Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Rohan

Die Flüsse Rohans und der Rauros

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The Chaosnight:
Ein heller Lichtstrahl strich durch Aiwyns Gesicht und ließ sie erwachen, doch sie wischte sich nur einmal über die Augen, drehte sich zur Seite um und legte ihren Kopf auf Bogans Schulter und schloss sie erneut. Auch Bogan war aufgewacht, gerade als Aiwyn ihre Augen wieder schließen wollte drehte er seinen Kopf in ihre Richtung, strich ihr gefühlvoll durchs Haar und küsste sie auf die Stirn. Aiwyn lächelte sanft, drehte ihren Körper weiter zu seinem und küsste ihn kurz auf den Mund. "Guten Morgen", sagte sie liebevoll,  richtete ihren Oberkörper auf und streckte sich, bevor sie sich erhob und mit dem frischen Seewasser über das müde Gesicht wischte.
Bogan war kurz nach ihr aufgestanden; leise schlich er hinter sie und stieß sie ins Wasser, bevor er mit lauten Aufprall hinterhersprang. Beide begannen zu lachen und lagen sich kurze Zeit darauf erneut in den Armen und genossen das Beisammensein. Nach diversen Zärtlichkeiten und innigen Verrenkungen setzten sich beide auf den Uferrand, ließen ihre Beine ins Wasser ragen und lehnten sich noch immer eng verschlungen zurück. Mehrere Minuten blieben sie schweigend und nur von dem wunderbaren Gefühl ihrer Bindung gelenkt in dieser Haltung bevor Bogan leise fragte: "Nun sag mal, wie hat du mich denn nun gefunden?" Aiwyn lächelte, sie strich ihm liebevoll über die Brust und antwortete: "Ich wusste es einfach...ich wusste irgendwo in Rohan warst du und ein Zeichen folgte dem Nächsten. In Aldburg wurdeich zur Klamm geschickt, auf dem Rückweg musste ich in einem Dorf Halt machen und meine Nahrungsvorräte aufstocken. Dort traf ich Aldwyn und ihre Familie und sah eure Hinterlassenschaften, ich  folgte ihren Hinweisen und traf Bolwarth nicht weit von hier...sie erzählte von dem Bären und wie ihr getrennt wurdet und von da an wusste ich: Du bist irgendwo in der Nähe des Rauros, deine Leidenschaft für Wasserfälle ist mir noch immer gut in Erinnerung!" Bogan zögerte erst kurz, lachte dann jedoch auf: "Schön wäre es wenn ich gewusst hätte welcher Fluss mich hier hin führt, um die Wahrheit zu sagen: Ich versuchte die Bestie irgendwie von Barlae fern zu halten, doch es war standhaft...ich schwamm durch Flüsse - es folgte mir, ich kletterte auf Bäume - es kletterte hinterher oder versuchte den Baum umzurennen...zwei Tage verfolgte es mich, in den Nächten wachte ich un am Tage lief ich, bis kein wütendes Grummeln mehr hinter mir war und ich mir sicher war ihn abgehängt zu haben. Na ja...dann lief ich den Fluss in falscher Richtung zurück und bin nun hier, unfähig ihm durch die Nebelbank zurück zu folgen und außerstandes den Weg abseits des Flusses zu finden..." Sie lachten beide nochmal kurz auf, bevor Bogan plötzlich ernst fragte: "Du sagtest du hast Barlae getroffen, wo ist sie?"
"Bei Aldwyn", antwortete Aiwyn, "dort dürfte sie vorerst sicher sein." Bogan riss die Augen geschockt auf: "Aber die Verbrecher beherrschen die Stadt...sie haben uns mit Messern und Fackeln verjagt und uns den Tod angedroht wenn wir je wieder kommen würden! Das ist Wahnsinn!"

Aiwn schloss ihre Augen, die Erinnerungen an das abschließende Blutbad kamen wieder in ihr hoch, die Erinnerungen an die winselnden Überreste der Überlebenden, die Erinnerungen an dem Feueropfer des neuen Anführers, alles begleitet von der kalten Stimme aus der Klamm: "Sauron hätte dir gut getan!".
"Sie sind...sie sind alle tot!", begann sie stockend, "Ich...ich habe jeden einzelnen von ihnen in den Tod geschickt! Keiner von denen wird je mehr wüten! Ich...ich wollte sie nur aus der Stadt treiben...nur weg wissen und dann stahl ich den schwarzen Bogen...sie zerfleischten sich gegenseitig...wie die Tiere fielen sie übereinander her und rissen sich in Stücke...kaum hatten sie ihr Blutwerk vollendet schritt ich auf das Schlachtfeld und...und...und", zitternd beendete sie hier ihre Ausführungen, sie konnte ihre abscheulichen Taten nicht aussprechen. weinend drückte sie ihren Kopf auf Bogans Brust und schrie schon beinahe aus sich heraus: "Ich habe jeden einzelnen Überlebenden vernichtet! Ich habe sie alle getötet! Ob jung oder alt, verkrüppelt oder nur verletzt...ALLE sind sie tot!"

Bogan drückte sie eng an sich und flüsterte ihr ins Ohr: "Versuche nicht mehr daran zu denken. Du hast großartiges getan als du das Dorf befreit hast, viele Menschen hätten das Ende ähnlich vollzogen wenn sie denn die Chance hätten. Die Reaktion war nur menschlich und hat vielen eine sichere Zukunft gesichert...Konzentriere dich auf dieses Ergebnis, dann geht es dir bald viel besser!" Stockend erzählte sie ihm ihre Geschichte weiter: "Während meines Weges tarnte ich mich als Diener Saurons...ich war eine hochrangige Botschafterin Mordors Armeen, gesandt um den Herrscher der Klamm eine Nachricht zu übermitteln...er selbst sagte ich wäre der perfekte Anhänger Saurons und genau so fühlte ich mich auch in diesem Kreise...Ich genoss es Befehle zu geben, Ich genoss es meine Macht auszunutzen, Ich genoss es andere zu bedrohen, Ich genoss das Blutbad der Banditen...jeder Tropfen war eine Genugtuung, jeder Hieb eine Befreiung...
Ich war eins mit meiner Kleidung geworden, ich war Saurons Botschafterin...
Der Fürst der Klamm hatte Recht...Ich bin genau wie seine Anhänger...Ich binseine perfekte Dienerin..." Sie drückte ihren Kopf in Bogans Schulter und weinte sich niedergeschlagen aus, zu tief wirkten die Folgen ihres Handelns. Sanft strich ihr Bogan über den Kopf, hob ihn leicht an und sah ihr ernst ins Gesicht. "Du wirst nie so werden wie sie - egal was du tust! Dazu bist du viel zu ehrenhaft, sanftmütig und liebevoll. Du bist genau das Gegenteil Saurons, du kannst einfach nicht wie er werden!" Schwach lächelnd erwiderte sie mit einem leisen "Danke", wischte sich die Tränen aus den Augen und schmiegte sich wieder eng an ihn. Hier fühlte sie sich sicher und geborgen und war sich sicher mit ihm ihre dunklen Gedanken und Handlungen bezwingen zu können.


The Chaosnight:
Nach mehreren Stunden am Uferrand, in denen Aiwyn die weiteren Ereignisse ihrer Suche schilderte und ihm alle ihre Sehnsüchte, Sorgen und Ängste mitteilte, richteten sie sich wieder auf, küssten sich und sammelten ihre verstreute Kleidung wieder auf. Schnell hatte sich Aiwyn das grüne Kleid übergezogen und war in ihre Schuhe geschlüpft, hatte ihren Gürtel eng gestrafft und sich wieder Köcher und Bogen an ihren Rücken befestigt. Nachdem sie sich auch den rohirrischen Stirnreif umgelegt hatte, ging sie zu Bogan, der noch immer Schuhe und Waffen suchte. Als er endlich sein Schwert gefunden und seine Schuhe gebunden hatte, ging er wieder geradewegs zu der Felskonstruktion und ergriff den dunklen Flecken, der Aiwyn bei ihrer Ankunft sofort ins Auge gesprungen war. Er warf ihn einmal durch die Luft, fing ihn lachend auf kehrte mit einem seiner stählernen Handschuhe zurück, der pechschwarz angelaufen war und merkwürdig unförmig aussah. "Ich hatte ihn als Glücksbringer auf den Felsen gestellt...anscheinend war er erfolgreich", sagte er lachend, während Aiwyn leise murmelnd antwortete: "Das war er durchaus..." 
Er griff hinein und holte an einer silbrigen Kette einen funkelnden silbrigbläulichen Kristall heraus, der ovalglatt verlief, durch feine innere Linien ein einzigartiges Muster bekam und halb das Licht reflektierte und halb durchlässig war. "Ich hatte meine Handschuhe wohl schon zu lange nicht mehr benutzt", sagte er lachend, "Sonst hätte ich die schon viel früher wiedergefunden." Er sah sie verträumt an und setzte fort: "Ich erinnere mich noch genau als du mir diesen Stein gabst...", auch Aiwyn erinnerte sich noch genau: Kurz nachdem sie in Seestadt angekommen war und nur von dem Wunsch begleitet wurde die Stadt auf schnellsten Wege wieder zu verlassen, schenkte sie Bogan den größten ihrer wertvollen Wüstenkristalle.

"Ich danke dir für alles was du für mich getan hast, doch meine Zeit in Seestadt neigt sich dem Ende...Ich gehöre hier einfach nicht hin und brauche dringend wieder frischere Luft. Du bist das einzige, was diese Stadt für mich ertragbar macht und du wirst auf ewig einen Platz in meinen positiven Erinnerungen haben. Als Dank für das alles und als eine kleine Erinnerung an mich möchte ich dir diesen Kristall schenken, so lange du ihn bei dir trägst wird ein Teil von mir immer bei dir sein." 

Aiwyn erinnerte sich genau an ihre Worte und lauschte nun wieder Bogans Erzählung dieser Begebenheit: "Doch schon kurz nachdem ich ihn erlangte wusste ich, dass ich ihn nicht nötig hatte um dich in meinen Erinnerungen zu halten, einen Platz in meinem Herzen hattest du schon längst erobert. Ich behielt dieses sonderbares Relikt und beschloss es in eine Form zu bringen die deiner Schönheit angemessen wäre, eine Aufgabe an der ich jedoch grandios scheiterte...", Aiwyn errötete leicht und kicherte leise. Bogan fuhr fort: "Tag und Nacht schliff ich an dem Kristall, bohrte das Loch für die Kette und versuchte ihn jeden Tag etwas schöner zu machen. Doch ich hatte ihn zu sorgsam versteckt und gerade als ich ihn dir schenken wollte fand ich ihn nicht mehr...bis ich wieder meinen Handschuh benötigte und auf die Kette stieß. Auch wenn seitdem mehrere Jahre vergangen sind, die Aussage bleibt die selbe: Ich brauche nichts materielles um mich an dich Erinnern zu können...nimmst du die Kette as Zeichen unserer beider Leben an?"
Aiwyn lachte kurz, "Du weißt doch, dass ich dir nichts abschlagen kann", sagte sie lächelnd, "Gerne nehme ich dein Geschenk an und werde es in Ehren halten und mit Stolz tragen." Bogan lächelte kurz zurück, breitete die Kette aus und legte sie Aiwyn um den Hals. Sanft und gefühlvoll rückte er sie gerade, blickte innig in Aiwyns Augen und sagte mit einem plötzlichem Lachen: "Äußerlich hast du dich ziemlich verändert, innerlich bist du jedoch noch immer die selbe Frau, die ich kennen und lieben gelernt habe. Ich...Ich", seine Stimme stockte kurz und wurde ruhiger, "Ich hab dich schon so lange geliebt...hatte jedoch nie den Mut es dir zu sagen...Ich hatte Angst du würdest weglaufen, so wie du es immer vorhattest,war mir unsicher was in der Zukunft wartete...was bin ich froh nun endlich offen mit dir reden zu können." Bogans Geständnis zwang auch Aiwyn dazu darüber nachzudenken, wie sich ihre Beziehung zu ihm angebahnt hatte,  langsam und bedächtigt antwortete sie: "Mir ging es ähnlich...Schon nach kurzer Zeit wusste ich was ich an dir habe und doch konnte ich es nie offen sagen...DU warst es, der mich diese Zeit ertragen ließ...du warst mein einziger Freund...der beste den ich jemals hatte, ich hatte Angst alles zu ruinieren...Ich wollte dich einfach nicht verlieren..." Sie schlang ihre Arme um ihn, drückte sich fest an ihn und genoss es endlich ehrlich sein zu können. Liebevoll strich er ihr durchs Haar, küsste sie und sagte leise: "Nun wissen wir zum Glück umeinander. Die Zeit des Versteckens ist vorrüber...nun können wir endlich unsere Gefühle ausleben."

The Chaosnight:
Die Rückkehr zum Schneeborn dauerte länger als der Hinweg, drei schöne Tage verbrachten die beiden Liebenden schon auf dem Weg und hatten doch nur eine geringe Strecke zurücklegen können. Nachdem Aiwyn ihn durch das Nebelbett geführt hatte und sie dem äußerstem Nebenfluss gefolgt waren bis Bogan ihr durch das strömenden Nass helfen konnte, verlangsamten sie ihre Schritte und genossen weiter ihr Beisammensein. Gemächlich und stets darauf bedacht möglichst nah beieinander zu gehen schritten sie fort und freuten sich über jede Sekunde. Am Abend des dritten Tages ruhten sie an einem kleinen Wäldchen, das um den Fluss gewachsen war und entspannten sich. Wie bei ihrem freudigen Wiedersehen legten sie ihre angeschwollenen Füße in das Wasser und lehnten sich eng umschlumgen zurück.

Als die Sonne wieder aufging war Aiwyn schon längst erwacht, das feine Blätterrascheln und das sanft aufgewirbelte Laub weckten sie aus ihren süßen Träumen und ließen sie in das geliebte Gesicht Bogans blicken, den sie noch immer fest umschlungen hielt. Sie küsste ihn kurz, löste vorsichtig die Umarmung und stand langsam auf, bevor sie leise ein paar Schritte rückwärts ging. Sie ergriff ihren Bogen und den zerschlissenen Beutel mit alten Pfeilen, suchte nach einer passenden Stelle und stellte sich schließlich etwas mehr als 100 Fuß von einer größeren Baumgruppe entfernt hin und spannte den Bogen. Es war nach all den Jahren erstaunlich schwer geworden, die Bewegungsabläufe, die Gegenwehr des Bogens, das leichte Reißen der Sehne an ihren Fingern - alles war wieder so ungewohnt. Der erste Schuss verfehlte ihr Ziel bei weitem, der zweite prallte dumpf in einen benachbarten Baum und der dritte sirrte wirkungslos zwischen den Bäumen hindurch in die unsehbaren Weiten hinter dem Wald. Aiwyn schüttelte leicht wütend ihren Kopf, fasste sich über die schmerzende Hand und legte einen neuen Pfeil auf. Einmal schwer ausatmend spannte sie den Bogen erneut, schloss kurz die Augen und versuchte sich zu konzentrieren. Scharf blickte sie nun auf ihr Ziel und entließ den Pfeil in die Freiheit. Dieser drehte sich wild um seine eigene Achse und schlug schlussendlich in einen benachbarten Ast ein. Wütend über ihre eigene Unfähigkeit zog sie schnell den nächsten Pfeil aus seiner schützenden Tasche und spannte ihn augenblicklich, doch bevor sie ihn abschießen konnte spürte sie zwei bekannte Hände an ihren, die ihren Griff stabilisierten und den Bogen richtig justierten. "Nicht so hastig mein Liebes", flüsterte Bogan in ihr Ohr, "Konzentriere dich auf dein Ziel und blicke auf Pfeilhöhe auf es! Es ist nah und tief, halte also den Bogen gerade und schieße dann nach Gefühl!" Aiwyn tat wie er verlangte und ließ die Sehne los und zu ihrem Erstaunen landete der Pfeil fast genau an ihrem Zielort und grub sich tief in das Holz des Baumes ein. "Schöner Schuss", lobte er sie lächelnd, "Ein paar weitere Schüsse und du schießt wieder wie früher."
Aiwyn schoss schweigend einen weiteren Pfeil ab, der ebenso sein Ziel erreichte, packte dann die Pfeile in ihren Köcher, legte sich den Bogen wieder um und strich Bogan über die Wangen, küsste ihn flüchtig und sagte leise: "Vielleicht. Auf jeden Fall ist es jetzt genau so schön wie damals."


Aiwyn und Bogan nach: Dorf beim Schneeborn

Lostir:
Die Mittagssonne stand hoch über der Ebene des Ost-Emnets und Farillion ritt nach Norden, gemeinsam mit all den anderen Reitern um ihn herum, welche sowohl Elben als auch Rohirrim umfassten. Sie waren am Vortag aus Aldburg los geritten und hatten nach kurzer Zeit eine Furt über dem Fluss Entwasser passiert. An der Furt waren sie auf eine Garnison Rohirrim getroffen, die diese bewachte, da es sich um die größte Furt in der Gegend handelte und jeder Feind, der die Folde von Norden aus erreichen wollte, musste diese überqueren.

Die Überquerung des Flusses war einfacher gewesen, als Farillion es sich ausgemalt hatte, da Féren  deutlich disziplinierter war, als sein erster Kontakt mit ihr den Anschein erweckt hatte. Féren war die rote Stute, welche er am Morgen des letzten Tages bekommen hatte und mit welcher er von vornherein seine Schwierigkeiten gehabt hatte. Féren hatte sich durch die Furt brav von Lagond, einem anderem Elb, an den Zügeln führen lassen, bis sie das Nordufer erreichten. Farillion wusste, durch Gespräche mit anderen Elben, dass sie damit den Teil Rohans erreicht hatten, der als Emnet bezeichnet wurde, genauer gesagt als Ost-Emnet. Diesen Namen trug das ganze Gebiet Rohans, welches sich am linken Ufer des Entwasser erstreckte und vom Rand des Fangornwaldes, wo der Entwasser entsprang, im Nordwesten, bis zur Mündung des Entwassers in den Anduin im Südosten reichte. Im Osten wurde das Ost-Emnet vom Ostwall, welcher den Rand zu den Emyn Muil bildete, und im Norden von der Gegend Wold begrenzt, welche ihr Ziel darstellte.
Das Ost-Emnet war eine der größten Gegenden von Rohan, gleichzeitig aber auch eine der am wenigsten besiedelten. Dies lag zweifellos an den weiten Graslandschaften, uneben und hügelig, gegen Osten von steilen Hängen und Felsen dominiert. Alles andere als die ideale Gegend für Ackerbau und Feldwirtschaft. Dieser Nachteil war im Krieg bisher allerdings von Vorteil gewesen. Da das Ost-Emnet weder militärisch noch wirtschaftlich von großer Bedeutung war, hatten sowohl die Truppen Sarumans diesen Landstrich weitestgehend in Frieden gelassen und auch die Truppen Saurons hatten nur das verwüstet, was unmittelbar auf ihrem Weg lag.
So war das Ost-Emnet die Gegend Rohans die noch am besten erhalten geblieben war. Trotzdem machte sich auch hier der Krieg bemerkbar. Viele Männer und Söhne waren in den Krieg gezogen und viel von ihnen waren nicht zurückgekehrt. Auf den meisten Höfen befanden sich nur noch diejenigen, die zu alt oder zu jung zum Kämpfen gewesen waren. Trotzdem mussten die Felder bestellt werden, gesät geerntet und sich um den Hof gekümmert werden. Dies war keine leichte Aufgabe für die verbliebenen. Hinzukamen erhöhte Abgaben. In vielen Teilen Rohans herrschte Hunger, alleine die Kriegsflchtlinge in Aldburg die Farillion gesehen hatten mussten ernährt werden. Auf ihrem Weg war Farillion bereits an mehren verlassenen Gehöften vorbeigekommen. Die Menschen hatten ihre Häuser verlassen, nicht vom Krieg sondern vom Hunger vertrieben oder weil sie die Arbeit nicht mehr alleine schaffen konnten, und waren entweder Richtung Folde oder zu den größeren Ansiedlungen im Ost-Emnet aufgebrochen.

Ein solchen Hof hatten sie auch am Morgen des jetzigen Tages passiert. Es waren drei Gebäude gewesen, davon eines eine Scheune, an die die Ställe grenzten. Die beiden anderen waren Wohngebäude. Alles schien noch instand zu sein, keine Spuren von Krieg oder Gewalt, doch die Menschen hatten ihre Behausungen hinter sich gelassen und waren weggezogen. Vom Hof aus ritten sie weiter Richtung Norden durch das Grasebene. Wirkliche Straßen gab es hier nicht. Zwar hatte es kurz hinter der Furt über die Entwasser eine gegeben, doch die war abgebogen und die anderen Abzweige hatten sich in der Gegend verloren. Die Reiter, die regelmäßig durch die Gegend ritten nahmen meistens die direkten Wege, mitten durchs hohe Gras und sonst war kaum jemand unterwegs. Zu verstreut lagen die einzelnen Ansiedlungen, die meisten von ihnen kaum größer als zwanzig Seelen.

Auch ihre Gruppe nahm den schnellsten Weg nach Norden. Sie ritten einfach querfeldein mit einer schnellen konstanten Geschwindigkeit.  Das Reiten war eigentlich gar nicht so schwierig, wenn man schon mal auf dem Pferd saß und es immer vorwärts ging, mitten in der Gruppe, fand Farillion. Insofern konnte er den Ritt sogar einigermaßen genießen. Seine Gedanken schweiften über die Landschaft und er bewunderte die endlos erscheinenden Ebenen, über die man bis zum Horizont blicken konnte. Ganz anders als zu Hause im Norden, wo hohe Berge und Bäume einem fast immer die Sicht versperrten. Allerdings wirkten auch diese vergleichsweise klein und flach, wenn man von genügend weit oben schaute. Er erinnerte sich, wie er auf dem Rückweg von den Bergen hinabgestiegen war und hinunter auf die Landschaft geblickt hatte, die so klein unter ihm lag. Unwillkürlich musste Farillion an das denken, was vor ihnen lag. Was hatte die ganze Sache zu bedeuten. Elben, die in großen Scharen ihre Heimat verließen. In seinem Kopf fingen die düstersten Vorstellungen zu kreisen, was der Grund sein könne, doch er wische sie mit einer Geste weg. Der Bann Galadriels schütze diesen Wald schon seit Jahrhunderten, sogar Jahrtausenden, der Wald musste sicher sein, redete sich Farillion ein.

Und bald würde er den Grund ja auch erfahren.


Farillion, weiter nach: Wold

Fine:
Galanthir, Angvagor und Finelleth aus dem Lager der Elben bei Aldburg

Bericht von der Reise von Thranduils Kundschaftern


Die weiten Ebenen Rohans flogen an ihnen vorbei, als sie ihre Rösser zur Eile antrieben. Die Pferde, die sie in Aldburg von den Rohirrim erhalten hatten waren ausdauernd und schnell. Dies war ihre Heimat, die Riddermark, in der die Tiere sich auskannten. Schon bald sahen die drei Elben in der Ferne die Emyn Muil immer höher vor ihnen aufragen.

Dies war der Ostwall Rohans, die Grenze der Riddermark, hinter der der Große Strom die Argonath passierte und den tiefblauen Nen Hithoel füllte, bevor er über die Klippen gen Gondor hinabstürzte. Und je näher sie kamen, desto deutlicher konnten sie des Rauros' nie verklingende Stimme rauschen hören. Keine Wolke war am Himmel zu sehen, und unter ihren dunkelgrünen Kapuzen begann es heißer zu werden, denn die Sonne schien unvermindert auf sie herab.

An der Stelle, an der das hohe Grasland gegen die Felsen brandete ließen sie die Pferde frei laufen. Sie würden den Weg zurück nach Aldburg von alleine finden, denn es waren kluge und aufmerksame Tiere. Die Kundschafter machten sich auf den Weg durch die bewaldeten Hügel der Emyn Muil, sich dabei stets in Richtung Osten haltend. Da sie außer ihren Waffen und Reiseproviant kaum etwas dabei hatten kamen sie mit leichtem Gepäck schnell voran. Die Spitze des Amon Hen wuchs vor ihnen stetig in die Höhe, bis sie schließlich bei dem alten gondorischen Sitz des Sehens auf den Gipfel ankamen.

Galanthir, der stets behauptete, die schärfsten Augen zu haben, ließ seinen Blick von dem Aussichtspunkt in die Ferne schweifen, während Finelleth und Angvagor die mitgebrachte Karte ausbreiteten und sich über ihre Reiseroute unterhielten. Im Norden sah er Rauch von den Wäldern Lothlóriens aufsteigen, während er im Süden über Gondor kreisend die Ringgeister auf ihren geflügelten Schatten zu erkennen glaubte. Im Westen breitete sich die Riddermark vor ihm aus, über deren Felder Reiter preschten um die Rohirrim zur Heerschau zu rufen. Im Osten schien alles ruhig zu sein - eine wachsame Stille schien sich über die leeren Lande dort gelegt zu haben. Er wandte den Blick ab und gesellte sich zu seinen Gefährten.

Finelleth strich sich die sandblonden Haare aus dem Gesicht und zeigte auf die Karte, die vor ihr auf den Boden lag. "Wir müssen uns entscheiden, wo wir den Anduin überqueren," sagte sie und fuhr mit dem Finger über die blaue Linie, die den Großen Strom darstellte. Angvagor stand neben ihr und hatte die Arme verschränkt, woran man seine für gewöhnlich düstere Laune erkennen konnte. Dennoch war er genauso auf seine Aufgabe konzentriert wie seine beiden Gefährten. "Eine Seilbrücke zum Tol Brandir und von dort zum Ostufer könnte funktionieren," schlug er vor.

Galanthir zog das aus Hithlain gefertige Seil hervor. Es war das einzige, das sie mit sich führten. Keine Meile ohne Seile - der alte Elbenspruch war ihnen natürlich bekannt. "Ich stimme zu, dass die Überquerung wenn möglich hier im Süden erfolgen muss," sagte er. "Lasst uns nachsehen, ob das Seil lange genug ist." Sie packten die Karte rasch ein, nahmen ihre Waffen und ihr Gepäck auf und begannen, den bewaldeten Hang zum Seeufer hinabzusteigen.

Unten angekommen mussten sie schon bald feststellen, dass die Länge des Seils nicht einmal annähernd bis zum Zinnenfels reichte. "Ich kann auch keine Stelle erkennen, an der wir es von hier aus hätten befestigen können," sagte Galanthir, der mit Angvagor am Ufer stand und aus dem Schatten der Bäume herüberspähte. Da hörten sie Finelleth rufen: "Seht euch an, was sich hier findet!" Die Elbin hockte ein Stück weiter nördlich neben einem großen Felsen. Direkt daneben fanden sie unter einem Haufen Laub und Geäst verborgen ein aus hellem Holz gefertigtes Boot - unverkennbar aus elbischer Herstellung. Wie es hierher gekommen und wer es versteckt hatte konnten sie nicht herausfinden. Es war in gutem Zustand, und trug die drei Kundschafter mühelos über den breiten Nen Hithoel.

Galanthir deutete den Fund des Bootes als Zeichen, dass ihre Fahrt unter einem guten Stern stand. Angvagor bezeichnete diese Aussage als Unsinn und sagte voraus, die wahren Schwierigkeiten stünden ihnen noch bevor. Finelleth beschloss, den ruhigen Moment zu genießen und blendete das Gespräch der beiden Elben aus, als sie über das klare Wasser glitten. Am Ostufer angekommen verfielen sie sogleich wieder in eine wachsame Haltung, und der Moment der Sorglosigkeit verstrich. Sie befanden sich nun im Feindesland.

Eilig versteckten sie das Boot auf ähnliche Weise wie sie es vorgefunden hatten, und setzten dann ihre Reise in nordöstlicher Richtung durch die Emyn Muil fort.


Galanthir, Angvagor und Finelleth in die Braunen Lande

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