Aglareb von: Heilhäuser Lothlóriens
Übler Gestank lag über den sonst so grünen Feldern, der Boden war matschig. Teils mit Blut, teils mit tau bedeckt. Die dichte Rauchwolke des riesigen Scheiterhaufens verdunkelte die Sonne und reizte bei jedem Atemzug. Aglareb ritt zusammen mit einem der Rohirrim zu den Soldaten und freiwilligen Helfern, die hier versuchten wieder alles in Ordnung zu bringen und den Schmutz zu beseitigen den der Feind hinterlassen hat.
„Pah! Diese Orks stinken sogar noch mehr im Tod als in ihrem Leben! Was macht ihr euch überhaupt die Mühe ihnen eine Feuerbestattung zu bescheren?“ - Sprach Aglareb als er vom Pferd abstieg.
„Nun ja, bevor sie am Boden vermodern, die Erde mit ihrem dreckigen Blut verschmutzen und noch mehr die Luft verpesten, verbrennen wir sie lieber.“ Antwortete der Rohirrim und Aglareb stimmte ihn auch darauf zu in dem er mit dem Kopf nickte.
Dann ging er in irgendeine Richtung, die er für die richtige hielt sein Erbstück wieder zu finden, während der Reiter aus Rohan den anderen die Kunde von Galadriels Rede überbrachte.
Dieser Gestank! Was sind das nur für grässliche Fiecher! Verkrüppelte Halbmenschen, Elben und sonst irgendwas, allesamt in einer Bestie vereint. Ich hoffe dass diese Abscheulichkeit bald ganz von Mittelerde verschwunden ist. ... Eine Schlachtformation ist hier auf jeden Fall an den Fußspuren nicht zu erkennen. Alles zertreten und umgewälzt, selbst der beste Spurenleser der Grauen Schar würde hier nichts erkennen. Es ist wirklich zwecklos hier etwas zu finden. Da wäre es ja leichter in Mittelerde einen Zwerg ohne Bart zu finden. ... Wo die beiden wohl sind? ...
Aglareb entfernte sich immer weiter vom großen Scheiterhaufen. Dann sah er in der Nähe etwas aufblitzen. Einige Sonnenstrahlen durchbrachen die Rauchwolke und brachten etwas Metallenes zum schimmern. Schnell rannte er darauf zu. – Wenn das meine Axt ist, schwöre ich mir, werde ich mich nie wieder über elbische Braukunst beschweren! – Doch als er näher kam übermannte ihn Frust und Scham. Töricht daran zu glauben, dass gerade er, hier und jetzt seine Waffe finden würde. Es war nicht seine Axt, es war ein jämmerliches Stück Blech, verbeult und zerkratzt bis zur Verunstaltung. Aber groß genug um einen ausgewachsenen Mann vor Angriffen in den Bauch und Brust zu schützen. Trotz seines Verachtens gegenüber diesen armseligen Eisen, was ihn seine letzte Hoffnung auf seine Axt genommen hatte, hob er es auf. Sie steckte ein bißchen im Boden fest, doch ein kleiner Ruck genügte um sie herauszuziehen. Mit forschenden Blicken betrachtete Aglareb die dickere Blechscheibe und kam zu dem Entschluss, dass es sich um eine Rüstung handelte. Die Lederriemen an den Schultern und Becken waren in der Mitte durchtrennt, als wurde sie dem Soldaten einfach so vom Leibe gerissen. Er wischte den Schlamm und die Asche weg und sah einen prunkvollen Baum auf der einen Seite eingearbeitet. „Der Brustharnisch eines Soldaten aus Gondor!“ – Ein kleiner Geistesblitz überkam Aglareb und einige Erinnerungen tauchten vor seinem inneren Auge auf. –
Der weiße Baum Gondors. Ob er noch steht? Schwer zu glauben bei all den Greueltaten die die Weiße Stadt ertragen musste. Aber irgendwann wird ein neuer gepflanzt. Davon bin ich überzeugt. ...- Bei diesem Gedanken machte er die verkratzte Rüstung noch etwas sauber und nahm sie mit.
„Na! Fündig geworden?“ Rief der Rohirrim, der Aglareb herbrachte als er ihn mit dem Brustharnisch herlaufen sah.
„Nein. Nicht das was ich suchte.“ Entgegnete er ihm.
„Was wollt ihr mit der verbeulten Rüstung? Sie schützt euch nicht viel mehr als das was ihr jetzt anhabt.“
„Es nicht des Schutzes wegen, sondern des Stolzes weshalb ich sie trage. Genau wie ihr euer Banner trägt.“
Der Rohirrim nickte. „Nun denn, lasst uns zurückkehren. Es gibt nicht nur die Rede zu bestaunen, sondern auch Speis und Trank.“
Während sie zurückritten fragte der Rohirrim was Aglareb dort eigentlich für ein Erbstück gesucht hatte. Er erklärte ihm wie seine Axt aussah, und dass es sich um eine der Pferdemenschen Bauart handelte. Dann kramte der Mann aus Rohan in einer großen Seitentasche am Sattel des Pferdes herum.
„Sah sie vielleicht so aus?“ fragte er mit prüfendem Ton.
Aglareb konnte es kaum glauben, Jubel, Freude und Erleichterung brach in ihm aus.
„ Ja! Das ist meine Axt! Das ist sie! Wo habt ihr sie gefunden?“ Er wollt sie gerade an sich nehmen als seine Euphorie unterbrochen wurde und der Reiter die Axt wieder zurück zog.
„Haltet ihr mich vielleicht für einen Narr?“ Der Rohirrim stoppte das Pferd schlagartig, als würde es von seinen Gefühlen geleitet werden. Aglareb zog es nach vorne, doch dieser Schwung wurde knallhart ausgenutzt um ihn nach hinten mit dem Ellbogen vom Pferd zu stoßen. Er schlug auf mit dem Rücken auf dem Boden auf und landete im Matsch. Er war zwar ein zäher Bursche, aber nach diesem Schock und schweren Sturz lag er einfach nur da und schaute verwirrt in den Himmel.
Der Rohirrim drehte das Pferd, und warf dem am Boden liegenden, geschockten Mann die verbeulte Rüstung vor die Füße.
„Diese Sorte wie euch kenne ich, ihr seid ja schlimmer wie Grabräuber! Geht auf das Schlachtfeld und wollt bei den ganzen Toten nach einen Erbstück suchen? Dann kommt ihr zurück mit dem Schrott den ihr wahrscheinlich irgendwelchen armen Soldaten für Wucher verkaufen wollt? Behauptet ihr seid aus Gondor und dann verlangt ihr nach einer Axt der Rohirrim! Diese Axt kann euch gar nicht gehören! Dieses Familienwappen kenne ich und deren letzter Nachkomme liegt dort vorne irgendwo zwischen den Reihen, und ihr wolltet ihm sein letztes Erbgut abstauben, indem ihr behauptet es sei eures? Aber ich habe euch enttarnt, möget ihr im Dreck verfaulen!“ Mit diesen erdrückenden Worten ritt er davon und ließ Aglareb liegen, der vor lauter Schock keinen lauten Satz mehr herausbrachte um den Rohirrim das Missverständnis zu erklären, außer: „Meine Mutter kam aus Rohan...“ Doch da war es zu spät.
Aglareb richtete sich auf, streckte sich und machte sich auf den Rückweg immer noch geschockt von dem Vorfall. Aber es war kein einziger Reiter mehr unterwegs, sie waren die letzten. Er musste also laufen und hatte genug Zeit nach zudenken.
Ein weiteres Mitglied meiner Familie ist also auch Opfer des Krieges geworden... Ich hatte nie Zeit die Sippschaft meiner Mutter kennen zu lernen. Damals waren die Beziehungen zwischen Gondor und Rohan nicht so gut wie heute. Es gab noch keine „Menschen des Westens“. Außer das bißchen Handel mit Pferden waren wir keine guten Nachbarn. Ein Vorteil für den Feind, dem es nun leichtes Spiel wird beide Völker auszulöschen, weil der Zusammenhalt zu spät kam. Viel zu spät. Ich hätte den Mann gerne kennengelernt der die beiden Länder wieder zusammenführte um den gemeinsamen Feind entgegenzutreten. ...