Nachdem ich ab der ersten Stunde ein Verfechter von Conquest war, sich nach dem Release die negativen Meinungen aber häuften und ich auf der PS3 eines Freundes so ein paar Level gespielt habe, bin ich jetzt schlussendlich doch selber in den "Genuss" gekommen Conquest auf dem heimischen PC zu spielen.
Ich weiß, dass das Thema an sich schon laaaaange durchgekaut ist und dass Meinungsbekundungen kein neues Spiel hervorbringen. Trotzdem sind mir beim Spielen so manche Gedanken gekommen, die ich einfach gern aufschreiben würde.
Wem Conquest aus den Ohren raushängt, muss ja nicht mitlesen.
^^Tjaaa, das so heiß erwartete Conquest. Die Fans haben sich viel versprochen, als der Titel zum ersten Mal publik gemacht wurde. Von actiongeladenen Spielmodi war die Rede, riesigen Multiplayer-Schlachten und der bisher besten grafischen Umsetzung unserer Filmhelden.
Und ich finde in diesen Punkten kann man Conquest durchaus
ehren. Mir persönlich sagt es in dieser Hinsicht zumindest zu. Trotzdem fehlt irgendwie etwas. Der eingefleischte HdR-Fan kommt nicht drumrum, das fehlende Herzblut zu bemerken.
Der Teufel im Detail
Hier merkt man finde ich teilweise sehr deutlich, dass die Entwickler irgendwie an manchen Stellen sehr genau gearbeitet haben, dafür an anderen Stellen das Spiel
nur irgendwie zusammenschusterten.
Bestes Beispiel: Aragorns Elbendolch als Wurfwaffe ist eine wunderbare Idee und wird im Film ja auch so verwendet. Aber warum, warum zum Donnerwetter geben sie dann direkt jedem Krieger eine Wurfaxt?! Und ich rege mich hier nichtmal über die Wurfwaffe auf, sondern darüber dass es wirklich bei jedem Krieger eine Wurf
axt ist. Bei Rohirrim und den Orks kann ich es nachvollziehen. (Zwerge wären perfekt dafür, aber die gibt es ja leider nicht.) Bei den Gondorern, Haradrim und Uruk-Hai fängt es dann schon an seltsam zu werden, bei den Elben und Helden ist es einfach
völliger Blödsinn. Wieso zum Teufel konnten sie für die Nazgul keine Morgul-Wurfdolche machen?? Ich habe keine Ahnung...
Ein Detail, über dass sich wahrscheinlich nur Tolkien-Nerds und Lore-Master aufregen können (ich hab mir zumindest auf die Stirn klatschen müssen), war in der bösen Kampagne in Bruchtal, als die Orks Elrond die ganze Zeit den "Elbenkönig" nannten. Setzen, Sechs...
Naja, diese kleinen Dinger eben, die einem irgendwie während dem Spiel immer wieder auffallen und einen aus der Atmospähre reißen. Jeder wird da seine eigene Liste haben, mit so Sachen wie, das zu helle Helms Klamm, Saurons Mund mit Sarumans Stab
(Ernsthaft? Es war zu schwer selbst einen einfallslosen Stabknauf in Barad-Dûr-Form zu machen?...), das allgemein verrückte Aussehen der Gegenstände
(Goldene Krone von Minas Tirith?! Der Orthanc-Schlüssel im passenden Stab-Design: Weil sogar Sarumans Kloschüssel schwarz und zackig ist...) oder Legolas' viel zu feminin klingende Stimme.
Selbst mit minimaler Recherche hätten so Sachen einfach nicht sein müssen.
Godfather of Fantasy
Mir ist ja klar, dass "Der Herr der Ringe" die moderne Fantasy-Literatur mitbegründete. Trotzdem hat sich das allgemein
Verständnis von Fantasy einfach zu sehr auseinanderentwickelt. Weitere Ideen sind dazugekommen, andere haben alte Grundsätze ausgeweitet oder verändert. Kurzum:
Zu viele Magier verderben den Mittelerde-Brei!
Nennt mich traditionell, aber ich kann einfach nicht anders als mit den Augen zu rollen, wenn ich die Rohan-Magier sehe. Von den Ork-magiern will ich gar nicht erst anfangen (Um genau zu sein, werd ich sie ab sofort nur noch als
fetter hässlicher Mordorzauberer bezeichnen)! Das ist für mich Standard-Fantasy-Kram, der einfach nicht in eine so komplex durchdachte Welt wie die von HdR gehört. Die Technik
"Ich flüster mal eben das Wort Fulumba
und mein Gegner wird gegrillt." funktioniert hier nicht so einfach. Und in meinen Augen ist es auch durchaus möglich, Ersatz zu finden.
Der fette hässliche Mordorzauberer ist doch der aus der SEE-DVD bekannte Orkinspektor. Warum konnte man ihm nicht einfach eine Peitsche in die Hand drücken und ihn Geschwindigkeits-Boni auf umliegende Soldaten wirken lassen? Verdammt, die Peitsche hätte mit einer extralangen Reichweite sogar ein Pendant zum Blitzangriff bieten können. Oder die von dem Antreiber geweckte Raserei lässt die Orks nicht mehr auf Pfeilwunden achten und Zack, fertig ist der passende unmagische Schutzschild.
Dabei wäre es sogar noch einfacher gewesen, wenn man zumindest die Zauberei bei den guten Armeen nur den Elben überlassen hätte und bei Mordor nur Kultisten aus Harad/Rhûn. Von den einen wissen wir über die magische Begabung bescheid, von den anderen können wir es wenigstens vermuten.
Trotzdem denke ich, dass einfach volksspezifische Support-Einheiten mit unterschiedlichen Eigenschaften besser gewesen wären. Schamanen (meinetwegen magisch, aber nicht mit Blitzen und Energiekugeln), Trommler, Antreiber, Bannerträger; um nur ein paar spontane Ideen zu nennen...
Noch eine kleine seltsame Fantasy-Marotte: Die vielen Sprengbomben.
Hey, jaaa, das sind doch die Bomben die Saruman in seinem Turm hergestellt hat und auf welche die Rohirrim komplett unvorbereitet waren! Die scheinen ja nach der Schlacht ein echter Verkaufsschlager geworden zu sein. Jeder Bandit (Und einige Helden, grmbl...) trägt eine Mini-Version am Gürtel und alle Ballisten am Straßenrand haben einen unendlichen Vorrat davon.
Muss denn wirklich alles explodieren?!? Kann etwas nicht cool sein, ohne dabei in die Luft zu gehen? Es gibt nur einen bekannten Helden, zu welchem die Wurfaxt wirklich
perfekt gepasst hätte; Und was dachten sich die Entwickler: "
Neee, die Wurfaxt hat jetzt doch schon jeder Nahkämpfer!"
Ohne Worte...
(Ab)Wahl-Kampagne
Ich persönlich komme irgendwie nicht ganz dahinter, was für ein Gedanke hinter der Kampagne steckte. Mal ganz abgesehen davon, dass es viel zu wenig und teilweise einfach zu kurze Missionen sind, scheinen mir die Entwickler dabei irgendwie nicht ganz bei der Sache gewesen zu sein.
Die Gute Kampagne erzählt die Geschichte des Ringkriegs nur dürftig. Die Schlüssel-Schlachten aus den Filmen, Helms Klamm und Minas Tirith/Pelennor, verbreiten absolut keinerlei Filmfeeling. Zusätzlich sind neue Schlachten eingefügt, die eingebettet in der Geschichte einfach nur riesige Himmelfahrtskommandos gewesen wären (Klar, als ob Gondor mit ein paar Hundert Soldaten nichts besseres zu tun gehabt hätte, als Moria zu befreien...)
Moria ist meiner Meinung sowieso eine besondere Perle der miesen Entwicklung. Es schreit einem förmlich zu: "Hey, wir haben den pornorösen Balrog eingebaut und das pornoröse Moria nachgebaut, und jetzt stopfen wir euch das in die Kampagne rein, damit ihr es seht!!"
Ich versteh ja, dass die Handlung der Filme schon in einigen Videospielen umgesetzt wurde, aber verdammte Hölle! Das Spiel wird für Fans und Freaks von HdR gemacht. Diejenigen Leute, die sich die Filme zweihundersiebenundvierz
ig Mal angesehen haben und deswegen auch zweihundertsiebenundvier
zigmal die Schlacht auf dem Pelennor schlagen wollen. Das System funktioniert nunmal, warum es also ändern? Warum?...
Die Böse Kampagne zeugt zum Glück von etwas mehr Einfallsreichtum (wenn auch mit kleinen Aussetzern. Irgendwelche Orkbanden wollen also den Einen Ring für sich haben, ja?...) Allerdings finde ich die
Ereiferung diesbezüglich auch irgendwie unheimlich.
Ein Trailer hatte den Slogan "It's good to be
bad", die Producer warben damit dass
endlich die Bösen gespielt werden können, die Kampagne beginnt mit dem Versagen und Erschlagen eines schwachen Hobbits und endet damit, dass er Spieler das Auenland niederbrennt, während er Hobbits die Zähne aus dem Gesicht tritt und Ents...
Wiebitte was?!
Ernsthaft, ich musst schon schwer schlucken, als ich im letzten Level mit einem Uruk-Bogenschützen in ein Getümmel geriet, eine Hobbitfrau plötzlich vor mir auftauchte, ich aus Reflex F drückte und der Uruk daraufhin seinen Fuß in das Gesicht der Hobbitdame rammte, woraufhin diese mehrere Meter nach hinten flog.
Irgendwie hört gute Unterhaltung da für mich auch schon auf. Die ganze böse Kampagne scheint sicht echt auf dieses Finale zuzuspitzen.
"Haha, endlich kann man mal Hobbits zu Klump treten und auf ihre heile perfekte Welt p***en."Das Ende der bösen SuM1-Kampagne hatte etwas Epochales. Die weiße Stadt wurde erstürmt. Die Menschen des Westens liegen erschlagen auf dem Schlachtfeld. Der Balrog erscheint auf der höchsten Ebene und zerstört den Turm von Ecthelion... Der letzte Hoffnungsträger der Welt wurde geschlagen.
In Conquest beendet man seinen Siegeszug damit, dass man Bauern zusammenprügelt...
Wiedererkennungswert
Darauf sollte ein Spiel über die HdR-Filme ja aufgebaut sein, um die Fans am besten anzusprechen. Conquest hat 90% aller optischen Möglichkeiten genutzt und den Rest scheinbar bequem die Toilette runtergespült.
Sowas finde ich einfach schade. Man sieht die Einheit, erkennt ihren Sinn, aber trotzdem sieht sie nicht so aus wie man sie eigentlich kennt. Ein Beispiel von den Pelennor-Feldern. Jeder erinnert sich doch sicherlich an die rhûnischen Bogenschützen und die Haradrim-Nahkämpfer aus dem Film, nicht wahr?... Oder die Uruk-Berserker: Wie kam SuM nur darauf, dass sie Zweihänder schwingen sollten?...
Ist noch jemandem aufgefallen, das es im Spiel keine
richtigen Gondorsoldaten gibt? Also diejenigen, die wir aus der Filmschlacht um Minas Tirith kennen, mit Plattenpanzern, spitz zulaufenden Helmen, schwarzen Wämsen, Schwert und Schild. Die eigentlichen
Soldaten in Conquest tragen einen blauweißen Wappenrock und offene Haare, ein Design das mir persönlich vorher unbekannt war. Am ehesten kommen die vom Spieler gesteuerten Krieger in Frage, doch abgesehen vom blauen Wams hat keiner von denen den
echten Gondorer-Soldatenhelm aus dem Film. Stattdessen gibt es den Helm der Vestenwächter und einen seltsamen spitzenlosen Helm. Die Einheiten sehen eher nach einem Lehenvolk aus...
Wieso die Computer-Soldaten überhaupt so viel anders aussehen mussten, verstehe ich ohnehin nicht. Zuerst (als ich nur die Kampagne gespielt hab) dachte ich, das soll dem Spieler im Coop erleichtern, die spielergesteuerten Einheiten von den Ki-Einheiten zu unterscheiden. Dann aber merkte ich später in der Sofortmission, dass es die Computersoldaten da
garnicht gibt. Ich bin ratlos. Die Schlachten um Minas Tirith und Osgilliath hätten meiner Meinung nach schon seeehr viel besser angesehen, wenn man zumindest hauptsächlich gegen/mit normale(n) Gondorsoldaten gekämpft hätte.
(Gleiches gilt für die Axt-Uruks bei Helms Klamm) Scheinbar sah Pandemic das anders...
Auf der anderen Seite ist die Ähnlichkeit der Orksoldaten fast wiederum ein Problem. Ich kann es einfach nicht verstehen, wie man über fünf verschiedene Hobbit-Modelle für eine einzige Map machen kann, aber der Orksoldat, der im Film
immer anders aussah, hat einen einzigen Körper und ein paar unterschiedlichen Köpfe...
Gutes
Davon gibt es durchaus einige Sachen im Spiel, die nach demokratischem Willen nicht unter den Teppich gekehrt werden sollten.
^^Elrond ist mein absoluter Favouritenhelden. Sein Aussehen ist perfekt, seine Bewegungen sind mehr als elbisch und seine Spezialfähigkeiten sehen gut aus. Da wollten die Entwickler Hugo Weaving wohl ein kleines Dankeschön hinterlassen.
Genauso ist das Modell von Sauron meiner Meinung nach durchaus gelungen. Die Animationen sind nur größtenteils passend, ein dunkler Herrscher sollte einfach nicht
rennen.
Die Umsetzung von Saurons Mund ist mir ebenfalls sehr positiv aufgefallen (Abgesehen von dem Stab). Zum ersten Mal war er kein Nahkämpfer mit einem großen Schwert (Ist er in SuM2, Rückkehr des Königs und Das Dritte Zeitalter für GBA), sondern ein magiebegabter Gesandter, wie es eigentlich auch die meisten Buchquellen belegen. Also das fand ich schon bemerkenswert. Außerdem sieht sein "sprachgewaltiger" Nahkampfangriff irgendwie cool aus.
^^Manche Charaktermodelle wurden also richtig gut entwickelt.
An Maps ist mir irgendwie die Wetterspitze aus der Kampa sehr gut in Erinnerung geblieben. Das Gefühl einer großen Schlacht kam hier einfach richtig gut raus.
Und natürlich war es lustig, einfach mal wieder ein Herr der Ringe Spiel spielen zu können.
Das ist meine Meinung zu Conquest. Zusammenfassend kann ich eigentlich nur sagen, dass es zwar kein gutes Spiel ist, aber so richtig Schlecht ist es irgendwie auch nicht. Es hätte den Traum vieler HdR-Fans und Zocker wahr werden lassen können, aber am Ende ist es nur ein Traum geblieben.