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4.0-Feedback in der "Essay"-Form
Whale Sharku:
Liebe Leute,
es ist in meinem vielbeschworenen Chat zum Feilen an 4.0 sehr still geworden. Zwar war es geplant, in drei Schritten langsam von den allgemeinen Ideen zu den sehr konkreten überzugehen, und so ein Prinzip umzusetzen, was ich in der bisherigen 4.0 Entwicklung schon immer vermisst habe: Inhaltliche Ableitungen, die sich vom Groben bis in die Details ziehen. Wie z.B. Helden-Skillsets, Spells, oder Angriffs-Reichweite von Imla-Bogis. Diese Form des Ableitens vermisse ich sehr; in vielen Fällen wurden die alten Details offenbar aus 3.8 übernommen, ohne sich daran zu stören.
Nun - leider haben wir diesen Vorgang des Ableitens nie vollendet, wir sind nicht mal über den ersten Schritt (die allgemeinste Ebene) hinaus gekommen. Viele Leute beharrten bis zum Schluss darauf, nur über die allgemeinsten Dinge zu reden, statt darüber zu reden wie diese sich ins Konkrete übersetzen lassen, und so entwickelte sich das Gespräch kaum weiter.
Aber ich will nichts anderen in die Schuhe zu schieben, denn das Chat-Format war offenbar doch keine so gute Idee.
Der Chat war "zu heiß". Die meisten Leute kamen online, sahen 300 (inhaltlich voraussetzungsreiche) neue Nachrichten, und haben sich im selben Moment ausgeklinkt. Aber: Wir können nicht erwarten, 4.0 in unserem Feedback ernsthaft weiter zu entwickeln, ohne einen langen inhaltlichen Weg in vielen Schritten zu gehen. Mit anderen Worten, man muss am Ball bleiben oder es ist sinnlos.
Darum wage ich einen neuen, letzten Versuch. Unser Format ist wieder das gute alte Forum, genauer gesagt dieser Thread hier - aber ich möchte euch bitten, hier anders zu argumentieren, als ihr es gewohnt seid. Und zwar in Essays. Abgeschlossene, lückenlos begründete Text-Blöcke. (Die müssen auch nicht astronomisch lang sein, die inhaltliche Abgeschlossenheit ist das Entscheidende ;) )
Ich werde zur Idee dieses Threads jetzt etwas mehr ins Detail gehen, und das dann eine Weile ruhen lassen. Mein Essay, also meine konzeptionellen Ideen zur möglichen Verbesserung von 4.0, werde ich dann nächste Woche hinterher liefern (denn ich bin halt auch mitten im Semester)
Vorüberlegungen: Die Herangehensweise
Wie gehen wir auf der MU mit dem Konzipieren um?
These:
Es gibt zwei grundverschiedene Ansätze, die immer und überall aufgegriffen werden, die wir Konzepte und Balance nennen. Unter Balance wird "alles Konkrete, der Wert" verstanden, aber leider schießt diese Auslegung hoffnungslos über das hinaus, was "Balance" eigentlich ist. Dadurch schließen die Leute auf der MU gefährlich oft Fragen aus dem Konzept-Bereich aus, welche dort eigentlich entscheidenden Charakter hätten.
Woher kommt das...?
Machen wir uns klar, dass wir hier nicht in einem Spiele-Entwicklungs-Forum sind, sondern in einem Modder-Forum. Den Modder interessieren tendenziell eher die Systeme (z.B. Bausysteme, Saurons Machtausbau, das Zwergen-Wahlsystem, verschiedene besondere Helden wie Alatar) , als massenweise konkrete Zahlenwerte, die alle miteinander in systematischer Verbindung und Wechselwirkung gebracht werden müssen.
Ich will das nicht verurteilen oder so. Alles, was ich sage, ist, dass dieses Interessen-Ungleichgewicht die neueren Versuche, Edain weiter zu entwickeln, geradezu lähmt.
Denn: (noch eine These)
Nicht Mechaniken und Systeme entscheiden darüber, was Edain im Multiplayer ist, sondern diese ganz unspannenden, ganz hintergründigen Zahlenverhältnisse. z.B. verändere ich eine Reiter-Einheit in ihrer Spielweise viel mehr dadurch, ihre Rüstung zu verdoppeln, als wenn ich ihr ein neues Rekrutierungssystem, eine neue Formation und ein neues einzigartiges Upgrade gebe...
you get the idea.
Das alles sind Dinge, von denen wir einen Schritt zurück treten müssen, wenn wir das Spiel im Multiplayer interessanter und vielseitiger machen wollen. Nicht, dass ich sie komplett verurteilen will. Noch einmal: Ich respektiere alles Werkeln mit besonderen Mechaniken vollkommen. Ich will nur herausstellen, dass uns diese im Multiplayer-Design nicht weiter bringen und darum aus dem Fokus rücken sollten.
Die Kehrseite der Medallie ist, dass auch die Balance unter der begrifflichen Trennung (ich meine: eine Trennung in unserem Denken, nicht in unserer Wortwahl) sehr stark gelitten hat.
Die Grundidee aller Balance-Threads in diesem Forum ist es doch wohl, dass jemand hingeht und anhand seiner Erfahrung sagt "der und der Wert muss so und so abgewandelt werden", oder nicht? Aber der Witz ist, dass das zum Scheitern verurteilt ist, solange wir nicht wissen, warum was wie teuer, warum was wie stark, warum welcher Cooldown wie hoch zu sein hat, sprich: Solange wir alles das nicht aus der Konzeptionellen Ebene analytisch abgeleitet haben.
Lediglich ein einziger Schritt bleibt uns ohne all diesen Hintergrund übrig: Jede Einheit an ihrem Counterpart in einem anderen Volk balancen. Aber ist das Mordor-Katapult im Preisleistungsverhältnis zu stark, oder ist andersrum Gondor-Katapult im Preisleistungsverhältnis zu schwach?? Dieses Balance-Vorgehen ohne die Verwendung des konzeptionellen Hintergrundes führt zu nichts anderem als dazu, dass die Völker alle immer gleicher werden.
Ja, ihr habt richtig gelesen: Balancing in unserem traditionellen Sinne macht das Spiel nicht balancter, sondern es bügelt nur Stärken und Schwächen der Völker aus und arbeitet der Grundidee von "einzigartigen Völkern" entgegen.
Wir müssen beide Begriffe wieder verbinden, wir müssen sowohl Konzepte, als auch Werte immer im selben Atemzug bedenken und bearbeiten. Und genau das habe ich vor.
Jeder Post hier drin soll entweder gar nicht über Edain 4.0 und Konzepte usw. reden (Verständnisfragen etc.), oder es in der Form eines inhaltlich abgeschlossenen, eigenständigen Essays tun. Wir sollten uns meines Erachtens nicht in Zitaten zerpflücken und wir sollten uns im Gespräch auch nicht darauf konzentrieren, was unser Vorredner falsch gemacht hat (krampfhaftes Widerlegungs-Verhalten) sondern womit er unserer Meinung nach recht hatte, und eben damit weiter machen. Das ist zwar ein äußerst langsames Vorgehen, aber auch ein äußerst sicheres und, ganz nebenbei, schönes.
So könnte sich von Essay zu Essay der Inhalt immer weiter entwickeln, bis wir dem Team am Ende (hoffentlich) eine große Unterstützung sind. :)
So... ich lasse euch das jetzt eine Weile verdauen, und bitte euch darum, noch nicht inhaltlich einzusteigen, bevor ich mich in den nächsten Tagen sozusagen mit "Teil 2" zurückgemeldet habe.
mini1996:
Find die Idee super und freue mich auf einige interessante Essays. Da ich gerade auf das Abitur zu gehe und dort eventuell eine Essay schreiben werden beginne ich mal. Kritik ist sowohl in inhaltlicher als auch in sprachlicher Hinsicht erwünscht.
Gedankengänge zum Multiplayerspiel
Während 3.8.1 habe ich nur sporadisch gegen menschliche Spieler gespielt und war aus den daraus resultierenden Niederlagen schnell frustriert und habe mich eher dem Singelplayerteil, welcher zu diesem Zeitpunkt durch die vielen Missionsmaps sehr lange Unterhaltung bot. Als ich dann zum Release der 4.0 Demo wieder begonnen habe regelmäßig zu spielen, habe ich mich auch wieder an den Multiplayer herangewagt. Da man zum einen schnell ein Spiel fand und zum andere auch viele andere Spieler die auf einem ähnlichen Niveau spielen, hat es mir sehr viel Spaß gemacht. Seitdem spiele ich recht regelmäßig MP und merke so langsam die Fortschritte.
In der Essay gehe ich nur auf das 1v1 ein da Spiele mit mehr Spielern oft auf auf isoliertes 1v1 hinauslaufen und das Team des Verlierers danach nur wenig Chancen hat und es oft zu sehr unschönen Lags kommt und das Spiel gegen Ende fast nicht mehr spielbar ist. Auch finde ich die 4.0 Demo nicht sonderlich geeignet für mehr als 4 Spieler aber das ist ein anderes Thema.
Das 1v1 hingegen spielt sich wunderbar, da es so viele Möglichkeiten gibt wie man jedes auf unterschiedlichste Weisen spielen kann.
Bei Rohan hat man die Wahl ob nun Infanterie spammt - hier nochmals ob man sie durch Gamling und Herrschau zu einer Bauernarmee oder mit Theoden zu einer Verräterarmee macht - oder man setzt auf Kavallerie für welche Rohan berühmt ist.
Bei Gondor kann man auf Lehen, Standardtsoldaten oder auf Elite setzt, dieser kann man durch den Bau von Wohnhäuser oder Schmieden wieder einen Schwerpunkt auf viele oder wenige, dafür geupgradete, Truppen setzt.
Bei Mordor ist der Orkspam meistens unumgänglich jedoch hat man die Wahl ob man diesen durch Trolle oder Helden unterstützt. Mit Saurons Einfluss und den Domänen gibt es so viele Möglichkeiten zu spielen das sich nahezu für jede Situation die Richtige findet.
Bei Isengard kann man entweder defensiv Spielen und sich später eine starke Uruk-Armee aufbauen, bei welcher man wieder durch die Ressourcengebäude einen Schwerpunkt setzten kann. Aber auch ein Rush mit Dunländern ist möglich.
Das sind natürlich nicht alle Möglichkeiten und alle diese Möglichkeiten lassen sich auch zu gewissen Teilen miteinander kombinieren sodass man lange braucht um jedes Volk auf jede Möglichkeit zu spielen.
Auch unabhängig vom Volk bleibt die Entscheidung ob man alles in die offensive wirft und dafür sein Lager vernachlässigt. Wenn sich aber dann ein paar Trolle/Rammen an der Armee vorbei schleichen kann es sein das das Lager zerstört ist bevor man seine Armee zurück gezogen hat, was aber noch lange nicht die Niederlage bedeutet solange man die größere Armee hat.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage was ich mit dem Lobgesang auf die verschiedenen taktischen Möglichkeiten erreichen soll ... dass diese erhalten bleiben.
In Balancediskussionen ist immer wieder zu sehen das alles mögliche geschwächt oder gestärkt werden sollen. Das ist natürlich wichtig den wenn die Unterschiede zwischen oder innerhalb der Völkern zu groß sind leidet der Spielspaß. Jedoch finde ich es überhaupt nicht schlimm wen ein Volk eine zu starke Einheit/Held hat denn die anderen Völker haben ebenso Einheiten die zu stark oder eben zu schwach sind. Genau das macht für mich viel der Einzigartigkeit der Völker aus. So sollen der Bauernspam dem Orkspam unterliegen da dies nicht zu den Stärken Rohans gehört, jedoch sollte Mordor den durch Helden aufgewerteten und unterstützen Bauerspam nichts entgegenzusetzen haben ohne selber seine anderen Stärken zu nutzen.
Mein Appell ist, dass bei all der notwendigen Anpassungen der Völker die Einzigartigkeit eben dieser nicht verloren geht und jedes Volk seine Stärken und Schwächen hat.
Ende ;)
Die Essay war jetzt recht allgemein gehalten, vielleicht folgt wenn mir mal zu einem Thema genug zu Sagen einfällt eine weiter.
LG
Whale Sharku:
2. Abschnitt meines Essays
Unter welchem übergeordneten Ziel, man könnte auch sagen unter welchem Paradigma, steht 4.0 ?
Das Bauplatz-System soll verhindern, dass man nach und nach alles haben kann, was sich überhaupt zu bauen lohnt (und nur die richtige Reihenfolge zu beachten hat). Es geht stattdessen darum, Entscheidungen zu treffen und taktische Überlegungen anzustellen, Pläne zu schmieden, von Spiel zu Spiel anders vorgehen zu können, oder, wie Elendils Cousin 3. Grades es formulierte, "Nachdenken statt Fleißarbeit."
(Das soll nur ein Abriss sein. Es kann noch weitere Aspekte geben, die aber sicher nicht zur Folge haben, dass eine solche Interpretation von 4.0 grundverkehrt wäre)
Im Folgenden will ich analysieren, was zu diesem Ziel noch fehlt. Die Beantwortung dieser Frage kann verschieden ausfallen; drei Modelle will ich gegenüberstellen. Zuerst werde ich sie mal knapp mit ihrer Grundidee vorstellen, um dann zu ihren Problemen und Kritiken überzugehen und zu entscheiden, mit welchem ich weiter arbeiten würde, wenn Edain 4.0 meine Sache wäre.
Bitte lasst mich in euren Essays wissen, ob ihr meiner Liste der Modelle zustimmt und meinen Urteilen darüber.
(1) Funktionale Verteilung
Sozusagen die "traditionelle" Herangehensweise. Jedes Volk ist ein Zusammenschluss, dessen einzelne Elemente verschiedene Funktionen abdecken. Sie gehören also letztlich unvermeidlich zusammen. Allerdings kann man die Schwerpunkte bestimmen, indem man z.B. Reiter verbilligt etc.
(2) Das Element mit "Ecken und Kanten"
Jedes Volk ist ein willkürlicher Zusammenschluss aus Elementen, die alle individuelle Stärken und Schwächen haben, ohne an übergeordnete Spielweisen planvoll angepasst zu sein. Der Spieler bedient sich im Volk also quasi wie in einer Waffenkammer, experimentiert mit den Elementen und entwickelt mit ihnen ganz neue Strategien.
(3) Die Strategie als Wahlmöglichkeit
Der Spieler steht vor zwei oder mehr verschiedenen Möglichkeiten, eine allgemeine Synergie immer weiter auszubauen. Er bestimmt dadurch die Stärken und die Schwächen seiner Strategie. Der Anspruch entsteht aus der planvollen Kombination und darin, zu wissen, wie weit man gehen sollte.
Kritik an Modell (1)
Nicht die Auswahl der Elemente, aus denen ich mir meine Spielweise basteln möchte, ist hier das Interessante - denn es ist ja vom Design her klar, dass alle Einheitentypen über kurz oder lang hinzu kommen werden. Ich verkomplettiere meine Armee schrittweise. (Man kann dasselbe von Helden sagen, die nach ihrer Funktion ja in verschiedene Kategorien passen: Supporter, Tank, etc)
Stattdessen hat das Edain Team es in den Fokus gerückt, "Schwerpunkte" zu setzen: Ich verbillige dies, ich hole mir das besonders früh... komplett unterschiedlich wird sich das Volk allein hierdurch nicht spielen. (Nur Rushes sind eine Ausnahme, weil die komplette Armee-Komposition hier nicht beteiligt sein kann)
...in Kurz, es geht darum, wie ich diesen Zustand einer "fertigen" Armee erreichen soll. Hier soll mein Hirnschmalz gefragt sein, hier soll ich kreativ und anpassungsfähig sein. ABER: Genau hier ist man von 3.8 nicht weg gekommen.
Indem ich davon ausgehe, dass mein Gegner mehr oder weniger alle Einheitentypen ansammeln wird, rechne ich nicht mit speziellen Schwachpunkten, und auch nicht mit besonders mächtigen Vorteilen seiner Spielweise.
Es gibt daher auch keinen Anlass, sich um Fehlinvestitionen groß Gedanken zu machen. Weiterhin ist es nicht von echtem Belang, den gegnerischen "Built" zu erspähen, und so überrascht es nicht, dass Scout-Helden bisher auch quasi nur zum Creepen gebaut werden.
Die Spieler interagieren physisch, aber nicht geistig. Sie erweitern einfach schrittweise ihre Armeen und versuchen, die Schlacht um die Mapcontrol und den Ausbau ihrer Eco unter einen Hut zu bringen
=> was notwendigerweise impliziert, dass sie den effizientesten Ausbau-Build einschlagen
=> ausgerechnet das, worin ich nun in 4.0 so viele Wahlmöglichkeiten besitze, ist am stärksten determiniert, nämlich Bau-Reihenfolge und Einheiten-Schwerpunkte
=> alle spielen immer gleich.
Die Ziele der strategischen Vielfalt, des kreativen Überlegens, des taktischen Antizipierens meines Gegners sind daher, so schade es ist, in der 4.0 Demo nicht umgesetzt.
Die anderen beiden Modelle sind näher miteinander verwandt. Sie drehen sich um ein Wort, mit dem ich in letzter Zeit sehr viel um mich geschmissen habe: Synergie.
Die Theorie dahinter ist, dass taktisches Denken sich nicht dann entwickelt, wenn ich (in guter alter SuM-Tradition) sage
"A kontert B
B kontert C
C kontert D
D kontert A"
(denn exakt dies ist das Vorgehen der "Funktionalen Verteilung")
sondern mit stattdessen anschaue, wie und womit man ingame "Effektivität" in allen vorstellbaren Formen entwickeln kann.
Denn jede Effektivität bedeutet 1) Verlagerung 2) Asymmetrie und 3) Schwächen.
Beispiel:
Jemand, der wie verrückt billige Orks spamt, verlagert sich (d.h. verliert strategische Möglichkeiten) produziert Asymmetrie, d.h. beide Spieler streben verschiedene Ziele an (in dem Fall "Zurushen" vs. "Überleben") und erkauft sich mit seinen Stärken auch besondere Schwächen (hier z.B. Flächenschaden oder gezielte Attacken auf die Linie der Kasernen)
Das sind massig Faktoren, die das Spielgeschehen auf geistiger Ebene wechselseitig machen und unser Ziel von strategischer Tiefe verwirklichen.
(Eine "organische" Synergie wie z.B. Range + erhöhtes Movement Speed unterscheidet sich von einer "künstlichen" wie z.B. Bogis + Bogi-Führerschaft ja gerade durch ihre Vielseitigkeit.)
Kritik an Modell (2)
Dieses Modell versucht, ein spezielles Problem anzupacken, das auftritt, wenn wir ein Spiel zu sehr durchplanen. Ironischerweise kann das Anlegen von taktischer Raffinesser in Form von vorgefertigten Spielweisen den taktischen Anspruch eines Spiels nämlich annullieren, weil der Spieler gar nicht mehr nachdenken muss und gar keinen kreativen Raum mehr hat, stattdessen würde ein Auswendiglernen und Anwenden vorherrschen. Dieses Extrem des "ver-planten Spiels" soll nun also dadurch vermieden werden, dass wir die Spielweisen eines Volks komplett offen lassen.
Stattdessen werden die Elemente, isoliert vom Kontext eines Kontersystems oder globalen Synergien oder was auch immer, an und für sich betrachtet, "Ecken und Kanten" haben, also Vor- und Nachteile, so wie die Waffen in einer Waffenkammer. Ihr Nutzen ist damit zwar spielerisch "eingeschränkt", aber nicht determiniert. Wir können mit ihnen kreativ umgehen.
Was stimmt also mit diesem bestechend klingenden Modell nicht?
1. Anwendbarkeit
Ich konnte die Person, die mir dieses Prinzip erläutert hat, nicht dazu bringen, mir ein konkretes Vorgehen zu schildern. Und das ist kein Wunder: Ein kompletter Neustart, in dem jede Einheit in dem Stil designed wird wie z.B. in Starcraft 2, ist nur extrem schwer zu entwickeln. Man muss sich klar machen, wie fundamental die Basis, die Edain uns bereits vorgibt, wegbrechen würde.
2. Zufalls-Meta
Indem wir also gar nicht über das Meta nachdenken, und es buchstäblich dem Zufall überlassen, wollen wir da allen Ernstes erwarten, dass strategische Vielfalt das Ergebnis ist?
Wohl kaum. Es wird zwar dutzende theoretische Spielweisen geben, aber eine einzige wird hoffnungslos dominieren, und wir können nicht eben mal hingehen und das "balancen", weil die Probleme der anderen Spielweisen zu viel zu großen Anteilen systematisch inhärent sein werden, weil wir sie nicht systematisch erzeugt haben.
=> alle spielen gleich.
Ziel verfehlt.
Dieses Modell ist nicht wirklich geeignet, Edain 4.0 weiter zu entwickeln, und passt generell nur sehr schwer zu SuM.
Kritik an Modell (3)
Lasst mich diesen vielleicht am befremdlichsten klingenden Ansatz mit einer Frage eröffnen:
Welchen Nutzen haben Systeme, die Wahlmöglichkeiten erlauben, wenn es nichts gibt, zwischen dem man sich als Spieler entscheiden kann?
Die wesentliche Kritik an diesem Modell ist unter (2) schon vorweg genommen worden. Denn wenn wir verschiedene Strategien planen und einander gegenüber stellen wollen, liegt das Problem des "ver-planten Spiels" auf der Hand, aber ich wage zu behaupten, dass wir es strukturell umschiffen können. Was das heißen soll? Werdet ihr bald sehen.
Es ist ein sehr ehrgeiziger Anspruch, die Völker in verschiedene "Pfade" splitten zu wollen. Man muss sämtliche Elemente, also alle Einheiten, Upgrades, Spells, Heldenskills und Gebäude näher untersuchen und ggf. anpassen, sodass sich mehrere Leit-Themen in einem Volk heraus kristallisieren (anstatt dass sie alle einfach nur "an sich nice to have" sind, und keine nennenswerte Synergie miteinander entwickeln. Was der Status Quo ist. Und was, wie ich vorhin bemerkt habe, nicht zwingend mit strategischer Tiefe einher geht)
Lasst mich den Prozess an einem Beispiel verdeutlichen, das von Rohirrim kommt und das ich extrem schön finde: Mordor als das Volk, das sich zwischen den Orkmassen als Rückgrat seiner Armee einerseits, als auch mächtigen Debuffs andererseits (nicht zuletzt durch die Nazgul) entscheiden muss.
Wichtig ist hierbei, dass die Synergie eines solchen "Leitmotivs" nicht künstlich hergestellt wird, sondern "organisch". In derselben Weise, wie sich die Elemente in Modell (2) zu einer Spielweise entwickelt haben, soll das auch hier passieren, nur eben von uns geplant und auf einer höheren Ebene: Ich wähle mir nicht mehr nur meine Elemente aus, sondern auf die Spells und die Helden, die meine Elemente in ihrer gemeinsamen Synergie immer enger zusammen schweißen, kommt es an.
z.B. könnte dieser blöde, langweilige Barrikaden-Spell umgestaltet werden zu einem Gebäude, das nicht mehr angreift, aber allen eigenen Einheiten im Umkreis x einen Angriffsbonus gewährt, der nach 30 Sekunden verschwindet und nicht mehr wieder erlangt werden kann.
Das hieße, dass seine vorbei marschierenden Orkscharen dauerhaft geboostet würden, und würde vorzüglich zu einem Spam-Fokus passen. Der ultimative Spell jedoch, "Ruft die Horde", könnte einen Rang aufrücken und zum passiven (dafür natürlich wesentlich geringeren) Verkürzen der Ork-Rekrutierungsdauer dienen. Das würde alle Spam-Synergien nochmals verstärken.
In diesem Prozess muss der Spieler erstens wissen, welchen Pfad er gehen will, und zweitens, wie weit er gehen will. Denn: Mit jedem Mal, dass ein Spieler seine erwählte Stärke ausbaut, verliert er andere, ihr nicht zugehörige Möglichkeiten und verstärkt daher gleichzeitig seine Schwächen.
In der Praxis könnte das heißen: Bei einem Mordor-Spieler, der auf Orks geht, sind die Nazgul-Debuffs nicht so mächtig. Vielleicht, weil "Ruft die Horde" und ein entsprechender Debuff-(Nazgulbuff?)-Motiv-Spell sich im Spellbook gegenüber stehen müssen; ich kann nicht eben mal beide gleichzeitig haben.
Dies ist das Feld, auf dem ich nach wie vor nachdenken und sehr vorsichtig sein muss, in dem ich meinen Gegner berechnen und mich an ihn anpassen muss.
=> Epic Win
Zu guter Letzt soll ein Spieler natürlich seine Leitsynergien in verschiedener Weise ausbauen können, oder einen Mittelweg gehen, wenn wir es für angebracht halten.
Beispiel:
Der Spell "Dunkelheit" könnte beispielsweise aufhören, so langweilig zu sein und einfach alle unsere Einheiten zu buffen, und stattdessen alle Einheiten auf der Map gleichermaßen schwächen. Das wäre ein tolles, anspruchsvoll zu spielendes Mittelding aus unserer Orkscharen- und der Nazgul(Debuff)-Synergie, welches zu beiden passen könnte.
Der Kontext wird hier, anders als in Modell (2), eben sehr wohl bedient, weil: Bei Zwergen oder Imladris wäre dieser Spell totaler Ranz :D Hier, bei Mordor, ist er es nicht, dadurch, dass er bei Mordor ist. Also durch den Kontext.
Ich rekapituliere Modell (3) als:
Das organische Kombinieren von Strategie-Elementen als anspruchsvolle Spielweise.
Diese "Heidenarbeit" des systematischen Anpassens und Neueinbindens von dutzenden, wenn nicht hunderten Elementen will ich nicht allein ausprobieren und wünsche ich auch niemandem an den Hals. Ich wäre gern bereit, in diesem Stil nach und nach alle Völker zu beleuchten (habe auch schon eine Reihe vergleichbarer Ideen) aber das sollte euch nicht abhalten, grundsätzlich kritische Stellung zu meinem Essay und meiner Meinung von den drei Modellen zu beziehen. Wenn jemand ein komplett anderes vorstellen möchte, nur her damit^^
Komplett andere Frage, die noch in meinem Hirn rum geistert, zu der ich mich aber nicht so recht äußern will:
Wurden die Grundlagen der "Wahlfreiheit" in der 4.0 Demo so gut umgesetzt, wie ich das vorausgesetzt habe? Oder muss sich hier strukturell etwas ändern, bevor Spieler jemals vom "effizientesten Built" abweichen werden?
Kruemelus:
Lieber Wale,
erst mal finde ich es schön das du noch so aktiv deine Gedanken zu 4.0 preis gibt und versuchst von einem anderen Standpunkt heran zu treten. Aber ich möchte dich bitten, dass du vielleicht dich etwas deutlicher ausdrückst und nicht so mit Fachbegriffen um dich wirfst. Ich bin selbst Student und weiß, was Synergie bedeutet, aber manche hier sind vielleicht noch jünger und sie schreckt es dann ab, wenn sie einen Essay mit lauter Fachbegriffen und komplizierten Phrasen erst mal lesen müssen, um an der Diskussion teil zu haben.
Versteh mich nicht falsch, das war nicht böse gemeint, ich will nur, dass hier wirklich auch jeder mit kommt und sich äußern kann. :)
Ich möchte kurz auf deine Punkte eingehen und danach meine Art der Vorgehensweise schildern, wie das Spiel gestalten würde. Zuvor möchte ich aber noch kurz anmerken, dass die Diskussion um 4.0 momentan generell sehr zum Erliegen gekommen ist, da alle bekannten Stärken und Schwächen schon erwähnt wurden und bisher einfach auch kein neuer Patch raus kam, der viel verändert hätte.
Am Anfang muss ich nochmal nachhaken, denn mir ist der Unterschied zwischen den zwei Konzepten "Funktionale Verteilung" und "Strategie als Wahlmöglichkeiten" nicht ganz klar geworden. Bei der ersteren beschreibst du doch, dass gewisse Einheiten gewisse Aufgaben erfüllen und man seinen Schwerpunkt auf bestimmte Einheiten legt. Bestes Beispiel hier, man baut mit Rohan Reiter und Gestüte, da man auf die Einheit Reiter gehen will. Aber hier hat man dann doch seine Strategie schon gewählt, wie du es in deinem anderen Konzept beschreibst. Auch dein Beispiel für die Wahlmöglichkeiten ist für mich das gleiche, man baut Orks mit Mordor und verstärkt diese dann in irgendeiner Form, ob das jetzt Spells, Upgrades oder Helden sind. Ich fände super, wenn du nochmal auf diese Punkte eingehen würdest, damit wir nicht aneinander vorbei reden. Deine Idee für den Spell Dunkelheit, finde ich auch etwas seltsam, da dieser Spell absolut nutzlos wäre, wenn er alle Einheiten schwächt,weil er dann ja überhaupt keinen Vorteil bringen würde.
Aber ich finde du hast in einem Punkt auf jeden Fall Recht, denn die Grundbalance sollte auf jeden auf den Konzepten und Werken der Mittelerdewelt beruhen und dann an das Spiel angepasst werden.
Mein Konzept "Zurück zu den Wurzeln":
Meine grundlegende These ist, dass jedes gute Echtzeit Strategiespiel ein ausgeprägtes Kontersystem und ein schnelles Gameplay benötigt.
Das Kontersystem ist für mich eines der wichtigsten Dinge in einem Strategiespiel, da es den Einheiten unterschiedliche Stärken und Schwächen gibt und den Gegner dazu zwingt seine Einheitenkombination an die des Gegners anzupassen und so die Schlachten abwechslungsreich zu gestalten. Als Beispiel dienen hier auch andere sehr gute Strategie spiele, wie Starcraft 2 oder Age of Empires, welche alle ein sehr ausgeprägtes fein abgestimmtes Kontersystem haben.
Das schnelle Gameplay hat den Vorteil, dass es Multitasking fördert, weil man durch ein schnelleres Spiel gezwungen wird schneller Entscheidungen zu treffen und auch besser auf seine Armeen aufzupassen. Es fordert die Mikro- und Makrofähigkeiten des Spielers.
Dadurch bewirkt ein schnelleres Gameplay auch, dass sich Unterschiede zwischen schlechteren und besseren Spielern herausbilden, da Leute, die sehr viel spielen, auch besser werden und das Spiel besser kennen lernen, aber auch für Anfänger besteht ein Reiz sich zu verbessern, es entsteht eine Lernkurve, welche auch den Spieler motiviert.
Diese Zusammenspiel zwischen strategischem Denken und schnellem Handeln ist für mich der Knackpunkt eines jeden guten Strategiespiel.
Abschließend möchte ich sagen, dass man vielleicht auf Grundlage des 3.8.1 Gameplay das Spiel neu aufbauen sollte, das feste Bauen würde ich natürlich drin lassen. Am 3.8.1 Gameplay war natürlich auch nicht alles perfekt, denn das Kontersystem war einfach schlecht gebalanced, aber es war spannend anzuschauen. Außerdem hätte man mit dem 3.8.1 Gameplay ein Spiel, was sich bewährt hat und auf dem man aufbauen könnte, die Probleme an 3.8.1 sind lange schon bekannt, wie zum Beispiel die starken Helden bei Imladris oder die sehr starken Bogenschützen, aber all das könnte man verbessern und ich bin mir sicher, wir hätten ein Spiel, was sehr vielen nicht nur im Singleplayer gefallen würde, sondern auch im Multiplayer wieder richtig einschlagen würde.
Denn zur Zeit ist es so, dass sehr viele gute Edain-Spieler wieder 3.8.1 spielen und 4.0 liegen lassen, da sie das Gameplay einfach nur langweilig finden und es sie nicht mehr fordert.
Abschließend will ich sagen,dass das Team ja leider weg von 3.8.1 will, ich frag mich immer warum, denn sie haben doch schon das feste Bauen eingeführt, welches doch schon einen großen Unterschied macht und 3.8.1 war vielleicht für Neueinsteiger im Multiplayer etwas schwer, da man die Feinheiten des Spiels kennen musste um gut darin zu sein, aber das könnte man ja auch durch Anpassung des Kontersystems verbessern. Oder auch durch neue Beschreibungen der Einheiten, so dass auch Neulinge wissen, welche Stärken und Schwächen diese haben.
Whale Sharku:
Hey,
ich bin froh über jede Antwort ;) Ich kann gern versuchen, Unklarheiten anzupacken.
"Auf Reiter gehen" ist nach meinen Begriffen eben keine Strategie, weil sie keine Synergie enthält. Und das macht einen extremen Unterschied. Wo in der Spielweise keine Synergie drin steckt, gibt es auch keinen Anlass, in Bezug auf meinen Gegner meine Spielweise in besonderer Weise anzupassen.
Beziehungsweise die Gegenstrategie wäre hier wahrscheinlich "Speere bauen". Das ist nicht so ganz das, was ich mir von 4.0 erhofft hatte.
Der Dunkelheits-Spell würde, wenn er alle Einheiten gleichermaßen (prozentual) schwächt, eben doch Sinn machen, weil mich das als Orkspammer nicht so sehr trifft wie meinen Gegner. Meine zahlenmäßige Überlegenheit synergiert mit Effekten, die alles auf der Map schwächen. Trotzdem hast du natürlich recht, dass er einen großen Nachteil beinhaltet. Was wären Strategien und strategisches Überlegen, wenn es keine physischen Nachteile geben würde, die man ausbeuten kann?^^
Und ja, es gibt hier eine Menge Leute von 12 bis 14 denke ich, aber meiner bescheidenen Meinung nach werden junge Leute hoffnungslos unterschätzt^^
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