Salia, von: Erebor, Der AusfallDie Ostlingsfrau führte Salia durch die nun von Ostlingen bevölkerten Straßen Thals und geleitete sie in das Gasthaus "Zum zerbroch'nem Krug", eine vorzügliche Schenke, die Salia vor allem aufgrund ihrer einzigartigen Brote zu schätzen gelernt hatte. Doch mit den Ostligen blieb kaum etwas von dem altem Glanz: Es stank nach verbranntem Brot, welches die Ostlinge eiligst aufbackten und in riesige Karren warfen, die Humpen waren von Dreck gezeichnet und auch die Getränke gaben einen überreifen Geruch von sich.
Trotz allem war das Wirtshaus gut gefüllt: Fast zwei Dutzend kräftige Ostlinge waren damit beschäftigt die kräftigen Öfen zu bedienen um möglichst schnell einen stattlichen Vorrat an Lebensmitteln zu backen oder das Bier an die randvoll besetzten Tische zu verteilen. Für Salia war es ein seltsamer Anblick: Von der Atmosphäre her war es hier wie immer, genau so freudig und ausgelassen, doch waren sämtliche Gäste Feinde, welche die Besitzer des Hauses mitsamt ihrer gesamten Familien töten wollten - wenn sie es nicht schon längst getan hatten. Ein unbekanntes Gefühl beschlich Salia, ein Gefühl, welches sie innerlich erzittern ließ und ihr riet dieses Haus schnellstmöglich zu verlassen.
"Hab' keine Angst! Diese Jungs sind absolut zuverlässig, auch wenn sie manchmal etwas mit dem Trinken übertreiben.", sagte die Ostfrau, "Komm mit auf mein Zimmer, in gewissen Stellungen kann man sich diesen Luxus zum Glück leisten."
Vor der Zimmertür angekommen, sagte sie noch "Gönn' dir eine Pause, ich komme wieder sobald ich meine Schwester wiedergefunden habe.", schloss das Zimmer auf und drehte ab, sobald Salia hineingegangen war. Sie konnte sich noch immer nicht erklären was vorgefallen war und ließ sich auf einen Stuhl vor dem Schreibtisch fallen.
Das ist meine Chance, sobald diese Frau weit genug weg ist, fliehe ich!Aber bevor sie sich darüber weitere Gedanken machen konnte, sah sie auf dem Tisch vor sich einen Briefumschlag liegen, der sofort ihre Aufmerksamkeit erregte: Auf seiner Oberfläche stand ein fremdartiges Gedicht in den Runen des Ostens, welches dem Inhalt nach explizit für sie hinterlegt wurde:
An die Fremde, die mein Gast wird sein,
Gekommen um zu gehen,
Geblieben um zu sehen,
Wird sie eine Wahl treffen müssen,
Den Eintritt in das Himmelstor,
Oder den Verbleib im Höllenfort,
Wähle weise die Zukunft dein.
Sie ergriff das Papier und klappte es vorsichtig auf, wobei ihr sofort der Aufbau des Briefes ins Auge fiel: Eine feine, verschnörkelte Schrift breitete sich über der gesamten Seite aus, an deren Ecken jeweils eine schwarze Rose thronte.
Langsam las sie sich den Text durch, der ihr irgendwie schrecklich bekannt und doch so fremdartig vorkam: Es war ein alter Text, bei dem viele Namen verändert und dessen Schreibweise an den heutigen Sprachgebrauch angepasst wurde. Ursprünglich ging es Salias Erinnerung nach um die Einigungskriege Rhuns, wo die Unterstützer des späteren Königs neue Anhänger suchten, doch hier war der Text vollkommen verändert und so vage gehalten, dass Salia keinen großartigen Sinn daraus schließen konnte. Langsam las sie den Text erneut:
An der Zahl drei seien sie,
Keiner weniger, keiner mehr,
Ein großes Nichts über dem Lande,
Den Feinde verschlingend, dem Freunde helfend.
Mordaerant ward es genannt und Mordaerant sei es.
Ewiglich herrsche es dort, wo keine Krone hinreiche,
Unbegrenzt sei seine Zeit auf Erden.
Ein Schatten vergeht nie und ebenso seine Kinder,
Ein Schatten vergisst nie und ebenso seine Kinder,
Ein Schatten vergibt nie und ebenso seine Kinder.
Unendlich seien sie und in Zeiten der Not aus der Asche steigend,
Wird jede Tochter des Schattens wieder auferstehen und ihr Werk vollrichten.
Fremde, merket euch eines:
Mit uns oder gegen uns, Schättenläufer oder Schattengänger.
Drei seien wir, die Mêríl dienen, unzählbar seien unsere Novizen, die von ihm zehren.
Folget uns und die Zukunft folget Euch.