktion aus zweifelnder Verwunderung. "Ein... Fluch liegt auf dir?" wiederholte sie langsam.
"Ein Fluch, so grausam, dass nicht einmal die Geister des Waldes oder die Herren der See davor gefeit sind," bestätigte das Mädchen unheilvoll. "Er wird dich befallen, wenn ich dir meinen Namen nenne. Und dann wirst du auf ewig darunter leiden, bis..."
"Schon gut, schon gut," unterbrach Kerry. "Dann sag' ihn mir eben nicht."
"Aber -"
"Wichtiger ist es zu wissen, wo ich hier gelandet bin, und ob es Aéd gut geht," fuhr Kerry fort, ohne auf die Proteste einzugehen. Sie kehrte an die Gitterstäbe zurück, die sie vom Gang trennten und blickte voller Sorge zu Aéd hinüber, der noch immer regungslos an der felsigen Rückseite seiner Zelle lehnte.
"Deine Frage," wisperte es neben ihr. "Nicht leichtfertig kann ich sie zurückweisen. Du hast nach meinem Namen gefragt und sodann hat sich dein Schicksal gewendet. Du kannst ihm nicht entgehen."
Kerry seufzte und wandte sich der Fremden wieder zu. "Also schön, wenn es denn sein muss," sagte sie.
Das dunkelhaarige Mädchen stellte sich auf die Zehenspitzen und breitete die Arme aus. "Ich bin Gwŷra orr Llyn, die rot glühende Flamme von Volk der Glannau Môr, Tochter des großen Myndrag orr Gallayn, geboren unter einem Feuerstern und verflucht vom Vielfarbigen Schatten. Höre dies und erzittere, junge... mmhhh..."
"Kerry," sagte Kerry und unterdrückte ihr Lachen. Ob sie wohl zu viel Pfeifenkraut geraucht hat?
"Kerry," wiederholte Gwŷra den Namen und schaffte es dabei, ebenso düster wie zuvor zu klingen. "Komm nicht zu nahe, damit du nicht verbrennst. Der flammende Tod ist der schlimmste, wie man sagt."
"Du beherrschst also die Macht des Feuers?" hakte Kerry zweifelnd nach.
Gwŷra nickte und machte eine Geste mit ihrer Hand, die reichlich seltsam aussah. "Das Feuer spendet Licht und Wärme, doch seine Macht ist zerstörerisch. Ebenso verhält es sich mit seinem - meinem - Fluch."
"Warum brennst du uns dann nicht einen Weg hier 'raus?"
Gwŷra schüttelte den Kopf. "Dafür ist meine Macht nicht präzise genug," behauptete sie.
Wohl eher nicht existent genug, spottete Kerry in Gedanken, die keine Sekunde lang glaubte, dass Gwŷras Unsinn tatsächlich der Wahrheit entsprach. Sie ging davon aus, es mit einem von Wahnvorstellungen geplagten Mädchen zu tun zu haben, das nicht mehr zwischen Einbildung und Realität unterscheiden konnte. Was aber nicht die Frage beantwortet, weshalb sie hier ist, dachte Kerry.
Stimmen, die sich aus dem Gang zur Rechten näherten, ließen beide Frauen verstummen. Eine Gruppe von Dunländern tauchte auf, die ihnen eine karge Ration Brot und etwas Wasser brachten. Sie weckten Aéd auf unsanfte Art und Weise, gaben ihm jedoch keine Gelegenheit, sich zu orientieren.
"Aéd!" rief Kerry erschrocken, als Yvens Krieger den jungen Wolfskönig packten und durch den Höhlengang in die Finsternis davonschleiften.
"Grausamer Blutmond... sein Tod ist besiegelt," murmelte Gwŷra unheilvoll. Kerry warf dem Mädchen einen wütenden Blick zu, doch es half nichts. Verzweiflung machte sich in ihr breit. Sie war an einem unbekannten Ort eingesperrt, Aéd wurde vermutlich zu Tode gefoltert und ihr einziger Gesprächspartner war offensichtlich keine Hilfe.
Wenn nur mein Vater oder Gandalf hier wären, dachte sie, ehe sie die Augen schloss.
Seltsamerweise war das Gesicht, das für den Bruchteil einer Sekunde vor ihr aufblitzte, weder das ihres Vaters noch das das Weißen Zauberers, sondern das von Oronêl...
Fine:
Kerry wusste nicht, wie lange sie die Augen geschlossen gehabt hatte, doch irgendwann war sie tatsächlich eingeschlafen. In der nur von Fackeln erleuchteten Verlieshöhle fehlte ihr zwar jegliches durch das Tageslicht gesteuerte Zeitgefühl, doch die Gefangennahme an den Furten des Isen mitten in der Nacht und der unsanfte Ritt ins Ungewisse hatten Kerry müder gemacht, als sie erwartet hatte. Soweit sie sich später erinnern konnte träumte sie von zusammenhanglosen Eindrücken und Bildern, die viel zu schnell an ihr vorbeizogen um sie richtig wahrnehmen zu können. Als sie aus dem Schlaf hochschreckte, waren ihre Stirn und ihre Wangen feucht von Schweiß.
Im Gang vor ihrer Zelle standen zwei bewaffnete Krieger Yvens sowie ein fremder Mensch, der keine Waffen trug. Kerry blinzelte und erkannte, dass der Mann ähnliche Kleidung wie Kerrys reichlich merkwürdige Zellennachbarin trug. Das bärtige Gesicht des Menschen war jedoch im Gegensatz zu Gwŷra weder mit Runen bemalt noch waren dort andere unnatürliche Farben zu sehen. Er wandte sich nun Gwŷra zu, die am Gitter ihrer Zelle stand.
"Gwŷra-gwraig," sagte der Mann und Kerry war überrascht von dem respektvollen Ton in dem er gesprochen hatte.
"Rhyfelwr, wie gut es tut, dich zu sehen," antwortete Gwŷra. "Ist mein Vater wohlauf?"
"Nun, den Umständen entsprechend könnte man sagen, alles ist in Ordnung," erwiderte der Mensch.
Einer der Dunländer gab ein Knurren von sich. Rhyfelwr packte die Gitterstäbe, die ihn von Gwŷra trennten. "Bleibt stark, Gwŷra-graig," drängte er.
"Ich hab dem Fluch und den Flammen getrotzt und ich werde auch dies überstehen. Der Herr dieser Grube kennt meinen Namen und somit ist sein Schicksal besiegelt. Es wird nicht mehr lange dauern, Rhyfelwr."
"Das... ich meine... ich schätze Eure Zuversicht, Gwŷra-graig," sagte der Mann noch. Dann packten ihn die Dunländer am Arm und bugsierten ihn auf den Ausgang zu. Stille legte sich wieder über das Verlies.
"Wer war das?" wollte Kerry schließlich wissen, als sie es nicht länger aushielt. Ihre Neugierde war stärker als ihre anfängliche Abneigung gegen Gwŷras Merkwürdigkeiten geworden, und so suchte sie erneut das Gespräch.
"Einer der treusten Krieger meines Vaters," antwortete das dunkelhaarige Mädchen und bedachte Kerry mit einem starrenden Blick.
"Warum haben sie ihn hierher gebracht, aber nicht eingesperrt?" fragte Kerry weiter.
"Sie schaffen ihn regelmäßig her, damit er sieht, dass ich wohlauf bin, um es meinem Vater zu berichten," erklärte Gwŷra als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt.
"Und dein Vater ist?"
"Der große Myndrag orr Gallayn!" verkündete Gwŷra und machte eine theatralische Geste. "Beim Blutmond, das sagte ich doch bereits, Kerry. Er ist der Anführer der Glannau Môr, meinem Volk."
In Kerrys Kopf begannen sich die Puzzleteile langsam zusammenzusetzen. "Und Yven hält dich hier gefangen, um deinen Vater zu erpressen, vermute ich."
Gwŷra lachte anstatt einer Antwort. "Er glaubt mich kontrollieren zu können, dieser Narr. Ich sollte diese Farce beenden und ihm klar machen, über welche Macht ich verfüge."
"Ja, bitte tu das, wenn uns das hier 'raus bringt," meinte Kerry und seufzte. Sie glaubte nicht, dass Gwŷra tatsächlich irgendwelche geheimnisvollen Kräfte besaß. Ihr einziger Wert bestand darin, dass die Tochter eines Anführers vieler Krieger war und somit einen gewissen Wert besaß.
"Wenn es wahrlich dein Wunsch ist, so will ich ihm nachkommen," wisperte Gwŷra. "Doch wisse dies - nicht leichtfertig greife ich auf die Kräfte des Fluches in meinem Inneren zurück. Der Preis dafür mag hoch sein, wenn das Schicksal es so will."
"Ich wünschte, das Schicksal würde wollen, dass du weniger redest," murmelte Kerry.
Gwŷra schien die Bemerkung entweder nicht gehört haben oder sie ignorierte sie geflissentlich. Das Mädchen hockte sich im Schneidersitz ins Zentrum ihrer Zelle und begann, Worte in einer Sprache zu flüstern, die Kerry nicht verstand. Dabei machte Gwŷra allerlei seltsame Gesten, bis ihre Hände schließlich auf ihren Schultern zum Ruhen kamen, wobei ihre Arme vor der Brust überkreuzt lagen.
In diesem Augenblick kehrten dunländischen Wächter in den Höhlengang zurück. Sie schleiften eine regungslose Gestalt mit sich - Aéd, wie Kerry rasch erkannte. Unsanft beförderten die Krieger Yvens den Wolfskönig zurück in seine Zelle und lachten gehässig, als sie die Tür verschlossen.
"Ihr Schweine," zischte Kerry voller Hass. Sie hätte besser geschwiegen, doch die Worte waren ihr über die Lippen gekommen, ehe sie sich stoppen konnte. Die Dunländer wandten sich ihr zu und tauschten einen raschen Blick aus. Als sich ihre Zellentür öffnete, wich Kerry erschrocken zurück. "Willst du wissen, wie der kleine Wurm der sich Wolfskönig zu nennen wagt gejault hat, als wir ihm... einige Fragen gestellt haben? Wie wäre es, wenn ich dir dein hübsches Gesicht etwas verschönere?" Eine Faust sauste auf Kerry zu und schickte sie zu Boden. Ihre Wange pochte vor Schmerz und für einen Augenblick verlor sie die Orientierung, bis man sie wieder hoch riss.
"Du hast großes Glück dass unser Häuptling noch nicht über dich gerichtet hat, kleine Forgoil-schlampe. Aber der Tag ist nicht mehr fern. Dann wirst du dich entweder fügen oder..." Bedrohlich ließ der Dunländer den Satz ausklingen.
Der zweite Krieger lachte. "Die hat genug. Die Frechheiten sind ihr vergangen," sagte er und lachte gemein. "Jetzt komm. Ich hörte, sie wollen heute ein Rind schlachten. Wenn wir uns beeilen, können wir uns ein paar gute Stücke davon sichern."
Der Dunländer ließ von Kerry ab und begann, ihre Zelle zu verschließen. "Du hast recht. Wir sollten keine Zeit mehr verl..."
In diesem Augenblick fegte ein Windstoß durch den Höhlengang und sorgte dafür, dass die meisten Fackeln ausgingen. Dunkelheit senkte sich über das Verlies hinab und die Dunländer fluchten. Kerrys Ohren fingen ein kaum hörbares klirrendes Geräusch auf, das in den Flüchen und dem rauschenden Flackern der verbliebenen Flammen beinahe untergegangen wäre. Sie kroch vorwärts, auf die Türe ihrer Zelle zu. Während die Dunländer noch damit beschäftigt waren, die Fackeln erneut zu entzünden, tastete Kerrys Hand durch das schmutzige Stroh auf dem Boden vor ihrer Zellentür, den Arm zwischen den hölzernen Gitterstäben daneben durchgeschoben. Gerade als die Krieger Yvens ihre Arbeit beendet hatten, fuhren Kerrys Finger über etwas Metallisches und sie griff zu.
Als sie einige Zeit später, nachdem die Wächter gegangen waren ihre Beute zu betrachten wagte, konnte sie nicht umhin, einen Blick zu Gwŷra hinüber zu werfen. Das Mädchen wirkte unbeeindruckt, doch in ihrem Blick lag ein Ausdruck, der über die Seltsamkeiten und die Arroganz, die sie bislang an den Tag gelegt hatte, hinausging. Kerry wusste nicht, was sie davon halten sollte. Doch eines war eindeutig: Als die Fackeln verloschen waren, hatte einer der Wächter seinen Schlüssel fallen lassen, der nun in Kerrys Hand war...
Fine:
Kerry beschloss, die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Es fiel ihr nicht leicht, mit dem Arm durch die engen Gitterstäbe zu greifen, um ihre Zelle von außen aufzuschließen, doch nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen gelang es ihr schließlich. Die ganze Zeit über hatte sie nervös die Ohren gespitzt, um beim kleinsten Anzeichen für eine Rückkehr der Wächter sofort wieder im trüben Schatten ihrer Zelle zu verschwinden. Doch als die Tür ihres Gefängnisses mit einem Knarzen aufschwang, fiel Kerry ein Stein vom Herzen. Sofort machte sie sich daran, auch Aéds Zelle zu öffnen.
"Verdammt," entfuhr es ihr, als sie feststellen musste, dass der Schlüssel an Aéds Tür nicht passte. So viel Glück wäre wohl zuviel verlangt gewesen, dachte sie verärgert und blickte sich etwas ratlos um. Dabei fiel ihr Blick auf Gwŷra, die Kerry offenbar die ganze Zeit über schweigend beobachtet hatte. Das schwarze Haar der jungen Frau fiel ihr tief ins Gesicht und bedeckte das rechte Auge. Sie machte eine winzige Bewegung mit dem Kopf, auf ihre eigene Türe deutend.
Kerry zuckte mit den Achseln. Versuchen kann ich es ja mal, dachte sie und wandte sich von Aéds Zelle ab. Und tatsächlich ließ sich Gwŷras Türe öffnen.
"Oh, beim blutigsten aller Monde... Endlich ist der Tag gekommen," murmelte das Mädchen unheilvoll.
Kerry beschloss, nicht weiter darauf einzugehen. "Weißt du zufällig, wo der Schlüssel für die anderen Zellen sein könnte?"
Gwŷra bedachte sie mit einem verständnislosen Blick. "Du willst ihn noch immer retten?" fragte sie, als wäre das die lächerlichste Idee aller Zeiten.
"Natürlich!" erwiderte Kerry sofort.
"Hmm. Also gut, dann sei es eben so," wisperte Gwŷra. "Dann führt uns unser Weg also zur Folterkammer. Dort haben sie versucht, mich zu brechen. Oh ja, versucht haben sie es, die armen Narren. Doch gegen die Macht in meinem Inneren konnten sie nicht bestehen."
"Eine... Folterkammer?" wiederholte Kerry vorsichtig. "Kannst du mich hinführen?"
"Das kann ich, Kerry," antwortete Gwŷra düster. "Folge mir, und halte dich an die Schatten." Sie eilte los, und ihre nackten Füße hinterließen kaum einen Ton auf dem kalten Stein des Höhlenganges.
Etwas widerstrebend warf Kerry noch einen letzten Blick auf Aéd, der noch immer regungslos am hinteren Rand seiner Zelle leg. Der Dunländer atmete, das konnte Kerry sehen, und sie war froh darüber. Ich bin bald zurück, versprach sie ihm in Gedanken. Dann lief sie hastig der vorauseilenden Gwŷra nach.
Gwŷra schien den Weg zur Folterkammer gut zu kennen. Offenbar war sie viele Male dort gewesen. Es ging durch einen langen, dunklen Höhlengang, der sich nach Kerrys Empfinden langsam aufwärts schraubte. In unregelmäßigen Abständen hingen halb erloschene Fackeln an den Wänden, die ein schummriges Licht spendeten. Zweimal kamen sie in größere Höhlen, die sich plötzlich auf einer der beiden Seiten im Gang öffneten. Beide waren jedoch so finster, dass Kerry ihre wahre Größe nur grob schätzen konnte. Einmal glaubte sie, von oben einen frischen Luftzug auf dem Gesicht zu spüren, als sie ihr Weg mitten durch eine schlecht beleuchtete Kaverne führte und der Boden unter ihren Füßen durch einen schwarzen Abgrund ersetzt wurde, der von einer wackeligen Holzkonstruktion überspannt wurde. Gwŷra blieb nicht ein einziges Mal stehen sondern lief stets zielstrebig voran, ohne ein Wort von sich zu geben. Seltsamerweise begegnete ihnen nicht eine Menschenseele, was Kerry verwunderte. Zwar war sie froh darüber, sich so frei in diesem fremden Höhlensystem bewegen zu können, aber sie hatte mit viel mehr Wächtern gerechnet. Auf ihren bisherigen Abenteuern hatte sie die Erfahrung gemacht, Merkwürdigkeiten dieser Art zu hinterfragen und seine Vorsicht nicht zu früh aufzugeben - eine der Lektionen, die sie unter anderem von Ardóneth gelernt hatte. Während sie Gwŷra durch einen weiteren Gang folgte, wanderten Kerrys Gedanken zu ihren Freunden im Norden, die sie zuletzt in den Hallen Elronds von Imladris gesehen hatte. Sie hatte in Finelleths Reich erfahren, dass Ardóneth die Rückkehr über den Hohen Pass gelungen war und Kerry hoffte, dass er jetzt in Frieden mit seiner Familie dort seine Zeit verbrachte.
Sie bogen an einer Weggabelung scharf nach rechts ab, und Gwŷra blieb ohne Vorwarnung stehen. Als Kerry an der dunkelhaarigen Frau vorbeispähte, blickte sie auf die offen stehende Tür eines Raumes, der auf den ersten Blick als Folterkammer zu erkennen war. Metallene Fesseln hingen von der niedrigen Decke herab und grausame Instrumente lehnten an den Wänden des Raumes, der nicht von Fackeln sondern von entzündeten Lampen erhellt wurde. Im Zentrum des Raumes befand eine steinerne Liege, die halb vom Schatten eines großen Menschen verdeckt wurde, der mit dem Rücken zur Tür in der Kammer stand. In der Hand hielt er eine Axt.
Ehe Kerry auch nur fragen konnte, was Gwŷra nun vorhatte, setzte diese sich in Bewegung und legte die Distanz zur Türschwelle schnell und leise zurück. Gwŷra tauchte hinter dem Folterer auf und hieb ihm mit der flachen Hand gegen den Nacken, trat ihm die Beine weg und war blitzschnell über ihm, als er zu Boden ging. Die Axt entglitt seinen Fingern und Gwŷra fing sie geschickt auf, um sie sofort auf die Kehle des Dunländers niederfahren zu lassen. Rot spritzte das Blut auf und traf Gwŷra am Oberkörper und im Gesicht. Das Ganze hatte nicht mehr als einige Sekunden gedauert und für Kerry war es beinahe zu schnell gegangen, um den Ereignissen zu folgen. Sie schlug die Hände vors Gesicht. So viel Blut hatte sie so nahe zuletzt in der Schlacht um Fornost gesehen und für einen Augenblick glaubte sie, die Besinnung zu verlieren. Da blieb ihr Blick an der Axt hängen, die Gwŷra noch immer in Händen hielt und neugierig betrachtete.
"Lass mich die Waffe sehen," sagte Kerry, der noch immer etwas schwindlig war. Sie streckte Gwŷra die linke Hand entgegen.
"Solch eine Verzierung habe ich noch nie zuvor erblickt," murmelte Gwŷra, ehe sie Kerry die Axt mit dem Griff voran reichte. "So scharf die Schneide, so leicht liegt sie in der Hand. Meisterhände müssen sie einst gefertigt haben," wisperte Gwŷra, die sich nicht daran zu stören schien, dass ihr das Blut ihres Opfers über den Körper lief.
Hathôldor, dachte Kerry, die die Waffe inzwischen erkannt hatte. Oh Oronêl, wenn du mich jetzt nur sehen könntest... was würdest du von all dem wohl halten?
Kerry hatte die Axt bei ihrer Abreise aus Aldburg mitgenommen, sie jedoch nicht am Gürtel geführt. Sie hatte nicht andauernd an Oronêl erinnert werden wollen. Die Dunländer mussten die Elbenwaffe bei ihrem Überfall an den Furten des Isen erbeutet haben und hierher gebracht haben.
"Oh!" machte Gwŷra und bewirkte, dass Kerry sich vom Anblick Hathôldors losriss. "Dieser hier ist... stark. Oh, so widerstandsfähig! Beim Blutmond, er hätte der Folter lange standgehalten. Wie es scheint, haben die Dunländer noch nicht viel Zeit gehabt, ihr Werk an ihm zu erproben."
Gwŷra stand an der steinernen Bahre und deutete auf deren Oberfläche hinab. Wie Kerry erst jetzt erkannte, lag dort ein Mensch. Wirres, dunkles Haar bedeckte sein Gesicht und er war in schmutzige, graue und braune Gewänder gekleidet. Der Folterer hatte den Brustkorb freigelegt und dort einige, leicht blutende Schnitte hinterlassen. Der Mann regte sich, als Gwŷra mit einem faszinierten Gesichtsausdruck über die Wunden an seiner Brust tastete. Dabei tropfte das Blut des Toten von ihr hinab und bildete kleine rote Flecken auf dem grauen Umhang des Mannes. Er gab ein Ächzen von sich und sagte mit undeutlicher Stimme: "Bitte, wer auch immer Ihr seid... wir können doch über alles reden. Folter ist nicht... von Nöten."
Kerry blieb wie vom Blitz getroffen stehen. Doch erst als der Mann mühsam seinen Kopf hob und sie seine Augen sehen konnte, erkannte sie ihn vollständig.
"R-Rilmir?"
"Was bei allen sieben Sternen... Kerry, bist du das?" gab Rilmir angestrengt zurück und setzte sich auf der Liege auf. Derweil umrundete Gwŷra ihn, ohne den Blick von ihm abzuwenden.
"Ich bin's,'" rief Kerry und vergaß alle Vorsicht. Sie umarmte den Dúnadan fest, was ein weiteres Ächzen seinerseits zur Folge hatte. "Wie kommst du nur an diesen Ort?" fragte Kerry, als sie sich von ihrem alten Freund löste.
Mit einer Hand auf Kerrys Schulter sagte Rilmir: "Nun, das wüsste ich auch gerne - ich habe leider nicht die leiseste Ahnung, wo wir uns hier befinden. Ich hatte gehofft, du könntest es mir sagen. Das Letzte an was ich mich erinnern kann, war ein Hinterhalt der Dunländer, kurz vor Tharbad. Jemand zog mir etwas ziemlich Schweres von hinten über den Schädel, und das Nächste, an das ich mich erinnere, ist... nun ja, warmes, fremdes Blut, das auf mich herabtropft. Kerry, sag, wer ist denn deine... Freundin dort?"
"Du willst meinen Namen erfahren?" wisperte Gwŷra und wirbelte theatralisch herum. "Du Narr. Wisse, dass du im Begriff bist, eine Macht zu entfesseln, die..."
"Sie heißt Gwŷra," sagte Kerry gleichgültig. "Ich werde nicht ganz schlau aus ihr."
"Ja, das sehe ich," sagte Rilmir mit einem schiefen Grinsen, entgegen der Umstände. Er rieb sich den Hinterkopf. "Ich hätte auf Haleth hören sollen und Belens Auftrag, nach Dunland zu gehen, doch an jemand Anderen abgeben sollen."
"Von was für einem Auftrag sprichst du?" fragte Kerry.
"Belen sucht Verbündete in Dunland, um gemeinsam gegen die Schergen Sarumans, die noch in Eriador sind, vorzugehen. Ich glaube, er hat auch einen Abgesandten zu den Elben Eregions entsandt. Man hört in letzter Zeit viele Gerüchte aus dem Süden. Wenn man ihnen Glauben schenken kann, hat der Zauberer in Enedwaith und Minhiriath noch immer viele Gefolgsleute.
"Nicht freiwillig folgt mein Volk der Weißen Hand," sagte Gwŷra und klang tatsächlich ernst. "Doch nun, da ich frei bin, gibt es wieder Hoffnung."
"Langsam, langsam," sagte Rilmir. "Noch sind wir nicht frei. Wir sind an einem unbekannten Ort und haben vermutlich nicht viel Zeit, bis..." er stieß den toten Folterer mit dem Fuß an, "...sein Ableben bemerkt werden wird."
"Du hast Recht," stellte Kerry klar. "Aber ich gebe Aéd nicht so leicht auf."
"Aéd?" wiederholte Rilmir. "Der Wolfskönig ist hier?"
"Er wurde gemeinsam mit mir gefangen genommen," erklärte Kerry rasch. "Wir sind auf der Suche nach dem Schlüssel zu seiner Zelle."
"Oh?" sagte Rilmir und bückte sich zu dem Toten hinab. Als er sich wieder aufrichtete, hielt er einen großen eisernen Schlüsselbund in der Hand. "Ich denke, einer von diesen hier sollte passen," fügte er lächelnd hinzu.
Und obwohl sie noch immer nicht wussten, wo sie sich befanden und sie bis auf Hathôldor - Oronêls Axt - unbewaffnet waren, begann Kerry, Zuversicht und Hoffnung zu schöpfen. Solange sie sich frei bewegen konnten, hatten sie eine Chance, aus dieser Sache heil heraus zu kommen.
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