Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Isengart

Orthanc

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Vexor:
Wie Paukenschläge klangen die Schritte Celebithiels, wie Paukenschläge, die ihren letzten Weg begleiteten, der ihr Absolution bringen würde. Sie vernahm nichts bis auf diese Töne, die sich dröhnend Zugang in ihren Kopf bahnten.
Die Fackeln an den Wänden flackerten in bedrohlicher Stille, wie einsame Hände, die Celebithiel zum Abschied winkten, in dunkler Vorahnung des Grauens, welches sie erwarten würde.
Die verzierten Wände und Edelsteine an ihnen, erleuchtet durch das düstere Licht, hafteten wie Augen an ihr und bohrten sich in ihre Gedanken und durchzogen sie mit Linien grausamer Schärfe.

Immer weiter schritt Celebithiel den Gang entlang, vorbei an der sich monoton und eintönig wiederholenden Abfolge von Händen und Augen, begleitet von den dominanten Paukenschlägen.
Ihr Blick war stur gerade ausgerichtet und sie ignorierte jede Abzweigung und Tür, die sich ihr bot, als würde sie von einer Kraft geleitet werden, die ihr den Weg aufzeigte, der sie zu ihrem Ziel führen würde.
Plötzlich hielt sie an einer Stelle an und blickte irritiert das Bild einer Frau an. Sie wirkte müde und kraftvoll, hässlich und wunderschön, plump und graziös zugleich. Das Haar hing freudlos und schlaff an den Seiten herunter. Eine Narbe zierte ihre linke Wangenhälfte und tiefe schwarze Schatten, die der dunkle Herrscher persönlich ausgesandt hatte, legten sich unter ihre ozeanblauen Augen. Das porzellangleiche Gesicht war überzogen mit Dreck und Blut, als hätte sie eine lange, verlustreiche Schlacht geführt. Die Lippen einst blutrot beherbergten nun tiefe Risse, schluchtengleich, und waren mit einem matten Grauton bedeckt. Plötzlich fasste sich die Frau an die Lippe und Celebithiel wich zurück, bis sie merkte, dass sie sich selbst betrachtet hatte. Einen Moment verharrte sie in schockierter Fassungslosigkeit und ergriff ihr Schwert. In einem wütenden Schrei, der von einem herzzerreißenden Schluchzen erstickt wurde, nahm sie den Knauf ihres Schwertes und schlug damit auf das Bild der Frau ein. Tausend gläserner Scherben regneten auf die am Boden kauernde und schluchzende Celebithiel nieder. Hunderte kleine Schnitte zierten nun ihren Körper, wo das Lederwams ihre Haut nicht vor dem gläsernen Schauer schützen konnte.
Sie ignorierte die Schmerzen und erneut beflügelt von der Kraft nahm sie ihren Weg wieder auf und kam zu einer großen Tür, vor der sie instinktiv stehen blieb. Sie war aus demselben Gestein, wie der gesamte Orthanc errichtet und die zwei gewaltigen Türflügel schienen verschlossen zu sein. Sie wischte die letzten Tränen von ihrem Gesicht und mit zitternder Hand ergriff sie fest den Türgriff und mit all ihrer Kraft öffnete sie die schweren Steintüren, die unter großem Jauchzen schlussendlich nachgaben.
Ihre Augen musterten den dunklen Raum blitzartig und im ersten Moment verstand sie die Szenerie nicht, denn der Mund saß auf den pechschwarzen Thron und vor ihm kniete eine weiße und wimmernde Gestalt.
Jedoch wandelte sich das Schauspiel in Sekundenschnelle, denn die in weiß gekleidete Person wurde nach einer Handbewegung des Mundes durch den halben Raum gefegt und knallte Hart an eine der stützenden Säulen. Erst jetzt realisierte Celebithiel, dass es Gandalf war, der am Kopf stark blutend regungslos am Boden liegen blieb.
„ NEIN!“, entfuhr es Celebithiel ließ ihr Schwert fallen und rannte zu Mithrandir, stolperte und fiel neben ihm zu Boden. Sie nahm seine eiskalte Hand und versuchte einen Herzschlag Gandalfs zu vernehmen, aber das einzige was sie hörte was das Pochen ihres eigenen Herzens.
Sie ließ ihren Kopf auf seine Brust sinken, während sei bitterlich schrie. „NEIN!, NEIN!, Wieso?, Wieso Mithrandir“! Celebithiel schlug mit der Faust gegen die Säule, an der die beiden lagen, solange bis ihre Knöchel schmerzten und sie kein Gefühl mehr in der linken Faust hatte.
Wie ein giftiges Messer durchschnitt die Stimme des Mundes die Luft in dem Raum und ließ Celebithiel einen Schauer über den Rücken laufen.
„ Seid gegrüßt Celebithiel, silbergekrönte Elbenmaid, Ziehtochter der weinerlichen Celebrian, Enkelin der Hexe des Waldes und Hoffnungsträger eines alten Narrens, der sich immer noch gegen den dunklen Gebieter behaupten wollte. Aber seht was hat es ihm gebracht? Nun liegt er dort, nur noch ein Schatten seiner selbst, ein Häufchen Elend, ein einfältiger dummer Narr!
Aber genug von mir, nun zu euch, ihr wunderschöne Elbenmaid. Ihr kniet nun neben ihm, in barmherziger Trauer versunken, bemitleidet ihr den Tod dieses alten Mannes und empfindet nicht mal Wut. Auf welche Mission entsandte er euch im Fangorn Wald? Eine Mission des Todes der durch meine Hand vollstreckt wird.“
Ein höhnisches Lachen war zu hören, bevor der Mund sich auf seine eine Hand abstütze und Celebithiel mit verachtender Mine von seinem Thron aus betrachtete.
Jene hatte während des gesamten Monologes den Mund nicht angeschaut und nun wandte sie ihr Gesicht zu ihm herüber. Ihre Augen waren vor Tränen rotgefärbt und verquollen, aber in ihren Augen flackerte der pure Hass.
„ Oh nein meine Dame. Dies ist kein Auftreten, das sich einer Maid von solch hohem Stand ziemt. Lasst mich eure Tränen trocknen.“
Die schweren Stiefel aus Metall schlugen dumpf auf den Boden auf, während der Mund in gebückter Pose und schwer atmend zu Celebithiel herüber schritt. Auch er war vom Kampf mit Gandalf stark geschwächt worden, was er durch seine höhnische Art zu übertrumpfen versuchte.
Unsanft griff er ihr ans Kinn und drehte ihr Gesicht zu ihm und seine widerwertige Finger wischten Celebithiel die Tränen vom Gesicht.
Wie ätzende Säuren brannte Celebithiel die Berührung auf der Haut, aber sie vermochte sich nicht zu rühren und umklammerte immer noch die eiskalte Hand Gandalfs.
Der Mund, süffisant grinsend, schritt in gemächlicher Ruhe wieder zurück zu einem Thron und ließ sich auf jenen niedersinken.
„ So Celebithiel was wollt ihr nun hier? Kamet ihr hier her, um mich Schweigen zu strafen. Gibt es nichts was ihr mir zu sagen habt?“, sprach der Mund mit sichtlich gelangweiltem Tonfall.
Es herrschte Stille und Celebithiel verharrte in Schweigen, während sie langsam anfing sich aus ihrer innerlichen Starre zu lösen. Die Wut und der Hass übernahm immer mehr die Oberhand und die Hitze, die daraus entstand, ließ die eisige Lähmung dahin schmelzen.
„ I-i-ich will wi-wis-wissen wie ihr es geschafft habt Gandalf zu...zu –„, gab sie schwächlich und leise wider.“ Ihr meint zu töten?!“, und der Mund schmetterte ihr die Worte kalt und gefühlslos entgegen.
Celebithiel konnte sich nicht mehr erinnern, wie sie es geschafft hatte aufzustehen und Glamdring in die Hand zu nehmen. Jedoch erinnerte sie sich an den Moment, wo sie mit einem grölenden Kampfschrei auf ihren personifizierten Hass zu rannte. Jedoch parierte der Mund fast mühelos und schlug ihr das Schwert aus der Hand, welches klirrend zu Boden ging.
Er schlug ihr ins Gesicht, was Celebithiel auf den Boden beförderte.
„ Glaubt ihr wirklich ihr könnt Gandalfs missglückten Versuch zu Ende bringen. Eine einfache Elbe, eine Frau, soll das zu Ende bringen, was einem Maia nicht gelungen ist? Bis hierhin hielt ich euch nur für schwach, aber nun offenbart ihr mir noch eure einfältige Seite“, züngelte der Mund mit süffisanter Stimme und trat Celebithiel mit seinem eisernen Schuhe in die Seite.
„ Ihr wärt so ein schönes Geschöpf zum foltern, obwohl es mir um eure Schönheit direkt schade wäre. Der alte Mann ist verwirkt, aber euren Willen kann ich brechen und euch gefügig machen. Schon lange sehne ich mich nach einem Weib an meiner Seite. Eurer Wille ist schwach und wandelbar, wenn ich sehe, wie leicht Gandalf euch für sein Vorhaben gewinnen konnte. Ihr Elben mit euren fast fanatischen Drang die Schönheit der Schöpfung zu bewahren. Nicht umsonst werdet ihr bald ausgerottet sein. Die goldenen Wälder Loriens werden brennen, die Hallen Thranduils werden von Orks eingenommen werden und das verpestete Wasser der Bruinen wird die Überreste Imladris wegspülen!“
Der Mund packte die so gut wie besinnungslose Celebithiel und schleifte sie an den Haaren durch den gesamten Raum.
Stunden mussten vergangen sein in denen der Mund versuchte Celebithiel zu bearbeiten. Immer wieder lockte er sie mit seiner Stimme und mit Nutzen schwarzer Magie in die dunkelsten Orte ihrer Gedanken. Nutze ihre Schwächen und Sehnsüchte um sie zu brechen. Während der langen Folterung erzählte er Celebithiel viele Dinge, teils aus Unvorsichtigkeit, teils um Anerkennung zu ernten für seine Raffinesse. So offenbarte er ihr, dass er die Schritte Gandalfs verfolgt hatte, seitdem er Lorien verlassen hatte. Er schilderte ihr im Detail, wie er den Auftrag erhalten hatte Elladan und Elrohir zu foltern und wie er dabei vorgegangen war. Er kostete seinen Triumph über den weißen Zauberer auf und schilderte, wie er den, durch den mentalen Kampf mit den Hexenkönig, immer noch geschwächten weißen Zauberer überwältigt und ihm etwas von der Macht Saurons demonstriert hatte.
Jedoch ließ sich Celebithiel nicht beirren und um sich vor den Gedanken des Mundes zu schützen hatte sie sich entfernt in ihrer Gedankenwelt zurückgezogen und eine Mauer aufgebaut. Dort stand sie nun umringt von allen, die sie liebten. Gandalf, Galadriel, Celeborn, Elladan, Elrohir, Amrûn, Nîdanadh, Jutan, Antien, ihre Mutter und ihr Vater. Sie alle standen da, lächelten ihr zu und blockten die Gedanken des Mundes ab.
Allerdings durchschaute der Mund bald ihren Plan und nach und nach nahm er die schützenden Menschen weg. So folterte er die Zwillinge erneut, ließ Nîdanadh und Jutan  vom Felsen töten, Galadriel ,Celeborn und ihre Mutter verschwanden in Flammen und Gandalf, Amrûn und Antien streckte der Mund selbst mit seiner rostigen Klinge nieder.
Nur ihr Vater blieb bis zum Schluss, aber wurde bald von einer Frau attackiert. Derselben Frau, die sie vorher auf dem Bild gesehen hatte. Sie selbst richtete ihren Vater hin.
Nun war niemand mehr da, der Celebithiel beschützte und so näherte sich die widerliche Fratze des Mundes und sein Körper umschlang den Ihrigen. Sein Mund presste sich auf den Ihrigen und mit einem gezückten Dolch durschnitt er ihren Lederwams und er drang in sie ein. Schändete sie, schlug sie, erstickte ihre Schreie mit seiner ätzenden Hand.

Gehüllt in ein schwarzes Kleid stand sie nun neben dem Mund auf den Balkon und blickte auf das Schlachtfeld unter ihr. Die Dämmerung tauchte das Schlachtfeld in schummriges Licht und Celebithiel erkannte, dass die Truppen Rohans geschwächt waren, denn immer mehr Soldaten des Mundes kamen aus den unterirdischen Verließen herausgeströmt. Nun auch Orks, die das zuvor Tageslicht gemieden hatten.
Ein grauer Schleier lag auf Celebithiels Augen und ihre Gedanken waren leer. Ihre Gesten waren bedeutungslos und wie eine Marionette des Mundes stand sie neben ihn.
Wutentbrannt über die Situation auf dem Schlachtfeld rannte der Mund wieder hinein. Er tobte raste vor Zorn und schmetterte Phrasen in der schwarzen Sprache hinab. Offenbar Flüche, die sich gegen die Angreifer richteten.
Stumm und ohne einen Gesichtsausdruck folgte Celebithiel dem Mund. Sie stieg über den Leichnam des weißen Zauberers und hielt inne. Etwas funkelte an seinen Finger und Celebithiel erkannte einen feuerroten Rubin, der in einen Ring eingefasst war und Gandalfs Zeigefinger zierte. Plötzlich löste sich der Schleier von Celebithiel und die Gedanken kehrten in ihren Kopf zurück.
Sofort ergriff sie Glamdring, der dicht neben dem regungslosen Körper Gandalfs lag und wandelte mit müden Schritt, da der Schmerz ebenfalls zurückkehrt war, hin zu dem vor Wut tobenden Mund. Jener stand mit dem Rücken zu ihr. Sie hob das silberne Schwert über ihren Kopf und holte zu einem Schlag aus, der dem Mund ein Ende bereiten würde.
Das Schwert, geführt von Celebithiels Hand, sauste auf den Kopf des Mundes herunter. Jener drehte sich im selben Moment um und so traf sie nur die Schulter des Mundes.
Der Mund schrie vor Zorn auf,“ Ich wusste es. Du dreckiges Elbenweib bist nicht so leicht zu brechen. Nunja schade, um solch eine schöne Seele wie dich, aber dann bereite ich dir jetzt ein Ende und statuier an dir ein Exempel!“
Blitzschnell war er bei Celebithiel, die völlig verdutzt ob ihres missglückten Mordversuches da stand, und schlug sie mit einem Hieb in die Magengegend zu Boden. Celebithiel spuckte Blut und merkte, wie der Mund sie erneut zum Balkon schleifte. Er packte sie am Schopf und zog sie zu sich hoch.
„ Celebithiel nun ist die Zeit geko –„
Ihre Stirn donnerte auf seinen Mund nieder und sie merkte wie ein paar der gelben Zähne nachgaben. Sie löste sich aus dem Griff des Mundes und wollte zurück zu Gandalf rennen, der jedoch nicht mehr da war. Verwirrt blickte sie sich um und sah ihr Schwert, welches immer noch am Eingang lag, wo sie es hatte fallen lassen. Sie hörte das Fluchen des Mundes und hatte vor sich ihn jetzt komme was wolle entgegen zu stellen. Sie nahm ihr Schwert und rannte mit einem zornigen Schrei auf den Mund los, der bereits da stand, in seiner rechten Hand den rostigen Zweihänder schwingend, bereit ihren Angriff zu parieren.
Plötzlich erstrahlte ein weißer Lichtstrahl und Celebithiel nutzte den Moment der Überraschung und hackte mit einem Hieb die Hand des Mundes ab. Sie rammte mit Einsatz ihres vollen Körpergewichtes den Körper des Mundes wieder auf den Balkon und ergötzte sich an den schmerzverzerrten Gesichtsausdruck des Mundes.
„ Ich frage mich, ob sich meine Brüder auch so gefühlt haben müssen.“, und rammte den Mund ihre Klinge in den Rachen.
Jedoch entlud sich erst jetzt die aufgestaute Wut Celebithiels und sie schlug immer weiter auf den Mund ein, der langsam in sich zusammenknickte. Mit einem letzten Kraftaufwand stieß sie den Körper des Mundes vom Balkon.
Sie hörte nicht, wie der Mund am Boden aufschlug und vermochte auch nicht nach unten zu sehen. Sie ließ ihr Schwert fallen und versuchte einen Schritt nach vorne zu machen, aber brach zusammen Jedoch fiel sie nicht auf den harten Boden, sondern wurde von zwei Armen aufgefangen.  Das letzte was sie sah, bevor sie ohnmächtig wurde, waren zwei trübe, himmelblaue Augen.

Thorondor the Eagle:
Amrûn saß weinend am Boden, sein Kopf war sanft auf die Schultern von Éowyn gebettet und sie waren umgeben von jubelnden Soldaten. Die Schlacht war also endlich geschlagen und selbst die letzten Uruks die aus den Löchern gekrochen kamen sind nun erledigt.
Doch von der oberen Etage war nichts zu hören, kein Schrei, kein Wimmern, kein Grollen.

Was ist nur los dort oben? Hat Gandalf den Mund getötet, ist seine Herrschaft vorbei? Warum können wir nicht hinauf? Wenn die schwere Türe nicht blockiert wäre, könnte ich den beiden Helfen.

Der Elb war in seine Gedanken vertieft, bis zu jenem Moment als eine große Erleichterung ihn übermannte. Es schien so als ob eine Last von seinen Schultern genommen wurde, aber wie? Verwirrt blickte er in die Menge und erkannte, dass es den anderen genauso erging.
Die dichte Decke aus Dunkelheit, welche die letzten Jahre über Isengart und Rohan lag, war nicht mehr. Sie schmolz wie der Schnee unter der ersten Frühlingssonne.

Draußen war ein tosendes Kriegs- und Jubelgeschrei zu hören. „Der Mund Saurons ist gefallen!“ hörte man die vielen Stimmen durch den Raum hallen. Ehe es Amrûn und Eowyn überhaupt realisierten, waren sie schon auf dem Weg nach oben. Sie hasteten die Treppe hinauf, entlang des dunklen Flures. Von Angst getrieben stemmte Amrûn sich mit der Schulter gegen das schwere Tor.

Mitten im Raum kniete Gandalf, Celebithiel in den Armen haltend.
„Mithrandir“ presste es aus Amrûn heraus.
Der Elb kniete sich zu den beiden: „Was ist geschehen, was ist mit ihr passiert?“
Der Zauberer saß nur schweigend da und starrte in die Leere.
„Gandalf“, sagte Amrûn etwas lauter und bestimmter.
Wie aus seinem Traum gerissen, zuckte er kurz zusammen und blickte dann den Elben an. Seine Augen waren matt und leer. Die Pupillen winzig klein.
„Amrûn, ich wollte nicht das dies passiert!“, sagte er.
„Ich auch nicht“, antwortete der Elb und blickte ihr ins Gesicht.
„Meine Macht hat versagt, zu viel hat mich der Kampf mit dem Hexenkönig gekostet, zu viel die Schlacht um Edoras und am meisten das stetige Ringen gegen Sauron.“
„Gandalf, es gibt keinen auf dieser Welt, der tapferer und stärker ist als du. Du bist die treibende Kraft, welche Menschen, Elben und Zwerge erst ermutigt gegen die Dunkelheit zu kämpfen.“
„Und genau das bereitet mir sorgen...“ Der Zauberer hielt einen Moment inne, er verfiel scheinbar wieder seinem Traum.
„Mithrandir...“
Ein weiteres Mal zuckte er zusammen.
„Kannst du mir Celebithiel abnehmen?“
Ohne zu antworten, holte Amrûn ein Kissen von dem Thron und legte es sanft unter Celebithiels Kopf.
„Ein weiter Weg liegt nun vor mir. Eine Reise bei der du mich nicht begleiten kannst", erzählte Gandalf.
Amrûn schaute den Zauberer verwirrt an, die Angst in ihm wuchs.
„Aber keine Sorge, du und Celebithiel ihr habt euren eigenen Weg, der euch bereits zu Füßen gelegt wurde, ihr müsst ihn nur noch beschreiten. Gemeinsam wird es ein leichtes für euch.“
Dies verwirrte den Elben noch mehr als vorhin: „Was sollen wir tun?“

Der Zauberer verfiel wieder seinem Traum und starrte an die blanke Mauer.
„Gandalf...“ schrie er nun schon leicht gereizt.
„Mein lieber Freund, ich habe eine große Bitte an dich. Pass gut auf Celebithiel auf. Was heute passiert ist, wird sie ihr Leben lang verfolgen, deshalb habe ich dieses Geschenk an sie. Es wird ihr helfen den Schmerz zu überwinden, das Leben zu genießen und neuen Mut zu fassen.“

Plötzlich verstummte er, seine Augen wanderten wieder die Mauer entlang und die Trance hielt ihn gefangen.
„Mithrandir?“, fragte Amrûn.
„Lass sie nicht im Stich, niemals. Ohne dich ist sie nichts weiter als hilflos.“
Er übergab dem Elben einen kleinen weißen Seidenbeutel und wie er das Geschenk los ließ sank sein Körper zu Boden.

„Mithrandir!“ schrie Amrûn verzweifelt „Mithrandir... Éowyn, helft ihm!“


Amrûn, Celebithiel, Gandalf und Éowyn zu den Zelten außerhalb der Mauer

MCM aka k10071995:
Arafaron lag auf dem kalten, schwarzen Boden des Orthancs. Über ihm glitzerten die Sterne. Sterne. Symbole für Freiheit. Ja, er war nun frei. Heraus aus den dunklen Höhlen, die nun tief unter ihm lagen. Erst hier oben merkte er, wie sehr ihm die frische Luft gefehlt hatte. Eigentlich sehr untypisch für ihn. Normalerweise merkte er erst, dass ihm etwas wichtig war, wenn er es nicht mehr hatte.
Wie war er eigentlich hierhergekommen? Er konnte sich nicht erinnern. Was war seine letzte Erinnerung? Er wusste es nicht mehr. Wenn er ein Eriegniss in Gedanken zu fassen versuchte, verfloss es und verschwamm mit dem grauen Nebel, der seine Gedanken füllte.  Er betastete den Boden neben ihm. Kalt und glatt. Er drehte seinen Kopf leicht nach links. Eine Spitze tauchte am Rand seines Blickfeldes auf. Dann der Rand des Turmes. Wie es dort unten wohl aussah? Er stemmte seine Hände auf den Boden und stand auf. Das Gleichgewicht suchend wankte der Waldäufer Richtung Abgrund. Er hielt sich an der Spitze fest und blickte hinab.
Dort unten loderte Feuer. Es war kein natürliches Feuer, wie man es von Kochstellen oder von Bränden kennt. Diese Flammen hatten etwas magisches. Verderbtes. Sie anzusehen, weckte eine Erinnerung in ihm. Ein Gedankenfetzen stach aus dem Nebel hervor. Ein leerer Thron in einem schwarzen Raum. Urplötzlich kehrten seine Erinnerungen zurück. Der Mund. Seine Eltern. Saurons Stimme. Er schrie auf.
Dieses unbeschreibliche Gefühl. Es war unerträglich. Er sank auf die Knie und faltete die Hände. Er betete zu allen Valar und zu Eru höchstpersönlich. Doch es war vergeblich. Die Kraft verließ ihn. Er kippte dem Abgrund, den Flammen entgegen.
Plötzlich saß er an einem großen, runden Tisch. Er war offensichtlich für eine Verhandlung oder eine Besprechung gedacht. Auf dem Tisch lag eine Karte. Arafaron sah sie an. Es war die Karte, die ihn durch den Orthanc geführt hatte. Ansonsten war die Marmorplatte leer. Er blickte die Stühle entlang. Alle waren leer. Er blickte wieder auf die Karte. Merkwürdig. Hatte sie gerade nicht anders ausgesehen?
Etwas krachte auf die Marmorplatte. Der Waldläufer zuckte zusammen. Am anderen Ende des Tisches, ihm gegenüber, saß... er. Obwohl. Nein. Er hatte einen längeren Bart. Und seine Haare sahen noch ungepflegter und verfilzter aus als die des Waldläufers.
"Moin, Kumpel. Du siehst ja aus wie ich. Wobei, nich' ganz. Du bist so'n bischen heller als ich. Warst wohl lange nicht mehr an der sonne, ne?"
Arafaron starte ihn einfach nur an. Er war nicht in der Lage, auch nur einen Gedanken zu fassen.
"Sprachlos? Nu ja, kann ich verstehen. Uns're Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend..."
Eine Minute verstrich. Dann fuhr sein Gegenüber fort:
"Mein Name is' übrigens Barion. Ich komme aus dem Norden. Leb' dort in nem kleinen Dorf. Bin Holzfäller und wenn nötig auch Axtkämpfer."
Arafarons Gedanken begannen sich zu sammeln.
"Mein... Mein Name ist Arafaron."

MCM aka k10071995:
Arafaron lehnte sitzend mit dem Rücken an der Wand des Orthanc. Er blickte auf das Schlachtfeld, durch das offene Tor hinaus. Wie war er hierher gekommen? Er wusste es nicht. Diesmal war es jedoch kein Traum. Es gab nichts, was mit Bestimmtheit drauf hinwies, aber er wusste es einfach. So wie er plötzlich wusste, dass der Mund noch lebte. Doch auf irgendeine Weise wusste er auch, dass er ihn nicht töten könnte. Nein, er nicht. Er hatte versagt. Vollkommen.
Langsam drückte er sich an der Wand hoch. Seine Knie waren schwach. Er brach zusammen und blickte auf sein Spiegelbild auf dem kalten, glatten Boden des Orthanc. Er sah ungepflegt aus. Viel zu langes Haar und sein Bart wucherte vor sich hin. Die Schlacht war gewonnen. Auch das spürte er. Nun stand es ihm wohl zu, sich einmal zu rasieren, nach allem, was er für die freien Völker Mittelerdes getan hatte.
Nein.
Eine kalte Stimme. Es war wie ein Echo. Sie stammte von seinem Hinterkopf und breitete sich langsam aus, in die Stirn, die Brust und den Bauch. Seine Nackenhaare stellten sich auf.
Nein. Ihr habt nichts geleistet. Ihr bildet euch ein, ihr spielt eine Rolle in den Geschehnissen dieser Welt. Dabei seid ihr bedeutungslos.
Arafaron Hand legte sich auf den Fußboden und strich über das glatte Gestein, bis er ein wenig Staub zusammengeschart hatte. Er griff ihn und streute ihn in den schwachen Luftzug, der vom Tor herein wehte.
Bedeutungslos wie dieser Staub. Was wäre mit ihm gewesen, wenn ihr ihn nicht in den Wind gestreut hättet? Hätte er die Welt verändert? Auch nur zu einem bischen?
Diese Stimme. Arafaron hatte sie schon einmal gehört. Vor kurzem erst. Und mit ihr waren keine guten Erinnerungen verbunden.
Was wäre passiert, wenn ihr nicht versucht hättet, diesen Turm zu betreten? Was wäre die Konsequenz für die Welt dort draußen gewesen, wenn ihr nicht versucht hättet, mich zu töten?
Der Waldläufer schrie. Oder er versuchte es. Sein Körper gehorchte ihm nicht mehr. Wie von glühendem Feuer gestärkt, stand er auf. Er blickte den Gang hinunter. Eine Gestalt erschien auf der Treppe, im Sonnenlicht nicht genauer zu erkennen.

Thorondor the Eagle:
Amrûn von den Zelten außerhalb der Mauern


Hunderte Gedanken und Erinnerungen schossen Amrûn gleichzeitig durch den Kopf. Einzelen Fetzten seiner Geschichte und jener von Mithrandir. Er hatte momentan kein Ziel vor Augen, er wollte nur sein Kopf frei bekommen, doch dann hörte er diese schrecklichen Worte.

Sie zogen ihn in den Bann, wie es die Worte Curunirs schon immer getan haben. Seine ursprüngliche Macht der Sprache hatte er niemals verloren. Für den Augenblick konnte sich er Elb nicht rühren.
Wie ein dichter Rauch umfingen ihn die herzlosen Worte des Zauberers und trübten sein Gemüt. Er wurde Aufmerksam und glaubte für einen Moment, dass er Saruman auf dem Balkon des Orthancs gesehen hatte. Er ergriff diese Chance und in Windeseile lief er die Treppe zum Haupttor hoch. Stiege für Stiege lief er hinauf mit nur einem Ziel, dem Weißen Zauberer Einhalt zu gebieten. Seinen schmutzigen Worten ein für alle Mal den gar auszumachen.

Plötzlich schoss dem Elben ein Gedanke durch den Kopf: Saruman war weise und mächtig, er würde sich niemals in seine alte Trutzburg zurückziehen, nicht solange tausende Rohirrim sie belagerten. Die Enttäuschung war ihm am Gesicht abzulesen. Er drehte sich um und wollte gerade den schwarzen Felsen wieder verlassen. Er ging den gleichen Weg zurück, allerdings langsamen Schrittes und mit gesengtem Kopf.

Als der Elb auf einmal ein Geräusch vernahm, es war wie ein schmerzerfüllter, beinahe lautloser Aufstöhner.
„Wer ist da?“ fragte er in den scheinbar leeren Raum.
Er bekam keine Antwort. Er konzentrierte sich und vernahm einen weiteren kurzen aber eindeutigen Aufschrei. Er ging langsam durch den Raum und da sah er ihn, einen Menschen.

Er lag in der Ecke zusammengekrümmt. In der Staubschicht auf dem Boden waren deutliche Kratzspuren zu sehen. Sein Haar reichte schon über die Schultern hinab, es war kraus und ungepflegt. Er presste seine Augen zusammen und seine Mundwinkel zogen sich nach unten.

„Wer seid ihr?“ fragte der Elb, doch er bekam keine Antwort.
Er hakte nochmals nach: „Woher kommt ihr?“
Der Fremde knirschte nur laut mit den Zähnen, seine Augen blieben jedoch fest geschlossen.

„Ihr seht aus wie einer der Waldläufer aus dem Norden, doch euer Gesicht ist mir nicht bekannt“, stellte der Elb fest.

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