Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Rohan
Aldburg - In der Stadt
Thorondor the Eagle:
Helluin wäre vor Schreck fast erstarrt als er in das Gesicht seines Verwandten blickte den er seit Kindestage immer als Onkel bezeichnete. Ehrfurcht und Schuld überkam ihn gleichermaßen aber auch ein wohliges Gefühl der Vertrautheit.
„Wenn ich Éowyn darum bitte... wird man dich freilassen“, sagte Aragorn.
„Glaubst du das wirklich? Auch die Rohirrim habe ich verraten und die Elben. Sie werden mich verurteilen.“
„Vergebung ist etwas, dass man sich verdienen muss“, bei diesen Worten blickte er zu seiner dunkelhaarigen Begleiterin Aerien „Nicht wahr?“
Sie nickte sachte.
„Aber das werden wir, du und auch ich.“
„Was müssen die Menschen dir vergeben?“
„Viele Menschen habe ich in den sicheren Tod geführt. Sie sind mir gefolgt in dem Vertrauen, dass ich alles zum Guten wenden kann.“
„Ja, sie sind dir aber aus Überzeugung gefolgt.“
„Und dir aufgrund eines verderbten Zaubers. Ich stelle mir die Frage was wohl schlimmer ist“, entgegnete der König und in diesem Moment lies Aragorn durchblicken, dass ihm manche seiner Fehlentscheidungen sehr zu schaffen machten.
„Alle die in diesem Krieg gefallen sind, haben es für die Hoffnung getan. Die Hoffnung die du ihnen gegeben hast und ihnen noch immer gibst. Sie werden dir folgen, König Elessar.“
„Wirst auch du das tun?“
Dankbar, aber immer noch leicht beschämt wegen seiner Vergangenheit, stimmte Helluin nickend zu.
Aragorn reichte seine rechte Hand durch die Gitterstäbe und legte sie behütend auf seinen Hinterkopf: „Wir, aus dem Hause Isildur, werden die uns auferlegte Aufgabe zu Ende bringen. Wohin es uns auch führt. Ohne das zutun von Saruman wärst du ein würdiger Nachfolger geworden.“
„Mein Herr Aragorn!“, sagte nun ein älterer Gardist vom Treppenabsatz.
„Ja, Gamling?“
„Die Königin und Gandalf, sie erwarten euch in den oberen Quartieren.“
„Natürlich, ich komme sofort“, er wandte sich an Aerien „würdest du einen Augenblick hier bei Helluin bleiben? Ich werde gleich wieder hier sein.“
„Ja“, antwortete sie kurz.
Sie sahen beide dem König hinterher bis er verschwand. Ein unangenehmes Schweigen lag im Raum, als sich ihre Blicke aber trafen, begann Helluin zu fragen:
„Wie bist du nach Mordor gekommen um meinen… den König zu retten?“.
„Ich.. nun ich war im dunklen Turm und…“
„Warst du auch eine Gefangene?“, fragte der junge Dúnadan. Sie nickte sehr zaghaft.
„Du siehst aus wie eine der Dunedain, aber ich kenne dich nicht obwohl wir ungefähr gleich alt sind“, stellte er noch fest.
„Ich bin ebenfalls numenorischer Abstammung, aber nicht aus dem Norden“, bestätigte sie.
Helluin bemerkte, dass sie nicht näher ins Detail gehen wollte und unterlies es weiter zu fragen. Er warf einen flüchtigen Blick zur Treppe, aber niemand war zu sehen und es gab auch kein Anzeichen, dass bald jemand kommen würde.
Plötzlich musste Aerien niesen. Helluin sah ihr zu wie sie sich mit einem schmutzigen Tuch über die Stubsnase strich.
„Diese Kerry, wer ist sie?“, fragte nun Aerien.
„Ein Mädchen, nunja viel eher eine junge Frau.“
„Ein Mensch?“, fragte sie überrascht „Also gibt es auch solche unter den Dunedain…Und sie verfügt über mächtigere Zauber als der Weiße?“
Helluin musste lächeln, als er sich das blonde, naive aber gutherzige Mädchen als Zauberin vorstellte: „Nein, sie kommt aus Rohan und der vermutlich einzige Zauber den sie beherrscht ist ihre herzliche und entwaffnende Art.“
Aerien lächelte zurück und ihre Augen begannen zu glänzen: „Ich kenne dieses Gefühl Geborgenheit in einem einzigen Blick zu finden, Zuneigung in einer unbedeutenden Bewegung und Liebe durch bloße Anwesenheit.“
„Vermisst du deine Familie?“, fragte der junge Mann und mit diesen Worten verschwand das Glitzern in ihren Augenwinkeln und ihr Blick trübte sich.
„Nein, ich habe keine Familie mehr.“
„Das tut mir leid, jetzt bist du traurig wegen mir.“
„Nein nein, schon gut. Ich habe an meine gute Freundin gedacht und ihre Familie. Sie haben mich in ihre Mitte aufgenommen, obwohl sie um meine Vergangenheit wissen.“
„Da hast du großes Glück“, er wandte seinen Blick von ihr ab zum Boden „Hoffentlich macht das auch meine Familie.“
„Ich bin mir ganz sicher, Aragorn hat dir bereits verziehen, also werden es die anderen wohl auch tun“, machte Aerien ihm Hoffnung.
„Bei den Elben und Rohirrim hoffe ich dies auch, aber bei den Dunedain wäre ich mir da nicht so sicher. Verrat ist seit dem Untergang Numenor’s das wohl schlimmste Verbrechen. Den Verrätern wurde ihre Tat nie vergeben.“
Das junge Mädchen biss sich auf die Lippen, Helluin bemerkte, dass sie hin und her überlegte. Bis eine Frage nahezu aus ihr herausplatzte: „Ich habe von den abtrünnigen Königen gehört, sie folgten Sauron stimmts?“
„Ja, sie verrieten die Herren und die Elben des Westens und brachten dem blühenden Reich der Menschen den Untergang. Nur die Getreuen, jene die zu den Valar und den Elben des Westens standen, wurden verschont.“
„Zu denen du auch gehörst?“
„Ich bin einer ihrer Erben, so wie alle Dunedain des Nordens“, antwortete er kurz „Zumindest war ich einer von ihnen.“
Aus Rücksicht fragte Aerien nicht weiter, obwohl man ihr die Neugier ansah: „Mach dir keine Sorgen Helluin, oft waren die Zeiten schon trostloser und doch erreicht man irgendwie und irgendwann wieder sein Ziel. Du wirst sehen.“
Er bedankte sich bei ihr für die aufmunternden Worte.
„Erzähl mir von deiner Mutter, Aragorn hat sie…“
Plötzlich hörte man am oberen Ende der Treppe Schritte mehrerer Personen und das Gespräch versiegte. Aragorn kam die Treppe herunter gefolgt von Gandalf. Beide musterten den Gefangenen und ihre Begleiterin.
„Ich habe gute Neuigkeiten“, begann Aragorn das Gespräch „Königin Éowyn ist meiner Bitte dich freizulassen nachgekommen.“
Helluin war sehr erleichtert.
„Aber, sie hat es an Bedingungen geknüpft: Du sollst dich in Aldburg und im ganzen Land bedeckt halten und dich nicht der Öffentlichkeit zeigen bis wir Rohan verlassen. Auch das war Bedingung. Du musst Gondor und seinen Verbündeten die Treue schwören.“
„Natürlich“, willigte Helluin ohne weiter nachzudenken ein.
„Diese Nacht wirst du wohl noch hier verbringen, aber morgen schon kannst du in unser Quartier übersiedeln. Wir werden nicht mehr allzu lange in Aldburg verweilen.“
„Ich danke dir, Onkel.“
Er schaute kurz zu Aerien, dann wieder zu Helluin: „Ich bin froh, dass es dir gut geht und ich hoffe bei deiner Mutter ist es ebenso.“
„Das hoffe ich auch.“
„Aerien, du kannst gerne noch etwas hierbleiben, aber eine ausgedehnte Nachtruhe würde dir nach deinen Erlebnissen sicher auch guttun.“
Ihre Reaktion lies Helluin vermuten, dass sie sich nicht gerne bevormunden lies, aber sie tat es trotzdem. So wie es die Kinder des Nordens lernten, so lernten es offensichtlich auch die Kinder Gondors.
Eandril:
Nachdem Aerien ohne ein Wort verschwunden war, hatte Narissa noch eine Weile mit Éowyn gesprochen, doch auch die Königin hatte sich schon recht bald entschuldigt. Weder Aerien noch Aragorn oder Gandalf waren wieder aufgetaucht.
"Hier alleine herumzusitzen hat auch keinen Sinn", sagte Narissa zu sich selbst. Sie kümmerte sich nicht weiter um die Unordnung, die ihre Mahlzeit auf dem Tisch hinterlassen hatte, und trat aus der Nebenkammer hinaus in die große Halle. Dort war es menschenleer, und die Feuer an den Seiten waren zu schwacher Glut in sich zusammengefallen. Trotz des schwachen Lichts fand Narissa den Ausgang ohne Probleme, doch als sie durch die hohe Tür hinaustreten wollte, wäre sie beinahe mit zwei undeutlich zu erkennenden Gestalten zusammengeprallt.
"Oh. Entschuldigung", sagte die erste der beiden Personen mit weiblicher Stimme. "Ich hätte nicht gedacht, dass um diese Zeit noch jemand den Palast verlässt."
"Ist etwas geschehen?", fragte die zweite Person, ein Mann, und Narissa hatte das Gefühl, neugierig beobachtet zu werden. "Ich glaube, ich habe euch noch nie hier gesehen. Wer seid ihr überhaupt?"
Narissa machte einen Schritt zurück in die Halle, denn der Wind, der durch die geöffnete Tür gefahren war, hatte sie unsanft daran erinnert, wie kalt es in diesem Land war, und sie sehr schnell von ihrem Vorhaben abgebracht, sich Aldburg bei Nacht anzusehen. Die beiden anderen traten ebenfalls über die Schwelle, und streiften ihre Kapuzen ab. Hier war es ein wenig heller, sodass Narissa besser erkennen konnte, mit wem sie zusammengestoßen war. Die kleinere der beiden war ein blondes Mädchen, das vielleicht einige wenige Jahre jünger als Narissa war. Der Mann schien ein wenig älter zu sein, hochgewachsen mit rabenschwarzen Haaren.
"Wir haben uns nicht vorgestellt", stellte der Mann fest, und deutete eine Verbeugung an. "Mein Name ist Amrothos von Dol Amroth, und dies ist Irwyne von..." "Nirgendwo", fiel ihm seine Begleiterin ins Wort, und warf ihm einen strengen Seitenblick zu. "Hör' endlich auf damit."
Narissa betrachtete beide neugierig. Offenbar würde sie sich doch nicht langweilen müssen. "Dol Amroth sagtet ihr? Dann kommt ihr aus Gondor?"
"Allerdings. Mein Vater entsandte mich nach Aldburg, um die Bande zwischen unseren Völkern aufrecht zu erhalten - und um mehr über die Lage in Rohan in Erfahrung zu bringen."
"Euer Vater? Das heißt..." Amrothos lächelte, beinahe ein wenig schüchtern. "Mein Vater ist Fürst Imrahil von Dol Amroth."
Narissa nickte langsam. "Dann... kennt ihr vermutlich einen Edrahil? Ihr wisst schon, ein finsterer, alter Kerl, immer am Pläne schmieden und bekommt immer seinen Willen?"
"Natürlich kenne ich Edrahil, aber er ist... in Harad", schloss Amrothos, und betrachtete Narissa mit ganz neuem Interesse. "Wir sollten nicht einfach hier herumstehen", sagte er schließlich. "Ganz davon abgesehen, dass es nicht besonders höflich ist, ist es hier auch nicht sonderlich gemütlich. Wir haben zwei Zimmer im Westen des Palasts, vielleicht möchtet ihr euch uns anschließen? Ich bin sicher, wir hätten das ein oder andere Interessante zu bereden."
Narissa überlegte einen Augenblick, dann nickte sie. Aerien würde sie schon finden, und so würde sie zumindest im Palast bleiben.
"Gut. Ich komme mit."
Der Prinz von Dol Amroth bewohnte eine kleine Zimmerflur, die aus drei Räumen bestand. Zu beiden Seiten lagen die kleinen Schlafkammern, während im mittigen Raum ein kleines Feuer im Kamin brannte und mit Fellen belegte Bänke entlang der Wände standen. Amrothos schürte ein wenig das Feuer im Kamin und legte Holz nach, bevor er mit eine einladender Geste auf die Bänke deutete. Narissa setzte sich, möglichst nahe an den Kamin, während Amrothos auf einem kleinen Tisch einen Krug und zwei tönerne Becher entdeckt hatte. Er nahm den Deckel vom Krug, roch daran und lächelte dann zufrieden.
"Aufs Bierbrauen verstehen sich die Rohirrim deutlich besser als wir in Gondor", kommentierte er, füllte die Becher und streckte einen davon Narissa entgegen. Sie nahm ihn, und meinte: "Ist es nicht ein wenig unschicklich für einen Prinzen, den Diener zu spielen?"
Irwyne, die sich bereits auf die Bank Narissa gegenüber gesetzt hatte, kicherte leise, und Amrothos seufzte. "Manches wäre einfacher, wenn ich das nicht wäre - ein Prinz, meine ich. Und wo wir schon dabei sind: Wenn es euch nichts ausmacht, würde ich gern auf die Förmlichkeiten verzichten. In diesem Zimmer bin ich Amrothos, sonst nichts."
Narissa nickte, und nahm den Becher entgegen. "Ich habe ganz und gar nichts dagegen." Amrothos ließ sich neben Irwyne auf die Bank nieder, und als beide sie erwartungsvoll anblickten, fiel Narissa auf, dass sie sich überhaupt nicht vorgestellt hatte. Sie räusperte sich ein wenig verlegen. "Ich heiße Narissa. Und du hast schon richtig erkannt, ich komme aus Harad."
"Ich hatte mir die Haradrim ein wenig anders vorgestellt", meinte Irwyne, und zog die Nase kraus.
"Meine Familie ist númenorischer Abstammung", erklärte Narissa. "Vermutlich sehe ich deshalb den Menschen aus Gondor ähnlicher als denen aus Harad."
"Und was führt dich nach Rohan?", fragte Amrothos leichthin, doch Narissa entging nicht, dass seine grauen Augen sie besonders aufmerksam im Blick hielten. Der Prinz mochte offen und freundlich sein, doch er war offenbar kein Narr und wusste genau, dass Narissa irgendwie durch von Mordor besetztes Land gekommen sein musste.
"Wir... hatten einen geheimen Auftrag", begann Narissa vorsichtig, sich an Gandalfs Worte erinnernd. "Edrahil hatte uns von Harad aus entsandt, um... etwas vom Feind zurückzuholen. Und deshalb... sind wir jetzt hier."
"Uns?", fragte Amrothos.
"Meine... eine Freundin hat mich begleitet, und..." Narissa brach ab, und blickte Amrothos ins Gesicht. "Ich kann nicht sagen, was unser Auftrag war - zumindest noch nicht. Ich möchte auch nicht besonders gerne darüber sprechen, und wir haben es gerade erst alles Éowyn erzählt - der Königin, meine ich."
Amrothos entspannte sich sichtlich, nahm einen tiefen Schluck aus seinem Becher und reichte ihn dann an Irwyne weiter. "Nun, wenn Frau Éowyn Bescheid weiß, will ich für den Augenblick nicht weiter nachfragen."
"Was für eine Waffe war das?", fragte Irwyne plötzlich, und deutete mit einem Kopfbewegung in Richtung Narissas linker Gesichtshälfte. Narissa versteifte sich unwillkürlich, als sie begriff, wovon Irwyne sprach. Die meiste Zeit gelang es ihr inzwischen, ihre Narbe zu vergessen, vor allem wenn Aerien in der Nähe war. Dass Irwyne das Thema so unverblümt angesprochen hatte, hatte sie unangenehm daran erinnert. Irwyne musste ihr Unbehagen bemerkt haben, denn sie sagte: "Oh, ich wollte nicht unhöflich sein. Es ist nur so, ich versuche zu erkennen, welche Art Waffe welche Art Verletzung hervorgerufen haben kann. Oronêl hat eine Narbe ein bisschen weiter links, aber ziemlich anders. Bei dir sind die Ränder viel gleichmäßiger, aber sie ist so merkwürdig gebogen."
Narissa wusste nicht, ob sie beleidigt oder amüsiert sein sollte, entschloss sich allerdings für das letztere. Sie erinnerte sich daran, wie sie im Burj al-Nar versucht hatte, Aerien mit einer Zurschaustellung ihrer Narben am Körper zu verführen, und die Erinnerung besserte ihre Laune noch ein wenig mehr. "Es war ein Wurfstern", erwiderte sie schließlich. "Vor ein paar Monaten."
"Für ein paar Monate sieht das aber gut aus." Irwyne schlug die Beine übereinander, nippte einmal an ihrem Becher und fragte dann: "Wie ist das passiert? Ist der Stern von oben gekommen, oder von unten? Und..."
Amrothos unterbrach sie. "Irwyne... Narissa ist unser Gast. Ich habe sie etwas gefragt, du hast etwas gefragt, meinst du nicht, dass es gerecht wäre, ihr eine Frage zu überlassen?"
"Ich erzähle die Geschichte gern irgendwann", meinte Narissa, die sich allmählich immer für das Paar erwärmte. "Aber ich fürchte ich muss dich ohnehin enttäuschen, über die Geschichte mit dem Wurfstern weiß ich nicht viel - ich bin ziemlich schnell ohnmächtig geworden."
"Mhm", machte Irwyne. "Du hast sicherlich eine Menge erlebt in Harad."
"Erzähl uns etwas", ergriff Amrothos das Wort. "Du kennst Edrahil, hast du gesagt - wie bist du ihm begegnet?" Obwohl im Gesicht des Prinzen kein Misstrauen zu erkennen war, spürte Narissa, dass es sich hierbei um einen weiteren Test handelte. Also erzählte sie wahrheitsgemäß, wie sie Edrahil in Umbar getroffen hatte, als dieser Bajin aufgespürt hatte, wie Edrahil sie nach Aín Sefra geschickt hatte und sie ihm später auf Tol Thelyn erneut begegnet war. Als sie geendet hatte, nickte Amrothos.
"Bitte verzeih meine Neugierde, aber..." "... da ich den Grund für meine Anwesenheit hier geheim halten muss, erscheine ich wohl recht verdächtig?", beendete Narissa den Satz für ihn. "Aber morgen wird sich wahrscheinlich alles aufklären." Zumindest glaubte sie, dass Aragorn seine Anwesenheit in Aldburg vor einem so hohen Adligen aus Gondor nicht geheimhalten würde.
"Morgen ist ein gutes Stichwort", meinte Irwyne, und gähnte herzhaft. "Vielleicht sollten wir ein wenig schlafen, damit wir die Auflösung des Rätsels nicht verschlafen."
Amrothos stimmte ihr zu, und so verabschiedete Narissa sich von den beiden und machte sich auf die Suche nach Aerien.
Thorondor the Eagle:
Es war am darauffolgenden Vormittag, als einer der Kerkermeister Helluin aus seinem Verlies holte. Er packte ihn an seinem linken Oberarm und führte ihn nach oben. Sie gingen aber nicht den Weg zum Haupteingang, durch den man ihn vor einigen Tagen hierhergebracht hatte. Zuerst geleitete er ihn einen breiten Gang entlang an deren Ende eine Holztür den Weg blockierte. Der Wärter öffnete diese und sie betraten einen größeren Raum mit mehreren Tischen, hier nahmen die Gardisten sicherlich ihr Essen zu sich. Auf der gegenüberliegenden Wand prangten zwei große grüne Banner Rohans an der Wand. Rechts davon war eine kleine Holztür zu der sie gingen. Dahinter lag die Küche, was Helluins Vermutung bestätigte und im nächsten Augenblick standen sie bereits in einer kleinen Seitengasse.
Die Wintertage waren grau und düster, der erdige Boden unter seinen Füßen fühlte sich gefroren an.
„Hier entlang“, befahl der Kerkermeister und sie liefen entlang des Nachbargebäudes, das letzte Stück vor der üppigen Palastanlage legten sie auf der offenen Straße zurück, aber es war keine Menschenseele zu sehen. Die Gardisten die das Tor bewachten ließen sie ohne mit der Wimper zu zucken passieren und schon betraten sie die große Halle, den Thronsaal der Königin. Der Wärter führte ihn in entlang der hinteren Wand und platzierte ihn auf einem Stuhl.
„Hier warten wir.“
Es verging ein wenig Zeit die Helluin nutzte um sich an die Königin zu erinnern. Damals bei der Ratsversammlung waren viele Personen. Er erinnerte sich an die feindlichen Blicke die die Anwesenden Saruman zuwarfen als dieser erschien, an die bedrückenden und auch drohenden Worte Galadriels und Celeborns. Und da, dieser melancholische Blick den die junge Königin Rohans auf ihrem Gesicht trug. Ihr Haupt zierte ein schmaler Reif, mit einem grünen Juwel. Neben Eowyn saß damals ihr Gefährte Faramir. Der blonden Schildmaid Rohans kannte man ihre Unsicherheit an, aber trotzdem war ihre Haltung immer sehr unnachgiebig. Auf eine gewisse Art und Weise war sie sicherlich sehr zäh, mutig war sie jedenfalls auf dem Schlachtfeld - so erzählten es zumindest die Soldaten.
Plötzlich öffnete sich erneut das Haupttor. Eine verhüllte Gestalt trat herein, aufgrund der Statur und des grünen Mantels musste es sich um Aragorn handeln, aber er war alleine. Helluin gab kein Geräusch von sich, er beobachtete nur.
In eiligen Schritten ging der Waldläufer die Halle entlang und verschwand hinter Tür. Es dauerte keine Minute ehe er wieder heraustrat, gefolgt von Eowyn, der Königin. Ihre Haut war blass und ihr Erscheinen anmutig. Die Unsicherheit konnte Helluin nicht mehr erahnen. Der Waldläufer flüsterte ihr etwas zu, dann nahm er ihre Hand.
Aragorn und Eowyn? Nein, das muss Faramir sein. Waldläufer des Südens und Sohn des Truchsess…
Erneut öffnete sich das Haupttor und die kühle Brise die hereinwehte, fachte die Glut in der Feuerstelle an. Eine kleine Schar an Menschen trat herein, Gandalf war unter ihnen, Aragorn sowie unübersehbar ein Zwerg und zwei weitere Gestalten. Als sie die vor der Kälte schützende Kapuze zurückwarfen, erkannte er Aerien und eine weiter junge Frau mit auffallend weißem Haar. Aerien schaute kurz zu ihm als sie ihn im Augenwinkel erkannte. Die anderen bemerkten ihn nicht.
„Aragorn, ich bin froh, dass ihr meiner Einladung gefolgt seid“, begrüßte sie Eowyn.
„Wie könnte ich die Einladung einer solch erhabenen Königin ausschlagen?“
Sie lächelte ihn an: „Unser Freund Merry erzählte mir einst, dass es Tradition im Auenland ist, dass der Einladende seine Gäste beschenkt und obwohl wir weit weg von seiner Heimat sind, so wird diese Tradition auch in dieser Halle heute Einzug halten.“
Gandalfs Gesicht erhellte sich als Eowyn ihre Freunde ansprach.
„Da euch diese Geschenke aber bereits gehören, ist es wohl eher eine Rückgabe an euch.“
„Fürwahr die Hobbits halten es auch nicht anders, Eowyn. Einst hörte ich wie sich Bilbo darüber ärgerte, weil er sein eigenes Geschenk zurück bekommen hatte“, warf Gandalf amüsiert ein und brachte die Anwesenden damit zum lächeln.
„Über eines haben wir bereits gesprochen: Helluin“, sie deutete zu dem jungen Dúnadan „Er hat die Rohirrim verraten und unserem Volk geschadet, doch weitaus größer ist der Schaden in euren eigenen Reihen. Ihr allein sollt über seine Taten richten.“
Der Wärter packte Helluin wieder am Arm und führte ihn nach vorne. Etwas abseits der Gruppe blieben sie stehen, der Wärter zog sich zurück. Der junge Mann sah beschämt zu Boden, er fühlte wie ihn die Blicke aller trafen.
„Helluin entstammt meinem Hause, dies entschuldigt aber nicht was er getan hat. Es entbindet niemanden von uns. Wir haben viel wieder gut zu machen, doch dafür bedarf es einer Möglichkeit, die ich ihm gewähre. Gemeinsam werden wir für Gondor, Rohan und alle freien Völker Mittelerdes in den Kampf ziehen.“
Anschließend an diese Worte näherte sich jemand dem jungen Dúnadan. Füße, zuerst zwei, dann vier tauchten in seinem Blickfeld auf. Diese zarten Beine gehörten wohl Aerien und ihrer Begleiterin. Sie platzierten sich neben ihm und obwohl er sie erst seit gestern kannte und nicht viel von ihr wusste, fühlte es sich vertraut an. Er war nicht mehr alleine.
Nun begann eine Männerstimme zu sprechen: „Das zweite Geschenk fand unerwartet den Weg hierher und wie es nun scheint war es nicht ganz zufällig. Vor beinahe 1000 Jahren nahm meine Familie – in der es auch schwarze Schafe gab – dieses Erbstück zur Verwahrung an sich. Nun ist es an der Zeit es euch zurück zu geben.“
Helluin wurde bei diesen Worten aufmerksam und richtete seinen Blick nach vorne. Ein Soldat brachte auf seinen Händen tragend eine Krone herein. An den Seiten saßen zwei Flügel die perlmutartig schimmerten und über der Stirn sieben weiße sowie ein roter Stein. Aragorn war starr vor Erstaunen, die anderen vor Ehrfurcht.
„Die Krone Gondors“, sagte Isildur’s Erbe noch immer erstarrt „Wie ist das möglich?“
„Es war seine Mutter die sie mir bei der Ratsversammlung überreichte“, erklärte Faramir.
„Unsere Leben sind wie lange Fäden in der Zeit und wir wissen nie wann sie sich überkreuzen“, warf Gandalf ein. Die Worte wirkten im Raum.
„Darauf sollten wir trinken“, brummte plötzlich der Zwerg dazwischen und lockerte die Stimmung auf.
„Nein wartet“, ergriff Aragorn noch einmal das Wort „Dies ist ein geeigneter Augenblick.“
Die Blicke richteten sich erwartungsvoll auf ihn.
„Helluin, komm her“, forderte er den Jungen auf und er folgte. Als sie neben der Krone standen, legte Aragorn seine rechte Hand darauf und deutete Helluin es ihm gleich zu tun.
„An diesem Tag und unter den bezeugenden Blicken der hohen Anwesenden schwören wir, die Nachkommen aus dem Hause Isildur, unser Erbe und unser Volk zu ehren. Feierlich nehmen wir die Aufgabe die uns in die Wiege gelegt wurde mit Stolz an und zögern keine Sekunde länger all jene zu beschützen und zu verteidigen die wir Familie, Freunde und Verbündete nennen. Keine Macht dieser Welt soll unseren Geist verblenden und unsere Wege verdunkeln“ er schloss die Augen und für einen Moment schwieg er, dann fuhr er laut und bestimmt fort: „Aus dem Großen Meer bin ich nach Mittelerde gekommen. Hier werden ich und meine Erben sein bis ans Ende der Welt.“
Danach löste Aragorn die Hand von dem Erbstück und klopfte mit der linken auf die Schulter seines jüngeren Vetter „Ich denke es ist an der Zeit unseren Aufbruch vorzubereiten.“
Fine:
"Wie aufregend," flüsterte Aerien Narissa zu, als Faramir die Krone Gondors enthüllte. Ehrfürchtig verfolgte sie den weiteren Verlauf der Ereignisse, die ihr mehr und mehr wie eine Art Zeremonie vorkamen. Als Aragorn geendet hatte, gab es spontanen Applaus, was sowohl Gandalf als auch Gimli zum Lachen brachte.
"Ehe ihr aufbrecht möchten wir euch alle an unsere Tafel einladen, um zu Mittag zu essen," sagte Königin Éowyn. "Dieser Augenblick ist zu besonders, um ihn nicht zumindest ein klein wenig zu feiern."
"Gut gesprochen!" lobte Gimli. "Nach all den Jahren der Entbehrlichkeit ist es schön, endlich wieder etwas Ordentliches zwischen die Zähne zu bekommen."
So kam es, dass Aerien und Narissa nebeneinander an der Tafel der Herrscher Rohans speisen durften. Helluin saß Narissa gegenüber, was Aerien gleichzeitig wunderte und freute. Sie freute sich, dass man Helluin nicht länger wie einen Gefangenen behandelte, doch sie wunderte sich, dass diese Veränderung so plötzlich passiert war.
Am gestrigen Abend war ihr, nachdem sie den Kerker verlassen hatte, Narissa keine fünf Minuten später auf den Straßen Aldburgs begegnet. Gemeinsam hatten sie die Gelegenheit für einen Abendspaziergang durch die lebhaften Straßen genutzt und sich gegenseitig von ihren Erlebnissen des Tages erzählt. So hatte Aerien von den neuen Bekanntschaften Narissas - ein Pärchen namens Amrothos und Irwyne - erfahren, und Narissa war über Helluin ins Bilde gesetzt worden. Beide waren sie an jenem Abend früh schlafen gegangen, denn noch immer spürten sie die Anstrengungen ihrer Reise nach Mordor deutlich - vor allem in den Beinen. Nach einem gemütlichen Frühstück am folgenden Morgen waren sie von der Königin persönlich in den Thronsaal gerufen worden, um den dortigen Ereignissen beizuwohnen.
Hatte Aerien anfänglich noch geglaubt, dass Narissa Vorbehalte gegenüber Helluin hegen könnte, wurde sie bald eines Besseren belehrt. Womöglich regte das exzellente Mahl die Gespräche an? Narissa unterhielt sich jedenfalls von Anfang an so offen wie es nun einmal ihre Art war mit dem Dúnadan, der ihr zunächst etwas reserviert, aber nach und nach immer bereitwilliger antwortete.
"Von der Weißen Insel habe ich noch nie gehört," sagte Helluin gerade, nachdem Narissa ihm von ihrer Heimat erzählt hatte. "Ich wusste zwar von Aragorns Angriff auf den Hafen von Umbar, aber die Details haben mir bis jetzt gefehlt. Natürlich erhielt ich von meiner Mutter Unterricht über die Geschichte des Südlichen Königreiches, doch..."
"In den Annalen von Gondor wird die Insel relativ schnell nicht mehr erwähnt," sagte Narissa. "Sie haben die Thelynrim vergessen. Und das, obwohl meine Vorfahren den Schiffskönigen unschätzbare Unterstützung in ihren Kriegen in Harad geleistet haben."
Helluin nickte sachte. Ehe er jedoch etwas entgegnen konnte, stellte Aerien eine Zwischenfrage. "Aragorn hat mir von deiner Mutter erzählt, Helluin, als ich das dritte Mal zu ihm in seiner Gefangenschaft kam. Und später traf ich in Ithilien eine Gruppe von Gondorern, die Erelieva kannten; tatsächlich war es der Name deiner Mutter, der ihren Anführer davon überzeugte, dass ich die Wahrheit sagte."
"Tatsächlich?" fragte Helluin, dessen Miene schwer zu deuten war. "Ich wusste, dass sie einige Zeit in Minas Tirith gewesen ist, aber nicht, dass sie unter den Partisanen von Ithilien gelebt hat."
"Ich weiß nicht viel über diese Zeit," antwortete Aerien. "Die Waldläufer vertrauten mir trotz Allem noch nicht wirklich. Sie sagten nur, dass Erelieva bei ihnen gewesen war und etwas von großem Wert aus Minas Tirith mitgebracht hatte."
Faramir, der gerade an ihren Sitzplätzen vorbeikam und eine große Karaffe mit Wein darin trug, sagte: "Ich kann dieses Rätsel lösen: Elea reiste von Ithilien über Dol Amroth bis nach Aldburg, wo sie mir das überreichte, was ihr vorhin gesehen habt: Eärnurs Krone, die nun wieder ihrem rechtmäßigen Besitzer gehört."
"Hmm," machte Aerien. "So also ist es gewesen. Doch wo ist Helluins Mutter jetzt?"
Bei diesen Worten ließ Helluin die Schultern sinken. "Sarumans Schergen nahmen sie auf der Ebene von Celebrant gefangen und schickten sie nach Moria."
Das erregte Gimlis Aufmerksamkeit, der neben Helluin saß. "Wie bitte? Soll das heißen, Saruman kontrolliert jetzt die Minen?"
Helluin nickte. "Sie sind sein wichtigster Machtsitz."
"Was ist das für ein Ort?" fragte Narissa neugierig.
"Eine alte Zwergenstätte," sagte Helluin wie beiläufig, ehe er erneut von Gimli unterbrochen wurde.
"Hör nicht auf ihn, Mädchen. Moria - oder Khazad-dûm, wie wir Zwerge es nennen, ist eines der Wunder der nördlichen Welt! Eine gewaltige, wunderschöne Stadt, mit Bergwerken, Schmieden, Waffenkammern, Thronsälen... und was tun die Menschen? Sie nennen es eine Mine." Er lachte schallend, ehe er wieder ernst wurde. "Wenn er Saruman in die Hände gefallen ist, fürchte ich um diesen Ort. Dieser Mistkerl verdirbt alles, was er berührt."
Narissa verschränkte die Arme. "Und in diese "Mine" hat man deine Mutter bringen lassen?" sagte sie zu Helluin, während Gimli mit den Augen rollte.
"Das war das Letzte, was ich hörte," antwortete Helluin niedergeschlagen. "Ich frage mich, ob sie noch immer dort ist, oder ob man ihr gestattet hat, nach Eriador zurückzukehren. Ich hoffe es jedenfalls."
Wie aus dem Nichts musste Aerien an ihre eigene Mutter denken. Und an das Messer in ihrem Bauch. Eiseskälte durchzuckte sie und sie verzog das Gesicht. Narissa fiel es beinahe sofort auf. Besorgt legte sie Aerien eine Hand auf den Oberschenkel.
"Es ist nichts," tat diese leise die Befürchtungen ab. "Es geht schon wieder." Demonstrativ schob sie sich ein Stück Brot in den Mund und kaute darauf herum. Sie sah Narissa an, dass diese ihr nicht so recht glaubte, doch für den Augenblick schien Narissa es dabei belassen zu wollen.
Helluin sagte, an Aerien gewandt: "Jedenfalls... verstehe ich nun, warum du sagtest, du bist ebenfalls númenorischer Abstammung, aber nicht aus dem Norden. Es muss schön sein, dort auf der Weißen Insel, von der ihr beide stammt."
In Narissas Augen erkannte Aerien die Frage, die ihre Freundin klugerweise unausgesprochen ließ. Sachte schüttelte sie den Kopf und sagte dann zu Helluin: "Jetzt, wo die meisten Kriegsverwüstungen verschwunden und Turm und Hafen wieder aufgebaut worden sind, ist Tol Thelyn wunderschön. Es ist die schönste Heimat, die ich je hatte."
"Es ist jedenfalls deutlich wärmer als hier," fügte Narissa hinzu. "Ich hätte nicht gedacht, dass der Wind so kalt werden kann wie er es auf den letzten Meilen vor Aldburg gewesen ist."
"Nun, es ist Winter," sagte Helluin. "Ich habe kältere Winde erlebt, in Arnors Norden. Ihr seid vermutlich einfach das heiße Klima Harads gewohnt."
Narissa nickte und stellte eine Frage: "Was wirst du nun tun, Helluin?"
Dieser nahm einen Schluck aus dem Krug, der vor ihm stand. "Ich werde nach jemandem suchen. Nach der, die mich von Sarumans Zauber befreit hat."
Narissa schien nachhaken zu wollen, doch ehe sie dazu kam, erhob sich Aragorn, der am Tischende saß. "Meine Freunde, ich danke euch für eure Gastfreundlichkeit und das reiche Mahl-" Éowyn und Faramir nickten. "-doch ich muss nun nach Gondor gehen, und ich weiß, dass Gandalf und Gimli mich begleiten wollen. Wie steht es um euch beide, Narissa und Aerien?"
"Wir gehen mit dir nach Gondor," sagte Narissa. Am Abend zuvor hatte Aerien mit ihr darüber gesprochen und sie waren sich einig darüber gewesen, in Aragorns Begleitung bis nach Dol Amroth zu gehen, denn vermutlich war es für beide am Besten, als Befreier des rechtmäßigen Königs ins Land zu kommen und hoffentlich - in Aeriens Fall - über alle Verdächtigungen erhaben zu sein. Wie es nach ihrer Ankunft weitergehen würde, wussten beide noch nicht. Aerien hegte allerdings den Verdacht, dass Narissa an eine Rückkehr zur Weißen Insel dachte. Sie selbst verspürte keinerlei Heimweh. Der Gedanke an die baldige Ankunft im freien Teil Gondors faszinierte sie. Sie konnte es kaum erwarten, nach Dol Amroth zu kommen und die Stadt der Schwanenfürsten mit eigenen Augen zu sehen.
Aragorn nickte zustimmend. "Das ist gut. Und du, Helluin? Wohin wird dein Weg dich führen?"
Helluin erhob sich und neigte kurz das Haupt. "Ich werde bis nach Edoras mitkommen. Dann möchte ich in Richtung Dunland abbiegen und meine Suche nach Kerry beginnen."
"Ich hatte mir gewünscht, du würdest mir in den Krieg nach Gondor folgen," meinte Aragorn. "Aber ich respektiere deinen Wunsch. Also sei es so," fügte er hinzu. "In zwei Stunden brechen wir auf. Wir werden uns bei den Stallungen sammeln, wo frische Pferde auf uns warten werden. Kommt nicht zu spät!"
Sie hatten nur wenig Gepäck, das sie zusammensuchen mussten. Aerien hatte jedoch noch etwas zu erledigen, ehe sie aus Aldburg abreisen konnte. Ihr alter, grauer Umhang war zerrissen und schmutzig, sodass er kaum noch Schutz vor dem kalten Wind bot. Gemeinsam mit Narissa suchte sie deshalb den Markt von Aldburg auf, um sich einen neuen Mantel zu kaufen. Von dem kermischen Gold war noch ein kleiner Rest übrig, der nach Aeriens Einschätzung dafür ausreichen sollte. Und es dauerte nicht lange, bis sie gefunden hatte, wonach sie suchte. Es war ein neuer, recht einfacher Umhang, in dunklem Rot, mit kleinen, silbrigen Verzierungungen an den Rändern. Als Aerien sich umdrehte, um das neue Kleidungsstück anzulegen und es Narissa vorzuführen, standen plötzlich zwei Menschen vor ihr: ein Gondorer in blausilbernem Gewand und Kettenhemd, und eine junge Frau in einem langen, grünen Kleid. Beide trugen Reiseumhänge. Hinter ihnen tauchte der Zauberer Gandalf aus der Menge auf.
"Oh, hallo ihr beiden," sagte Narissa erfreut. "Sieh nur, Aerien, ich hatte dir von ihnen erzählt: Das sind Amrothos und Irwyne."
Aerien erkannte gleich, dass der schwarzhaarige Gondorer nicht einfach nur "Amrothos" sein konnte - seine Kleidung war zu edel und seine Haltung glich eher der Faramirs oder Aragorns. Daher brachte Aerien rasch ihr durcheinander geratenes Haar in Ordnung und knickste. "Verzeiht, Herr," sagte sie. "Ich wusste nicht..."
"Schon gut, schon gut," lachte Amrothos. "Narissa hat offensichtlich ein Detail ausgelassen, wie mir scheint. Ich bin Amrothos von Dol Amroth. Und du musst Aerien sein, richtig?"
"So ist es," bestätigte Narissa, ehe Aerien die korrekte Antwort geben konnte. "Was führt euch drei hierher?" fragte sie mit einem Blick auf den Zauberer, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte.
"Mithrandir ist uns vor wenigen Minuten zufällig begegnet. Er scheint nach euch beiden gesucht zu haben," sagte Amrothos.
"In der Tat," sagte Gandalf. "Ihr Mädchen solltet euch sputen. Wir haben es eilig, und ihr seid spät dran."
"Eilig? Wo wollt ihr denn hin?" fragte Irwyne neugierig.
"Nach Gondor," sagte Narissa. "A-"
"Wir gehen nach Dol Amroth," sagte Aerien schnell. "In Mithrandirs Begleitung."
Amrothos und Irwyne wechselten einen Blick. "Dann könnten wir ja zusammen reisen!" sagte Irwyne erfreut. Sie suchte Gandalfs Blick. "Gandalf?"
"Ich habe nichts dagegen einzuwenden," sagte dieser. "Wie schnell könnt ihr beiden aufbruchsbereit sein?"
"Wir sind es schon," sagte Amrothos. "Wir waren gerade auf dem Weg zu den Stallungen, um nach unseren Pferden zu sehen."
"Dann kommt, alle miteinander," trieb der Zauberer sie an. "Wir wollen rasch aufbrechen."
Am Tor sammelte sich die um zwei Mitglieder vergrößerte Reisegruppe. Gandalf machte Amrothos und Irwyne mit Gimli und Helluin bekannt; Aragorn jedoch, der einen Umhang mit Kapuze trug, stellte er nur als "einen Freund" vor. Alle sattelten ihre Pferde und saßen auf. Glücklicherweise hatte sich der Wind gelegt und die Sonne war zwischen den Winterwolken hervorgekommen. So brachen sie am Nachmittag schließlich auf, um Aldburg in westlicher Richtung entlang der Straße nach Edoras zu verlassen...
Aerien, Narissa, Helluin, Gandalf, Aragorn, Gimli, Amrothos und Irwyne in die Ostfold
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