Ich muss ja ganz ehrlich sagen, dass ich im Nachhinein eher davon enttäuscht bin, was der gute Herr Jackson NICHT getan, und weniger davon, was er getan hat. Er hat nämlich in meinen Augen KEINEN Herr-der-Ringe-Film gemacht. Ich verstehe deshalb auch nicht, warum manche sich gerade darüber beschweren, dass die Filme zu viel Herr der Ringe in sich hätten. Aber das muss ich jetzt kurz erklären:
Ein Herr-der-Ringe-Film ist für mich, genau wie die Bücher, High-Fantasy mit einem starken Faktor an Realitätsnähe und physikalischer wie physischer Plausibilität verbunden. Man brauche sich doch nur einmal die drei alten Filme anschauen. Ich bin mir sicher, dass wir maximal 5 Szenen finden, die so nicht auch in unserer Realität stattfinden könnten, bzw. die Grenzen des Möglichen zu weit ausloten (z. B. Deagol und der fette Fisch am Anfang von Teil 3; Frodo, der in die Schicksalskluft vornüber gebeugt fällt und sich dann im Fall um 180 Grad dreht, um sich an der Wand festzuhalten; von mir aus auch die Sache mit Legolas und dem Olifanten). Diese Natürlichkeit spiegelt sich übrigens auch in der Cinematographie wieder. Die Landschaften gibt es zu vielen Teilen wirklich genau so, wie sie im Film vorkommen, und wenn einmal eine Gegend am Computer entstanden ist (z. B. die Pelennor-Felder), dann mit so viel Hilfe von echten Außenaufnahmen, dass der Übergang (so gut wie) nahtlos ist.
Beim Hobbit hat man einfach viel zu sehr darauf gesetzt, dass man ohnehin gut 80% des Films im Studio drehen kann. Wen kümmert es, ob die Hintergründe dann auch authentisch wirken? Wen schert es, ob die Figuren (digitale wie reale) dann hineinkopiert wirken, und das bei einer Technik, die doch eigentlich auf einer völlig neuen Evolutionsstufe als noch vor 15 Jahren sein sollte? Was macht es schon, wenn Ian McKellen niemanden hat, mit dem er in manchen Szenen interagieren könnte, und deshalb wirkt, als rede er mit der Luft? (Weil er nämlich genau das tut!) Billig und schnell kann der Film so gedreht werden! Aufwändige Logistik, die für die atemberaubenden Aufnahmen sorgt? Brauchen wir nicht! Einfach 500 CG-Künstler engagieren, die werden uns schon was zaubern! Und das kommt übrigens von jemandem, der eigentlich ein großer Fan von CG ist!
Viele beklagen auch, dass Jackson den Filmen eine epische Breite gegeben habe, die das Buch nicht aufweise und die lediglich ein Abklatsch des Herrn der Ringe sei. Ja...wo genau soll das sein? In welcher Szene genau fühlen sich die Filme auch nur entfernt so episch und "groß" an, wie im Herrn der Ringe? Wenn ein Troll auf Bilbo rotzt? Wenn ein fetter Ork ihnen schiefe Töne vorsingt? Wenn Bombur seine unfassbare Fass-Szene aufführt? Nicht einmal der dritte Teil kommt da heran. Die Schlacht um den Erebor ist einfach viel zu wenig spannend und nervenaufreibend, als dass sie sich mit irgendwas im großen Epos messen könnte. Dain, der mit seinem Kopf schwer gepanzerte Orks niederstreckt? Lässt mich völlig kalt. Ein Hexenkönig, der mit seiner Fellbestie dutzende Gondor-Soldaten packt und in die Tiefe fallen lässt - das ist ergreifend!
Um es kurz zu machen - denn ich merke schon, dass ich wieder ausschweifend werde - Jackson hat für mich darin absolut versagt, die Welt des Hobbit auch nur annähernd sich so anfühlen zu lassen, als wenn sie dieselbe wäre, die wir auch im Herrn der Ringe sehen. Am ehesten glaube ich ihm das noch, wenn wir im Auenland sind, aber sogar das schaut nach zigfacher technischer Nachbearbeitung einfach nur mehr übersättigt und "künstlich" aus.
Fazit: Ich halte Jackson durchaus für einen fähigen Mann, ich mag z. B. auch seinen King-Kong-Film. Aber der gute Herr hat es eindeutig übertrieben, was die Einbindung von Computertechnik in die Ausgestaltung von Mittelerde angeht. Das ist ein Mittelerde aus einem Computerspiel und keins, in dem ich tatsächlich leben könnte.