Mornamarth, Hexerfürst Angmars
Alter: 556 Jahre
Abstammung: Numenorer aus Rhudaur/Elbenfürst aus Bruchtal
Aussehen: Mornamarth wohnt im Körper des Elbenfürsten Liutasil und ist dementsprechend unglaublich schön. Er hat langes schwarzes Haar, ein makelloses Gesicht und einen athletischen, aber doch grazilen Körperbau und bewegt sich sehr geschmeidig. Das einzig unelbische an ihm sind seine Augen, in denen schwarze Flammen zu brennen scheinen.
Ausrüstung: Gekleidet ist Mornamarth meist in prunkvolle höfische Roben aus schwarzem Samt, die mit silbernen Stickereien verziert sind. Im Kampf trägt er einen den elbischen Rüstungen nachempfundenen Panzer aus schwarzem Stahl und zwei elbische Klingen, in die Morgulrunen eingraviert sind. Sein prunkvoller Umhang zeigt das Wappen Angmars und daneben das seines einstigen Adelshauses.
Fertigkeiten: Von Geburt an war Mornamarth ein geschickter Redner und Diplomat. Er beherrscht die Kunst des Betrügens meisterhaft und ist ein perfekter Schauspieler – er gibt sich immer so, wie sein Gegenüber ihn haben will. Durch sein unterwürfiges, einschmeichelndes Gebaren wird er von seinen Feinden oft unterschätzt – er kann sich blitzschnell in einen rücksichtlosen Mörder verwandeln, der jeden Feind kaltblutig zum Schweigen bringt, der sich ihm in den Weg stellt. Er ist hochintelligent, und dazu gesellt sich eine unglaubliche magische Macht – er ist nach Gulzar wohl der mächtigste Hexer Angmars. Des Weiteren eignete er sich mit Liutasils Körper auch die kämpferischen Fähigkeiten eines Elbenfürsten an, zieht es allerdings vor, die Schlacht aus der Ferne zu beobachten. Er gehört nicht zu den Leuten, die sich gerne die Hände schmutzig machen, gewinnt manchmal aber eine Art perverse Genugtuung daraus.
Geschichte:
Als er die Augen wieder aufschlug, war der Schmerz noch unerträglicher geworden. Seine Stirn fühlte sich an, als würde sie jeden Augenblick zerspringen. Durch einen Schleier aus Schmerz nahm er wahr, dass er sich in einem großen Raum befand, dessen Mauern aus schwarzem Stein gebaut waren. Wandteppiche zeigten das Wappen der Eisenkrone, ansonsten war der Raum bis auf ihn und fünf weitere Gestalten völlig leer. Sie standen in einem Kreis um ihn herum und betrachteten ihn mit Gleichgültigkeit, Wut, Abscheu oder Neugier. Einer von ihnen war ein gewaltiger Hüne, der größte Mann, den Liutasil je gesehen hatte. Er starrte ihn mit unverhohlener Mordgier an. Neben ihm stand eine wunderschöne Frau in einer schwarzen Robe, die ihn neugierig und amüsiert musterte. Die nächste Gestalt war ein mittelgroßer Mann mit versteinertem Gesichtsausdruck, der ihn mürrisch ansah. Neben ihm stand ein alter Mann, der trotz seines Alters eine weitaus beeindruckendere Präsenz darstellte als die übrigen Personen.
Die fünfte Gestalt war ein kahler, fahlhäutiger Mann in dunkler Kleidung, der direkt vor ihm stand. Mit unbewegter Miene legte er ihm die Hand auf die Stirn, was den Schmerz in Liutasils Kopf fast zum Explodieren brachte. Er wollte zurückzucken, doch schwere Eisenketten hielten ihn fest. Er stieß einen lauten Schmerzensschrei aus, von dem der Fremde keinerlei Notiz zu nehmen schien.
„Es ist wie vermutet“, murmelte er mit einer samtigen, aber völlig emotionslosen Stimme. „Seine Seele ist tatsächlich in diesem Elben gefangen.“
„Er hat es nicht verdient, weiter dem Meister dienen zu dürfen!“, stieß der Hüne abfällig hervor. „Er hat sich töten lassen und will nun den Körper eines Elben bewohnen!“
„Wa... was geht hier vor?“, fragte Liutasil schwach. „Wo bin ich?“ Niemand beachtete ihn.
„Es ist schändlich“, sagte der verhüllte Mann mit düsterer Stimme. „In den Kreislauf der Natur sollte nicht so eingegriffen werden. Was tot ist, sollte tot bleiben.“
„Wenn ihr damit ein Problem habt, dann habt ihr euch den falschen Meister ausgesucht, Drauglith.“, sagte eine der alte Mann matt. Die Frau lachte. „Wo Gulzár recht hat, hat er recht“, sagte sie zum dem Verhüllten.
„Wir haben uns den einzig richtigen Meister ausgesucht!“, stellte der Hüne klar. „Und nun genug davon. Lasst uns endlich mit dem Ritual beginnen!“
„Er hat recht“, sagte der Alte. „Yarduath – fangt an.“
Vier der fünf ungleichen Gestalten schlossen die Augen und begannen, in einem monotonen Singsang dunkle Worte zu murmeln. Lediglich der blasse Mann vor Liutasil bleib stumm und zog einen matt glitzernden Dolch hervor. Ohne Zögern rammte er ihn Liutasil ihn die Brust. Der Elb schrie auf, als erstickende Kälte von seinem Körper Besitz ergriff. Seine Schmerzensschreie hallten in dem Raum wieder und vermischten sich mit den Zauberformeln der Hexer, während der Mann den Dolch immer weiter hineinpresste.
„Matt“, stellte er fest. „Beinahe erloschen... und dennoch existent, allein vom Willen nach Macht und panischer Angst vor dem Tod am Leben erhalten.“ Er zog den Dolch wieder heraus und die Kälte zog sich so plötzlich zurück, wie sie gekommen war. Auf einmal veränderte sich das Gesicht des Fahlhäutigen, jegliche Emotionslosigkeit verschwand und machte einem geradezu irren Lachen platz. „Es klappt!“, schrie er mit sich überschlagender Stimme, die Liutasil an den Hexer erinnerte, den er in Bruchtal getötet hatte. „Gulzar! JETZ...“
Im nächsten Moment wand er sich wie unter grässlichen Schmerzen und stieß einen so unmenschlichen und schrillen Schrei aus, wie ihn Liutasil noch nie zuvor gehört hatte. Als er wieder aufsah, war jedwede Emotion aus seinem Fesicht verschwunden.
„Eine Seele lebt, eine andere stirbt...“, flüsterte er, schloss die Augen und fiel dann in die Zauberformeln des Greises und der übrigen Magier ein. Grünes Feuer sprang von dem Alten auf die Anderen über und die Luft kühlte merklich ab. Auf einmal zuckte brennender Schmerz durch Liutasils Brust, als einer nach dem anderen die geisterhaften Silhouetten der Soldaten, die der Hexer bei Bruchtal für seinen Zauber getötet hatte, daraus hervorbrachen. Liutasil brüllte vor Qual, und die Seelen schienen sich ebenfalls lautlos vor Schmerz zu winden. Langsam zerfielen sie in eine Art grüne Essenz, die den Elben wie Nebel einzuhüllen begann. Auf einmal riss der Fahlhäutige die Augen auf und Liutasils Welt explodierte in Schmerz und grünlichem Licht. Er riss die Augen zu und stieß einen unmenschlichen Schmerzensschrei aus. Dann wurde es still in dem Raum, totenstill. Als der Elb die Augen wieder aufschlug, war er nicht mehr Liutasil.
Gwardanath sah sich verstört in dem Raum um. Von Yarduaths uraltem, siebenfachem Bewusstsein beiseite gefegt worden zu sein, hatte jeden Schmerz übertroffen, den er je gefühlt hatte, ein Gefühl unglaublicher Qual, das jede Faser seines Seins ergriffen und ihn beinahe zerstört hatte. Und dennoch... er lebte!
„Hallo, Gwardanath“, sagte Gulzar. Der Hexer grinste. „Hallo, Gulzar“, gab er zurück, mit einer sanften Elbenstimme. Es war ein ungewöhnliches Gefühl. Mit einem Fingerschnippen ließ er die Ketten, die seinen Körper banden, zerspringen, und tat ein paar vorsichtige Schritte. Es war großartig. „Was für ein wunderbarer Körper...“, sagte er und sah an sich herab. „Grazil und gestählt von jahrhundertelangem Training... einfach ein erhebendes Gefühl.“
„Es ist ein Elbenkörper!“, warf Zaphragor abfällig ein. Er spie das Wort förmlich aus.
„Nun, das ist er wohl“, erwiderte Gwardanath. „Doch sind die Elben nicht weithin als die schönsten und reinsten aller Lebewesen bekannt? Zumindest ist dieser Körper schöner als eurer, Zaphragor.“
„Das kann man nicht bestreiten“, sagte Calya und schenkte Gwardanath einen gespielt anzüglichen Blick. Er machte eine spöttische Verbeugung. „Tausend Dank, Teuerste“, sagte er grinsend. Zaphragor schäumte vor Wut. Bevor er etwas sagen konnte, kam ihm jedoch Drauglith zuvor.
„Solch ein Zauber ist gefährlich“, sagte er. „Eine lebende Seele in einen anderen Körper zu übertragen... es könnte ungeahnte Nebenwirkungen haben. So etwas ist gegen jedes Gesetz der Natur.“
Als könnten eure kläglichen Naturgesetze einen Hexer wie mich aufhalten.
Gwardanath setzte ein selbstzufriedenes Lächeln auf. „Nebenwirkungen? Aber nicht doch... nicht, wenn der Zauber von einem solch brillanten Geist wie dem meinen erdacht wurde.“
„So brillant, dass wir sämtliche Drecksarbeit für dich übernehmen mussten, damit du jetzt in einem Elbenkörper herumstolzieren kannst“, spöttelte Calya.
„Aber natürlich“, sagte Gwardanath und verbeugte sich erneut. „Eure Hilfe war essentiell für den Zauber, und dafür gebührt euch mein aufrichtiger Dank.“
„Was der immer der auch bedeuten mag...“, erwiderte Gulzar unbeeindruckt.
Verdammter alter Mann. Worte haben ihn noch nie leicht getäuscht...
„Es wird Nebenwirkungen geben“, meldete sich auf einmal Yarduath zu Wort. Beim Klang seiner Stimme zuckte Mornamarth unwillkürlich zusammen, was Zaphragor ein abfälliges Schnauben entlockte.
„Wie... wie meint ihr das?“, fragte Gwardanath verunsichert. Er sah Yarduath nicht direkt in die Augen.
„Der Zauber wurde manipuliert“, erwiderte dieser. „Der Mensch mag sich in einem Elbenkörper verstecken, doch er wird trotzdem sterben... ein dunkles Schicksal erwartet ihn.“ Damit wandte er sich um und ging.
„Wartet!“, rief ihm Mornamarth hinterher. „Was meint ihr? Wer hat...?“
„Derjenige tat es, von dem der Fürst es am meisten erwarten würde... selten ist das Leben so einfach.“ Damit trat er in die Schatten und verschwand.
Gwardanath kochte vor Wut. Nichts schien Yarduath weniger zu berühren als sein baldiger Tod – doch seit ein paar Minuten wusste Gwardanath es besser, als sich mit diesem Monster anzulegen. Die Zeit in seiner Seele hatte ihm klargemacht, dass er ihn jederzeit, ohne zu Zögern, hinrichten würde und nicht die gerinsgte Reue dafür zeigen würde. Stattdessen wandte sich Gwardanaths Zorn gegen Zaphragor.
„Ihr!“, rief er. „Ihr wart es! Ihr habt den Zauber manipuliert! Dreckiger Bauer!“
Zaphragor grinste. „Wie überaus schade für euch, dass ihr das nicht beweisen könnt, teuerster Gwardanath. Erfreut euch lieber an eurem geborgten Leben, solange ihr noch könnt – bevor euch euer dunkles Schicksal ereilt.“ Mit diesen Worten verließ er lachend den Raum. Gwardanath schäumte vor Wut – doch er würde es ihnen zeigen! Er würde überleben! Und um ihren Prophezeihungen zu spotten, nannte er sich von nun an Mornamarth – dunkles Schicksal.
In den folgenden Tagen wurde Mornamarth völlig eins mit seinem neuen Körper. Er trainierte jeden Tag, und ließ sich neue, perfekt auf ihn zugeschnittene Waffen und Kleider anfertigen. Fast war er schon geneigt, Yarduaths und Zaphragor Schwarzmalerei als leere Drohungen abzutun - doch dann, nach einer Woche, brach er plötzlich zusammen. Brüllend vor Schmerz, der keinen speziellen Ursprung zu haben schien, wurde er auf sein Zimmer gebracht. Entsetzt bemerkte er, dass seine einst schöne Haut grau und fahl geworden war und sich von seinen Knochen abzuschälen begann. Er wusste sofort, dass Zaphragor dafür verantwortlich war, doch er konnte ihm nichts nachweisen und hatte Dringlicheres zu tun. Verzweifelt griff er nach der Lebenskraft der Diener um ihn herum, und der Schmerz hörte sofort auf. Mit einem Mal war sein Körper wieder gesund.
Von diesem Tag an tötete Mornamarth jede Woche mehrere Diener, und wurde dadurch nur noch gefühlskälter als zuvor. Seine Macht dagegen nahm mit jedem Mal zu. Er baute seine magischen Kräfte weiter aus und muss sich heute in Morgulmacht nur noch Gulzar und dem Hexenkönig geschlagen geben.
Mornamarth ist eine der tückischsten Ausgeburten Angmars. Gerissen, hochintelligent, grenzenlos ehrgeizig und falsch wie eine Schlange. Es ist unmöglich, in einem Gespräch seine wahren Absichten zu ermitteln, und seine Geringschätzung für alle anderen Lebewesen überspielt er geschickt durch einen ununterbrochenen Strom von freundlichen Worten. Er ist allerdings leicht reizbar, und wenn sich ihm jemand widersetzt, zeigt er schnell sein wahres Gesicht – das einer bis in den Kern verdorbenen Kreatur, die für den eigenen Aufstieg über Leichen geht. Er ist enorm arrogant und betrachtet alle anderen Bewohner Mittelerdes als seiner unwürdig, lediglich als Schergen oder rohe Seelenergie zu gebrauchen.
Mornamarth nimmt selten selbst am Kampfgeschehen teil, und wenn, dann nur, wenn der Sieg bereits nahe ist. Dann stürzt er sich mit seinen elbischen Doppelklingen in die Schlacht und macht seiner Verachtung für die Menschen Arthedains in einem blutigen Gemetzel Luft. Außerdem nimmt er häufig Gefangene für seine Opferrituale, da es seine Schmerzen besser lindert, die Seelen besiegter Feinde auszulöschen, deren Seelenenergie hell leuchtet, als die von willigen Dienern, die sich bereits in ihr Schicksal ergeben haben.
Während er weiterhin Loyalität heuchelt und von der Macht Angmars profitiert, wartet Mornamarth nur auf eine Gelegenheit, die anderen Hexer loszuwerden und selbst Herr über Angmar zu werden.