Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Der Düsterwald

Ostgrenze des Waldes

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Eandril:
Über die Lichtung hatte sich eine gespenstische Ruhe gelegt. Aus der Nähe waren zwar noch immer Kampfgeräusche zu hören, doch auf der Lichtung selbst regte sich einen Augenblick, nachdem Oronêl aus den Büschen hervorgetreten war, nichts. Die Orks, die langsam bis an die große Eiche in der Mitte der Lichtung vorgerückt waren, waren bei seinem Anblick erstarrt, offenbar unsicher, was ein einzelner Elb gegen sieben von ihnen ausrichten wollte.
Oronêl schloss die Augen, und atmete tief durch. Er drängte die knochentiefe Erschöpfung und die Trauer zurück, und überließ sich ganz dem endlosen Zorn, der langsam in ihm aufgestiegen war. Diese Kreaturen hatten eine junge Elbe ermordet, die unschuldig gewesen war und es verdient gehabt hätte, noch viele Jahre in Frieden und Glück in Mittelerde zu leben. Als er die Augen wieder öffnete, hatten drei der Orks Pfeile auf die Sehnen ihrer Bögen gelegt.
Ein Schritt nach vorne, das Gewicht auf den Fuß verlagern, und eine Drehung mit geschlossenen Augen. Er hörte die schwarzen Pfeile heranfliegen, und riss in der Drehung Mírwens Schwert in die Höhe. Die Klinge traf den einen Pfeil, der Oronêl getroffen hätte, mitten in der Luft, und schlug ihn zur Seite. Er vollendete die Drehung, öffnete die Augen erneut, und rannte mit langen Schritten auf die Orks zu, auf deren hässlichen Gesichtern sich Überraschung und Schrecken abzeichneten. Bevor sie erneut ihre Bögen spannen konnten, war Oronêl bereits heran, und sie begannen zu sterben. Der erste Bogenschütze riss die Hände an die Kehle, in die sich Oronêls Dolch nach einem gezielten Wurf gegraben hatte, und brach zusammen. Oronêl wirbelte trotz der ungewohnten Waffe zwischen den Orks hindurch, durchtrennte hier eine Ader, hieb dort eine Hand ab... Es war lange her, dass er mit solch kaltem Hass gekämpft hatte.
Der Kampf dauerte nur wenige Augenblicke, dann lagen alle sieben Orks tot am Boden. Oronêl spürte eine warme Flüssigkeit seinen linken Arm herunterlaufen. Anscheinend hatte einer seiner Gegner ihn getroffen, doch im Moment spürte er keinen Schmerz - und das war gut so, denn sein Kampf war sicherlich noch nicht zu Ende. Er zog dem einen gefallenen Bogenschützen seinen Dolch aus dem Hals, und warf dem Gebüsch, in dem Mírwen verborgen lag, einen letzten Blick zu. Dann wandte er sich ab, und eilte in die Richtung davon, aus der die lautesten Kampfgeräusche zu hören waren.

Er war noch nicht weit gekommen, als Celebithiel zwischen den Bäumen hervorkam. Sie trug Teile ihrer Rüstung - nur den Brustpanzer und die linke Armschiene - und ihr Schwert war mit schwarzem Blut beschmiert. Ihr Gesicht war blasser als gewöhnlich, doch entschlossen.
"Was geschieht hier?", fragte Oronêl ohne Begrüßung - dazu war keine Zeit. "Sarumans Orks greifen uns an", stellte sie das offensichtliche fest. "Ich weiß allerdings nicht warum und wie viele es sind."
"Bei weitem nicht alle", erklang Glorfindels Stimme hinter ihnen. Im Gegensatz zu Celebithiel trug er noch immer seine volle Rüstung. "Ich habe das Hauptlager der Orks beobachtet, und die meisten sind noch dort - zwar unruhig, aber nicht unbedingt kampfbereit. Es scheint nur eine relativ kleine Fraktion zu sein, die uns angreift. Ob auf Sarumans Befehl hin oder nicht, weiß ich nicht."
"Das werden wir herausfinden, wenn wir überleben", meinte Oronêl. "Wir sollten uns beeilen, zu Thranduils Lager zu gelangen, von dort scheinen die Kämpfe auszugehen."
Glorfindel nickte nur knapp, doch Celebithiel stockte. "Warte, Oronêl. Wo ist Mírwen? War sie nicht bei dir?"
"Sie..." Oronêl fehlten die Worte, also schüttelte er nur den Kopf, doch die beiden anderen schienen sofort zu begreifen. Sie wechselten einen Blick, und Celebithiel legte Oronêl eine Hand auf den Arm. "Wir werden verhindern, dass dieser Tag noch jemanden von uns nimmt. Komm." Oronêl hätte keine Aufforderung dieser Art gebraucht. Noch immer kochte in ihm der Zorn, den er gegenüber den Orks und Saruman und allen, die dem Zauberer folgten, empfand, und er würde noch lange nicht aufhören, zu kämpfen.

Am Waldrand herrschte pures Chaos. Die Bäume warfen lange Schatten über das Gras, und im Wechselspiel aus Licht und Schatten kämpften Elben und Orks erbittert miteinander. Die Orks schienen in der Überzahl zu sein, und einige Elben schienen sich in einem Halbkreis mit dem Rücken zum Wald gesammelt zu haben, während andere in kleinen Grüppchen oder allein um ihr Überleben kämpften.
Ohne zu zögern warf Oronêl sich in den Kampf, und Celebithiel und Glorfindel folgten ihm. Es gelang ihnen rasch eine Schneise in die von ihrem Angriff überraschten Orks zu schlagen, und die ersten beiden Elben zu erreichen, die sich Rücken an Rücken gegen eine Überzahl an Orks verteidigten. Einer der beiden führte ein mächtiges Zweihandschwert und der andere einen Speer, und sie machten von ihrer erhöhten Reichweite guten Gebrauch. Es dauerte nicht lange, bis Oronêl in ihnen Finelleths Freunde Galanthir und Angvagor erkannte.
"Wo ist Finelleth?", rief Oronêl ihnen über den Kampflärm zu, und Angvagor hob ratlos die Schultern. "Wir haben sie nicht gesehen. Wir sind auch erst gekommen nachdem der Kampf begonnen hatte." Er schwang seinen Zweihänder in einem großen Bogen, und trennte einem der Orks damit sauber den Kopf vom Rumpf.
"Irgendjemand muss doch wissen, was hier geschieht." Oronêl blickte sich suchend um, auf der Suche nach Finelleth oder Thranduil - oder Kerry. Etwas verkrampfte sich in ihm bei dem Gedanken, dass das Mädchen in diesem Wahnsinn den Tod finden könnte, weil er sie allein gelassen hatte. Seine Sorgen erwiesen sich allerdings als unbegründet, denn nur einen Augenblick später erspähte er Kerrys blonden Kopf am Waldrand. Sie stand mit dem Rücken zu einer hohen Kiefer, ihr kurzes Schwert in der Hand, und versuchte damit zwei Orks in Schach zu halten, die sie an den Baum zurückgedrängt hatten. Oronêl wurde allerdings schnell klar, dass es nicht Kerry Waffe war, die die Orks zurückhielt, sondern nur ihre Freude daran, mit ihrem Opfer zu spielen. Oronêl deutete in die Richtung und rief: "Dorthin!"
Zu fünft gelang es ihnen ohne Schwierigkeiten, sich bis zu Kerry durchzuschlagen, und ihre beiden Feinde fielen schnell - der eine von Galanthirs Speer durchbohrt, dem anderen hatte Oronêl Mírwens Schwert in den Nacken gestoßen.
Kerrys Augen waren weit aufgerissen, als sie sagte: "Ihr lebt noch! Ich hatte mir solche Sorgen gemacht." Sie hielt ihr kurzes Schwert fest umklammert, und auf der Klinge glänzte ein wenig schwarzes Blut. An der Wange hatte sie einen tiefen Schnitt, von dem ihr das Blut den Hals hinunter rann. "Das ist von einem der Orks. Er wollte mich festhalten, also habe ich ihm das Schwert in den Arm gerammt."
"Was bei allen Sternen ist hier geschehen?", unterbrach Oronêl sie. "Die Orks haben die Elben beschuldigt, am Erebor eine Falle gestellt zu haben", erklärte Kerry rasch. "Sie wollten Finelleth, Eryniel und mich dafür töten, Thranduil wollte das nicht zulassen, und dann haben sie angefangen, zu kämpfen."
"Und wie bist du hierher gekommen?"
"Ich bin von Finelleth getrennt worden, nachdem ich mich befreit hatte. Dann bin ich hierher geflohen, und wollte euch suchen und euch warnen, aber diese beiden haben mich eingeholt." Kerry deutete mit dem Schwert, dessen Spitze leicht zitterte, auf die toten Orks. "Aber jetzt seid ihr ja da."
"Ja, aber es ist noch nicht vorüber", meinte Glorfindel. "Wir müssen zum König."
Oronêl stimmte zu. "Allerdings. Wenn dieser Tag nicht noch schlimmer werden soll, müssen wir verhindern, dass die Orks ihn und Finelleth töten." Allein der Gedanke, nach Mírwen nun auch noch Finelleth zu verlieren, schmerzte.
"Ich komme mit", sagte Kerry entschlossen, und umklammerte den Griff ihres Schwertes so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. "Vielleicht kann ich ja helfen."
Das kam für Oronêl überhaupt nicht in Frage, doch Celebithiel schien seinen Blick bemerkt zu haben, und kam seinem Widerspruch zuvor: "Alleine hier bleiben wäre für sie ebenso gefährlich, und wir können niemanden entbehren der hier auf sie aufpasst. Ich denke, Kerry hat oft genug bewiesen, dass sie auf sich achtgeben kann, obwohl sie keine Kriegerin ist." Kerry warf ihr einen dankbaren Blick zu, und Oronêl schüttelte den Kopf. "Na schön, aber ich hoffe, dass Mathan mich nicht umbringt, wenn er davon erfährt..."

Sie schlugen sich am Waldrand entlang zu der Stelle durch, wo Kerry Thranduil und seine Tochter zuletzt gesehen hatte, und wo sich auch der kleine Verteidigungsring der Elben gebildet hatte, den Oronêl vom Rand des Kampfplatzes gesehen hatte. Sie alle waren sich einig, dass dort der wahrscheinlichste Aufenthaltsort des Königs war. Auf dem Weg schlossen sich ihnen einige weitere Elbengrüppchen an, die verstreut gegen die Orks gekämpft hatten, bis ihre Truppe auf beinahe zwanzig Kämpfer angewachsen war. Schließlich gelang es ihnen den Ring der Elben zu erreichen, doch im gleichen Moment brachen die Orks auf der anderen Seite durch die Reihen der Verteidiger.
Oronêl duckte sich unter dem wilden Schwerthieb eines Orks weg, rammte ihm die Klinge zwischen zwei Rüstungsplatten hindurch in den Bauch, und blickte sich hektisch um, in der Hoffnung, Thranduil oder Finelleth zu erblicken - und tatsächlich sah er nur wenige Meter vor sich Finelleth, die neben Eryniel verzweifelt gegen den Ansturm der Orks ankämpfte.  Nur wenige Meter neben ihr blitzte Thranduils Schwert auf - der König befand sich in einem erbitterten Zweikampf mit Kra'suk, dem Anführer von Sarumans Orks. Die Gegner wirkten einander ebenbürtig, doch der Orkhäuptling dachte nicht daran, ehrenhaft zu kämpfen. Hilflos musste Oronêl beobachten, wie sich ein weiterer Ork von hinten an Thranduil heranschlich, und das Schwert hob - doch im nächsten Moment versperrten ihm weitere Gegner das Sichtfeld, und er konnte nicht mehr erkennen, was geschah.
Oronêl atmete tief durch, und lies dem Zorn erneut freien Lauf. Er schlug sich eine blutige Schneise durch die Orks, und Mírwens Schwert tanzte in seiner Hand wie selten zuvor, bis er den Ort erreichte, wo Thranduil gegen Kra'suk gekämpft hatte. Der König war zu Boden gegangen, und Kra'suk stand mit erhobenem Schwert triumphierend über ihm. Bevor er jedoch den letzten Stoß führen konnte, war Oronêl bei ihm, und fing das Schwert mit Mírwens Klinge ab.
"Noch ein Elbenverräter", knurrte Kra'suk, während die Klingen aneinander knirschten, und Hass funkelte in seinen gelblichen Augen. "Ich werde dich ebenfalls töten."
"Durch Falschheit und Verrat, wie es Art eurer widerlichen Rasse ist", entgegnete Oronêl, wirbelte herum und führte einen blitzschnellen Hieb gegen Kra'suks Seite, den der Ork jedoch ebenso rasch parierte. Funkensprühend stießen die Klingen erneut zusammen. "Verrat ist Sache der Elben. Orks sind Krieger."
"Nein. Orks sind Feiglinge." Wieder und wieder stießen die Klingen zusammen. Oronêl wagte es nicht, einen Blick zu Thranduil zu werfen, um zu erkennen, ob der König noch lebte. Er benötigte seine ganze Konzentration um gegen Kra'suk zu bestehen, denn der Ork war schnell, stark und nach vermutlich Jahrhunderten des Kampfes listig und erfahren. Schließlich erkannte Oronêl eine Lücke in Kra'suks Verteidigung, und erfüllt von kaltem Hass stieß er zu - doch sein Gegner wich einen Schritt zurück, und Oronêl rutschte auf dem blutigen Gras aus. Im Fallen wurde ihm das Schwert aus der Hand gerissen, und Kra'suks hässliches Gesicht leuchtete triumphierend auf.
"Jetzt stirbst du!", stieß er hervor, und die Klinge fuhr herab - doch kurz bevor sie traf, schob sich ein weiteres Schwert in Oronêls Blickfeld, dass Kra'suks Klinge kurz vor Oronêls Gesicht abfing.
"DU!", stieß der Orkhäuptling hervor, doch Oronêl wagte nicht nachzuschauen, wer sein Retter war. Stattdessen ergriff er Mírwens Schwert, dass direkt neben ihm gelandet war, sprang mit einer fließenden Bewegung auf die Füße, rammte es Kra'suk tief in den Hals und drehte die Klinge herum. "In die Leere mit dir", flüsterte er, während Kra'suks Augen sich vor Schreck und Schmerzen weiteten. Seine freie Hand tastete fahrig nach der Klinge in seinem Hals.
Oronêl zog das Schwert wieder heraus, und der Orkhäuptling brach langsam zusammen. Ohne seinen gefallenen Feind noch einmal anzusehen, wandte Oronêl sich zu seinem Retter um um diesem zu danken, und sah sich Helluin gegenüber, auf dessen jungem Gesicht sich noch die Überraschung über seine eigene Tag abzeichnete. Oronêl spürte seine eigenen Gesichtszüge hart werden. "Was tust du hier?"
"Ich...", begann Helluin sichtlich verwirrt. "Ich wusste nicht, was hier geschieht. Ich machte mir Sorgen um Kerry, und..." Er schien sich bewusst zu werden, was er sagte, und unterbrach sich selbst. Seine Augen wanderten zu Kerry, die ganz in der Nähe stand, jedoch keine Augen für Helluin hatte und stattdessen zu Finelleth blickte. Ohne ein weiteres Wort an Helluin zu richten ließ Oronêl ihn stehen, und ging neben Finelleth, die neben ihrem Vater auf die Knie gefallen war, auf die Knie.
Thranduils Gesicht war fürchterlich blass, eine Anblick, der Oronêl schmerzhaft an Mírwen erinnerte, und aus seinem Mundwinkel lief ein dünner Blutfaden - doch noch lebte der König. "Meine Tochter", sagte er leise, und ergriff Finelleths Hand. "Ich habe einen Fehler gemacht, das sehe ich ein - schade, dass es erst in den letzten Momenten meines Lebens sein kann."
Finelleth schüttelte stumm den Kopf, und Tränen tropften von ihren Wangen. "Es ist nicht... zu ändern, Faerwen", sprach Thranduil mühsam weiter. Er blickte Oronêl an. "Vetter. Hast du den großen Ork getötet?"
Oronêl nickte. "Das habe ich." Es erschien ihm nicht an der Zeit, genaueres zu erzählen. Thranduil stieß einen langen Atemzug aus, und seine Gesichtszüge entspannten sich. "Gut. Ich hätte es selbst getan, aber... einer von seinen Leuten hat mich von hinten erwischt, bevor ich..."
"Du solltest nicht sprechen, Vater. Wir müssen... müssen einen Heiler holen, und dann...", unterbrach Finelleth ihn stockend, und hob den Kopf. Doch Thranduil ließ ihre Hand nicht los, und erwiderte: "Nichts kann meinen Tod noch verhindern - ich habe genug Zeit auf dieser Welt verbracht, um diesen Moment zu erkennen." Auf seiner Wange zuckte ein Muskel vor unterdrücktem Schmerz. "Du wirst jetzt Königin sein, und eine gute, das weiß ich jetzt. Führe unser Volk zurück ins Licht - und denke daran: Unsere Heimat ist nicht ein Ort, sondern das Volk. Dies war mein großer Fehler, und ich weiß, du wirst es besser machen." Mit diesen Worten schlossen sich Thranduils Augen, und seine Brust sich nicht länger hob und senkte, wusste Oronêl, dass der König gestorben war. Finelleth stieß einen unterdrückten Schluchzer aus, und senkte den Kopf.
Mit einem Mal wurde Oronêl bewusst, wie still es am Waldrand geworden war. Kein Kampfgeräusch war mehr zu hören, und als er langsam auf die Füße kam, sah er, dass Saruman den Schauplatz betreten hatte. Oronêl warf einen Blick umher. Die Orks hatten sich zurückgezogen, und beobachteten die Szene als drohende Masse hinter Sarumans Rücken. Ganz in der Nähe stand Kerry mit Celebithiel und Glorfindel, und Tränen rannen auch ihr über die Wangen, während sie Finelleth beobachtete - vermutlich nicht so sehr aus Trauer um Thranduil, als aus Mitleid für Finelleth. Helluin stand noch immer regungslos dort wo Kra'suk gefallen war, in seinem grauen Mantel und das blanke Schwert in der Hand, und hatte seine Augen starr auf Saruman gerichtet. Am Waldrand hatten sich einige andere Waldläufer eingefunden, und beobachteten die Szene angespannt - aber keiner von ihnen gesellte sich zu ihrem Anführer.
"Ist dies dein Werk, Saruman?", brach Oronêl die Stille, und deutete mit der freien Hand im Kreis über das Schlachtfeld. "Ist dies die Strafe für die verlorene Schlacht?"
Der Zauberer schüttelte langsam den Kopf. "Nein. Dieser Wahnsinn ist nicht mein Werk, und ich habe diese Tode nie gewünscht." Zu seiner eigenen Überraschung, glaubte Oronêl ihm, obwohl er nicht das Gefühl hatte, dass Saruman die Macht seiner Stimme einsetzte. Stattdessen wirkte der Zauberer zum ersten Mal seit Oronêl ihn kannte beinahe erschüttert. Oronêl machte, das blutige Schwert noch immer in der Faust, einen Schritt auf ihn zu, doch Saruman wich, auf seinen Stab gestützt, keinen Fußbreit zurück.
"Du magst sie nicht gewünscht haben", stieß Oronêl hervor. "Doch diese Toten sind deine Verantwortung."
Saruman nickte langsam. "Ich habe den Feind unterschätzt, und die Kraft des Hasses auf die Elben, die die Orks beherrscht."
"Und deshalb wirst du mit all deinen Dienern dieses Land so bald wie möglich verlassen, Saruman", erklang Finelleths Stimme. Sie war ebenfalls auf die Füße gekommen, und ihre Tränen waren versiegt. "Nach dem Tod meines Vaters bin ich die Königin dieses Landes, und mit meinem Vater ist auch sein Bündnis mit dir gestorben. Du bist im Waldlandreich nicht länger willkommen."
"Und wer wird euch schützen, meine Liebe?", fragte Saruman sanft. "Wer wird euch schützen, wenn Khamûl den Erebor erneut verlässt, und euch erneut angreift?"
"Wir selbst", erwiderte Finelleth mit fester Stimme. "Und wenn das nicht ausreicht, werden wir dieses Land verlassen, um später vielleicht erneut zurückzukehren." Sie blickte Oronêl an, und nickte zustimmend. Offenbar hatte sie sich die letzten Worte ihres Vaters zu Herzen genommen.
Sarumans dunkle Augen fixierten Finelleth. "Ihr würdet eure Heimat für euren erneut aufgeben?" Finelleth warf einen Blick über die Elben - die toten, und die lebenden, die sich im Halbkreis um sie herum versammelt hatten. "Nein. Denn unsere Heimat ist nicht dieses Land, sondern unser Volk."
Einen Augenblick lang wirkte Saruman sprachlos und müde. Dann richtete er sich zu seiner vollen Größe auf, und stieß mit seinem Stab auf den Boden. "Also gut, Königin Faerwen Lenweriel. Ich werde euer Reich mit all meinen Gefolgsleuten verlassen - doch bedenkt, dass eure südlichen Grenzen die Berge des Waldes sind. Südlich davon gilt noch immer mein Wort. Und bedenkt ebenfalls, dass ich euch nicht zu Hilfe eilen werde, denn unser Bündnis gilt nicht länger."
Sein Blickt streifte Helluin für einen winzigen Augenblick, und der junge Dúnadan zuckte beinahe unmerklich zusammen, bevor Saruman sich abwandte und in Richtung des Orklagers davon ging. Oronêl atmete erleichtert durch, und ging durch das blutige Gras zu Finelleth hinüber, die traurig auf den Körper ihres Vaters hinab sah. Sie hatte Thranduils Augen geschlossen, und es wirkte beinahe so, als würde er nur schlafen.
"Habe ich richtig gehandelt?", fragte sie mit brüchiger Stimme, und ohne Oronêl anzusehen. "Oder habe ich mein Volk gerade auf den Weg in den Untergang geführt?"
Oronêl legte ihr die Hände auf die Schultern und zwang sie, ihn anzusehen. Er kämpfte Erschöpfung und Trauer, die ihn zu überwältigen drohten, nieder, und sagte: "Du hast den Weg eingeschlagen, den dein Vater sich gewünscht hat. Und ich denke, es ist der richtige Weg."
Finelleth schniefte. "Ich werde eine schreckliche Königin sein." Oronêl musste trotz allem unwillkürlich lächeln, und umarmte sie für einen kleinen Moment. "Nein, ich denke nicht. Du bist aus dem Haus Lenwe - du wirst deine Sache gut machen."
"Na schön", erwiderte Finelleth, und löste sich aus der Umarmung. "Wenn du dir da so sicher bist, dann kannst du es dem Volk auch mitteilen - immerhin hast du damit genug Erfahrung."
Oronêl schüttelte den Kopf, und nickte in Richtung von Galanthir und Angvagor, die er ganz in der Nähe erblickt hatte. "Ich habe eine bessere Idee. Sie sind Teil deines Volkes, viele kennen sie und vertrauen ihnen. Und sie sind deine ältesten Freunde hier, wer also wäre besser geeignet um die Nachricht zu verbreiten?"
"Niemand", stimmte Finelleth zu, und warf wieder einen Blick auf ihren Vater. Sie holte ein wenig zittrig Luft, und sagte dann: "Ich... werde mich wohl um einiges kümmern müssen. Mein Vater war ein großer König, ein ganzes Zeitalter lang. Er verdient es, dass man ihn entsprechend ehrt."
"Ich werde dort sein", versprach Oronêl, und Finelleth wandte ihm wieder das Gesicht zu. "Eine Sache gibt es, bei der du mir noch helfen kannst. Später natürlich." Sie deutete auf Helluin, der sich noch immer nicht von der Stelle gerührt hatte, und jetzt rasch eine möglichst teilnahmslose Miene aufsetzte. Oronêl seufzte, denn eigentlich hatte er keine Lust, sich mit dem jungen Anführer der Dúnedain zu befassen, doch dann nickte er.

Während die Elben damit begannen, die Gefallenen fortzuschaffen - die Orks auf einen Haufen ein wenig abseits des Waldes, die Elben aufgebahrt unter den Bäumen - setzte Oronêl sich mit dem Rücken an eine Kiefer ein Stück vom Kampfplatz entfernt. Er schloss die Augen, und begann, eine leise Melodie zu summen - ein Klagelied, für alle, die an diesem Tag gefallen waren. Doch er fand keine Worte, und so blieb es eine wortlose Melodie. Er hörte leise Schritte im Gras und spürte, wie sich jemand neben ihn setzte. An der Art, wie sie sich bewegte, erkannte er Kerry. Nach wenigen Augenblicken, sagte sie leise: "Oronêl, was... ist etwas mit Mírwen geschehen? Ich habe sie nirgendwo gesehen."
Oronêl öffnete die Augen und sah sie an. Sie kniete neben ihm im Gras, die Hände im Schoß gefaltet, und blickte ihm direkt in die Augen. "Sie ist gefallen, noch im Wald", antwortete er sanft, und spürte eine einzelne Träne an seiner Wange herunterlaufen. Für einen Moment ließ er zu, dass die Trauer ihn überwältigte. "Sie hatte es nicht verdient, doch es ist geschehen."
Kerry schüttelte wortlos den Kopf, und erneut konnte sie die Tränen nicht zurückhalten. "Ich... gewöhnt man sich jemals daran?"
Oronêl lächelte, und ergriff ihre Hand. "Niemals. Es schmerzt immer aufs Neue, einen Freund zu verlieren. Und das ist gut so, denn nur das Böse ist gefühllos." Kerry erwiderte das Lächeln durch die Tränen. "Dann werde ich niemals zu den Bösen gehören können - ich fühle mich, als wollte ich die ganze Zeit weinen."
"Ich kenne kaum einen Menschen, der so weit vom Bösen entfernt ist, wie du", erwiderte Oronêl beinahe amüsiert. "Und das gibt mir Hoffnung, dass die Menschen es eines Tages schaffen werden, den Schatten zu besiegen."
"Solange ein paar von den guten Menschen das Schwert besser führen können als ich...", meinte Kerry, und wischte sich die Tränen fort. "Ansonsten können wir die Bösen wohl nur zu Tode nerven."
Oronêl lachte leise, und sein Herz wurde ein wenig leichter. "Das wäre allerdings eine Geschichte, die es wert wäre für alle Ewigkeit erzählt zu werden."
Kerry versetzte ihm einen sanften Faustschlag gegen die Schulter. "Ich meine es ernst. Wäre ich im Kampf zu ein bisschen mehr nütze, wäre es heute vielleicht besser ausgegangen." Oronêls Miene wurde wieder ernst. "Es können nicht alle Krieger sein - das wäre eine traurige Welt", erwiderte er. "Du hast mit Sicherheit das Herz einer Kriegerin, und du hast bereits so viel zum besseren gewendet. Denk an Eregion, denk an den Erebor... heute konntest du nichts tun. Niemand kann vorhersagen, was hätte geschehen können. Also mach dich nicht selbst für etwas verantwortlich, worauf du keinen Einfluss hattest. Und du musst bleiben wer du bist, Kerry. Die Welt wäre sonst ein ärmerer Ort."
Kerry blickte zu Boden, aber sie lächelte zaghaft. "Ich hoffe, du hast recht. Wie machen wir nun weiter?"
"Wir bestatten unsere Toten", antwortete Oronêl langsam. Er konnte Kerry nicht sagen, was er tun würde. Nicht in diesem Moment. Und nicht nur Kerry - er wagte nicht, es irgendjemandem zu sagen. So musste Amrûn sich gefühlt haben, als er seine Entscheidung für den Westen getroffen hatte. "Und dann werden wir weitersehen."

Fine:
Kerry stand neben Eryniel auf einem der unteren Äste eines großen, breiten Waldbaumes und sah dem Heer Sarumans beim Abrücken zu. Nun wieder perfekt diszipliniert nahmen die Krieger der Weißen Hand Marschformation an und stampften los, als ein tiefes Hornsignal erklang. Saruman selbst ritt am Ende des Heeres, auf einem schwarzen Pferd, umringt von den Dúnedain. Die Gesichter der Waldläufer waren so verschlossen wie eh und je, doch Kerry fiel auf, dass zwei von ihnen fehlten. Daerod, der Dúnadan den sie in Thranduils Hallen kennen gelernt hatte, war am Erebor gefallen, wie Kerry erst vor Kurzem erfahren hatte. Ein weiterer Tod, der ihr das Herz schwer machte. Und dann war da noch Helluin... Von Helluin fehlte derzeit jede Spur. An seiner Stelle ritt nun Forgam, der einst die rechte Hand des jungen Stammesführers gewesen war, und der nun offenbar den Befehl über die verbliebenen Waldläufer übernommen hatte.
„Endlich verschwinden diese Scheusale aus unserer Heimat,“ murmelte Eryniel, die einen verbitterten Ausdruck im Gesicht hatte. Kerry sah, wie sich die Finger der Waldelbin so fest um den Griff ihres Langbogens schlossen, dass die Knöchel weiß hervortraten. „Sie haben mehr als genug Leid und Unheil verursacht.“
Kerry war sich nicht sicher, wie nahe Eryniel dem König gestanden hatte. Thranduils Tod schien die Späherin schwer getroffen zu haben, auch wenn ihr Gesicht bislang frei von Tränen geblieben war. Daher wusste Kerry nicht recht, was sie sagen sollte. Sie beschränkte sich darauf, Eryniel stumm Gesellschaft zu leisten, bis die Banner der Orks unter den Baumwipfeln verschwunden waren und ihre Fußtritte in der Ferne verhallt waren. In diesem Augenblick atmete Eryniel tief durch, hängte ihren Bogen auf ihren Rücken und sprang vom Ast auf den Waldboden hinab. Sie warf Kerry einen schwer zu deutenden Blick zu, hob kurz die Hand, wie zum Abschied, dann verschwand sie im Wald.

Mehrere Stunden waren seit dem blutigen Gefecht zwischen Elben und Orks vergangen, und der Nachmittag neigte sich dem Ende zu. Als Kerry langsamen Schrittes zur Lichtung, auf der das Heerlager gestanden hatte, zurückkehrte, waren die Kadaver der Orks bereits auf einen Haufen geworden und verbrannt worden. Die gefallenen Elben - mehr als ein Dutzend - hatte man nebeneinander aufgebahrt. Direkt am Waldrand, zwischen zwei großen Eichen, war eine Grube ausgehoben worden, in die man die Toten nun vorsichtig legte, einen Halbkreis bildend. Ganz in der Mitte sollte Thranduil seine letzte Ruhestätte finden, doch noch lag der König auf einer Decke aus Laub und Gräsern und wirkte, als würde er nur schlafen. Neben ihrem Vater stand Finelleth und blickte stumm auf ihn herab.
Als Kerry näher kam, wurde es ihr allzu deutlich klar. Dies war nicht länger Finelleth, die Elbenkundschafterin, die nie lange ernst bleiben konnte und die Befehle nur befolgte, wenn sie ihr in den Kram passten. Dies war auch nicht Tharandís, die ungezogene Tochter eines Königs, der nur Augen für ihren Bruder hatte. Vor Kerry stand Faerwen aus dem Hause Lenwe, eine fähige Anführerin und Königin ihres Volkes. Spuren von Tränen zierten ihr Gesicht, doch ihre Miene war von Entschlossenheit gezeichnet. Nicht länger trug sie die blutige Rüstung aus den Schlachten von Thal und Erebor, sondern ein strahlendes, silbernes Kleid, gepaart mit einem pelzbesetzten Umhang, dessen Außenseite schwarz und Innenseite tiefrot waren. Ihr sandblondes Haar war nicht länger wirr und voller widerspenstiger Strähnen, sondern war nun zu einer edlen Hochsteckfrisur geformt worden. Und auf ihrer Stirn lag ein königlicher Silberreif, den einst Thranduil getragen hatte. Dies war Faerwen, Herrscherin des Waldlandreiches. Sie richtete sich auf und blickte in die Runde der Elben, die sie umgaben - und wie auf ein geheimes Zeichen hin gingen die Düsterwald-Elben in die Knie und beugten das Haupt vor ihrer Königin. Kerry konnte gar nicht anders, als es ihnen gleichzutun. Sie war mehrere Meter von der Königin entfernt, so dass sie hören konnte, was Faerwen sagen würde.
„Dies ist ein schicksalhafter Tag, meine Freunde,“ sprach die Königin mit einer Stimme, die Kerry kaum wiedererkannte. Sie klang kraftvoller und entschlossener, als es Finelleth je gewesen war. „Mein Vater ist uns genommen worden. Verrat und Heimtücke waren der Untergang Thranduils, des Königs des Waldlandreiches, der viele Fehler hatte. Doch ich sage euch heute: Haltet ihn nicht wegen seiner Fehler in Erinnerung, wie auch ich es nicht tun werde. Erinnert euch an das, was er selbst in seinen letzten Momenten nie aus den Augen verloren hatte: Alles, was mein Vater getan hat, geschah zum Schutze seiner Heimat. Und bevor er von uns ging, hatte er noch eine letzte Weisheit weiterzugeben. Meine Heimat - unsere Heimat - ist kein Ort, sondern sie ist in euch allen. Unsere Heimat ist dieses Volk, das nun endlich frei von Saruman und seinen Lügen ist. Dies hat mein Vater erreicht, auch wenn es ihn das Leben kostete. Und daran werde ich mich für immer erinnern. Ebenso wie er werde auch ich alles dafür geben, mein Volk zu schützen - selbst wenn es meinen Tod bedeutet. Ich bitte euch, mich dabei zu unterstützen. Ich will nicht über euch herrschen, weil es mein Geburtsrecht ist, sondern weil mein Vater an mich geglaubt hat - und es noch immer tut. Ich verspreche euch, nicht zu ruhen, bis unser Volk und unsere Heimat in Sicherheit sind. Steht mir bei, meine Freunde, denn unsere Zukunft liegt nun in unseren eigenen Händen.“

Stille erfüllte die Lichtung. Dann richtete sich einer der Elben neben Faerwen auf. Es war Galanthir, der einen der Orks getötet hatte, die Kerry in Bedrängnis gebracht hatten. „Ihr habt die Worte gehört, die Faerwen an euch gerichtet hat. Und ihr alle kennt die Traditionen unseres Volkes, die in einer solchen Stunde wichtiger als je zuvor sind. Daher rufe ich nun Oronêl, Ardírs Sohn auf, um als ihr nahster Verwandter für oder gegen die neue Königin zu sprechen, wie es Sitte ist.“
Oronêl musste ganz am Rande der Menge gestanden haben, denn es dauerte einige Zeit, bis er bei Thranduils Ruhestätte angekommen war. Soweit Kerry es erkennen konnte, wirkte er eher unbehaglich und schien nicht sonderlich froh darüber zu sein, aufgerufen zu werden.
„König Thranduil war mein Vetter, denn wie er stamme ich aus Lenwes Sippe,“ sagte Oronêl mit klarer Stimme. „Als nächster Verwandter Faerwens will ich nur so viel sagen: Das Vertrauen, das ihr Vater in sie gesetzt hat, ist gerechtfertigt. Sie wird euch eine ausgezeichnete Königin sein.“
Oronêl trat beiseite und geriet aus Kerrys Sichtfeld. Stattdessen nahm nun erneut Galanthir das Wort. „Hier steht Tharandís Faerwen Lenweriel vor euch, Elben des Grünwaldes. Soll sie Königin sein und über das Waldlandreich herrschen?“
Anstatt einer verbalen Antwort legten beinahe alle anwesenden Elben ihre rechte Hand auf ihre linke Schulter.
„Dann sei es so. Faerwen, die erste ihres Namens, Königin des Waldlandreiches!“
Einige der Elben brachen in Jubel aus, doch dann zerstreute sich die Menge rasch. Kerry blickte sich nach Oronêl um, denn etwas sagte ihr, dass sie so bald wie möglich mit ihm sprechen sollte, obwohl sie nicht genau wusste, weshalb. Es kam ihr so vor, als würde sie nicht mehr viel Zeit haben. Doch ehe sie ihn entdeckt hatte, berührte eine Hand ihren Rücken und ließ sie herumfahren.
Vor Kerry stand die Königin der Waldelben. Ihre silberne Pracht und ihre entschlossene Miene jagten Kerry eine solche Ehrfurcht ein, dass sie erneut auf die Knie gegangen wäre, wenn Faerwen sie nicht zurückgehalten hätte.
„Das sind nun wirklich genug Ehrerbietungen gewesen,“ sagte sie - mit Finelleths belustigter Stimme.
„Aber... du bist jetzt eine Königin,“ erwiderte Kerry - ehe sie sich hastig korrigierte. „Ich meine natürlich... Ihr seid jetzt eine Königin, ähm... Euer Gnaden.“
„Kerry! Das reicht. Ich bin immer noch deine Freundin, auch wenn ich jetzt etwas mehr Verantwortung habe. Sieh mir in die Augen.“
Kerry tat wie ihr geheißen und hielt Faerwens Blick stand. Ein gütiges Lächeln lag auf den Lippen der Königin, gemischt mit einem traurigen Ausdruck in den Augen. Und da wusste Kerry, dass Faerwen - dass Finelleth - eine sehr gute Königin abgeben würde.
„Du hast an Selbstvertrauen gewonnen,“ stellte Kerry fest, ehe sie bemerkte, dass sie laut nachgedacht hatte.
„Ich wünschte, der Preis wäre nicht so hoch gewesen,“ erwiderte Faerwen. „Aber du hast recht. Ich weiß, wer ich bin, und was noch viel wichtiger ist - ich weiß, was meine Aufgabe ist. Und ich weiß, dass ich ihr gewachsen bin.“
„Das ist wirklich gut,“ meinte Kerry. „Ich kann es noch immer nicht ganz glauben, dass aus jemandem, der es gehasst hat, als Prinzessin bezeichnet zu werden, eine so... naja, ernsthafte Königin geworden ist.“
„Treib es lieber nicht zu weit, meine Liebe,“ sagte Faerwen und hob den Zeigefinger. „Ich habe nun genügend Befehlsgewalt, um dich überall zu erwischen, ganz egal wo in Mittelerde du dich auch versteckst.“
Und da wurde es Kerry klar, dass Finelleth doch nicht ganz verschwunden war. Trotz allem, was geschehen war, hatte ihre Freundin ihren Sinn für Humor tief in ihrem Inneren beibehalten, was Kerry sehr erleichterte.
„Ich verstehe schon,“ gab sie zurück. „Noch ungefähr eine Woche, dann wirst du mich wegen unschicklichem Betragen aus dem Palast werfen, ich seh‘s kommen.“
„Kerry! Das würde ich niemals tun,“ sagte Faerwen und gestattete sich ein kurzes, helles Lachen. „Allein schon deshalb, weil ich viel zu beschäftigt sein werde. Es gibt... so viel zu tun.“
„Du kriegst das hin, das weiß ich genau,“ sagte Kerry aufmunternd. Sie nahm die Hände der Königin und drückte sie. „Du wirst eine ganz wunderbare Herrscherin sein. Versprich mir, dass du dir niemals etwas anderes einreden lassen wirst.“
„Ich verspreche es dir, Kerry. Wohin dich deine Reisen auch führen werden... du wirst bei meinem Volk jederzeit willkommen sein.“
„Danke,“ hauchte Kerry, die sich wunderte, weshalb Faerwen plötzlich solche Dinge sagte, die nach Abschied klangen. Eigentlich hatte sie sich darauf gefreut, etwas Ruhe und Frieden in den Hallen des Waldlandreiches zu verbringen, auf Mathan zu warten und mit ihm gemeinsam den Rückweg nach Eregion anzutreten.
„Nun geh schon,“ sagte Faerwen sanft. „Am Ostrand der Lichtung wartet jemand auf dich. Es scheint dringend zu sein...“
Oronêl! schoss es Kerry durch den Kopf. Ich hoffe, ich komme nicht zu spät... Hastig umarmte sie Faerwen und eilte dann in Richtung Osten davon.

Die untergehende Sonne blendete Kerry, weshalb sie zunächst nur eine hochgewachsene Gestalt erkennen konnte, die am Rande der Lichtung und fernab des Trubels bei Thranduils Grab stand. Umso überraschter war sie daher, als sie der Sonne den Rücken zuwendete und anstatt Oronêl einen jungen Mann in einem grauen Mantel vorfand.
„Hallo, Kerry,“ sagte Helluin leise. In seinen tiefblauen Augen standen Zweifel und viele, viele Fragen. Fragen, vor denen Kerry Angst hatte.
„Ach, du bist das,“ stieß sie hervor.
„Hast du jemand anderen erwartet?“
„Ehrlich gesagt schon. Was... was willst du?“
„Ich... wollte mich verabschieden. Ich habe endlich erkannt, dass mein Platz niemals an Sarumans Seite war. Und auch nicht in Arnor, bei meinem Volk. Also werde ich... werde ich gehen, und ihn suchen.“
„Wohin?“ fragte sie nur.
„Fort von allem, was mir bekannt ist,“ antwortete der junge Dúnadan und deutete nach Osten. „Ich weiß nicht, wohin das Schicksal mich verschlagen wird. Vielleicht in die Eisenberge, zu den Festungen der Zwerge. Oder ins geheimnisvolle Land der Ostlinge jenseits des Celduin. Vielleicht aber auch sogar noch weiter nach Osten, in Länder voller Mythen und Legenden...“
Kerry wusste nicht recht, wie sie darauf reagieren sollte. Helluin schien eine Antwort von ihr zu erwarten - vielleicht hoffte er sogar darauf, dass sie ihn von seinem Vorhaben, ins Exil zu gehen, abhielt. Doch das konnte sie nicht.
„Ich... bin froh, dass du nicht länger Saruman dienst,“ sagte sie leise. „Das ist alles, was ich dazu zu sagen habe.“
Helluin blickte zu Boden. „Ich verstehe,“ antwortete er. Dann hob er den Kopf und suchte Kerrys Blick. „Dann werde ich gehen und versuchen, mich selbst und meinen Platz in der Welt zu finden. Und vielleicht... vielleicht werden wir uns wiedersehen, wenn ich ihn gefunden habe.“
„Vielleicht,“ meinte Kerry. Mehr konnte sie ihm nicht versprechen, denn ihr Herz ließ es nicht zu. „Bitte... pass dort draußen einfach auf dich auf.“
„Ich komme schon zurecht. Ich habe ein Schwert und einen Bogen... das genügt mir.“
Ehe Kerry etwas sagen konnte, machte Helluin einen Schritt auf sie zu und umarmte sie - nur für einen flüchtigen Moment. Dann wendete er sich ab und ging langsamen Schrittes los. Direkt nach Osten lief er, und blickte nur ein einziges Mal zurück. Dann verlor Kerry ihn aus den Augen.

Es war inzwischen Nacht geworden, als Kerry zum Heerlager zurückkehrte. Viele Elben waren bereits zu ihren Hallen im Waldinnern aufgebrochen. Der Grabhügel Thranduils war mit Erde bedeckt worden und man hatte einen großen Stein darauf aufgestellt, in den elbische Runen eingegraben worden waren, die Kerry im Dunkeln nicht entziffern konnte. Sie hielt Ausschau nach ihren Freunden, bis sie einige Minuten später schließlich Celebithiel und Glorfindel über den Weg lief.
„Wir brechen bald zu Faerwens Hallen auf,“ sagte Glorfindel.
„Kommst du mit uns?“ fragte Celebithiel.
„Ich denke schon, aber... wo ist denn Oronêl?“ wollte Kerry wissen, die erneut eine innere Dringlichkeit verspürte.
Die beiden Hochelben tauschten einen vielsagenden Blick aus. „Du weißt es nicht?“ fragte Glorfindel.
„Was weiß ich nicht?“
„Das solltest du direkt von ihm erfahren,“ sagte Celebithiel. „Eile dich! Du findest ihn am Eingang des Waldpfades, südwestlich von hier.“
Kerry bedankte sich und hastete los, die Lichtung im Eiltempo überquerend. Dort angekommen stieß sie mit einem elbischen Gardisten zusammen, der plötzlich vor ihr aufgetaucht war, und schlug der Länge nach hin.
„Seid Ihr verletzt, junge Dame?“ fragte der Elb und half ihr auf.
„Wo ist Oronêl? Ist er hier?“ fragte Kerry atemlos.
„Herr Oronêl spricht mit der Königin. Ich denke nicht, dass Eure Anwesenheit erwünscht...“
„Tut mir wirklich leid, aber das kann nicht warten!“ Kerry schlüpfte unter den Armen des Gardisten hindurch und erreichte die Stelle, an der einer der Pfade durch den dichten Wald begann. Und tatsächlich stand dort Oronêl, der sein Gepäck geschultert hatte und hatte Faerwens Unterarm mit seiner Hand umschlossen - ein Kriegergruß, wie er ihn mit Mathan oft ausgetauscht hatte.
„Wartet! Was geschieht hier? Oronêl, gehst du fort?“ Kerry blieb keuchend neben den beiden Waldelben stehen.
Oronêl blickte betroffen drein. „Ich hatte gehofft, dies vermeiden zu können,“ sagte er.
„Meine kleine Ablenkung hat offensichtlich versagt,“ meinte die Königin, die eher belustigt als betroffen wirkte.
„Ablenkung? Wie bitte? Was geht hier vor?“ Kerrys Herz schlug ihr bis zum Hals und ihre Verwirrung wuchs mit jeder Sekunde.
Oronêl ließ Faerwens Arm los und ergriff Kerrys rechte Schulter. Seine Berührung war beruhigend, doch als Kerry seine Augen sah, in denen sich das Licht der Sterne spiegelte, wusste sie, dass die Lage ernst war. Oronêl hatte etwas vor - etwas, das ihr überhaupt nicht gefallen würde.
„Ich werde jetzt gehen, Kerry,“ erklärte Oronêl ruhig und gefasst. „Ich wusste, dass du mir den Abschied nicht leicht machen würdest, deshalb hatte ich Faerwen gebeten, dich zu beschäftigen. Doch da du nun hier bist, lass mich dir Folgendes sagen: Ich bin sehr froh, dich kennengelernt zu haben und du hast mir vieles beigebracht - über mich selbst und über die Welt, in der wir leben. Doch dies ist das Ende. Meine Tage in Mittelerde sind nun begrenzt.“
„Wie bitte? Das kannst du doch nicht ernst meinen!“
Oronêl seufzte tief. „Ich meine es überaus ernst, Kerry. Ich kann einfach nicht mehr weitermachen. Mírwens Tod war nicht mehr als der Kieselstein, der diesen Steinschlag ausgelöst hat. Es hat sich seit Langem angebahnt. In Mittelerde gibt es nichts mehr für mich.“
„Du... du Feigling!“ rief Kerry und versetzte Oronêl zu ihrem eigenen Entsetzen eine saftige Ohrfeige. Erschrockene Stimme ringsum ertönten, dann wurde es wieder still. Oronêl hatte sich nicht gerührt und den Schlag tonlos hingenommen. „Du machst einen Fehler, Oronêl. Weglaufen ist keine Lösung, hörst du mich? Ich fasse es nicht, dass du dich nicht einmal von mir verabschieden wolltest, sondern dich mit einem billigen Trick davonstehlen wolltest!“ Sie war so sauer wie noch nie, und gleichzeitig verschwamm Kerrys Sicht, als sich ihre Augen mit Tränen füllten. Sie fühlte sich betrogen, als hätte Oronêl ihr Herz in zwei Teile zerrissen.
„Nein, Kerry. Ich habe lange nachgedacht, schon seit unserem Aufbruch aus Eregion - wenn ich ehrlich bin, sogar schon davor. Ich werde nach Dol Amroth gehen, meine Nachfolge regeln, und dann ein Schiff nehmen, das mich Westen bringen wird - zu Calenwen. Ich liebe sie noch immer, verstehst du das nicht? Ich habe nie aufgehört, sie zu lieben - trotz allem, was mit Mírwen geschehen ist. Und ich hoffe, dass sie auf mich wartet. Nein - ich weiß es. Ich bitte dich als dein Freund - mach das nicht schwerer, als es sein muss. Lass mich gehen.“
Kerry konnte nicht sprechen. Ihr Hals tat unglaublich weh, als er sich zuschnürte. Oronêl ließ ihre Schulter los und legte ihr die Hand auf die Wange. Sanft strich er ihre Tränen beiseite. In seinem Blick lag ein ebenso großer Schmerz wie der, den Kerry verspürte. Und doch... konnte sie ihn nicht einfach so gehen lassen.
„Wenn du gehen musst,“ stieß sie angestrengt hervor, „dann komme ich verdammt nochmal mit dir.“
Oronêl Augen weiteten sich - offenbar hatte er damit nicht gerechnet. „Das... das geht nicht, Kerry, ich gehe nach...“
„Ich weiß, wohin du gehst,“ knurrte sie. „Deshalb komme ich mit dir, so weit es geht, um dich davon zu überzeugen, dass deine Entscheidung falsch ist - wenn es sein muss, bis ans Ufer des großen Meeres. Du wirst mich schon fesseln müssen, um zu verhindern, dass ich dir folge.“
„Oh, Kerry,“ erwiderte Oronêl, und sein Gesicht zeigte eine Mischung aus tiefer Traurigkeit und belustigter Resignation. „Eines Tages wird dich deine Sturheit noch in große Schwierigkeiten bringen.“
„Ich weiß, dass ich recht habe, Oronêl,“ erwiderte sie unnachgiebig.
Da lachte Faerwen hinter ihnen - laut und glockenhell. „Ihr beiden seid unmöglich,“ sagte sie. „Wärt ihr im selben Alter, würde ich euch ja empfehlen, einfach zu heiraten, aber...“
„Ich zweifle gerade etwas an deiner Tauglichkeit zur Königin, Euer Majestät,“ gab Oronêl trocken zurück.
„Ihr seid hier in meinem Reich, was mir hier die Befehlsgewalt gibt. Deswegen sage ich: Ihr reist gemeinsam, zumindest bis nach Rohan. Dort angekommen wird Kerry sich entscheiden müssen, ob sie weiter mit dir nach Dol Amroth geht, oder nach Westen abbiegt, um rechtzeitig zur Geburt ihres Geschwisterchens nach Eregion zu kommen. Das ist übrigens ein Befehl.“
Weder Oronêl noch Kerry waren vollständig zufrieden mit dieser Entscheidung, doch es wurde sehr schnell deutlich, dass Faerwen keine Widerrede dulden würde. „Also gut,“ gab sich Oronêl geschlagen. „Ich werde dich mitnehmen, Kerry, aber nur, wenn du versprichst, mehr als ein Gesprächsthema neben dem meiner Entscheidung zu haben.“
„Na schön, ich verspreche es,“ sagte Kerry, der inzwischen ein neuer Gedanke gekommen war. Faerwen hatte von Rohan gesprochen - Déorwyns einstiger Heimat. Ein Teil von ihr war gespannt darauf, es wiederzusehen und zu erfahren, was daraus geworden war. Und soweit sie wusste, lag Hochborn auf dem direkten Weg nach Dol Amroth...

„Nun heißt es also endgültig Abschied nehmen,“ sagte Faerwen wenige Minuten später. Kerry hatte ihr Gepäck so rasch wie möglich herbeigeholt und sie und Oronêl waren zum Aufbruch bereit.
„Mögest du dein Reich und den Volk weise und gerecht führen, nethel,“ sagte Oronêl andächtig.
„Und mögest du deinen Frieden finden, gwador - ob nun in dieser Welt, oder im Westen,“ erwiderte Faerwen.
Oronêl umarmte die Königin und legte seine Stirn für einen Moment an ihre. „Gedenke der Worte deines Vaters,“ hörte Kerry ihn wispern, dann lösten sich die beiden Elben voneinander.
„Und dir, Kerry, habe ich ja bereits gesagt, dass du hier immer willkommen sein wirst. Bitte pass auf dich auf, auf deinen Abenteuern. Mögen die Sterne über dich wachen.“
Kerry schloss Faerwen in eine lange und enge Umarmung. „Ich werde dich vermissen, Finelleth,“ hauchte sie, erneut den Tränen nahe. Mehr brachte sie nicht heraus.
Sie verabschiedeten sich ebenfalls von Glorfindel und Celebithiel, die zunächst im Waldlandreich bleiben würden, ehe sie nach Imladris zurückkehren würden, um Mírwen in ihrer Heimat zur Ruhe zu betten. Und dann war der Moment gekommen. Gefolgt von Kerry betrat Oronêl den Pfad ins Innere des Düsterwaldes, in Richtung Süden gehend.

Mehrere Minuten gingen sie schweigend durch die laue Nachtluft hindurch, ehe Oronêl ohne sich umzudrehen das Wort nahm.
„Weißt du was, Kerry?“
„Hmm?“
„Du bist ein wahres Ärgernis.“
„Pfft. Und du bist ein Feigling.“
Oronêl lachte. „Vermutlich habe ich das verdient. Es tut mir Leid, dass ich mich einfach so davonschleichen wollte.“
„Ich hoffe, es tut dir noch immer Leid, wenn du in Valinor sitzt und dir wünschtest, du wärest nicht gegangen.“
Das entlockte Oronêl ein resignierendes Seufzen. „Ich sehe schon, du wirst mir mit dem Thema keine Ruhe lassen... und dennoch ist ein Teil von mir froh, dass du bei mir bist, Kerry.“
„Ehrlich?“
„Nicht übermütig werden. Ich sagte, ein Teil von mir.“
„Ich glaube, das genügt mir für‘s Erste,“ sagte Kerry und lächelte in sich hinein.
„Komm, wir sollten unsere Schritte ein wenig beschleunigen,“ meinte Oronêl. „Es gilt, das Heer der Weißen Hand zu überholen und so bald wie möglich ins Anduin-Tal zu gelangen. Südwestlich von hier gibt es einen Ort, an dem ein Zauberer lebt. Ich denke, das wäre ein guter erster Zwischenstopp für uns beide.“


Oronêl und Kerry zu den Pfaden des Düsterwaldes

Tauriel?:
Die Wellen verzerrten die Wasseroberfläche. Wieder fiel ein Tropfen hinunter und setzte neue Wellen in Bewegung. Ihr Gesicht war durchzogen von seichten Rinnsalen. Stumm flossen sie über die sanften Konturen ihrer Wange und tropften von dort in den Teich unter ihr. Sie wollte sie nicht wegwischen, denn diese Tränen waren nicht nur der Trauer wegen. Es war vorbei. Sicher war ihre Heimat nicht außer Gefahr, doch dieser Kampf war vorbei und die Opfer, die dafür gebracht worden waren, waren es wert beweint zu werden.
Eryniel saß am moosbewachsenen Ufer eines Teiches, der von gewaltigen Eichen umringt war. Bis jetzt hatte sie nicht weinen können, doch hier, wo nur der Wald sie, wie mit großen starken Armen zu umschließen schien, konnte sie es. Still, und mit angezogenen Beinen, blickte sie auf die Tränen, die Teil des Teiches wurden.
Es war soviel passiert. Wie konnte es wieder so werden wie zuvor? - vermutlich gar nicht. Vielleicht musste es das auch nicht, denn eins war sicher; im Waldlandreich war nun einiges anders. Der König war tot, Finelleth war jetzt Königin und der Einfluss Sarumans war gebrochen. Die Elben des Waldlandreiches waren wieder frei.
Ein neuer Gedanke schob sich in ihr Bewusstsein: Was nun? Sie hatten die Schlacht am Erebor zwar überlebt, doch der Einsame Berg, Thal und Esgaroth standen immer noch unter der Kontrolle des Feindes und stellten somit weiterhin eine unmittelbare Bedrohung dar. Zu diesem Zeitpunkt stand ein erneuter Angriff außer Frage – soviel war sicher.

Sie starrte immer noch auf die Wasseroberfläche, als sich eine weitere Silhouette neben ihr eigenes verzerrtes Spiegelbild gesellte. Sie hatte niemanden kommen hören. Es war ihr unangenehm, dass man sie so zerbrechlich sah, also wand sie sich ab.
Ein starker Arm wand sich um ihre Taille und zog sie zu sich hin. Eryniel werte sich nicht. Der Geruch, der offensichtlich männlichen Person, kam ihr vertraut vor, doch sie schaute nicht auf. Sie lehnte einfach an seiner Schulter und starrte weiter in das Wasser bis schließlich ihre Tränen versiegten und das Bild klarer wurde. 

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