Eingangs möchte ich anführen, dass J. R. R. Tolkien einer Verfilmung des Herrn der Ringe stets kritisch gegenüberstand; denn er selbst war der Meinung, die Geschichte des Herrn der Ringe und ihre Hintergründe seien zu kompliziert, um in das enge Spektrum des Films gefasst zu werden, weshalb er den Regisseur und Drehbuchautor eines potenziellen Films grundsätzlich vor einer schwierigen wenn nicht gar unlösbaren Aufgabe sah. Er war einer Verfilmung seiner Geschichte jedoch nicht abgeneigt (wahrscheinlich, weil er sich davon eine Aufbesserung seines Professorengehaltes erhoffte), insofern man ihm die Entscheidung darüber überließ und ihn in die Umsetzung des Films mit einbezog (wobei er den Fachleuten natürlich die Oberhand lassen würde); mehr noch: Er war sogar damit einverstanden, für eine Verfilmung seiner Geschichte manche Charaktere (wie Tom Bombadil und seine Gefährtin Goldbeere) wegfallen zu lassen, um die Handlung zu vereinfachen. (Im April 1954 schrieb er: Tom Bombadil is not an important person – to the narrative. I suppose he has some importance as a 'comment'. I mean, I do not really write like that: he is just an invention (who first appeared in the Oxford Magazine about 1933), and he represents something that I feel important, though I would not be prepared to analyze the feeling precisely.)
Allerdings bestand er auf der Eindeutigkeit und Ernsthaftigkeit seiner Geschichte und erteilte den Beatles, daher nicht die Erlaubnis, den Herrn der Ringe mit den Musikern in den wichtigsten Rollen zu verfilmen.
Auch kritisierte er aufs Schärfste die Unfähigkeit eines amerikanischen Drehbuchautors namens Zimmerman, den Herrn der Ringe filmisch umsetzbar zu machen, weil dieser die Geschichte pervertierte und zu einem lächerlichen Märchen herabwürdigte.
Gegen die Verfilmung Peter Jacksons wird J. R. R. Tolkien jedoch wohl kaum Einwände gehabt haben; denn Jackson und sein Team hielten sich so präzise wie möglich an die Buchvorlage und machten nur dort Kürzungen (die Tolkien sicherlich begrüßt hätte), wo sie auch nötig waren.
Ich bin mir jedoch auch sicher, dass er an gewissen Umsetzungen Anstoß genommen hätte:
1. Der Charakter des Saruman findet in der Trilogie weniger Beachtung als nötig; Saruman bleibt weiß (im Buch wird er vielfarbig), setzt die Macht seiner Stimme zu wenig ein (sogar Gandalf fiel es schwer, Saruman nicht zu glauben, was er erzählte, oder von dessen Worten getroffen zu werden). Außerdem verlässt er im Film anders als im Buch nicht den Orthanc auf die Erlaubnis Baumbarts hin und wandert ins Auenland, wo er eine Schreckensherrschaft aufbaut und aus Verzweiflung von Gríma getötet wird.
2. Die Nazgûl und das Balrog machen Geräusche – das ist einer der größten Verstöße gegen die Geschichte: Weder die Nazgûl noch das Balrog machen Geräusche; sie verkörpern den namenlosen und totenstillen Schrecken verderbter Willenlosigkeit. Sie werden von einer starren und schrecklichen Aura umgeben, die überhaupt keine Geräusche braucht, um alles in ihrer Nähe in Angst und Schrecken zu versetzen.
3. Anstelle von Glorfindel rettet Arwen Frodo vor den Nazgûl. Für J. R. R. Tolkien ist Arwen eine hochwohlgeborene, würdevolle und rätselhafte Elbe/Elbin, die er im Herrn der Ringe an sich nicht zur Geltung kommen lässt, weil sie für ihn für die Haupthandlung nicht von Bedeutung ist, sondern im Hintergrund ins Geschehen einwirkt. Durch die Rettung Frodos verliert sie ihre Rätselhaftigkeit und wirkt wichtiger als sie in Wirklichkeit ist.
Allerdings denke ich ebenfalls, dass ihm manche Umsetzungen besonders gefallen hätten:
1. Die Hobbits sind im Film perfekt (wirklich – besser geht es nicht) dargestellt; ihr gemütlicher und herzlicher Lebensstil kommt enorm und in jeder Hinsicht zur Geltung.
2. Die Elben sind genauso mystisch, würdevoll und mächtig dargestellt wie im Buch; da gibt nicht wirklich etwas besser zu machen.
3. Die neun Gefährten (die Hauptrollen) werden von nahezu perfekten Schauspielern verkörpert; jeder Schauspieler scheint für seine Rolle geboren worden zu sein – vor allem Ian McKellen für Gandalf, Sean Astin für Sam und Viggo Mortensen für Aragorn.
4. Die Statisten und Nebenrollen fügen sich perfekt ins Bild ein – das Verhältnis zwischen Haupt- und Nebenrollen ist so ausgeglichen wie nur irgend möglich – das verleiht dem Film die Authentizität der Geschichte.
Ich denke also, dass Tolkien die Verfilmung (mit einigen wenigen Ausnahmen) sehr gut gefallen hätte und der sich kaum eine bessere Verfilmung hätte vorstellen können (beim Hobbit bin ich mir da nicht so sicher).